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AUS DER INTERNATIONALEN FACHLITERATUR ,,Forschung zur Infektionspr avention in Europa: Neue Fortschritte und Priorit aten f ur die Zukunft‘‘ Christian Conrad, MPH, DAS Evaluation Hintergrund Bis 1990 wurden wurde in vielen europaischen Landern kontroverse Diskussionen uber den Nutzen und die Grenzen epidemiologischer Methoden fur die Pravention von im Krankenhaus erworbener Infektionen gefuhrt. Bis dahin beherrschten mikrobiologisch- basierte Ansatze das Fachgebiet. Im letzten Jahrzehnt wurden die Prinzipien der Krankenhausepidemiologie in den meisten europaischen Landern eingefuhrt, um die Notwendigkeit und Effekte der Pravention nosokomialer Infektionen zu uberprufen. S. Harbarth und D. Pittet aus Genf beschreiben die Entwicklung der Forschung im Gebiet der Pravention und Bekampfung nosokomialer Infektionen in Europa in den letzten 2 Jahrzehnten. Ziel der Studie Fortschritte der Verhutung nosokomialer Infektionen in Europa aufzeigen und einen Ausblick auf zukunftige und notwendige Schritte in der Forschung geben. Resultate Die Verhutung und Bekampfung nosokomialer Infektionen und der Antibiotikaresistenzen hat in den letzte 2 Jahrzehnten in Europa große Fortschritte gemacht (speziell durch Multizenterstudien, internationale Netzwerke der Infektionssurveillance sowie Handehygienekampagnen). Die Autoren beschreiben die Entwicklung in der Krankenhaushygiene der letzten Jahre und Jahrzehnte. In dieser Zeit wurden in Europa einige Netzwerke fur die Erfassung nosokomialer Infektionen eingerichtet, basierend auf validen und standardisierten Methoden. Dennoch gibt es Regionen, in denen wenig Erfassungen durchgefuhrt werden, weil personelle Ressourcen oder die politische Unterstutzung fehlen. Das kurzlich erschaffenen European Center for Disease Control and Prevention (ECDC, 2005 implementiert, Anm. CC) hat dieses Problem erkannt und beabsichtigt diesem Punkt strategische Prioritat zu geben. Etliche Europaische Lander und Forschergruppen haben durch ihre Arbeit die Evidenz in der Pravention krankenhauserworbener Infektionen erhoht. Die EU hat fur die Forschung in diesem Bereich seit 1999 rund 200 Millionen Euro investiert. Viele Disziplinen waren in diesem Forschungsgebiet aktiv. Etliche Empfehlungen zur Pravention der nosokomialen Infektionen werden aber immer noch kontrovers diskutiert. Es fehlen wissenschaftliche Nachweise und Daten zur Kosteneffektivitat. Aus diesem Grund mussen in Zukunft Studien mit guten methodischen Standards durchgefuhrt werden. Folgende Themen werden als wichtig fur weitere Forschungen erachtet (Ausgewahlte Punkte die in einem Expertengremium in Deutschland 2009 diskutiert wurden, Via Medica Symposium 2009, Freiburg, Deutschland): - Untersuchung von Isolationsmaßnahmen und Screeningmethoden bei multiresistenten Erregern, inklusive gramnegative Keime - Einfluss der Umwelt auf nosokomiale Infektionen und Antibiotikaresistenz - Etablierung eines verhaltenswissenschaftlichen Ansatzes zur nachhaltigen Verbesserung der Handehygienecompliance (Anm. CC: adherence) - Kosteneffektivitat der Hygienemassnahmen untersuchen - Verbesserung der Erfassung nosokomialer Infektionen (speziell elektronische Monitoringsysteme einsetzen) - Verbesserung der wissenschaftliche Grundlage fur bestimmte Hygienemassnahmen/Empfehlungen - Unterschiede in der Praxis identifizieren, Kooperation intensivieren und voneinander in Europa lernen - Zukunftige methodologische Herausforderungen in der Forschung adaquat angehen Die methodologischen Herausforderungen mussen angenommen werden. Nicht immer werden Prinzipien der statistischen Analyse und epidemiologischer Studien so verstanden wie es vorgesehen ist. Deshalb sind zahlreiche Fehler im Design und der Analyse epidemiologischer Studien anzutreffen, die zu Verzerrungen oder Fehlinterpretationen fuhren. Schlussfolgerungen der Autoren Wahrend der letzten 20 Jahre wurden grosse Fortschritte in der Verhutung und 186 Krh.-Hyg. + Inf.verh. 32 Heft 6 (2011): 186–187 http://www.elsevier.de/khinf

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AUS DER INTERNATIONALEN FACHLITERAT

UR

,,Forschung zur Infektionspr€avention in Europa:Neue Fortschritte und Priorit€aten f€ur dieZukunft‘‘

Christian Conrad, MPH, DAS Evaluation

Hintergrund

Bis 1990 wurden wurde in vieleneurop€aischen L€andern kontroverseDiskussionen €uber den Nutzen und dieGrenzen epidemiologischer Methodenf€ur die Pr€avention von im Krankenhauserworbener Infektionen gef€uhrt. Bisdahin beherrschten mikrobiologisch-basierte Ans€atze das Fachgebiet. Imletzten Jahrzehnt wurden die Prinzipiender Krankenhausepidemiologie in denmeisten europ€aischen L€anderneingef€uhrt, um die Notwendigkeit undEffekte der Pr€avention nosokomialerInfektionen zu €uberpr€ufen.S. Harbarth und D. Pittet aus Genfbeschreiben die Entwicklung derForschung im Gebiet der Pr€avention undBek€ampfung nosokomialer Infektionen inEuropa in den letzten 2 Jahrzehnten.

Ziel der Studie

Fortschritte der Verh€utung nosokomialerInfektionen in Europa aufzeigen undeinen Ausblick auf zuk€unftige undnotwendige Schritte in der Forschunggeben.

Resultate

Die Verh€utung und Bek€ampfungnosokomialer Infektionen und derAntibiotikaresistenzen hat in den letzte2 Jahrzehnten in Europa großeFortschritte gemacht (speziell durchMultizenterstudien, internationaleNetzwerke der Infektionssurveillancesowie H€andehygienekampagnen).Die Autoren beschreiben dieEntwicklung in der Krankenhaushygiene

186 Krh.-Hyg. + Inf.verh. 32 Heft 6 (2011): 18http://www.elsevier.de/khinf

der letzten Jahre und Jahrzehnte. Indieser Zeit wurden in Europa einigeNetzwerke f€ur die Erfassungnosokomialer Infektionen eingerichtet,basierend auf validen undstandardisierten Methoden.Dennoch gibt es Regionen, in denenwenig Erfassungen durchgef€uhrt werden,weil personelle Ressourcen oder diepolitische Unterst€utzung fehlen.Das k€urzlich erschaffenen EuropeanCenter for Disease Control andPrevention (ECDC, 2005 implementiert,Anm. CC) hat dieses Problem erkanntund beabsichtigt diesem Punktstrategische Priorit€at zu geben.Etliche Europ€aische L€ander undForschergruppen haben durch ihre Arbeitdie Evidenz in der Pr€aventionkrankenhauserworbener Infektionenerh€oht. Die EU hat f€ur die Forschung indiesem Bereich seit 1999 rund 200Millionen Euro investiert. VieleDisziplinen waren in diesemForschungsgebiet aktiv.Etliche Empfehlungen zur Pr€avention dernosokomialen Infektionen werden aberimmer noch kontrovers diskutiert. Esfehlen wissenschaftliche Nachweise undDaten zur Kosteneffektivit€at. Aus diesemGrund m€ussen in Zukunft Studien mitguten methodischen Standardsdurchgef€uhrt werden.Folgende Themen werden als wichtig f€urweitere Forschungen erachtet(Ausgew€ahlte Punkte die in einemExpertengremium in Deutschland 2009diskutiert wurden, Via MedicaSymposium 2009, Freiburg,Deutschland):

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Untersuchung vonIsolationsmaßnahmen undScreeningmethoden bei

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multiresistenten Erregern, inklusivegramnegative Keime

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Einfluss der Umwelt auf nosokomialeInfektionen und Antibiotikaresistenz

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Etablierung einesverhaltenswissenschaftlichen Ansatzeszur nachhaltigen Verbesserung derH€andehygienecompliance (Anm. CC:adherence)

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Kosteneffektivit€at derHygienemassnahmen untersuchen

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Verbesserung der Erfassungnosokomialer Infektionen (speziellelektronische Monitoringsystemeeinsetzen)

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Verbesserung der wissenschaftlicheGrundlage f€ur bestimmteHygienemassnahmen/Empfehlungen

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Unterschiede in der Praxisidentifizieren, Kooperationintensivieren und voneinander inEuropa lernen

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Zuk€unftige methodologischeHerausforderungen in der Forschungad€aquat angehen

Die methodologischenHerausforderungen m€ussenangenommen werden. Nicht immerwerden Prinzipien der statistischenAnalyse und epidemiologischer Studienso verstanden wie es vorgesehen ist.Deshalb sind zahlreiche Fehler imDesign und der Analyseepidemiologischer Studien anzutreffen,die zu Verzerrungen oderFehlinterpretationen f€uhren.

Schlussfolgerungen derAutoren

W€ahrend der letzten 20 Jahre wurdengrosse Fortschritte in der Verh€utung und

Kontrolle nosokomialer Infektionen undAntibiotikaresistenzen gemacht.Dennoch fehlen f€ur vielePr€aventionsmaßnahmen in diesemSektor gute, wissenschaftliche Datensowie Angaben zur Kosteneffektivit€at.Wie in allen wissenschaftlichenForschungsgebieten ist es auch in derKrankenhausepidemiologie wichtig, dierichtigen Fragen zu stellen und diead€aquaten Methoden auszuw€ahlen, umsie dann auch zuverl€assig beantwortenzu k€onnen.

Kommentar des €Ubersetzers

Harbarth und Pittet beschreiben hiereine wichtige Entwicklung in derKrankenhaushygiene, weg von derreinen mikrobiologischen Sichtweise hinzum epidemiologischen Ansatz. Nurgewisse Studiendaten k€onnen unsAntworten darauf geben, ob und welcheArt von Maßnahmen wirksam sind, wiezum Bsp. die Ausbreitungmultiresistenter Keime eind€ammen, dieAdh€arenz der H€andehygiene nachhaltigverbessern oder Massnahmen

entwicklen, die kosteneffizient undumsetzbar sind.In einem Evidenzreport der Agency forHealthcare Research and Quality €uberdie Verbesserung der Adh€arenz bei derPr€avention nosokomialer Infektionenwurden 64 Studien analysiert [1]. DieAutoren kommen zum Schluss, dass dieQualit€at der meisten Studien suboptimalist und nur wenig Aussagen €uberMethoden zur Verbesserung derUmsetzung von Massnahmen zurVerh€utung postoperativerWundinfektionen, katheterassoziierter,intravasaler Infektionen,Harnwegsinfektionen sowiePneumonien gemacht werden k€onnen.Dies unterstreicht die Aussagenvon Harbarth und Pittet nachweiterer, methodisch stringenterForschung, gerade auch im Bereich derUmsetzung und Schulung erfolgreicherbzw. wirksamerPr€aventionsmassnahmen.Quelle:Harbarth S, Pittet D. Infection preventionresearch in Europe: Recent advancesand future priorities. Infect Control HospEpidemiol 2010;31(S1):S11-S13

Krh.-Hyg. +

Weiterf€uhrende, zitierteLiteratur

[1] Sumant R Ranji, Kanaka Shetty, MD, KeithA Posley, MD, Robyn Lewis, MA, VandanaSundaram, MPH, Cristina M Galvin, MS,MA, and Lisa G Winston, MD Closing theQuality Gap: A Critical Analysis of QualityImprovement Strategies (Vol. 6: Preven-tion of Healthcare–Associated Infections),Technical Reviews, No. 9.6 http://www.ncbi.nlm.nih.gov/bookshelf/br.fcgi?book=techrev9v6.

Referiert durch:Christian Conrad; MPH, DASEvaluationDozentHochschule f€ur angewandteWissenschaften FHS St.Gallen,Fachbereich Gesundheit, CH-9000 St.Gallen ([email protected])undSpitalhygiene und Epidemiologie,Spit€aler Schaffhausen, CH-8208Schaffhausen([email protected])

Inf.verh. 32 Heft 6 (2011): 186–187http://www.elsevier.de/khinf 187