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S87 Kurzübersicht Hämorrhoiden sind bei 50–80% der Bevölkerung zu beobachten und treten in allen Altersgruppen auf. Begünstigt wird die Entstehung ei- nes Hämorrhoidalleidens durch faserarme, nährstoffreiche Kost und Neigung zur Obstipation. Weitere prädisponierende Faktoren sind Alkoholkonsum, Schwangerschaften, Laxantienabusus oder psychi- sche Stressfaktoren (2). Für das Verständnis der Erkrankung ist die Kenntnis der komplexen Anatomie des Analkanals von entscheiden- der Bedeutung. Der luft- und flüssigkeitsdichte Verschluss des Anus wird im wesentlichen durch den willkürlich steuerbaren M. sphinc- ter ani externus und den autonom innervierten inneren Schließ- muskel erreicht. Ein unterschiedlich gefüllter Venenplexus, der Ple- xus haemorrhoidalis, komplettiert die Dichtigkeit des Systems. Die- ser Venenplexus wird aus drei arteriellen Zuflüssen gespeist, die submukös von oral in den Plexus münden und ein arteriovenöses Shunt-System speisen. Zur Orientierung in der Proktologie wird üb- licherweise in Steinschnittlage eine Einteilung analog zum Ziffer- blatt der Uhr verwendet. Die arteriellen Hauptgefäße lassen sich pa- rallel zur Passagerichtung bei 3, 7 und 11h in SSL auffinden (Abb. 1). Für alle invasiven Behandlungsmethoden ist eine genaue Kenntnis und Darstellung anatomischer Strukturen unerlässlich. Die Einteilung von Hämorrhoiden erfolgt nach dem Schwere- grad in 4 Stadien (Abb. 2): Stadium I: Leichtgradig vergrößerte innere Hämorrhoiden, die nur proktoskopisch im Analkanal zu diagnostizieren sind Stadium II: Beim Pressen prolabieren die Hämorrhoiden in den Analkanal, beim Nachlassen des Drucks erfolgt die Reposi- tion spontan Stadium III: Die im Analkanal tastbaren Hämorrhoiden lassen sich nur noch manuell reponieren Stadium IV: Die Hämorrhoiden ragen aus dem Analkanal und sind irreponibel. Eine klinische Symptomatik ist nicht direkt mit dem Schweregrad korreliert, verstärkt sich aber in aller Regel bei Fortschreiten der Er- krankung. Viele Patienten klagen über Juckreiz, Schmerzen, Prolaps, Fremdkörpergefühl, Stuhldrang, Schmieren, und mangelnde Konti- nenz oder Blutungen. Häufig treten die Beschwerden beim oder nach dem Stuhlgang auf. Bei sehr lange bestehenden äußeren Hä- morrhoiden führt die chronische Reizung des Epithels zu schwer ab- heilenden Ulzerationen und Epitheldysplasien. Konservative Therapie Frühstadien der Hämorrhoidalerkrankung (in der Regel Stadium I und II) sind eine Domäne der konservativen Behandlung. Grundlage ist die Umstellung auf eine faserreiche Kost, ggf. der Zusatz von Quellmitteln. Gerade bei älteren Patienten ist auf eine ausreichende Flüssigkeitszu- fuhr zu achten. Harter Stuhl im Rektum führt zum Anschwellen der Hämorrhoiden, durch Diarrhöen wird die Schleimhaut zusätzlich irri- tiert. Die Anwesenheit von weichem Stuhlgang im Rektum führt über Abb. 1 Corpus cavernosum recti. Neben den Hauptknoten bei 3h, 7h und 11h in Steinschnittlage können sich Satellitenknoten bilden, die bei der operativen Behandlung mit berücksichtigt werden (aus: Lippert H [Hrsg.], 1998) Abb.32.19, S.742 Hämorrhoiden – wann chirurgisch angehen ? H. J. C. Wenisch Institut Chirurgische Klinik, Allgemein- und Visceralchirurgie, Klinikum Ernst von Bergmann gGmbH Korrespondenz Prof. Dr. med. H.J.C. Wenisch · Chirurgische Klinik, Allgemein- und Visceralchirurgie, Klinikum Ernst von Bergmann gGmbH · Charlottenstr. 72 · D-14467 Potsdam · Tel.: 0331 - 2415201 · Fax: 0331 - 2415200 · E-Mail: [email protected] eingereicht: 5.5.2004 · akzeptiert: 13.8.2004 Bibliografie DOI: 10.1055/s-2004-831382 Dtsch Med Wochenschr 2004;129:S87–S90 · © Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York · ISSN 0012-0472 K u r z ü b e r s i c h t Indications for hemorrhoidectomy Dünn- und Dickdarm Dieses Dokument wurde zum persönlichen Gebrauch heruntergeladen. Vervielfältigung nur mit Zustimmung des Verlages.

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Hämorrhoiden sind bei 50–80% der Bevölkerung zu beobachten undtreten in allen Altersgruppen auf. Begünstigt wird die Entstehung ei-nes Hämorrhoidalleidens durch faserarme, nährstoffreiche Kost undNeigung zur Obstipation. Weitere prädisponierende Faktoren sindAlkoholkonsum, Schwangerschaften, Laxantienabusus oder psychi-sche Stressfaktoren (2). Für das Verständnis der Erkrankung ist dieKenntnis der komplexen Anatomie des Analkanals von entscheiden-der Bedeutung. Der luft- und flüssigkeitsdichte Verschluss des Anuswird im wesentlichen durch den willkürlich steuerbaren M. sphinc-ter ani externus und den autonom innervierten inneren Schließ-muskel erreicht. Ein unterschiedlich gefüllter Venenplexus, der Ple-xus haemorrhoidalis, komplettiert die Dichtigkeit des Systems. Die-ser Venenplexus wird aus drei arteriellen Zuflüssen gespeist, diesubmukös von oral in den Plexus münden und ein arteriovenösesShunt-System speisen. Zur Orientierung in der Proktologie wird üb-licherweise in Steinschnittlage eine Einteilung analog zum Ziffer-blatt der Uhr verwendet. Die arteriellen Hauptgefäße lassen sich pa-rallel zur Passagerichtung bei 3, 7 und 11h in SSL auffinden (Abb.1).Für alle invasiven Behandlungsmethoden ist eine genaue Kenntnisund Darstellung anatomischer Strukturen unerlässlich.

Die Einteilung von Hämorrhoiden erfolgt nach dem Schwere-grad in 4 Stadien (Abb.2):

– Stadium I: Leichtgradig vergrößerte innere Hämorrhoiden, dienur proktoskopisch im Analkanal zu diagnostizieren sind

– Stadium II: Beim Pressen prolabieren die Hämorrhoiden inden Analkanal, beim Nachlassen des Drucks erfolgt die Reposi-tion spontan

– Stadium III: Die im Analkanal tastbaren Hämorrhoiden lassensich nur noch manuell reponieren

– Stadium IV: Die Hämorrhoiden ragen aus dem Analkanal undsind irreponibel.

Eine klinische Symptomatik ist nicht direkt mit dem Schweregradkorreliert, verstärkt sich aber in aller Regel bei Fortschreiten der Er-krankung. Viele Patienten klagen über Juckreiz, Schmerzen, Prolaps,

Fremdkörpergefühl, Stuhldrang, Schmieren, und mangelnde Konti-nenz oder Blutungen. Häufig treten die Beschwerden beim odernach dem Stuhlgang auf. Bei sehr lange bestehenden äußeren Hä-morrhoiden führt die chronische Reizung des Epithels zu schwer ab-heilenden Ulzerationen und Epitheldysplasien.

Konservative Therapie

Frühstadien der Hämorrhoidalerkrankung (in der Regel Stadium I undII) sind eine Domäne der konservativen Behandlung. Grundlage ist dieUmstellung auf eine faserreiche Kost, ggf. der Zusatz von Quellmitteln.Gerade bei älteren Patienten ist auf eine ausreichende Flüssigkeitszu-fuhr zu achten. Harter Stuhl im Rektum führt zum Anschwellen derHämorrhoiden, durch Diarrhöen wird die Schleimhaut zusätzlich irri-tiert. Die Anwesenheit von weichem Stuhlgang im Rektum führt über

Abb.1 Corpus cavernosum recti. Neben den Hauptknoten bei 3h,7h und 11h in Steinschnittlage können sich Satellitenknoten bilden,die bei der operativen Behandlung mit berücksichtigt werden (aus:Lippert H [Hrsg.], 1998) Abb.32.19, S.742

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InstitutChirurgische Klinik, Allgemein- und Visceralchirurgie, Klinikum Ernst von Bergmann gGmbH

KorrespondenzProf. Dr. med. H.J.C. Wenisch · Chirurgische Klinik, Allgemein- und Visceralchirurgie, Klinikum Ernst von

Bergmann gGmbH · Charlottenstr. 72 · D-14467 Potsdam · Tel.: 0331 - 2415201 · Fax: 0331 - 2415200 ·E-Mail: [email protected]

eingereicht: 5.5.2004 · akzeptiert: 13.8.2004

BibliografieDOI: 10.1055/s-2004-831382

Dtsch Med Wochenschr 2004;129:S87–S90 · © Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York · ISSN 0012-0472Kurzübersicht

Indications for hemorrhoidectomy

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die reflektorische Entspannung des inneren Schließmuskels zur Sen-kung des analen Ruhedrucks und erleichtert den venösen Abstrom ausdem Plexus haemorrhoidalis (2). Neben der topischen Behandlungkommen die Sklerotherapie und die Gummiringligatur nach Barronzum Einsatz. Gute Erfahrungen werden nach Einsatz von Infrarotkoa-gulation, Kryochirurgie oder Proktothermtherapie berichtet, sind je-doch meist nicht in vergleichenden Studien untersucht. Diese Behand-lungsverfahren sind zwar in aller Regel wenig invasiv, aber in der Re-gel für weniger ausgeprägte Erkrankungen reserviert.

Ein relativ neues Behandlungsprinzip ist die von Morinaga beschrie-bene und von Meintjes modifizierte (3) Dopplergesteuerte Hämor-rhoidalarterienligatur (HAL). Dabei werden über ein speziellesProktoskop mit eingebautem Dopplertransducer die zuführendenHämorrhoidalarterien geortet und umstochen. Dies gilt nicht nur fürdie beschriebenen Hauptgefäße in 3, 7 und 11h in SSL, sondern auchfür zusätzliche arterielle Gefäße. In einer großen Serie mit über 1400Patienten wird eine Erfolgsrate von 93% mit geringen ernsthaftenKomplikationen beschrieben. Durch Unterbrechen der arteriellenZuflüsse schrumpfen die Hämorrhoidalkonvolute und die Be-schwerden bilden sich zurück. Ein großer Vorteil der meist ambu-lant durchgeführten Methode ist die relativ geringe Belästigung undweitgehende Beschwerdefreiheit der Patienten.

Indikation zur operativen Behandlung

Bei der Indikation zur operativen Behandlung sind subjektive undobjektive Parameter zu berücksichtigen. Obwohl die klinischen Be-schwerden nicht direkt mit der Stadieneinteilung korreliert werdenkönnen, sind operative Behandlungsmethoden in aller Regel erstbeim Übergang ins Stadium III indiziert. Voraussetzung für die Indi-kationsstellung ist eine genaue Anamnese über Ausmaß und Art der

Beschwerden, Angaben zum Defäkationsverhalten und zu Art undDauer einer konservativen Vorbehandlung.

Mit Ausnahme hochakuter Krankheitsbilder sollte eine sorgfältige kli-nische Untersuchung erfolgen. Dabei ist besonders auf das klinischeStadium und den Spinktertonus zu achten. Proktoskopie und Rektos-kopie erlauben die Beurteilung der Schleimhaut. In jedem Fall, insbe-sondere bei rezidivierenden Blutungen, ist präoperativ eine Kolosko-pie indiziert, um Zusatzerkrankungen des Dickdarms auszuschließen.

Bei fast 25% der Patienten entwickeln sich anorektale Begleiterkran-kungen. In Abhängigkeit von der Erkrankungsdauer können eine

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Abb.2 Stadieneinteilung von Hämorrhoi-den (aus: Lippert H [Hrsg], 1998).Abb.32.22, S.748

Abb.3 Einstellung des Analkanals und Luxation eines Hämorrhoidal-knotens in typischer Lokalisation bei 3h in SSL. Nach Unterspritzen wirddie zuführende Arterie umstochen.

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Senkung der analen Sphinkterdrucks und eine Hypertrophie des äu-ßeren Schließmuskels oder eine Störung der Funktion des N. puden-dus beobachtet werden.

Die Schwierigkeiten der Indikationsstellung betreffen nicht dieFrühstadien, die eine Domäne der konservativen Behandlung sind,oder Spätstadien, bei denen die Notwendigkeit einer Operation sel-ten in Zweifel gezogen wird. Besondere Schwierigkeiten ergebensich häufig in der Übergangsphase von Stadium II zum Stadium III,wenn der Lokalbefund durch konservative Maßnahmen noch ver-besserbar erscheint. Hier müssen besonders das Missempfinden desPatienten und seine Einschätzung der vorangegangen Behandlungs-maßnahmen gewichtet werden. Bei der Aufklärung ist besondersdarauf zu achten, dass jede operative Maßnahme mit einer erhebli-chen Schmerzbelastung und Beeinträchtigung des Wohlbefindensverbunden ist und der Patient ausreichend Gelegenheit erhält, dieseOperationsfolgen mit seinen Beschwerden zu vergleichen. Unum-stritten ist die Operationsindikation beim Vorliegen eines Analpro-lapses, der nomenklatorisch dem Stadium III (reponibel) oder IV(permanent) entspricht.

In speziellen Situationen ist die Operationsindikation sehr zurück-haltend zu stellen, obwohl auf Grund des Befundes eine operativeBehandlung indiziert wäre. Dies gilt beispielsweise bei akuter Ver-schlimmerung eines Hämorrhoidalleidens im Wochenbett oder beischweren systemischen Erkrankungen wie einer Leukämie, wenndie Begleitumstände das Ergebnis jeder operativen Maßnahme er-kennbar in Frage stellen.

kurzgefasst: Die Indikation zur Operation ist im Stadium III oder IV indiziert. Im Stadium II bis III ist das subjekti-ve Beschwerdebild der Patienten entscheidend. Vor je-der Operation muss der Dickdarm unersucht werden.

Operationsverfahren

Die operativen Verfahren zur Behandlung von Hämorrhoiden sindlange bekannt und gut untersucht. Das Behandlungsprinzip ist die

operative Unterbrechung der arteriellen Blutzufuhr zum Plexus hae-morrhoidalis, die üblicherweise an den 3 arteriellen Hauptgefäßenbei 3, 7 und 11h in SSL erfolgt. In adäquater Betäubung erfolgt dieUntersuchung mittels eines Spreizinstrumentes. Die Umstechungder Arterien wird entweder hoch (weit oral im Analkanal) nachParks (11) oder tief (weiter aboral) nach Milligan-Morgan (10) vor-genommen. Bei den operativen Verfahren werden sog. „offene“ von„geschlossenen“ Verfahren unterschieden. Bei den offenen Verfah-ren wird der Hämorrhoidalknoten spindelförmig exzidiert und dieSchleimhautwunde der Sekundärheilung überlassen. Bei den ge-schlossenen Verfahren wird die Schleimhautwunde im Analkanaldurch eine Mucosaverschiebeplastik mit Naht gedeckt (z.B. nachFerguson, 4). Meist erfolgt mit der Unterbrechung der Blutzufuhreine Exzision der aus dem After prolabierten Hämorrhoidalknoten,in aller Regel an mehreren Positionen. Operationstechnisch ist pein-lich darauf zu achten, zwischen den Exzisionsstellen ausreichendgroße Schleimhautbrücken zu belassen (>1cm), um durch den Ver-narbungsprozess bedingte postoperative Spätstenosen zu vermei-den. Ferner muss der Erhalt der Spinktermuskulatur beachtet wer-den, die in unmittelbarer Nähe der zu entfernenden Knoten liegtund vor allem bei langer Dauer der Erkrankung scharf abgetrenntwerden muss.

In den letzten Jahren hat die Stapler-Hämorrhoidektomie nach Lon-go (6,8,12) zunehmend an Bedeutung gewonnen. Dabei wird in adä-quater Betäubung ein zirkuläres Klammernahtgerät in den Analkanaleingeführt und der arterielle Zufluss zum Plexus haemorrhoidalisdurch eine ringförmige Klammernahtreihe unterbrochen. Vorteil derMethode ist die ambulante oder kurzzeitstationäre Anwendung unddie geringe Schmerzbelästigung der Patienten, nachteilig der hohePreis des Klammernahtgerätes. Wie einige aktuelle Untersuchungenzeigen konnten, ist auch nach dieser Methode mit operationsbeding-ten Komplikationen zu rechnen. Derzeit lässt sich anhand der Studi-enlage noch nicht beurteilen, ob und in welchen Stadien die Stapler-Hämorrhoidektomie anderen Operationsverfahren überlegen ist.

Die in Deutschland am häufigsten durchgeführten Operationsver-fahren (3) sind offene Methoden nach Milligan-Morgan (49%) oderParks (23%). Geschlossene Verfahren kommen nur in geringem Um-fang zur Anwendung (Ferguson: 4%), allerdings hat die Stapler-Hä-morrhoidektomie in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutunggewonnen (17%).

Akute Thrombosen äußerer Hämorrhoidalknoten entwickeln sichhäufig nach Durchfallerkrankungen oder im Kindbett. Die äußerstschmerzhafte Erkrankung kann die operative Behandlung erforder-lich machen, bei der allerdings in aller Regel nur die symptomati-schen Knoten exzidiert oder inzidiert werden und auf eine Kom-plettversorgung der Grunderkrankung verzichtet wird.

kurzgefasst: Methodisch lassen sich sog. offene von ge-schlossenen Operationsverfahren unterscheiden. In Deutschland werden in aller Regel offene Verfahren, z.B. nach Milligan-Morgan, bevorzugt. Der Stellenwert der Stap-ler-Hämorrhoidektomie ist noch nicht eindeutig geklärt.

Komplikationen

Für die Beurteilung der Komplikationsrate ist von Bedeutung, dassbei langdauernder Hämorrhoidalerkrankung bereits präoperativ bei

Abb.4 Operationssitus nach Abtragung der Hämorrhoide. Die frei-gelegte Sphinkter-Muskulatur ist erkennbar (Pfeil). Die Wunde amAnoderm ist für die Schmerzsymptomatik verantwortlich und retra-hiert sich mit Abheilung in den Analkanal.

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vielen Patienten der anale Verschlussmechanismus empfindlich be-einträchtigt ist. Bei 13–18% wurde präoperativ eine Inkontinenz be-schrieben, über 80% klagten über Schmieren oder Prolaps und fastalle machten eine oder mehrere Blutungsepisoden durch (5). ImRahmen der Indikationsstellung muss eine sehr genaue Anamneseerhoben werden. Bei der klinischen Untersuchung ist vor allem aufdie Sphinkterfunktion zu achten.

In der unmittelbaren postoperativen Phase steht die Schmerzsymp-tomatik im Vordergrund. Vor allem bei Exzision großer Anteile desAnoderms bei fortgeschrittener Erkrankung ist die Schmerzfreiheithäufig nur schwer zu erzielen. In den ersten beiden postoperativenTagen können nach offener Exzision gravierende, sogar lebensbe-drohliche Nachblutungen auftreten, die eine notfallmäßige Reinter-vention erforderlich machen. Ursache sind häufig Arrosionen vonumstochenen Hämorrhoidalarterien. Bis eine solche arterielle Blu-tung klinisch evident wird, kann der Patient erhebliche Blutmengenin Rektum und Colon verloren haben. Gerade nach ambulanten undkurzzeitstationären Operationen muss sichergestellt sein, dass derPatient nicht alleine ist und sich nicht in zu großer räumlicher Ent-fernung zur behandelnden Einrichtung befindet.

Im eigenen Krankengut waren Revisionen wegen Nachblutungenbei zwei von 155 konsekutiven Patienten (1,8%) während des statio-nären Aufenthaltes erforderlich. Ein Risiko für Blutungen besteht biszum Abheilen der inneren Schleimhautwunde, nimmt mit zuneh-mendem zeitlichen Abstand zur Operation ab und muss bei der prä-operativen Aufklärung besonders berücksichtigt werden.

Nach Stapler-Hämorrhoidektomie wurden in bis zu 50% Blutungen,weit seltener Stenosen des Analkanals beschrieben (5). Verschiede-ne randomisierte Studien kommen zu dem Schluss, dass das Verfah-ren bei vergleichbarer Komplikationsrate den postoperativen Kom-fort für den Patienten signifikant erhöht. Die postoperativenSchmerzen sind signifikant geringer, die Hospitalisationszeit und dieRekonvaleszenzphase signifikant kürzer. Im Gegensatz dazu ist nachoffenen Operationen mit einer Krankenhausliegedauer von 3–7 Ta-gen und einer Arbeitsunfähigkeit von 2–4 Wochen zu rechnen.

Bei einer Komplikationsrate von bis zu 20% werden neben Nachblu-tungen unterschiedlicher Schweregrade und Wundheilungsstörun-gen häufig Harn- oder Stuhlverhalt beobachtet. Nach der Defäkationtreten immer wieder geringfügige Schmierblutungen auf, die durcheine entsprechende Analhygiene minimiert werden können.

kurzgefasst: Die operative Behandlung kann Komplikati-onen wie Schmerzen, Nachblutungen und meist vorü-bergehende Störungen der Kontinenz, Harn- oder Stuhl-verhalt nach sich ziehen und verlangt eine gute postope-rative Nachbetreuung.

Langzeitergebnisse

Postoperativ sinkt der Ruhedruck des Sphinktersystems (13). 2 Jahrepostoperativ sind über 90% der Patienten beschwerdefrei (9). Obwohlin der Literatur Rezidivraten bis zu 26% beschrieben werden, werdennur 5% der Patienten reoperiert. In der Mehrzahl der Fälle können er-neut aufgetretene Hämorrhoiden konservativ behandelt werden.

Bei Metaanalyse randomisierter Studien stellt sich heraus, dass dieErfolgsrate nach operativer Behandlung mit über 95% am höchstenist, allerdings auch die höchste Komplikationsrate im Vergleich zuanderen Verfahren beobachtet wird (1). Obwohl durch die Behand-lung mehr Schmerzen ausgelöst werden, ist eine erneute Operationseltener erforderlich.

Frühe postoperative Störungen der Kontinenz werden bei bis zu 30%der Patienten beobachtet, bei etwa 5% treten langfristige Kontinenz-störungen auf (3). Eine Inkontinenz für festen Stuhl wird nur in Ein-zelfällen beobachtet. Aus den diesbezüglichen Studien lässt sichnicht immer ersehen, inwieweit die Kontinenz bereits präoperativbeeinträchtigt war.

kurzgefasst: Von allen Behandlungsmöglichkeiten des Hämorrhoidalleidens haben operative Maßnahmen die besten Langzeitergebnisse, aber auch die höchste Kom-plikationsrate. Die Indikation zur Operation ist individu-ell in Abhängigkeit von Beschwerdebild und Befund bei genauer Abwägung des Risikos zu stellen.

Fazit

Die Indikation zur Operation von Hämorrhoiden wird vor allem inhöheren Stadien der Erkrankung gestellt. Therapieprinzip ist die Un-terbrechung der arteriellen Zuflüsse zum Plexus haemorrhoidalis,meist in Kombination der Abtragung prolabierter Knoten an typi-scher Lokalisation. Obwohl bei guter Indikationsstellung beim Ver-gleich verschiedener Therapieprinzipien die besten Langzeitergeb-nisse erzielt werden, hat die Behandlung deutlich höhere Komplika-tionsraten als nach konservativer oder semiinvasiver Therapie. Dieneueste Entwicklung zur operativen Behandlung ist die Stapler-Hä-morrhoidektomie. Vorteile der Methode sind geringere postoperati-ve Beschwerden, kürzere Hospitalisation und Rekonvaleszenz. Lang-zeituntersuchungen müssen zeigen, ob auf Dauer gleich gute Ergeb-nisse wie nach offenen Operationsverfahren erzielt werden können.

Literatur

1 Arbmann G, Krook H, Haapaniemi S. Closed vs. Open hemorrhoidectomy – isthere any difference? Dis Colon Rectum 2000; 43: 31–34

2 Baeten GGMI, Beglinger C, Curti G et al. Proktologie. Siewert JR, Harder F,Rothmung M (Hrsg). Gastroenterologische Chirurgie, Berlin-Heidelberg-New York: Springer-Verlag. 2002: 571–636

3 Brühl W, Wienert V, Herold A. Aktuelle Proktologie. Bremen: UNI-MED.2002

4 Ferguson JA, Heaton JR. Closed hemorrhoidectomy. Dis Colon Rectum 1959;176: 176–79

5 Holzheimer RG. Hemorrhoidectomy: Indications and Risks. Eur J Med Res2004; 9: 18–36

6 Kirsch JJ, Staude G, Herold A. Hämorrhoidektomien nach Longo und Milli-gan-Morgan. Chirurg 2001; 72: 180–85

7 Lippert H. Praxis der Chirurgie. Allgemein- und Viszeralchirurgie. Stuttgart-New York: Georg Thieme Verlag. 1998

8 Longo A. Treatment of hemorrhoids disease by reduction of mucosa and he-morrhoidal prolapse with a circular suturing device: a new procedure. 6thWorld Congress of endoscopic surgery. Rome: Manduzzi. 1998: 777–84

9 MacRae H, McLeod R. Comparison of hemorrhoidal treatment modalities: ameta-analysis. Dis Colon Rectum 1995; 38: 687–94

10 Milligan ET, Morgan CN, Jones LE et al. Surgical anatomy of the anal canaland the operative treatment of haemorrhoids. Lancet 1937; 2: 1119–24

11 Parks AG. The surgical treatment of haemorrhoids. Br J Surg 1956; XLIII:337–51

12 Schmidt MP, Fischbein J, Shatavi H. Stapler-Hämorrhoidektomie versusplastisch-rekonstruktive Verfahren. Zentralbl Chir 2002; 127: 15–18

13 Weyand G, Webels F, Celebi H et al. Anale Druckverhältnisse nach Stapler-hämorrhoidektomie. Eine prospektive Analyse bei 33 Patienten. ZentralblChir 2002; 127: 22–24

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