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INTERNATIONALE ARCHÄOLOGIEStudia honoraria - Band 37

Begründet vonClaus Dobiat und Klaus Leidorf

Herausgegeben vonClaus Dobiat, Friederike Fless und Eva Stauch

herausgegeben vonRalf Gleser und Frauke Stein

Äußerer Anstoß und innerer Wandel

FESTSCHRIFTFÜR

RUDOLF ECHT ZUM 65. GEBURTSTAG

Verlag Marie Leidorf GmbH · Rahden/Westf.

2015

208 Seiten mit 120 Abbildungen, 12 Tabellen und 8 Karten inkl. 12 Tafeln

Bibliograf sche Information der Deutschen Nationalbibliothek

Gleser, Ralf / Stein, Frauke (Hrsg.):Äußerer Anstoß und innerer Wandel ; Festschrift für Rudolf Echt zum 65. Geburtstag /hrsg. von Ralf Gleser … .

Rahden/Westf. : Leidorf, 2015(Internationale Archäologie : Studia honoraria ; Bd. 37)ISBN 978-3-89646-556-6

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliograf e.Detaillierte bibliograf sche Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten© 2015

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ISBN 978-3-89646-556-6ISSN 1433-4194

Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier

Umschlagentwurf: Ralf Gleser, MünsterTitelvignette: Detail des Goldhalsrings aus dem Fürstinnengrab von Reinheim

(Zeichnung: Renate Roling, Rheine)Porträtfoto: Jörg Pütz, Saarbrücken

Redaktion: Valeska Becker und Ralf Gleser, MünsterSatz, Layout und Bildnachbearbeitung: Renate Roling, Rheine

Druck und Produktion: druckhaus köthen GmbH & Co. KG, Köthen

Kein Teil des Buches darf in irgendeiner Form (Druck, Fotokopie, CD-ROM, DVD, Internet oder einem anderen Verfahren)ohne schriftliche Genehmigung des Verlages Marie Leidorf GmbH reproduziert werden

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Für die Einholung der Urheber- und Reproduktionsrechte zeichnen die Autorinnen und Autoren selbst verantwortlich

Gedruckt mit f nanzieller Unterstützung des

VEREINS ZUR FÖRDERUNG DERVOR- UND FRÜHGESCHICHTSFORSCHUNG

AN DER UNIVERSITÄT DES SAARLANDES E.V.

INHALTSVERZEICHNIS

Rudolf Echt und das akademische Fach Vor- und Frühgeschichte an der Universität des SaarlandesRalf GLESER 9

Schriftenverzeichnis Rudolf Echt 15

Newly-unearthed types of plastic figurines from the Late Neolithic pit sanctuary at Kapitan Andreevo in Southeast Bulgaria Vassil NIKOLOV 21

Als die Sonnenbarke auf der unteren Donau fuhr. Ein Beitrag zum Ideentransfer während der Spätbronze- und Urnen felderzeit in EuropaErika HOLENWEGER 27

Zur Entstehung und Ausbreitung der „zoomorphen Junktur“ in der skythischen KunstValeska BECKER 59

The La Tène chariot which took the wrong turning: the 1938 find from Anloo, Aa en Hunze (Drenthe, NL)John Vincent Stanley MEGAW 75

Bevölkerungsstand der civitas Treverorum vor und nach der römischen AnnexionRalf GLESER 87

Der Helm des AsterixWolfgang ADLER 107

Das Brandgräberfeld Eiweiler „Hinterm Cleffwald“ und die Villa Primstal „Wickstein“ ‒ zwei gallorömische Fundstellen im nördlichen Saarland Thomas FRITSCH 125

Die Reitermaske von ReinheimFlorian SĂRĂŢEANU-MÜLLER 151

Unscheinbare Lochscheiben – ein Amulett mit interessanter VerbreitungFrauke STEIN 163

Das Messing-Pferdeköpfchen aus Gehweiler (Gde. Namborn, Lkr. St. Wendel, Saarland) – Bemerkungen zum HalfterAnna Michaela LOEW 181

Spuren des Tabakkonsums auf Burg KirkelChristel BERNARD 197

Autorenverzeichnis 205

BEVÖLKERUNGSSTAND DER CIVITAS TREVERORUM VOR UND NACH DER RÖMISCHEN ANNEXION

Ralf GLESER

Die moderne Bevölkerungswissenschaft beschäftigt sich mit den Ursachen und Folgen der natürlichen (Geburten, Sterbefälle) sowie der räumlichen Be-völkerungsbewegungen (Wanderungen)1. Ihr dient die Bevölkerungsstatistik als Grundlage, wofür sie zahlreiche, regelmäßig publizierte Datensätze als Quellen nutzen kann, die entweder von den einzel-nen Staaten selbst oder von internationalen Organi-sationen (u. a. Vereinte Nationen, OECD) vorgelegt werden. Zur Entschlüsselung der Bevölkerungsent-wicklung historischer Gesellschaften hat sich die Paläodemografie etabliert2, die im Falle von paläo-historischen, ausschließlich mittels archäologischer Quellen erforschbarer Gesellschaften auch als ar-chäologische Demografie3 betrieben wird. Wichtige Kennziffern, welche die paläodemografische For-schung zu ermitteln und zu erklären versucht, sind der Bevölkerungsstand (Bevölkerungszahl und Be-völkerungsdichte) sowie Fruchtbarkeitsraten, Sterb-lichkeitsraten, Zuwachs- bzw. Schwundraten und das Migrationsverhalten vergangener Gesellschaften.

Quellen für archäologische Untersuchungen zur Demografie liefert zunächst die Siedlungsarchäo-logie, wobei die Größen von Häusern, die Anzahl derselben in Ansiedlungen und das Ausmaß des mit Siedlungen besetzten Raumes Erkenntnisse insbe-sondere zum Bevölkerungsstand liefern können. Differenzierte Einsichten sind ferner durch die Grä-berarchäologie zu erlangen, da mittels bestimmter Kennziffern wie Geschlechterindex, Kinderanteil, Sterbealter, Sterbeursachen, Gräberzahl und Bele-gungsdauer innerhalb von Nekropolen tiefere Ein-sichten in frühe demografische Strukturen zu gewin-nen sind4. Entscheidende demografische Parameter wie Lebenserwartung, Mortalität und Fruchtbarkeit sind mit Hilfe archäologischen Quellenmaterials al-lerdings nicht exakt genug oder gar nicht zu ermit-teln, so dass bei diesbezüglichen statistischen Unter-suchungen im Rahmen der Analyse eisenzeitlicher Gräberfelder die Modell-Rechnungen zur Größe der

1 Gans 2011, 14.2 Nemeskéri 1972; Bocquet-Appel 2008.3 Chamberlain 2009.4 Vgl. jüngst Chamberlain 2009, 276 ff.

lokalen Bevölkerungen mit mehreren Werten für einzelne Variablen durchgeführt werden5.

Die realitätsnahe Berechnung ursprünglich vor-handener Bevölkerungszahlen ist durch die Auswer-tung bloß einer Quellenkategorie allein gewiss nicht plausibel zu bewältigen möglich. Bei Grabfunden6 stellt sich außer dem Problem der Befunderhaltung, welche entscheidend von den ehemals geübten Grabsitten abhängt, insbesondere das Problem der Repräsentanz: Wir wissen nicht, welche Bevölke-rungsteile archäologisch nachweisbare Grabstätten erhalten haben, und wir können nur grob abschät-zen, in welchem Verhältnis die bis auf den heutigen Tag entdeckten Gräber zu den ehemals angelegten tatsächlich stehen7. Letztlich ist in dieser Situation entweder darauf zu beharren, dass Einsichten in de-mografische Strukturen der Ur- und Frühgeschich-te mittels archäologischer Quellen überhaupt nicht möglich sind – eine Position, die stets dann plausi-bel erscheint, wenn bloß eine Periode für sich allein im Fokus des Forschungsinteresses steht. Oder man nimmt eine pragmatische Position ein und wertet die Ergebnisse zu allen verfügbaren Quellenkategorien die Epochen übergreifend vergleichend aus. Die-se Strategie bietet sich umso mehr an, wenn auch Schriftquellen mit Zahlenangaben zu Bevölkerungs-größen zur Verfügung stehen, wie das für die Eisen-zeit Mitteleuropas durch die Zeugnisse von Autoren aus dem Umfeld der Mediterran-Kulturen der Fall ist.

In meinem Beitrag zur Festschrift für Rudolf Echt, der in Lehre und Forschung insbesondere auch der Eisenzeit und provinzialrömischen Zeit im linksrheinischen Mittelgebirgsraum Aufmerksam-

5 Vgl. z.B. für die Nekropole Horath „Kaisergarten“ Miron 1986, 125 Tab. 8.

6 Kritisch zur Gräberarchäologie als Quelle demografischer Forschungen daher jüngst Eggl 2009.

7 Beispiele: A. Haffner rechnet für die HEK damit, dass die auf den Höhenzügen vorhandenen Grabhügel ein Drittel der ur-sprünglich angelegten Hügel ausmachen (Haffner 1976, 5); N. Müller-Scheeßel rechnet für Süddeutschland damit, dass die Anzahl der bekannten hallstattzeitlichen Gräberfelder neun Prozent der ursprünglich vorhandenen beträgt (Müller-Scheeßel 2007, 8).

Ralf Gleser88

keit geschenkt hat, stehe ich für die letztgenannte Position. Ich nehme im Folgenden eine Beobach-tung zum Ausgangspunkt verschiedener Statistiken und Rechenexempel, welche üblicherweise weder von der Ur- und Frühgeschichtsforschung noch von der provinzialrömischen Archäologie gebührend wahrgenommen und interpretiert wird. Dort, wo der Quellenstand es gestattet, zeigt sich nämlich beim diachronen Vergleich von Punkt-Verbreitungskarten zur spätkeltischen und zur römischen Besiedlung, dass Relikte der provinzialrömischen Kultur quanti-tativ wesentlich häufiger im Fundbild vertreten sind als jene der vorausgehenden Latène-Kultur. Für ei-nen solchen Vergleich bietet sich der Raum von der Maas im Westen bis zum Oberrhein bei Mainz im Osten besonders an. Dort haben in der vorrömischen Zeit, nach den Angaben des Caesar, die Treverer ge-siedelt, und dieses Gebiet war später, zur Zeit des Im-perium Romanum, der Stammesgebietskörperschaft (civitas) Treverorum bzw. – ab dem späten 1. Jh. n.Chr. östlich daran anschließend – dem nördlichen Bereich der Provinz Germania Superior zugeschla-gen8. Prinzipiell ist für diesen Raum an Kontinuität der Besiedlung von der vorrömischen zur römischen Zeit nicht zu zweifeln9. Im Gegensatz dazu sind die beiden Jahrhunderte um Christi Geburt an Nieder- und Oberrhein etwa oder in Süddeutschland (v. a. entlang der Donau) von Bevölkerungsverschiebun-gen geprägt, die ganz unterschiedliche Ursachen, aber eine gemeinsame Auswirkung haben: Nur die Überreste der provinzialrömischen Kultur sind als Geländedenkmäler und durch Ausgrabungen hinrei-chend belegt, Relikte vorrömischer Bevölkerungen sind dagegen archäologisch kaum nachweisbar. An-ders dagegen bei den Treveri: Vielerorts ist in Huns-rück und Eifel die Besiedlung von der vorrömischen zur römischen Zeit kontinuierlich verlaufen.

Als Erklärung für die augenscheinlich vorhande-ne Siedlungsverdichtung in römischer Zeit10 ist als

8 Bernhard 1990, 111 Abb. 58. 9 Vgl. dazu u.a. den historischen Abriss bei Heinen 1985, 1 ff.10 Zum direkten Vergleich zitiere ich beispielhaft folgende Ver-

breitungskarten: Häussler 1993, 49 Fig. 2 und ders. 1993, 54 Fig. 5 (zur spätkeltischen und römischen Besiedlung in Rheinhessen); Miron 1986, 18 Abb. 2 und die Karten bei Glaser 1994 (zur spätkeltischen und römischen Besiedlung der Kreise St. Wendel und Neunkirchen im Saarland); Mi-ron 1992, 62 Abb. 16 (zur spätkeltischen und römischen Be-siedlung des Kreises Merzig-Wadern im Saarland); Krausse 2006, 255 Abb. 172 sowie 388 Abb. 257–259; 389 Abb. 261; 390 Abb. 265 (zur spätkeltischen und römischen Besiedlung

Arbeitshypothese Bevölkerungszuwachs in Erwä-gung gezogen worden11. Historiker und Archäologen vermag es zunächst wohl kaum zu überraschen, dass die Größe der „freien“, d. h. noch nicht im Römi-schen Reichsverband lebenden Bevölkerung nörd-lich der Alpen sich deutlich von jener unterscheidet, welche für die Römische Kaiserzeit dort ermittelt werden kann: In provinzialrömischer Zeit gab es zweifellos mehr Menschen in den ehemals keltisch besiedelten Gebieten als vor deren Annexion. Da-bei überrascht allerdings weniger das Ausmaß des Wachstums an sich als vielmehr dessen Geschwin-digkeit. Im Folgenden möchte ich aufzeigen, dass mit Hilfe archäologischer Methoden erzielte Daten durchaus starke Indizien für Bevölkerungszuwachs bereits in der spätkeltischen Zeit liefern können und dass Prozesse des Bevölkerungsanstiegs in der pro-vinzialrömischen Zeit an Dynamik noch gewonnen haben.

Bevölkerungszahlen der frühen Kelten12, insbesondere im Bereich der Hunsrück-Eifel-

Kultur Berechnungen zum Bevölkerungsstand der frühen Kelten wird üblicherweise relativ wenig Aufmerk-samkeit geschenkt. In Anbetracht solcher Phäno-mene wie den historisch bezeugten keltischen Wan-derungen wäre es allerdings wichtig zu wissen, ab welcher Dichte der Bevölkerung Konkurrenz und

in der Westeifel). Vgl. ferner die kleinräumige Kartierung im Bereich von Illingen-Wustweiler bei Gleser / Schönwald 1999, 23. – Noch wesentlich markanter tritt dieses Phäno-men der Siedlungsverdichtung während der frühen provinzi-alrömischen Periode im südlichen Saarland und in den direkt angrenzenden Bereichen Lothringens in Erscheinung, Ge-biete, die üblicherweise den Mediomatrikern zugeschrieben werden (Féliu 2014, 387 Fig. 1). Dort steht die römische Vil-len-Landschaft in eklatantem Missverhältnis zu den äußerst seltenen Siedlungsnachweisen spätkeltischer Zeitstellung. Für die spätkeltische Zeit vgl. Miron 1986, für die römische Zeit dagegen Schumacher 1988, 119 Abb. 51; Poinsignon 1987, 125 Fig. 2. – Nach freundlicher Auskunft von Andreas Stinsky, Museumsleiter im Kulturpark Bliesbrück-Reinheim, gibt es im Fundmaterial der Villen im südöstlichen Saarland keinerlei Hinweise auf jüngerlatènezeitliche Vorgängerbe-siedlung. Vgl. dazu Stinsky 2015, 200 ff. mit Abb. 22–27.

11 So z.B. Krausse 2006, 314. 12 Für Süd- und Westdeutschland betrachte ich die ältere/frühe

Eisenzeit (Hallstatt C und D, ca. 800–450 v.Chr.) und die mittlere Eisenzeit (Latène A und B, ca. 450–250 v.Chr.) als Zeit der frühen Kelten. Die jüngere/späte Eisenzeit (Latène C und D, ca. 250–25/15 v.Chr.) betrachte ich als die Zeit der späten bzw. der historischen Kelten mit der Oppida-Kultur.

Bevölkerungsstand der Civitas Treverorum 89

nachbarschaftlicher Konflikt, insbesondere bei knap- per werdenden Ressourcen, zu Abwanderungen ge-führt haben könnten.

Aus historischen Quellen wissen wir im Ein-zelfall über die hinter Bevölkerungsbewegungen möglicherweise stehenden Motive und kennen ge-legentlich sogar die Anzahl gewanderter Personen: Bekanntlich hatte beispielsweise Livius in Erfahrung gebracht, dass Überbevölkerung die wesentliche Ur-sache für die Wanderung keltischer Bituriger und anderer zentralgallischer Stämme nach Italien war. Diese Wanderung soll bereits im 6. Jh. v.Chr. erfolgt sein, wenn man den Angaben dieses Geschichts-schreibers Vertrauen schenken will („Prisco Tarqui-nio Romae regnante...“). Unter der Herrschaft des Ambigatus „(...) Gallia adeo frugum hominumque fertilis fuit (...)”, so dass dieser Bellovesus, einen Sohn seiner Schwester, beauftragte, nach vorheriger Befragung der Götter die ihm anvertrauten Völker-schaften nach Italien zu führen (Liv. V, 34, 1–5)13. Nach der Weltgeschichte des Iustinus (24, 4) be-richtete Pompeius Trogus von 300 000 Kelten, die aufgrund von Überbevölkerung in die Poebene und nach Pannonien zogen14.

Für die Träger der Hunsrück-Eifel-Kultur (HEK) hat Alfred Haffner in Anbetracht des Rückgangs der Fundstellenzahlen ab HEK IIA3 (4. Jh. v.Chr.), der Tiefstand ist in HEK IIB (frühes 3. Jh. v.Chr.) erreicht, denn auch einen Zusammenhang mit den historisch belegten Keltenwanderungen des 4. Jhs. in Erwägung gezogen15. Diese Interpretation, wenn sie den realen Sachverhalt tatsächlich trifft, würde in der Eifel- und Hunsrück-Region für die Frühlatène-zeit einen vergleichsweise hohen Bevölkerungsstand vermuten lassen.

Nach einer älteren Zusammenstellung von An-dreas Zimmermann schwanken die Einwohner-schätzungen zur älteren und mittleren Eisenzeit in Mitteleuropa in verschiedenen Regionalstudien zwi-

13 Vgl. dazu Wernicke 1991, 75 ff. u. 96 ff. (zur Glaubwürdig-keit der frühen Datierung der ersten Wanderungen). Zuletzt haben Peyre / Büchsenschütz 2008 das wirtschaftliche und demografische Potenzial Zentralgalliens bereits im 6. Jh. v.Chr. hervorgehoben.

14 Wernicke 1991, 80. – Es sei hier am Rande darauf hingewie-sen, dass diese Ziffer durchaus jener annähernd gleicht, die Caesar (Gall. I, 29, 2) für die im Jahre 58 v.Chr. in Richtung der römischen Provinz Gallia Transalpina gewanderten Hel-vetier nennt.

15 Haffner 1976, 160.

schen 2,5 und 6,8 Individuen16 pro Quadratkilome-ter. Diese Werte zugrunde gelegt, könnten die von Pompeius Trogus erwähnten 300 000 Menschen vor ihrer Abwanderung in relativ großen Arealen von etwa 45 000 bis 120 000 km2 Fläche beheimatet ge-wesen sein17. In Anbetracht der Tatsache, dass die Agrartechnik und der Gütertransfer bei den frühen Kelten nicht in jenem Maße entwickelt waren, wie das beispielsweise später in der provinzialrömischen Zeit der Fall gewesen ist, mögen Bevölkerungsdich-ten in jenem von Andreas Zimmermann referierten Ausmaß bereits Potenzial für die Suche nach neuem Land innegewohnt haben. Wahrscheinlich sind sol-che Dichtewerte aber nicht die Regel, sondern eher die Ausnahme. Gerade in Süd- und Westdeutschland, geografisch die Kernzone frühkeltischer Kultur, la-gen die Bevölkerungsdichten neueren Forschungen zufolge anscheinend unter den genannten Werten. In Anbetracht der im Folgenden aufgeführten Ziffern dürfte „Überbevölkerung“, wenn sie als solche in der antiken Literatur für die nordalpinen Völkerschaften herausgestellt wird, denn auch ein Topos gewesen sein18.

Jüngst wurden für die ältere und mittlere Eisen-zeit Süd- und Westdeutschlands mehrere Arbeiten publiziert, in welchen die Bevölkerungszahlen prä-zise anzugeben versucht wird. Ich möchte hier die Beiträge von Nils Müller-Scheeßel zum Bevölke-rungstand in der Hallstattzeit Süddeutschlands, jene von Hans Nortmann zum Bevölkerungsstand der HEK und nicht zuletzt jene der Arbeitsgruppe um Andreas Zimmermann zur linksrheinischen Zone, d. h. zum Kartenausschnitt des Geschichtlichen Atlas der Rheinlande zur Eisenzeit, anführen19.

Alle diese Arbeiten sind der Methode des Auf-wärtsskalierens verpflichtet: Sie gehen von voll-ständig auf lokaler Ebene dokumentierten Quellen-

16 Zimmermann 1996, 58. 17 Es kämen also Flächen in der Größe der Schweiz oder sogar

Süddeutschlands in Betracht. – In diesem Zusammenhang sei auf die Fläche des Siedlungsgebietes der Helvetier hinge-wiesen, welches nach Caesar (Gall. I, 2, 5) 240 x 180 Mei-len, also etwa 360 x 270 km = 97 200 km2 betragen haben soll.

18 „Die Zahlen der an den Wanderungen der Kelten beteiligten Personen erscheinen für die Frühzeit als sehr hoch und ent-hüllen, soweit die Zahlenangaben der Annalistik entnommen sind, die Absicht der Autoren, die frühe Schmach der Erobe-rung Roms durch die Darstellung einer gewaltigen Invasion aus den transalpinen Gegenden lindern zu wollen.“ (Wernicke 1991, 117).

19 Müller-Scheeßel 2007; Nortmann 2007; Wendt u.a. 2010.

Ralf Gleser90

gattungen aus, wobei in der Eisenzeit Grabfunden die wesentliche Bedeutung zukommt, und übertra-gen die gewonnenen Ergebnisse nach eingehenden quellenkritischen Analysen behutsam auf größere Schätzgebiete.

Die umfangreichste Untersuchung wird der Kölner Arbeitsgruppe um Andreas Zimmermann verdankt, dessen Mitarbeiter im Rahmen der Projekt gruppe „Rhein-LUCIFS“20 systematische Schätzungen zur Bevölkerungsdichte für bestimm-te Perioden der Ur- und Frühgeschichte im Rhein-land, einschließlich der späten vorindustriellen Neuzeit, durchgeführt haben21. Das komplexe me-thodische Verfahren zielt darauf ab, landschafts-archäologische Informationen auf unterschiedli-chen Maßstabsebenen miteinander zu verknüpfen. Dabei werden an einem Ort zuverlässig ermittel-bare Informationen zum Umfang der gleichzeitig lebenden Bevölkerung, etwa zu einem Gräberfeld oder einer Siedlung, in Schätzwerte zur Bevölke-rungszahl übertragen, welche dann in einem ersten Schritt auf so genannte Schlüsselgebiete aufzuska-lieren sind. Dabei handelt es sich um Gebiete, wo annähernd vollständige Kenntnis von Fundstellen und ihrer Datierung gewährleistet ist. Auf diese Skalenebene sind dann die lokal gewonnenen Er-kenntnisse zu Bevölkerungszahlen und -dichten umzurechnen. Größe und Dichte werden in einem weiteren Schritt auf das Niveau von Siedlungsge-bieten transponiert. Dabei wird versucht, auf groß-räumigen Verbreitungskarten durch ausgewählte Isolinien der Fundstellendichte intensiv genutzte Siedlungsgebiete von weniger intensiv genutzten Regionen abzugrenzen. Als Kartengrundlage dient dem „Rhein-LUCIFS-Projekt“ der Kartenaus-

20 Es ist dies eine DFG-unterstützte Projektgruppe („Rhein-LUCIFS“ = Land Use and Climate Impacts on Fluvial Sy-stems during the period of agriculture).

21 Zimmermann u. a. 2004; Wendt / Zimmermann 2008; Wendt u.a. 2010.

schnitt des Geschichtlichen Atlas der Rheinlande22. Dieser umfasst im Wesentlichen das Gebiet der ehemaligen preußischen Rheinprovinz vom Raum Xanten im Norden bis zum Saarland im Süden und reicht im Osten bis etwa in den Raum östlich von Bingen. Er schließt also das Verbreitungsgebiet der HEK mit ein.

Sowohl die von Müller-Scheeßel vorgelegten Zahlen (Tab. 1) als auch diejenigen der Kölner Ar-beitsgruppe (Tab. 2) bzw. die Kalkulationen Nort-manns führen unabhängig voneinander übereinstim-mend zur Feststellung, dass vom 6. bis ins 4. Jh. v.Chr. durchschnittlich höchstens zwei Individuen je Quadratkilometer in den jeweiligen Schätzgebie-ten gelebt haben können. Es vermag dabei kaum zu überraschen, dass in den fruchtbaren westrheinischen Lösszonen die Bevölkerungsdichte lokal wesentlich darüber gelegen hat. Markant ist dagegen der aus-gesprochen niedrige Wert der Bevölkerungsdichte in den weniger fruchtbaren Regionen, insbesondere den Mittelgebirgslandschaften.

Hans Nortmann hat in Anlehnung an Berechnun-gen Alfred Haffners wiederholt darauf aufmerksam gemacht, dass in den denkmalpflegerisch intensiv betreuten Gebieten von Hunsrück und Eifel während der älteren und mittleren Eisenzeit nur sehr kleine Personenverbände gelebt haben können23. Er argu-mentiert darüber hinaus, dass mit der für die HEK üblichen Bestattung im Grabhügel keine Selektion eines Bevölkerungsausschnittes verknüpft gewesen sein kann, die Gräberzahlen also die prähistorischen Verhältnisse real widerspiegeln24. Die Bevölkerungs-

22 Cüppers / Rüger 1985. 23 Nortmann 2002; ders. 2007, 15 f.24 Von ähnlichen Überlegungen geht auch J.-P. Demoule für die

zur HEK synchronen Aisne-Marne-Kultur aus. Die Bevölke-rungsdichte dort ähnelt jener in den Rheinischen Lössbörden und lag mit zwei bis vier Bewohnern je Quadratkilometer wohl doppelt so hoch wie im Bereich der HEK (Demoule 1999, 210–211).

Stufe Bevölkerung Schätzgebiet (km2) Siedlungsgebiet (km2)

Bevölkerungsdichte (je km2 Schätzgebiet)

Hallstatt C 82 000 0,77Hallstatt D 197 000 1,86Mittelwert 140 000 106 318 36 000 1,31

Tab. 1: Bevölkerungsschätzung für Süddeutschland in der älteren Eisenzeit (ca. 800/775 – 450 v. Chr.) nach Müller-Scheeßel 2007, 8 (mit Ergänzungen).

Bevölkerungsstand der Civitas Treverorum 91

dichte in der westrheinischen Mittelgebirgszone wird diesen Berechnungen zufolge durchschnittlich weniger als ein Individuum auf den Quadratkilome-ter betragen haben. Je Generation, d.h. in einem In-tervall von durchschnittlich 25 bis 30 Jahren Dauer, können innerhalb der HEK demnach bloß zwischen 1 450 bis 5 825 Personen in einem Schätzgebiet von annähernd 15 000 km2 gelebt haben. Dieses Ergebnis entspricht vollkommen jenem von Alfred Haffner, der bereits 1976 von bloß ca. 2 000 bis 3 000 Per-sonen je Generation im Bereich der westlichen HEK ausgegangen ist25.

Diese insgesamt äußerst niedrig anmutenden Zahlen scheinen insofern bedeutsam, als gerade im Bereich der HEK bemerkenswerte Zeugnisse sozi-aler Differenzierung und gemeinschaftlicher Arbeit größerer Gruppen belegt sind, nämlich zahlreiche so genannte Fürstengräber mit Südimporten und herausragenden Beispielen der Latène-Kunst so-wie Bergbefestigungen, welche die Denkmalpflege als Ring- oder Abschnittswälle auf den bewaldeten Höhenzügen dokumentiert hat. Üblicherweise wird gerade das Vorhandensein von Befestigungen als Argument dafür genommen, dass ein besonderes Potenzial an Arbeitskräften vorhanden gewesen sein muss.

Was bedeuten die niedrigen Kopfzahlen aber konkret? Geht man vom höchsten errechneten Wert in der Tabelle 2 aus, annähernd ca. 6 000 Köpfe, nimmt davon die Hälfte als die Anzahl von Männern

25 Haffner 1976, 162–163.

an (also 3 000) und setzt voraus, dass das Gebiet der HEK mit etwa 15 000 km2 Fläche insgesamt zu groß erscheint, als dass die Bewohner zentral gelenkt und organisiert worden sein könnten, so scheint es zu-nächst notwendig, eine „föderale“ Struktur der Be-völkerungsverbände vorauszusetzen und hilfreich, den antiken Begriff pagus zur Analyse der realen prähistorischen Verhältnisse anzuwenden. In der spätkeltischen Zeit wurden regionale Stammesgrup-pen als pagi bezeichnet, in denen die lokalen Sied-lungsgemeinschaften organisiert waren, wenn sie als politische und militärische Verbände agierten26. Als Zentren dieser pagi werden neuerdings plausibel die größeren befestigten Siedlungen mit politischer und religiöser Funktion betrachtet, deren „Einzugs-gebiete“ im Kartenbild mittels Thiessen-Polygonen schematisch visualisiert werden können27. Aus epi-grafischen Quellen provinzialrömischer Zeit ist be-kannt, dass bei den Treverern mindestens fünf pagi existierten28. Legt man, rein hypothetisch, fünf Re-gionalgruppen auch für die HEK zugrunde – eine Anzahl, welche allerdings wohl zu niedrig gegrif-fen ist –, dann ist mit höchstens etwa 600 Männern zu rechnen, die beispielsweise, aus dem regionalen Umfeld kommend, für den Bau und den Unterhalt einer Abschnittsbefestigung in Holz-Erde-Technik wie jene des „Hunnenrings“ bei Otzenhausen, Kreis

26 Roymans 1990, 19–21 mit Fig. 3,1.27 Vgl. Fernández-Götz 2012, 514–517 mit Abb. 4 u. 5.28 Lobüscher 2002, 35 mit Anm. 267; Fernández-Götz 2012,

515.

Region Bevölkerung Schätzgebiet (km2)

Siedlungs-gebiet (km2)

Bevölkerungsdichte je km2 Schätzgebiet

(je km2 Siedlungsgebiet)

Hunsrück-Eifel-Kultur (n. H. Nortmann) 1 450–3 938 14 442,7 5 679,4 0,10–0,27

(0,23–0,63)Hunsrück-Eifel-Kultur (n. K.P. Wendt) 4 035–5 825 14 442,7 5 679,4 0,28–0,40

(0,64–0,92)

Rheinische Lössbörden 21 226–42 452 5 771,9 2 651,1 3,67–7,35

Niederrhein 3 474–6 949 3 720,4 2 243 0,93–1,87

Gesamt (gerundet, ohne Zeile 1) 28 735–55 226 23 935 10 573 1,20–2,31

Tab. 2: Bevölkerungsschätzung für den Kartenausschnitt des Geschichtlichen Atlas der Rheinlande für die ältere und mittlere Eisenzeit. Zusammenstellung nach Wendt u.a. 2010.

Ralf Gleser92

St. Wendel29, potenziell verantwortlich gewesen sein dürften. Wenn auch der Arbeitsaufwand für die Er-richtung dieser Befestigung nicht verlässlich zu kal-kulieren ist, dürfte diese Anzahl doch nicht ganz un-realistisch sein, zumal die effektive Zusammenarbeit von „bloß“ 600 Männern im dünn besiedelten Saar-Nahe-Bergland vor logistische und organisatorische Probleme besonderer Art gestellt haben dürfte. Im Laufe eines einzigen Sommers könnten somit the-oretisch bis zu 540 000 Arbeitsstunden30 in den Bau oder die Reparatur einer solchen Anlage investiert worden sein.

Bevölkerungszahlen im Römischen Reich Ich möchte hier zwei Betrachtungsebenen unter-scheiden: Zunächst ist es von Belang, a) den Bevöl-kerungsstand der römischen Provinzen im Allgemei-nen zu betrachten; dann sollen b) die Verhältnisse in Südwestdeutschland im Fokus des Interesses stehen.

a) Demografische Fakten auf der italischen Halb-insel und in den Provinzen des Römischen Reiches werden von der althistorischen Forschung ermittelt, welche dabei auf literarische Überlieferung sowie auf epigrafische und archäologische Zeugnisse zu-rückgreifen kann. Im Allgemeinen ist die Daten-grundlage aber bruchstückhaft und Gegenstand di-vergierender Interpretationsversuche31, weshalb hier auf prägnante, offenbar ältere Fehleinschätzungen korrigierende Darstellungen jüngeren Datums zu-

29 Vgl. Hornung / Braun 2010, 26 Abb. 1, 36 Abb. 8. 30 600 Männer, 10 Stunden je Arbeitstag, 90 Tage Arbeit. –

Dass diese Berechnungen einer gewissen Plausibilität nicht entbehren, zeigt z.B. der Vergleich mit den Kalkulationen zur Arbeitsleistung für das oppidum von Kelheim durch J. Pauli (1993, 83 ff.).

31 Turchin / Scheidel 2009; de Light 2012.

rückgegriffen wird32. Generell ist bei der Berech-nung der Bevölkerungszahlen für das Römische Reich eine erhebliche Spanne auszumachen33.

Bereits seit dem Ende der Späten Bronzezeit zeichnete sich die spätere Dominanz des italischen (und des griechischen) Raumes durch eine höhere mittlere Bevölkerungsdichte als in anderen Teilen Europas ab34. Der Bevölkerungszuwachs im Römi-schen Reich dürfte vor allem in den letzten drei vor-christlichen Jahrhunderten den „historischen“ Wert von bis zu 0,1 %35 betragen und diesen teilweise auch erheblich überschritten haben36. Für das republikani-sche Italien im 1. Jh. v.Chr., von dem aus der Erobe-rungskrieg gegen Gallien geführt wurde, gehen mo-derne Schätzungen von knapp drei Millionen freier und ca. 1,5 Millionen unfreier Bevölkerung37 bezie-

32 Scheidel 2007; ders. 2008. – Die dort gemachten Angaben im Einzelnen zu bewerten ist hier nicht möglich.

33 Es gibt für das Römische Reich zur Kaiserzeit, auf die Ar-beiten von J. Beloch zurückgreifend, niedrige Schätzwerte in Höhe von 60 bis 70 Millionen Bewohnern und hohe, die auf über 100 Millionen Bewohner lauten (vgl. Salmon 1974, 23 ff.; Scheidel 2008, 23 ff.).

34 McEvedy / Jones 1978, 19–20 mit fig. 1,3; Scheidel 2007, 44.

35 In Europa ist die Bevölkerung, aufs langfristige Mittel im historischen Verlauf betrachtet – die Verhältnisse seit der In-dustrialisierung einmal ausgenommen – kontinuierlich aber moderat gewachsen. Die Anzahl der hier lebenden Menschen hat vom 2. Jh. n.Chr. an bis zum Jahr 1800 jährlich durch-schnittlich annähernd um 0,1 % zugenommen, und zwar von etwa 50 Millionen zur Zeit des Römischen Reiches bis auf etwa 180 Millionen um das Jahr 1800: Scheidel 2007, 43 mit Anm. 22 u. Tab. 3,1.

36 Scheidel 2007, 44. – Zu Wachstumsraten der Bevölkerung Europas in historischer Zeit vgl. Gans 2011, 16 ff. mit Abb. 2,3.

37 Kloft 1992, 11.

Region Bevölkerung (in Mio) Fläche (km2) Bevölkerungsdich-te (je km2)

Italien (+ Sizilien, Sardinien, Korsika) 8–9 (?12–13) 310 000 26–29 (?39–42)Iberien 7–9 597 000 12–15Gallien und Germanien 9–12 680 000 13–18Britannien 1,5–2 160 000 9–13Donau-Provinzen 5–6 660 000 8–9Griechenland 2,5–3 161 000 16–19Gesamt 33–41 (?37–45) 2 568 000 13–16 (?14–18)

Tab. 3: Bevölkerungsschätzung für die europäischen Provinzen des Römischen Reichs um 165 n. Chr. nach Scheidel 2007, 48 Table 3,1.

Bevölkerungsstand der Civitas Treverorum 93

hungsweise vier Millionen38 Einwohnern insgesamt aus. Bezogen auf etwa 310 000 km2 Fläche bedeutet dies etwa 13 bis 15 Einwohner je Quadratkilometer. Solche Bevölkerungsdichten werden im 2. Jh. n.Chr. durchschnittlich anscheinend auch in den gallischen und germanischen Provinzen erreicht und für die Provinzen auf europäischem Boden insgesamt als Mittelwert betrachtet. Die Kalkulationen zum Be-völkerungsstand in den europäischen Provinzen des Römischen Reiches zur Hohen Kaiserzeit (Tab. 3) führen auch in dessen Grenzregionen regelhaft zu Beträgen im Millionenbereich, während die Bevöl-kerungsdichten vorindustriellen Verhältnissen sich annähern. Im gesamten Imperium Romanum lebten in der Kaiserzeit vermutlich etwa 60 Millionen Ein-wohner39, was durchschnittlich etwa 20 Individuen je Quadratkilometer bedeutet.

b) Aufgrund rezenter sorgfältiger Forschungen durch die Kölner Arbeitsgruppe im Rahmen des „Rhein-LUCIFS-Projekts“ ist es neuerdings mög-lich, Bevölkerungszahlen und -dichten auch der römischen Provinzen an Rhein und oberer Donau recht exakt anzugeben40. Dem Kartenausschnitt im Geschichtlichen Atlas der Rheinlande, der von der Kölner Arbeitsgruppe ausgewertet wurde, entspricht in der Antike der nördliche Teil der Provinz Oberger-manien, die rheinnahen südöstlichen Bereiche der Provinz Niedergermanien mit Xanten und Köln als

38 Scheidel 2007, 47. 39 Scheidel 2007, 23. Vgl. ähnlich bereits Beloch 1886, 507;

Kloft 1992, 11 u. 198. 40 Wendt u.a. 2010.

wichtigen Zentren sowie der nordöstliche Bereich der Provinz Belgica, d.h. die civitas Treverorum mit ihrer Hauptstadt Trier als Zentralort.

Die dort berechneten Werte (Tab. 4) sind mit je-nen Bevölkerungszahlen in Beziehung zu setzen, die Andreas Zimmermann und seine Arbeitsgruppe für einen größeren Raum – das römische Deutschland, d.h. die Rheinzone unter Einschluss des Dekumat-landes und der Provinz Raetien – unter allen gebüh-renden Vorbehalten und zahlreichen Interpolationen zu beziffern versucht haben (Tab. 5). Die Daten in der Tabelle 4 lassen insgesamt erkennen, dass die geschätzte Bevölkerungsdichte recht gut mit jenen Werten harmoniert, welche die althistorische For-schung für Gallien und Germanien allgemein veran-schlagt (Tab. 3) und die auch für die Gallia Belgica im Besonderen angegeben werden41. Bei Betrach-tung des gesamten römischen Deutschland (Tab. 5) erreicht die Schätzspanne Werte, die jenen für die Donau-Provinzen gleichen (Tab. 3). Generell wird die Bevölkerungsdichte in der Rheinzone höher gele-gen haben als weiter östlich. Das hat wahrscheinlich

41 Für die Gallia Belgica wird eine Bevölkerungsdichte von 15 bis 20 Personen auf den Quadratkilometer angenommen, vgl. Rothenhöfer 2005, 26 mit Literatur. – M. Glaser rechne-te in den Kreisen St. Wendel und Neunkirchen in römischer Zeit mit 5 000 bis 15 000 Einwohnern und einer Bevölke-rungsdichte von 7 bis 21 Bewohnern je Quadratkilometer (Glaser 1994, 85). C.S. Sommer schätzte für das Gebiet Baden-Württembergs im 2. Jh. n.Chr. die Bevölkerungszahl zwischen 250 000 und 600 000, was einer Bevölkerungs-dichte von 7 bis 17 Bewohnern je Quadratkilometer ent-spricht (Sommer 1988, 302–303).

Bevölkerung Schätzgebiet (km2)

Bevölkerungs-dichte (je km2)

Anteil Stadtbe-wohner

3918 villae rusticae 71 610–143 220

Drei coloniae (Xanten, Köln, Trier) und 86 vici

149 727–239 453 (Mit-telwert: 194 590) ca. 59,3 %

Römisches Militär in zwei Legionslagern (Bonn, Xanten) und 18 Auxiliar-kastellen

26 100

Spanne 247 437–408 773 22 848 10,8–17,9 Mittelwert 328 105

Tab. 4: Bevölkerungsschätzung für den Kartenausschnitt des Geschichtlichen Atlas der Rheinlande um die Mitte des 2. Jhs. n. Chr. nach Wendt / Zimmermann 2008, 214.

Ralf Gleser94

seine Ursachen auch darin, dass im spätkeltischen Südwestdeutschland demografische Verschiebungen und Störungen aufgetreten sind, die mit dem auch historisch bezeugten Vordringen germanischer Be-völkerungen im 1. Jh. v.Chr. in Zusammenhang ste-hen42. In diesem Zusammenhang sei als Schlagwort nur auf die Bezeichnung „Helvetier-Einöde“ hinge-wiesen (Ptol. 22, 11, 6). Die Bevölkerungsdichte rö-mischer Zeit in Süddeutschland und das Ausmaß der in städtisch geprägtem Umfeld lebenden Bevölke-rungsteile43 erscheint gerade vor diesem Hintergrund als markant. Die von der Kölner Arbeitsgruppe er-mittelten Bevölkerungszahlen, welche einheitlich für den Kartenausschnitt des Geschichtlichen Atlas

42 Vgl. u.a. Rieckhoff 1995, 197 ff. 43 In Anbetracht des hohen Prozentanteils stellt sich allerdings

die Frage, ob in diese Berechnung jeder vicus pauschal als Ansiedlung städtischen Charakters einfließen kann. Nach Kloft 1992, 198 mit Anm. 36 lebten 80 % der Reichsbevöl-kerung auf dem Lande; in Gallien selbst ist sogar mit 90 % Landbevölkerung zu rechnen (Woolf 1998, 138).

der Rheinlande errechnet sind, ermöglichen es nun erstmals, diachron nicht nur die Bevölkerungsdich-ten als relativ ermittelte Werte, sondern die absolu-ten Bevölkerungszahlen der frühkeltischen und der provinzialrömischen Periode direkt miteinander zu vergleichen (Tab. 6).

Tabelle 6 gibt einen deutlichen Unterschied im Bevölkerungsstand zu erkennen. Zur Kalkulation des Bevölkerungswachstums anhand der Minimal- und Maximalwerte wird eine Zeitspanne von 550 Jah-ren zugrunde gelegt (400 v.Chr. bis 150 n.Chr.). Die möglichen Wachstumsfaktoren liegen deutlich über 0,3 %. Das jährliche Wachstum ist mit etwa 0,48 % zu veranschlagen, wenn man den eisenzeitlichen Minimal- und den römerzeitlichen Maximalwert zu-grunde legt, und mit etwa 0,27 % im umgekehrten Fall. Alles in allem wird ein deutlicher Zuwachs an Bevölkerung erkennbar, wobei insgesamt mit einer Verzehnfachung des Bevölkerungstandes zu rechnen ist. Um die Dynamik dieses Prozesses zu entschlüs-seln, ist es allerdings notwendig, eine Fehlstelle aus-

BevölkerungSchätz-gebiet (km2)

Bevölke-rungsdichte

(je km2)

Anteil Stadt-bewohner

7039 villae rusticae 157 840–315 680Sechs coloniae bzw. municipia (Xanten, Köln, Trier, Mainz, Rottweil, Augsburg) und ca. 280 vici

395 918–919 237(Mittelwert: 657 578) ca. 67,2 %

Römisches Militär in fünf Legionslagern (Bonn, Xanten, Mainz, Regensburg, Strasbourg) und 70 Auxiliarkastellen

84 000

Spanne 637 758–1 318 917 131 850 4,8–10

Mittelwert 978 338

Tab. 5: Bevölkerungsschätzung für das römische Deutschland und angrenzende Gebiete um die Mitte des 2. Jhs. n. Chr. nach Wendt / Zimmermann 2008, 217.

Ältere/mittlere Eisen-zeit

Römische Kaiserzeit (Mitte 2. Jh.) Wachstumsrate (%)

Minimale Bevölkerung 28 735 247 437 ca. 0,39Maximale Bevölkerung 55 226 408 773 ca. 0,36

Tab. 6: Diachroner Vergleich der geschätzten Bevölkerungsgrößen für den Kartenausschnitt des Geschichtlichen Atlas der Rheinlande.

Bevölkerungsstand der Civitas Treverorum 95

zugleichen und Berechnungen zur Bevölkerungszahl in der jüngeren Eisenzeit anzustellen, um so das tat-sächliche Ausmaß des Wachstums in der provinzial-römischen Zeit bestimmen zu können.

Bevölkerungszahlen in Gallien zur Zeit der Oppida-Zivilisation

Die „urbane“ Lebensform der späten Kelten, Stich-wort: Oppida, wird oft als Reaktion auf die indirekte römische Beeinflussung der Zone nordwärts der Al-pen gedeutet44. Das Gründen und Unterhalten größe-rer Siedlungen erfordert nicht nur das Abwägen von Vor- und Nachteilen bezüglich des dicht benachbart zueinander Wohnens und Arbeitens, sondern setzt auch demografisches Potenzial voraus. Im Folgen-den wird zu zeigen versucht, dass in spätkeltischer Zeit mehr Menschen im Arbeitsgebiet gelebt haben als in den Jahrhunderten davor.

Berechnungen von Bevölkerungszahlen für die Zeit der Oppida-Zivilisation sind allerdings schwie-rig durchzuführen. Seitens der prähistorischen Ar-chäologie werden sie praktisch nicht unternommen; auch die Kölner Arbeitsgruppe hat diesen Versuch daher unterlassen. Die abgestufte Siedlungshier-archie in dieser Zeit (aedificia – vici – oppida) er-schwert generalisierende Aussagen; Siedlungen wurden zudem selten vollständig ausgegraben, und Grabfunde sind landschaftlich sehr ungleichmäßig verteilt. Denn in fast allen Regionen sind anschei-nend Totenrituale geübt worden, die sich eines ar-chäologischen Nachweises entziehen, was zur Fol-ge hat, dass im gesamten Latène-Gebiet ein Defizit an Bestattungen, im Vergleich zum vorangehenden so genannten Flachgräber-Latène etwa, markant zu verzeichnen ist. Ich möchte im Folgenden zunächst Ergebnisse von Berechnungen zum Bevölkerungs-stand der historischen Kelten allgemein darlegen, um sodann die Verhältnisse bei den Treverern in den Fokus zu rücken. Was die historischen Kelten all-gemein betrifft, sind zunächst die Aussagen antiker Autoren von Belang.

In der Forschungsliteratur finden sich mehrere Rechenansätze zum Bevölkerungsstand in Gallien, die auf Angaben solcher Autoren fußen. Nach den Angaben des Plutarch und des Appian starben im Gallischen Krieg eine Million Kelten, eine weitere Million wurde versklavt. Plutarch zufolge repräsen-tierten diese Menschen zwei Drittel der waffenfähi-

44 Frey 1984, 25 f.

gen Bevölkerung (Plut. Caes. 15, 5), nach Appian die Hälfte45. Aufgrund dieser Angaben wird man die Gesamtzahl der Bevölkerung in Gallien realistisch auf vier bis acht, maximal zehn Millionen kalkulie-ren können46.

Der französische Forscher Jacques Moreau nahm dagegen, sehr hohe Ergebnisse älterer Schätzungen korrigierend, für den gesamten gallischen Raum zu Beginn der römischen Annexion eine Bevölkerungs-zahl von 24 Millionen an, wobei er eine Spanne von 15 bis 25 Millionen Menschen für wahrscheinlich hielt47. Dieser Autor berief sich dabei Strabo. Mo-reau legte dar, dass nach dessen Angaben die größ-ten gallischen Stämme 200 000 kampffähige Männer stellen konnten, die kleinsten 50 000 Männer. Zwi-schen Kriegern und Gesamtbevölkerung nahm Mo-reau ein Zahlenverhältnis von 1:4 an. Er rechnete für Gallien mit 20 großen und 40 kleineren Stämmen. Die daraus resultierende Summe von 24 Millionen Menschen ergäbe in Gallien, dessen Fläche Moreau auf 600 000 km2 schätzte, eine Bevölkerungsdichte von 20 Einwohnern auf den Quadratkilometer, was, wie er feststellte, mit der vom Althistoriker Julius Beloch für Italien im 4. Jh. v.Chr. errechneten Ziffer von 21 Bewohnern je Quadratkilometer fast überein-stimme.

Sieht man zunächst einmal davon ab, dass dieje-nigen Angaben, die Moreau dem Strabo zuschreibt, tendenziell zu hoch erscheinen, was unten aufge-zeigt sein soll, so sind diesem Autor allerdings man-che Fehler in seiner Darstellung unterlaufen. Tat-sächlich ergeben sich nämlich aus dem Quotienten von 24 Millionen Menschen auf 600 000 km2 Fläche im Ergebnis 40 (!) Einwohner je Quadratkilometer. Darüber hinaus kann man die Fläche der Tres Gal-liae, Beloch folgend, bloß auf etwa 523 000 km2 veranschlagen (vgl. Tab. 7). Als Konsequenz erhöht sich die durchschnittliche Bevölkerungsdichte, Mo-reau folgend, demnach auf knapp 46 Einwohner – ein Wert, der die Bevölkerung der modernen Welt auf den meisten Kontinenten kennzeichnet48 und als unrealistisch hoch erscheinen muss. Schließlich ist auch darauf hinzuweisen, dass es nicht Strabo, son-dern Diodor im 5. Buch seiner Bibliotheke war, der behauptete, dass die größten gallischen Stämme un-gefähr 200 000 Männer, die kleinsten noch 50 000

45 Ich folge hier Will 1992, 96.46 Will 1992, 97. 47 Moreau 1958, 76. 48 Gans 2011, 29 Tab. 3,1.

Ralf Gleser96

Männer umfassten (Diod. 5, 25, 1). Strabo dagegen wollte von 400 000 bewaffneten Arvernern und Hel-vetiern sowie 300 000 Belgern (Strab. 4, 2, 3; 4, 3, 3; 4, 4, 3) wissen49.

In dieser unübersichtlichen Situation sind noch immer die stringenten Untersuchungen von Julius Beloch zur Bevölkerung Galliens auf Grundlage der Zahlenangaben von Caesar wertvoll50, deren Ergebnisse anscheinend viel besser dazu geeignet sind – insbesondere, wenn sie mit jenen neuester Publikationen verglichen werden –, der Realität sich anzunähern (Tab. 7). In seinem Bericht über den Gallischen Krieg hat Caesar häufiger seine Gegner beziffert, wobei diese Zahlen an den Wert 400 000 heranreichen und 100 000 oft überschreiten. Dass es sich dabei gelegentlich um Übertreibungen handeln dürfte, hat schon Beloch herausgestellt51. Allerdings erscheint es im Kontext der archäologischen Quel-len und der daraus diachron indirekt ableitbaren Bevölkerungszahlen durchaus nicht ohne Weiteres zielführend, die Zahlenangaben des Prokonsuls ge-nerell nicht ernst nehmen zu wollen und den Versuch zu unterlassen, sie zu nutzen, um daraus die Bevöl-kerungszahl Galliens in dieser Zeit näherungsweise abzuleiten zu können52.

Schon Caesars Angaben etwa zu den Helvetiern sind bei näherem Hinsehen jedenfalls keineswegs so unrealistisch, wie man vermuten möchte. Die von Caesar für diese Stammesgemeinschaft ermit-telten Ziffern fallen im Verhältnis erkennbar gerin-ger aus als diejenigen bei Diodor und Strabo für die Gallier im Allgemeinen. Im Jahre 58 v.Chr. sollen insgesamt 263 000 Helvetier ihre Heimat verlassen haben. Das Siedlungsgebiet der Helvetier wird vom Prokonsul mit einer bemerkenswert großen Fläche von 240 x 180 Meilen, also ca. 360 x 270 km = 97 200 km2, angegeben (Gall. I, 2, 5; I, 29, 2). Als Be-völkerungsdichte ergibt sich aus diesen Variablen 3,73 Einwohner je Quadratkilometer – eine durch-aus moderat anmutende Ziffer, wenn man sie mit den oben referierten Berechnungen auf der Grund-lage von Diodor und Strabo vergleicht. Eigentlich

49 Vgl. zu allen diesen Angaben Will 1992, 96. – Eine gering-fügig abweichende Darstellung dieser und weiterer Angaben antiker Autoren, die sich vor allem auf die Anzahl keltischer Krieger im Gallischen Krieg beziehen, findet sich bei Fré-zouls 1990, 434; hier auch ältere französische Literatur.

50 Beloch 1899. 51 Vgl. Beloch 1899, 416 im Zusammenhang mit den Helveti-

ern, ders. 1899, 423 im Zusammenhang mit den Bellovakern. 52 Sehr kritisch zu Caesars Zahlenangaben z.B. Henige 1998.

kann es keinem Zweifel unterliegen, dass auf einer Fläche des von Caesar für die Helvetier genannten Ausmaßes damals die von diesem Autor angegebe-ne Zahl von Bewohnern tatsächlich gelebt hat – ein Fehler oder eine Übertreibung kann bezüglich der Bevölkerungsgröße nicht ohne Weiteres vorliegen. Wenn im Jahre 58 v.Chr. wirklich 263 000 Helve-tier gelebt haben, und Überbevölkerung unter ihnen herrschte (Gall. I, 2, 5), dann hat Caesar allerdings die flächenmäßige Ausdehnung dieser civitas viel zu hoch angegeben53. Beloch nahm die Fläche des Ge-bietes der Helvetier denn auch bloß mit 15 000 km2 an und rechnete, seinem arithmetischen Ansatz fol-gend, denn auch mit nur ca. 90 000 Individuen dort lebender Bevölkerung54.

Konkret nahm Julius Beloch für seine eigenen komplizierten Berechnungen nämlich die bei Caesar listenmäßig erfassten Stärken der Truppen als Basis, welche Vercingetorix unter den Galliern zum Entsatz von Alesia herbeigerufen haben soll (Gall. VII, 75)55. Er kam dabei zu dem Ergebnis, dass in Gallien zur Zeit des Gallischen Krieges, einschließlich der Nar-bonensis, höchstens 5,7 Millionen Menschen gelebt haben können. Die Bevölkerung des freien Gallien, der Tres Galliae, war laut seinen Berechnungen 4,5 Millionen Einwohner stark. Dieser Wert ließ Be-loch, unter Bezugnahme auf die Fläche der Tres Gal-liae von 523 000 km2, auf eine Bevölkerungsdichte von 8,6 Einwohnern je Quadratkilometer schließen. Diese Zahl bezieht sich sowohl auf dichter besie-delte Gebiete wie das Pariser Becken als auch auf siedlungsungünstigere Räume wie das Gebiet der Mediomatriker, welche die südlichen Nachbarn der Treverer sind. Beloch erkannte nämlich einen Trend, dass die Bevölkerungsdichte der Gallier in den Ge-bieten zur Provinz Gallia Narbonensis hin, welche mit 12 Bewohnern auf den Quadratkilometer beson-ders dicht besiedelt war, zunahm und dass zudem die Bevölkerung im Bereich der großen Flüsse beson-ders dicht verteilt war. Richtung Nordwesten und Nordosten zu wurde in Gallien die Bevölkerungs-dichte anscheinend geringer.

53 Führt man sich vor Augen, dass die Entfernung zwischen Genfer See und Bodensee etwa 200 km beträgt, dann ist diese Vermutung keineswegs abwegig. – Unglaubwürdig erscheint zudem der Auszug einer so großen Bevölkerung an sich, weil er vor unlösbare logistische Probleme gestellt haben muss.

54 Beloch 1899, 432.55 Beloch 1899, 418 ff.

Bevölkerungsstand der Civitas Treverorum 97

Es sei angemerkt, dass diese Zahlengaben, um eine Grundidee dieses Aufsatzes hier erneut aufzu-greifen, durchaus mit archäologisch auf ganz an-dere Weise ermittelten verglichen werden können und alle sich gegenseitig plausibel stützen. Caesar beispielsweise gibt an, dass Bibracte „die bei wei-tem größte und reichste Stadt der Haeduer“ war (Gall. I, 23, 1). Man hat errechnet, dass die ältere Befestigung von Bibracte / Mont Beuvray mit ih-rem 7 km langen Mauerring und 200 Hektar Fläche von ca. 4 000 Männern während eines Sommers in rund vier Monaten errichtet worden sein soll. Das bedeutet, dass zur Gründung des oppidums rund 10 000 Menschen auf dem unwegsamen, über 800 m aufragenden Bergplateau sich zusammengefunden haben müssten, wenn man die Familien hinzurech-net56. Vergleicht man nun damit die Berechnungen Belochs zum Bevölkerungsstand der Häduer: Die-ser Autor vermutet ca. 400 000 Menschen auf einer Fläche von fast 40 000 km2 (es handelt sich dabei um eine der bevölkerungsreichsten der gallischen civitates)57. Rasch leuchtet ein, dass die über den Arbeitsaufwand interpolierte Anzahl von Männern an diesem Ort, die ja zunächst durchaus kritisch in Bezug auf ihre Höhe betrachtet werden kann, kei-neswegs unrealistisch anmutet. Diese Anzahl lässt sogar Caesars Urteil über die Größe dieser Stadt im Gegenzug ohne weiteres als begründet erscheinen.

Nimmt man die Verhältnisse in Nordostgallien in den Blick, so berechnete Beloch für die Medio-matriker 60 000 Köpfe Bevölkerung, wobei er eine Fläche von 9 000 bis 10 000 km2 für diese civitas veranschlagte, was ihn auf eine Bevölkerungsdich-

56 Ich folge hier den Angaben bei Rieckhoff 2010, 292.57 Beloch 1899, 432.

te von etwa sechs Bewohnern auf den Quadratki-lometer dort schließen ließ58. Die Stammesgebiete der Lingonen und Remer können nach Beloch nicht wesentlich dichter besiedelt gewesen sein. In Be-zug auf die Treverer machte Beloch, weil diese am Rettungsversuch Alesias nicht beteiligt waren, kei-ne Angaben. Helmut Bernhard59 schätzt für die civi-tas Mediomatricorum in römischer Zeit eine Fläche von 15 500 km2. Nach Clément Féliu60 betrug die Flächenausdehnung dieser civitas in spätkeltischer Zeit 17 000 km2. Kalkuliert man mit diesem grö-ßeren Flächenwert für die spätkeltische Zeit und veranschlagt die von Beloch nach Caesar errech-nete Bevölkerungsstärke, so verringert sich die anzunehmende Bevölkerungsdichte bei den Medio-matrikern auf etwa drei bis vier Individuen je Qua-dratkilometer. Diese Ziffer, die in bemerkenswerter Weise vollkommen mit Caesars Angaben zum Be-völkerungsstand der Helvetier harmoniert, scheint die relativ dünne Besiedlung des nordöstlichen Gallien in dieser Zeit widerzuspiegeln. Rechnet man nun analog zu den Mediomatrikern auch für das im Kartenausschnitt des Geschichtlichen Atlas der Rheinlande liegende Stammesgebiet der Treve-rer mit z.B. vier Einwohnern je Quadratkilometer auf einer Fläche von rund 14 443 km2 (vgl. Tab. 2), so ergäbe sich für diesen Bereich eine stehen-de Bevölkerung von etwa 57 770 Individuen. Das Stammesgebiet der spätkeltischen Treverer war freilich größer als das Schätzgebiet für die HEK im Geschichtlichen Atlas der Rheinlande, denn es erstreckte sich im Westen bis zur Maas, so dass

58 Beloch 1899, 436. 59 Bernhard 1990, 114. 60 Féliu 2014a, 385. – Instruktive Flächenkarte bei Féliu 2014b,

232 Fig. 2.

Region Fläche (km2) Bevölkerung Bevölkerungsdichte (je km2)

Keltenland im engeren Sinne 313 000 2 850 000 9,1

Belgien und östliche Keltengaue 170 000 1 250 000 7,4

Aquitanien 40 000 400 000 10,0Tres Galliae 523 000 4 500 000 8,6Narbonensis 100 000 1 200 000 12,0Gesamt 623 000 5 700 000 9,1

Tab. 7: Bevölkerungsschätzung für Gallien um die Mitte des 1. Jhs. v.Chr. durch Julius Beloch 1899, 438.

Ralf Gleser98

prinzipiell eine höhere Bevölkerungszahl dort zu kalkulieren wäre61. Allerdings ist die Summe von mehr als 57 700 Bewohnern wahrscheinlich schon zu hoch gegriffen, denn Hunsrück und Eifel dürften auch in spätkeltischer Zeit, verglichen mit anderen Regionen Galliens, unterdurchschnittlich dicht be-siedelt gewesen sein, eine Aussage, die im Folgen-den zu begründen versucht sein soll.

Bevölkerungszahlen der Treverer in spätkeltischer Zeit

Um eine realitätsnähere Vorstellung des Bevölke-rungspotenzials der Treverer in der jüngeren Eisen-zeit zu erhalten, ist es in bislang zwei Fällen möglich, auf die lokale Ebene zu wechseln und die Gräbersta-tistik als Korrektiv zu Rate zu ziehen.

Nahe bei den Hunsrückdörfern Horath und We-derath (beide Kreis Bernkastel-Wittlich, Rhein-land-Pfalz) wurden in den letzten Jahrzehnten ty-pische Nekropolen der jüngeren Eisenzeit flächig ausgegraben, die räumlich an Grabhügelfelder der HEK anschließen. Während für die Nekropole Ho-rath „Kaisergarten“ eine kontinuierliche Belegung von der älteren HEK bis ins frühe 1. Jh. v.Chr. wahrscheinlich gemacht werden kann62, ist für We-derath „Hochgerichtsheide“ ein Belegungsschwer-

61 Zum ursprünglichen Territorium der Treverer vgl. auch die instruktive Karte bei Köstner 2011, 18 Abb. 2. – Wohl erst seit dem späten 1. Jh. n.Chr. war die civitas Treverorum klei-ner als in vorrömischer Zeit, denn die rheinnahen Gebiete waren Obergermanien zugeschlagen. Ihre Fläche betrug etwa 12 800 km2 (Bernhard 1990, 113).

62 Miron 1986.

punkt in der jüngeren Eisenzeit festzustellen. Die Benutzung dieses Bestattungsplatzes wurde allerdings bruchlos bis in die Zeit der römischen Annexion und dann auch während der gesamten provinzialrömischen Periode fortgeführt63, was in Anbetracht der etwa 2 500 archäologisch erfassten Gräber die Untersuchung langfristiger Entwick-lungen vor und nach der römischen Annexion er-möglicht. Dieses Erkenntnispotenzial wohnt prin-zipiell auch der Horather Siedlungskammer inne, weil dort für die römische Zeit eine villa rustica nachgewiesen ist64, allerdings sind die dazugehö-rigen Bestattungsplätze archäologisch nicht er-forscht worden.

Auf den für Landwirtschaft ungünstigen Höhen des Hunsrücks ist es darüber hinaus möglich, Flä-chenangaben für viele einzelne, als Hochflächen klar abgrenzbare Siedlungskammern zu machen. Hans Nortmann hat das auf breiter Basis unternommen65, wodurch lokale Dichtewerte der Bevölkerung zu be-rechnen sind: Die „Bruttofläche“ der Siedlungskam-mer Horath beträgt diesem Autor zufolge 18,82 km2, davon seien aber nur 6,74 km2 nutzbar (35,8 %)66. Für Wederath werden von Nortmann 25,42 km2 „Bruttofläche“ angegeben, wovon 13,9 km2 nutzbar sein sollen (54,7 %)67.

63 Vgl. allgemein Haffner 1989; Cordie 2007; dies. 2013. 64 Cüppers 1967. 65 Vgl. Wendt u.a. 2010, 255 Tab. 11. 66 Lukas u.a. 2012, 283 geben die Ausdehnung der Siedlungs-

kammer allerdings nur mit etwa 12 km2 an. 67 Bei Teegen u.a. 2014, 225 wird die Fläche der Siedlungs-

kammer Wederath dagegen bloß mit 11,2 km2 angegeben.

BelegungsphaseMax. Lauf-

zeit (Jahre)

Geschätzte Mindest-

gräberzahlLebenserwartung GlB

min. max. min. max.Latène C2 50 51 25 30 25,5 30,6Latène D1 70 220 25 30 78,5 94,3Latène D2 60 138 25 30 57,5 69Augusteisch-tiberisch 50 245 25 30 122,5 147Claudisch-frühneronisch 30 180 25 30 150 180

Tab. 8: Berechnung der Bevölkerungszahlen für ausgewählte Phasen der Nekropole von Wederath „Hochgerichtsheide“ (GlB = gleichzeitig lebende Bevölkerung).

Bevölkerungsstand der Civitas Treverorum 99

Die Zusammenstellung der Daten in den Tabellen 868 und 969 ist als Versuch zu verstehen, für einzelne Belegungsabschnitte bzw. -phasen der genannten Grä-berfelder eine Vorstellung vom Umfang der gleichzei-tig lebenden Bevölkerung und von der diachronen Entwicklung des Bevölkerungsstandes zu erlangen70.

Die Ausgrabungen in Wederath „Hochgerichts-heide“ haben das dort gelegene Gräberfeld auf ei-ner Fläche von 46 000 m2 räumlich fast vollständig erschlossen. Bloß ein Streifen am südlichen Rand desselben blieb unerforscht. Hier lagen wahrschein-lich Gräber der provinzialrömischen Periode. Die ei-senzeitlichen Gräber dürften tendenziell alle erfasst sein. Dennoch bewegen sich die anhand Tabelle 8 kalkulierbaren Schätzwerte der Bevölkerungszahlen am unteren Limit des überhaupt Möglichen, denn ab-gesehen von den nicht ausgegrabenen Befunden sind für alle Belegungsphasen Verluste durch Erosion und Pflugschäden zu veranschlagen. A. Haffner rechnet mit 25% bis 35 % Substanzverlust und beziffert die ursprünglich möglicherweise angelegten Gräber auf

68 Zur Datengrundlage vgl. Gleser 2005, 343 ff. u. 380 ff. mit weiterführender Literatur – Für die römischen Belegungs-phasen der Nekropole hat N. Geldmacher mit Hilfe der Kor-respondenzanalyse ein feinmaschigeres Chronologieschema erarbeitet (Geldmacher 2008), das wegen der Unmöglich-keit, beigabenarme Gräber dort plausibel einzufügen, hier nicht zur Anwendung gebracht werden kann.

69 Zur Datengrundlage vgl. Haffner 1976, 228 ff. Kat.-Nr. 29; Schneider 2012, 219 Tab. 128, 245 ff. Kat.-Nr. 91; Miron 1986, v.a. 124 f. mit Tab. 8; Gleser 2005, 380 ff.

70 Es gilt die bekannte und vielfach angewendete Formel „Be-völkerungszahl = Zahl der Gestorbenen x Lebenserwartung : Belegungsdauer“ (vgl. u.a. Acsádi / Nemeskéri 1970, 65 f.; Nemeskéri 1972; Rösing / Lehmkühler / Caselitz 2011, 377). Da in Wederath und Horath ein erhebliches Defizit an Klein-kindern und Säuglingen zu konstatieren ist (zu Wederath vgl. Kunter 2000, 345), fließt zur Berechnung der Lebendbevöl-kerung allerdings nicht die Lebenserwartung bei der Geburt ein, sondern es werden zwei Varianten eines höheren, korri-gierten Wertes verwendet, vgl. Wendt u.a. 2010, 254 ff. mit Tab. 12 u. 13 sowie weiterer Literatur.

3 100 bis 4 10071. Ferner gilt es zu berücksichtigen, dass beigabenlose Gräber nicht in diese Statistiken einfließen können. Rezent durchgeführte Ausgra-bungen, die im Zuge des Straßenbaus seit 2014 vor allem die Bereiche westlich des nahe gelegenen vicus Belginum betreffen, könnten zudem eine ganz neue Quellensituation in Wederath schaffen72.

Für Horath „Kaisergarten“ (Tab. 9), die Grabungs-fläche umfasste hier etwa 2 500 m2, gilt es zu beden-ken, dass Hinweise auf mehrere jüngereisenzeitliche Bestattungsplätze an diesem Grabhügelfeld existie-ren und dass es in der Siedlungskammer noch andere Grabhügelfelder der HEK (und wohl auch Gräber der jüngeren Eisenzeit) gibt73. Allerdings, das sei ge-gen mögliche Einwände zu den Rechenergebnissen ins Feld geführt, würde selbst eine Verdopplung der jüngereisenzeitlichen Gräberzahlen dort wie andern-orts keine substanziellen Veränderungen an der zu treffenden Aussage herbeiführen: Die Gräberzahlen würden auch dann noch deutlich auf Besiedlungs-dichten hinweisen, die unter jenen in anderen Regio-nen Galliens liegen.

Prinzipiell ist allerdings im Gegenzug auch festzustellen, dass die geschätzten Lebendbevölke-rungen für die jüngereisenzeitlichen Belegungsab-schnitte der beiden Gräberfelder, die eindeutig zwei verschieden große Siedlungseinheiten repräsentie-ren74, trotz aller quellenkritischer Überlegungen klar

71 Haffner 1989, 43. 72 Zum aktuellen Stand der siedlungs- und landschaftsarchäo-

logischen Untersuchungen in Wederath vgl. Teegen u.a. 2014.

73 Haffner 1976, 227 Abb. 60, 229 Abb. 61. – Die Anzahl der HEK-Grabhügel in der Siedlungskammer Horath wird stets mit insgesamt 101 angegeben (Wendt u.a. 2010, 255 Tab. 11; Teegen u.a. 2014, 218 Tab. 1; Lukas u.a. 2012, 284).

74 Die von Nortmann angegeben unterschiedlichen Ausmaße der in den beiden Siedlungskammern landwirtschaftlich nutz-baren Flächen könnten vielleicht die Größenunterschiede der Siedlungsgemeinschaften in Horath und Wederath erklären.

Belegungs-abschnitt

Max. Lauf-zeit (Jahre)

Geschätzte Mindestgrä-

berzahlLebenserwartung GlB

min. max. min. max.HEK IB-IIB 240 61 25 30 6,4 7,6Latène C-D1 170 166 25 30 24,4 29,3

Tab 9. Berechnung der Bevölkerungszahlen für die beiden Hauptbelegungsabschnitte der Nekropole Horath „Kaiser-garten“ (GlB = gleichzeitig lebende Bevölkerung).

Ralf Gleser100

jene übertreffen, die für älter- und mitteleisenzeitli-che in dieser Region zu berechnen sind.

In der Blüte der Oppida-Kultur (Latène D1, ca. 150–80 v. Chr.) erreichte der Bevölkerungsstand in der Siedlungskammer von Wederath anscheinend einen ersten Höhepunkt. Das Wachstum gegenüber der vorangehenden Stufe Latène C lässt zwei Inter-pretationen zu: Entweder sind Menschen zugezo-gen, oder das Areal „Hochgerichtsheide“ wurde von nun an von mehreren zuvor andernorts bestattenden Siedlungseinheiten als zentraler Friedhof benutzt75. In der „Krisenzeit“ danach (Latène D2) fällt der Be-völkerungsstand anscheinend ab. Was die lokalen Bevölkerungsdichten anbelangt, sind für die Sied-lungskammer Horath (mindestens 25 bis 30 jugend-liche und erwachsene Bewohner auf 18,82 km2 Brut-tofläche nach Nortmann) Mindestwerte von etwa 1,3 bzw. 1,5 Bewohner anzugeben. Für die Siedlungs-kammer Wederath (mindestens 79 bis 95 jugendliche und erwachsene Bewohner auf 25,42 km2 Bruttoflä-che nach Nortmann) etwa 3,0 bzw. 3,8 Bewohner für Latène D1 und 2,3 bzw. 2,7 Bewohner für Latène D2 (d.i. die Zeit des Gallischen Krieges). Prinzipiell ran-gieren diese Ziffern deutlich unter denjenigen, die Beloch für „Belgien und die östlichen Keltengaue“ berechnen zu können glaubte (Tab. 7)76. Auch wird die Annahme von durchschnittlich bloß vier Bewoh-nern je Quadratkilometer, wie bereits angedeutet, im Gebiet der Treverer tendenziell noch zu hoch gegrif-fen sein.

Insgesamt sind diese Ergebnisse nach meinem Dafürhalten trotz ihres punktuellen Charakters durchaus als plausibel zu bewerten. Das aus folgen-dem Grund: Kalkuliert man in Anlehnung an die lokalen Verhältnisse in Horath und Wederath mit durchschnittlich zwei bzw. vier Bewohnern auf einer Fläche von insgesamt etwa 14 443 km2 des Treverer-gebietes (vgl. Tab. 2), so kommt man gerundet auf 28 890 bzw. 57 770 Bewohner. Werden diese Werte mit dem Faktor 8 (für etwa acht Generationen in-nerhalb der 250 Jahre dauernden jüngeren Eisenzeit [Stufen Latène C und D]) multipliziert, so beträgt

75 In Wederath sind zwei eisenzeitliche Siedlungsareale archäo-logisch direkt nachgewiesen: Teegen u.a. 2014, 217.

76 Prinzipiell könnten sie sich den Werten Belochs allerdings annähern, falls in der Siedlungskammer Wederath weitere Bestattungsplätze entdeckt würden oder auch dann, wenn die Flächenangaben der Siedlungskammern bei Lukas u.a. 2012, 283 für Horath bzw. Teegen u.a. 2014, 225 für Wederath be-rücksichtigt würden.

das Produkt 231 120 bzw. 462 160. Diese, in ihrer Exaktheit vollkommen fiktiven Ziffern sind mögli-cherweise dazu geeignet, von der Anzahl aller ju-gendlichen und erwachsenen Personen eine Vorstel-lung zu vermitteln, welche im genannten Zeitraum im Schätzgebiet (Kartenausschnitt des Geschichtli-chen Atlas der Rheinlande) je gelebt haben und in der späten Eisenzeit als Treverer wahrgenommen wurden. Setzt man diese Ziffern zu den mindestens 2 400 Gräbern in Beziehung, die bislang im treve-rischen Siedlungsgebiet archäologisch dokumentiert werden konnten, so liegt die Vermutung nahe, dass bis auf den heutigen Tag etwa 0,5 % bis 1 % aller Überreste personenbezogener funeraler Maßnahmen im Gebiet der Treverer entdeckt worden sind77.

Diese Aussage soll natürlich keineswegs im-plizieren, dass alle Bevölkerungen spätkeltischer Zeit Totenrituale mit Erdbestattung übten, die ar-chäologisch nachweisbar sind oder sein werden. Da zukünftig durch archäologische Entdeckungen „bloß“ die Verzehnfachung der heute bekannten Gräberzahlen schon unrealistisch erscheint, sind tatsächlich für die meisten Verstorbenen Totenritu-ale abgehalten worden, welche mit archäologischen Methoden nicht nachweisbar sind. Diese Einschät-zung kann aber nicht zur Widerlegung der hier angewendeten Methode der Berechnung lokaler Bevölkerungsdichten als Grundlage für die Kalku-lation durchschnittlicher regionaler Bevölkerungs-dichten dienen. Würde man in Horath oder Wede-rath beispielsweise hypothetisch voraussetzen, dass die archäologisch dokumentierte Gräberzahl etwa 10 % der tatsächlich ursprünglich vorhandenen ausmache, dann wäre in der Konsequenz die Bevöl-kerungsdichte dort, nach entsprechender Korrektur um eine Zehnerpotenz, auf vollkommen unrealisti-sche Werte von 13 bis 30 Bewohnern je Quadratki-lometer empor zu rechnen. Im Umfeld der Oppida muss es zu Verdichtungen des Bevölkerungsstandes in diesem Ausmaß zwar gekommen sein, doch kön-nen diese Werte keinesfalls die Bevölkerungsdichte großflächiger Gebiete repräsentieren78.

77 Vgl. dazu auch Gleser 2005, 295–296 mit Anm. 58. 78 Diesen Zusammenhang führt man sich am besten an folgen-

dem fiktivem Rechenbeispiel vor Augen. Denkt man sich ein Territorium von 15 000 km2 Fläche und nimmt dort z.B. sechs oppida mit jeweils 5 000 Bewohnern, 50 vici mit je-weils 200 Bewohnern und 400 aedificia mit jeweils 20 Be-wohnern an, so ergeben sich in der Summe 48 000 Bewoh-ner, was einer Bevölkerungsdichte von 3,2 Bewohnern auf den Quadratkilometer gleichkommt. Leicht lässt sich anhand

Bevölkerungsstand der Civitas Treverorum 101

Bevölkerungsanstieg in Wederath und in der civitas Treverorum in frührömischer Zeit

Die dem Gräberfeld „Hochgerichtsheide“ angehö-rende Lebendbevölkerung steigt in frührömischer Zeit anscheinend erneut sprunghaft an79 und erreicht in der Mitte des 1. Jhs. ihr zweites Maximum. Wäh-rend des 1. Jhs. n.Chr. könnten wenigstens 200 Men-schen vor Ort gelebt und bestattet haben. Überträgt man die Werte in der Tabelle 8 auf die Fläche der Siedlungskammer, so beträgt die Bevölkerungsdich-te ab der Zeitenwende dort mindestens etwa 4,5 bzw. 5,8 Bewohner je Quadratkilometer. Diese Werte lie-gen also durchaus im unteren Bereich jener Spanne, die für den römisch besetzten Teil Deutschlands an-gegeben wird (vgl. Tab. 5). Bei der Kalkulation des Bevölkerungswachstums anhand der Minimal- und Maximalwerte wird eine Zeitspanne von 50 Jahren zugrunde gelegt (30 v.Chr.–20 n.Chr.). Die mögli-chen jährlichen Wachstumsraten muten modern an80 und liegen über 1,5 %. Der Zuwachs ist sogar mit 1,9 % zu veranschlagen, wenn man den späteisen-zeitlichen Minimal- und den frührömischen Maxi-malwert zugrunde legt, und mit etwa 1,15 % im um-gekehrten Fall. Nach Latène D2 (ca. 80–20 v.Chr.) könnte innerhalb von zwei Generationen mehr als eine Verdopplung des Bevölkerungsstandes einge-treten sein. Derzeit ist über die innere Struktur des etwa 25 bis 30 Hektar umfassenden vicus Belginum noch zu wenig bekannt. Die Anzahl der Häuser wird bei zukünftigen Forschungen zur Kalkulation der Bevölkerungsgröße Berücksichtigung finden müs-sen und als Korrektiv für die hier angestellten Be-rechnungen herangezogen werden können.

Über die Ursachen für das anscheinend vorhan-dene deutliche Bevölkerungswachstum in Wederath kann nur spekuliert werden; schriftliche Quellen gibt es dazu nicht. Weil diesbezügliche Angaben auch auf Reichsebene fehlen81, sind wir auf Vermutungen an-gewiesen. Beispielsweise könnten Menschen zuge-zogen sein – was eine gewisse Wahrscheinlichkeit besitzt, denn Wederath bzw. der vicus Belginum lag verkehrsgünstig an einer wichtigen Straße zwischen Trier und Mainz. Eine Aufgabe zukünftiger For-

dieses Beispiels erkennen, dass die Bevölkerungsdichte ei-nes größeren Gebietes entscheidend von der Anzahl und der Bevölkerungsmenge der darin befindlichen Zentralsiedlun-gen abhängt.

79 Dieser Feststellung schließt sich auch Cordie 2013, 102 an. 80 Vgl. Gans 2011, 17 Tab. 2,1. 81 Vgl. Vittinghoff 1990, 21.

schungen wird es sein, im Gräberfeld „Hochgerichts-heide“ nach Spuren „fremder“ Bevölkerungsteile in frührömischer Zeit Ausschau zu halten. Bislang hat die Suche nach solchen Fremdbevölkerungen noch keine eindeutigen Ergebnisse erbracht. Wegen des durchgehend geübten Brandbestattungsritus sind von naturwissenschaftlichen Analysen (z. B. stabile Iso-tope) keine Ergebnisse zu erwarten. In einer jüngst an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster abgeschlossenen Magisterarbeit zum Thema Struk-tur der Bestattungspopulation in Wederath wird zwar einerseits hervorgehoben, dass die Bevölkerungsent-wicklung des Gräberfeldes am Übergang von der spätkeltischen zur provinzialrömischen Zeit nicht abschließend zu klären sei82. Vom Autor wird aber zugleich auch darauf aufmerksam gemacht, dass die Grabinventare in jenem Bereich nördlich des We-ges, der erst ab augusteischer Zeit für Bestattungen wieder genutzt wird83, nicht auf dieselbe Art in die Verteilung von Beigabenkombinationen integriert seien wie die der übrigen Bestattungen der Nekro-pole84. Die Inventare wiesen einen Mangel mehrerer Fundgruppen auf: Waffen, Werkzeuge, Scheren und Messer seien unterrepräsentiert. Der Befund könnte die Neubelegung des Areals durch eine Grabgruppe andeuten, deren Urheber keine tiefere Verbindung zu den lokalen Gebräuchen gehabt hätten.

Diese Beobachtung ist freilich weiter nichts als ein schwaches Indiz. Bliebe die Suche nach neuen Bevölkerungsteilen weiterhin erfolglos, so hieße die Alternative, dass die ansässigen Menschen durch eine gesteigerte Geburtenhäufigkeit den erhöhten Bevöl-kerungsstand selbst herbeigeführt haben. Sowohl in der vorrömischen als auch in der provinzialrömischen Zeit wird die Nahrungsmittelerzeugung der Bewoh-ner der Siedlungskammer von der verfügbaren land-wirtschaftlichen Nutzfläche und deren Bewirtschaf-tungsmethoden, d.h. von der agraren Tragfähigkeit bestimmt worden sein. Da die Nutzfläche der Wede-rather Siedlungskammer prinzipiell nicht erweiterbar war, könnten verbesserte landwirtschaftliche Produk-tionstechniken zu einer Erhöhung der Tragfähigkeit geführt haben. Manfred Kunter nimmt zudem an, dass die Lebenserwartung ab frührömischer Zeit deutlich angestiegen ist, was als Hinweis auf die Verbesserung der allgemeinen Lebensverhältnisse zu deuten sei85.

82 Lodemann 2014, 81. 83 Vgl. dazu Gleser 2005, 367 Abb. 68, 368 Abb. 69. 84 Lodemann 2014, 79. 85 Kunter 2000, 346.

Ralf Gleser102

Bei deutlich verbesserten Lebensbedingungen scheint ein erheblicher Geburtenanstieg prinzipiell möglich zu sein. Die Pax Augusta dürfte mit ihren Auswirkungen in diese Richtung weisen, „weil sie innerpolitische Ruhe und Verkehrssicherheit auf Straßen und Meeren schuf, entlegenere Gebiete durch ein Straßennetz stärker erschloß, den Handel ausweitete und neue Erwerbs- und damit Lebens-chancen in der nichtagrarischen Produktion durch Urbanisierung und Heeresrekrutierung eröffnete.“86 Ein natürlicher Bevölkerungsanstieg in Wederath hätte allerdings deutlich mehr als 5 bis 6 Geburten pro Familie als Voraussetzung erfordert87.

Eine Verallgemeinerung des für Wederath he-rausgestellten lokalen Befundes verbietet sich an-scheinend zunächst, und zwar schon deshalb, weil in manch anderen, kontinuierlich benutzten Gräberfel-dern der Region die Gräberzahlen und damit indirekt auch die Lebendbevölkerungen nach der römischen Besetzung nicht angestiegen sind88.

Zwei Beobachtungen möchte ich aber anführen, die dagegen sprechen, Wederath als Einzelfall ein-zustufen, dem letztlich keine Relevanz zukommt. Zum einen scheint es für die Makro-Ebene bedeut-sam zu sein, dass die von Julius Beloch berechne-ten Bevölkerungszahlen für das noch nicht besetzte Gallien (Tab. 7) und jene von Walter Scheidel für Gallien und Germanien in der Hohen Kaiserzeit vorgelegten Zahlen (Tab. 3) etwa im Verhältnis 1 : 2 stehen, was recht exakt die lokalen Verhält-nisse in Wederath widerspiegelt. Die Frage ist bloß, ob die von Scheidel zusammengestellten Zahlen ausschließlich für die Hohe Kaiserzeit Gültigkeit beanspruchen können oder ob diese nicht schon wesentlich davor erreicht waren. Zum anderen hat Dirk Krausse vor einigen Jahren eine Statistik vor-gelegt, wonach in den nördlich der Mosel gelege-nen Gebieten des Regierungsbezirks Trier (Fläche

86 Zitat nach Vittinghoff 1990, 21. 87 Nach Rösing 1977, 68 f. mit Tab. 7 wären unter der Vor-

aussetzung eines Nullwachstums der Bevölkerung nämlich schon durchschnittlich 5 bis 6 Geburten pro Familie nötig.

88 Als Beispiele dafür seien Hoppstädten-Weiersbach „Heiden-biegel“ (Gleser 2005, 234 Tab. 47) und Lamadelaine genannt (Gleser 2005, 372 ff.). – Das Gräberfeld Lebach „Die Motte“ gibt dagegen einen kontinuierlichen Anstieg von Grabstät-ten im 1. Jh. n.Chr. zu erkennen (vgl. Gerlach 1986; Köster 2011, 117 ff.). In Wustweiler wird außer dem Bestattungs-platz „Schafskopfeck“ in frührömischer Zeit zusätzlich der Bestattungsplatz „Langfuhr“ genutzt (Gleser / Schönwald 1999, 2 Abb. 1).

ca. 3 650 km2) ein rapider Anstieg der Fundstellen-zahlen um 500 % von Latène D1 bis in die augus-teische Zeit festzustellen ist, was dieser Autor, wie ich eingangs erwähne, auf Bevölkerungswachstum zurückführt89.

Wie in der Forschungsliteratur vielerorts darge-legt, zeichnen sich im frühen 1. Jh. n.Chr. im Gebiet der civitas Treverorum deutliche Akzentverschie-bungen im Siedlungswesen ab. Einerseits haben in provinzialrömischer Zeit dort die Berg-oppida ihre zentralörtliche Funktion weitgehend eingebüßt, und als neues Strukturelement der Besiedlung sind zahlreiche kleine Gruppensiedlungen bzw. Land-städte (vici) festzustellen, die entweder nach der Annexion neu gegründet wurden oder im Laufe des 1. Jhs. n.Chr. an bereits bestehenden Siedlungsplät-zen herangewachsen sind. Andererseits sind dort wie andernorts auch ab dem späten 1. Jh. n.Chr. ortsfeste, aus Stein erbaute Gehöfte bzw. Land-güter (villae rusticae) belegt90, wo gezielt Über-schussproduktion landwirtschaftlicher Erzeugnisse betrieben wurde, deren Erträge einerseits in die Städte, andererseits zum Militär an der Rheingren-ze flossen. Die Villen sind das wesentliche Struk-turelement der römisch geprägten Agrarlandschaft. An Saar und Mosel hat es dabei den Anschein, als seien in der provinzialrömischen Zeit Siedlungen den Wasserläufen folgend gezielt in höher gelege-nen Landschaftsbereichen und in ungünstigen Situ-ationen angelegt worden91, wobei gelegentlich von Binnenkolonisation, planmäßiger Erschließung und Bevölkerungsdruck die Rede ist92, ohne dass die-se Prozesse bislang quantifiziert, geschweige denn erklärt werden konnten. Auch wenn Gebäude aus Stein eine ungleich höhere Chance der Überliefe-rung und des archäologischen Nachweises besitzen als einfacher gebaute Holzhäuser der spätkeltischen Zeit, so deutet sich dennoch eine Siedlungsverdich-tung an. Denn als Nachweise für Besiedlung sind in der spätkeltischen Periode indirekt zwar nur Gräber heranzuziehen; diesen kommt aufgrund des geüb-ten Verbrennungsritus allerdings genau dieselbe Wahrscheinlichkeit der Überlieferung und Auffin-dung zu wie den vergleichbar angelegten der pro-vinzialrömischen Periode.

89 Krausse 2006, 312–314 mit Abb. 213. 90 Zu den vici und villae vgl. die großräumliche Kartierung bei

Bernhard 1990, 10 Abb. 57.91 Eindrückliches Beispiel: Miron 1992, 62 Abb. 16.92 Schumacher 1988, 118; Freis 1991, 21.

Bevölkerungsstand der Civitas Treverorum 103

AusblickDie verfügbaren Daten weisen somit in die stets gleiche Richtung: Mit der Romanisierung bzw. Ro-manisation der nördlichen Reichsteile geht offenbar eine erhebliche Dynamik der Siedlungsentwick-lung und rasches Bevölkerungswachstum einher. Bei weiteren Forschungen scheint es notwendig zu sein, nach dessen Ursachen bzw. überhaupt nach den Möglichkeiten eines solchen Phänomens in vormoderner Zeit zu fragen. Darüber hinaus wäre nach Strategien Ausschau zu halten, wie weitere Schätzdaten für die Bevölkerungsgröße in kelti-scher und provinzialrömischer Zeit zu erhalten sind, die unabhängig von der Gräberarchäologie oder den

schriftlichen Quellen Auskunft erteilen. Ich denke in diesem Zusammenhang beispielsweise an die An-zahl der Sitzplätze bzw. die Größe insbesondere sol-cher Theaterbauten93, für welche der Nachweis als Kult- und Versammlungsorte gallorömischer pagi erbracht werden kann. Ferner möchte ich hier auf die Ausmaße von freien Plätzen in den Zentralsied-lungen bzw. oppida hinweisen, die bei politischen Veranstaltungen und religiösen Festen als Ver-sammlungsplätze gedient haben könnten. Jedenfalls würden in dem etwa 10 Hektar großen öffentlichen Kultbezirk im Titelberg-oppidum94 temporär gewiss alle geschätzt insgesamt etwa 57 770 Treverer die-ser Zeit Platz gefunden haben.

93 Lobüscher 2002, 33 ff. 94 Metzler 2006.

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