handbuch der laplace-transformation: band ii anwendungen der laplace-transformation

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Verbesserter Nachdruck der ersten Auflage 1955
1972
Nachdruck verboten. Alle Rechte, insbesondere das der Übersetzung in fremde Sprachen und der Reproduktion auf photostatischem Wege oder durch Mikrofilm, vorbehalten.
© Springer Basel AG 1972 Unprilnglich Clllcbienen bei Birkhäuser V erlag Basel1972
Softcoverreprint ofthe bardeover 2nd edition 1972
ISBN 978-3-0348-5957-8 ISBN 978-3-0348-5956-1 (eBook) DOI 10.1007/978-3-0348-5956-1
5
Vorwort
Während der I. Band die theoretischen Grundlagen der Laplace-Transforma­ tion zum Gegenstand hat, behandelt der vorliegende II. und der nachfolgende III. Band die Anwendungen, wobei es sich natürlich nicht nur um sogenannte «angewandte Mathematik», sondern um die verschiedensten Gebiete der reinen und angewandten Mathematik handelt, in welche die Laplace-Transformation als Hilfsmittel eingreift.
Nachdem die Lösung von Funktionalgleichungen vermittels Laplace-Trans­ formation heutzutage Allgemeingut geworden ist, scheint mir dasjenige An­ wendungsgebiet, dessen Kenntnis vor allem verbreitet werden sollte, die Theorie der asymptotischen Entwicklungen zu sein. Aus diesem Grund sind diese als I. Teil an die Spitze des II. Bandes gestellt worden. Sowohl in der Theorie als in der Praxis spielen eigentlich die asymptotischen Entwicklungen eine grössere Rolle als die konvergenten Reihen, die den meisten Mathematikern und Inge­ nieuren aber viel geläufiger sind, weil sie im Unterricht der Hochschulen und in den Lehrbüchern einen erheblich breiteren Raum einnehmen als die asympto­ tischen Entwicklungen. Um die letzteren mehr in den Vordergrund zu schieben und um die erstaunlichen Möglichkeiten hervorzuheben, die die Laplace-Trans­ formation gerade auf diesem Gebiet eröffnet, habe ich die aus der ein- und zwei­ seitigen Laplace-Transformation (oder in anderem Gewand: der Mellin-Transfor­ mation) sowie aus dem komplexen Umkehrintegral fliessenden asymptotischen Methoden besonders weitgehend ausgearbeitet und durch viele Beispiele illu­ striert. Aus den wenigen Bausteinen zu dieser Theorie, die in meiner Mono­ graphie «Theorie und Anwendung der Laplace-Transformation» vom Jahre 1937 zu finden sind, ist so ein recht umfangreiches Gebäude geworden, dessen haupt­ sächlichste Teile ich in Vorlesungen in Madrid (März/April 1952) und Rom (März 1953) zum ersten Mal im Zusammenhang vorgetragen habe.
Damit der Leser die Fähigkeiten der verschiedenen Methoden selbst beur­ teilen kann, wurde oft dieselbe spezielle Funktion nach zwei oder sogar drei Methoden behandelt. Insbesondere die auf dem komplexen Umkehrintegral be­ ruhenden Methoden seien der besonderen Beachtung der theoretischen Physiker und Ingenieure empfohlen, weil sie bei der Behandlung von komplizierteren Randwertproblemen vermittels Laplace-Transformation oft die einzige Möglich­ keit darstellen, an Hand der gefundenen Laplace-Transformierten der Lösung Aussagen über die Lösung selbst zu machen.
An die asymptotischen Entwicklungen schliessen sich sachgemäss als II. Teil die Korrespondenzen zwischen konvergenten Entwicklungen an. Für gewisse all­ gemeine Reihenklassen enthält schon der I. Band einiges Material. Diesem wird nun im II. Band als wohl schönstes Beispiel dieses Typus die Korrespondenz zwischen Fakultätenreihen und Reihen nach Potenzen von 1- exp( -t) hinzu­ gefügt. Die Fakultätenreihen bilden nicht nur ein besonders schmiegsames Hilfs­ mittel zur Lösung von Differenzengleichungen, sondern sie gestatten auch eine für numerische Rechnungen und asymptotische Abschätzungen vorzüglich ge­ eignete Darstellung einer grossenKlasse von Laplace-Transformierten und sollten darum mehr als bisher beachtet werden. - Dieser allgemeinen Reihenklasse folgen
6 Vorwort
Der III. Teil behandelt die gewöhnlichen linearen Differentialgleichungen mit konstanten und variablen Koeffizienten und Systeme von solchen. Die letzteren sind, zwecks übersichtlicherer Darstellung und Wünschen aus Ingenieurkreisen folgend, in Matrizensprache dargestellt. Die Behandlung von Systemen gewöhn­ licher Differentialgleichungen vermittels Laplace-Transformation hat in den letzten Jahren in der Technik eine überaus grosse Verbreitung gefunden. Deshalb hab~ ich zwei Gebiete der Ingenieurpraxis, die dabei heute im Vordergrund stehen, nämlich die Regelungstechnik und die Theorie der Kettenleiter und Wellenfilter, mit b~sonderer Ausführlichkeit behandelt. Hier liegen auch für den Mathematiker noch wichtige und dankbare Aufgaben vor. - Als Eingangs­ (Störungs-)funktion ist auch die für den theoretischen Physiker und Ingenieur unentb~hrliche Dirac- oder Impulsfunktion berücksichtigt. Diese hätte sich unter Verwendung der Schwartzschen Distributionstheorie in einer für den Mathe­ matiker b~friedigenderen Weise behandeln lassen, was aber eine vollständig neue Begründung der Laplace-Transformation im Bereich der Distributionen und damit umfangreiche, den Rahmen des Buches sprengende Erörterungen not­ wendig gemacht hätte. Daher wurde die Distributionstheorie nur kurz gestreift, während eine ausführliche Entwicklung der Laplace-Transformation auf dem Boden dieser Theorie einer späteren gesonderten Darstellung vorbehalten bleiben muss.
Der III. Band, der bereits im Druck ist und in Kürze ergeheinen wird, be­ handelt die partiellen Differentialgleichungen, die Differenzengleichungen, die Integralgleichungen und Integralrelationen sowie die ganzen Funktionen vom Exponentialtypus. Eine weitere Anwendung der Laplace-Transformation, näm­ lich in der Theorie der Halbgruppen, die eine Erweiterung auf vektorwertige Funktionen erfordert hätte, konnte hier unberücksichtigt bleiben, weil sie in dem Buch von RILLE: «Functional Analysis and Semi-Groups» ausführlich dargestellt ist.- Der III. Band wird auch das Verzeichnis derjenigen Literatur bringen, die im I. Band noch nicht aufgeführt ist und zu dem Material des II. und III. Bandes gehört.
Das Manuskript des II. und III. Bandes wurde im Sommer 1953 abge­ schlossen, jedoch konnten an einigen Stellen auch noch inzwischen erschienene Ergebnisse berücksichtigt werden.
Dem Verlag Birkhäuser AG. bin ich für die sorgfältige Drucklegung und die vorzügliche Ausstattung des Werkes zu besonderem Dank verpflichtet.
Freiburg i. B., Riedbergstrasse 8, im Juli 1955
Bezeichnungen und Verweise
GusTAV DoETSCH
Die im I. Band, S.13, 14 angeführten Bezeichnungen werden auch im li. Band benutzt.
Verweise auf Stellen des vorliegenden li. Bandes geschehen nach der im I. Band, S. 15 angegebenen Methode und ohne Erwähnung der Bandzahl, also:
3. 4 bedeutet: 3. Kap., § 4 des Il. Bandes, Satz 3 [6. 2) bedeutet: Satz 3 in 6. 2 des Il. Bandes.
Dagegen wird auf den I. Band durch eine römische I verwiesen, also: I, S. 57 bedeutet: I. Band, S. 57, Satz 2 [I 6. 3) bedeutet: Satz 2 in I. Band, 6. 3, Anhang I, Nr. 3 bedeutet: Anhang des I. Bandes, Nr. 3.
7
Inhaltsverzeichnis
EINLEITUNG
1. Kapitel. Die Abbildung der fundamentalen Operationen an Funktionen durch die Laplace-Transformation und ihre Umkehrung . . . . 15
§ 1. Lineare Substitution in der Originalfunktion und Multiplikation der Bild- funktion mit einer Exponentialfunktion . . •. . . . . . . . . . . . . . 15
§ 2. Lineare Substitution in der Bildfunktion und Multiplikation der Original- funktion mit einer Exponentialfunktion 17
§ 3. Integration der Originalfunktion. . 18 § 4. Integration der Bildfunktion . . . 20 § 5. Differentiation der Originalfunktion 21 § 6. Differentiation der Bildfunktion 23 § 7. Reelle Faltung der Originalfunktionen und Produkt der Bildfunktionen 23 § 8. Komplexe Faltung der Bildfunktionen und Produkt der Originalfunktionen 25
I. TEIL
Asymptotische Entwicklungen
§ 1. Asymptotische Darstellung von Funktionen 29 § 2. Asymptotische Entwicklung von Funktionen . . . . 31
Allgemeine Eigenschaften einer asymptotischen Entwicklung 32 Spezialfall: Asymptotische Potenzentwicklungen . . . . . 35
§ 3. Ein allgemeines Prinzip zur Aufstellung von asymptotischen Methoden und die verschiedenen Arten von Asymptotik . . . . . . . 39
§ 4. Kritische Bewertung der drei asymptotischen Methoden 41 § 5. Allgemeines über Abelsche Asymptotik. . . . 42
3. Kapitel. Abelsche Asymptotik der einseitigen Laplace-Transformation: Verhalten vonj(s) im Unendlichen. . . . . . . . . 45
§ 1. Asymptotische Entwicklung der 2-Transformierten für s + oo 45 § 2. Beispiele . . . . . . . . . . 50
1. Das Gaußsehe Fehlerintegral . . . 50 2. Das Exponentialintegral . . . . . 51 3. Die Stirlingsche Reihe für logF(s) . 52 4. Die Besselschen Funktionen für nichtreelle Werte der Variablen 56 5. Die unvollständige Gammafunktion. Asymptotische Halbierungdes Gamma-
integrals und der Exponentialreihe . . . . 58 6. Entwicklungen mit logarithmischem Faktor. . . . . . . . . . . . . . 61
8 Inhaltsverzeichnis
§ 3. Asymptotische Entwicklung eines .{!-Integrals mit komplexem Weg. Defor­ mation eines ursprünglich reellen Integrationsweges zwecks Erweiterung des Bereichs der asymptotischen Entwicklung . . . . . . . . 64
§ 4. Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 1. Die Besselschen Funktionen für reelle Werte der Variablen . 76 ,. 2. Das Integral rp(z) = J ei"'q g(x) dx für reelle z • . . . . . 78
0 b
§ 5. Asymptotische Entwicklung eines Integrals der Form J e5 h(x) g(x) dx (Laplace- a
sches Problem der Funktionen grosser Zahlen). Die Methode der- Sattelpunkte 83 § 6. Beispiele . . . . . . . . . . . 88
1. Die Stirlingsche Reihe für T(s) . . . . . . . . . . . . . . . . 88 2. Die Fresnelschen Integrale . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90
§ 7. Asymptotische Entwicklungen nach anderen Funktionen als Potenzen 92 § 8. Asymptotische Entwicklung von komplexen Faltungsintegralen . . . 95
4. Kapitel. Abelsche Asymptotik der einseiti~en Laplace-Transformation: Verhalten vonf(s) an Stellen im Endlichen. . . . . . . . . . . 97
§ 1. Grössenordnung des Unendlichwerdens von f(s) bei Annäherung an eine sin- guläre Stelle in einem Winkelraum. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97
§ 2. Erschliessung der algebraischen und logarithmischen Singularitäten von f(s) 98
5. Kapitel. Abelsche Asymptotik der zweiseitigen Laplace-Transformation und der Mellin-Transformation . . . . . . . . 101
§ 1. Erschliessung der Singularitäten der .eu-Transformierten . 101 § 2. Erschliessung der Singularitäten der !IR-Transformierten 105 § 3. Beispiele (Gamma- und Zetafunktion) . . . . . . . . . 107
6. Kapitel. Abelsche Asymptotik der durch das komplexe Umkehrinte~ral dar~estellten !8-Transformation für Funktionen mit Sin~ulari- täten eindeuti~en Charakters . . . . . . . . . . . . . 109
§ 1. Allgemeines über die Asymptotik des komplexen Integrals . . . . 109 § 2. Asymptotische Entwicklung von F(t) nach Exponentialfunktionen . 110 § 3. Asymptotische Entwicklung von 4)(z) nach Potenzen. . . . . . . 115 § 4. Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118
1. Grenzwert der Thetafunktion 03 (0, zf:n) bei Annäherunganz = i 118 00
2. Verhalten von ,Ee-n"• für z+O .. n-1
00
00
§ 5. Asymptotische Entwicklung des Integrals 4)(z) = J 4)1(C) 4)1(z/C) dCJC auf 0
Grund der Entwicklungen von 4)1 und 4)1 . Asymptotik der Stieltjes-Trans- formation ............................ .
z+ioo § 6. Bestimmung der Singularitäten von !JR{4)1 .4)2 } = 1/(2 :n i) J rp1(u) q.>2(s- u) du
z-ioo auf Grund derjenigen von !JR{4)1 } = rp1(s) und !JR{4)2 } = q.>2(s) ..... .
122
122
123
131
136
7. Kapitel. Abelsche Asymptotik der durch das komplexe Umkehrintearal dargestellten '8-Transformation für Funktionen mit al!lebrai- schen und logarithmischen Sin!lularitäten . . . . . . . . 141
§ 1. Allgemeine Betrachtungen zu dem Fall nichteindeutiger Singularitäten 141 § 2. Eine endliche asymptotische Entwicklung von F(t) für t + oo ·. . . . 142 § 3. As}'mptotische Entwicklung von F(t) für t + oo . . . . . . . . . . 144 § 4. Ersatz des geradlinigen Integrationsweges in !ß durch einen winkeiförmigen
und Asymptotik der so entstehenden W-Transformation für t + oo 156 § 5. Beispiele . . . . . . . . . . . . . . 165
1. Das Exponentialintegral . . . . . . . . . . . . . . . 166 2. Der Strom im induktionsfreien Kabel . . . . . . . . . . 166 3. Die Besselschen Funktionen für reelle Werte der Variablen 168 4. Die Fourier-Bessel-Koeffizienten ·. . . . . . . . . . . . 170 5. Die Wellenfunktion für das kontinuierlicheSpektrum des Wasserstoffatoms 172
8. Kapitel. Abelsche Asymptotik der '8-Transformation für t+O. . . . . 174
§ 1. Asymptotische Entwicklung von F(t) für t + 0 auf Grund des Verhaltens von f(s) fürs+ oo in einer Halbebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174
§ 2. Die Heavisideschen Entwicklungstheoreme der Operatorenrechnung im Lichte der Abelschen Asymptotik des komplexen Integrals für t + 0 und t+ 00 • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • 177
9. Kapitel. Taubersehe Asymptotik der Laplace-Transformation 181
§ 1. Taubersehe Asymptotik reeller Art. Beispiel: Stabilität bei Erneuerungs- vorgängen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181
§ 2. Taubersehe Asymptotik funktionentheoretischer Art. Beispiel: Der Prim- zahlsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186
10. Kapitel. Asymptotische Aussaaen verschiedener Art über die Original- und die Bildfunktion der Laplace-Transformation. . . . 193
§ 1. Asymptotische Aussagen über die Bildfunktion . .. . . . . . . . . . 193 § 2. Asymptotische Aussagen über F(t) auf Grund der Existenz von 2{F} . 195 § 3. Asymptotische Aussagen bei der zweiseitigen Laplace-Transformation . 195 § 4. Das asymptotische Verhalten einer ganzen Funktion von Exponentialtypus 196 § 5. Das asymptotische Verhalten der Grössen M(x) und m(x) für f(s) . . • . . 197
Einleitung . . . . . . .
kultätenreihe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
201
203
12. Kapitel. Spezielle Reihen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236
§ 1. Die lineare Transformationsformel der Thetafunktion . . . . . . . . . . 236 § 2. Entwicklungen nach Besselschen Funktionen, die mit der linearen Transfor­
mationsformel für die Funktion fJ3 (v, t) äquivalent sind . . . . . . . . . 238 § 3. Entwicklung der Laguerreschen Polynome und der konfluenten hypergeo-
metrischen Funktion nach Besselschen Funktionen 241 § 4. Entwicklungen nach Laguerreschen Polynomen . . . . . . . . 243 § 5. Entwicklungen nach Hermiteschen Polynomen. . . . . . . . . 247 § 6. Entwicklungen nach konfluenten hypergeometrischen Funktionen 248 § 7. Eine Korrespondenz zwischen Fourier-Reihen und Partialbruchreihen . 250
III. TEIL
§ 1. Die lineare Differentialgleichung mit konstanten Koeffizienten und beliebiger Störungsfunk±ion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 1. Die inhomogene Differentialgleichung unter verschwindenden Anfangs­
bedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 2. Die homogene Differentialgleichung unter beliebigen Anfangsbedingungen 266
§ 2. Beispiele, insbesondere der elektrische Schwingungskreis. Übergangsfunktion und Frequenzgang . . . . . . . . . . . . . 269
§ 3. Rückkoppelungssysteme und Regelungstechnik 278 Regelungstechnik. . . . . . . 282 Stabilität der Regelung . . . . . . . . . . 286 Regelungsvorgänge mit Totzeit . . • . . . 289 Exakte mathematische Diskussion der Stabilität 294
§ 4. Erregung durch die Impulsfunktion . . . . . . . . 298 § 5. Ein System von Differentialgleichungen (Normalfall) 310
1. Das inhomogene System unter verschwindenden Anfangsbedingungen . 311 2. Das homogene System unter beliebigen Anfangsbedingungen. . . . . 314
§ 6. Ein System von Differentialgleichungen, bei dem nicht der Normalfall vor- liegt. Nichterfüllbare Anfangsbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . 318
§ 7. Kettenleiter und Wellenfilter. Synthese eines Filters mit vorgegebenen Sperr- und Durchlassbereichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 328
14. Kapitel. Gewöhnliche Differentialgleichungen mit konstanten Koeffizien­ ten im zweiseitig unendlichen Intervall unter Anfangs- und Randbedingungen . ............... ·. . . . . . . 345
§ 1. Anwendung der fu-Transformation und Aufstellung desjenigen Lösungsaus­ drucks, der einem bestimmten Holamorphiestreifen der Bildfunktion zuge- ordnet ist . . . . . . . . . . . . . 345
§ 2. Die Greensehe Funktion des Problems . . . . . . . . . . . . . . . . 348
Inhaltsverzeichnis
§ 3. Lösung unter Voraussetzung der Existenz von F( -oo) und F( +oo). +oo
§ 4. Lösung unter Voraussetzung der Existenz von J IF(t)l dt -00
11
350
356
§ 2. Beispiel: Die Differentialgleichung der Besselschen Funktionen . . . . . 366 § 3. Beispiel: Die Differentialgleichung der Laguerreschen Funktionen. Das Spek-
trum des Wasserstoffatoms in der Wellenmechanik 368 1. Das diskrete Spektrum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 371 2. Das kontinuierliche Spektrum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 375
§ 4. Ansatz der Lösung als Integral mit komplexem Weg. Asymptotische Entwick­ lungen der Lösung (Thomesche Normalreihen) . . . . . . . . . . . . . 377
16. Kapitel. Gewöhnliche Differentialgleichungen mit variablen Koeffizienten im Bildraum der Laplace-Transformation . . . . . . . . . . 386
§ 1. Lösung der Differentialgleichung mit im Unendlichen holamorphen Koeffi­ zienten durch l!(<Pl-Integrale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . '. 336
§ 2. Beispiel: Die Mathieusche Differentialgleichung . . . . . . . . . . . . 396 § 3. Lösung von Differentialgleichungen mit vollmonotonen Koeffizienten durch
1!-Integrale mit monotoner Originalfunktion . . . . . . . . . . . . . . 399
Anhan~
435
Einleitung
15
Die Abbildung der fundamentalen Operationen an Funktionen durch die Laplace-Transformation und ihre Umkehrung
In diesem Einleitungskapitel werden die fundamentalen Abbildungsgesetze der .{!-Transformation, die in den Anwendungen fortgesetzt gebraucht werden, in übersichtlicher Weise zusammengestellt, weil sie im I. Band aus systema­ tischen Gründen an ganz verschiedenen Stellen bewiesen werden mussten und daher nicht immer leicht zu finden sind. Sie sind für den praktischen Gebrauch teilweise in eine handlichere Form als im I. Band gebracht. Damit später im Text kurz auf sie verwiesen werden kann, sind sie als «Regeln» bezeichnet und mit lateinischen Zahlen numeriert, gelegentlich auch schlagwortartig mit Namen versehen, wie sie sich in der Praxis eingebürgert haben, wie z. B. Faltungssatz, Dämpfungssatz usw.
§ 1. Lineare Substitution in der OriginaHunktion und Multiplikation der Bildfunktion mit einer Exponentialfunktion
l:!r Transformation
Im folgenden wird vorausgesetzt, dass .1:!1{ F} = f(s) irgend wo und damit in einer Halbebene konvergiert.
Regel I. Der Originalfunktion
0
Regel II. Der Originalfunktion
~(t) = F(a t + b)
(a > 0, b ~ 0)
(a > 0, b > 0)
(a > 0).
Folgende Spezialfälle kommen besonders häufig vor:
Re~el 111 (Verschiebungssatz). Mit F(t)= 0 für t < 0 gilt:
F(t - b) o-e e- bs f(s) (b ~ 0).
----~b----------------•1
Figur 1
Dieser Satz lässt sich so verallgemeinern:
Re~el 111'. Wenn F(t) = 0 für 0 ~ t < b' ist, so gilt:
( F(t- b)
Figur 2
oder
§ 2. Lineare Substitution in der Bildfunktion 17
Dieser Satz lässt sich auf komplexe a in folgender Form erweitern:
Regel IV'. F(t) sei im Innern des Winkelraums zwischen der positiv reellen Achse und dem Strahl von 0 nach t = a * 0 analytisch und im abgeschlossenen Winkelraum stetig mit eventueller Ausnahme von t = 0 und t = =· In dem Winkelraum sei
B JF(t)J<ltf mitb<l fürO<JtJ<R0 ,
JF(t)J < C ecltl mit c > 0 für
Dann lässt sich f(s) = ~{F} in das Gebiet ~(ei'P s) > c, 0 ~ cp ~ arca ana­ lytisch fortsetzen (Figur 2), und es gilt:
F(a t) o--e ~ f~:). Die Beweise der Regeln finden sich in Satz 1 [I 2.11] und Satz 3 [I 10. 2].
~Ir Transformation
Regel Ia. Wenn~n{F} = f(s) fürs0konvergiert,sokonvergiert~n{F(at- b)} mit reellem a * 0 und reellem b fürs= a s0 , und es gilt
F(a t- b) o--e - 1- e- (bfa) s f(_!_). Jal a
Siehe Satz 3 [I 2.11].
§ 2. Lineare Substitution in der Bildfunktion und Multiplikation der Originalfunktion mit einer Exponentialfunktion
~r Transformation Regel V. Es gilt
f(c S. + d) .-<> ~ e-(dfc)t F(:) (c > 0, d beliebig komplex).
Der Spezialfall d = 0 stimmt mit Regel IV überein. Der Spezialfall c = 1 ergibt:
Regel VI (Dämpfungssatz). Es gilt
f(s + d) .-<> e-dt F(t) (d beliebig komplex). Siehe Satz 2 [I 2. 11].
~Ir Transformation
Regel Va. Wenn ~n{F} = f(s) für s=s0 konvergiert, so istfürs = (s0 - d)fc:
f(c s + d) e-<>-1- e-(dfc)t F(_!_) (c reell *0, d beliebig komplex). I c I c
Siehe Satz 4 [I 2. 11].
Doetsch II/2
§ 3. Integration der Originalfunktion
l 00
/F(T) dT = IP(t)' /F(T) dT = ~(t). 0 I
Regel VII. Wenn i!{F} für s0 mit 9ts0 > 0 konvergiert, so konvergiert .!:!{ cP} fürs= s0 und 9ts > 9ts0 , und es ist
cP(t) a-. 2_ f(s). s
Ausserdem ist
cP(t) = o(e'•1) für t + oo,
so dass .!:!{ cP} für 9ts > 9ts0 absolut konvergiert. Regel VIII. Wenn .!:!{ cP} für s0 (beliebig komplex) konvergiert, so konver­
giert i!{F} für s0 dann und nur dann, wenn
cP(t) = o(e'• 1) für t + oo.
Es ist dann
F(t) o--e s q;(s) für s = s0 und 9ts > 9ts0 •
Regel IX. Wenn i!{F} für s0 mit 9ts0 < 0 konvergiert, so konvergiert
.!:!{ tP} fürs= s0 und 9ts > 9ts0 , und es ist
4)(t) .,_. - f(s) + /(0) . s
~(t) = o(s'• 1) für t + oo,
so dass .!:!{ tP} für 9ts > 9ts0 absolut konvergiert. Siehe Satz 1, 2, 9 [I 2.12].
E1r-Transformation t
Im I. Band wurden die Sätze 11, 12 [I 2. 12] über die Abbildung von J F(T) dT a
mit beliebigem a bewiesen. In den Anwendungen wird meist der Fall a = - oo gebraucht. Hierfür gelten die folgenden Sätze. Es werde
t 00
gesetzt.
§ 3. Integration der Originalfunktion
Satz 1. Wenn ~u{F} für s0 = x0 + i y0 mit x0 > 0 konvergiert, so ist
Beweis: Da
00
19
konvergiert, ist nach Satz 1 [I 2. 12] (wegen der Ausdehnung auf komplexe s0
siehe I, S. 88, Fussnote)
also auch
t
Ferner konvergiert
0 00
Je-s,t F(t) dt = Je-(-s,)t F(-t) dt mit \R(-s0) < 0, -00 0
also ist nach Satz 9 [I 2. 12]
d. h.
jF(T) dT = tP(-t) = o(e-x• 1) für t-+ + oo -00
tP(t) = o(e x, 1) für t-+ - oo.
Satz 2. Wenn ~n{F} für s0 = x0 + i y0 mit x0 < 0 konvergiert, so ist
rP(t) = o(e..-' 1) für t -+ ±oo.
Beweis: Dieser Satz folgt aus dem vorigen, wenn man 1!11{ F} in der Form schreibt:
+OO Je-(-s)t F(-t) dt
jF(-T) dT = jF(T) dT = rP(-t). -00 -t
Regel Vlla. Wenn ~n{F} für s0 = x0 + i y0 mit x0 > 0 konvergiert, so konvergiert auch ~n{ f/J} für s0 , und es ist für s = s0
f/J(t) a--. -.!._ /(s). s
Beweis: Durch partielle Integration folgt:
"'· I"'· "'· Je- 5• 1 F(t) dt = e-s,t !li(t) + s0 Je-s,t !li(t) dt. C:U1 wl CVt
Da nach Satz 1
ist, ergibt sich die Behauptung.
Regel Vllb. Wenn ~n{F} für s0 = x0 + i y0 mit x0 < 0 konvergiert, so
konvergiert auch ~n{ iP} für s0 , und es ist für s = s0 :
- 1 c:P(t) o-e - 5 f(s).
Beweis: Aus
w, ,w, w,
Je-s,t F(t) dt = -e-5• 1 ~(t) - s0 Je-s,t ~(t) dt C:Ut W1 WJ
und Satz 2 folgt die Behauptung.
§ 4. Integration der Bildfunktion
Regel X. Wenn ~1{F(t}/t} für s0 konvergiert, so konvergiert ~{F} = /(s) für 9ls > 9ls0, und es gilt :
00
jt(a) da .-a Ft(t) für s = s0 und 9ls > 9ls0 ,
wobei als Integrationsweg jeder Strahl, der mit der positiv reellen Achse einen Winkel oc mit I oc I < n/2 einschliesst, genommen werden kann.
Regel XI. Wenn 00 J F(t) dt und
0
konvergieren, so existieren
l!,{F} ~ /(•) fün ~ 0 und 9t< > 0 und l!,li F;,) d<l fik ~ > 0,
und es gilt: s 00
~ jt(a) da .-o J F;T) d-,; für 9ls > 0, 0 t
wobei das Integral über /(a) geradlinig erstreckt werden kann. Siehe Satz 3, 5 [I 3. 6].
§ 5. Differentiation der Originalfunktion 21
§ 5. Differentiation der Originalfunktion
Er Transformation
Regel XII. F(t) sei für t > 0 differenzierbar. Wenn E{F'} für s0 mit 9is0 > 0 konvergiert, so existiert limF(t) =Fa und E{F} = f(s) für s = s0 und 9is > 9is0 , und es gilt: e--.o
F'(t) o-e s f(s) - F0 für s = s0 und 9is > 9is0 •
Überdies ist F(t) = o(e•• 1) für t-+ oo,
so dass E{F} für 9is > 9is0 absolut konvergiert. - Der Satz gilt auch, wenn F(t) nicht durchweg differenzierbar, aber für t ~ 0 totalstetig, also ein Integral
t
F(t) =Fa+ j F(1l(-r) d-r 0
ist, so dass F(t) fast überall die Ableitung F'(t) = F(1l(t) hat. Regel XIII. F(t) sei für t > 0 n-mal differenzierbar. Wenn E{F(n)} für s0
mit 9is0 > 0 konvergiert, so existieren
limF(t) =Fa, limF'(t) = F~, ... , limF<n- 1l(t) = Fo(n- 1) t--.o t ...... o t--.o
und o{p(n-1)}, ... , o{F'}, o{F} f"' d m > m ~ ~ ~ ur s = s0 un ;11S ns0 ,
und es gilt:
p(n)(t) o-e sn f(s)- Fa sn- 1 - F; sn-Z- · · · - Fo(n- 1) für s = s0 und 9is > 9is0 .
Überdies ist F(t) = a(e5' 1), ••• , p(n- 1l(t) = o(e5' 1) für t -+ oo,
so dass E{F}, ... , E{F(n- 1l} für 9is > 9is0 absolut konvergieren. Regel XIV. F(t) sei für t > 0 n-mal differenzierbar und p(nl(t) in jedem
endlichen Intervall absolut integrierbar. Dann existieren die Grenzwerte limF(•l(t) = FJ•l (v = 0, ... , n- 1). Wenn E{F} = f(s) für s0 konvergiert, so t--.o konvergieren die E{F(•l} (v = 1, ... , n) für s0 dann und nur dann, wenn
(v = 0, ... , n- 1)
ist. Es gilt:
p(nl(t) o-e Sn f(s) -Fa sn- 1 - • • • - Fo(n-1) für s = s0 und 9is > 9lso.
Siehe Satz 1, 7, 2, 4 [I 2.13].
22 1. Kapitel: Die Abbildung der fundamentalen Operationen
Err Transformation
An Stelle des Satzes 8 [I 2.13] braucht man in den Anwendungen meist die Sätze, die aus Regel VIIa und VIIb bzw. Satz 1, 2 [1. 3] dadurch hervorgehen, dass man F durch F' und daher ct>(t) durch
t
a>(t) durch 00
ersetzt.
Regel Xlla. Wenn Eu{F'} für s0 = x0 + i y0 mit x0 > 0 konvergiert, so konvergiert auch En{F(t)- F(-oo)} für s0 , und fürs= s0 gilt:
F'(t) a-.. s Eu{F(t)- F(-oo)}.
Überdies ist
F(t)- F(-oo) = o(ex,t) für t-+ ±oo.
Regel Xllb. Wenn En{F'} für s0 = x0 + i y0 mit x0 < 0 konvergiert, so konvergiert auch En{F(t)- F(+oo)} für s0 , und fürs= s0 gilt:
F'(t) a-.. s En{F(t) - F(+oo)}.
Überdies ist
Durch iterierte Anwendung dieser Regeln ergibt sich:
Regel Xllla. Wenn En{F(nl} für s0 = x0 + i y0 mit x0 > 0 konvergiert und*)
F'(-oo) = F"(-oo) = · · · = p(n-l)(-oo) = 0
ist, so konvergiert auch Eu { F (t) - F (- oo)} für s0 , und für s = s0 gilt :
Überdies ist
F(t)- F(-oo) = o(ex' 1), F'(t) = o(ex,t), ... , p(n-l)(t) = o(ex,t) für t-+ ±oo.
*)\'.'enn die Grenzwerte F'(-oo), ... ,Fin-ll(-oo) existieren, so können sie überhaupt keine anderen Werte als 0 haben. Denn wegen der Existenz von pln-21(- oo) konvergiert
0 J p;n-ll(t) dt = !im [Fin -21(0) _ pln-21( _ w)] = pln-21(0) _ pln-21( -oo), -00 W----700
also muss !im pln-ll(t), wenn er existiert, gleich 0 sein. Analog für die anderen Werte. t--+ CQ
§ 7. Reelle Faltung der Originalfunktionen 23
Regel Xlllb. Wenn Eu{F("l} für s0 = x0 + i y0 mit x0 < 0 konvergiert und
F'(+oo) = F"(+oo) = · · · = p(n-l)(+oo) = 0
ist, so konvergiert auch Eu{ F(t) - F(+oo)} für s0, und fürs= s0 gilt:
Überdies ist p(nl(t) o-e s" Eu{F(t) -F(+oo)}.
F(t)- F(+oo) = o(ex• 1), F'(t) = o(ex• 1), ••• , p(n-ll(t) = o(ex• 1) für t + ±oo.
Regel XIVa. F(t) sei n-mal differenzierbar und F("l(t) in jedem endlichen Intervall absolut integrabel. Wenn Eu{F} für s0 =1= 0 konvergiert, so konver­ gieren die E{F(•l} (v = 1, ... , n) dann und nur dann für s0 , wenn
(v = 0, ... , n - 1)
ist. (Bei 9ts0 > 0 ist also F(•l(-oo) = 0, bei 9ts0 < 0 ist F(•l(+oo) = 0 für v = 0, ... , n- 1). Es gilt fürs= s0 :
p(•l(t) o-e s" f(s) (v = 1, ... , n).
§ 6. Differentiation der Bildfunktion
Er Transformation
Regel XV. Im Innern der Konvergenzhalbebene von E{F}= f(s) gilt:
/"'1(s) .-a (-tt F(t).
Eu-Transformation
Regel XVa. Im Innern des Konvergenzstreifens von Eu{F} = f(s) gilt:
f"'l(s) .-a (- t)" F(t). Siehe Satz 1 [I 3. 2].
§ 7. Reelle Faltung der Originalfunktionen und Produkt der Bildfunktionen
Er Transformation
Regel XVI (Faltungssatz). Wenn E{F;.} für s0 absolut und E{~} für s0
einfach konvergiert und wenn entweder
eine der beiden Funktionen F;_(t) und ~(t) in jedem endlichen Intervall 0 ~ t ~ T beschränkt ist
24 1. Kapitel: Die Abbildung der fundamentalen Operationen
oder Fr2(t) und E2(t) ]-Funktionen
oder
Fi. * F; = /Fl(t- T) F2(T) dT 0
für alle t ~ 0, und es ist
Ohne die Zusatzvoraussetzungen über ~ und ~ braucht ~ * ~ nur fast über­ all zu existieren.
Regel XVII. Wenn (x0 reell)
00
00 .! e- zx,t I ~(t) lz dt 0
konvergieren, so ist für t ~ 0: x+ioo
F1 * F2 = 2 ~ i j e1• / 1(s) / 2(s) ds z-ioo
Dabei sind unter ft(x0 + i y) und /z(x0 + i y) die Randfunktionen von /1(s) und Ms) für 9ts + x0 zu verstehen.
Siehe Satz 6, 5 [I 2. 15], Satz 2 [6. 3], Satz 2 [12. 5] •
.Bu-Transformation
Regel XVIa (Faltungssatz). Wenn .Bu{F1} und .Bu{F2} für s0 absolut kon­ vergieren und wenn entweder
eine der beiden Funktionen e-s,t .fi.(tf und 'e-•· 1~(t) ,beschränkt ist
oder +OO +oo
oder +OO +OO
j e-z'iJis,t; I Fl(t) 12 dt und je- 2 'iJis,t IF2(t) I" dt konvergieren, -00 -00
§ 8. Komplexe Faltung der Bildfunktionen 25
so existiert die Faltung +oo
.F,.:~F2 = j F1(t- -r) F2(-r) d-r -00
+OO für alle t, i!n{F1 _";,,,ln konvergiert fürs= s0 absolut, und es ist
+oo Ohne die Zusatzvoraussetzungen über}\ und F2 braucht FJ. * F; nur fast überall
-oo zu konvergieren.
+OO +oo
j e-x,t I F1(t) I dt und j e-x,t I F2(t) I dt, -oo -00
+OO +-00
j e-2x,t I F1(t) 12 dt und je- 2x,t I F2(t) 12 dt -00 -00
konvergieren, so ist für alle t:
Siehe Satz 3, 1 [I 2. 15], Satz 1 [I 6. 3].
§ 8. Komplexe Faltung der Bildfunktionen und Produkt der OriginaHunktionen
i!r Transformation
00 00
je-2x,t j.F,.(t) 12 dt und je-2x•'IF2(t)j 2 dt 0 0
konvergieren, so gilt für ms ~· xl + x2:
s+ioo
F,.(t) F2(t) o--e 2 ~ i J /1(a) lz(s - a) da :~-too
s+ioo
= 2 ~ i J /1(s - a) /2(a) da %-ioo
26 I. Kapitel: Die Abbildung der fundamentalen Operationen
wobei unter II(x1 + i y) und Mx2 + i y) die Rana.funktionen von /1(s) und Ms) für 9ts + x1 bzw. 9ts + x2 zu verstehen sind.
Regel XVIII'. Wenn (x0 reell)
00 +OO
le-2z• 1 JF(t}j 2dt oder 2~ I lf(x + i y) 12 dy für X> Xo 0 -oo
konvergiert, so ist
oo +oo
le- 2 x1 IF(t)l2dt= 2 1n f1t(x+iy)l 2dy für x~x0 •
0 -00
Siehe Satz 2 [I 6. 4], Satz 4 [I p. 5], Satz 1 [I 6. 2], Satz 1 [I 12. 5].
Eu-Transformation
+oo +oo
je-x•'IFi(t)l dt und fe-x•t IF'z(t) J dt, -oo -oo
+oo +oo
le-2x,t JF]_(t) 12 dt und I e-2x,t I Fz(t) 12 dt -00 -oo
konvergieren, so gilt für 9ts = x1 + x2 :
z1 +ioo
F]_(t) F2(t) <>-e 2 ~ i I /1(u) / 2(s - u) da %1- i 00
x1 +ioo
= 2 ~ i r ii(s - u) /2(u) du. z 1 - ... ioo
Regel XVIII'a. Wenn (x reell)
+OO -l-00
je-x 1 IF(t)l 2 dt und I e-2xt I F(t) 12 dt -00 -oo
konvergieren, so ist
+oo +oo
je-2xt jF(t) 12 dt = 21n I lf(x + i y) 12 dy. -oo -oo
Siehe Satz 1 [I 6. 4], Satz 1 [I 6. 2].
I. TEIL
Asymptotische Entwicklungen
§ 1. Asymptotische Darstellung von Funktionen
Eine Funktion ist nur dann als definiert anzusehen, wenn es möglich ist, ihre Werte zu berechnen. Die ursprüngliche Definition, sei sie nun ein analytischer Ausdruck oder eine Beschreibung in Worten wie z. B. bei den zahlentheoreti­ schen Funktionen*), ist häufig für die praktische Berechnung wenig geeignet und auch nicht in der Lage, Aufschluss über das allgemeine Verhalten der Funktion zu geben. Hier setzt die asymptotische Untersuchung ein, deren Bestreben dahin geht, elementarere und gut bekannte Funktionen ausfindig zu machen, mit denen sich die gegebene Funktion in einem bestimmten Sinn ver­ gleichen lässt. Diese Vergleichsfunktionen geben einerseits ein anschauliches Bild von dem allgemeinen Verhalten der Funktion, andererseits gestatten sie, wenn für ihre Abweichung eine Abschätzung bekannt ist, den Wert der Funk­ tion bis auf einen bestimmten Fehler zu berechnen. Dies ist bei analytischen Funk­ tionen vor allem da wertvoll, wo die üblichen Darstellungen, z. B. durch kon­ vergente Potenzreihen, versagen, nämlich in der Umgebung singulärer Stellen. Das Charakteristische einer Funktion spricht sich gerade in ihrem Verhalten an solchen Stellen aus, so dass man dieses in erster Linie beherrschen muss.
Was unter einer Vergleichsfunktion verstanden werden soll, ist natürlich nicht selbstverständlich, sondern muss erst definiert werden. Jedenfalls wollen wir nicht darauf ausgehen, sogenannte Näherungsfunktionen zu finden, die die gegebene Funktion in einem Intervall oder Bereich mit einem vorgegebenen Fehler approximieren. Solche Näherungen geben im allgemeinen über den Charakter der Funkti9n gar keinen Aufschluss. Ein wesentlicher Gesichtspunkt der asymptotischen Betrachtung ist vielmehr, dass für die gegebene Funktion rp(z) ein fester Punkt z0 (im Falle einer analytischen Funktion meist ein singulä­ rer Punkt) zugrunde gelegt und nun eine Vergleichsfunktion 1p(z) gesucht wird, die die gegebene Funktion in einer gewissen Umgebung mit Ausschluss von z0
um so genauer darstellt, je kleiner die Umgebung ist, oder anders ausgedrückt: wenn z innerhalb einer Umgebung U gegen z0 strebt, so soll die Darstellung immer genauer werden. Eine solche Umgebung U kann dabei sein: eine volle Umgebung (z. B. ein Kreis um z0) oder ein Sektor cx < arc (z- z0) < ß, 0 < I z- z0 I < r oder ein Gebiet zwischen zwei in z0 endigenden Kurven, oder, wenn z0 = oo ist, ein Winkelraum cx < arc z < ß, I z I > R, oder eine z0 im Innern oder auf dem Rand enthaltende Strecke, oder für z0 = oo ein Strahl.
*) Beispiel: :n(x) sei die Anzahl der Primzahlen ;o; 'x.
30 2. Kapitel: Allgemeine Betrachtungen über Asymptotik
Was die Genauigkeit der Darstellung, d. h. die Differenz zwischen q; und "P angeht, so wird zum Prinzip erhoben, dass sie jedenfalls von geringerer Grös­ senordnung sein soll als die Vergleichsfunktion "P· Nach diesen Vorbereitungen wird die folgende Definition einleuchtend sein.
Definition I. Gegeben sei die Funktion q;(z), ein fester Punkt z0 im Innern oder auf dem Rand ihres Definitionsbereiches (der auch der Punkt oo sein kann) und eine Umgebung U von z0, zu der z0 selbst nicht zählt. 1p(z) sei eine in U defi­ nierte Funktion, die dort =1= 0 ist, und A eine beliebige Konstante. Dann sagen wir, q;(z) werde für z-+ z0 in U durch A 1p(z) asymptotisch dargestellt, oder A 1p(z) sei eine Vergleichsfunktion für q;(z), oder q;(z) verhalte sich wie A 1p(z), in Zeichen
wenn
(1)
d.h.
(2)
Beispiele:
q;(z) = A 1p(z) + o( 1p(z)) für z -+ z0 in U,
cp(z) tp(z) -+ A für z -+ z0 in U.
smz~z
für z-+0 in lzl < 1,
für z -+ oo in I arc z I ~ 1p < ~ .
Dabei wollen wir festlegen, dass, wenn U eine zweidimensionale Umgebung von z0 ist, das Zeichen z-+ z0 ein zweidimensionales Streben von z gegen z0
bedeutet. (1) bzw. (2) ist also dahin zu interpretieren, dass sich zu jedem e > 0 ein b > 0 so bestimmen lässt, dass I [q;(z)j1p(z)]- AI< e für alle z in U mit 0 < I z - z0 I < b gilt. Daher ist z. B. cosh z ~ 1/2 e• für z-+ oo auf jedem Strahl I arcz I < n/2 und in dem Winkelraum I arcz I ~ 1p < n/2, aber nicht in der Halbebene 9tz > 0.
Wir haben die Konstante A nicht einfach gleich 1 gesetzt, um die Möglich­ keit zuzulassen, dass sie gleich 0 ist. Dies ist in den Anwendungen praktisch, weil A oft keine absolute Konstante, sondern ein Parameter ist, der in speziellen Fällen gleich 0 werden kann (z. B. in Satz 3 [I 15. 4]). Es ist dann q;(z) = o ( 1p(z)), so dass 1p(z) eigentlich keine asymptotische Darstellung, sondern eine Funktion liefert, der gegenüber q;(z) von geringerer Grössenordnung ist. - Dass 1p(z) =1= 0 in U vorausgesetzt wurde, hat natürlich seinen Grund darin, dass in der Definition (2) durch 1p(z) dividiert wird.
Es kommt häufig vor, dass eine Funktion q;(z) sich zwar nicht selbst asym­ ptotisch darstellen lässt, aber in zwei Summanden q;1 und q;2 zerlegbar ist, von denen jeder einzelne eine asymptotische Darstellung A11p1 bzw. A21p2 besitzt. Dann ist q;1 = A11p1 + o(1p1), q;2 = A21p2 + o(1p2), also (3) Tt + T2 = At"Pt + A2"P2 + o("Ptl + o("P2l·
Hieraus sieht man, dass es nicht immer einen Sinn hat,
§ 2. Asymptotische Entwicklung von Funktionen 31
(4) fPt + fP2,......, At "Pt+ A2V'2 zu setzen. Denn wenn z.B. 1p2 = o(1p1) ist, so geht die Funktion A21p2 in dem Fehler o(1p1) völlig unter. Für spezielle Funktionen kann man an Hand von Gleichung (3) entscheiden, ob die abkürzende Relation (4) sinnvoll ist. Eine allgemeine Vorschrift lässt sich kaum angeben. Eine Definition, die wenigstens gewisse Fälle umfasst, ist die folgende.
Definition II. Es sei f(J(z) = fP1 (z) + ((J2(z) und f(J1(z) ~ A1 1p1 (z), f(J2(z) ~ A2 1p2(z) für z-+ z0 in U. Gilt in U: 0 < m ~ I 1p1(z) j1p2(z) I ~ M, so definieren wir:
Es kann vorkommen, dass eine solche durch Addition gewonnene Ver­ gleichsfunktion in U und auch in jeder verkleinerten Umgebung unendlich viele Nullstellen hat, was in Definition I ausgeschlossen war. So lässt sich die Bessel­ funktion J 0(z) für reelle z in zwei Summanden zerspalten, die einzeln die asymp­ totische Darstellung
___ 1_ eil•-(n/4)] b zw. ~
__ 1_ e-i[z-(n/4)]
Vznz
für z -+ oo haben. Während diese Funktiönen nirgends verschwinden, hat die
durch Superposition entstehende Darstellungsfunktion V2f(nz) cos (z- n/4) für ]0(z) in jeder Umgebung von z = oo unendlich viele Nullstellen (vgl. 3.4, 7.5).
Es sei ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die asymptotische Darstellung keineswegs auf solche Fälle beschränkt ist, in denen die Funktion f(J(Z) gegen einen endlichen Grenzwert strebt. Vielmehr kann f(J(z) gegen oo streben, wobei es sich dann darum handelt, die Art des Unendlichwerdens abzuschätzen [z. B. C(z) ~ 1f(z- 1) für z-+ 1 in einer vollen Umgebung], oder f(J(z) braucht über­
haupt nicht gegen einen Grenzwert zu streben, z. B. Vn zf2 ] 0 (z) ~ cos (z- n/4) für z (reell) -+ oo.
Ein Spezialfall der asymptotischen Darstellung liegt dann vor, wenn man den vollständigen Charakter einer analytischen Funktion an einer isolierten ~ingulären Stelle aufdecken und feststellen kann, dass z. B. z0 ein Pol m-ter Ordnung ist [f(J(Z) ~ Af(z- z0}m für z-+ z0 in einer vollen Umgebung] oder dass eine algebraiscP.e Singularität vorliegt [z. B. f(J(Z) ~ Af(z- z0)1i2].
§ 2. Asymptotische Entwicklung von Funktionen
Von der asymptotischen Darstellung einer Funktion durch eine Summe gernäss Definition II (§ 1) ist zu unterscheiden die «asymptotische Entwicklungn einer Funktion in eine Reihe von endlich oder unendlich vielen Gliedern c0 1p0(z) + c1 1p1 (z) + · · ·. Von einer solchen spricht man, wenn die sukzessiven
32 2. Kapitel: Allgemeine Betrachtungen über Asymptotik
Partialsummen eine immer feinere Beschreibung der Funktion in der Umge­ bung der kritischen Stelle z0 liefern. Darunter verstehen wir folgendes: Während wir früher bei der asymptotischen Darstellung durch eine Funktion verlangten, dass der «Fehler» cp(z) - A "P(z) von geringerer Grössenordnung als die Ver­ gleichsfunktion sei, stellen wir jetzt die Bedingung, dass in jedem Stadium .. der Entwicklung, d. h. bei jeder Partialsumme, der Fehler cp(z) - .E c. 'IJI.,(z)
•-0 von geringerer Grössenordnung sei als das zuletzt hinzugetretene Glied 'IJI,.(z). Diese Forderung ist in dem Spezialfall, dass die Funktionen 'IJI.,(z) Potenzen sind, zuerst von PoiNCARE 1 aufgestellt worden, und deshalb bezeichnet man solche Entwicklungen als asymptotische Entwicklungen im Sinne von Poincare. Da wir aber andere überhaupt nicht betrachten werden, können wir den Zusatz
00
weglassen. Wir stellen also folgende Definition auf, wobei wir immer .E schrei­ •-o
ben, obwohl die Gliederanzahl endlich sein kann; in diesem Fall ist von einer Stelle an c., = 0 zu setzen.
Definition 111. cp(z) besitzt in einer Umgebung U einer Stelle z0 die asym- o.;,
ptotische Entwicklung .E c. 'ljl.(z), in Zeichen •-0
00
wenn für jedes n = 0, 1, ... gilt:
.. (1) cp(z) - };c. 'IJI.(z) = o( "Pn(z)) für z + z0 in U.
•-0
Dies setzt voraus, dass "Pn(z) =1= 0 in U ist.
Allgemeine Eigenschaften einer asymptotischen Entwicklung
1. Für die Glieder einer asymptotischen Entwicklung gilt:
(2) (n = 0, 1, ... ) ,
d. h. sie sind von abnehmender Grössenordnung. Beweis: Die Gleichung (1) kann in der Form geschrieben werden:
n
cp(z) =}; c. tp"(z) + e0(z) "Pn(z) mit e0(z) + 0 für z + z0 •
•-0
Ebenso gilt:
n+l
cp(z) = }; c. 'IJI.(z) + e1 (z) "Pn + 1 (z) mit e1 (z) + 0 für z + z0 •
•=0
Also ist
oder
Es kann nicht für sämtliche Entwicklungen nach den Funktionen tp,.(z) der Koeffizient c,.+ 1 = 0 sein. Also ist tp,.+ 1(z)/tp,.(z) + 0 für z + z0.
2. Mit der Definition (1) ist folgende vollständig äquivalent:
n-l
(3) <p(z) - 1..: c. tp.(z) ~ c,. tp,.{z) für z + z0 in U (n = 0, 1, ... ) , v~O
n-l
wobei -.E = 0 für n = 0 zu setzen ist. •~0
Beweis: a) Aus (1) folgt zunächst für n = 0: <p(z) - c0 tp0(z) = o { tp0(z)), also nach Definition I (§ 1): <p(z) ~ c0 tp0(z); ferner für n = 1, 2, ... :
n-l
<p(z) - 1..: c. tp.(z) = c" tp,.(z) + o( tp,.(z)), •=0
woraus sich (3) ergibt. b) Aus (3) folgt zunächst für n = 0: <p(z) ~ c0 tp0 (z), also <p(z)- c0 tp0(z) =
o{tp0(z)); ferner für n = 1, 2, ... :
n-l
<p(z) - 1..: c. tp.(z) = c,. tp,.(z) + o( tp,.(z)), •=0
was mit (1) gleichbedeutend ist. (3) kann man so interpretieren: Bei einer asymptotischen Entwicklung ist
der Fehler, den man bei Benutzung einer bestimmten Partialsumme begeht, von der Grössenordnung des nächsten Gliedes. Damit ist natürlich nichts ausge­ sagt über den Betrag des Fehlers an einer bestimmten Stelle, sondern nur über den «Gang» des Fehlet:s für z + z0 : er verhält sich wie c,. tp,.(z).
Oft genügt es, die Gleichung (3) in der abgeschwächten Form zu benutzen:
n-1
(4) <p(z) = 1..: c. tp.(z) + 0(1 tp,.{z) I) für z + z0 •
•=1
3. Existiert für eine Funktion <p(z) eine asymptotische Entwicklung nach den Funktionen tp,.(z), so ist sie eindeutig bestimmt.
Beweis : Nach (1) ist
c0 = hm-(-), ........ ,'Po z
Doetsch II/3
34 2. Kapitel: Allgemeine Betrachtungen über Asymptotik
Dagegen gehören zu einer bestimmten asymptotischen Entwicklung unend­ lich viele Funktionen, da es Funktionen $ 0 gibt, deren asymptotische Ent­ wicklung nach den Funktionen V'n(z) lauter verschwindende Koeffizienten hat, so dass man diese Funktionen zu einer anderen addieren kann, ohne deren Ent­ wicklung zu verändern. Wählt man nämlich tp{z) so, dass tp{z) = o(V'n(z)) für jedes n ist, so ergibt sich: c0 = '1. = · · · = 0.
Beispiel: Für die Funktion tp(z) = r• ergibt sich bezüglich de'> Systems lfzn (n = 0, 1, ... ) für z (reell) + oo: e-• = o(lfzn), also
e-• 1':::1 0 + ~ + _Q_ + · · ·. z z2
Ist tp(z) = tp1(z) + tp2(z) und lassen sich tp1 und tp2 asymptotisch entwickeln:
00 00
(7) 'Pt(z) 1':::1 E cpl V'~1l(z), 'P2(z) 1':::1 E c~2) V'~2l(z), •=0 p=O
so hat es nur dann einen Sinn, tp als entwickelbar in die Summe beider Reihen n
anzusehen, wenn es möglich ist, jeder Partialsumme I; c~1 l 1p~1l(z) eine Partial- ". •=0
summe I; c~2l 1p~2l(z) so zuzuordnen, dass die Fehler bei beiden unterhalb der- p-o
selben Grössenordnung liegen. Handelt es sich z. B. um Entwicklungen nach den Funktionen z-• bzw. z-1'-!1/2) (für z+oo), und bricht man die erste mit der Potenz z- 3 ab, so hat man in der zweiten bis zur Potenz z- 2 -<112) zu gehen, weil der Fehler o(z- 3) der ersten Partialsumme schon grösser als das nächste Glied z- 3 -<112) ist. Ist 1p~1l = r• z-•, 1p~2l = e- 21 z-1', so ist klar, dass bei der Addition die zweite Reihe überhaupt wegzufallen hat, weil jedes ihrer Glieder von geringerer Grössenordnung ist als jedes Glied der ersten Reihe. Ähnlich wird man in allen praktisch vorkommenden Fällen, wo es sich meist um Entwick­ lungen nach Potenzen, Exponential- und logarithmischen Funktionen handelt, leicht die Entscheidung treffen können. Will man eine allgemeine Definition formulieren, so muss man voraussetzen, dass die beiden Funktionsfolgen "PJll und 1p~2l von <<vergleichbarer Grössenordnung» sind, d. h. dass sich von jedem 1p~2l entscheiden lässt, an welcher Stelle es innerhalb der Folge VJJll der Grössenordnung nach einzuordnen ist. Eine besondere Festlegung erfordert hierbei der Spezialfall der <<gleichen Grössenordnung». Es geht nicht an, diesen etwa durch "Ppl,..., 1p~2l zu definieren, da wir doch Funktionen wie e• • z- 1 und e-iz z- 1 als von gleicher Grössenordnung für z +oo ansprechen werden, obwohl ihr Quotient nicht gegen 1 strebt. Wir werden daher hierfür den schon in Definition II benutzten Begriff verwenden.
Definition IV. Es sei tp(z) = tp1(z) + tp2(z), für tp1 und tp2 mögen für z + z0
in U die Entwicklungen (7) gelten. Die zwei Folgen VJJll, 1p~2l sollen sich zu einer Folge "Pn vereinigen lassen derart, dass fe zwei konsekutive Glieder entweder von abnehmender: V'n+l = o(V'n) oder von gleicher Grössenordnung:
0 < mn ~ I "';:I I ~ M,.
§ 2. Asymptotische Entwicklung von Funktionen 35
sind. Dann definieren wir: 00 00
q;(z) ~ E c~1J VJP>(z) + E c~2J 'P~2l(z), •-0 p-0
wobei die beiden Reihen der Grössenordnung nach ineinander zu verzahnen und Glieder gleicher Grössenordnung zu einem zusammenzufassen sind.
Beispiel: Nach 7. 5. 3 ist
:h(z) ~ _1_ ei' f; (- 1)" F((l/2) + v) e-in/2[H(1/2)) z-[•+(1/2)) 0 y'23t ,_ 0 v! r((1/2)- v) 2'
+ _1_ e-i• f; (-1)' F((1/2) + v) e'"/2[>+(1/2)) z-[•+(1/2ll. y'23t v~O v! F((1/2)- v) 2•
Strebt z durch reelle Werte gegen +oo, so sind gleichsteilige Glieder in den beiden Reihen von gleicher Grössenordnung, wir müssen sie also zusammen­ fassen:
l /2 00 1 r((l/2) + v) -· ( n; n;) fo(z) ~ v-;:z li2•v! F((1/2)-v) z cos z+vz-- 4.
Strebt dagegen z längs der positiv imaginären Achse gegen oo: z = i r, r positiv reell, so ist e•• =e-r, e-•• =er. Jedes Glied der ersten Reihe ist also von gerin­ gerer Grössenordnung als jedes der zweiten, infolgedessen kommt nur letztere zum Zuge, und die erste bleibt ganz ausser Betracht.
SpeziaHall: Asymptotische Potenzentwicklungen
Am häufigsten kommt in den Anwendungen der Fall vor, dass die VJ,.(z) Potenzen sind2• Dabei brauchen die Exponenten nicht ganzzahlig zu sein, son­ dern können beliebige reelle oder komplexe Werte haben. Da für die Grössen­ ordnung, wenigstens bei reeller Variablen z, der Realteil des Exponenten massgebend ist, wollen wir uns der Einfachheit halber in diesem allgemeinen Überblick auf reelle Exponenten beschränken. Später werden manchmal auch komplexe Exponenten auftauchen (siehe z. B. 3.2.4).
1. Weil VJ,.+ 1 = o(VJ,.) sein muss, kommen für Annäherung an einen Punkt z0
im Endlichen nur aufsteigende Potenzen von z - z0 in Frage, wobei endlich viele negative Exponenten vorkommen können:
00
(8) q;(z)~};c,(z-z0)A.. fürz+z0 , -N<Ä0 <Ä1<···++oo. •-0
Dagegen kann es sich für z + oo nur um absteigende Potenzen mit endlich vielen positiven Exponenten handeln:
00
(9) q;(z) ~ };c, z-4 für z +oo, N > -Äo > -Ä1 > · · · + -oo. •-0
36 2. Kapitel: Allgemeine Betrachtungen über Asymptotik
Die Definitionen (1) und (3) lauten explizit im Falle (8)
(10) I (z - z0)-;.,. ( cp(z) - 7ti C7(Z - z0);.,.) -+ 0
(z- z0) -.ln+t ( cp(z) - 7j;c,.(z- z0);.,.) -+ cn+l
im Falle (9)
(11) 7-0
l z.ln+l ( cp(z)- t c7 z-;.,.) -+ cn+l für z -+oo. 7-0
2. Besitzt cp(z) auf einer von z0 ausgehenden Strecke sämtliche Ableitungen, so ist
(12) 00 (7)( )
cp(z) ~ lJ rp ,zo (z- z0)7 für z-+ z0 in dieser Richtung. •-0 :V.
Denn nach dem Taylorschen Satz ist dann
() = ~q;l7l(zo) (- )7+ q;ln+ll(zo+iJ(z-zo)) (z-zo)'Hl (0<{}<1). cp Z &o :v! z z0 (n + 1)!
Da cp("+ 2l existiert, also cp(n+l) stetig ist, ergibt sich:
(z- z )-(n+l) cp(z)- ~ .!f.__L (z- z )7 -+ rp 0 ( " l7l(z ) ) ln+ll(z )
o 6 :v! o (n + 1)! .
Im Gegensatz dazu kann man bekanntlich aus der Existenz sämtlicher Ablei­ tungen in einer bestimmten Richtung nicht schliessen, dass die Taylorreihe konvergiert und die Funktion darstellt.
Beispiel: Es sei I -1/1
cp(z) = l: für z> 0
fürz=O.
Es existieren sämtliche Ableitungen für z ~ 0. Im Punkte 0 sind sie alle gleich 0. Die Taylorreihe konvergiert daher für z ~ 0, stellt aber nicht die Funktion dar. Dagegen liefert sie eine asymptotische Entwicklung von cp(z) für z-+ + 0.
Besitzt cp(z) nur n + 1 Ableitungen (n ~ 0) und ist cp(n+l) in z0 stetig, so erhält man eine asymptotische Entwicklung mit endlich vielen Gliedern
(13) " l•l( )
§ 2. Asymptotische Entwicklung von Funktionen 37
3. Manchmal kommt es vor, dass ein Entwicklungsverfahren statt der Rela­ tion (10) bzw. (11) zunächst nur ein schwächeres Resultat liefert, nämlich im Falle z-+ = (der Fall z-+ z0 erledigt sich in analoger Weise) statt
n
nur die Relation n
(14) q;(z) = I; cv z-J.v + o(z-mn) mit mn < Än. v~o
Wenn die Entwicklung beliebig weit fortgesetzt werden kann und dabei m,.
mit Än gegen= wächst, so ist (14) trotzdem ausreichend für die asymptotische Entwickelbarkeit von q;(z). Denn es ist
q;(z) = I: cv z--<v + I: c" z-J .• + o(z-mn). A11 ~ mn mn < ).v ~ ),n
Das grösste ?.. ~ mn heisse Äk,.. Dann können wir schreiben:
kn kn q;(z) = I; cv z- J.,. + O(z- J.k,. + 1) + o(z- "'") = I; c. z-J .• + o(z- J.kn).
v=O v=O
Der Index k .. wandert mit Än gegen=· Er kann allerdings gewisse Werte über­ springen. Das stört aber nicht, weil man die fehlenden Zwischenstadien auf ähnliche \\'eise wie oben erhalten kann : Ist k .. , 1 > kn + 1 , so setze man:
kn+l kn+l kn+t
q;(z) =I; cv z-J .• + o(z-J.kn+l) =I; c. z-J .• + I; c. z-J.v + o(z-'kn+I} v=O v ~o v kn-;-2
kn-1 1
= I;c.z-J·•+ o(z-J·kn+1) usw. V=Ü
4. Man erkennt leicht, dass die in einem Kreis I z- z0 [ < r bzw. ausserhalb eines Kreises I z I > R .konvergenten Potenzreihen nach aufsteigenden bzw. ab­ steigenden Potenzen gleichzeitig asymptotische Entwicklungen für z-+ z0 bzw. z -+ = darstellen, wovon wir in der Folge oft Gebrauch machen werden. Im übrigen aber liegen den beiden Begriffen «konvergente Reihe" und «asympto­ tische Entwicklung» ganz verschiedene Grenzübergänge zugrunde. Kom•ergmz
N
bezieht sich immer auf eine feste Stelle z. Wenn eine Reihe I c. lf',,(z) an einer v=O
" Stelle z konvergiert, so bedeutet dies, dass die Partialsumme I cv tp.(z) für
V-~ Ü
n -+ = gegen einen Grenzwert strebt. Asymptotische Entwickl1tng dagegen be­ zieht sich auf das Verhalten bei Annäherung an eine Stelle in einer gewissen Umgebung. Wenn eine Funktion für z-+ z0 eine asymptotische Entwicklung zulässt, so bedeutet dies, dass die Differenz zwischen der Funktion und jeder einzelnen festen Partialsumme sich für z -+ z0 wie das nächste Glied verhält.
38 2. Kapitel: Allgemeine Betrachtungen über Asymptotik
Bei der Definition der konvergenten Entwicklung ist also z fest und n variabel, während bei der asymptotischen Entwicklung n fest und z variabel ist.
5. Asymptotische Potenzreihen eignen sich hervorragend zur Darstellung von Funktionen in der Umgebung singulärer Stellen, wo die Darstellung durch konvergente Potenzreihen ausgeschlossen ist, weil die Funktion sonst an der betreffenden Stelle holomorph sein müsste. Sie treten daher z. B. in der Theorie der linearen Differentialgleichungen mit variablen Koeffizienten auf, wenn man die Gleichung so wie an Stellen der Bestimmtheit auch an Stellen der Unbestimmtheit formal durch Potenzreihen zu befriedigen sucht (siehe 15. 4 und 16.1).
6. Dass es tatsächlich Potenzreihen gibt, die an keiner Stelle konvergieren, aber eine asymptotische Darstellung bewirken, wollen wir durch ein sehr ein­ faches Beispiel belegen. Das Exponentialintegral Ei(z) kann definiert werden durch
00
• z+x 0
(z beliebig komplex mit Ausnahme der Werte z ~ 0). Durch wiederholte par­ tielle Integration findet man:
, E" ( ) 1 1! 2! ( 1)" n! -e 1 -z =---+- - + · · · + - --z z2 zs z»+l 00
+ (-1)"+ 1 (n + 1) tj (z ::):+2 dx. 0
Schätzt man das letzte Integral dadurch nach oben ab, dass man e-" durch 1 ersetzt, so ergibt sich:
n-1 1 1 ( 1 ) -e'Ei(-z)- ~(-1)" z:~1 = (-1)" z:~1 + 0 lzl"H
= oc:, .. ) für z +oo.
00 ' -e'Ei(-z) ~ 1.7(-1)" z:~ 1 , •-0
wenn z in der längs der negativ reellen Achse aufgeschnittenen Ebene gegen oo strebt. Die Reihe ist an keiner Stelle konvergent, weil v!fz•+l an jeder Stelle z * 0 für v + oo gegen oo strebt.
7. Man sieht an diesem Beispiel, dass bei Potenzreihen in der Definition (1) schon 0 an Stelle von o genügt, denn aus
.. tp(z) = l.7 c.(z- z0)4 + 0( Jz- z0 J;"")
•-0
folgt mit n + 1 an Stelle von n:
" cp(z) - }; c.(z - z0)Äv = c,.+ 1 (z -. z0)Än+ 1 + 0 (I z - z0 I Än+1)
•-0
= o (I z - z0 j "") für z -+ z0 ,
und entsprechend in dem Fall z -+ oo. - Dasselbe gilt auch allgemein, wenn man von vornherein weiss, dass "Pn+ 1 = o(VJ,.) ist.
§ 3. Ein allgemeines Prinzip zur Aufstellung von asymptotischen Methoden und die verschiedenen Arten von Asymptotik
Wie schon oben erwähnt, kommt die asymptotische Darstellung einer gege­ benen Funktion durch andere, natürlich möglichst einfache und überschaubare Funktionen vor allem in der Umgebung singulärer Stellen in Frage. An solchen Stellen verhält sich die Funktion besonders intrikat, so dass man auf direktem \Veg schwer in ihre Geheimnisse eindringen kann. Nun wird man aber durch die Beschäftigung mit den Funktionaltransformationen auf zwei in diesem Zu­ sammenhang wichtige Tatsachen hingelenkt:
1. Einer hochgradig transzendenten Funktion kann vermöge einer Funk­ tionaltransformation eine ganz elementare Funktion entsprechen. So gehört z. B. zu der komplizierten Thetafunktion {}3(0, t) vermöge der ß-Transformation die Exponentialfunktion s- 112 tghs 1i2 oder zu der Besselfunktion t• ].(t) die alge­ braische Funktion
n-1/2 r(v + ~) (s2 + 1) -·- (1/2).
2. Zwischen dem asymptotischen Verhalten der einen Funktion an einer bestimmten Stelle und dem der anderen an einer entsprechenden Stelle besteht ein enger Zusammenhang. Der ganze V. Teil des I. Bandes liefert Anschau­ ungsmaterial für diesen Sachverhalt. Ist nun eine der einander zugeordneten Funktionen sehr einfach, so kann man ihr Verhalten leicht übersehen und daraus Schlüsse auf das der komplizierteren Funktion ziehen. Das veranlasst uns, folgendes allgemeine Prinzip für die Gewinnung von asymptotischen Methoden auszusprechen 3 :
Man legt eine Funktionaltransformation zugrunde, bei der die zu untersuchende
Funktion als eine der beiden zugeordneten Funktionen erscheint. Anstatt ihr asym­
ptotisches Verhalten direkt zu bestimmen, studiert man das der zugeordneten Funk­
tion und schliesst von diesem auf das asymptotische Verhalten der Ausgangs­ funktion.
Natürlich gibt dieses Prinzip kein mechanisch zu handhabendes Schema ab, sondern es erfordert in jedem einzelnen Fall die Auftindung einer geeigneten Funktionaltransformation, die eine zugeordnete Funktion von hinreichend
40 2. Kapitel: Allgemeine Betrachtungen über Asymptotik
einfacher Art erzeugt, und die gerade das Verhalten an der fraglichen Stelle zu studieren gestattet.
Es gibt grundsätzlich zwei verschiedene Möglichkeiten, dieses allgemeine Prinzip anzuwenden: Die zu untersuchende Funktion kann bei der Funktional­ transformation als Original- oder als Bildfunktion erscheinen.
I. Tritt sie als Bildfunktion auf, so handelt es sich darum, von dem Verhalten der Originalfunktion auf das der Bildfunktion zu schliessen. Sätze, die dies tun, nannten wir in I 13.1 Sätze Abelscher Art. Deshalb bezeichnen wir den Schluss von dem asymptotischen Verhalten der Originalfunktion an einer Stelle auf das asymptoti5che Verhalten der Bildfunktion an einer entsprechenden Stelle als eine Asymptotik von Abelschem Charakter oder kurz als eine Abelsche Asym­ ptotik.
II. Tritt die zu untersuchende Funktion als Originalfunktion auf, so muss von dem V erhalten der Bildfunktion auf das der Originalfunktion geschlossen werden. Dies ist, wie wir aus I 16 wissen, im allgemeinen nur durch Sätze von Tauberscher Art möglich, die von vornherein eine gewisse Beschränktheits­ bedingung für die Originalfunktion als erfüllt voraussetzen. Daher nennen wir den Schluss von dem asymptotischen Verhalten der Bildfunktion auf das der Originalfunktion unter Hinzufügung einer Voraussetzung über letztere eine Asymptotik von Tauberschem Charakter oder kurz eine Taubersehe Asymptotik.
Dies sind vom Standpunkt einer bestimmten Funktionaltransformation aus gesehen die Möglichkeiten, die uns das allgemeine Prinzip bietet. Da nun aber Paare von Funktionaltransformationen existieren, die -wenigstens in gewissen Funktionsklassen - die gegenseitigen Umkehrungen darstellen, so kann man der Abelschen Asymptotik noch eine weitere Variante hinzufügen.
III. Es liege eine Transformation :!:1 vor sowie eine weitere ~. die die Eigenschaft hat, für die Funktionen F einer Klasse K die Umkehrung von :!:1 zu liefern, d. h. wenn :i1{F} = f und FE K, so ist ~{/} = F. Für die Transformation :!:1 sind die F die Original- und die f die Bildfunktionen; für :!:2 ist es umgekehrt. Man kann einerseits ~ als selbständige Transformation betrachten und eine Abelsche Asymptotik für sie aufstellen, die von dem Ver­ halten der Funktionen f auf das Verhalten der Funktionen F schhesst. Anderer­ seits aber kann man ~als Hilfstransformation ansehen, die lediglich dazu da ist, die der Betrachtung primär zugrunde liegende Transformation :!:1 umzu­ kehren, wenn FE K. Es werden dann nicht beliebige Funktionen f, für die~ einen Sinn hat, betrachtet, sondern nur solche, die vermöge :!:1 aus Original­ funktionen FE K als zugehörige Bildfunktionen f = :!:1{F} entstanden sind. Da die Korrespondenz F = ~{/} gilt, lässt sich das asymptotische Verhalten von F vermittels der Abelschen Asymptotik für ~ erschliessen. Bei dieser Methode basiert das Studium des asymptotischen Verhaltens von F nicht auf einer einzigen Transformation wie oben unter I und II, sondern auf einer Hin­ und einer Rücktransformation: Soll eine Funktion F asymptotisch untersucht werden, so führt man sie zunächst durch eine Transformation :!:1 in eine Funktion f über. Existiert für dieses Paar F, feine Umkehrtransformation ~ = :!:11 , so wendet man die Abelsche Asymptotik der Transformation ~an, um von dem
§ 4. Kritische Bewertung der asymptotischen Methoden 41
Verhalten von f auf das von F zu schliessen. Diese Methode nennen wir eine indirekte Abelsche Asymptotik der Transformation :!:1. (Sie basiert auf einer direkten Abelschen Asymptotik der Transformation ~.) Obwohl sie, abstrakt betrachtet, künstlich und umständlich aussieht, gehören viele der heute bekann­ ten asymptotischen Methoden gerade in diese Kategorie.
Wie wir sehen werden, führt das obige allgemeine Prinzip und seine geschil­ derten drei Verwirklichungen auf ganz naturgemässem \Veg zu Methoden von grosser Tragweite. Ausserdem stellt es bekannte Methoden in einen grösseren Rahmen und gestattet auf diese Weise, ihre Wirksamkeit zu verstärken.
§ 4. Kritische Bewertung der drei asymptotischen Methoden
Die einfachste von den in § 3 beschriebenen Methoden ist die (direkte) Abelsche Asymptotik, bei der die zu untersuchende Funktion als Bildfunktion auftritt. Wir werden solche Abelsche asymptotische Methoden für die ein- und zweiseitige Laplace-Transformation, die Mellin-Transformation und die kom­ plexen Integrale, die als Umkehrungen dieser Transformationen auftreten, ent­ wickeln. Da bei der Laplace- und Mellin-Transformation die Bildfunktion stets analytisch ist, ist der Umkreis der Funktionen, die II].an auf diesem Wege asymptotisch entwickeln kann, auf analytische Funktionen beschränkt; man kann aber mit diesen Methoden das asymptotische Verhalten vieler in den An­ wendungen auftretenden Transzendenten auf die denkbar einfachste Weise ermitteln. Bei Verwendung des komplexen Umkehrintegrals als Transformation braucht dagegen die Bildfunktion nicht analytisch zu sein, dafür sind aber die Gültigkeitsbedingungen komplizierter.
Bei der Taubersehen und der indirekten Abelschen Asymptotik der Laplace­ und Mellin-Transformation tritt die zu untersuchende Funktion als Original­ funktion auf, wodurch auch nichtanalytische Funktionen der Behandlung zu­ gänglich sind. Sie brauchen nur für reelle Werte der Variablen definiert zu sein und sich so zu verhalten, dass das Laplace- bzw. Mellin-Integral konvergiert. Dies kann man häufig, falls nicht schon erfüllt, auf folgende Weise erreichen: Sucht man das asymptotische Verhalten von F(t) für t-+ oo, so ist es gleich­ gültig, wie sich F(t) in einem endlichen Intervall 0 ~ t ~ T benimmt. Sollte z. B. F(t) bei t ~ 0 nicht integrabel sein, so kann man die Funktion in der Um­ gebung von t = 0 anders definieren, etwa sie gleich 0 setzen. Handelt es sich andererseits um das Verhalten von F(t) für t-+ 0, so kann man F für t ~ T > 0 beliebig abändern, um Konvergenz des Laplace-Integrals oder auch um eine bequemere Bildfunktion zu erzielen.
Bei der Taubersehen Asymptotik tritt als sehr erschwerend der Umstand auf, dass man von der zu untersuchenden Funktion von vornherein eine gewisse Beschränktheitseigenschaft, z. B. Positivität, kennen muss. Dies hat zur Folge, dass man praktisch nur eine, aber nicht eine ganze Folge von Vergleichsfunktionen finden kann, da man zwar häufig, insbesondere bei
42 2. Kapitel: Allgemeine Betrachtungen über Asymptotik
zahlentheoretischen Funktionen, weiss, dass sie positiv sind, jedoch nichts über das Vorzeichen der einer weiteren Entwicklung zugrunde zu legenden Differenz zwischen der Funktion und der ersten Vergleichsfunktion aussagen kann. so dass eine Iteration des Verfahrens nicht möglich ist.
Von diesen Beschränkungen ist die indirekte Abelsche Asymptotik frei. Wir werden dieser übrigens keine eigenen Kapitel widmen, weil es genügen wird, bei der direkten Abelschen Asymptotik des komplexen Umkehrintegrals gelegentlich darauf hinzuweisen, wie sie sich auch im Sinne einer indirekten Abelschen Asymptotik der Laplace- und Mellin-Transformation auswerten lässt.
§ 5. Allgemeines über Abelsche Asymptotik
Wenn wir die Sätze im I. Band, die vom Verhalten von F(t) auf das von f(s) = i!{F} zu schliessen gestatten, zusammenstellen und durchmustern, so zeichnen sich folgende Kategorien ab:
1. Schon allein die Tatsache, dass f(s) eine i!-Transformierte ist, d. h. dass F(t) sich so verhält, dass i!{F} konvergiert, erlaubt gewisse Schlüsse auf das Verhalten von f(s), wie z. B., dass f(s) -+ 0 für s-+ oo in jedem Winkelraum lffi(s0 , 1p < n/2). Diese und ähnliche Aussagen liegen naturgernäss nicht beson­ ders tief, weshalb wir sie nur anhangsweise am Schluss dieses Teils im 10. Ka­ pitel bringen.
2. Eine zweite Kategorie von Sätzen schliesst von dem Verhalten der Funk­ tion F(t) für t-+ oo auf das von f(s) bei Annäherung innerhalb eines Winkel­ raums an eine Stelle im Endlichen, z. B. von
F(t) ~ A e5' 1 t"' (~oc > -1) auf f(s) ~ A T(oc + 1) (s- s0)-a.-l (Satz 1[I 13.1]).
Hier strebt die Funktion, deren Verhalten erschlossen wird, immer gegen oo, und es handelt sich darum, die Stärke des Unendlichwerdens abzuschätzen. Bei einer asymptotischen Entwicklung kann daher nur eine solche mit endlicher Gliederzahl in Frage kommen.
3. Durch schärfere Voraussetzungen kann man jedoch die Sätze dieser Kategorie ergiebiger gestalten. Wenn nicht nur F(t) = A e5• 1 ta. + o(e 5• 1 t"') be­ kannt ist, sondern wenn man weiss, dass das «Restgliedn so klein ist, dass seine i!-Transformation über s0 hinaus konvergiert, so kann man nicht nur das asym­ ptotische Verhalten von f(s) fürs-+ s0 in einem Winkelraum bestimmen, son­ dern aussagen, dass f(s) in s0 eine isolierte Singularität von bestimmtem Cha­ rakter hat (Satz 1 [I 13. 3]). Hier kann oc beliebig komplex sein, und infolge­ dessen kommt sowohl Konvergenz gegen einen endlichen Wert. wie gegen oo vor.
4. Schliesslich verfügen wir auch über eine Kategorie von Sätzen, die aus dem Verhalten von F(t) für t-+ 0 das von f(s) für s-+ oo ableiten, wie z. B.: Aus
F(t) ~ B tß (~ß > -1) folgt j(s) ~ B T(ß + 1) s-ß-l (Satz 1 (I 14.1]).
§ 5. Allgemeines über Abelsche Asymptotik 43
Hier ist zu bemerken, dass /(s) stets gegen 0 strebt und dass man daher unend­ liche asymptotische Potenzentwicklungen aufstellen kann. Da diese in den An­ wendungen am wichtigsten sind, behandeln wir sie im folgenden an erster Stelle.
Unsere Erörterungen über die Asymptotik der zweiseitigen Laplace- und der Mellin-Transformation werden von ähnlichen Einteilungsprinzipien be­ herrscht sein.
Die Abelsche Asymptotik kann, wie wir sehen werden, in den einzelnen Fällen noch auf sehr verschiedene Arten verwirklicht werden. Eine Art, die besonders übersichtlich ist und häufig vorkommt, bezeichnen wir als den
Idealfall der Abelschen Asymptotik4•
Er tritt unter folgenden Bedingung~n auf. Die zugrunde liegende Transfor­ mation laute l:{<P(x)} = rp(y).
1. Die Originalfunktion besitze eine asymptotische Entwicklung
00
n
<P(x) -}; cp <P.(x) ~ cn+l <Pn+ 1(x) für X+~. v-0
2. Für die Transformation l: gelte ein Abelscher Satz der Gestalt: «Aus P(x)~<Pn+ 1 (x) für x+~ und der Existenz von l:{P(x)} folgt l:{P(x) }~Xn+ 1 (y) für y + rp Dabei kann Xn+ 1 von l:{<Pn+ 1} verschieden sein.
3. l:{ <P} und l:{ <PP} sollen existieren.
(2)
(3)
n
Dann existiert auch l:{ <P(x) - }; c. <P.(x) }, und nach 1. und 2. gilt: P-0
f n } l:l<P(x) - .!i c. <Pp(x) ~ cn+1 Xn+1(y) für Y+'YJ.
4. l:{ <P} = rp(y) und l:{ <PP}= tpp(y) seien explizit bekannt. Dann kann (2) in der Form geschrieben werden:
n
rp(y) - }; c. tp.(Y) ~ Cn+ 1 Xn+ 1 (y) für y + 'YJ. v-0
Speziell für P(x) = <Pn+l(x) ergibt sich aus 2.:
rpn+1(y) ~ Xn+l(y) für Y + 'YJ.
Infolgedessen gilt statt (3) auch:
n
rp(y) - L CP rpP(y) ~ Cn+ 1 (/Jn+1 (y)' d. h. (4) v-0
00
44 2. Kapitel: Allgemeine Betrachtungen über Asymptotik
Im «<dealfall», d. h. unter den obigen vier Bedingungen, kann also ganz einfach die asymptotische Entwicklung (1) der Originalfunktion gliedweise in die asymptotische Entwicklung (4) der Bildfunktion übersetzt werden.
Bemerkungen: 1. Es kann natürlich unmittelbar Xn+ 1 (y) = lf'n+ 1(y) sein, jedoch ist es oft angenehm, dass nur Xn+ 1(y) ~ lf'n+ 1(y) zu sein braucht. Das wirkt sich nämlich dahingehend aus, dass man sich bei Ableitung des Abelschen Satzes unter den zu lf'n+l äquivalenten Funktionen eine möglichst einfache aus­ suchen kann. (Siehe als Beispiel: Satz 1 und 2 [3. 7].)
2. Die Bedingung 4. ist keineswegs überflüssig. Ist sie nicht erfüllt, so kann man zwar theoretisch die Entwicklung der Bildfunktion anschreiben, praktisch ist sie aber wertlos.
3. Wie wir an Beispielen sehen werden (vgl. Satz 2 [7. 4]), ist es manchmal möglich, mit ein und demselben Abelschen Satz gleichzeitig mehrere asympto­ tische Entwicklungen abzuleiten.
45
Abelsche Asymptotik der einseitigen Laplace-Transformation: Verhalten von j(s) im Unendlichen
§ 1. Asymptotische Entwicklung der .t!-Transformierten für s-+oo
Vorbemerkung: Wir legen im folgenden das E-Integral mit dem Intervall (0, oo) zugrunde. In den Anwendungen handelt es sich häufig um E-Integrale über ein endliches Intervall (0, T). Dann ist F(t) = 0 für T > 0 zu denken.
Wir formulieren für die durch ein E-Integral dargestellten Funktionen zu­ nächst einige Sätze über Entwicklungen nach reinen Potenzen.
Satz 15./(s) = E{F} besitze eine Konvergenzhalbebene. WennF(t) eine asym­ ptotische Entwicklung
00
(1) F(t) ~}; c. t4 (-1 < 9U0 < 9IÄ.1 < · · ·) für t (reell)+ 0 •=0
hat, so lässt sich f(s) folgendermassen asymptotisch entwickeln:
(2) l(s) ~-' ~c F(J..+ 1) t· f · d St hll I< :n ,_", ~ ur s + oo au 1e em ra arcs -2 , v-o v sA"+ 1
gleichmässig in jedem Winkelraum jarcsi ~ 'P < :n/2*). Beweis: Es liegt hier der «<dealfall» der Abelschen Asymptotik vor (siehe
2. 5). Auf Grund von (1) ist n
F(t)-}; c. t4- cn+l t""+ 1 für t + 0. •-0
Da E{F} und E{t"•} (9U. > -1) existieren, folgt aus dem Abelschen Satz 1 [I 14.1]:
.e{F(t)- ~c t4l = f(s)- ~c F(J..+ 1) - c F(Än+l + 1) fürs +oo ~ • J ~ • s4+1 n+l sAn+l+l •=0 •=0
gleichmässig in jedem Winkelraum I arcs I ~ 'P < :n;f2. Das ist die Behauptung.
*) Das bedeutet:
( " F(J..+ 1)) ( n F(J..+ 1)) sAn f(s)- ,E c. A."+l ~ 0 oder sAn+l f(s)- ,E c. J. + 1 ~ c,.+ 1 F(.i.,.+1 + 1),
•-0 s •=0 s•
wenn s zweidimensional in einem Winkelraum I arcs I ~ tp < n/2 gegen oo strebt (siehe die Bedeu­ tung dieses Ausdrucks in Anhang I, Nr. 52). An die Stelle des Winkelraums mit dem Scheitels= 0 könnte auch ein Winkelraum mit beliebigem Scheitel s0 treten.
46 3. Kapitel: Abelsche Asymptotik der .2,-Transformation: f(s) im Unendlichen
Trotz seines einfachen Beweises ist dieser Satz von grosser Tragweite, wie die Anwendungen in § 2 zeigen.
Während asymptotische Potenzentwicklungen zwar gliedweise integriert, aber im allgemeinen nicht gliedweise differenziert werden dürfen, gilt für Ent­ wicklungen, die auf Grund von Satz 1 entstanden sind, folgendes:
Satz 2. f(s) = .t!{F} besitze eine Konvergenzhalbebene. Wenn F(t) für t + 0 eine asymptotische Entwicklung der Form (1} hat, so lassen sich die Ableitungen von f(s) durch die gliedweise dillerenzierte Reihe {2} asymptotisch darstellen:
(3} f("l(s) ~ (-1}" t c. r(\+ n ~ 1) • •-0 S +n+
00
Ist 9U0 > 0, so lässt sich j f(ct} dct, erstreckt über einen beliebigen Strahl, der mit s
der positiv reellen Achse einen Winkelot mit Iot I< n/2 einschliesst, durch die gliedweise integrierte Reihe (2) asymptotisch darstellen:
(4)
(3) und (4) gelten für s + oo auf jedem Strahl I arcs I < n/2, gleichmässig in larcsl ~ 1p < n/2.
Beweis : Nach Satz 1 [I3. 2] ist
f("l(s) = .t!{ (- tt F(t)}.
Aus (1} folgt: 00
(-WF(t) ~ (-1)",Ec.tAo.+n für t+O, •-0
also nach Satz 1 die Relation (3}. Ferner ist nach (1)
und F(t) t;",-1 -t- "'Co für t+O,
also .t!{ F(t) ft} für 9U0 > 0 konvergent und nach Satz 3 [I 3. 6]
00
l:! { Ft(t) } = J f(a} dct, s
wobei das Integral über einen Strahl der oben bezeichneten Art erstreckt wer­ den kann. Wegen
Fit) ~ E c. t; .• -I (-1 < 9t.10 - 1 < 9tA.1 - 1 < · · ·) für t + 0 •-0
folgt aus Satz 1 die Relation. (4). In den Anwendungen kommt es häufig vor, dass die Reihe für F(t) in einer
Umgebung von t = 0 konvergiert und nach Potenzen mit ganzen Exponenten
§ I. Asymptotische Entwicklung der E-Transformierten fürs-+ oo 47
fortschreitet, so dass F(t) in t = 0 holomorph ist, oder dass die Exponenten Multipla eines Bruches 1/m sind, so dass F(t) auf einer algebraischen Fläche mit m-fachem Windungspunkt holomorph ist. Wir wollen die entsprechenden Sätze eigens formulieren.
Satz 3 6 • Besitzt f(s) = E{F} eine Konvergenzhalbebene und ist F(t) in t = 0 holomorph:
so ist
V -~0
oo pi•I(O) f(s) ~ };~
v~O
fürs -+ oo auf jedem Strahl\ arcs \ < :rcf2, gleichmässig in \ arcs I ~ 1p < :rcf2. Bemerkung: Die Reihe für f(s) kann auch (für hinreichend grosse \ s I) kon­
vergent sein. Dies ist dann und nur dann der Fall, wenn f(s) im Unendlichen holomorph, also F(t) nach Satz 1 [I 10. 1] eine ganze Funktion vom Exponen­ tialtyp ist.
Satz 4 7 • Besitzt f(s) = E{F} eine Konvergenzhalbebene und lässt sich F(t) in der Umgebung von t = 0 durch eine konvergente Reihe derForm
darstellen, so ist
F(t) = + f a. t>fm (m eine positive ganze Zahl) v~l
~ r(vlm) f(s) ~ L.J a. s•tm
V=l
für s -+ oo auf jedem Strahl \ arcs I < :rc/2, gleichmässig in I arcs I ~ 1p < :rcf2. Diese Sätze werfen Licht auf eine Frage, die sich bei der praktischen Be­
rechnung von E-Transformierten oft erhebt: Wenn eine Originalfunktion F in eine Reihe }; Fn entwickelbar ist, von der jedes Glied Fn eine Bildfunktion besitzt, so liegt der Versuch nahe, die Bildfunktion von F durch gliedweise
Transformation zu gewinnen: E{J; F"} =}; E{.F,.}. Dass dies schon in den einfachsten Fällen zu falschen Resultaten führen kann, zeigt folgendes Beispiel. Zu der Funktion F(t) = e-t• gehört ein E-Integral, das für alle s konvergiert.
00
Entwickelt man aber e-t• in die für alle t konvergente Potenzreihe }; (-1)" t2vfv! v~O
und führt die E-Transformation gliedweise aus, so erhält man die Reihe
~(-1). (2v)! _1_ L.J v! s2•+1 , v~o
die für jedes s divergiert, da die absolut genommenen Glieder von einer Stelle an zunehmen. Unsere Sätze zeigen nun, dass diese Reihe trotzdem nicht ganz sinnlos ist, denn sie liefert die asymptotische Entwicklung der Bildfunktion für s-+ oo (siehe hierzu 3. 2.1). Allgemein kann man die obigen Sätze dahin deuten, dass jede Potenzentwicklung einer Originalfunktion (die selbst gar nicht
48 3. Kapitel: Abelsche Asymptotik der E,-Transformation: f(s) im Unendlichen
zu konvergieren, sondern die Funktion nur asymptotisch für t + 0 darzustellen braucht) unbesehen gliedweise transformiert werden darf, wenn man das Resultat nicht als konvergente Reihe, sondern als asymptotische Entwicklung fürs+ oo in Anspruch nimmt.
Manchmal tritt bei Fragen der Asymptotik das l!-Integral in etwas verall­ gemeinerter Form auf, für die folgender Satz gilt.
Satz 58 • Das Integral 00
f(s) = J e-sta. F(t) dt (oc > 0} 0
habe eine Konvergenzhalbebene. Wenn F(t) eine asymptotische Entwicklung
00
{5) F(t) :::::; }; c. t;.• {-1 < ~A.0 < ~A.1 < · · ·) für t + 0 v-0
besitzt, so lässt sich f(s) in die asymptotische Reihe
(6} fürs +oo (I arcs I< ;) entwickeln.
Beweis : Es ist 00 00
je-sta. F(t) dt = ~fe-st F(t 1fa.) t(lfa.)-l dt. 0 0
Aus (5) ergibt sich 00
F(tlfa.) t(l/a.) -l :::::; }; c. ti(J.v+ l)/a]-l für t-?- 0, v-0
also nach Satz 1 die Behauptung. IstF(t) nur auf der positivreellen Achse definiert, so konvergiert l!{ F} in einer
rechten Halbebene, und die asymptotische Entwicklung von f(s) gilt für s + oo in dieser Halbebene. Ist F(t) in einem Winkelraum analytisch und vom Expo­ nentialtyp, so lässt sich der Integrationsweg des l!-Integrals drehen, wobei sich die Konvergenzhalbebene in entgegengesetzter Richtung dreht und die so ent­ stehenden Transformierten die analytische Fortsetzung derselben Funktion f(s) darstellen (I, S. 366-368). Die asymptotische Entwicklung gilt dann in der Vereinigungsmenge der Konvergenzhalbebenen.
Satz 6 9 • F(t) sei in einem Winkelraum oc < arct < ß mit eventueller Aus­ nahme von t = 0 und t = oo analytisch. Es sei darin*)
00
F(t):::::; };c.t;.• (-1 < ~/,0 < m1 < ... ) für t-?-0, :v=O
(7) IF(t) I < A ealti (a > O) für I t I -;;-;; R > 0.
*) Die asymptotische EntwicklungvonF(t) braucl\tnichtgleichmässighinsichtlich arcl zu gelten.
§ 1. Asymptotische Entwicklung der 2-Transformierten fürs -+ oo 49
Die durch oo(<p)
(8) f(s) = ~('l'l{F} =I e-st F(t) dt 0
definierte Funktion ist in dem Gebiet 91(s ei'~') > a, IX< rp < ß, analytisch*). Sie besitzt die asymptotische Entwicklung
für s-+ oo auf jedem Strahl mit - ß - (n/2) < arc s < -IX+ (n/2), gleichmässig in -ß- (n/2) + b < arcs <-IX+ (n/2)- b (ö > 0).
Sowohl F(t) als f(s) kann auf einer Riemannschen Fläche analytisch sein: F(t), wenn ß- IX> 2 n; f(s), wenn ß- IX> n.
Beweis: Ein einzelnes Funktionselement
OO(<p) 00
f(s) =I e-st F(t) dt = ei'l' I e-s rei'l' F(r e;'~') dr 0 0
hat wegen F(t) ~ c0 t"• (9U0 > -1) und (7) in der Variablen a = s e;'l' mindestens das Konvergenzgebiet 91a = 91(s e;'~') > a. Aus
folgt nach Satz 1 :
00
F(r ei'~') R>}; c. eil.v'l' r"• für r-+ 0 v=O
f( s) R> e;'~' ~ c .. eu•'~' F(2.+ 1) ~ r() •• + 1) ~ ' (s ei'l')l.v+l = ~ c, sl.1.+1 ' v~O v~o
wenn s in der Halbebene 91(s ei'~') > a gegen oo strebt, und zwar gilt das in jedem Winkelraum lill mit einer Öffnung < n gleichmässig. Lässt man rp von IX bis ß variieren, so erhält man dieselbe Entwicklung in dem ganzen Gebiet 91(s ei'~') > a, IX< rp < ß, das von dem Kreisbogen I s I = a, -ß < arc s <-IX, und den Tangenten in dessen Endpunkten, d. h. von Strahlen unter den Win­ keln -ß- (n/2) und -IX+ (n/2) begrenzt wird. Verkleinert man das Gebiet, indem man die Tangenten in den Punkten mit arcs = -ß + b, arcs =-IX- b zieht, so lässt sich dieses durch endlich viele der oben genannten Winkelräume lill überdecken. In jedem gilt die Entwicklung gleichmässig (d. h. wenn s zwei­ dimensional gegen oo strebt), also auch in dem ganzen Gebiet.
Bisher haben wir für F(t) und dementsprechend auch für f(s) nur asympto­ tische Entwicklungen nach reinen Potenzen betrachtet. Wir können aber jeder t-Potenz noch als Faktor eine der in Satz 6 [I 14.1] mit L(t) bezeichneten Funk­ tionen und der entsprechenden s-Potenz die Funktion L(l/s) beigeben (übrigens jeder eine andere). Wir begnügen uns damit, als Faktor für alle !-Potenzen die
*) Siehe die Gestalt dieses Gebietes in I, S. 366, Figur 22.
Doetsch II/4
50 3. Kapitel: Abelsche Asymptotik der fl,-Transformation: f(s) im Unendlichen
Funktion log1ft = -logt und demgernäss für dies-Potenzendie Funktionlogs als Faktor zu wählen, was dem in den Anwendungen häufigsten Fall entspricht.
Satz 710 • f(s) = i!-{F} besitze eine Konvergenzhalbebene. F(t) gestatte die asym­ ptotische Entwicklung
00
(9) F(t) 1":::! -logt}; c, t 1• (-1 < 9{A.0 < 9{A.1 < · · ·) für t-+ 0. v~O
Dann hat f(s) die asymptotische Entwicklung
(10) ~ T(A..+ 1) ( ) f(s) ~ ~ c, sAv+l logs- P(A.,+ 1) für s (reell) -+ =, v~o
wo P(x) = (dfdx) logT(x) = T'(x)JT(x) ist. Beweis: Wir können nach dem Schema des Idealfalls (siehe 2. 5) vorgehen,
wobei hier einmal der Fall vorliegt, dass die dort mit Cf!n und Xn bezeichneten Funktionen verschieden sind. Nach (9) ist
00
F(t) +logt}; c, t'-~- c,.+ 1 t1"+1 logt für t-+ 0, v=O
also nach Satz 6 [I 14. 1]
i!- { F(t) + logt,!; c, t1•·} ~ cn+ 1 r~~::: ~ 1) log s für s (reell)-+=·
Wegen
und
00 00 00
0 J 1 -1'/t} 1 I -st-t'/t dt 1 s'j -(s+l/2)2 dt s'f -u' d ..-:- l2 e = 2 e = 2 e e · = e e u, 0 0 s
wobei das Integral über den Horizontalstrahl vonsaus nach rechts zu erstrek­ ken ist. Die Originalfunktion ist eine ganze Funktion, aber nicht vom Expo­ nentialtyp, so dass die Bildfunktion in s = = nicht holomorph, d. h. in eine
§ 2. Beispiele :·2. Exponentialintegral 51
konvergente Reihe nach Potenzen von lfs entwickelbar sein kann. Sie besitzt dagegen eine asymptotische Entwicklung dieser Art. In dem Winkelraum I arctl < n/4 ist
_1._ e-1'14 =_1._ E (-l)" t2 " (sogar für alle t) 2 2 v-O 4• V!
und ausserdem
I ~ e- 1' 14 1 < A für I t I ~ 0,
also gilt nach Satz 6 [3. 1] (vgl. Anhang I, Nr. 2):
00
s•j" -u'd ""_1._ ,P(-1)•(2v)! __ 1_ ,P(-1)•r(v+(1/2)) e e u ""' 2 LJ 4• 1 2v+I - ,r:: LJ 2v+l
v-o v.s 2vnv-o s s
für s-+ =
in dem Winkelraum I arc s I < 3 n/4, in jedem kleineren Winkelraum gleich­ mässig. Für das komplementäre Fehlerintegral
00
ergibt sich hieraus:
(1) f ( ) 1 -s• .p (-1)" r(v + (1/2)) er c s ~ -;- e LJ s 2 •+1
3 für s -+ = m I arc s I < 4 n,
v=O
womit man auch über die asymptotische Entwicklung für das Fehlerintegral
s 2 •
0
tt -00
ist für alle komplexen s mit Ausnahme der positiv reellen definiert, wenn es längs eines horizontalen Strahles erstreckt wird. Durch die Substitution u = - s - x erhält man aus dem Ausdruck für Ei(- s):
00
s+x ö
52 3. Kapitel: Abelsche Asymptotik der .2,-Transformation: f(s) im Unendlichen
wo der Integrationsweg nunmehr die positiv reelle Achse ist. Das Integral ist für alle komplexen s ausser den negativ reellen definiert. Es sei nun s = r ei'~', I rp I < :n:, ein fester Wert. Dann setzen wir x = r t und erhalten:
00 00
-e 5 Ei{-s) = f ~-rt dt = e-i'Pje-' 1 1 . dt. e•'P+t 1+te ''~'
0 0
--1~- =}; (-1)" e-•i'P r, 1+te-i'P v~o
also nach Satz 3 [3. 1]:
-e5 Ei(-s) R:Je-i'P f(-1)"e-•i'P r:~ 1 für r+oo v~o
(in diesem Fall kommen nur die reellen Werte der Variablen r in Frage). Das bedeutet:
-e5 Ei(-s) R:it(-1)" 5 :11 für s+oo in jarcsj <:n v~O
oder
(2) 0 s 00 ,,,
E1(s) R:J e }; _ _. ·· für s +oo in 0 <I arcsl ~ :n:. v~o s•+l
Vgl. hierzu die Ableitungen S. 38, 135, 166.
3. Die Stirlingsche Reihe für logr(s)
Die F-Funktion sei definiert durch die für alle komplexen s ausser s = 0, -1, -2, ... gültige Gauß