geschichtliche bemerkungen über eiweiß- und peptonlösungen

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XIV+ Band Janu~r 1~t4 Heft I =+-~P+.~~-~+ I,~'. . ' . , , :, ~+ = =,," Kolloid-Zeitschrift Zeitschri t ffir wissenschaftliche und technische Kolloidcbemie (~rfiher .Zeitschrift fit+"Ch~m~e ~d ~+~dus~rietier Kolioide") Organ f~ir d~s ~es~rM~ebiet dee relnen und an~ew~ndten Ho~loidchemie H~rtatt.~_'~eEebea v~n Priv.-Doz. ~r. ~oJfflan~ Osi~OaJd in Leipzig, Bra~dvorwerkstral~e 77 . + --+~: i ~+l+or~x*m t~na +++p~++ QeschkMJ :he Igemerku. len fiber Ei e[6-und PeptonlGsungen. ~ne histor~che Nottz yon L. Berce~ler (Budapest). Bei der U~tersuchung der Eiwei~16sungen legt man heute alas Hauptgewicht auf die phy- sikaliseh-chemischen Ver~nderungen+ Das wa~ Prfkher nicht der Fall, man suchte im 5inne der Theorien der ktass,+'schen Chemie reine, gut de- finierte Verbindungen darzustelien. Schon nm da+ Jahr 1870 herum erscl~ienen manche Aeul~e- rungen, welehe der heutigen Auffassung besser entsprachen, ats die damaligen; sic wurden aber durch die Autorit$it der feststehenden chemischen Theorien t+md dere~ anerkav~r, te Verrreter niedergehatten. Lira so interessanter sind sJe abet" heute, da sle geeignet s~nd, die moderne Auffassu~+g zu erg~nzen, und es w~re undank- bar, sie zu vergessen, da sie die Vort~ufer der neuen Theorien waren. Urn da+o Jahr 1870 befa~ten sicb vie!e Forscher mit der Hydrolyse der Eiweiflk6rper. Man tmtersuchte i+n erster Reihe, welche Sub- stanzen dabei entstehen+ Aus der Richtung der dmnaligen Cbemie ergab sich naturgemM~ diese Art der Untersuehungen, da man mtt dem Aufschwunge der organischen Cbemie die Verbindungen rein darzustetlen lernte, in alien physiotogisch, chemischen JnstJtuten bei Hoppe-Seyler, Mary, Adamkiewicz wurden Untersuchungen in dieser Riehtung ausgeffihrt. Zwischen Hoppe-Sey|er und Maly entstand eiv, Streit, der nicht endete, denn er kormte noch dem damaligen Stande der Wissenschaft nicht attsgegtichen wet'den. H oppe behauptete, dag das E~weifl be,~ der Pepsinverdauung hydrolysiert wird, und dabe~ am C ~irmere Verbindungen entstehen,+ Maly dagegen bewies, dais das Eiwei~ bei der Pepsin- (E~geg~n&~n ~ t+ Hovenwer 1913) verdauut+g sich aufl~s+t, seine phystkalischen Eigenschaften ver~ndern sich, die prozentuelle Z~Jsaramensetzung dagegen bleibt unveritndert. Dieses zu beweisen gelang Maly am Fibrin und Fibrinpepton; dasselbe "land sein Sehiiler H e r t h am Eiereiwei+.~ und Eiereiweigpepton. Dagegen stellte K o s s e 1 damals Assistent yon Hoppe .-Seyler, die Behauptung auf, dag die Hydrolyse sich schon darin offenbart, daft d,.'e prozentueile Zusammensetzung des Peptons verandert sei+ Hier+Jber entspann sich ein heftiger StreW+t, in dessert Verlauf M a i y sehr interessante Beweise gegen K o s s e I anffihrte. Die Details sind im Or~gL~01 nachzulesen, weft deren Mit- tefluP~g hier ztl weir fiihren wiJrde. Sie sind auch yore koitoidchemischen Standpunkte sehr i~teressant, besonders bertihren sie in sehr inter- essanter Weise das Problem der Adsorptions- erscheinungen. Heute empfangen wit den Eindruck, daft beide Recht batten. Beide beobmehteten richtig, doch gingen sie in ibren Untersuchungen nieht denseiben Weg. Wir k~Jnnen heute Kos sel's Beobachtung bestfitigen+ dag hier Hydrolyse statffindet; Maty hat richtig beobachtet, dag die prozentuette Z:~sammensetzung der Ei- weil~stoffe sich nicht verfindert, obwohl +die physika|ischen Eigeuschaften gnnz +mdere ge- worden sind. SeRher +ist ja bekanntlich ein ganz :+'ih++licher Vorgang bei der Hydro+/se der St~irke beobacbtet worden: die Entstenung der It%lichen Starke entspricbt bei der Eiweig- spaltung dem Pepton yon M a I y, und die weitere Hydroiyse tier St+h'ke der Hydro+yse tier Eiweifl- k6rper nach K o s s e I.

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XIV+ Band Janu~r 1~t4 Heft I = + - ~ P + . ~ ~ - ~ + I,~' . . ' . , , :, ~+ = = , , "

Kol lo id-Ze i t schr i f t Zeitschri t ffir wissenschaftliche und technische Kolloidcbemie

(~rfiher .Zeitschrift fit+" Ch~m~e ~ d ~+~dus~rie tier Kolioide")

Organ f~ir d~s ~es~rM~ebiet dee relnen und an~ew~ndten Ho~loidchemie H~r ta t t .~_ '~eEebea v ~ n

Priv.-Doz. ~r. ~oJfflan~ Osi~OaJd in Leipzig, Bra~dvorwerkstral~e 77

. + - - + ~ : i ~+l+or~x*m t ~ n a + + + p ~ + +

QeschkMJ :he Igemerku. len fiber Ei e[6-und PeptonlGsungen. ~ne histor~che Nottz yon L. B e r c e ~ l e r (Budapest).

Bei der U~tersuchung der Eiwei~16sungen legt man heute alas Hauptgewicht auf die phy- sikaliseh-chemischen Ver~nderungen+ Das wa~ Prfkher nicht der Fall, man suchte im 5inne der Theorien der ktass,+'schen Chemie reine, gut de- finierte Verbindungen darzustelien. Schon nm da+ Jahr 1870 herum erscl~ienen manche Aeul~e- rungen, welehe der heutigen Auffassung besser entsprachen, ats die damaligen; sic wurden aber durch die Autorit$it der feststehenden chemischen Theorien t+md dere~ anerkav~r, te Verrreter niedergehatten. Lira so interessanter sind sJe abet" heute, da sle geeignet s~nd, die moderne Auffassu~+g zu erg~nzen, und es w~re undank- bar, sie zu vergessen, da sie die Vort~ufer der neuen Theorien waren.

Urn da+o Jahr 1870 befa~ten sicb vie!e Forscher mit der Hydrolyse der Eiweiflk6rper. Man tmtersuchte i+n erster Reihe, welche Sub- stanzen dabei entstehen+ Aus der Richtung der dmnaligen Cbemie ergab sich naturgemM~ diese Art der Untersuehungen, da man mtt dem Aufschwunge der organischen Cbemie die Verbindungen rein darzustetlen lernte, in alien physiotogisch, chemischen JnstJtuten bei H o p p e - S e y l e r , Mary , A d a m k i e w i c z wurden Untersuchungen in dieser Riehtung ausgeffihrt. Zwischen H o p p e - S e y | e r und M a l y entstand eiv, Streit, der nicht endete, denn er kormte noch dem damaligen Stande der Wissenschaft nicht attsgegtichen wet'den. H o p p e behauptete, dag das E~weifl be,~ der Pepsinverdauung hydrolysiert wird, und dabe~ am C ~irmere Verbindungen entstehen,+ M a l y dagegen bewies, dais das Eiwei~ bei der Pepsin-

(E~geg~n&~n ~ t+ Hovenwer 1913)

verdauut+g sich aufl~s+t, seine phystkalischen Eigenschaften ver~ndern sich, die prozentuelle Z~Jsaramensetzung dagegen bleibt unveritndert. Dieses zu beweisen gelang M a l y am Fibrin und Fibrinpepton; dasselbe "land sein Sehiiler H e r t h am Eiereiwei+.~ und Eiereiweigpepton. Dagegen stellte K o s s e 1 damals Assistent yon H o p p e . -Seyler , die Behauptung auf, dag die Hydrolyse sich schon darin offenbart, daft d,.'e prozentueile Zusammensetzung des Peptons verandert sei+ Hier+Jber entspann sich ein heftiger StreW+t, in dessert Verlauf M a i y sehr interessante Beweise gegen K o s s e I anffihrte. Die Details

s i n d im Or~gL~01 nachzulesen, weft deren Mit- tefluP~g hier ztl weir fiihren wiJrde. Sie sind auch yore koitoidchemischen Standpunkte sehr i~teressant, besonders bertihren sie in sehr inter- essanter Weise das Problem der Adsorptions- erscheinungen.

Heute empfangen wit den Eindruck, daft beide Recht batten. Beide beobmehteten richtig, doch gingen sie in ibren Untersuchungen nieht denseiben Weg. Wir k~Jnnen heute Kos s e l ' s Beobachtung bestfitigen+ dag hier Hydrolyse statffindet; Ma ty hat richtig beobachtet, dag die prozentuette Z:~sammensetzung der Ei- weil~stoffe sich nicht verfindert, obwohl +die physika|ischen Eigeuschaften gnnz +mdere ge- worden sind. SeRher +ist ja bekanntlich ein ganz :+'ih++licher Vorgang bei der Hydro+/se der St~irke beobacbtet worden: die Entstenung der It%lichen Starke entspricbt bei der Eiweig- spaltung dem Pepton yon M a I y, und die weitere Hydroiyse tier St+h'ke der Hydro+yse tier Eiweifl- k6rper nach K o s s e I.

Was uns abet besonders interessierel~ kan~L ist die Schilderung dieser Erscheim.mgen, wie sie HerthX) sozusugen mit den Worte~, der heutigen Kolloidchemie besehreibt.

,Einen Anhaltspunkt betreffs der Art dieser inneren Veranderung geben ~br~gens ]etzt die Eigenschaftet~ des Peptons gegentibe; dem Ei- weifi: seine Jeichte Filtrierbarkeit, seine grOSere Diffusionsf~higkeit und vor allem seine grofie Neigung in L6sung fiberzugehe~ Sie lassen annehmen, dal~ bier eine Verz6gerung in der Gr6ge der kleinsten, sich eben noch ais Ganzes selbstiindig bewegenden Mas.centeflchen statt- findet. Sieht m a n nun schon ganz allgemein komplizierte Molektilverbindunge~ beim Uebt- gang in einen wet~igerdichten Aggregatzustand sich in einfachere auflOsen und umgekehrt; sieht man ferner in ganzen Reihen organischer K6rper

1) Her th , Ueber die ehemtsche Natur des Pep- tons und sein Verhaltev. zum Eiweig. Zeitsehr. f. phy- siol. Ct~em. l, 277.

schon mit bloger Vereinfachung des Molekiilg gerade die L6sltchkett zunehmen" so finder doeh diese wesent!ichste Eigenschaft des Peptons, und die Art, wie sic zustande kommen k6nnte, ohne dag sic eine Ver~nderung in der prozen- tigen Zusammensetzung oder in der Gruppierung der Atome stattgefunden h/itte, ihre nahe- !iegende Anaiogie iiasbesondere bet der Zyan- sSoure told bei der Gruppe der Aldehyde und die Peptonisierung desselben (Eiweig) als die einfache L6sung einer Polymerisation."

Die Frage, welche den Gegenstand des Stre[tes dieser Forscher bildete, ist auch heute noch nicht vollkommen gekliirt, es wird aber gewig jeden, der sich mit ahnlichen Fragen be- sch~ftigt, interessieren zu erfahren, da~ dieser neue Zweig der Wissenschaft schon so viele und bedeutende Vorl~iufer hatte. Diese kleine Arb"eit will dazu dienen, M a t y ' s und H e r t h ' s Verdienste in bezug auf die Kolloidchemie ins richtige Lieht gestellt zu haben.

Rolloide und Phasenlehre. Von E. H. B fi c h n e r (Amsterdam).

Die Ansicht, dag kolloide Substanzen und L6sungen als zweiphasige Oebilde zu betrachten sind, ist in den leLzten Jahren die herrschende geworden. DaIS dieselbe ~her nicht so gut be- grfindet ist, wie man naeh dem Beifall, den sie findet, glauben k6nnte, und daft die Auffassung als einphasige Systeme jedenfalls gleichberech- tigt ist, werde ich im folgenden zu zeigen ver- suchen.

Wir gehen ans yon der Bemerktmg A. E in - s t e i n ' s , dais nach der moleknlarkinetische~l Wiitmetheorie ein gel6stes Molekfil sich yon einem suspendierten KOrper led i g l i c h durch die Gr6Be unterscheidet, und dab man nicht etnsieht, warum einer Anzahl suspendierter KOrper nicht derselbe osmotische Druck ent- spreche n sollte, wie der ntimliehen Anzahl ge- 16ster Molekfile~). Derselbe Gedanke liegt den bekannten Untersuchungen A. P e r r i n ' s zu- grunde, der seinen in Wasser suspendierten MastixkSrnchen einen osmotischen Druck zu- schrieb, mittels dessen er die Verteilung der Teilchen unter Einfluis tier Schwere berechnen konnte~k Die Fonnel, welche dutch den Vet-

i) Der Orundgedanke dieser Abhandiung w~rde beretts in einer der Amsterdamer Akademie der Wissen- seh~ffen vvrgelegten Mitteiltmg ausgespro/:hen. Sitzung yore 25. April 1913, Proc. 16, 60.

~) Ann. d. Phys. t'4] 17, 549 (1905).

(Etng~egangttt am 30, Oklolmr 1913)

such vollauf besttltigt wurde, ist prinzipiell die- selbe, wie ffir die Entmischung zweier Oase als Folge der Gravitation hergeleitet werden kanno Aueh J. D. van de r Waals und Ph. K0hn- s t a m m betrachten die K6rnehen als , kfinstliehe Molekfile" yon sehr groflem Molekulargewicht 4), wenden etne ffir gewShnliche bin~ire Systeme aus den allgemeinen Gleichgewichtsprinzipien abgeleitete Formel auf den Suspensionen an und gelangen, indem sic einige Glieder, die infolge des enormen Molekulargewtchtes und der grogen VerdiJnnung sehr klein werden, ver- n a c h l a s s i g e n , zur selben Beziehung wie P e r r i n. Alle diese Forscher betrachten also suspendierte K6rperchen als ungeheure Molekfile.

Oehen wir ietzt noch einen Schritt welter, so kommen wit zu der Auffassung, dab ein derartiges System ehensogut als e i n p ha s i g zu betrachten ist wie etwa eine Zuckerl6sung. Sind die in der Flfissigkeit schwebenden Teil- chen mit Molekfilen vergleichbar, dann ist es eine Iogische Konsequenz, das System als Ganzes den LSsungen, d. h. einphasigen Gebi!den, zur Seite zu stelten, Leider gibt es bis jetzt keine Versuche, die diese Annahme unmittelbar be-

s~ Ann. Chim~ Phys~ [8] 18, 62 (1909). Kolloldehem. Beih I, ! (1.9t0).

~) Lehrbuch de~ Thermodyrmmlk (Leipzig 1912), 2~ 567.