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Fersenschmerz
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F
Fersenschmerz Darstellung und Behandlung In dieser Arbeit wird der plantare Fersenschmerz, d.h. der sogenannte
Fersensporn und die plantare Fasciitis beschrieben, sowie ein aktueller
Überblick über die Effizienz der Therapiemöglichkeiten gegeben.
2009
Diplomarbeit von Andrea Gander Physiotherapieschule Stadtspital Triemli, Kurs 35
17.04.2009
Fersenschmerz
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Titelbild: Oben: Knochen-Szintigraphie Unten: MRI
Die Bilder zeigen eine Infektion an der Ansatzstelle der Plantaraponeurose nach
wiederholten Cortisoninjektionen (Rompe et al. 2007)
Ich möchte mich an dieser Stelle ganz herzlich bei meinen Eltern, meinem Bruder und meiner
Diplomarbeitsbetreuerin Ruth Hänggi bedanken. Sie haben mich bei dieser Arbeit sehr
unterstützt.
Diese Arbeit wurde im Rahmen der Ausbildung an der Physiotherapie-Schule am Stadtspital
Triemli verfasst.
Betreuungsperson: Ruth Hänggi Co-Schulleiterin
Fersenschmerz
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Abstract
Bei der vorliegenden Studienarbeit geht es um das Thema Fersenschmerz. Dabei wird
insbesondere auf den plantaren Fersenschmerz eingegangen. Die Arbeit richtet sich an
Physiotherapeuten1, die gerne mehr über den plantaren Fersenschmerz und dessen
Therapiemöglichkeiten erfahren möchten.
Der Calcaneus, die Plantaraponeurose, der Aufbau der Fusswölbungen und deren Anpassung
beim Gehen werden beschrieben.
Die Plantarfasciitis wird ausführlich behandelt.
Des weiteren werden die anderen Arten des Fersenschmerzes kurz abgehandelt: Haglund-
Exostose, Achillodynie, Bursitis subachillea, Retrocalcaneare Calcinose, Calcaneusfrakturen,
Tumor, Juvenile Apophysitis calcanei, Atrophie des Fersenfettpolsters, Tarsaltunnelsyndrom,
Triggerpunkte, lumbospondylogenes und -radikuläres Schmerzsyndrom, chronisch venöse
Insuffizienz und kleinkindlicher Fersenschmerz.
Die verschiedenen Therapiemöglichkeiten werden aufgezeigt:
Dehnungen der Plantaraponeurose und des M. Triceps surae: Hier belegen die Studien, dass
die Dehnung der Plantaraponeurose sinnvoll ist. Die Dehnung des M. Triceps surae zeigt
keinen signifikanten Effekt.
Die Kräftigung des M. triceps surae, M. Quadriceps femoris, der Hüftabduktoren und der
Glutealmuskulatur, sowie die Kräftigung des M. tibialis posterior, welcher ein wichtiger Anti-
Pronator des Fusses ist, kann bei Schwächen der Muskulatur und bei schlechtem Alignement
der Beinachsen indiziert sein.
Die manuelle Mobilisation des Os Naviculare und des MTP I, für eine bessere Stossdämpfung
während des Ganges kann je nach Befund sinnvoll sein.
Iontophorese, Ultraschall und Kälteanwendungen werden kurz abgehandelt.
Die Stosswellentherapie, die medikamentösen und operativen Therapien, sowie die
orthopädischen Hilfsmittel werden erwähnt.
1 In dieser Arbeit wird durchgehend die männliche Form verwendet. Dies soll auch stellvertretend für das
weibliche Geschlecht gelten.
Fersenschmerz
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Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung ............................................................................................................................ 6
1.1. Problembeschreibung .................................................................................................... 6
1.2. Motivation ..................................................................................................................... 6
1.3. Fragestellungen ............................................................................................................. 7
1.4. Zielsetzung und Eingrenzung ........................................................................................ 7
1.5. Zielpublikum ................................................................................................................. 7
1.6. Methodik ....................................................................................................................... 7
1.7. Aufbau der Arbeit .......................................................................................................... 7
2. Anatomische und Funktionelle Gegebenheiten der Ferse .............................................. 8
2.1. Calcaneus ...................................................................................................................... 8
2.2. Plantaraponeurose ......................................................................................................... 8
2.2.1. Verlauf ............................................................................................................... 9
2.2.2. Funktion ............................................................................................................. 9
2.2.3. Windlass-Mechanismus (Ankerwindenmechanismus) ..................................... 9
2.2.4. Histologie ......................................................................................................... 10
2.2.5. Durchblutung ................................................................................................... 10
2.3. Wölbungen des Fusses ................................................................................................ 11
2.3.1. Funktion ............................................................................................................ 11
2.3.2. Grundgerüst ...................................................................................................... 11
2.3.3. Muskelaktivität ................................................................................................. 12
2.3.4. Anpassungen der Fusswölbungen an die dynamische Belastung ..................... 12
2.4. Neurale Versorgung .................................................................................................... 13
3. Einteilung der Fersenschmerzen ..................................................................................... 14
3.1. Plantarer Fersenschmerz / Plantarfasciitis ................................................................... 14
3.1.1. Definition Plantarfasciitis .................................................................................. 14
3.1.2. Anamnese ........................................................................................................... 14
3.1.3. Verlauf ................................................................................................................ 14
3.1.4. Ätiologie und Risikofaktoren ............................................................................. 15
3.1.5. Diagnosestellung ................................................................................................ 16
3.2. Oberer Fersenschmerz ................................................................................................. 16
3.2.1. Haglund-Exostose ............................................................................................... 16
3.2.2. Achillodynie ....................................................................................................... 17
3.2.3. Bursitis subachillea ............................................................................................. 17
3.2.4. Retrocalcaneare Calcinose .................................................................................. 17
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3.3. Weitere Formen des Fersenschmerzes ........................................................................ 18
3.3.1. Calcaneusfrakturen ............................................................................................. 18
3.3.2. Tumor ................................................................................................................. 18
3.3.3. Juvenile Apophysitis calcanei ............................................................................ 18
3.3.4. Atrophie des Fersenfettpolsters .......................................................................... 19
3.3.5. Tarsaltunnelsyndrom .......................................................................................... 19
3.3.6. Triggerpunkte ..................................................................................................... 19
3.3.7. Lumbospondylogenes (LSS) bzw. lumboradikuläres Schmerzsyndrom (LRS) ... 19
3.3.8. Chronisch-venöse Insuffizienz der unteren Extremität ...................................... 19
3.3.9. Kleinkindlicher Fersenschmerz .......................................................................... 19
4. Therapie der Plantarfasciitis ............................................................................................. 20
4.1. Physiotherapie ............................................................................................................. 20
4.1.1. Dehnungen .......................................................................................................... 20
4.1.2. Tape (LowDye Tape) ......................................................................................... 21
4.1.3. Kräftigung ........................................................................................................... 22
4.1.4. Manuelle Mobilisation ........................................................................................ 22
4.1.5. Neurale Mobilisation .......................................................................................... 22
4.1.6. Kälteanwendungen und Ultraschall .................................................................... 23
4.1.7. Iontophorese ....................................................................................................... 23
4.2. Stosswellentherapie ..................................................................................................... 23
4.3. Orthopädische Hilfsmittel ............................................................................................ 24
4.4. Medikamentöse Therapie ............................................................................................ 24
4.5. Operative Therapie ...................................................................................................... 24
5. Schlussfolgerungen ............................................................................................................. 25
Literaturverzeichnis ............................................................................................................... 26
Fersenschmerz
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1. Einleitung
1.1. Problembeschreibung
Fersenschmerzen sind häufig.
Von allen Fussbeschwerden sind Fersenschmerzen mit 11-15% am häufigsten.
10% von allen Fussverletzungen bei Joggern stellt die plantare Fasciitis dar.
Fersenschmerzen sind zudem unter Militärpersonal weitverbreitet (Buchbinder
2004).
Welche Rolle spielt der Fersensporn?
Einen Fersensporn weisen 5-13% der Bevölkerung auf, wobei nur 50% von ihnen
Fersenschmerzen haben (Hoberg 2007).
Wie behandelt man Fersenschmerzen?
Die Wichtigkeit einer genauen Befunderhebung, um eine adäquate Therapiewahl zu
treffen, geht oft unter.
Gute, Evidenz-basierende Studien zur Therapie von Fersenschmerzen existieren nur
wenige.
Gerade in der Physiotherapie konnte ich oft ratlose, ja fast schon genervte Gesichter
beobachten bei der Behandlung von Patienten mit Fersenschmerzen: Die Symptome
waren inkonstant, die Therapie bei allen Fersenschmerzen-Patienten gleich oder dann
fast schon experimental. Die Patienten waren wiederholt unzufrieden.
1.2. Motivation
“Fersensporn” immer wieder hört man diesen Begriff.
Als ich das erste Mal mit einem Patienten mit der Diagnose eines Fersensporns
konfrontiert wurde, wusste ich nichts darüber. Ich las mich via dem medizinischen
Wörterbuch Pschyrembel und Internet, in das Thema des knöchernen Zusatzes am
Calcaneus ein. Das Erste was ich erfuhr war, dass der Fersensporn keine Schmerzen
verursachen muss. Vergleichbar mit der röntgentechnisch feststellbaren Arthrose
beim Art. Coxae: auch dort sagt das Röntgenbild nichts über das Ausmass der
Symptome beim Patienten aus.
Was verursachte dann die Symptome, welche mein Patient beschrieb?
In der Literatur wurde, im Zusammenhang mit dem Fersensporn, die plantare
Fasciitis beschrieben. Eine Entzündung der Plantarfascie. Bezüglich Ätiologie und
Behandlung fand ich nur wenige, ungenaue Informationen.
Mit der Annahme, dass es sich um eine Entzündung handelt, wandte ich
antiinflammatorische Massnahmen an, wie Eismassage, Ultraschall pulsierend und
Querfriktionen. Die Symptome zeigten sich inkonstant; besser und dann wieder
starke Schmerzepisoden, die in 100% Arbeitsunfähigkeit als Koch resultierten.
Der Patient hatte Fragen zu Ursache, Einlagen, Operation und Prävention an mich.
Ich konnte ihm keine sicheren Antworten geben und musste ihn auf den involvierten
Hausarzt verweisen, der selbst auch nicht viel zum Thema wusste. Eine sehr
unbefriedigende Situation für mich, denn auch die Physiotherapeuten, welche ich um
Rat bat, wussten nicht viel über Fersenschmerzen. Ich wandte schliesslich einzelne
Tipps bezüglich Dehnungen der Plantaraponeurose und des Triceps surae, sowie
Gangschule an. Die Abrollphase verbesserte sich und der Patient gab weniger
Schmerzen auf der VAS (Visual analogue Scale) an.
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Ich konnte den Patienten schmerzfrei abschliessen. Meine Neugierde war nun aber
geweckt.
1.3. Fragestellungen
Ich möchte in meiner Arbeit folgende Fragenstellungen beantworten:
- Welche Arten von Fersenschmerzen gibt es?
- Welche physiotherapeutischen Massnahmen erachtet man als effizient bezüglich
dem plantaren Fersenschmerz?
1.4. Zielsetzung und Eingrenzung
Mein Ziel ist es mehr Klarheit bezüglich Fersenschmerzen zu vermitteln.
Der Leser soll in dieser Arbeit evidenz-basierte Therapiemöglichkeiten zur
Behandlung des plantaren Fersenschmerzes kennenlernen.
Leider kann ich nicht umfassend auf die Themen des proximalen/oberen
Fersenschmerzes sowie über die orthopädischen Hilfsmittel, Schuhe und die
operativen Verfahren eingehen. Diese würden den Rahmen meiner Diplomarbeit
sprengen.
1.5. Zielpublikum
Diese Arbeit soll an Physiotherapeuten gerichtet sein, die in ihrem Praxisalltag
immer wieder mit Fersenschmerzen konfrontiert werden und sich gerne etwas
eingehender damit auseinandersetzen möchten.
1.6. Methodik
Für meine Arbeit verwendete ich ausschliesslich vorhandene Literatur und Studien.
Die Studien weisen eine Gütequalität von I-II auf (I: hohe Qualität; randomisierte
weitsichtige klinische Untersuchungen, II: weitsichtige vergleichende Studien,
Quelle: League 2008).
Die Studien und Artikel fand ich im Internet über pubmed und medline. Ich arbeitete
viel in der medizinischen Bibliothek Careum in ZH.
Für meine Suche verwendete ich v.a. die Begriffe calcaneal spur, heel spur, heel
pain, plantar fasciitis und fasciitis plantaris, sowie den Zusatz therap*.
1.7. Aufbau der Arbeit
Die vorliegende Arbeit beinhaltet im ersten Teil einen Überblick über die Anatomie
der Ferse, Fersenschmerzen und deren Unterscheidung.
Im mittleren Teil geht es um die Behandlung vom plantaren Fersenschmerz.
Im Schlussteil beziehe ich Stellung zu meiner Arbeit und meinen Zielen.
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2. Anatomische und Funktionelle
Gegebenheiten der Ferse
In diesem Kapitel werden die mit der Plantarfasciitis in Zusammenhang stehenden
Begebenheiten der Ferse beschrieben. Dazu gehört der Calcaneus, die Plantaraponeurose, die
Wölbungen des Fusses und die neurale Versorgung des Rückfusses.
2.1. Calcaneus Der Calcaneus stellt der grösste und längste der sieben Fusswurzelknochen dar. Das
dorsale Ende, wo sich der Tuber calcanei befindet, ist dicker. An der Mitte des Tuber
calcanei inseriert die Achillessehne. Dorsal-plantar befinden sich die zwei nach
ventral gerichteten Processi lateralis et medialis tuberis calcanei. An der medialen
Fläche gibt es eine Ausbuchtung, das sogenannte Sustentaculum tali. Plantar des
Sustentaculum tali verläuft die Sehne des M. flexor hallucis longus. An der lateralen
Fläche sieht man oft eine Knochenverstärkung, die Trochlea peronaealis. Darunter
verläuft die Sehne des M. peronaeus longus.
Der Calcaneus bildet mit dem Talus, Cuboid und Naviculare das Art. subtalaris
(hintere Kammer des unteren Sprunggelenkes), Art. talocalcaneonavicularis (vordere
Kammer des unteren Sprunggelenkes) und Art. calcaneocuboidea (Platzer 2005).
50% des Körpergewichts lastet auf dem Calcaneus (Kapandji 2006). Die genaue
Übertragung der Last sieht man an der Architektur der Spongiosa, der sogenannten
Trabekel.
Der Calcaneus ist nur von sehr wenigen arteriellen Gefässen versorgt.
Frakturheilungen finden deshalb sehr langsam oder gar nicht statt.
Abbildung 1 Architektur der Spongiosa des Calcaneus (Kapandji 2006)
2.2. Plantaraponeurose Die Plantaraponeurose ist wichtig für den Erhalt der Fusslängswölbung. Sie verläuft
plantar vom Tuber calcanei zu den proximalen Phalangen I-V. Die schlecht
durchblutete Plantaraponeurose ist weder ein Ligament noch eine Sehne, sondern
etwas dazwischen.
Dank der Plantaraponeurose kann der sogenannte Windlass-Mechanismus stattfinden.
Dieser Mechanismus ist wichtig für das Abstossen während dem Gehen.
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2.2.1. Verlauf
Die starke, fibröse Plantaraponeurose bedeckt alle Fusssohlenmuskeln. Sie
verläuft zwischen dem Calcaneus und dem Fersenfettpolster und ist im
Normalfall 2-4mm dick.
Die Plantaraponeurose (auch genannt Plantarfascie) entspringt am plantaren
Teil des Tuber calcanei, teilt sich dann in drei Anteile und setzt plantar an den
Basen der proximalen Phalangen I-V an. Der zentrale Strang der drei Anteile
ist am stärksten ausgeprägt. Am lateralen und medialen Fussrand geht die
Plantaraponeurose in die dünne Fascia dorsalis pedis über. Von der Oberfläche
in die Tiefe ziehen die Septen plantare mediale et laterale der
Plantaraponeurose, wobei das mediale Septum am Os metatarsale I, Os
cuneiforme mediale und am OS naviculare, das laterale Septum am Os
metatarsale V und am Lig. plantare longum ansetzt. Das plantare Fettpolster
schützt und polstert den Ursprung und Ansatz der Plantaraponeurose (Platzer
2005, League 2008).
2.2.2. Funktion
Die Plantaraponeurose leistet einen wesentlichen Beitrag zum Erhalt der
Fusslängswölbung. Zudem hat sie eine Schutzfunktion für Gefässe und
Nerven (Platzer 2005). Sie spielt eine wichtige Rolle bei der Abstossphase in
Bezug auf die Übertragung der Kräfte des M. triceps surae auf den Vorfuss
(siehe 2.6.4., Phase III).
Sie absorbiert, zusammen mit der exzentrisch arbeitenden Fuss- und
Beinmuskulatur, Bremskräfte während der Standbeinphase des Gehens und
Laufens (Rothgangel 2008).
Es besteht ausserdem Grund zur Annahme, dass die Plantaraponeurose einen
Beitrag zur Proprioception liefert (Wearing et al. 2006).
2.2.3. Windlass-Mechanismus (Ankerwindenmechanismus)
Der Windlass-Mechanismus beschreibt die Art und Weise, mit der die
Plantaraponeurose den Fuss während der Standbeinphase unterstützt und
liefert Informationen zu Belastungen, der sie dabei ausgesetzt wird
(Rothgangel 2008). Die passive Dorsalextension der Zehen (v.a. Hallux),
sowie Metatarsophalangealgelenke führt zum Windlass-Mechanismus. Dabei
wird die Spannung der Plantaraponeurose passiv erhöht, da sich die
Aponeurose um die Metatarsalköpfe windet, wodurch sich die mediale
Längswölbung verstärkt. Es kommt zu einer Inversion im Art. Subtalaris und
schliesslich zur Aussenrotation des Art. Coxae. Dieser Mechanismus ist rein
passiv. Er ist abhängig von der Stabilität des Fussskelettes, der Sehnen und
Bänder (Hoberg 2007).
Der Mechanismus ist wichtig für das Abstossen beim Gehen und Laufen. Im
Alter nimmt dieser Mechanismus ab. Man nimmt an, dies geschieht wegen
einer vermehrten Einlagerung von Kollagen, wodurch die Elastizität der
Aponeurose nachlässt.
Bei einer Fasciotomie verschwindet der Windlass-Mechanismus fast gänzlich
(Wearing et al. 2006).
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2.2.4. Histologie
Die Plantaraponeurose entstand aus der oberflächlichen Fascie. Sie stellt
weder eine Sehne noch ein Ligament dar. Sie ist etwas dazwischen.
Die Plantaraponeurose passt sich den auf sie wirkenden Belastungen an, d.h.
sie baut sich stetig um. Dies ist möglich, da in der extrazellularen Matrix
Fibrozyten enthalten sind. Man nimmt an, dass die Aponeurose mehr
sensorische Fähigkeiten hat als eine Sehne, dies weil in ihr mehr Fibroblasten
enthalten sind. Es wird angenommen, dass sich in der Plantaraponeurose,
ähnlich wie bei den Ligamenten, freie Nervenendigungen (Nozizeptoren,
Vasoregulation), welche Schmerz und Entzündungen wahrnehmen und
Mechanorezeptoren (spannungsempfindsam) am proximalen und distalen
Ende befinden.
Der Ursprung der Plantaraponeurose besteht aus vier Schichten. Als erstes
derbes, fibröses Gewebe mit Kollagensubtanz, dann kalkfreier Faserknorpel,
kalkhaltiger Faserknorpel und schliesslich der Knochen. Die Aponeurose
entspringt also nicht, wie oft angenommen vom Periost. Sie ist unabhängig
vom Periost.
Altersbezogene Mineralisationen am Übergang zum Knochen würden
erklären, weshalb die meisten Ansatzprobleme zwischen 40-60 Jahren
bestehen: durch die vermehrte Mineralisation wird die Aponeurose brüchiger
(Wearing et al. 2006).
2.2.5. Durchblutung
Die Plantaraponeurose ist wie eine Sehne oder Ligament schlecht durchblutet.
An gewissen Zonen am Ursprung und Ansatz befinden sich keine Gefässe.
Diese avaskulären Zonen sind immer kritische Zonen. Es sind oft Areale,
welche Kompressionen, Friktionen und Torsionen ausgesetzt sind. Sie werden
u.a. kritische Zonen genannt, da sie anfällig für degenerative Veränderungen
sind.
Abbildung 2 Oben links: Verlauf der Plantaraponeurose Oben rechts:
Windlass-Mechanismus Unten: Neurale Versorgung (Buchbinder et al. 2004)
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2.3. Wölbungen des Fusses Laut Platzer 2005, ist die Bezeichnung eines Gewölbes sachlich falsch, daher werde
ich von den Fusswölbungen sprechen.
Eine abgesunkene Fusslängswölbung führt zu einer Mehrbelastung der
Plantaraponeurose. In diesem Kapitel wird die Funktion, sowie der Aufbau und
Erhalt der Fusswölbungen abgehandelt.
2.3.1. Funktion
Die Funktion der Wölbungen ist es, die Last gut und stabil auf den Fuss zu
verteilen (Caput Os metatarsale I und V, sowie Processii medialis et laterales
tuberis calcanei), den Fuss den unterschiedlichsten Untergründen anzupassen,
sowie eine Stossdämpferfunktion auszuüben. Durch die Fusswölbungen ist es
dem Menschen überhaupt möglich sich mit einem elastischen, geschmeidigen
Gang fortzubewegen (Grifka 2005, Kapandji 2006).
2.3.2. Grundgerüst
Die elastischen Längs- und die Querwölbungen des Fusses werden durch
Knochen, Bänder, Sehnen und Muskeln gebildet.
Die Anordnung der Knochen zusammen mit den Ligamenten stellt das
Grundgerüst der Fusswölbungen dar, welches im Stand nur mit sehr geringer
Muskelaktivität erhalten bleiben sollten (Grifka 2005).
- Die Querwölbung ist quer vom I. zum V. Caput Os metatarsale
verspannt.
Das Os metatarsale II bildet die höchste Stelle.
Die Querwölbung wird ligamentär nur vom Lig. transversum und von
einigen weniger straffen Faserzügen unterstützt. Die Querwölbung ist die
kürzeste und flachste Wölbung.
- Die Längswölbung (entlang der Fusslängsachse) wird medial durch die
Verspannung des Calcaneus über Talus, Naviculare und Cuneiforme I zum
Caput Os metatarsale I geformt. Der Calcaneus berührt den Boden nur mit
den Processii medialis et lateralis tuberis calcanei. Die mediale Wölbung
ist die längste und akzentuierteste Wölbung.
Lateral wird die Längswölbung durch die Verspannung vom Calcaneus
über das Cuboid zum Metatarsale V gebildet.
Die Längswölbung ist dreifach durch Bänder verstärkt: Plantaraponeurose,
Lig. plantare longum, Lig. calcaneocuboidea plantare (Pfannenband).
Wobei die Plantaraponeurose die wichtigste Rolle spielt, da sie am
weitesten plantar liegt und somit am günstigsten auf die Hebelverhältnisse
des Fusses einwirken kann.
Wenn man die Gesamtheit der Wölbungen anschaut, so befindet sich der
Scheitelpunkt nach dorsal verlagert. Das zu tragende Körpergewicht lastet
deshalb vermehrt auf den Processii medialis et lateralis tuberis calcanei
(Kapandji 2006).
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2.3.3. Muskelaktivität
Bei stärkeren Belastungen, wie Laufen, Springen und Tragen erhalten die
Fusswölbungen verstärkt muskuläre Unterstützung um den
wölbungsabflachenden Kräften entgegenzuwirken:
Die kurzen Fussmuskeln und die Plantaraponeurose haben biomechanisch die
beste Lage zur Wölbungserhaltung. Zusätzliche Unterstützung kriegen sie
hierbei von den zur Fusssohle ziehenden Flexoren: M. flexor hallucis longus,
M. tibialis posterior, M. flexor digitorum longus und M. peronaeus longus
(Grifka 2005).
- Beim Initialkontakt entstehen Kräfte, die zur Abflachung der
Längswölbung führen. Dies wirkt auf die Fusssohlenmuskulatur wie eine
Vordehnung, was reflektorisch zu einer wölbungsverstärkenden
Kontraktion führt.
Das Caput obliquum des M. adductor hallucis, der M. flexor digitorum
longus, der M. tibialis posterior und M. flexor hallucis longus unterstützen
die Längswölbung zusätzlich (Grifka 2005). Besonders der M. tibialis
posterior und der M. hallucis longus spielen wegen ihrer Wirkung auf die
Fusswurzeln hierbei eine grosse Rolle (Kapandji 2006).
- Für den Erhalt der Querwölbung spielt der M. peronaeus longus, dessen
Sehne in der Querwölbung verläuft, eine grosse Rolle. Zusätzlich hilft das
Caput transversum des M. adductor hallucis zum Erhalt der Querwölbung
mit (Grifka 2005).
2.3.4. Anpassung der Fusswölbungen an die dynamische Belastung
Die Stossdämpferfunktion der Fusswölbungen zeigt sich beim Gehen sehr gut.
Das Abrollen des Fusses erfolgt in vier Phasen (Standbeinphase):
- Phase I: Initialkontakt der Ferse am Boden. Dabei befindet sich der Fuss
in leichter Supinationsstellung.
- Phase II: Fusssohlenbodenkontakt (Mid Stance): hier hat die ganze
Unterstützungsfläche der Fusssohle Bodenkontakt. Während der
Gewichtsübernahme findet eine zunehmende Pronationsbewegung des
Fusses statt.
Der Körper wird während dieser Phase vom anderen Fuss weiter nach
vorne geschoben (Loading Response), der Körperschwerpunkt kommt
dadurch zuerst in die Unterstützungsfläche, dann vor diese
(Schwungbeinphase des Gegenbeins). Das obere Sprunggelenk wird
dorsalextendiert, dadurch ist das Körpergewicht dann über dem
Fussgewölbe, welches abgeflacht wird. Diese Abflachung wird aktiv
durch die plantar inserierenden Muskeln gebremst (Stossdämpfer). Die
Längswölbung wird nur gering abgeflacht. Hauptsächlich wird das Caput
Os Metatarsale I etwas nach anterior und der Calcaneus gleichzeitig leicht
nach dorsal verschoben.
- Phase III: Fersenablösung Standbein (Terminal Stance) und erste
Vorschubphase: der Körperschwerpunkt verlagert sich durch die
Fersenablösung (Kontraktion M. triceps surae) nach ventral über die
Unterstützungsfläche hinaus. Die Fusssohle hat nun nur noch durch den
Vorfuss Kontakt mit dem Boden (insbesondere Caput metatarsale I-V und
Hallux). Der Körperschwerpunkt wird nun angehoben und nach ventral
gebracht (erste Vorschubphase). Dabei wirken die Körperlast und die
Muskelkräfte der Plantarflexoren auf die Fusswölbungen, welche nur noch
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distal einen Stützpunkt aufweisen. Damit die Wölbungen nicht abflachen,
reagieren die plantaren Fussmuskeln und gleichzeitig kommt die
Plantaraponeurose auf Zug (Windlass-Mechanismus). Am Ende der ersten
Vorschubphase wird die Querwölbung abgeflacht. Die Plantaraponeurose
nimmt eine Teilkraft des M. triceps surae auf, die dann in der Phase IV
zum Abstossen genützt wird. Dadurch kann die benötigte Muskelkraft
zum Abstossen des Fusses etwas reduziert werden.
- Phase IV: zweite Vorschubphase: bei der ersten Phase schob der M.
triceps surae den Körperschwerpunkt nach ventral, nun werden auch die
Zehenflexoren (v.a. M. flexor hallucis longus und die kurzen Muskeln des
Hallux) aktiviert. Dadurch löst sich der Fuss weiter vom Boden ab, bis er
hauptsächlich noch durch den Hallux, sowie die Digiti II und III
Bodenkontakt aufweist. Die Abflachung der Längswölbung wird nun
durch die plantaren Fussmuskeln, inklusive den Zehenflexoren, sowie
durch den Windlass-Mechanismus der Plantaraponeurose verhindert.
- In der Spielbeinphase nehmen die Fusswölbungen automatisch ihre
ursprüngliche Gestalt wieder an und es findet eine Resupination des
Vorfusses statt.
(Kapandji 2006, Rothgangel 2008)
2.4. Neurale Versorgung Die neurale Versorgung des plantaren Rückfusses geschieht durch den Rami calcanei
mediales (N. tibialis), welcher zwischen der Haut und der Plantaraponeurose
verläuft.
Ausserdem geht ein tiefer motorischer Ast zum M. abductor digiti minimi, welcher
unter der Aponeurose verläuft (Hoberg 2007).
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3. Einteilung der Fersenschmerzen Fersenbeschwerden treten hauptsächlich an zwei Orten auf. Unter der Ferse (plantarer
Fersenschmerz) oder dorsal im Bereich des Achillessehnenansatzes (oberer Fersenschmerz).
Der plantare Fersenschmerz entsteht durch eine Überbelastung an der Ansatzstelle der
Plantaraponeurose (Fasciitis plantaris), wobei ein evtl. vorhandener Fersensporn nicht
unbedingt etwas mit den Schmerzen zu tun haben muss.
Der obere Fersenschmerz kann verschiedene Ursachen haben, hat aber oft mit pathologischen
Veränderungen der Achillessehne oder deren Ansatzes zu tun.
Frakturen des Calcaneus sowie onkologische Veränderungen müssen bei persistierenden
Schmerzen differenzialdiagnostisch ausgeschlossen werden.
3.1. Plantarer Fersenschmerz / Plantarfasciitis Unter dem Begriff des plantaren Fersenschmerzes gehört die plantare Fasciitis und in
manchen Literaturen auch der Fersensporn als separate Problematik. Studien haben
jedoch gezeigt, dass das Vorhandensein eines Fersensporns keine Beschwerden
verursachen muss. Einen Fersensporn weisen 5-13% der Bevölkerung auf, wobei nur
50% von ihnen Fersenschmerzen aufweisen (Hoberg 2007). Wenn ein Fersensporn
vorhanden ist, dann ist die Schmerzverursachende Problematik meist die
Plantarfasciitis.
3.1.1. Definition Plantarfasciitis
Die plantare Fasciitis ist ein degeneratives Syndrom der Plantaraponeurose,
welches durch wiederholte Mikrotraumata im Ursprungsbereich der
Plantaraponeurose verursacht wird (Rothgangel 2008). Dabei kommt es zu
einer Fibroblastenproliferation und bedingt entzündlichem Gewebe (League
2008).
3.1.2. Anamnese
Die Patienten klagen über allmählich auftretende Schmerzen, welche die
Belastbarkeit der Ferse stark vermindern. Bei Berufen wo die Patienten viel
auf den Beinen sind, resultiert oft eine Arbeitsunfähigkeit. Charakteristisch
sind morgendliche Anlaufschmerzen, sowie Schmerzen nach längerer
belastungsfreier Zeit, die nach wenigen Schritten nachlassen. Die Schmerzen
sind plantar-medial-dorsal subcalcaneal im Bereich des Processus medialis
tuberis calcanei lokalisiert und werden als stark, scharf und stechend
beschrieben. Die Beschwerden lassen in Ruhe, ohne Belastung und bei
hochgelagertem Fuss nach. Die Schmerzen sind aktivitätsabhängig.
Am Tagesende kann ein konstanter dumpfer oder klopfender Schmerz
auftreten. Die Nacht ist schmerzfrei. Parästhesien sind ungewöhnlich.
Vielleicht gibt es in der Vorgeschichte einen Schuhwechsel, eine
Trainingssteigerung, oder eine Aktivität auf ungewohntem Untergrund
(Buchbinder 2004).
3.1.3. Verlauf
Die Fasciitis plantaris hat in der Regel einen mühsamen, langen Verlauf bis zu
einem Jahr. Man kann allerdings sagen, dass die Problematik in den meisten
Fällen selbstbeschränkt bleibt. Bei 80-90% der Patienten kommt es innerhalb
von zehn Monaten zur Beschwerdefreiheit (League 2008).
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3.1.4. Ätiologie und Risikofaktoren
Betroffen sind v.a. Läufer und Frauen zwischen 40-60 Jahren (Rothgangel
2008, Buchbinder 2004). Meist sind die jüngeren Patienten Jogger. 11-15%
aller Fussproblematiken und 10% von allen Fussverletzungen bei Joggern
stellt die plantare Fasciitis dar (Buchbinder 2004).
Die genaue Ätiologie der Plantarfasciitis ist nicht geklärt. Man ist sich aber in
praktisch allen Studien einig darüber, dass es sich wahrscheinlich um einen
multifaktoriellen Prozess von wiederholter, mechanischer Überbeanspruchung
am Ursprung der Plantaraponeurose handelt.
Hoberg 2007 beschreibt als Ursache eine mechanische Reizung der
Plantarfascie, mit Mikrotraumata, welche zu einer erhöhten Reparaturlage
zusammen mit chronischer Entzündung führen. Er schliesst dabei eine
mechanische Reizung des Rami calcanei (N. tibialis) oder ein
Engpasssyndrom (Bordelonsyndrom) betreffend des M. abductor digiti minimi
nicht aus.
Bei mehreren Studien (Leach et al. 1986, Jarde et al. 2003, Lemont et al. 2003)
sah man bei histologischen Untersuchungen der Plantaraponeurose
degenerative Veränderungen mit oder ohne Proliferation von Fibroblasten und
Veränderungen nach chronischen Entzündungen. Die Untersuchungen fanden
an Biopsien von Patienten mit chronischen Beschwerden statt. Die Biopsien
wurden bei Fasciotomien entnommen.
Rothgangel 2008 beschreibt, dass sowohl eine übermässige Pronation, wie
auch Supination des Fusses während der Standbeinphase die Belastungen auf
die Plantaraponeurose verstärken. Bei der Überpronation wird der Abstand
zwischen Calcaneus und den Metatarsalia vergrössert, was zu einer erhöhten
Zugbelastung auf die Aponeurose führt. Bei einer vermehrten Supination (z.B.
beim Pes cavus) ist die Stossdämpfung des Fusses vermindert, was wiederum
zu einer Überbelastung der Plantaraponeurose führt.
Eine hypertone oder verkürzte Achillessehne lässt zu wenig Dorsalextension
im oberen Sprunggelenk zu, wodurch der Windlass-Mechanismus beim Gang
zu früh einsetzt und dadurch die Plantaraponeurose über einen längeren
Zeitraum unter Spannung gerät (Rothgangel 2008).
Als Risikofaktoren zählen laut Rothgangel 2008, League 2008 und Lawrence
et al. 2006:
Intrinsisch:
- Übergewicht
- Fortgeschrittenes Alter
- Eingeschränkte Beweglichkeit des oberen Sprunggelenkes in
Dorsalextension.
- Verkürzte oder hypertone Achillessehne
- Eingeschränkte Beweglichkeit des Metatarsophalangealgelenk I
- Überpronation des Fusses
- Schwäche M. tibialis posterior, Mm. peroneii, und M. Triceps surae
- Anatomische Abweichungen wie: Beinlängendifferenzen, femorale
Anteversion, Pes cavus und Pes planus
- Rheuma (u.a. seronegative Spondylarthropathien wie M. Bechterew, M.
Reiter, Psoriasis und Entheropathien)
- Fersensporn
Fersenschmerz
16
Extrinsisch:
- Lange, stehende Tätigkeiten
- Tragen von schlechtem Schuhwerk
Die grössten Risikoträger sind nach einer Studie von Riddle et al. 2003, Leute,
die hauptsächlich im Stehen arbeiten, Übergewicht und eine eingeschränkte
Dorsalextension des oberen Sprunggelenkes aufweisen. Das gegenseitige
Wirken der Risikofaktoren nennt er eine Dosiswirkbeziehung.
3.1.5. Diagnosestellung
Meist reicht die klinische Untersuchung aus, um die Diagnose einer
Plantarfasciitis zu erstellen. Bei Unsicherheiten oder Patienten mit
persistierenden Schmerzen (spätestens ab sechs Monaten) sollten jedoch
diagnostische Hilfsmittel und Labor zum Ausschluss anderer Diagnosen
eingesetzt werden.
3.2. Oberer Fersenschmerz Beim oberen (proximalen) Fersenschmerz handelt es sich oft um eine pathologische
Veränderung der Achillessehne oder ihres Ansatzes.
3.2.1. Haglund-Exostose
Bei der Haglund-Exostose (auch Haglund-Ferse oder „Überbein“ genannt)
handelt es sich um eine Deformation an der cranial-dorsalen Fläche des
Calcaneus, die zu chronischem Druck im Schuh und einer chronischen Bursitis
führt. Sekundär treten wegen der chronischen, mechanischen Reizung durch
die Exostose, Veränderungen an der Achillessehne auf. Wie auch bei der
plantaren Fasciitis haben diese Patienten oft eine verkürzte Wadenmuskulatur.
Die Hautareale über der Exostose sind meist verändert (gerötet, Schwellung).
Eventuell findet man eine Schwellung der retrocalcanearen Bursa am
Achillessehnenansatzbereich und der Achillessehne mit Druckschmerz. Den
Patienten drückt der Schuh und sie haben Belastungsschmerzen im Bereich der
Exostose, sowie später auch im Verlauf der Achillessehne. Als Risiko gilt ein
Fowler-Philip-Winkel über 69°. Dieser Winkel wird zwischen einer Linie vom
Tuberculum anterius des Calcaneus zum Tuber calcanei und der Tangente an
der posterosuperioren Prominenz der Ansatzstelle der Achillessehne gebildet:
Abbildung 3 Fowler-Philip-Winkel A: Tub. anterius, T: Tuber calcanei
(Hoberg 2007)
Bei der konservativen Therapie der Haglund-Exostose polstert man die Schuhe
aus und erhöht evtl. die Fersenposition im Schuh durch eine Keileinlage. Es
werden lokale antiphlogistische Salben appliziert. Steroid- und
lokalanästhetika-Injektionen können zu deutlichen Linderungen führen.
Zusätzlich können in der Physiotherapie entzündungshemmende Massnahmen
Fersenschmerz
17
angewendet werden, sowie eine verkürzte Wadenmuskulatur gedehnt werden.
Auch die Stosswellentherapie kann eingesetzt werden.
Operativ wird entweder die Exostose abgetragen, wobei die Gleitschicht der
Achillessehne auch abgetragen wird, oder man macht eine Osteotomie eines
Knochen-Keils vor der Exostose. Nach Entfernung des Knochen-Keils, klappt
man die störende Exostose von der Achillessehne weg. Dadurch wird die
mechanische Reibung an der Achillessehne verhindert. Bei der letzteren
Variante werden die Gleitschicht und die Achillessehne nicht in
Mitleidenschaft gezogen, wodurch gute Erfolge erzielt werden konnten
(Hoberg 2007).
3.2.2. Achillodynie
Bei der Achillodynie handelt es sich entweder um eine Tendinitis der
Achillessehne mit chronischen Rupturen in der Achillessehne, oder um eine
Entzündung der peritendinosen Strukturen ohne wesentliche Beteiligung der
Achillessehne. Begleiterscheinungen der Achillodynie sind Bursitiden und
Knochenmarksödeme. Die Patienten haben oft eine verkürzte
Wadenmuskulatur und eine spindelförmig verdickte Achillessehne. Die
Beschwerden sind im Achillessehnenverlauf lokalisiert.
Die Ursache der Achillodynie sind rezidivierende Traumata und
Überbelastungen, welche zu einer gestörten Gewebeperfusion bis hin zur
Partialruptur der Achillessehne führen können. Die Therapie ist rein
symptomatisch mit einer Anpassung der Belastung und
entzündungshemmender Physiotherapie (inkl. Dehnprogramm). Nur selten
kommt es zu einer Operation, wobei das spindelförmig aufgetriebene,
degenerativ veränderte Narbengewebe entfernt wird. Oft muss man zusätzlich
die Achillessehne verstärken, weil diese nach der Entfernung des
Narbengewebes geschwächt ist. Dazu wird normalerweise ein Sehnentransfer
des M. flexor hallucis longus durchgeführt (Hoberg 2007, Romaneehsen et al.
2005).
3.2.3. Bursitis subachillea
Bei der Bursitis subachillea finden sich lokale Druckschmerzen über der
Bursa. Durch die passive Dorsalextension und die aktive Plantarflexion gegen
Widerstand können die Symptome reproduziert oder verstärkt werden.
Manchmal sieht man eine Verstreichung der Achillessehnengruben. Die
Therapie ist im Normalfall rein konservativ mit Schuhwechsel und
Verhinderung von Fersendruck (Schuh und Hönle 2007).
3.2.4. Retrocalcaneare Calcinose
Eine Ablagerung von Kalziumkristallen im retrocalcanearen Bereich kann zu
lokalen Schmerzen führen.
Die Therapie bestimmt der Rheumatologe.
Fersenschmerz
18
3.3. Weitere Formen von Fersenschmerzen Es ist wichtig schon bei der Anamnese möglichst andere Diagnosen auszuschliessen.
Gerade Frakturen des Calcaneus werden leicht übersehen und können zu einem
chronischen Schmerzverlauf führen. Tumore sind am Calcaneus äusserst selten.
Beim Jugendlichen sollte man auch an eine Nekrose der Apophyse denken.
3.3.1. Calcaneusfrakturen
Man unterscheidet zwischen Stressfrakturen und traumatisch bedingten
Frakturen, sowie intra- und extraartikuläre Frakturen des Calcaneus. Sowohl
die Stressfraktur, wie auch die traumatische Fraktur werden immer wieder
übersehen.
- Stressfraktur: In den meisten Fällen liegt die Ursache bei repetitiven
Belastungen des Calcaneus, d.h. bei einem Missverhältnis von Belastung
und Belastbarkeit des Calcaneus. Die Fraktur stellt sich im Röntgen als
eine kaum erkennbare Fissur dar. Die verursachende Überbelastung sollte
vermieden und der Calcaneus geschont werden. Zusätzlich werden
Symptom bekämpfende Schmerzmittel verabreicht (Hoberg 2007).
Höheres Risiko eine Stressfraktur des Calcaneus zu erleiden haben
Sportler (Jogging auf harter Unterlage), Patienten mit Osteomalazie und
Osteoporose (insbesondere unter Natriumfluoridtherapie) (Sager et al.
1990).
- Traumatische Fraktur: bei der Anamnese von Fersenschmerzen sollte man
immer nach einem Sturz, oder Sprünge aus höheren Lagen fragen.
Eine Fraktur des Calcaneus kann einen sehr langen Verlauf mit starken
Schmerzepisoden und schlechter Frakturheilung mit sich bringen.
3.3.2. Tumor
Tumore am Calcaneus sind sehr selten.
Die benigne Zyste tritt am häufigsten am Calcaneus auf. Diese ist jedoch meist
symptomfrei. Weitere Arten sind das Osteoidosteom des Fersenbeins (primär
maligne oder semimaligne), das Osteosarkom und der Riesenzelltumor. Der
Riesenzelltumor tritt v.a. bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen auf. Die
Therapie bei Beschwerden ist das operative Ausräumen des Tumors. Die
fehlende Substanz wird mit Eigenspongiosa wieder aufgefüllt. Ansonsten
weitere orthopädische und onkologische Therapie (Hoberg 2007, Sager et al.
1990).
3.3.3. Juvenile Apophysitis calcanei
Die Apophysitis calcanei tritt vorwiegend bei Jugendlichen mit noch nicht
vollständig ausgebildetem Skelett auf. Es handelt sich hierbei um eine
aseptische Nekrose der Calcaneusapophyse. Als Ursache gilt eine
Umbaustörung im Wachstum der Apophyse Tuber calcanei, die u.a. wegen
Überbeanspruchung der knorpeligen Wachstumszone oder evtl. durch Zug der
Achillessehne entstehen kann. Die Betroffenen geben zu 60% beidseits einen
Schmerz an der dorsalen Fersenspitze an.
Therapeutisch macht man eine Einlagenversorgung zur Polsterung,
Dehnungsübungen, Sportkarenz und physikalische Therapie sowie orale
antientzündliche Medikamente unterstützen die Heilung zusätzlich. In der
Regel sind die Symptome nach zwei bis sechs Monaten abgeklungen (Hoberg
2007, Debrunner 2002).
Fersenschmerz
19
3.3.4. Atrophie des Fersenfettpolsters
Das Fettpolster hat einen septierten Aufbau, der einer Federkernmatratze
ähnlich ist und das degenerativen, entzündlichen Veränderungen unterliegen
kann. Wegen der Atrophie können Schmerzen, in der Mitte der plantaren Ferse
auftreten. In diesem Fall empfiehlt sich ein weiches Fersenpolster und evtl.
antiphlogistische Salbenapplikationen (Hoberg 2007).
Nach axialen Traumen und wiederholten Steroidinjektionen ist das Risiko
einer Atrophie des Fersenfettpolsters hoch.
3.3.5. Tarsaltunnelsyndrom
Der Tarsaltunnel liegt zwischen dem Malleolus medialis, Talus, und lateral
dem Calcaneus, medial dem Retinaculum flexorum, das das Gefäss-Nerven-
Bündel und die Beugesehnen überspannt.
Wie beim Karpaltunnelsyndrom handelt es sich hierbei um ein
Engpasssyndrom: der N. tibialis wird komprimiert. Dabei kann es sich um eine
Schwellung der Beugesehnenscheiden oder Tumoren innerhalb des
Tarsaltunnels handeln (v.a. Ganglion OSG).
Der Betroffene gibt allmählich einsetzende Schmerzen vom Malleolus
medialis über den medialen Fussrand bis zur Fusssohle an. Die Therapie ist
meist operativ.
Das Tarsaltunnelsyndrom ist im Vergleich zum Karpaltunnelsyndrom selten
und ist schwer objektivierbar (Wülker et al. 2005).
3.3.6. Triggerpunkte
Die Unterschenkelmuskulatur, sowie plantare Fussmuskulatur sollte immer
auch auf ausstrahlende Triggerpunkte untersucht werden.
3.3.7. Lumbospondylogenes (LSS) bzw. lumboradikuläres Schmerzsyndrom (LRS)
Nicht selten kommt es bei einem LSS oder LRS zu Schmerzen im
Rückfussbereich. Meistens kann man die Diagnose wegen den vielen
Begleiterscheinungen differenzialdiagnostisch jedoch ohne grosse Probleme
stellen.
3.3.8. Chronisch-venöse Insuffizienz der unteren Extremität
Die chronisch-venöse Insuffizienz kann gelegentlich nach längerem Stehen zu
Spannungsschmerzen im Bereich der Fusssohle führen.
3.3.9. Kleinkindlicher Fersenschmerz
Es kommt immer wieder vor, dass Kleinkinder nach den ersten Gehversuchen
(um 1-2 Jahre alt), nicht mehr gehen wollen. Auffällig ist dann, dass sie nicht
mehr auf die schmerzende Ferse stehen. Leider fand ich keine Literatur zu
diesem Thema.
Fersenschmerz
20
4. Therapie der Plantarfasciitis Die Therapie bei der plantaren Fasciitis ist zu 95% konservativ erfolgreich. Das heisst, dass
die Symptome bei über 95% der Patienten nach 6-24 Monaten abgeklungen sind (Hoberg
2007). Die Patienten sollten in der Anfangsphase ihre betroffene Ferse schonen. Dies bedeutet
u.a. möglichst wenig Stehen (Lawrence et al. 2006).
4.1. Physiotherapie Die Physiotherapie richtet sich nach den Ergebnissen aus dem Befund.
In den Studien finden sich bisher keine eindeutigen Ergebnisse bezüglich Effektivität
zu den physiotherapeutischen Interventionen wie Dehnungen und Ultraschall bei der
plantaren Fasciitis (Crawford, 2003). Dies weil in den Studien oft mehrere
Interventionen gleichzeitig angewendet wurden, was es schwierig macht den Effekt
einer einzelnen Intervention zu erfahren.
Eine wichtige Aufgabe in der Physiotherapie sollte die Aufklärung des Patienten
sein. Er sollte u.a. darüber informiert werden, dass die Symptome bis zu einem Jahr
bestehen können, bei einer deutlichen Mehrheit der Patienten die Symptome jedoch
innerhalb von einem Jahr nicht mehr vorhanden sind (Buchbinder et al. 2004).
4.1.1. Dehnungen
Bei der Studie von DiGiovanni et al. 2003 und 2006, zeigte sich bezüglich den
Symtomen, dass die Dehnung der Plantaraponeurose ohne Gewicht bessere
Ergebnisse als das übliche Dehnen des M. triceps surae im Stand ergab. Alle
Probanden gaben zuvor am Ursprung der Plantaraponeurose am meisten
Druckempfindlichkeit an.
Zur Dehnung der Plantaraponeurose sitzt der Patient am besten auf einem
Stuhl, den betroffenen Fuss über dem Gegenbein. Für die Dehnung nimmt der
Patient die Zehen, den Vorfuss und das OSG mit den Händen in die
Dorsalextension. Die Dehnung sollte mindestens drei Mal am Tag, zehn Mal
zehn Sekunden gehalten werden.
Abbildung 4 Dehnung der Plantarfascie (DiGiovanni et al. 2003)
Ich gab meinen Patienten oft den Auftrag, im Sitz mit der plantaren Fussseite
über einen Tennis- oder Golfball zu Rollen (Automobilisation). Wenn sie es
ertragen konnten, gab ich weiter den Auftrag die Zehen dabei zur Tibia zu
Fersenschmerz
21
ziehen. Dadurch gab es eine Dehnung und einen zusätzlichen Input zur
Steigerung der Durchblutung durch die Massage, stellte ich mir vor.
Radford et. al. brachten 2007 eine Studie heraus, wobei sie herausfinden
wollten, ob die Dehnung der Wadenmuskulatur eine Linderung bei
Plantarfasciitis bringt. Es gab zwei Gruppen, die eine Gruppe dehnte die
Wadenmuskulatur im Stand und die andere bekam eine Behandlung mit
Placebo-Ultraschall. Es zeigten sich keine signifikanten Unterschiede in den
beiden Gruppen.
Ich erachte es dennoch als sinnvoll den M. triceps surae zu dehnen. Dies v.a.
wenn sich ausdifferenzieren lässt, ob der M. soleus oder der M. gastrocnemius
verkürzt ist. Manchmal geben die Patienten dabei ihre charakteristischen
Symptome an. Ich liess die Patienten 20-30Sekunden in der Dehnung bleiben.
Gerade die Patienten , bei denen die Symptome reproduzierbar waren, gaben
nach der Dehnung oftmals ein Wohlgefühl an.
4.1.2. Tape (LowDye Tape)
Eine übermässige Pronation des Fusses kann u.a. mit einem Tape korrigiert
werden. Dieses wird bei Inversionsstellung des Fusses beginnend, von der
lateralen Fusssohle quer über die Plantaraponeurose bis zum Os naviculare
und schliesslich auf den Fussrücken geklebt. Durch das Tapen konnte, laut
einer Studie von Vicenzino et al. (2005), eine besser ausgebildete
Längswölbung erreicht werden. Leider waren in dieser Studie alle Probanden
symptomfrei. In einer Studie von Radford et al. (2006), mit Probanden, welche
an Plantarfasciitis litten, zeigte sich aber, dass der Anlaufschmerz durch das
Tapen etwas abklingen kann.
Abbildung 5 LowDye-Tape (Radford et al. 2006)
Fersenschmerz
22
4.1.3. Kräftigung
Bei vermehrter Pronationsstellung des Fusses sollten die Anti-Pronatoren (v.a.
exzentrisch) gekräftigt werden. Hierzu gehört v.a. der M. tibialis posterior,
aber auch die Mm. flexor digitorum longus, M. flexor hallucis longus, der M.
peroneus longus und der M. triceps surae spielen eine Rolle.
Z.B. konzentrisch und exzentrisch mit dem Theraband: Plantarflexion und
etwas Adduktion des Fusses einstellen um die Muskulatur zu aktivieren. Dabei
soll der Patient konstant Druck auf den Boden ausüben, während er mit dem
Fuss in eine Adduktionsbewegung gegen das Band geht. Währenddessen soll
ein konstanter Druck auf den Boden bestehen bleiben.
Oder: auf einer Stufe in geschlossener Kette stehend isolierte Pro- und
Supinationsbewegungen des Fusses üben. Dies indem der Patient die mediale
Fusslängswölbung über den Stufenrand absinken lässt, um sie dann bewusst
wieder aufzurichten (Rothgangel 2008).
Den M. triceps surae kräftigen, da dieser oft die fehlende Pronationskontrolle
übernimmt und dadurch überlastet und verkürzt wird. Dazu kann der Patient
im Einbeinstand einmal mit flektierten Knien und einmal mit extendierten
Knien drei Serien von 20-25 Repetitionen von Fersenhebungen machen
(Rothgangel 2008). Ich machte diese Übungen meist über eine Stufe, um aus
einer Vordehnung des Triceps surae arbeiten zu können.
Rothgangel (2008) empfiehlt zusätzlich den M. quadriceps femoris, die
Glutealmuskulatur und Hüftabduktoren zu kräftigen. Der M. quadriceps
femoris spielt eine wichtige Rolle bezüglich der Stossdämpfung beim Gehen.
Die Hüftabduktoren können die Pronation des Fusses mit beeinflussen.
Ziel ist es, die Beinachsen stimmig in ein gutes Alignement einzustellen, ohne
dass dieses bei vermehrter Belastung verloren geht.
PNF-Beinpattern eignen sich auch sehr gut als kräftigende Übungen.
Sobald die Symptome etwas abgeklungen sind, sollte der Fokus auf die lokale
und globale Stabilität gelegt werden (Merz 2009).
4.1.4. Manuelle Mobilisation
Bei der manuellen Mobilisation geht es v.a. darum, eine Unterpronation (wie
z.B. bei einem Pes cavus) zu korrigieren. Dazu sollte das Os naviculare nach
dorsal mobilisiert werden, um die Fusslängswölbung besser zu gewährleisten.
Zusätzlich sollte das Metatarsophalangealgelenk I falls notwendig, in
Dorsalextension mobilisiert werden.
Das Hauptziel ist es, die Stossdämpfung während der Loading Response der
Standbeinphase zu verbessern. Dadurch wird die Belastung auf die
Plantaraponeurose gesenkt (Rothgangel 2008).
4.1.5. Neurale Mobilisation
Bei einer neuralen Beteiligung des N. tibialis kann man z.B. in der SLR- oder
SLUMP-Testposition eine neurale Mobilisation über Knieflexions- und
Knieextensionsbewegungen machen (Rothgangel 2008).
Fersenschmerz
23
4.1.6. Kälteanwendungen und Ultraschall
Zu den Themen Kälteanwendungen und Ultraschall habe ich keine Studien
gefunden.
Ich konnte bei stark druckdolenten Symptomatiken mit einer vorangehenden
Eismassage oft einen Zugang finden. Dabei machte ich mir mit einem
Latexhandschuh sogenannte Eisfinger und massierte die Stelle 5-10min.
Ultraschall kontinuierlich wandte ich jeweils mit einer Dosis von 1-1.5W/cm2
über 15min an. Die Symptome waren direkt nach dem Ultraschall meist etwas
erhöht. Sie liessen aber innerhalb von 30min. wieder vollständig nach. Ich
erhoffte mir mit dem Ultraschall (sowie auch mit Friktionen) die
Durchblutung und den Zellstoffwechsel zu steigern, damit Entzündungs- und
Schlackenstoffe besser abtransportiert werden. Da es bei der Ferse viele
Gewebsschichten gibt, denke ich jedoch nicht, dass ich mit dem Ultraschall bis
zum Ursprung der Plantaraponeurose vordringen konnte. Dies störte mich aber
nicht gross, da gerade bei Patienten mit Rötungen auch die distaleren Gewebe
betroffen waren.
Ich wandte auch den pulsierenden Ultraschall an, um eine Schmerzlinderung
zu erzielen. Dazu wandte ich eine Dosis von 0.5W/cm2
an.
4.1.7. Iontophorese
Zum Thema Iontophorese gab es eine Studie von Gudeman et al. (1997). In
dieser Studie gab es zwei Patientengruppen. Die eine Gruppe bekam eine
Steroidbehandlung mit Dexamethasone und die andere eine
Placebobehandlung. Es zeigte sich, dass eine kurzeitliche Symptomlinderung
mit der Iontophorese erreicht werden kann. Bereits nach einem Monat gab es
jedoch keine signifikanten Unterschiede zwischen den beiden Gruppen mehr.
Die Iontophorese wird deshalb hauptsächlich bei starken Symptomen oder bei
Athleten, die an einen Wettkampf müssen angewendet.
(Zu weiteren Massnahmen der Elektrotherapie konnte ich keine Studien
finden.)
4.2. Stosswellentherapie Bei der Stosswellentherapie werden energiereiche Schallwellen in gebündelter Form
(für die Tiefenwirksamkeit) auf ein Gewebe gerichtet. Dabei entstehen mechanische
Reize, welche den Zellstoffwechsel und die Gefässversorgung stimulieren.
Verkalkungen sollen gelöst und das Gewebe neu belebt werden. Man erhofft sich
dadurch eine Stimulation zur Selbstheilung. Die Stosswellentherapie wird in der
Regel ambulant durch einen Arzt durchgeführt. Die Therapie findet mit örtlicher
Betäubung und über mehrere Wochen statt.
Nebenwirkungen und Risiken der Therapie sind: Rötungen, Schwellungen,
Überwärmung, Allergien auf die Betäubung, vorübergehende Symptomerhöhung,
Blutungen (Knochenhaut, Bluterguss) und eine geschwächte Achillessehne mit
Rupturrisiko (Broschüre Schulthessklinik, Zentrum für Fusschirurgie 2006).
Laut Horberg (2007) gute Erfolge, allerdings zählt die Stosswellentherapie nicht zum
Regelleistungskatalog der Krankenkassen bei Plantarfasciitis. Der Grund liegt bei
den widersprüchlichen Ergebnissen und den uneinheitlichen Methoden der Studien,
bei denen u.a. verschiedene Dosen angewendet wurden (Micke et al. 2008). League
2008, findet deshalb, dass die Stosswellentherapie frühestens nach sechs Monaten
ohne Symptomlinderung zum Einsatz kommen sollte.
Fersenschmerz
24
4.3. Orthopädische Hilfsmittel Bei den orthopädischen Hilfsmitteln zeigte sich, dass die Compliance der Patienten
bei Einlagen (Orthesen) besser ist als bei Nachtschienen. Einlagen helfen, indem sie
die Belastung im Bereich der Ferse oder auf die Plantaraponeurose vermindern
(Hoberg 2008).
Fussorthesen stellen bei der Kurzzeitbehandlung der plantaren Fasciitis eine
geeignete Unterstützung dar. Dabei machte es keinen grossen Unterschied, ob die
Orthesen vorfabriziert oder massgeschneidert waren (Roos et al. 2006).
Bei einer Orthesenversorgung wird oft die mediale Längswölbung zusätzlich
unterstützt, die Ferse höher gestellt oder gepolstert (Rothgangel 2008, Buchbinder et
al. 2004).
Nachtschienen in Neutralstellung des OSG, gegen eine Kontraktur des M. triceps
surae und der Plantaraponeurose, konnten die morgendlichen Anlaufschmerzen
reduzieren (Studie von Batt et al. 1999). .
Magnetschuheinlagen zeigten keine signifikante Linderung der Symptome im
Vergleich zu magnetfreien Einlagen (Winemiller et al. 2003)
4.4. Medikamentöse Therapie Angewendet werden antientzündliche Salbenapplikationen, Iontophoresen, sowie
selten eine systemische Schmerztherapie (nichtsteroidale Antiphlogistika).
Injektionen von Lokalanästhetika kombiniert mit Steroiden oder gar eine selektive
Nervenblockade werden ganz selten benötigt (Hoberg 2007). Eine Injektion mit
Steroiden erhöht ausserdem das Risiko einer Atrophie des Fersenfettpolsters oder gar
einer Ruptur der Plantaraponeurose (League 2008).
4.5. Operative Therapie Laut Buchbinder et al. 2004 benötigen 5% der Betroffenen eine operative Therapie.
Die operative Therapie ist nur bei versagen der konservativen Therapien indiziert. Es
werden grundsätzlich gute Erfolge erzielt, die Schmerzen können jedoch nach einem
Eingriff noch einige Monate anhalten und es bestehen Risiken wie die Abflachung
der Fusslängswölbung, Fersenparästhesien, eine Ruptur der Plantaraponeurose und
die Risiken der Anästhesie.
Bei einem operativen Eingriff wird oft eine partielle oder totale Ablösung der
Plantarfascie vom Tuber calcanei durchgeführt. Bei einem vorhandenen Fersensporn
wird dieser normalerweise mit abgetragen. Andere mögliche Eingriffe sind: eine
selektive Nervenexploration, eine proximale Längsinzision der Plantaraponeurose,
oder eine teilweise Abtragung des Tuber calcanei.
(Hoberg 2007, Micke et al. 2008)
Fersenschmerz
25
5. Schlussfolgerungen Zur Behandlung der Plantarfasciitis gab es sehr wenige Studien, welche für die Physiotherapie
relevant sind.
Oftmals wurden in einer Studie verschiedene Massnahmen gleichzeitig angewandt, dadurch
waren die Studien nicht aussagekräftig.
In keiner Studie waren Schäden durch die physiotherapeutischen Massnahmen
hervorgegangen. Da die meisten Patienten nach einem Jahr asymptomatisch werden, sollte die
Therapie konservativ, mit geringen Risiken und minimalen Kosten erfolgen.
Wichtig ist es, den Patienten genau zu befunden. Dabei spielt seine Statik eine wichtige Rolle.
Ziel ist es herauszufinden, wo beim Patienten Bereiche sind, die zu einer Überbelastung der
Plantaraponeurose führen können. Dies kann, um ein Beispiel zu nennen, eine nicht im
Alignement stehende Beinachse mit Überpronation des Fusses, aufgrund verminderter
Hüftstabilität, sein.
In der Therapie sollte in der akuten Phase die Aufklärung des Patienten, Schmerzlinderung
und das Management im Vordergrund stehen. Wenn die akute Phase vorbei ist, geht es um die
Kräftigung der Muskulatur und Stabilitätsverbesserung in den auffälligen Bereichen. Die
Belastbarkeit des Patienten sollte gesteigert werden. Das Fernziel der Therapie sollte die
schmerzfreie Ausführung der täglichen Aktivitäten des Patienten sein.
Ich denke es ist genügend Studienmaterial vorhanden, welches die Plantarfasciitis beschreibt.
Worüber ich gerne noch mehr erfahren hätte, wäre zum Thema Prävention. Im Alignement
stehende Beinachsen, Dehnübungen, Gewichtskontrolle, Intensitätskontrolle bei Ausführung
einer neuen Sportart oder Training, sowie das Tragen von Schock-absorbierenden Schuhen
dürften bei der Prävention eine Rolle spielen.
Ich denke, ich konnte mit dieser Arbeit die Plantarfasciitis beschreiben und Gedankenanstösse
bezüglich der Therapie vermitteln. Gerne hätte ich mehr evidenzbasierende Studien bezüglich
den Massnahmen in der Physiotherapie gehabt. Es sollte nach der Lektüre dieser Arbeit
möglich sein den Patienten zu informieren und auf seine Fragen eingehen zu können.
Fersenschmerz
26
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