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HfG-Archiv I Museum Ulm I Hochsträss 8 I D-89073 Ulm : Pressetext Between Chairs 03.02. – 18.03.18 Studio HfG I HfG-Archiv : Im Sommer 1965 unterrichtet Hans Gugelot (1920- 1965), Dozent an der HfG Ulm, am National Institut of Design (NID) in Ahmedabad/Indien. Gemeinsam mit dem indischen Designer Gajanan Upadhyay und Studierenden entwirft er eine Sitzkombination, die India Lounge, auch 24/42 Sessel genannt, ein Beispiel für das Zusammenwirken zweier Design-Ansätze: Das Systemdesign der Hochschule in Ulm und dem Low Cost Design aus Ahmedabad. Die Kombination, gefertigt aus Teakholz und indischem Stoff, greift in Material und Herstellung auf lokale Handwerkstraditionen zurück und verbindet diese mit zeitgenössischem Design. Die Zusammenarbeit in dieser Sommerwerkstatt ist schon damals Teil eines internationalen Netzwerkes. Auch spiegelt sie das Anliegen eines modernen Indiens wieder, aus dem heraus das National Institute of Design gegründet worden ist. Eine Schule, die im Lehrplan bewusst auch auf eigene Kulturen zurückgriff. Der Dialog zwischen Deutschland und Indien erzählt vom Global Modernism, aber auch seinen Brüchen: Auf der einen Seite die HfG Ulm, die für eine radikale Verwissenschaftlichung von Design steht und bereits 1968 wieder schloss. Auf der anderen das NID Ahmedabad, ein Flaggschiff des modernen Indiens, das bis heute weiter besteht. Das Bauhaus Lab 2017, eine von der Stiftung Bauhaus Dessau getragene Sommerschule für junge Gestalter und Kuratoren, widmete sich von Mai bis August 2017 dem India Lounge Chair. Gleichwohl der originale Stuhl nicht mehr existiert, eröffnete die Suche nach diesem Objekt neue Sichtweisen und Fragestellungen, die weit über dessen Materialität hinausweisen. In Archiven, Bibliotheken, in Interviews und Feldforschungen erkundete das Bauhaus Lab das transkulturelle Netzwerk von Personen, Institutionen und progressiven Pädagogiken in den 1960er Jahren. Der Stuhl verkörpert die vitalen internationalen Debatten um die Wiedergewinnung einer

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Page 1: HfG-Archiv I Museum Ulm I Hochsträss 8 I D-89073 Ulm Between …€¦ · Rutschmann I Hans Gugelot_1958_© Museum Ulm - HfG-Archiv_Foto W. Siol Weitere Informationen zur Ausstellung

HfG-Archiv I Museum Ulm I Hochsträss 8 I D-89073 Ulm

: Pressetext

Between Chairs 03.02. – 18.03.18 Studio HfG I HfG-Archiv

: Im Sommer 1965 unterrichtet Hans Gugelot (1920-

1965), Dozent an der HfG Ulm, am National Institut

of Design (NID) in Ahmedabad/Indien. Gemeinsam

mit dem indischen Designer Gajanan Upadhyay und

Studierenden entwirft er eine Sitzkombination, die

India Lounge, auch 24/42 Sessel genannt, ein Beispiel

für das Zusammenwirken zweier Design-Ansätze: Das

Systemdesign der Hochschule in Ulm und dem Low

Cost Design aus Ahmedabad.

Die Kombination, gefertigt aus Teakholz und indischem Stoff, greift in Material und Herstellung auf

lokale Handwerkstraditionen zurück und verbindet diese mit zeitgenössischem Design. Die

Zusammenarbeit in dieser Sommerwerkstatt ist schon damals Teil eines internationalen Netzwerkes.

Auch spiegelt sie das Anliegen eines modernen Indiens wieder, aus dem heraus das National

Institute of Design gegründet worden ist. Eine Schule, die im Lehrplan bewusst auch auf eigene

Kulturen zurückgriff. Der Dialog zwischen Deutschland und Indien erzählt vom Global Modernism,

aber auch seinen Brüchen: Auf der einen Seite die HfG Ulm, die für eine radikale

Verwissenschaftlichung von Design steht und bereits 1968 wieder schloss. Auf der anderen das NID

Ahmedabad, ein Flaggschiff des modernen Indiens, das bis heute weiter besteht.

Das Bauhaus Lab 2017, eine von der Stiftung Bauhaus

Dessau getragene Sommerschule für junge Gestalter

und Kuratoren, widmete sich von Mai bis August 2017

dem India Lounge Chair. Gleichwohl der originale

Stuhl nicht mehr existiert, eröffnete die Suche nach

diesem Objekt neue Sichtweisen und Fragestellungen,

die weit über dessen Materialität hinausweisen. In

Archiven, Bibliotheken, in Interviews und

Feldforschungen erkundete das Bauhaus Lab das

transkulturelle Netzwerk von Personen, Institutionen und progressiven Pädagogiken in den 1960er

Jahren. Der Stuhl verkörpert die vitalen internationalen Debatten um die Wiedergewinnung einer

Page 2: HfG-Archiv I Museum Ulm I Hochsträss 8 I D-89073 Ulm Between …€¦ · Rutschmann I Hans Gugelot_1958_© Museum Ulm - HfG-Archiv_Foto W. Siol Weitere Informationen zur Ausstellung

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kritischen in den Alltag intervenierenden Designpraxis. Die beiden Hochschulen – die HfG Ulm und

das NID in Ahmedabad – bildeten im geopolitischen Kontext von Kaltem Krieg und nationaler

Unabhängigkeit einen besonderen Nährboden der Neubestimmung des Verhältnisses von Design

und Gesellschaft.

Der India Lounge Chair, der als Modell rekonstruiert

wurde, ist Manifestation eines dreimonatigen

Forschungs- und Gestaltungsprozesses. Die Aus-

stellungstruktur, entwickelt aus dem Raster der Möbel,

bildet die Rechercheergebnisse in thematischen Kapiteln

ab. Die Dimensionen des Stuhls werden zum

metaphorischen Band, das konzentrische Themenfelder

einer komplexen und verwobenen Historiographie

verknüpft. So folgt die Ausstellungsgestaltung keinem

linearen Narrativ, sondern ist von allen Seiten erfahrbar.

Der als holländischer Staatsbürger am 1. April 1920 in

Makassar auf Celebes/Indonesien geborene Hans Gugelot

gilt als Wegbereiter des modernen Systemsdesigns.

Aufgewachsen in der Schweiz, studierte er an der

Ingenieurschule in Lausanne und wechselte danach an die

Architekturfakultät der ETH Zürich. Im Anschluss arbeitete

er als freier Architekt in verschiedenen Büros. u. a. auch bei

dem Architekten und Designer Max Bill. Bereits 1950

entwickelte er das modulare Möbelsystem M 125, das in

späteren Jahren Designgeschichte schrieb. 1954 wurde er

dann von Max Bill als Dozent an die neu gegründete

Hochschule für Gestaltung in Ulm berufen, wo er kurz

darauf auch seine Tätigkeit u.a. für die Firma Braun begann. Es entstand zusammen mit Dieter

Rams die erste System-Audiokombination, das revolutionäre SK 4, auch Schneewittchensarg

genannt, sowie der Braun Sixtant, dessen schwarz-silberne Farbkombination das Erscheinungsbild

des Unternehmens prägte. Weltruhm ernteten auch das Kodak Carousel, die Hamburger Hochbahn

und weitere Arbeiten. Kurz nach seiner Rückkehr aus Ahmedabad/Indien stirbt Hans Gugelot am

10. September 1965 in Ulm an den Folgen eines Herzinfarktes.

Die Ausstellung wird duch ein Bauhaus-Taschenbuch (engl. / 136 S. / 9,90 €) sowie von einen

Führungsprogramm (Do I 08. Februar 2018 I 18.30 Uhr / So I 18. Febraur 2018 I 15 Uhr / Do I 01.

März 2018 I 18.30 Uhr / So I 18. März 2018 I 15 Uhr) begleitet.

: Ein Ausstellungsprojekt des Bauhaus Lab der Stiftung Bauhaus Dessau in Zusammenarbeit mit

dem HfG-Archiv Ulm

Abb.: Hans Gugelot_India Lounge Sitzgruppe_1965_Photo W.Siol © Archiv Gugelot, Hamburg I Ausstellungsansicht_Stiftung Bauhaus Dessau_Foto Kathrin Rutschmann I Ausstellungsansicht_Rekonstruktion India Lounge Chair_Stiftung Bauhaus Dessau_Foto Kathrin Rutschmann I Hans Gugelot_1958_© Museum Ulm - HfG-Archiv_Foto W. Siol

Weitere Informationen zur Ausstellung auch unter www.hfg-archiv.ulm.de.

HfG-Archiv I Museum Ulm Öffnungszeiten Am Hochsträss 8 I D-89073 Ulm Di - So : 11 - 17 Uhr T : +49(0)731-161-4312 Do : 11 - 20 Uhr [email protected] www.hfg-archiv.ulm.de