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42 ELEKTROTECHNIK Sonderdruck aus VDE ETCr-NIitgliederinformation Juli 2015 DE._ .. gern Tn(.muil ETG-Mitgliederinformation Juli 2015 H: HISTORIE DER ELEKTROTECHNIK H 1 20 Jahre Elektrische Wieder- vereinigung Deutschlands Dipl.-Ing. (FH) WalterSchossig, VDEThüringen,Gotha Die Entwicklung des Verbundbetriebes in Deutschland begann nach dem Ersten Weltkrieg, Nach dem Zweiten Weltkrieg erfolgte der Aufbau eines zonenübergrei- fenden Verbundnetzes, Die Trennung Deutschlands in Ost und West machte auch vor dem Verbundnetz nicht Halt Lediglich ein Export von Ost nach West erfolgte in begrenztem Maße, Nach 40 bzw, 50jährigerTrennungkonnte im Jahre 1995 die elektrische Wiedervereinigung des 50-Hz-Verbund- und des 16 :>;3- Hz- Bahnnetzesvollzogenwerden, Der Beginn des Verbundnetzes Die Entwicklung von der ortsgebundenen Versorgungzur Überlandversorgung- sie fiel in die Zeit etwa von der Jahrhundert- wende bis zum Beginn des Ersten Welt- krieges - war durch die staatliche Zerris- senheitgehemmt Nach der Errichtungder Mittelspannungsnetze war nach dem ErstenWeltkriegderenVerknüpfungdurch Hochspannungsleitungen dringend not- wendig, Dem dientedas Reichsgesetzvon 1919,welchesdas Reichermächtigte,das Eigentumoder das Recht der Ausnutzung von Anlagen, welche zur Fortleitung mit 50 kV und mehr bzw, Erzeugung mit Leistungenvon 5 MW und mehr zu über- nehmen, GemäßeinemVertragvon 1924 zwischen der Thüringer Elektrizitäts-lieferungs-Ge- sellschaft AG (ThELG), Gotha und der PreußischenElektrizitätswerkAG. kam es 1925 zum Bau einer 60-kV-Kuppelleitung zwischen dem KW Breitungen(Thüringen) und dem KW Borken (Hessen). Ein Jahr später erfolgt mit der Inbetriebnahmeder 100-kV-LeitungJena-Zeitz-Böhlendie An- bindung Thüringensan Sachsen. In Berlin wurden 1930 durch Oskar von Miller,dem Gründerdes Bayernwerkesund des Deut- schenMuseumsinMünchen,ineinemvon der Reichsregierungin Auftrag gegebenen Gutachten erste Pläne für ein europäi- schesVerbundnetzvorgelegt Am 17. April 1930 fahrennach dem Konzept,,verbund- wirtschaft" von Arthur Koepchen, RWE, die Steinkohlenkraftwerke im Ruhrgebiet, die Braunkohlenkraftwerke im KölnerRaum, darunter das Goldenbergwerk, 500 MW, und die Wasserkraftwerke im Schwarz-

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42 ELEKTROTECHNIK

Sonderdruck aus

VDE ETCr-NIitgliederinformation Juli 2015

DE._ ..gernTn(.muil

ETG-Mitgliederinformation Juli 2015

H: HISTORIE DER ELEKTROTECHNIK

H1 20 Jahre Elektrische Wieder­vereinigung Deutschlands

Dipl.-Ing. (FH) WalterSchossig,VDEThüringen,Gotha

Die Entwicklung des Verbundbetriebes inDeutschland begann nach dem ErstenWeltkrieg, Nach dem Zweiten Weltkriegerfolgte der Aufbau eines zonenübergrei­fenden Verbundnetzes, Die TrennungDeutschlands in Ost und West machteauch vor dem Verbundnetz nicht HaltLediglich ein Export von Ost nach Westerfolgte in begrenztem Maße, Nach 40bzw, 50jährigerTrennungkonnte im Jahre1995 die elektrische Wiedervereinigungdes 50-Hz-Verbund- und des 16 :>;3-Hz­Bahnnetzesvollzogenwerden,

Der Beginn des Verbundnetzes

Die Entwicklung von der ortsgebundenenVersorgung zur Überlandversorgung- siefiel in die Zeit etwa von der Jahrhundert­wende bis zum Beginn des Ersten Welt­krieges - war durch die staatliche Zerris­senheitgehemmt Nach der ErrichtungderMittelspannungsnetze war nach demErstenWeltkriegderenVerknüpfungdurchHochspannungsleitungen dringend not­wendig, Demdiente das Reichsgesetzvon1919, welches das Reichermächtigte,dasEigentumoder das Recht der Ausnutzungvon Anlagen, welche zur Fortleitung mit50 kV und mehr bzw, Erzeugung mitLeistungenvon 5 MW und mehr zu über­nehmen,

GemäßeinemVertragvon 1924 zwischender Thüringer Elektrizitäts-lieferungs-Ge­sellschaft AG (ThELG), Gotha und derPreußischenElektrizitätswerkAG. kam es1925 zum Bau einer 60-kV-Kuppelleitungzwischen dem KW Breitungen (Thüringen)und dem KW Borken (Hessen). Ein Jahrspäter erfolgt mit der Inbetriebnahmeder100-kV-LeitungJena-Zeitz-Böhlendie An­bindung Thüringensan Sachsen. In Berlinwurden 1930 durch Oskar von Miller,demGründerdes Bayernwerkesund des Deut­schen Museums in München, in einemvonder Reichsregierungin Auftrag gegebenenGutachten erste Pläne für ein europäi­schesVerbundnetzvorgelegt Am 17. April1930 fahrennach dem Konzept ,,verbund­wirtschaft" von Arthur Koepchen, RWE,die Steinkohlenkraftwerke im Ruhrgebiet,die Braunkohlenkraftwerkeim KölnerRaum,darunter das Goldenbergwerk, 500 MW,und die Wasserkraftwerke im Schwarz-

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ETG-Mitgliederinformation Juli 2015 ELEKTROTECHNIK 43

LudersheimSt.Peter

Bild 1: 220-kV-Reichssammelschiene. 1941

wald am Hochrhein sowie in den Alpen,zusammen 230 MW, zum ersten Mal par­allel. Über eine 800 km lange 220-kV­Leitungdes RWEist das rheinisch-westfä­lische Industriegebiet mit den Voralpenverbunden [1].

Nachdem 1936 ein Übereinkommen derBayernwerk A-G. (BAG) mit der Thürin­genwerk A-G. über eine gegenseitigeStromlieferungshilfe getroffen wurde, er­möglichte bereits ein Jahr später die Inbe­triebnahme der 11O-kV-LeitungNeuhaus­Kulmbach den Stromaustausch zwischenThüringen und Bayern. VerhandlungenimJahre 1939 zwischen der ElektrowerkeAG Berlin (EWAG)und der BAG über denkünftigen Strombezug gingen davon aus,dass aus einer voraussichtlich im Oktober1940 fertig gestellten220-kV-LeitungDies­kau (bei Halle)-Ludersheim(bei Nürnberg)­Linz (Oberösterreich)Strom für die BAGbereitgestelltwird.

Im Oktober 1939 schlugen die Elektro­werke AG in einer Denkschrift vor, inDeutschland ein reichseigenes 220-kV­Hochspannungs-Freileitungsnetz aufzu­bauen. Planmäßig ging dann auch 1940die 220-kV-LeitungDieskau-Remptendorf­Ludersheim bei Nürnberg bis zur öster­reichischen Grenze nach St. Peter beiBraunau am Inn als 220-kV-Reichssam­melschienein Betrieb.

Ab April 1941 bezog die BAG Braun­kohlenstrom der Elektrowerke AG überdie 220-kV-Doppelleitung Remptendorf(Thüringen)- Ludersheim(Bayern).Im dar­auf folgenden Dezember ist durch diese220-kV-Nord-Südleitung das mitteldeut­sche Braunkohlengebiet mit den bayri­schen und österreichischenWasserkraft­werken verbunden (Bild 1).

1943 wird die Verbindung Mitteldeutsch­land im Raum Magdeburg gebaut. Bild 2zeigt das 220/11O-kV-Netzder DeutschenVerbundgesellschaft(DVG)im Jahre 1948[6].

Leilungsverbindungen :- 220 kV 8etr1ebssplnnll1~-- 110kY

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Bild 2: 220/110-kV-Netz Deutschland. 1948

Trennung des Verbundnetzes in Ostund West

werk Rhön (ÜWR)ohneVorankündigung.

1954 erfolgt die Trennung des DDR-Ver­bundnetzes vom BRD-Netz, indem die110-kV-Leitung Hagenow-Boitzenburg­Bleckede vor der Elbkreuzung durch­schnitten und die 110-kV-Leitung KWHarbke-UW Helmstedt sowie die 220-kV­Leitung Magdeburg-Helmstedt jeweils vorder Grenze unterbrochen wurden. Außer­dem wurde die ,,220-kV-Reichssammel­schiene" beim UW Remptendorf getrennt.Das BRD-Netz wurde 1951 Bestandteilder Union für die Koordinierung derErzeugung und des Transportes elektri­scher Energie(UCPTE)und das DDR-Netz1962 Teil des VereinigtenEnergiesysteme(VES)"Frieden"des Ostblockes.

Mit der Kapitulationdes DeutschenReichesund dem Wirksamwerden des PotsdamerAbkommens beginnt die unterschiedlicheEntwicklung in den einzelnenBesatzungs­zonen [2]. Dies führt im April 1946 im UWRemptendorf (Thüringen)zur Demontageder Abgänge Haupt- und Regeltransfor­mator 1 und der Leitung298 nach Luders­heimim Rahmender Reparationsleistungen.

Am 5. März 1952 veranlasst die DDR­Regierung die Abtrennung Westberlinsinnerhalbvon wenigen Stunden sowie dieUnterbrechungder Elektroenergielieferungaus dem KW Breitungen zum Überland-

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44 ELEKTROTECHNIK

Wirtschaft

IlIIIIIerIIIhr Stillte und Gemeinden IJezlehen Elektrlzltit .UI der DDR10 Prozent von .drOben·Die8 bea'-'tiif, aucb der Pres­

Ie8precber 'der "Weht- undKraftwerke Harz T,! MatdredGraem:h. In dem ~Ic'h ldDMWerkeil decke die DDR alleinzehn Prozent de. Strombedarfaund venorve damit kna_llP15 000BundelbÜJ'i'!r in fünfOr­ten. Den re.mchen Strom becie­hen dte ÜIIthaner 'arOlllenteilavon der Preulleli-E1ektra, dienah die EAM versorvt. Gr.-'eUch: Wir sind mit den zu.lAD­d1lil:enStellen in der DDR sehrzufrieden, J:umal der Strom ausdem Osten effektiv nahezu r.wOIJProzent billilil:erlIL·

Beim Strom gibt'skeinen Stacheldraht

Bild 3:Auszug aus der "HNA" 18,04,1984

Zwei zwischenzeitliche Projekte aus demJahre 1973 und 1974 über den Strom­bezugWestberlins und der BRD aus demSteinkohlenkraftwerk Dolna Odra südlichvon Stettin (PL) und dem KernkraftwerkKaliningrad (Königsberg UdSSR), die ver­mutlich auch für die DDR-Wirtschaft vongroßem Nutzen gewesen wären, scheiter­ten an der Regierungder DDR.So kam esschließlich durch Winterauswirkungen amNeujahrstag 1979 um 15:04 Uhr zur.Schwarzschaltunq"Thüringens,

Stromlieferung von Ost nach Westüber die innerdeutsche Grenze

Im Gegensatz zu dieser großen Liniewurde die Stromlieferungvon Thüringen indie damalige BRD nie ganz unterbrochen(Bild 3) [8].

Zurückzuführen ist dies auf einen Vertragdes Herrn von Scharfenberg aus demJahre 1913 über Lieferungvon Strom vonden WasserkraftwerkenFalken{Thüringen)und Wanfried (Hessen) zur ÜLZ Mühl­hausen. Daraus wurde später ein Liefer-

ETG-Mitgliederinformation Juli 2015

Bild 4: Distanzschutz Rol0, EAW,UW Katharinenberg,30-kV-Leitung Wanfried

und Rückliefervertragmit den "Werramüh­len Wanfried". Die Überlandzentrale(ÜLZ)Mühlhausen betrieb über die Landes­grenzen Thüringen-Hessendie 10-kV-Lei­tungen Döringsdorf-Spinnhütte-Wanfriedsowie Großburschla-Altenburschla unddas Elektrizitätswerk(EW)Wanfrieddie 10-kV-LeitungWanfried-Falken-Mihla.

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Bad SachsaA

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90017,50,5 ~,o3,03,0

Bemerkungen: Impedanzangabe Q ~ 2Z

SrpStaffeIg. 1/J.l0.15 ScIxl 197"1 Tag

Ausl. KW. BI. 23./J.1I5 ScIxl Bearo. 12.9d I>u. Erg. 15.6.a2 Scho Gepr.

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Relaisplan20-kV-Netz Klettenberg

ErgillnzurJgJB Spezial

Erfurt

Bild 5:Schutzrelaisplan Westversorgung Klettenberg/Bad Sachsa

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EKE RSch3-40/74 GVerteiler;JBEltBleicherode 2lC,FBNeIzIKh. GathallC

MB Netzsch. Mijhlhsn. 2lC,TSA 1x

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ETG-Mitgliederinformation Juli 2015 ELEKTROTECHNIK

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Bild 7: 110-kV-Doppel/eitung Wolkramshausen-Neuhof

gen) zum 8NWanfried (Hessen) errichtet(Bild 4).Im Harz versorgte die EV Bleicherode dieLicht- und Kraftwerke Harz (LKH) und dasStadtwerk Bad Sachsa. Diese warenebenfalls schon vor 1945 Kunden der ÜLZBleicherode. Die Versorgung erfolgte nunvom UW Klettenberg (Bild 5 zeigt den

45

Bild 8: UW Wolkramshausen, Il00kV-Schaltfeld Neuhof

Schutzrelaisplan) und vom 8N Ellrich über10 bzw. 15 und später 20 kV. Im EW Ellrichwird 1983 zur Verbesserung der Span­nungsverhältnisse extra ein 23, 24,. ,20,.,16, 76/20-kV-Regeltransformator, Typ TDL2500, TuR, 10 MVA, YaO(d) (Bild 6), zurSpeisung von Röseberg (BRD) in Betriebgenommen.

Bild 6: Typenschild, Regeltrafo EWEI/rich

Als 1952/53 die grenzüberschreitendenStromversorgungsleitungen außer Betriebgenommen werden, blieben diese Leitun­gen für den .Enerqieexport"bestehen,

Durch das Energiekombinat Erfurt (EKE)wurden 1970 und 1980 zwei 30-kV-Lei­tungen vom UW Katharinenberg (Thürin-

DDR-Netz 2D kV

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Bild 9: Übersichtsschaltplan Frequenzumformer 1, UWNeuhof

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Übersichtsschaltplan

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Mit steigender Leistung wurde zusätzlichvom UW Wolkramshausen (Thüringen)zum UWNeuhof (Niedersachsen)im Jahre1985 eine 110-kV-Doppelleitung errichtet(Bild 7 und 8) und beim LKH in NeuhofeinFrequenzumrichter, bestehend aus zweiAsynchronmotoren 5,2 MW,Typ HF6328und Asynchrongeneratorenvon je 5 MW,Typ 1TT6328, 10 kV und 1494 U/min, derFirmaSiemens (Bild 9), aufgestellt, um dieFrequenzschwankungen(Bild 10)des ost­europäischen Netzes auszugleichen. Fürden Endausbau waren insgesamt 5 Um­former geplant.Darüber hinaus ist lediglichnoch bekannt,dass eine aus der Vorkriegszeitstammen­de 15-(später 20-)kV-Leitung im Harz vonBenneckenstein,EnergiekombinatMagde­burg, nach Hohegeiß (LKH) in Nieder­sachsen speiste. Des Weiteren gab esnoch einigeO,4-kV-Verbindungen,wie vonRoteshütte (Thüringen)nach Hessen undvon der Station Wustung bei Liebau (derOrt Liebau wurde 1975 im Rahmen der"Grenzsicherung" liquidiert) nach Bayernsowie von Potsdam zu einer PumpstationinWestberlin.

Diese so genannte "Westversorgung" be­saß für die DDR-Wirtschaft eine hohePriorität.

Zum einen durften Fehler im BRD-Netzkeine Auswirkungen auf das DDR-Netzhaben und zum anderen war wegen derfür die DDR sehr wichtigen Devisen einehohe Versorgungszuverlässigkeit gefor­dert. Dieüber das BRD-Gebietverlaufende110-kV-Doppelleitungvom UW Rempten­dorf (Thüringen) nach Neuhaus/Schier­schnitz (Thüringen)musste stillgelegt unddurcheineneuzu bauende11O-kV-Doppel­leitung Taubenbach-Sonneberg 1980 er­setzt werden. Zur Verbesserung der Ver­sorgung wurde automatische Spannungs­regelung SR166 und UmschaltautomatikRUmN+Rü, BRA im UW Klettenberg undSpannungsregler SR180, BRA im EWEllricheingebaut.

Da Material in der DDR immer einen Eng­pass darstellte, wurde extra eine Stör­reserve für die Westversorgung vorgehal­ten. Die Entwicklung der Energielieferun­gen vom Energiekombinat Erfurt (EKE) indie BundesrepublikDeutschlandvon 1951bis 1989 zeigt Tabelle 1.

1951 ca. 38 GWh1952 ca. 15 GWh1955 ca. 15 GWh1960 ca. 20 GWh1970 ca. 34 GWh1980 ca. 70 GWh1986 ca. 170 GWh1989 ca. 175 GWhTabelle1: LieferungEKEan BRD

ETG-Mitgliederinformation Juli 2015

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11.0

10.5Tagesdiagrammdes Frequenlverlaufs aus dem Jahr 1993

50.0 - ~~V"~'\rYc=="'):.'9'" c;;.",,:::-41.5

41.0

16:00

Bild 10: Tagesdiagramm des Frequenzverlaufs aus dem Jahr 1993

Verbundnetz

Leltungsverbl ndungen380-kV-Betrlebsspannung220-kV-BetriebsspannungH GO -Frci Icltu ng/Kabo IStromrichters atlonen

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Bild 11: Deutsches Verbundnetz. 50Hz. Stand: 1.1.1996. (Quelle DVG. mod.)

Die Elektrische Wiedervereinigung kV-Netz der DDR. Während die Gleich­stromkurzkupplung(GKK)durch die Wendegegenstandslosund dessenBauabgebro­chen wurde, stellte die 380-kV-Leitungeine wichtige Verbindung für die An­koppelung des DDR-Netzes und späterauch des Netzes der CENTREL-Staaten(Polen,Tschechien,Slowakei, Ungarn) andas UCPTE-Netzdar.

Im März 1988 kam es zu einem Vertragzwischen der PreussenElektra AG, derBEWAG und der DDR-Außenhandels­gesellschaft INTRAC über den Bau einer380-kV-LeitungHelmstedt-WolmirstedtbeiMagdeburg-Berlin(West)und der Einrich­tung einer Gleichstromkurzkupplung inWolmirstedt zur Kupplung mit dem 220-

PL

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ETG-Mitgliederinformation Juli 2015 ELEKTROTECHNIK 47

DasVES-Netzzerfällt 1993 durch ungenü­genden und unkontrollierten Leistungs­ausgleichin dreiTeile,demVerbundsystemvon Ungarn, Polen, Rumänien, Slowakeiund Tschechien sowie der VEAG, demVerbundsystemvon Bulgarien,der Ukraineund einem Teil Russlands und dasVereinigte Verbundsystem von Russlandmit einemTeilder Ukraine.Am 01.02.1995 Bild 12: Leitungen der Wiedervereinigung. Nähe Gotha. 380 kV,50 Hz u,110 kV, 16 * Hz".

erfolgt die Aufnahme des Dauerbetriebesdes Projektes "Wartenkomplex HSL" und"Meldebild" bei der VEAG, Berlin [9].

Als erster Teilabschnittdes im März 1988geschlossenenVertragesgeht am 3. Okto­ber 1989 die 380-kV-Leitung Helmstedt­Wolmirstedt zunächst mit 220 kV für einenRichtbetrieb aus der BRD in die DDR inBetrieb. Nach den 1989 und 1990 einge­tretenen Veränderungen war elektrischeLeistung im VEAG-Netz frei und dieseLeitung wurde unter Einbeziehung einesSystems der 380-kV-Leitung Ragow­Wolmirstedt für einen 220-kV-Richtbetriebvon Blöcken des KW Lübbenau inRichtung Helmstedt benutzt. Dabei wur­den die beiden Systeme der LeitungRagow-Wolmirstedt mit unterschiedlichenFrequenzen betrieben und es konntenSchwebungen auf dem 220-kV-Systemfestgestelltwerden.

Im August 1990 wurde der Stromvertragzwischen der DDR, der Treuhandanstalt,der PreussenElektra, der RWE und derBAG abgeschlossen. Bereits im Oktober/November 1990 erarbeitet die VEAG Ein"Arbeitsprogramm zur Vorbereitung undAufnahme des Verbundbetriebs mit demDVG/USPTE-Netz"aus [3][7]. 1992 erfolgtdie Inbetriebnahmedes neuen Leistungs­Frequenz-ReglersSimatic-S5-Konfigurationmit Bedien- undAnzeigesystemCoros [10]und im Dezember 1993 sind die Voraus­setzungen in den Kraftwerken der VEAG,so u.a. Regelfähigkeit nach UCPTE­Anforderungen und 520 MW Primär- und380 MW Sekundärregelleistung, für dieParallelfahrweise mit dem UCPTE-Netzabgeschlossen.

Auf den Tag genau 51 Jahren nach derersten Leitung zwischen Bayern undMitteldeutschland geht schließlich am20.12.1991 die 380-kV-VerbindungRedwitz-Remptendorf (zunächst nur mit220 kV) in Betrieb.

Mit der Fertigstellung der drei 380-kV­Verbindungsleitungen

• Helmstedt (Niedersachsen)­Wolmirstedt (Sachsen-Anhalt)

• Mecklar (Hessen)­Vieselbach(Thüringen)und

• Redwitz (Bayern)­Remptendorf (Thüringen)

EnergiewerkeAG GetztVattenfall Europe)waren die Voraussetzungenfür die Paral­lelschaltunggegeben (Bild 11).Die LeitungSiems-Göries im Norden war für spätergeplant und ist inzwischenam 18.12.2012als380-kV-NordleitungzwischenSchwerinund Hamburg in Betrieb gegangen.

Der Bau der 380-kV-Leitung Mecklar­Vieselbach (Bild 12) hatte sich auf hessi­schem Gebiet erheblich verzögert. Am8.9.1995 konnte schließlich das unterSpannung setzen dieser Leitung mitPrüfungder Phasengleichheiterfolgen.

Am 01.12.1992 wurde in Berlin über 110-kV-Kabel vom UW Jägerstraße zum UWMitte eine Verbindung zwischen Ost- undWestberlin geschaffen. Damit wurde der40 Jahre dauernde Inselbetrieb West­berlinsaufgehobenund eine Kupplung mitdem osteuropäischen Netz geschaffen.Am 7.12.1994 wurde dann über die fertig­gestellte 380-kV-Leitung UW Reuter-UWTeufelsbruch(BEWAG)- UW Wolmirstedt(VEAG)eine stabile Verbindung in Betriebgenommen. Damit war der über 40 Jahredauernde Inselbetrieb von West-Berlinohne Kupplung zum VEAG-Netz offiziellbeendet.

Am Mittwoch, dem 13. September 1995,wird um 9:31 Uhr die InselschaltungdesVEAG-Netzes hergestellt. Um 9:34 Uhrwird die Parallelschaltungüber die 380-kV­Leitung Helmstedt-Wolmirstedt im UWHelmstedt durch Einschaltung des 380-kV-Kuppelschaltersmit dem UCPTE-Netzvorgenommen. (Am 1.7.1999 wurde dasUCPTE-Netz in das UCTE-Netz umbe­nannt und ist heute Bestandteil desENTSO-E-Netzes.)Danacherfolgtedie Ein­schaltungder 380-kV-VerbindungMecklar­Vieselbach und der mit 220 kV betriebe­nen 380-kV-Leitung Redwitz-Rempten­dorf.

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und umfangreichenRegelversuchensowieNachrüstung von Frequenzsteuereinrich-tungen in den Kraftwerkender Vereinigten Bild 13: VEAG-8teuerstelle in Berlin

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Bild 14: Schutz UWRemptendorf. Abg. Redwitz 253/254,Hauptschutz Oistanzrelais P0551 mit AWE-Zusatz RM1-80,AEG und Reserveschutz Leitungsdiff. 7S0512 mitSignalübertragungsgerät SWT20000, Siemens

Somit war die "ElektrischeWiedervereini­gung Deutschlands" vollzogen. Bild 13zeigt die zentraleSteuerstelleder VEAG inBerlin und Bild 14 die Schutztafeln im UWRemptendorf,220(380)-kV-AbgangRedwitz253 und 254.

FünfWochen später folgen die CENTREL­Staaten. Vorrausgegangen waren am29./30.09.1993 Testversuche zum Paral­lelbetriebund im Mai 1994 eine durchgän­gige Inbetriebnahmeder Primärregelunginden Kraftwerkenvon CENTRELund VEAG.In der Sitzung der UCPTEAd-hoc GruppeOst/West-Verbundbetrieb (,Exekutivkreis")zu Fragendes Anschlussesdes CENTREL­an das UCPTE-Netzam 13.05.1994 wirdalsZielder Parallelschaltungnoch das Jahr1997 angestrebt.Vom 15.-29.09.1995füh­ren die CENTREL-Partner erfolgreich denmit der UCPTE vereinbarten Betriebsver­such .Jnsebetrieb" durch. Die Vollversam­mlung der UCPTEstimmt am 28.09.1995dem Anschluss des CENTREL-Netzeszu.Bereitsam 18.10.1995 um 12:30 Uhrwirdeine probeweise Parallelschaltung desCENTREL-Netzes mit dem UCPTE-Netzüber die 380-kV-Leitungen Röhrsdorf,VEAG - Hradec, CEl (CZ) und Kiesdorf­Mikulowa (PL)sowie die 220-kV-LeitungenVierraden-Krajnik (PL) und später Umge­hungsschiene GKK Etzenricht mit Zu­schaltung in Hradec (Cl) vorgenommen.Somit wird von Spanien bis Polen undnach der Resynchronisierungder UCTE­Südost-Europa-Netzzoneim Jahr 2004 einsynchrones 50-Hz-System, dem heutigenVerbundnetz Regional Group ContinentalEurope, RG CE, der ENTSO-Ebetrieben.Desweiterengehören dazu die Netze vonMarokko, Algerien und Libyen (1997) undTürkei(2010)alsweit über die GrenzenderENTSO-E hinausgehender synchronerFrequenzbereich(TransEuropeanSynchro­nouslyInterconnectedSystem/TESIS).Alsweitere Stütze dienen die HGÜ-Verbin­dungen zur skandinavischen RG Nordic

"BALTICCABLE"(D-S),"KONTEK"(0-01<),"SKAGERRAK" (DK-N) und "SWEPOL"(S-PL) sowie die Ärmelkanalverbindung(F-UI<)zur RG UK, Die bisher dem Ener­gieaustausch Ost-West dienenden GKKEtzenricht (D-Cl), Dürnrohr (A-Cl) undWien-Südost (A-H)gingen außerBetrieb,

Die Parallelschaltungder 110-kV-16 213- Hz­Bahnnetze der ehemaligen DeutschenBundesbahn (BRD),OB und der ehemali­gen Deutschen Reichsbahn (DDR), DR,war schon am 14,3,1995 um 15:06 Uhrüber die Leitung Lehrte (Niedersachsen)-Heeren(Sachsen-Anhalt)erfolgt. Der ersteSynchronisierversuch war bereits um13:28 Uhr gelungen [4][5],

Damit waren erstmalig nach ebenfalls 50Jahren der Trennung die 110-kV-Bahn­energienetzewieder verbunden (Bild 15),Die Inbetriebnahmeder Bahnstromleitungvon der thüringischen Landesgrenze beiEisenach bis nach Bebra erfolgte am29,2,1996 und am 23,6,2001 wurde mitder dritten Leitung Saalfeld-Weimar zwi-

ETG-Mitgliederinformation Juli 2015

sehenalten und neuen BundesländerndieVersorgungszuverlässigkeit im 110-kV­Bahnnetz weiter gesteigert, Bei der Tras­senauswahl wurde dem Prinzip entspro­chen, Energieversorgungsleitungen zubündeln, Die 110-kV-Bahnstromleitungenverlaufen - soweit möglich - parallel zur380-kV-Drehstromleitungund an der Lan­desgrenze Hessen-Thüringen sogar aufeinem gemeinsamen Gestänge, Mit demVerbundder ÖsterreichischenBundesbah­nen stellt das 110-kV-Netz DB/ÖBB aufGrund der Stromkreislängevon 21,000 kmund der flächenmäßigenAusdehnung dasgrößte, gelöscht betriebene Hochspan­nungsnetzder Welt dar,

Ein sicherer und zuverlässiger Betriebeines Verbundnetzes ist vom korrektenund konformenZusammenspielallerÜber­tragungsnetzbetreiberabhängig, SpezielleVorkehrungen, Spielregeln und Schutz­mechanismen dienen dazu, dass eineKaskadierungvon Grossstörungenvermie­den wird, Der ENTSO-E-Verbundermög­licht einenwirtschaftlichenNetzbetriebund

Bahnnetz

Kemkraftwerkv W~rmekraftwerk

Wasserkraftwerk lPumpspeicherwerk ,..

.) Umlormer-IUmrichterwCIk

.) 110-kV-Schaltwerk

.) Unterwerk -.) Clcichricherwcrk

110-kV-Bahnstrumlcitun 9

Bild 15. 110-kV-Bahnnetz, 16 * Hz, Stand 01.09.1996 [5J

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bildet somit das Rückrat für eine zuverläs­sige Versorgung. Die Deutschen Übertra­gungsnetzbetreiber sind zusammen mitihren europäischen Partnern der Garantdafür.

Literatur

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