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Mit einem Tag der offenen Tür,Sport und Musik,Fuß- ball, Feiern und Marathonlauf wurde am 24. April 2005 das Franken-Stadion Nürnberg nach der Mo- dernisierung wieder eröffnet. Annähernd 100 000 Menschen besuchten die Veranstaltungen. Einen rie- sigen Andrang erlebte das Stadion, dort wo sich die Interessierten hinter den Kulissen und in den Kabi- nen der Mannschaften umsehen konnten. Nach der Eröffnung um 17 Uhr durch Oberbürgermeister Dr.Ulrich Maly, Staatssekretär Fritz Körper aus dem Bundesinnenministerium, Bayerns Staatskanzleichef Erwin Huber und „Fußball-Kaiser“ Franz Beckenbau- er erspielte der Club ab 17.30 Uhr gegen Borussia Mönchengladbach im mit 47 000 Zuschauern fast ausverkauften Haus nur ein mageres 0:0. Fußball ist Emotion und mit wie viel Herzblut mancher Nürn- berger an „seinem Club“ hängt, spürt man bei Ge- sprächen mit Fußballfans und mit einigen, die mit dem Sportplatz beruflich zu tun haben. Stadion bedeutete in der Kindheit für Karlheinz nichts zu sehen, außer die vielen Rücken der Er- wachsenen. Für Dieter war es die Schlussrunde bei der jährlichen Stadtmeisterschaft der Vereine, als er als letzter Läufer für den ESV Nürnberg West eine Fa- ckel über die 400 Meter Aschenbahn durch das Sta- dion trug. Und für Walter existiert in der Erinnerung an Stadion und Fußball in der Kindheit mehr die Stirnseite des Endresgartens. Denn von dort wehte der Bratwurstdampf bei Südwind über den Zabo und | NH 78 4

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Page 1: grüner Rasen und ein bisschen Wehmut - nuernberg.de · ren das.Aber die neuen Sitze im Franken-Stadion sind einfach super,da sitzt du drin,wie daheim.Und ein schönes Stadion ist

Mit einem Tag der offenen Tür, Sport und Musik, Fuß-ball, Feiern und Marathonlauf wurde am 24. April2005 das Franken-Stadion Nürnberg nach der Mo-dernisierung wieder eröffnet. Annähernd 100 000Menschen besuchten die Veranstaltungen. Einen rie-sigen Andrang erlebte das Stadion, dort wo sich dieInteressierten hinter den Kulissen und in den Kabi-nen der Mannschaften umsehen konnten. Nach derEröffnung um 17 Uhr durch Oberbürgermeister Dr. Ulrich Maly, Staatssekretär Fritz Körper aus demBundesinnenministerium, Bayerns StaatskanzleichefErwin Huber und „Fußball-Kaiser“ Franz Beckenbau-er erspielte der Club ab 17.30 Uhr gegen BorussiaMönchengladbach im mit 47 000 Zuschauern fastausverkauften Haus nur ein mageres 0:0. Fußball istEmotion und mit wie viel Herzblut mancher Nürn-berger an „seinem Club“ hängt, spürt man bei Ge-sprächen mit Fußballfans und mit einigen,die mit demSportplatz beruflich zu tun haben.

Stadion bedeutete in der Kindheit für Karlheinznichts zu sehen, außer die vielen Rücken der Er-wachsenen. Für Dieter war es die Schlussrunde beider jährlichen Stadtmeisterschaft der Vereine, als erals letzter Läufer für den ESV Nürnberg West eine Fa-ckel über die 400 Meter Aschenbahn durch das Sta-dion trug. Und für Walter existiert in der Erinnerungan Stadion und Fußball in der Kindheit mehr dieStirnseite des Endresgartens. Denn von dort wehteder Bratwurstdampf bei Südwind über den Zabo und

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Franken-Stadion in nur 17 Monaten für die FIFA WM 2006TM modernisiert

Rote Sitze,grüner Rasenund ein bisschenWehmut|Gerhard Stapf Text |Christine Dierenbach und Herbert Liedel (Titel) Fotos

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erst, als sein Vater 1959 den neuen Imbiss-Stand zwi-schen dem Großen Dutzendteich und der Zeppelin-wiese an der Beuthener Straße aufgestellt hatte, fehlteihm die Nähe zum Fußball: „Denn das Stadion auf deranderen Seite der Zeppelinwiese lag mir sehr fern.Da fühlte ich mich im Volkspark Dutzendteich. DerClub war halt der Zabo“,erinnert er sich.Aber wenn„sein Club“ in das Städtische Stadion zu den Spielengegen die großen Gegner auswich – „Die Bayernzählten damals wirklich nicht dazu“, sagt er – da triebes ihn dann schon dorthin.

Heute betreibt Walter Dirnberger (57) eben diesenImbiss-Stand an der Beuthener Straße selbst. DieterMederer (58) arbeitet im städtischen Sportamt alsChef der Platzwarte und von drei Rasenspezialisten.Greenkeeper heißen die heute in Sportkreisen. UndKarlheinz Kubanek (58) sorgte dafür, dass die 44 308Zuschauer, die nun im modernisierten Franken-Sta-dion sitzen können, freie Sicht auf eben diesen Rasenhaben. Er leitete als verantwortlicher Architekt denUmbau des Franken-Stadions, für den die Stadt

Nürnberg 56,2 Millionen Euro ausgege-ben hat. „Und diese Aufgabe“, sagter,„hätte ich mir nie im Leben träu-men lassen, schon gar nicht damals,als ich die Club-Spiele meistens nurgehört habe.“

In nur 17 Monaten wurde dasStadion termingerecht zum FIFAConfederations Cup 2005 –die drei Spiele finden am 18.,21. und 25. Juni 2005 statt –umgebaut: „Hauptproblem wa-ren die kurze Bauzeit und die al-te Bausubstanz in der Haupt-tribüne.Dagegen war die Absen-kung des ganzen Innenraumes“,erinnert er sich, „fast ein Kin-derspiel.“ Fußballspiele hat ersich in der Bauzeit auch ange-sehen: „Aber meistens nur inSorge um die Sicherheit ander Baustelle. “ Und er versi-chert, dass das nichts mit derKickerei des Clubs zu tun ge-habt habe, wenn ihm vor je-dem Spiel auf der Baustellegrauste. Was ihm zum Clubganz allgemein einfällt? „Nadas 7:3 gegen die Bayern, alsder Brungs fünf Tore schoss.“

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Stolz auf das neueFranken-Stadion:Walter Dirnberger (57)geht mit seiner Dauer-karte gerne zum Club,auch wenn er immernoch vom alten Zaboschwärmt.

Froh über das neueFranken-Stadion:Karlheinz Kubanek (58)freut sich über die in nur17 Monaten gelungeneModernisierung zurWM-Arena.

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Neben dem sonntäglichen Fuß-marsch mit seinem Vater vomHäuschen in der Gleimstraßezum Stadion und neben derschlechten Sicht gehört zu sei-nen frühen Fußballerlebnissenaber noch etwas: „Ganz aufre-gend waren für mich aber im-mer die Spiele im Zabo.“ Wa-rum? „Das war einfach so. Daswar etwas Besonderes.“ Fuß-ballfan ist Kubanek immer noch,er spielt in Gleishammer, gehtgerne zum Club: „Aber mit Si-cherheit noch lieber, wenn die-se Modernisierung komplett ab-geschlossen ist.“

Zum Franken-Stadion, das bis1991 Städtisches Stadion hieß,pflegen die drei,wie viele Nürn-berger, ein merkwürdiges Ver-hältnis. Denn wenn sie überFußball, den Club, Max Morlockoder die 68er Meistermannschaft reden, kommtmeist schnell der Einwand „aber im alten Zabo...“.Da war dann meistens alles besser.

Von diesem alten Zabo schwärmt auch HerbertSchlick (70), wenn auch nur kurz: „Tolle Spiele wa-ren das. Aber die neuen Sitze im Franken-Stadionsind einfach super, da sitzt du drin, wie daheim. Undein schönes Stadion ist es geworden, alles super.Richtig schön,ein richtiges Schatzkästlein.“ Beim Er-öffnungs-Bürgerfest am 24.April 2005 hat er sich al-les genau angesehen,die Sitze ausprobiert, saß sogarin einer der 14 neuen Logen. Nun, am Stammtischbeim Frühschoppen in der „Speisegaststätte Zeppe-linfeld“, keine 200 Schritte gegenüber dem Haupt-eingang zum Stadion, hat er seinen Vertikutierer ne-ben den runden Stammtisch der Kleingärtner ge-stellt und freut sich.Denn die Münchener Bayern ha-ben am Tag vorher den Club mit 6:3 abgefertigt undzum 19. Mal die Meisterschale in Empfang genom-men. Herbert Schlick ist Bayern-Fan und Gartenbe-sitzer in der Anlage Zeppelinfeld.

Rudi Wenger dagegen ist seit fast 70 Jahren Clubfan.Und deshalb geht er auf den Herbert und dieses 6:3gar nicht ein: „Ich bin froh, dass der Club nicht ab-gestiegen ist und freue mich, dass das Stadion fertigist.Wir müssen den Club unterstützen. Ich bin froh,

dass die Stadt das neue Stadion hat.Das braucht eineStadt wie Nürnberg genauso wie einen erfolg-reichen Club.“ Bloß er selbst kann und will seinen1. FC Nürnberg nur noch moralisch, nicht mehr finanziell unterstützen, obwohl er früher sogar zuAuswärtsspielen gefahren ist: „Wenn ich da heutemit zwei Enkeln reingehe, dann sind über 100 Euroweg wie nichts.Da höre ich lieber im Garten live denFans und im Radio dem Günther Koch zu.“ Und dassdie Clubberer die Nase schon fast genauso weitoben tragen wie diese Bayern, das passt ihm erstrecht nicht: „Wie´s im Zabo g´spielt haben, da hat-ten sie nicht so viel Geld. Da waren sie noch mehrwie wir: einfache Leut´.“

„Weil der Fußball in der ersten Liga halt bloß nochwas für die Großkopferten ist“, pflichtet ihm JürgenHummel (46) bei und er schimpft gleich weiter:„Die Stadt hat da viel zu viel Geld ausgegeben für´sStadion. In München und anderswo haben die Ver-eine mit ihrem eigenen Geld gebaut. Und hier ble-chen wir Steuerzahler. Dafür haben wir dann hierden Lärm, die Belästigungen durch die Fans und keine Parkplätze.“ Allerdings hat er, wie auch die anderen am Stammtisch, nichts gegen die dröhnen-den Motoren beim Norisring-Rennen. Rock im Parkist auch nicht gerne gesehen, die ständigen „Events“nerven.

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Max-Morlock-Stubenkurz vor der Eröffnung:Ob diese neue Gast-stätte im Stadion zumTreffpunkt für die Fans und damit Nachfolgerin der legendären „Seerose”wird, ist noch offen.

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Aber er bekommt Kontra. „Denn als wir bei der WM1972 nicht dabei waren, da habt ihr gemeckert“, sagtRudi Wenger „und jetzt passt’s auch wieder nicht.“Ihn freut sein Garten, um den sich Vergnügungen wieMarathon-Läufe, Fußballspiele, Rock und Rennendrehen, auch gegen die neue Eis- und Konzerthalle,die „Arena Nürnberger Versicherung“ hat er nichts.„Weil man dann was mitkriegt“, meint er. Wie vieldie Kleingärtner in ihrer Kolonie von der FIFA WM2006 mitkriegen werden, ist ungewiss. Denn Ein-trittskarten hat keiner, ihren Garten aber wollen alle nutzen.Weil aber die FIFA strikte Sicherheit ver-langt, dürften sie alle streng kontrolliert werden, be-vor sie sich in ihren Gärten erholen können.

Richtig zornig wird dagegen Gartenkolonie-VorstandGünther Stefan – „Ich bin Ice-Tiger-Fan“ – über das„Überborden der Events“, zu denen er auch Confe-derations Cup und Weltmeisterschaft zählt, und weildie Stadt für die Fußball-Fans zu viel investiere: „56Millionen Steuergelder wurden für die Modernisie-

rung des Franken-Stadions ausgegeben.Bei so viel Geld müsste auch was für

die direkte Umgebung abfallen.Wir suchen ja das Miteinander mitden Fans. Aber“, so ärgert er sich,„wir sind direkte Nachbarn vomStadion und waren nicht einmal

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zur Eröffnung eingeladen.“ „Und Freibier“ pflichtetRudi Wenger schnell bei, „hat es für uns auch keinesgegeben.“

Freibier schenkt auch Werner Quenzler nicht oftaus, dessen Frau die „Speisegaststätte Zeppelinfeld“betreibt, „aber ich sage immer, wir sind die letzterichtige Wirtschaft vor dem alkoholfreien Stadion“.Weil dort nur alkoholreduziertes Bier verkauft wird,läuft das Tucher-Bier vor den Heimspielen des Clubgut. Georg Kilian (66) kehrt vor jedem Heimspielhier ein: „Wie ich es schon im alten Zabo gemachthabe. Damals war´s halt nur ein Bier im Endresgar-ten. Hier esse ich etwas.“ Im Endresgarten aber, someint er, war es natürlich viel schöner: „Da hat´s ge-brummt und vibriert, da lag was in der Luft, vor al-lem wenn die Fürther kamen.“

Wieder der alte Zabo,den die meisten nur noch vonFotos kennen. 1966 wurde er abgebrochen, schmuck-lose Hochhäuser entstanden. Der Club hatte seinGelände verlassen und verkauft, um am Valznerwei-her in eine goldene Zukunft zu treten. Er spielte nurnoch im Städtischen Stadion, holte dort 1968 seinenneunten Titel und stieg als Rekordmeister ab.Es folgten weitere fünf Abstiege aus der 1. Liga undsogar eine Runde Regionalliga. Wie Georg Kilian be-kommt aber auch Walter Dirnberger glänzende Au-gen beim Zauberwort mit den vier Buchstaben.Zabo, ein Mythos, ein Geist in älteren Club-Gehir-nen, ein Jugendschwarm, die Erinnerung regt auf:„Spieltag war immer sonntags. An unserem Standgab´s nur Bratwürste. Während des Spiels hing ichhinten am Zaun zum Krieger-Denkmal. Aber ich wardrin.“

Heute besitzt Walter Dirnberger, Club-Mitglied seit1968, eine Dauerkarte für die rote Plastiksitzschaleauf der Haupttribüne, Block 6, Reihe 19, Platz 17.Ein wenig Stolz auf dieses neue Franken-Stadion mitseinen leuchtend roten Sitzen,der kompletten Über-dachung aller Zuschauerränge und den Bequemlich-keiten für alle Fans trägt er jetzt schon mit sich herum. „Und die Tribüne innen ist ja richtig schön geworden. Die neuen Umkleidekabinen, den Presse-und Schiedsrichterbereich, die Sicherheitszentraleund die neuen Behinderteneinrichtungen habe ichmir bei der Eröffnung angeschaut,das ist schon was“,sinniert er. Gefallen hat ihm auch das neue VIP-Ge-bäude, in dem auf drei Geschossen während der FIFA WM 2006 Platz für rund 800 Prominente, Me-dienvertreter und Ehrengäste sein wird.

Freut sich über Heim-spiele beim Club:Gastwirt WernerQuenzler (56) betreibtmit seiner Frau die Gast-stätte „Zum Zeppelin-feld” in der Klein-gartenkolonie nebendem Stadion.

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Zuschauermacht in denStadtfarben: Aus den44 308 Plastiksitzenim oktogonen Franken-Stadion prangen die wei-ßen Sitze als Stadtnameheraus. Für Bundesliga-spiele werden 4 000 imUnterrang herausge-nommen (links unten),dann finden 7 500 Fansauf Stehrängen Platz.

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Der 1. FC Nürnberg benutzt den neuen Anbau be-reits seit dem 4. Dezember 2004 für die Bewirtungseiner Tribünengäste und Dauerkarteninhaber. Sehrgespannt ist Dirnberger übrigens, ob die neue Wirt-schaft, die auf dem Max-Morlock-Platz entstand undauch nach der Fußballlegende benannt ist, für dieFans so etwas wie der alte Fan-Treff Seerose wird.

Die Erinnerung bewegt aber auch Gartenbautechni-ker Christian Seywald und die Platzwarte NorbertRiesner und Michael Kotzerke. Nicht die an den Za-bo, sondern die an das Franken-Stadion. Die drei„Greenkeeper“ mähten und vertikutierten das Gras,ebneten nach jedem Spiel die sicherlich weit über 2 000 Löcher im Rasen, bewässerten und düngtenihn und schaufelten im Winter Schnee von Rängenund Spielfeld. Sie waren stolz,wenn sie im Fernsehenihre schnurgeraden Mäh-Linien sahen, stolz auf dasLob Franz Beckenbauers, der nach der WM-Bewer-bung Nürnbergs „ihr“ Stadion mit einer FIFA-Dele-gation besichtigte und es zum Schatzkästlein er-nannte, stolz darauf, dass sie mithelfen konnten, dieFIFA WM 2006 auch nach Nürnberg zu holen.

„Das war nicht irgendeine Firma“, sagen die drei Mit-arbeiter des Sportamts, „das war unser Stadion.“ So-gar dem Andreas Köpke,Torwart beim Club und in

der Nationalelf, haben sie verziehen: „Obwohl derimmer mit seinen Stollenschuhen eine Linie durchden Strafraum gezogen und dabei das Gras heraus-gerissen hat“, erinnern sie sich.Aber nun ist für siedie Ära Franken-Stadion zu Ende. Den Betrieb derArena und damit auch die Rasenpflege hat „Hochtieffacility management“ übernommen. Für die dreibleibt die Erinnerung an eine schöne Arbeit, die sieliebten, bleibt der Mythos Franken-Stadion. Den al-ten Zabo haben sie gar nicht mehr gekannt.

Waren die Hüter desRasens im Franken-Stadion (v.l.n.r.): Christian Seiwald, Norbert Riesner, Harald Füller und Michael Kotzerke.

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1926Baubeginn für „Das Stadion zu Nürnberg imVolkspark auf dem Zeppelinfeld“,Entwurf Architekt Otto Ernst Schweizer1928Einweihung „Städtisches Stadion Nürnberg“am 10. Juni 34 000 Stehplätze,2 600 überdachte Sitzplätze,Goldene Medaille im Kunstwettbewerb,Abteilung Architektur und Städtebau, der zurIX. Olympiade in Amsterdam stattfand1933Einbeziehung des Stadions in die Parteitagsveran-staltung der Nationalsozialisten, bis1938 Auf-marschort der Hitlerjugend1945Stadionanlagen von amerikanischer Besatzungs-macht für Sportzwecke der Armee beschlagnahmt1961Zur Austragung der Qualifikationsspiele zurDeutschen Fußballmeisterschaft am8. September wieder frei gegeben.Bis dahin fanden die Spiele des 1. FC Nürnbergin dessen eigenem Stadion, dem „Zabo“, statt.1963Einführung der Fußball-Bundesliga und Errichtungvon zusätzlichen Stahlbetontribünen und einerFlutlichtanlage für neun Millionen Mark,Fassungsvermögen: 56 500 Zuschauer, davon10 700 nicht überdachte Sitzplätze und 3 750überdachte Sitzplätze auf der Haupttribüne.Der Club gibt den „Zabo“ auf.1986Nach den Stadion-Katastrophen in Brüssel undBredford ist laut Gutachten der Landesgewerbean-stalt Bayern eine Gesamtsanierung unumgänglich.1986Nürnbergs Stadtrat beschließt am 16. Juli nach einem offenen Ideenwettbewerb von 40 Architekten den Ausbau des Stadions zu einermodernen, multifunktionalen Sportstätte.1987Die bayerische Staatsregierung beschließt am13. Oktober den Stadionausbau mitZuschüssen in Höhe von 50 Prozent, höchstens

aber mit 26 Millionen Mark zu för-dern. Die Gesamtkosten belaufensich dann auf 69 Millionen Mark.

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1988Baubeginn mit Abbruch der Stahlbetontribünevon 1964 ab Mai 1991Einweihung des „Franken-Stadions” am29. September,Zuschauerkapazität 53 462, davon 30 902 Sitzplät-ze und 22 460 Stehplätze1995Bewerbung als Austragungsort für die FIFA Fuss-ball-Weltmeisterschaft Deutschland 2006™ beim DFB.1997Der Stadtrat beschließt am 9. Juli (mit 7 Gegen-stimmen) die WM-Bewerbung.1999Einbau einer Rasenheizung, die der DFB fürdie Lizenz in der 1. Bundesliga fordert, für1,6 Millionen Mark1999Eine Kommission des WM-Veranstalters FIFAinspiziert das Franken-Stadion und stellt fest:„Das Franken-Stadion ist ein Juwel!“2000Die FIFA entscheidet am 6. Juli, dieWM 2006 nach Deutschland zu vergeben2002In Frankfurts Alter Oper benennt FIFA-PräsidentJoseph Blatter am 15.April Nürnberg als Spielortfür die FIFA Fussball-Weltmeisterschaft Deutsch-land 2006™.2003Beginn der Modernisierung mit Grundsteinlegungfür den Funktionsbau am 10. November 2004Zum Bundesligaspiel 1. FC Nürnberg gegenBayern München am 4. Dezember wirdder neue Funktionsbau eröffnet.2005Eröffnung des modernisierten Franken-Stadionsmit 44 308 Sitzplätzen am 24.April 2005FIFA Confederations Cup 2005™mit den SpielenAustralien - Argentinien am 18. Juni,Deutschland - Argentinien am 21. Juni und einem Halbfinalspiel am 25. Juni 2006FIFA Fussball-Weltmeisterschaft Deutschland2006™ mit vier Spielen in der Vorrunde undeinem im Viertelfinale in der Zeit vom 11. Junibis 25. Juni

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Zuschauerzahlen zur FIFA WM 2006™Sitzplätze gesamt zur FIFA WM: 44 308Sitzplätze im freien Kartenverkauf zur FIFA WM: 40 308

Zuschauerzahlen bei Ligaspielen:Zuschauer bei Ligaspielen 47 500

darin Stehplätze: 7 800Sitzplätze: 39 700

alle überdacht

Sitzplätze auf der Haupttribüne: 6187darin sind enthalten:Business-Seats 655Sitzplätze in 14 Logen 124Rollstuhlgerechte Plätze 83Sitze für Sehbehinderte 5

Funktionsgebäude Haupttribüne1200 Quadratmeter VIP-Räume auf zwei Ebenen für 800 Ehrengäste 400 Quadratmeter multifunktionale Räume im 3. Obergeschoss

Funktionsgebäude Max-Morlock-StubenFan-Gastronomie für bis zu 400 GästeÜberdachter Außenbereich 350 m2

Biergarten auf dem Max-Morlock-Platz 310 m2

Sonstige Einrichtungen:Promenade mit 950 Metern Länge und 34 Kioskenmit bis zu 110 Kassen (davon 12 Getränkekioskeund 22 Kioske mit Verkauf verschiedener Menüs)

Beregnungsanlage,Versorgung über Regenwasserzisternen, Rasenheizung

Parkplätze gesamt 15 000(davon VIP-Parkplätze im Stadion 205)

Kosten:Gesamtkosten: 56,2 Millionen EuroZuschüsse des Freistaats Bayern: 26,5 Millionen Euro

Komfort für alle:Im neuen Gebäude (links oben), das offiziell immernoch Funktionsbau heißt, genießen die Edel-FansSonderservice. Für die TV-Kameras (Mitte) stehennun auch auf der Haupttribüne genügend Plattformen zur Verfügung. Und auch die Radio- undTV- Kommentatoren erhalten zur FIFA WM optimaleArbeitsplätze (unten).