faszination zukunft · 2018. 3. 22. · bevor er in den himmel »geschossen« wird, geht ......

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01–2018 Nº8 DAS MAGAZIN für engineering und it Vor uns liegen tiefe Abgründe und faszinierende Aussichten. Was bringt das Morgen? Seit Jahrtausenden suchen Menschen nach einer Antwort auf die Schicksalsfrage. Der Glückskeks lehrt: Wer seinen Weg kennt, muss sich nicht an jeder Kreuzung neu entscheiden. Faszination Zukunft FERCHAU aktuell FERCHAU aktuell FERCHAU aktuell

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Page 1: Faszination Zukunft · 2018. 3. 22. · Bevor er in den Himmel »geschossen« wird, geht ... Welcher Entwicklungsleiter ist zurzeit der innovativste in der Branche, welcher Manager

01–2018Nº8

DAS MAGAZ IN für eng ineer ing und i t

Vor uns liegen tiefe Abgründe und faszinierende Aussichten. Was bringt das Morgen? Seit Jahrtausenden suchen Menschen nach einer Antwort auf die Schicksalsfrage. Der Glückskeks lehrt: Wer seinen Weg kennt, muss sich

nicht an jeder Kreuzung neu entscheiden.

Faszination Zukunft

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impressum

FERCHAU AKTUELLAusgabe 01 | 2018Auflage: 81.00034. JahrgangZKZ: 61482

CHEFREDAKTION (V. I. S. D. P.)Martina Gebhardt

HERAUSGEBERFERCHAUEngineering GmbHSteinmüllerallee 251643 GummersbachFon +49 2261 3006-0Fax +49 2261 [email protected]

REDAKTIONSTEAMTanja Bülow Ira Cornils Christian EbelNando FörsterStefanie FreitagNina HeinzeMichael KröhanFlorian Zeichner

REDAKTION EXTERNBernd Seidel & FriendsFon +49 89 45246970seidelfriends.de

GESTALTUNGgrafish GmbHMatthias MüllerFon +49 211 63559150

DRUCKGronenberg GmbH & Co. KG51674 WiehlFon +49 2261 9683-0

COPYRIGHTDie in diesem Magazin enthaltenen Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Wenn als Einzelnachweis auf der Seite nicht anders vermerkt: FERCHAU Engineering GmbH.

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

in der vorliegenden Ausgabe der FERCHAUaktuell dreht sich alles um die »Faszination Zukun� «: Wir stellen Visionäre vor, die das Bild der Welt prägen, zeigen Innovatoren, die hart auf dem Boden der Tatsachen gelandet sind, und präsentieren animalische Hightech. Im WM-Jahr liegt ein besonderer Fokus auf dem professionellen Fußball von morgen und der Leidenscha� echter Fans. Die gibt es nicht nur von Sport-vereinen, sondern auch von trendigen Produkten und angesagten Unternehmen. Vor allem Letztere sind darauf angewiesen, für die Zukun� zu planen und sich vorteil-ha� e Optionen zu erarbeiten. So beleuchtet unsere Titelgeschichte Methoden der Zu-kun� sforschung und visionäre Ideen.

Auch FERCHAU plant für die Zukun� und die weitere Expansion – daher wird 2018 ein Jahr der Veränderung, um Strukturen und Anforderungen der Kunden noch präziser abzubilden. Wir brauchen heute zunehmend Spezialisten für alle Geschä� sfälle und Ver-tragsarten, die sich tief einarbeiten und ihr komplexes Metier umfassend beherrschen. Einer alleine kann nicht mehr alles in Perfek-tion leisten, das Team ist der Star.

Eine schlagkrä� ige Mannscha� mit über 1.600 Mitarbeitern bringen wir 2018 für das OEM-Geschä� mit Automobilherstellern an den Start. In München, Ingolstadt, Stutt-gart, Heimsheim und Wolfsburg haben wir eigene Niederlassungen mit großen Projekt-� ächen, Werkstätten und Testumgebungen

gegründet. Damit sind die Voraussetzungen gescha� en, um in unseren Räumlichkeiten komplexe Entwicklungsprojekte, Kompo-nententests und Gesamtfahrzeugprojekte rechtssicher zu bearbeiten. Von diesen Kom-petenzen pro� tieren auch Systemlieferanten sowie Kunden anderer Branchen. Damit diese Entwicklung auch strukturell gestützt wird, planen wir, den Geschäftsbereich AUTOMOTIVE 2018 in eine eigene Organi-sation zu überführen. Alles Weitere lesen Sie im Interview auf Seite 22.

In Zeiten des Fachkrä� emangels optimiert FERCHAU die eigene Attraktivität für Mitarbeiter und Bewerber, um das Leis-tungsversprechen eines Full-Service-Dienst-leisters über Skills und Ressourcen erfüllen zu können. Für reibungslose und e� ziente Prozesse intern sowie extern nutzen wir die vielfältigen Möglichkeiten der Digitalisierung – Robo-Recruiter wie im Artikel auf Seite 36 werden Sie jedoch bei uns nicht � nden. Die zwischenmenschliche Interaktion ist auch nach 2018 unersetzlich.

»Folge deinem Stern und ziehe zum Mars«, heißt es auf unserer Titelseite. Ich würde mich freuen, wenn wir uns dort eines Tages in der Zukun� persönlich tre� en würden. Alternativ können Sie FERCHAU gerne auch auf der faszinierenden Hannover Messe besu-chen. Alle Informationen dazu � nden Sie auf Seite 23. Wir freuen uns auf Ihren Besuch!

Offizieller Engineering-Partner des VfL Gummersbach

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Ein Satellit auf WeltreiseBevor er in den Himmel »geschossen« wird, geht ein neuer Satellit erst einmal auf große Tournee zu verschiedenen Integrations- und Teststationen – in einem passenden Transportcontainer.

Der Bagger für alle FälleIn wenigen Jahren hat sich die Firma HANSA Maschinenbau von einem Handwerksbetrieb zum modernen Industrieunternehmen gewandelt. Das Erfolgsrezept: Innovationen und Optionen.

faszination zukunfts c h w e r p u n k t

W O R L D of E N G I N E E R I N G

26f a h r z e u g t e c h n i k

Berichte, Porträts und Interviews aus den technischenFachbereichen von FERCHAU Engineering

32m a s c h i n e n b a u

30m a r i n e

Ins kalte WasserVon der Hochschule zu FERCHAU Marine und dann gleich Koordinator für Schiffsneubauten: Mustafa Duratovic arbeitet auf der nördlichsten Werft Deutschlands.

29l u f t - u n d r a u m f a h r t

Alles wird gut – die Zukun� ist die größte Projektions-� äche für unsere Ho� nungen. Darauf allein können sich

Unternehmen jedoch nicht verlassen, sie brauchen belastbare Brücken für ihre strategische Planung.

Können die Methoden der Zukun� sforscher helfen? Ebenfalls in dieser FERCHAUaktuell: faszinierende

Einblicke in die Welt des E-Sports und die Versuche der Fußballvereine, in der digitalen Welt zu punkten. Zum

WM-Jahr beschreibt zudem ein Fanpsychologe, wie man Anhänger eines Clubs wird – und warum sich im Alter

wieder die Vernun� durchsetzt. Ausnahmen bestätigen die Regel. Außerdem im Fokus: Hightech-Stars, die die

Welt von morgen prägen, Gadgets für Tiere und tierische Gadgets sowie gescheiterte Innovationen, die auf ihre

zweite Chance warten. Alles wird gut.

FERCHAU richtet seinen AUTOMOTIVE-Bereich neu aus, um das Geschä� mit komplexen Entwick-

lungsprojekten im Werkvertrag zu stärken. In eigenen Werkstatt- und Projekt� ächen wird technische Kom-petenz für OEMs und Systemlieferanten fokussiert.

Aus einem GussWir können Konstruktion. Aber Maschinen und Vorrich-tungen? In einem Pilotprojekt kooperiert FERCHAU jetzt mit einem Maschinenbauer, um Engineering, Einkauf, Inbetriebnahme und Service aus einer Hand anzubieten.

34 e - t e c h n i k

Das perfekte KunstlichtFür Arbeitswissenschaftler und Ergonomen eröffnet sich ein faszinierendes Betätigungsfeld: Sie wollen die optimale Beleuchtung für Menschen entwickeln.

36i t

KI-Bots in der PersonalabteilungMit Algorithmen können Kandidaten besser gefunden und HR-Prozesse automatisiert werden. Der Mensch jedoch bleibt die letzte Instanz im Recruiting – er entscheidet, ob die Chemie stimmt.

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Heute schon an morgen denken

sie war schon immer ein quell der verunsicherung, hoffnung und faszination:

die zukunft. Für Unternehmen kommt es darauf an, sich möglichst vorteilhafte Optionen zu erarbeiten – und auf alle

Eventualitäten vorbereitet zu sein. Kann die Zukunftsforschung eine systematische Herangehensweise liefern?

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S egelnde Drohnen, die als Geisterschiffe die Fischbestände und die Wetterlage auf den Weltmeeren überwachen; 3D-Drucker, die ganze Häuser oder Automobile »herstellen«;

ein Navigationssystem für Autofahrer, das Landkarten als Holographien auf die Windschutzscheibe zaubert:In den Entwicklungsbüros von Konzernen und Start-ups wird bereits heute � eißig an der Zukunft gebastelt. Doch wie lässt sich voraussagen, welche Vision sich später auch tatsächlich durchsetzen wird – und was bloß ein faszinierendes Hirngespinst bleibt?

»Die Zukunft lässt sich nicht vorhersagen«, sagt Kai Gondlach, »aber man kann sie erforschen.« Gondlach arbeitet als Strategieberater und Keynote-Speaker beim 2b AHEAD ThinkTank in Leipzig, dem größten unabhängigen Trendforschungsinstitut Europas. Er berät Unternehmen aus verschiedenen Branchen, von der Versicherungs- bis zur Automobil-industrie. Auf Basis heutiger Entwicklungen und Entscheidungen bestimmt er mit Hilfe wissenschaft-licher Modelle, welche Richtungspfade eine Branche morgen einschlagen könnte.

Gondlach zufolge sind die bekannten Mega-trends wie »Globalisierung« und »Digitalisierung« nur bedingt hilfreich für die Beschreibung der Zukunft. Die Forscher aus Leipzig haben daher einen Methodenbau-kasten für ihre Prognosen entwickelt: Zuerst identi� -zieren sie jene Personen, die einen Trend vorantreiben. Welcher Entwicklungsleiter ist zurzeit der innovativste in der Branche, welcher Manager investiert gerade in neue Infrastruktur, welches Start-up hat neue Geschäfts-modelle oder Technologien entwickelt? Dann versu-chen die Wissenschaftler, mit den Branchenführern und Visionären ins Gespräch zu kommen.

Beliebt und bewährt ist dabei die sogenannte Delphi-Studie, benannt nach dem antiken Orakel. Bei dieser Methode werden Experten mit speziali-siertem Wissen in einer qualitativen Befragung um

ihre Einschätzung zur Zukunft gebeten – darunter Ingenieure, Lieferanten und Investoren. Das Ergebnis einer solchen Studie liefert ein Zukunftsszenario, das auf realen Entscheidungen aufbaut. Die meisten Zukunftsstudien blicken dabei zehn bis höchstens fünfzehn Jahre nach vorn.

»unsere prognosegenauigkeit liegt bei etwa 80 prozent.«

Die Wette auf die Zukunft hängt zum Beispiel von der Frage ab, inwiefern eine Innovation von der Gesellschaft angenommen wird: Möchten wir uns in einer alternden Gesellschaft von Robotern p� egen las-sen? Werden sich Menschen wirklich Chips einp� an-zen lassen, um ihre Gehirnleistung zu verbessern? Werden wir den Mars kolonisieren – und wer darf mit� iegen? Diese Fragen sind heute nur schwer zu beantworten, schließlich sind Trends keine determi-nistischen Gesetze des Fortschritts. Daher arbeiten Strategieberater gerne mit Verfahren, bei denen man in systematisch erstellten Zukunftsalternativen zu denken lernt – etwa mit Hilfe der Szenariotechnik oder des Eltviller Modells (siehe Kasten). Dabei werden ver-schiedene Szenarien erarbeitet und für jede denkbare Möglichkeit wird eine zukunftsrobuste Strategie ent-wickelt. Hier geht es etwa um die Bewertung steigender Rohsto� kosten, um einen zunehmenden Protektionis-mus in den Absatzmärkten oder um die Entwicklung von Best-Case- und Worst-Case-Szenarien.

Während des eng getakteten Tagesgeschäfts fehlt vielen Managern jedoch die Zeit für kreative Visi-onen. Die Schnelllebigkeit der Märkte, neue Techno-logiesprünge und geopolitische Verwerfungen fordern das Topmanagement immer stärker heraus und zwin-gen zu Flexibilität sowie Kurswechseln. Doch damit habe die langfristige Strategie nicht ausgedient, � ndet Burkhard Schwenker, Chairman des Advisory Councils der Strategieberatung Roland Berger und Coautor des Buches »Gute Strategie – Der Ungewissheit o� ensiv begegnen«. Wenn die Zukunft ungewiss sei, komme es umso mehr darauf an, denkbare Zukunftsbilder »

»Was heute erfolgreich ist, kann

morgen gescheitert sein.«

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zu entwickeln und daraus kreativ vorteilhafte Optionen abzuleiten – also genau das zu tun, was gute Strategie schon immer ausgemacht habe.

Um futuristische Megaprojekte mit einem Quäntchen Sicherheit planen zu können, setzen die großen Visionäre häufig auf die Unterstützung von Regierungen oder Konzernen. Kein Wunder: Das Schweizer Projekt »Cargo Sous Terrain« etwa hat einen Planungshorizont von knapp 30 Jahren bis zum Start. Die Vision ist verwegen: Ab 2045 sollen Millionen Tonnen Güter wie Staubsauger, Fertigpizzen oder Bau-sto� e in einem unterirdischen Tunnelsystem durch die Schweiz transportiert werden. Das 450 Kilometer lange System soll die Städte innerhalb der Schweiz verbinden. Ein Stück Kalkulierbarkeit bei diesem visionären Projekt garantieren dabei die politischen Entscheider: Die Re-gierung steht hinter dem Megatunnel und will grünes Licht für den Bau geben, sobald die Investitionskosten für das erste Teilstück gesichert sind. Das könnte die Logistikbranche gewaltig durcheinanderwirbeln – und etablierte Player herausfordern.

Wie schnell neue Technologien oder Geschäfts-modelle siegessicheren Platzhirschen den Boden unter den Füßen wegziehen können, haben in der Vergangen-heit unterschiedliche Branchen gezeigt – angefangen bei Stumm� lmmusikern, die mit dem Siegeszug des Ton� lms untergingen, bis hin zum Taxigewerbe, das von Diensten wie Lyft, Gett und Uber überrumpelt wurde. »Häu� g kommen die wichtigen Konkurrenten nicht aus der eigenen Branche, sondern aus benachbarten Bran-chen, die in den eigenen Markt eindringen. Das macht sie für herkömmliche Marktbeobachtungen schwer erkennbar«, sagt der Zukunftsforscher Gondlach. Digi-talfotographie, PC, 3D-Drucker – die Liste an disruptiven Innovationen ließe sich endlos fortsetzen.

Methoden der Zukunftsforscher

»Entwickle dich zum Treiber, statt regungslos zu verharren.«

eltviller modell: blick durch die brillenDas Eltviller Modell wurde vom Managementberater Pero Mićić entwickelt. Es basiert auf den fünf sogenannten Zukun� sbrillen: der wahrscheinlichen, überraschenden, geplanten, gestaltbaren und erstrebten Zukun� . Wechseln Unternehmer die imaginären Brillen, können sie die Zukun� des eigenen Betriebs aus unterschiedlichen Perspektiven betrachten. Daraus lassen sich Handlungs-schritte für den unternehmerischen Alltag ableiten.

szenariotechnik: zieh die wildcard! Manager malen sich in einem Workshop verschiedene »Zukün� e« für die eigene Branche aus: Was wäre, wenn sich ein Verbot der Verbrennungsmotoren durchsetzen würde? Die erarbeiteten Szenarien sollten im besten Fall ökonomische, politische, technologische, rechtliche und ökologische Rahmenbedingungen berücksichtigen, aber auch externe Störereignisse wie Naturkatastrophen – »Wild-cards« genannt. Darauf basierend de� nieren Manager Maßnahmen für die einzelnen Szenarien.

delphi-studieDie Delphi-Studie vertraut auf die Weisheit der vielen: Bei dieser Methode werden auserwählte Fachleute in mehreren Runden anonym nach ihrer Einschätzung zu einem bestimm-ten Zukun� sthema oder einem Entwicklungsszenario aus ihrem Fachgebiet gefragt. Ab der zweiten Runde wird dabei Feedback gegeben, wie andere Experten geantwortet haben. Durch die Anonymität wird versucht, der üblichen Gruppen-dynamik mit dominanten Rädelsführern entgegenzuwirken.

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Gondlach zufolge könnte in naher Zukunft vor allem die konservative Baubranche in Bedrängnis geraten. Denn 3D-Roboter können längst mehr als nur einzelne Teile ausdrucken und machen damit Bauunternehmern und Maurermeistern Konkurrenz: In der russischen Indus-triestadt Stupino hat kürzlich ein Roboter ein komplettes Haus ausgedruckt. 24 Stunden, 38 Quadratmeter lautet die siegreiche Baustellenbilanz des Start-ups Apis Cor. Die neue 3D-Druck-Technologie fordert somit eine ganze Branche heraus, mitsamt Architekten, Bauherren und Maurermeistern.

Statt die Herausforderung anzunehmen, überwiegt in Deutschland vielerorts die »German Angst«: Ein Viertel der deutschen Unternehmen fühlt sich laut einer aktuellen Studie des Branchenverbands Bitkom durch die Digitalisie-rung in der eigenen Existenz gefährdet. 60 Prozent sehen sich als digitale Nachzügler, 57 Prozent erleben, dass Wett-bewerber aus der Internet- und IT-Branche auf ihren Markt drängen. Häu� g versumpfen die attackierten Unternehmen dann in einer Art Schockstarre oder Verteidigungshaltung. Statt regungslos zu verharren oder gar Verbote durchzu-setzen, sollte man sich aber besser vom Getriebenen zum Treiber entwickeln, rät der selbständige Strategieberater Reinhold Rapp, der für internationale Konzerne und mittel-ständische Weltmarktführer arbeitet.

»zu fünfzig prozent bestimmt man die zukunft seines unternehmens schließlich selbst.«

Dabei müsse man aber dem sogenannten »Innova-tor’s Dilemma« entkommen, sagt Rapp: »Wenn ich heute mit etwas erfolgreich bin, ist das nicht automatisch die Quelle meines Erfolgs von morgen.« Kosmetische Inno-vationen wie Produktverbesserungen sind dabei zu wenig. Besser sollte man das eigene Geschäftsmodell beständig selbst angreifen – etwa mit Hilfe von »U-Boot-Projekten« im eigenen Unternehmen, bei denen losgelöst vom behä-bigen Mutterschi� Regeln gebrochen und neue Strategien getestet werden dürfen.

Klar ist jedoch auch, dass das Spiel mit der Zukunft risikobehaftet ist. Das wissen vor allem Neu-gründer: Mehr als 80 Prozent aller Start-ups scheitern innerhalb der ersten drei Jahre, zeigen Statistiken. Und auch berühmte Fehleinschätzungen aus der Geschichte zeugen davon, dass selbst langjährige Branchenkenner nicht unfehlbar sind. Wäre es 1977 nach Ken Olsen, dem damaligen Vorstandsvorsitzenden von Digital Equipment, gegangen, dann hätte es die PC-Revolution nie gegeben: Er sah schlichtweg keinen Grund, warum Privatpersonen einen eigenen Computer besitzen sollten. Doch wer weiß – vielleicht wird er bis 2050 mit seiner Vision sogar recht behalten haben. //

kai gondlach

Trendforscher und Keynote Speaker bei 2b AHEAD

Bild: 2b AHEAD

reinhold rapp

Selbständiger Strategie-berater

Bild: reinholdrapp.de

saildrone: die geisterschiffe kommen!Die amerikanische Firma Saildrone baut Roboterschi� e, die in Zukunft autonom über die Weltmeere schippern sollen und sich besonders gut für Forschungszwecke eignen, sagt Unternehmer Richard Jenkins. Die Entwickler träumen davon, ihre Geisterschi� e in Zukunft etwa für Wettervor-hersagen, die Suche nach Öl- und Gasvorkommen oder die Überwachung des Fischbestands einzusetzen. Lange Distanzen auf hoher See stellen sie noch vor Herausforde-rungen. Langfristig verspricht der Ansatz Erfolg, denn die Kosten für die autonomen Gefährte sind niedriger als für ein bemanntes Forschungsschi� .

neom: megastadt im wüstensandDer saudische Kronprinz Muhammad Bin Salman will für 500 Milliarden Dollar in der Wüste Saudi-Arabiens die Stadt der Zukunft bauen. In „Neom“ soll nahezu alles automatisiert und IT-basiert ablaufen, die Einkäufe sollen etwa per Drohne geliefert werden. Eine Stadt der künstlichen Intelligenz soll es werden, die mehr Roboter als Menschen beheimatet. Bereits 2025 soll Neom erö� net werden – jenseits der vollmundigen Bekundungen gibt es bisher aber wenig Konkretes zu hören.

wayray: navigation als holographieDas Schweizer Start-up WayRay entwickelt Augmented-Rea-lity-Technologien und Benutzerober� ächen für Autofahrer. Mit dem Navigationssystem Navion brachte WayRay ein Stück Luftfahrt auf die Straße: Das Leitsystem projiziert die virtuelle Route mit Wegbeschreibung als Holographie direkt auf die Windschutzscheibe; dafür braucht der Fahrer weder Helm noch Brille. Das sei die einfachste und intuitivste Form, sich leiten zu lassen, sagen die Gründer.

Ideen der Visionäre

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wer ist in ihren augen überhaupt ein fan, herr professor roose?

Fans begeistern sich leidenscha� lich für ein Objekt und setzen das auch in ein Handeln um. Sie sammeln Dinge, die mit dem Objekt zu tun haben, oder informieren sich über jedes kleinste Detail. Es ist auch eine Strategie zur Intensivierung des Erlebnisses. Ein wesentlicher Bestand-teil des Fantums ist eben die emotionale Beziehung. Diese Aktivität passt auch sehr gut in unsere erlebnisorientierte Zeit und Gesellscha� . Das gilt nicht nur für den Sport, sondern auch für den Musikbereich.

gibt es denn unterschiede zwischen einem musikfan, fußballfan oder einemeingefleischten techniknerd?

Die Fanaktivität ist natürlich abhängig vom jewei-ligen Fanobjekt. Ein Fußballfan kann seine Mannscha� zu Heim- und Auswärtsspielen begleiten. Ein Technikfan reist eventuell zu Produktpräsentationen oder Messen seines Lieblingsherstellers. Es gibt praktisch für alle Fanleiden-scha� en Anlässe und Zusammenkün� e. Aber es macht einen Unterschied, ob diese selten sind oder vorhersagbar und in sehr festen, relativ kurzen Zeitabständen statt� nden, wie es beim Sport üblicherweise der Fall ist. Was den Fußballfan in Deutschland noch von anderen Fangruppen unterscheidet, ist, dass er sein Fanobjekt – also den Verein – vom Vater zum Kind – meistens auf den Sohn – überträgt, die Mutter überträgt es dagegen viel seltener auf ihre Kinder.

d r . j o c h e n r o o s e

ist Professor für Sozialwissenscha� en am Willy BrandtZentrum für Deutschland- und Europastudien der Universität

Wrocławin Polen. Er arbeitet zu den Themen Soziologie der Europäisierung, Partizipation und Methoden der empirischen

Sozialforschung. Roose ist Mitherausgeber des Buchs »Fans: Soziologische Perspektiven« (Springer Verlag).

jochenroose.de

Die wunderbare Welt der Fans

Ein Tick, der leiden schafft

Fans reisen ihrer Mannscha� zu Auswärtsspielen hinterher, geraten schon beim ersten Tor in Ekstase. Sie tapezieren ihre Schlafzimmerwände mit den Konterfeis der Rasenhelden oder campieren

vor dem Laden, um so schnell wie möglich das neueste Smartphone zu ergattern. Wie muss man eigentlich »ticken«, um so einen Tick zu haben? Diesen Fankult analysiert

der Soziologieprofessor Jochen Roose im Interview.

Bild:

Jörg F. Klam

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woran liegt das?

Na ja, Frauen gehen seltener ins Stadion und das Fantum beginnt o� mit einem sehr ein-drucksvollen Erlebnis. Dieses Ereignis mit einer großen Menge an Besuchern im Stadion oder in der Halle ist sehr aufregend und laut.

nach welchen kriterien entscheidetsich der fan, dass er für 1860 münchen schwärmt und eben nicht für die bayern?

Letztlich ist das Verhalten nicht ganz auf-zulösen. Ob jemanden ein Ereignis wie der Stadion-besuch emotional mitreißt oder nicht, ist sehr schwer vorhersehbar. Es sind eine ganze Reihe unterschiedlicher Faktoren, die so eine »Entschei-dung« beeinflussen.

zum beispiel?

Erfolg und Ansehen spielen dabei eine sehr große Rolle. Ein erfolgreicher Verein hat es leichter, Fans für sich zu gewinnen, als ein Underdog. Das Alter der Fans spielt dabei sicherlich auch eine Rolle, denn die Frustrationstoleranz nimmt mit dem Alter zu. Dann legt man das Augenmerk auf andere Eigenschaf-ten, zum Beispiel: »Wir haben heute zwar verloren, sind aber das coolere Team.«

wird man im laufe des fanlebenstoleranter?

Ja, meistens schon – und klüger. Man wird mit den Jahren demütiger und kann die Niederlagen auf eine gewisse Weise besser verkra� en, denn es gibt ja auch noch andere Dinge im Leben als das Fansein. //

Sportvereine sind Unternehmen mit Fans – kein Wun-der, dass sich viele normale Unternehmen wünschen, die eige-nen Kunden zu Fans zu machen. Denn Fans kommen wieder, auch wenn es regnet, die Leistung nicht stimmt und es Bier in Plastikbechern gibt. Dafür investieren sie sogar gerne mehr Zeit und Geld. Apple, Bayern München und die Drogeriekette dm haben Fans, Jazzmusiker, Überraschungseier und alte Ackerschlepper auch. Echte Fans wechseln ihre »Love Brand« nicht mal eben so, sie sind loyal, denn sie sind emotional ge-bunden. Sie lassen sich sogar Tattoos mit ihrer Marke stechen und wirken so als Multiplikator.

Klar ist: Nicht jedes x-beliebige Unternehmen kann zu Harley-Davidson werden. Mit guten Produkten und Services sowie einem klaren Kundenfokus lässt sich jedoch das eigene Image immer verbessern. »Dank der sozialen Medien gelingt das heute leichter und präziser denn je«, sagt Dr. Oliver Schottek, Ge-sellscha� er bei der Social-Media-Beratung ting aus Saarbrücken und Dozent für Social CRM an der htw saar. Zielgruppen können digital exakt angesprochen, Werbebotscha� en mit wenig Streu-verlusten kostengünstig ausgesendet und die Community kann mit geworbenen Fans stetig vergrößert werden. Dass Facebook kein professioneller Kanal wie Xing und LinkedIn und daher nicht für B2B geeignet sei, bezeichnet CRM-Experte Schottek allerdings als Fehlschluss. Schließlich hätten auch Kranhersteller wie Terex oder Industrieausrüster wie SSI Schäfer Hunderttausende Fans,

die mit ihnen in Beziehung treten und die Erlebniswelt der Marke in den sozialen Medien ausleben. Treiber der Interaktion sind Informationen zum Produkt oder der Firma, Prämien (persön-licher Vorteil) oder Emotionen – etwa Katzenvideos oder High-lights eines Fußballspiels. »Ein Social-Media-User interagiert nur mit Inhalten, wenn eines dieser drei Kriterien erfüllt ist.«

Dabei sei der alleinige Fokus auf die Generierung der klassischen Facebook-Fans mittlerweile überholt, berichtet Schottek aus der Praxis. »Durch Änderungen des Newsfeeds und der Facebook-Algorithmen ist die Bedeutung der orga-nischen Reichweite stark zurückgegangen.« Die organische Reichweite umfasst alle Personen, die Beiträge durch unbe-zahlte Verbreitung gesehen haben. Im Gegenzug sei die Be-deutung der Werbewerkzeuge stark gestiegen. »Bei Facebook habe ich die Möglichkeit, granulare Zielgruppen zu bilden, die viel tre� genauer sind als die Community der Fans.« Daher gehe es nicht mehr darum, möglichst viele Fans zu haben, sondern diese professionell zu bespielen. Am meisten zählt der »Superfan«, der als In� uencer – ein virtueller Missionar – wiederum weitere Menschen an eine Marke bindet.

Allerdings kompensieren auch treue Anhänger nicht die De� zite in anderen Bereichen: Der schwedische Autobauer Saab etwa hat trotz echter Fans nach 65 Jahren den Betrieb einstellen müssen. Die Fans der Marke gibt es immer noch.

kunden, fans und influencer

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Bildquellen: Benjamin Wolba – privat, Frank Ferchau – FERCHAU, Benjamin Stechele – LAB BINÆR, Patrick Lehnen – Justaw Foto, Philipp Slusallek – Uwe Bellhäuser

1. Welche technische Leistung � nden

Sie faszinierend?

Im Moment begeistert mich die Technik von

Videodrohnen sehr, vor allem, wie schnell diese

Flugobjekte sich von einem Nischenprodukt für

Nerds zu einem Alltags-Gadget mit Follow-me-

Funktion und Gestenerkennung für Verbraucher

entwickelt haben. Dass man als kleiner Mensch

in der Lage ist, auf den Mond zu � iegen, � nde ich

auch nach wie vor sehr beeindruckend.

2. Was fasziniert Sie im Allgemeinen?

Kinder bekommen und aufwachsen sehen, zum

Beispiel. Und auf den Job bezogen: Was alles möglich

ist, wenn die richtigen Menschen zusammenkom-

men und einen gemeinsamen Willen entwickeln, ein

Projekt unbedingt realisieren zu wollen – fast schon

magisch. Obwohl es zunächst vielleicht nur eine

kleine Vision auf einer Serviette war.

3. Welche Persönlichkeit fasziniert Sie?

Aktuell fasziniert mich, soweit ich das aus der Ferne

begutachten kann, Elon Musk sehr. Wenngleich er

mir anfangs eher etwas unsympathisch erschien, � nde

ich es inspirierend, wie er vermeintliche Probleme

kleinredet und sich Herausforderungen selbstbewusst

sowie mit der nötigen Kombination aus Naivität und

Forscherdrang entgegenstellt. Ich glaube allerdings,

dass die Elektromobilität eher eine Übergangslösung

darstellt und wir uns jetzt schon auf Wassersto� ver-

brennungsantriebe konzentrieren sollten.

4. Was macht die Welt in Zukunft faszinierender?

Eine Weltgesellschaft, die global denkt und handelt

aus Überzeugung, dass wir so gemeinsam für uns

alle mehr erreichen können. Humanismus � rst!

AUF E

IN W

ORT M

IT

PROF. DR. PHILIPP SLUSALLEK

ist Leiter des Forschungsbereichs

Agenten und Simulierte Realität sowie

Standortleiter des DFKI Saarbrücken

1. Welche technische Leistung � nden Sie faszinierend?

Dass wir in der künstlichen Intelligenz (KI) inzwi-

schen Systeme bauen, die selbst lernen können,

beispielsweise, indem sie das Brettspiel Go gegen

sich selbst spielen und dabei erfolgreiche Züge und

Strategien lernen. Aber selbst diese Systeme sind

immer noch sehr un� exibel und meilenweit weg von

menschlicher Intelligenz.

2. Was fasziniert Sie im Allgemeinen?

Das menschliche Denken und die Tatsache, dass wir

damit unser eigenes Denkvermögen, aber auch das

Universum, seine Entstehung und unsere eigene Ent-

wicklung mit komplexen sozialen Strukturen immer

besser verstehen lernen. Und wir verstehen immer

schneller immer mehr!

3. Welche Persönlichkeit fasziniert Sie?

Sam Harris, ein Neurowissenschaftler und Philosoph.

Seine Fähigkeit, auch komplexe und kontroverse Fragen

– etwa nach Moral, freiem Willen, Politik und Religion

– auf rein rationaler Grundlage prägnant zu analysie-

ren, hat mich stark geprägt. Die Podcasts mit wichti-

gen Persönlichkeiten auf samharris.org sind absolut

empfehlenswert (auch wenn ich nicht mit allen seinen

Ansichten übereinstimme).

4. Was macht die Welt in Zukunft faszinierender?

Die enorme Möglichkeit der Menschen, nicht nur

technische Herausforderungen durch rationales Denken

zu lösen. Nach Jahr(zehn)tausenden haben seit der Auf-

klärung Rationalität und wissenschaftliche Systematik

innerhalb weniger Jahre eine absolut rasante und extrem

positive Entwicklung der Menschheit ermöglicht. Leider

hat sich diese Erkenntnis noch nicht überall durchge-

setzt. Es wird absolut faszinierend, zu sehen, was auf

diesem Weg noch alles möglich ist.

BENJAMINSTECHELE

ist die andere Hälfte des 2007 gegründeten

Labors für Medienkunst LAB BINÆR, das 2010

den FERCHAU »ART OF ENGINEERING«-

Award gewann, und Jurymitglied des

aktuellen Wettbewerbs AOE 2018

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1. Welche technische Leistung � nden Sie faszinierend?

Einer meiner Lieblingssprüche: Was ist besser

als Leistung? Noch mehr Leistung! Beschleu-

nigung und Geschwindigkeit � nde ich extrem

faszinierend – genauso wie die Technik, die

diese Erfahrungen überhaupt erst ermöglicht.

2. Was fasziniert Sie im Allgemeinen?

Ich bin ein faszinierter Teilhaber der digitalen

Revolution. Besonders die Entwicklungen

und Möglichkeiten aus Industrie 4.0 und dem

Internet of Everything (IoE) verfolge ich mit

großem Interesse. Denn daraus ergeben sich

viele Chancen für die Entwicklung des Indus-

triestandortes Deutschland: Clevere, kunden-

orientierte Produkte und Produktionsmodelle

sichern unsere Position im Weltmarkt.

3. Welche Persönlichkeit fasziniert Sie?

Wenn es, wie hier, um »Faszination

Zukunft« geht: Steve Jobs und sein großer

Ein� uss auf unser Leben stehen ganz vorn.

Die Konsequenz, mit der Jobs seine Visionen

bei Apple und im Markt umgesetzt hat – das

ist einfach weltbewegend.

4. Was macht die Welt in Zukunft faszinierender?

Nicht zuletzt durch technische Entwicklungen

wird es immer leichter, Grenzen zu überwin-

den. Grenzen, die lange für unüberwindlich

gehalten wurden: globale Echtzeitkommuni-

kation, digitale Vernetzung im IoE, virtuelle

Realitäten und – diese Reise würde ich gerne

selbst unternehmen – ein Aus� ug auf den

Mars, den wir im Reisebüro buchen. Ich wün-

sche mir, dass es der Menschheit gelingt, diese

großartigen Möglichkeiten positiv zu nutzen.

FRANK FERCHAUist Managing Director der

FERCHAU Engineering GmbH

BENJAMIN WOLBA

promoviert in theoretischer Physik und ist mit 20 Jahren einer der

jüngsten Doktoranden Deutschlands

PATRICK LEHNENist amtierender Europameister und

Deutscher Meister der Zauberkunst 2017

1. Welche technische Leistung finden Sie faszinierend?

Fliegen. Es ist unglaublich beeindruckend, wie Flugzeuge und Raketen sich durch die

Luft bewegen – trotz vieler Tonnen Gewicht, am besten dann noch elektrisch – wie bei

Lilium, einem Start-up aus München.

2. Was fasziniert Sie im Allgemeinen?Physik oder auch einfach die Welt verste-hen zu können, Dinge erklären zu kön-nen, Forschung zu betreiben und dann

mit diesem Wissen die Welt zu verändern.

3. Welche Persönlichkeit fasziniert Sie?Richard Feynman, der amerikanische

Physik-Nobelpreisträger. Oder doch lieber der Innovator Elon Musk? Eine schwere

Entscheidung. Was beide aber gemeinsam haben: von fundamentalen Prinzipien ausgehen und nicht vom Status quo.

4. Was macht die Welt in Zukunft faszinierender?

Innovation, neue Möglichkeiten durch technischen Fortschritt zu scha� en, neue

Fragen und Probleme in der Forschung lösen zu können und so die Zukunft ein

Stück weit besser zu machen.

1. Welche technische Leistung � nden Sie faszinierend?

Ich kann mit meinem Handy sprechen und

es versteht, was ich sage. Das kann nicht

mal mein Haustier! Okay, ich habe auch gar kein Haustier …

2. Was fasziniert Sie im Allgemeinen?

Mich fasziniert, wie sehr die Zauberkunst

wildfremde Menschen zusammenführen

kann. Man erlebt plötzlich etwas vermeint-

lich Unerklärliches, über das man noch

tagelang grübeln und diskutieren kann.

3. Welche Persönlichkeit fasziniert Sie?

Als Zauberkünstler fallen mir da gleich

einige Kollegen ein, die ich sehr faszinierend

� nde. Einer der bewundernswertesten ist

wohl Mac King: ein Star aus Las Vegas, der

es scha� t, trotz zwei Shows täglich seit

über 20 Jahren jedes Mal aufs Neue frisch

und spontan zu wirken!

4. Was macht die Welt in Zukunft faszinierender?

Ich ho� e, das mache ich! Zumindest ver-

stehe ich es als meinen Auftrag, für Faszina-

tion zu sorgen. Mein neuer Act kombiniert

Zauberei mit Technologie. Ein gewöhnli-

cher Gegenstand erwacht plötzlich zum

Leben und dabei entsteht eine kleine

Geschichte, die eigentlich nur als Trick� lm

möglich wäre – nur dass man es live erleben

kann, ohne einen Bildschirm dazwischen.

Mehr möchte ich nicht verraten, man muss

eben mit eigenen Augen sehen.

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virtu

elle

Der

Vollprofi

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A ls er klein war, konnte er ohne das Schalker Maskottchen Erwin nicht einschlafen. Mit vier bekam er sein erstes Trikot, mit sechs war er zum ersten Mal im Stadion, und dann, mit 18, wurde sein großer Traum wahr: Tim Schwartmann

wurde Pro� bei Schalke 04. Auf dem Platz kann Schwartmann alles, er spielt hinten wie vorn, rechts wie links. Schwartmann grätscht, Schwartmann passt, Schwartmann dribbelt, � ankt und schießt – Tor, Tor, Tooooor durch Tim »Latka« Schwartmann, den Nachwuchs-star des FC Schalke 04!

An manchen Wochenenden macht er 180 Buden – natürlich nicht mit den Füßen, sondern mit dem rechten Daumen. Bei ihm dauert ein Spiel nicht 90 Minuten, sondern zwölf; dafür bestreitet er am Wochenende nicht nur eine Partie, sondern vierzig (die er oft allesamt gewinnt). Tim Schwartmann, heute 19, ist einer der ersten FIFA-E-Sport-Profis Deutschlands. Ein Berufsfußballer an der Spielkonsole.

Was er verdient, will er nicht verraten. Nur so viel: Er könne gut davon leben. Die Berateragentur eSportsReputation sagt, unter 5.000 Euro im Monat werde es bald schwierig, einen Topspieler zu verp� ichten. Der 20-jährige Brite Spencer »Gorilla« Ealing bekam für seinen Sieg bei der WM 2017 in London 170.000 Euro Preisgeld. Und wo es hingehen könnte, zeigt die Entwicklung bei Strategiecomputerspielen wie League of Legends oder Dota 2, bei denen Millionenpreisgelder gezahlt werden und die Besten so gut verdienen wie die echten Fußballpro� s.

Ist elektronischer Sport überhaupt Sport? »De� nitiv«, sagt Schwartmann. Der Zocker, der zwischen Pizzakartons und Energy-drinks im verdunkelten Zimmer hockt, sei ein Klischee. »Ich trinke nur Wasser«, sagt Schwartmann. »Ich ernähre mich gesund und esse nie direkt vor den Spielen.« Vier bis fünf Stunden trainiert er täglich an der Konsole. Um sich körperlich � t zu halten, stemmt er Eisen in den Fitnessräumen des Vereins und falls er nach einem schweren Spieltag einen verspannten Nacken hat, behandeln ihn dieselben Masseure, die auch die Waden der Fußballer kneten.

Schwartmann muss zwar nicht sprinten, grätschen oder in Kopfballduelle springen – aber er braucht Fingerfertigkeit, Reaktionsgeschwindigkeit und präzises Timing. Er muss mental extrem stark und ausdauernd sein. Die vierzig Spiele, die er jedes

Wochenende bestreiten muss, um sich für große Turniere zu quali� zieren, ziehen sich manchmal über zwölf Stunden. Ingo Froböse, Professor an der Deutschen Sporthochschule Köln, sagte dem Focus, dass die Stressreaktionen in den Körpern der E-Sportler vergleichbar seien mit denen bei »einem Elfmeter im Champions-League-Finale«.

Tim Schwartmann, ein Virtueller-Fußball-Pro� . »Manchmal kommt mir das alles immer noch vor wie ein Traum«, sagt er. »Ich spiele seit 13 Jahren – aber ich habe nie gedacht, dass ich damit mal Geld verdienen werde!« Vor zwei Jahren war das FIFA-Zocken noch ein Hobby, ein Spiel eben. Dann, bei der Saisonerö� nung im Sommer 2016, veranstaltete Schalke ein FIFA-E-Sport-Turnier, den Knappen-Cup. 300 Teilnehmer meldeten sich an, Schwartmann spielte alle an die Wand, das Finale gewann er 7:1 – und Schalke hatte seinen Nachwuchsspieler für die gerade gegründete E-Sport-Mannschaft.

In seinem ersten Pro� jahr reiste Schwartmann zu Turnieren in ganz Europa: Madrid, Paris, London, Warschau, und im Sommer 2017 begleitete er die Fußballer auf die Promotionreise nach China. »Das sind ganz normale Menschen«, sagt er über die Pro� s. Und wie alle ganz normalen Menschen fegt er sie an der Konsole weg. Sein Lieblingsspieler Breel Embolo zum Beispiel, 22,5 Millionen Euro teuer, ist ziemlich gut. Tim gewann nur 3:0.

Schwartmann ist heute selbst ein Star. Er wird auf der Straße erkannt, Fans machen Fotos mit ihm. Sein YouTube-Kanal, auf den er Spielszenen, Tipps und Tricks hochlädt, hat 136.000 Abonnenten (Stand Dezember 2017). »Für solche Zahlen müssen Unterneh-men viel tun«, sagt Tim Reichert, E-Sport-Chef bei Schalke 04. Die Abteilung wächst und wächst, Reichert wurde gerade auf eine neu gescha� ene Stelle befördert und heißt jetzt Chief Gaming O� cer.

Die Entwicklung, von der Tim Schwartmann heute pro� tiert, begann buchstäblich in Reicherts Kinderzimmer. Dort veranstalte-ten er und seine beiden Brüder, »Gamer durch und durch«, in den Neunzigern ihre ersten LAN-Partys an Röhrenbildschirmen. 1997 gründeten sie mit vier Freunden den SK Gaming Clan – einen der ersten E-Sport-Clubs Deutschlands. Tim und sein jüngerer Bruder Benjamin scha� ten es zeitgleich als Fußballer in die zweite Liga, zu Rot-Weiß Oberhausen. Der älteste Bruder, Ralf Reichert, am »

Bei ihm dauert ein Spiel nicht 90 Minuten, sondern zwölf. An manchen Spieltagen schießt er 180 Tore.

Tim Schwartmann vom FC Schalke 04 ist einer der ersten FIFA-E-Sport-Pro� s Deutschlands.

21 JAHRE 79 EURO 25 PROZENT15.000 FANS ist der führende

deutsche E-Sport-Clan SK Gaming alt

kostet ein Ticket für die ESL One Cologne 2018 im Unterrang (Parkett)

der Deutschen zwischen 14 und 35 verfolgen E-Sport-Partien im Stream oder TV

kamen 2017 zum Turnier ESL One in die Lanxess Arena Köln

e-sport in zahlen – virtuelles spiel, reale fans

betrug das Preisgeld auf dem wichtigsten E-Sport-Turnier »The International« in den USA 2017

wird der Umsatz mit E-Sport 2020 laut einer Deloitte-Studie in Deutschland betragen

24 MILLIONEN DOLLAR

130 MILLIONEN EURO

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Ball nicht so begabt, gründete derweil

die Electronic Sports League (ESL), die heute

vom schwedischen Medi-enkonzern Modern Times

Group gesteuert wird. Der größte E-Sport-Veran-

stalter der Welt beschäftigt 500 Mitarbeiter und hat 7,37

Millionen Mitglieder. Vom Umsatz, sagt Ralf Reichert

wohl zu Recht, werde der E-Sport bald vielen »echten« Sportarten

den Rang ablaufen.

Schon jetzt nimmt das Spiel an der Konsole Züge des großen Fuß-

balls an: Schwartmanns letztjähriger Mannschaftskollege, Cihan Yasarlar,

zweimaliger Deutscher Meister, wechselte im Sommer 2017 zum RB Leipzig. Vier

Bundesligisten und zwei Zweitligisten sind mittlerweile in den E-Sport eingestiegen, dazu

internationale Topteams wie Ajax Amsterdam, Manchester City und Paris-Saint-Germain.

Man braucht nicht viel Fantasie, um sich die Zukunft vorzustellen: E-Sport-Bundesliga,

E-Sport-Champions-League, große Sponsoren, hohe Ablösesummen, Spitzengehälter.

Eine virtuelle Fußball-WM gibt es schon. Über sieben Millionen Spieler treten zu den Online-Ausscheidungsspielen an; die besten reisen zu Quali� kationsturnieren; die Turniersieger bekom-men einen der 32 Startplätze bei der Endrunde. Die WM 2017 hat Schwartmann noch um Grashalm-breite verpasst: Bei den Quali� kationsturnieren in München und London stand er im Finale – und verlor jeweils 3:4 nach Hin- und Rückspiel.

Der FIFA eWorld Cup 2018 soll größer werden als alle zuvor. Der Austragungsort wurde noch nicht bekannt gegeben, aber die Szene munkelt, dass das Turnier in Russland statt� nden werde, parallel zur echten WM. Diesmal will Schwartmann unbedingt dabei sein. Und sein Arbeitgeber, der FC Schalke, will das auch. Für Schwartmann ist das Spiel längst mehr als Spiel. Aus Spaß ist Ernst geworden. »So wie andere acht Stunden arbeiten, beschäftige ich mich acht Stunden mit FIFA«, sagt er. »Das ist eine Arbeit wie jede andere – nur halt ... neu.«

Die Chancen, dass er bei der WM 2018 um den Titel mitspielt, stehen gut – auch, weil er sich in diesem Jahr voll auf das Training konzentrieren kann. Um noch länger an der Konsole zu sitzen, noch öfter zu grätschen, zu passen, zu dribbeln, zu schie-ßen und zu tre� en, hat er vor seiner zweiten Pro� saison sein Informatikstudium geschmis-sen. Sein Vater hatte ihm dazu geraten. //

tim schwartmann

Der junge Schalker E-Sport-Pro� hat sein Informatikstudium geschmissen und bestreitet bis zu 40 Fußballpartien an einem Wochenende.

Bilder: FC Schalke 04 Esports

schalkes weltelfCristiano Ronaldo, Gareth Bale, David Alaba –

in Tim Schwartmanns FIFA-Team des FC Schalke 04 spielt kein einziger Schalker. Der Grund:

Die individuelle Stärke der Spieler orientiert sich an der realen Leistung; um ganz oben mitzu-

spielen, braucht man die besten Spieler Europas von Vereinen wie Real Madrid oder dem FC Bayern

München (Spieler vom Lokalrivalen aus Dortmund sind natürlich tabu). Die Hälfte von Schwartmanns

Mannschaft besteht aus »Ikonen«, also Legenden der Fußballgeschichte wie dem brasilianischen Torjäger

Ronaldo oder dem englischen Abräumer Rio Ferdinand. Seinen Lieblingsspieler, den niederländischen Wirbelwind

Ruud Gullit, hat Schwartmann in Wirklichkeit nie spielen sehen: Gullit beendete seine Karriere im Sommer 1998 – ein

paar Monate vor Schwartmanns Geburt.

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SINGULARITÄTRAY KURZWEIL, FUTURIST UND

ENTWICKLUNGSLEITER BEI GOOGLE, DATIERT DAS EINTRETEN DER

SINGULARITÄT AUF DAS JAHR 2045.

M I L L I A R D E N US-DOLLAR UMSATZ

MIT VERNETZTEN GERÄTEN3,1 MILLIONEN INDUSTRIEROBOTER

110 MILLIARDEN

US-DOLLAR UMSATZ MIT VR

83 %ALLER MENSCHEN HABEN ZUGANG ZU ELEKTRIZITÄT.

STROM

Quellen: 1) boell.de, 2) Ray Kurzweil, Menschheit 2.0 – Die Singularität naht, 3) zukun� sentwicklungen.de, 4) businessinsider.de,

5) statista.com, 6) statista.com

3

6

Zukun� in Zahlen.

532

80 % STÄDTER

Zukun� in Zahlen.

Dann sollen Maschinen so schlau wie Menschen sein.2

80 % der Weltbevölkerung wird 2050 in Städten leben.1

Bis zum Jahr 2025 sollen die Erlöse mit Virtual Reality 110 Milliarden US-Dollar betragen –

und damit den TV-Markt überholen.4

Im Jahr 2020 sollen weltweit rund 3,1 Millionen Industrieroboter im Einsatz sein (2016: 1,8 Millionen).

Für das Jahr 2020 wird prognostiziert, dass mitvernetzten Geräten weltweit ein Umsatzvolumen von rund 532 Milliarden US-Dollar erreicht werden kann.5

(200

0: 7

3 %)

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faszinierende Flops

V om Hauptbahnhof München zum Flughafen MUC in zehn Minuten – diese Worte sind auf ewig mit Edmund Stoiber und seinem Traum vom Transrapid verbunden. Der damalige bayerische Ministerpräsident hatte

tatsächlich die Vision, Passagiere mit rund 350 Sachen vom Münchener Zentrum ins Erdinger Moos zu katapultieren. Doch der High-Speed-Zug scheiterte. Den Grund nennt Technik-historiker Reinhold Bauer: Man sei mit Entwicklung und Ver-marktung nicht hinterhergekommen, die Marktlücke füllten andere. Schienenzüge wie ICE und TGV wurden schneller, Flüge billiger. Einzig Schanghai hat eine Teststrecke gebaut.

Der Transrapid ist keine Ausnahme, Scheitern gehört zum Business. Laut Gesellschaft für Konsumforschung können sich mehr als 70 Prozent der Erfindungen im Bereich Konsum-güter nicht durchsetzen. Diese Zahl ist verglichen mit anderen Studien zum Thema optimistisch. Vor allem faszinierende Visionen scheinen prädestiniert für das Scheitern zu sein.

skype-vorgänger kam nicht gut an

Beispiel Videotelefonie: Das Picturephone war in den 70ern sozusagen der klobige Vorgänger von Skype. Ein fernsehartiges Telefongerät, das den Gesprächspartner am anderen Ende des Kabels in Schwarz-Weiß übertrug, war die vermeintlich perfekte Kombination der damaligen Trendtechnologien TV und Telefon. Sein extrem hoher Preis ist nur einer der Gründe, warum die Erfindung heute neben der Datenbrille Google Glass, Lasagne vom Zahnpasta-

hersteller Colgate, Zahnpasta vom Rüstungskonzern Bofors und grünem Heinz-Ketchup als Exponat im schwedischen »Museum des Scheiterns« steht. Bei den letzten drei Produkten lag es wohl an fehlender Kundenfokussierung.

»Dass die Einführung einer Neuerung zu einem bestimmten Zeitpunkt misslingt, schließt keinesfalls aus, dass dieselbe Technologie zu einem späteren Zeitpunkt oder in einem anderen Land sehr erfolgreich sein kann«, schreibt Reinhold Bauer im Buch »Gescheiterte Innovationen« und nennt die Mikrowelle als Beispiel. Was heute Küchenstan-dard ist, war nicht nur eine Erfindung des Zufalls, sondern zunächst ein Flop. Das lag an der unpraktischen Größe und am Preis, aber auch an falscher Vermarktung. Die amerikanische Rüstungsfirma, die die Technologie in den 40ern erfunden hatte, brachte die Mikrowelle unter dem Namen »Radar-range« heraus – Hausfrauen sprach das nicht unbedingt an. Außerdem hänge Erfolg immer von der Umgebung ab: In Ländern mit »anspruchsvollerer Esskultur«, so Bauer, habe die Mikrowelle bis heute kaum Anklang gefunden.

Trotz guter Ideen setzen sich viele Er� ndungen am Markt nicht durch. Warum Innovationen scheitern und wieso das Timing entscheidend ist.

Otto Lilienthal: »Opfer müssen gebracht werden.« Bild: Imagno/Hulton Archive/Getty Images

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Das »Museum of Failure« aus Schweden ist eine Sammlung gescheiterter Produkte, die auch in anderen Gegenden der Welt

gezeigt wird. Der Segway, der Apple Newton, Donald Trumps Version

des Spiels »Monopoly« …

museumo� ailure.se

i

Das Lernen aus Fehlern ist Bestandteil agiler Vorgehensweisen. Unternehmen, die agil handeln wollen, benötigen daher eine sogenannte

Fehlerkultur. Diese umfasst die Punkte:

1. fehler akzeptieren – die angst nehmen2. fehler schnell eindämmen – schaden begrenzen3. lösungen statt schuldige suchen – aus fehlern lernen4. gemeinsame analyse – strategische manöverkritik5. fehlerkultur vorleben – von oben nach unten6. mitarbeiter schulen – wandel ist ein weg

In der Digitalwirtschaft gilt Scheitern nicht als Tabu, sondern als »normal«. Man hat sich damit arrangiert und macht das Beste draus. Basis bildet das Mantra aus dem

Silicon Valley »Fail fast / Fail cheap« – scheitere schnell und billig. Wenn eine Idee nicht funktioniert, muss die Umsetzung rasch gestoppt, aus den Fehlern gelernt und ein

neuer Ansatz erprobt werden. Gerade in den schnelllebigen Zeiten der Digitalisierung ist es nur schwer möglich, eine Innovation für die Ewigkeit zu planen –

bis man merkt, dass die Karawane wie beim Transrapid längst weitergezogen ist.

schneller scheitern

umweltsünder mit überschallgeschwindigkeit

Gourmetnationen wie Frankreich träumten derweil lieber von Champagner bei zweifacher Schallgeschwindigkeit und davon, dass die Concorde das europäi-sche Prestigeprojekt der Luftfahrt wird. 1969 hob die »Diva der Lüfte« erstmals ab. Doch schon bald war klar: Nur wenige Fluggesellschaften wollten in der Ölkrise die durstigen Jets in ihrer Flotte haben. Der Kerosinverbrauch war viermal so hoch wie bei einem Jumbo. Mit knapp 100 Plätzen, einem Ticketpreis von zu-letzt mehr als 8.000 Dollar für die Strecke Paris - New York und den schwarzen Abgaswolken galt die Concorde als wirt-schaftliche und ökologische Niete. Der tragische Absturz einer Maschine im Juli 2000 in Paris mit 113 Toten besiegelte schließlich ihr Schicksal.

Dass heute wieder Organisatio-nen wie die NASA oder die Firma Boom

neue Überschallflugzeuge bauen wollen, verweist auf eine ökonomische Binsen-weisheit: Mit der Nachfrage kommt der Erfolg. Und ohne Blick auf den Kunden keine Nachfrage. Dies gilt auch für den Wankel-Motor, der als sinnvolle Alter-native zum Kolbenantrieb gehandelt wurde. Die faszinierende Technologie versprach zwar einen höheren Wir-kungsgrad, hatte aber ein Problem: Der Verbrennungsraum ließ sich nur schwer abdichten, was dazu führte, dass der Motor tendenziell mehr Sprit verbraucht und schneller kaputtgeht.

zu groß gedacht

Grandios gescheitert ist man vormehr als 30 Jahren auch in Schleswig-Holstein. Die Große Windenergieanlage – kurz Growian – sollte eine Antwort auf die Ölkrise der 70er sein, ein Prestige-projekt, und wurde mit Millionen Mark von Staat und Konzernen erbaut. Doch das Material hielt nicht stand. Die

Windräder, fast so hoch wie der Kölner Dom, standen meist still. Man hatte für damalige Verhältnisse zu groß gedacht. 1985 schreibt die Zeit darüber: »Als hätte man Otto Lilienthal nach seinen ersten Flugversuchen mit dem Bau eines Überschalljets beauftragt.«

Apropos Lilienthal: Wie viele Rückschläge hatte der Luftfahrtpionier über sich ergehen lassen müssen, bevor er das erste Mal abhob! Am 10. August 1896 flog er 15 Meter hoch. Die Verlet-zungen, die er beim anschließenden Sturz erlitt, führten wenige Tage später zum Tod.

Die Idee von Edmund Stoibers High-Speed-Magnetschwebebahn hat bekanntlich Tesla-Chef Elon Musk wieder ins Gespräch gebracht. Beim Hyperloop sollen die Passagiere in Kapseln mit mehr als 1.000 Stunden-kilometern durch eine unterirdische Vakuumröhre geschossen werden. Rechnerisch wäre man dann in rund zwei Minuten am Münchener Flughafen. Ob die Zeit dafür schon reif ist? //

Der Transrapid: Sein Grundprinzip lebt

im Projekt Hyperloop von Elon Musk weiter.

Bild: wikipedia/Tim Reckmann

Heinz Green Sauce: konnte sich nicht

gegen den roten Platz-hirsch durchsetzen.

Bild: Samuel WestDas Picturephone: groß, teuer und schwer zu bedienen.

Bild: Sam Falk/laif

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Kratzbaum und Gummiknochen waren gestern – die Zukun� der Haustierhaltung sind App-gesteuerte Spielzeuge, GPS- und Fitness-

tracker, RFID-Haustürklappen sowie intelligente Futterstationen.

Für das smarte Haustier

S tellen Sie sich vor, Sie sitzen im Büro und erhalten eine Nachricht über das Smartphone: »Ihr Hund bellt. Möchten Sie ihn beruhigen?« Per Liveschalte werfen Sie einen Blick ins heimische Wohnzimmer, sprechen mit Ihrem treu-

en Freund und werfen ihm eine Belohnung zu. Möglich macht das Furbo, eine interaktive HD-Weitwinkelkamera mit Infra-rot-LED-Nachtsichtfunktion, integriertem Lautsprecher und per App gesteuertem Leckerlispender. Für 199 Euro.

Bizarr? Mitnichten, denn in der internationalen Start-up-Szene poppen ständig neue Projekte auf, um Haustiere in einen digital vernetzten Alltag zu integrieren. Dass viele Ideen ankommen, zeigen zahlreiche erfolgreiche Crowdfunding-Aktionen und eine große Fangemeinde in den sozialen Medien – die oftmals bereits während der Entwicklungsphase neuer Geräte von den Gründern eingebunden wird.

Auch die »Prognosestudie zur Heimtierhaltung in Deutschland bis zum Jahr 2025« bestätigt den Trend zum »smarten Haustier«, denn Tierbesitzer seien aufgeschlossen gegenüber Online-Diensten und Apps, die den Umgang mit Tieren unterstützen. Türklappen ö� nen sich mittlerweile automatisch, sobald das Tier per RFID oder Mikrochip erkannt wird. Auch vernetzte Spielzeuge wie PlayDate, ein Spielball, der sich per App und Touch-Interface durchs Haus steuern lässt, sind gefragt. Der intelligente Futternapf Cat� be� ndet sich noch in der Entwicklungsphase. Per Gesichts-erkennung und mit Hilfe einer integrierten Waage sollen das Fress- und Trinkverhalten kontrolliert und dadurch Krankheiten früher erkannt werden.

Selbst große Unternehmen setzen mittlerweile auf Gadgets für Tiere, wie der GPS- und Aktivitätstracker V-Pet von Kippy und Vodafone zeigt. Das Hightech-Halsband mit eingebauter V-Sim sorgt dafür, dass Hunde oder Katzen jederzeit EU-weit geortet werden können. Mit der App lässt sich außerdem ein digitaler Zaun errichten – übertritt das Tier die Grenze, wird der Besitzer benachrichtigt. Zudem informiert der Tracker über das Schlafver-halten und den Kalorienverbrauch. Der Fitnessassistent kontrolliert die Aktivitäten des Haustiers und bietet Gesundheitstipps.

Aber nicht nur Hund und Katze werden smart; auch Aqua-rien sind zunehmend vernetzt. Per App und Sensoren lassen sich die Wasserqualität, Beleuchtung und Heizung überwachen und steuern. Die Beleuchtung etwa kann auf den Tagesrhythmus abge-stimmt werden. »Mit der Hilfe von Technik können Tierfreunde ihre Tierhaltung den � exiblen und weitgehend entstrukturierten Tagesabläufen anpassen und eine tiergerechte P� ege gewähr-leisten«, meint Antje Schreiber, Sprecherin des Zentralverbandes Zoologischer Fachbetriebe e.V., und fügt hinzu: »Aus Tierschutz-sicht ist gegen elektronische Gadgets nichts einzuwenden, so-lange sie nicht die regelmäßige Beschäftigung mit den Tieren sowie Freilauf oder Gassigehen ersetzen.«

Wer zuerst einen serienreifen (und regenfesten) Gassi-Bot entwickelt, kann ein Vermögen machen. //

tierisch vs. technischPlayDate ist ein smarter Ball mit App-Steuerung.

Bilder: PlayDate (links), ANKI (rechts)

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sehnsucht nach cozmo? auf seite 25 fi nden sie unser gewinnspiel!

W as in den 90er Jahren mit dem Tamagotchi begann, hat sich insbesondere in Japan als Hype um elektro-nische Haustiere weiterentwickelt. Es folgten diverse E-Pets wie die Kunstkatze Yume Neko, der Hund Aibo

und die Robo-Robbe Paro, die speziell für demente Menschen entwickelt wurde.

Bizarr? Mitnichten. Roboter liegen voll im Trend. Mit Cozmo ist seit Kurzem einer der fortschrittlichsten Begleiter für den privaten Gebrauch erhältlich. Der kleine Freund fährt auf Gummibändern, hat einen Hebearm und sieht aus wie ein Gabel-stapler aus einem Animations� lm. Sein »Kopf« ist mit einem Dis-play ausgestattet, das Augen und Mimik darstellen kann. Erdacht wurde er von einem interdisziplinären Team aus Robotikspezia-listen, Animatoren und Spieleentwicklern des US-Unternehmens Anki. »Mit Cozmo de� nieren wir die Erwartungen der Konsumen-ten bezüglich der emotionalen Bindung, die Menschen mit einem

Roboter eingehen können, völlig neu,« sagt Boris Sofman, CEO und Mitgründer. Dank seines hoch entwickelten Gesichtserken-nungs- und Wahrnehmungssystems scannt der etwa tennisball-große Zeitgenosse seine Umgebung. Tatsächlich leuchten die Augen, wenn er ein Gesicht erkennt.

Programmiert wird Cozmo im Code Lab – Teil der neu-esten Cozmo-App und eine Plattform für Anfänger, die auf der intuitiven und visuellen Programmiersprache Scratch Blocks basiert. Per Drag-and-drop können einfache Programmierbau-steine verschoben werden, die das Verhalten von Cozmo unmittel-bar beein� ussen. So kann jedermann Code schreiben oder auf die zahlreichen Robotiktechnologien zugreifen, mit denen Cozmo ausgestattet ist. Für komplexere Aufgaben bietet Anki das Python Software Development Kit (SDK) an, eine Open-Source-Entwick-lerplattform, mit der Nutzer auf die moderne Roboterhardware und -software von Cozmo zugreifen können. Damit soll Cozmo beispielsweise Einzug in Schulen und Coding-Kurse halten.

Auch Sony verkauft mit Aibo Roboter für zu Hause. Ende 2017 präsentierte der Elektronikkonzern eine neue Version des Robo-Hundes, der 2006 vom Markt verschwand. Ausgestattet ist er mit zwei Kameras, kleinen OLED-Displays in den Augen und schnellem LTE-Datenfunk. Der neue Aibo soll besser mit dem Besitzer interagieren können und mit Hilfe von Sensoren Streichel-einheiten erkennen. Außerdem ist er dank »KI« in der Lage, sein Verhalten an die Reaktionen der Menschen anzupassen. Nach zwei Stunden muss allerdings eine Zwangspause eingelegt werden – dann nämlich ist der Akku leer, die neuzeitliche Variante des Gassigehens. Vorerst wird es den Robo-Hund nur in Japan geben – für umgerechnet 1.500 Euro plus Gebühren für ein monatliches KI-Abo, das für Updates und Lernfortschritte sorgt.

Wer es lieber eine Nummer kleiner mag, der setzt einfach wieder auf die virtuelle Kükenp� ege: Zum 20-jährigen Jubiläum im Herbst 2017 hat Bandai die Tamagotchis in Neuau� age zurückgebracht. //

Wer auf einen elektronischen Artgenossen setzt, bekommt mit Cozmo, Aibo und Co. intelligente Kleinroboter, die Emotionen zeigen und mit ihren Besitzern interagieren. Außerdem müssen sie nicht vor die Tür.

Für den smarten Halter

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E lon Musk hatte gerade zwei Tage seine Doktoranden-stelle an der kalifornischen Elite-Uni Stanford ange-treten, da schmiss er wieder hin, gab das auf, wovonandere Studenten träumen, und beschloss, das Inter-

netunternehmen Zip2 zu gründen. Das war 1995. Heute – einige Firmen später – ist Musk einer der erfolgreichsten Unternehmer der Welt. Und auch wenn der Tesla-Gründer es sich in seiner Villa in Bel Air bequem machen könnte und nie mehr einen Finger rühren müsste, greift er weiterhin nach den Sternen. Er will unterirdische Hochgeschwindig-keitstunnel bauen und der Menschheit ermöglichen, den Mars zu besiedeln.

Fraglich ist, welche dieser Vorhaben eines Tages Realität werden. Klar ist nur: Elon Musk prescht gerne mit waghalsigen Ideen hervor und scheut die Kritik seiner Skeptiker nicht – Mut, für den er belohnt wurde und der ihn zur Symbolfigur für viele innovative Typen seiner Zeit macht.

Auf der anderen Seite des pazifischen Ozeans sorgt Hiroshi Ishiguro für Aufsehen. Bevor der Mann mit dem

ernsten Blick, dem schwarzen, hochgeschlossenen Hemd und der 70er-Jahre-Föhnwelle zum »Popstar der japani-schen Roboterforschung« (Die ZEIT) forcierte, studierte er Kunst. Heute leitet er das Intelligent Robotics Laboratory an der Universität Osaka, baut dort humanoide Roboter und forscht, wie Mensch und Android voneinander lernen können. Sein wohl bekanntestes Werk ist sein eigener Roboterzwilling, der Geminoid HI 2, der ihn manchmal auf Vorlesungen vertritt. Sogar Hautporen wurden bei dem Doppelgänger nachempfunden – eine Ähnlichkeit, die man-chen Betrachter gruselt.

Doch im robotikverrückten Japan wird Ishiguro gefeiert, seine Androiden waren im Fernsehen und auf Theaterbühnen zu sehen. Seine These vertritt er radikal: In Zukunft werden Mensch und Roboter koexistieren. Roboter sollen nicht nur Unterstützer im Alltag sein, wie bei der Pflege von alten Menschen oder an der Hotelrezeption. Wenn es nach ihm geht, sind Roboter Freunde, gar Familien-ersatz, Lebensgefährte. Bei seinem Telenoid beispielsweise handelt es sich um einen Telepräsenzroboter. Die »weiße Puppe« mit beweglichen Augen überträgt Mimik und Stimme eines Gesprächspartners, der sich an einem anderen Ort befindet. Großeltern, die gerne mehr Familie um sich hätten,

Die Vorausdenker

Sie stehen für den Mut, Neues zu wagen, das Geschick, Investoren zu überzeugen, und das Selbstbewusstsein, Kritik zu ertragen. Dafür müssen sie es aushalten, wenn andere die Lorbeeren ernten. Welche innovativen Denker prägen unsere Welt von morgen?

Der japanische Professor Hiroshi Ishiguro teilt sein Leben mit einem Roboterzwilling, dem Geminoid HI 2.Bild: Hiroshi Ishiguro Laboratory, ATR

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so der Forscher in einem Interview, könnten auf diese Weise die Anwesenheit des Enkels nachempfinden. Auch sein Doppelgänger, sagte Ishiguro in einem Vortrag, sei ein Spielpartner, den seine kleine Tochter akzeptiert.

drohnen für afrika

Weniger prominent als Musk und Ishiguro, dennoch bemerkenswert ist die Geschichte von Jonathan Ledgard, der die medizinische Versorgung und den Handel in Afrika revolutionieren wollte – und zwar mit Drohnen. Sogar den Stararchitekten Norman Forster hatte er von der Idee überzeugt und mit der Planung eines ersten Drohnenflug-hafens in Ruanda beauftragt. Ledgard gab seinen Job auf, um sich vollkommen seinem Projekt Redline zu widmen. An der Hochschule in Lausanne gründete er dafür das Labor Afrotech. Er reiste durch die Welt, um von seinem Projekt zu erzählen und Investoren zu überzeugen. Doch ein Start-up aus San Francisco kam ihm zuvor. Gegründet worden war es von einem jungen Robotiker, den Ledgard einst per-sönlich zu einem seiner Vorträge eingeladen hatte. Dessen Unternehmen Zipline hatte schneller Investoren gefunden. Im Oktober 2016 hob der erste Flugroboter mit Blutkonserven ab. »Amerikanische Drohnen retten Leben in Ruanda«, titelte das TIME Magazine. Jonathan Ledgards Name kam in dem Artikel nicht mehr vor.

lufttaxis aus baden-württemberg

Abheben will auch Alexander Zosel, Mitgründer des Unternehmens Volocopter aus Bruchsal. »Das erste Auto wurde hier erfunden, von Herrn Benz. Draiss hat das Fahr-rad hier erfunden und wir den elektrischen Helikopter«, sagt Zosel voller Stolz auf die Technikgeschichte seiner Heimat. Sein Englisch ist gefärbt vom badischen Dialekt, und sowieso wirkt Zosel ganz anders als der typische Start-up-CEO à la Silicon Valley: ein bulliger Typ mit auffälligem Tattoo bis zum Hals, einer, der den Akkuschrauber noch selbst anfasst. Ob Digitaldruckfirma, Cocktail-Party-Service oder Diskothek – Zosel hat schon vieles gegründet.

2011 hatten er und sein Geschäftspartner schließlich die Idee: ein autonomes, emissionsfreies Lufttaxi, das die Mobilität in den verstopften Großstädten revolutioniert. »Ich kreiere keine Visionen, sondern bin ein sehr standhaf-ter Mensch. Meine Projekte sind realisierbare Zukunfts-bilder, die sich auch an sich ändernde Technologien und Umstände ständig anpassen«, sagt Zosel. Im September 2017 hat sein e-volo den autonomen Jungfernflug in Dubai überstanden. Die Stadt am Persischen Golf ist Partner des Projekts und will Senkrechtstarter als Verkehrsmittel ein-setzen. Neun Batterien versorgen 18 Rotoren und treiben den Zweisitzer in der Spitze auf 100 km/h hoch, bei einer Reisegeschwindigkeit von 70 km/h soll das Fluggerät 27 Kilometer weit kommen.

Investoren wie Daimler und der bekannte deutsche Risikokapitalgeber Lukasz Gadowski (StudiVZ, Spreadshirt) unterstützen die Flugpioniere aus dem Ländle mit rund 25 Millionen Euro. In den nächsten drei bis fünf Jahren, so das Unternehmen, soll der e-volo in Serie gehen. Innovative Typen können, anders als Elon Musk, eben auch ganz boden-ständig auftreten – und dennoch Überflieger sein. //

Der Telenoid – Enkelersatz für japanische Großeltern?

bit.ly/2kZL74X

Lu� taxis aus Bruchsalvolocopter.com

Zipline-Drohnen in Afrika� yzipline.com

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herr rudolph, welche trends prägen den bereich automotive?

Die steigende Innovationsge-schwindigkeit in Mobilitätsthemen mit hohem Neuheitsgrad auch für die Auto-mobilhersteller führt bei ihnen dazu, ihre Zusammenarbeit mit Dienstleistern in Form komplexer Werkverträge auszubauen. Damit wollen sie insbesondere das techni-sche Know-how einbinden und Rechtskon-formität sicherstellen. In diesem Kompe-tenzgeschä� geht es für FERCHAU darum, Projekterfahrung und Fachkenntnisse vorzuhalten, um die Au� räge der Kunden annehmen zu können. Daher scha� en wir mit der Fokussierung die organisatorischen Voraussetzungen. Wenn man in den relevanten Technologiefeldern kein tiefes Know-how vorweisen kann, kommt man an die Automotive-Au� räge nicht heran – das Henne-Ei-Dilemma.

können sie hierfür ein konkretes beispiel nennen?

In der E-Mobilität sind beispiels-weise Prüfstände für Energiespeicher gefragt. Nach den Vorstellungen der Auto-hersteller müssen Competence-Partner in-vestitionsbereit und proaktiv Prüfstandcen-ter mit au� auen, um anschließend von den aktuell stark steigenden Vergabevolumina zu pro� tieren. Wir wollen dieses Geschä� s-feld ausweiten und die Chancen ergreifen, die uns der Markt für diese Art Themen im komplexen Werkvertrag bietet.

was erwarten sie sich generell vom automotive-sektor in den kommenden jahren?

Rund um das Automobil – und die Mobilität von morgen – erö� nen sich viele Betätigungsfelder und Anknüpfungspunkte für uns. Wir rechnen mit Wachstum vor allem in den Innovationsbereichen alterna-tive Antriebskonzepte, autonomes Fahren und Connectivity. Besonders die Digitalisie-rung und die ganzheitliche Betrachtung der Mobilität geben uns ordentlich Rückenwind. FERCHAU hat durch seine Präsenz im Markt, die Branchenerfahrung in Automotive und IT sowie durch die Organisations- und Prozess-orientierung eine stabile Basis gelegt, um das Marktpotential erfolgreich zu erschlie-ßen. Mit den Werkstätten gehen wir nun einen Schritt weiter. Und schließlich bietet das Kompetenzgeschä� auch für Systemlie-feranten, insbesondere in den boomenden Car-IT-Themen, großes Potential in der Zusammenarbeit.

was bedeutet der aufbau des kompetenzgeschäftes von ferchau eigentlich aus sicht der kompetenzträger? schließlich ist der fach-kräftemangel ein weit verbreitetes phänomen.

Für die technischen Themen der Zu-kun� ist der Fachkrä� emangel in der Tat eine echte Herausforderung. Hier wird es für reine AÜ-Dienstleister schwierig, einen Fuß in die Tür zu bekommen. Wenn diese spezialisierten Ressourcen nicht verfügbar sind, muss man sie intern erst quali� zieren. Dies geht wiederum nur über Kompetenzcenter mit ihren Werkstatt- und Projekt� ächen, in denen Mitarbeiter eigenes Know-how au� auen. Damit können sie dann beim Kunden punkten – hoch im Kurs stehen derzeit unter anderem Informatiker, Elektronikentwickler und Projektleiter, speziell für die neuen technischen Disziplinen.

wo sehen sie die zukunft des automotive-bereichs?

Überall dort, wo es schwerpunkt-mäßig um Fahrzeugentwicklung geht, bietet das Kompetenzgeschä� für FERCHAU großes Potential. Das tri� für unsere AUTOMOTIVE-Standorte in München, Stuttgart, Ingolstadt und Wolfsburg sowie die jüngste Neuerö� nung Heimsheim AUTOMOTIVE bei Weissach zu. Damit ergänzen wir unsere Zusammenarbeitsmo-delle, was man beispielsweise beim Kunden Daimler mit einem ausgeprägten AÜ-Ge-schä� sehen kann. Um diese Entwicklung auch strukturell zu unterstützen, planen wir, den Geschä� sbereich AUTOMOTIVE 2018 in eine eigene Organisation zu überführen.

was bedeutet der schritt für die schnittstelle zum klassi-schen geschäft von ferchau?

Wie gesagt, das Kompetenzgeschä� ist eine Ergänzung zu unserem starken AÜ-Standbein. Die Produktionsstandorte der Automobilhersteller werden ja wei-terhin durch unsere Classic-Organisation betreut. Unsere Automobilkunden erwarten, dass große Engineering-Dienstleister wie FERCHAU in allen Zusammenarbeitsmodel-len und übergreifend aktiv sind. Wichtig ist: Vom Kompetenzgeschä� pro� tieren nicht nur die Automobilkunden, sondern auch die Organisation, die Mitarbeiter und nicht zuletzt die übrigen Kunden insbesondere aus der Zulieferindustrie. Die Digitalisierung verändert schließlich alle Branchen. //

christian rudolphLeiter Geschäftsbereich AUTOMOTIVEFERCHAU Engineering

FERCHAU übernimmt mehr Verantwortung für komplexe Entwicklungsprojekte. Ein Schwerpunkt des Geschäfts mit Engineering-Competence: der Bereich Automotive. Dessen Leiter Christian Rudolph erläutert im Interview den Hintergrund

für die Fokussierung und den Nutzen für die Kunden.

Vorfahrt für Kompetenz

KANDIDATEN

Finden Sie Ihre Spezialisten:FERCHAU.COM/GO/EXPERTEN

IT-SECURITY

1.326bundesweit

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Im Mittelpunkt unserer exklusiven Veranstaltungsreihe »FERCHAU Innovation Table« (FIT) steht 2018 die Arbeitswelt der Zukunft. Es gelten die erprobten Regeln: zehn Termine in Deutschland, außergewöhnliches Ambiente, zwei spannende Referenten, schnell entschlossene Teilnehmer. Prof. Dr. Gunter Dueck, ehemaliger Cheftechniker der IBM Deutschland, spricht über »die Welt nach Cloud Computing« – was der technische Fortschritt für die Menschen bedeutet, wenn alle leichten Auf-gaben von Algorithmen geleistet werden. Und Keynote-Speaker Ralph Goldschmidt beschreibt die Auswirkungen von Industrie 4.0, Digitalisierung und Globalisierung auf die Arbeitswelt: Alles ist VUKA – volatil, unsicher, komplex, ambivalent.

ferchau.com/go/� t

FIT für die Zukunft

Im Bereich der Arbeitnehmerüberlassung (AÜ) fordern Un-ternehmen ein Höchstmaß an Flexibilität bei größtmöglicher rechtlicher Sicherheit. FERCHAU unterstützt seine Kunden daher mit einem eigens entwickelten SAP-Modul: Hier sammeln wir alle relevanten Projekt-, Vertrags- und Stammdaten und sichern den Anspruch auf gesetzliches beziehungsweise tari� iches Equal Pay.

Im Fokus der Analyse stehen Branchenzuschläge, die Über-lassungshöchstdauer, Karenzzeiten, Vergleichsentgelte und eine eventuelle Vorbeschäftigung. Softwareseitig werden alle individuellen Fristen und Laufzeiten verfolgt, zudem verschickt das SAP-Modul automatisch Berichte und Warnungen. Darüber hinaus sind unsere Formulare, Vertragsdokumente, Abläufe und Vorgaben von einschlägig erfahrenen Rechtsexperten geprüft.

Equal Pay bei FERCHAU mit dem integrierten SAP-Modul ist flexibel und rechtssicher in sämtlichen Tarifmodellen. Die Rechtskonformität bei Akquisition und Abwicklung von Kundenprojekten auf werk- und dienstvertraglicher Basis wurde ebenfalls neu strukturiert und in einem SAP-Modul hinterlegt. Dazu zählen interne Tools und Prozesse sowie Regelungen zur Zusammenarbeit und Kommunikationsmodelle. Alle Abläufe wurden von der DEKRA zerti� ziert – dies sorgt für die notwen-dige Transparenz und Nachvollziehbarkeit bei Kunden und Lieferanten. Einen nicht rechtskonformen Vertrag wird es trotz erhöhter Komplexität auch zukünftig bei FERCHAU nicht geben.

Unseren aktuellen Flyer zum SAP-Modul können Sie hier herunterladen: ferchau.com/go/download

Rechtssicher – eine Frage des SystemsFERCHAU bietet maßgeschneiderte Rechtskonformität im Bereich Equal Pay: Durch unser eigens entwickeltes SAP-Modul sind unsere Kunden auch nach der AÜG-Reform auf der sicheren Seite.

HALLE 2, STAND C 47

23.–27.04.2018

Besuchen Sie uns:

FERCHAU auf der HANNOVER MESSE:

sprechen sie mit unseren Jobpro� s über Karrieren und Perspektiven in Technik und Vertrieb.

erleben sie Technik auf unserer Videowall.

freuen sie sich auf faszinierende Technikerlebnisse und begeben Sie sich auf eine virtuelle Achterbahnfahrt. Unsere Virtual Reality Web App ermöglicht außergewöhnliche Einblicke in komplexe 3D-Objekte.

surfen sie mit der FERCHAU Job App in Ruhe zu Ihrem Traumjob.

machen sie sich als freiberu� icher Spezialist ein Bild davon, wie FERCHAU auf Ihre Expertise setzt.

VDI-Stand, HALLE 2, STAND C 40

Wir sehen uns in der Zukunft und auf der HANNOVER MESSE!

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Binär.bewegtSie gelten als unvereinbare Gegensätze: Kunst erwächst aus Schöngeist, Freigeist, Schöpfung – Technik nährt sich von Pragmatismus, Klarheit und Ratio. Diese Trennlinie zweifeln wir im interdisziplinären FERCHAU-Kunstwettbewerb »ART OF ENGINEERING« bewusst an und fragen: Blüht die Kunst im 21. Jahrhundert dank der neuen Technologien nicht auf ? Wie pro� tiert die Ingenieurwissenschaft von kreativen und waghalsigen Ideen?

Brücken sind gefragt, auch zwischen den aktuellen Trendthemen IT und Mobilität: Digitaler Wandel, Datenströme, Neuroscience und Verkehrsinfrastruktur prägen die Bewegung der Zukunft. Unter dem Motto »binär.bewegt – Symbiosen von IT und Mobilität« steht daher auch die inzwischen fünfte Au� age von ART OF ENGINEERING. Die Veranstaltung lädt Künstler, Ingenieure und Informatiker dazu ein, sich mit ihren Werken in das Spannungsfeld zwischen Kunst und Technik zu begeben. Zum Thema »binär.bewegt« werden Objekte, Skulpturen, Installationen, Bilder sowie Gemälde ausgezeichnet, die sich mit Symbiosen von IT und Mobilität auseinandersetzen.

Derzeit berät eine hochkarätige Jury aus Forschung, Wirtschaft, Bildung und Kunst über die Finalisten des Wettbewerbs. Partner des ART OF ENGINEERING sind unter anderem die Fraunhofer-Gesellschaft, der VDI Verlag, das Internationale Bionik-Zentrum, das Museum für Angewandte Kunst Frankfurt, die Technische Universität Berlin, die Kunsthochschule für Medien Köln sowie die UNICUM-Hochschulmagazine. Auf der HANNOVER MESSE geht es dann ums Ganze: Hier winkt den drei Besten ein Gesamtpreisgeld in Höhe von 20.000 Euro. //

BINÄR.BEWEGTSymbiosen von IT und Mobilität

PREIS-VERLEIHUNG

am 23.04.18 auf der HANNOVER MESSE am FERCHAU-Messestand!

FERCHAU Engineering hat im Ranking »FOCUS BUSINESS: Deutschlands beste Arbeitgeber 2018« erneut mit einem sehr guten Ergebnis abgeschlossen. In der Gesamtwertung belegen wir Platz 282 von 1.000 geprü� en Unternehmen aller Branchen und Größen. Das große FOCUS-Ranking ermittelt jene Unternehmen in Deutschland, in denen die Beschä� igten mit ihrer Arbeit besonders zufrieden sind. Ausgewertet wurden neben einer Online-Befragung die Portale kununu und XING. So kamen über 127.000 Arbeitgeber-beurteilungen zusammen.

Mehr dazu unter: bit.ly/2EqGcSB

FERCHAU belegt bei der Auszeichnung »FOCUS-BUSINESS Beste Arbeitgeber 2018« folgende Platzierungen:

» Branchenübergreifend: Top 282 von 1.000 Unternehmen» Branche Automobil und Zulieferer: Top 17 der Großunternehmen*» Branche Beratung, Agenturen, Kanzleien: Top 3 der Großunternehmen*» Branche Dienstleistungen: Top 3 der Großunternehmen*» [NEU] Extraliste für außergewöhnliches Engagement:

Führungskultur – Top 37

* Großunternehmen mit mehr als 2.000 Mitarbeitern in Deutschland.

Deutschlands beste Arbeitgeber 2018

ART OF ENGINEERING, der interdisziplinäre FERCHAU-Kunstwettbewerb

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r e d p a g e s

GEWINNSPIEL

Künstliche IntelligenzBob, der Baumeister? Nein, wir verlosen Cozmo, den kleinen Gabelstapler. Dieser talentierte Kerl ist fast schon autonom, denn er bringt einen eigenen Willen auf seinen Raupenbändern mit. Cozmo erkennt die Bezugsperson, stupst sie an, will spielen und überrascht einen immer wieder aufs Neue. Verbringt man Zeit mit ihm, entwickelt der Roboter eine einzigartige Persönlichkeit. Dabei kann man an seinem Gesichtsausdruck ablesen, wie er sich fühlt, und mit dem So� ware Development Kit und einer App lässt sich Cozmo mit einfachen Befehlen programmieren. It’s magic!

Wenn Sie an der Verlosung teilnehmen wollen, schreiben Sie uns einfach auf der Seite ferchau.com/go/gewinnspiel, wie Deutschlands Meistermagier 2017 heißt. Kleiner Tipp: Es ist ein Mensch, keine künstliche Intelligenz.

Einsendeschluss ist der 30. April 2018. Viel Glück!

WIR GRATULIERENIn der vergangenen Ausgabe haben wir eine Fujifilm-Sofortbildkamera mit zehn Filmen verlost. Wir gratulieren dem Gewinner Andreas Rode von der Manitowoc Crane Group Germany GmbH!

KANDIDATEN

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BUSINESS-IT

4.500bundesweit

Der Fachkräftemangel und die Digitalisierung setzen derzeit viele Un-ternehmen in Deutschland unter Druck. Dies betri� t nicht nur das klassische FERCHAU-Segment der Produktions-IT, sondern auch diejenige IT, mit der kauf-männische Prozesse unterstützt werden: die Business-IT. Um die Brücke zwischen beiden Bereichen zu schlagen, bietet FERCHAU auch Dienstleistungen im Bereich der kaufmännischen IT an. »Wir wollen den Kundenbedarf in allen IT-Feldern möglichst schnell und optimal bedienen«, berichtet Konstantin von Witzleben, Leiter von FERCHAU Freelance. Allerdings ist dem Manager klar, dass das Vorhaben kein Selbstläufer wird: »Es ist ein hart umkämpfter Markt, aber wir wollen uns festsetzen – schließlich ist die Business-IT ein Wachstumstreiber.« In einem ersten Schritt unterstützt FERCHAU Kunden aus dem Industrieumfeld bei Aufbau, P� ege und Betrieb ihrer kaufmännischen IT.

Darüber hinaus hat FERCHAU einen Pilotversuch in einem deutschen Ballungsraum gestartet, um auf Neukunden aus anderen Branchen zuzugehen. Gezielt akquiriert werden Handelsunternehmen, Banken und Versicherungen, aber auch Firmen aus der Telekommunikation und den Medien. Ziel ist, sich näher am Auftritt klassischer Freelancer-Agenturen zu orien-tieren und das Geschäft in dem Marktseg-ment auszuweiten. Das notwendige Fachwis-sen haben sich die FERCHAU-Experten im Lauf der Jahre erarbeitet und sie können so beispielsweise mit ihren Ansprechpartnern im Finanzumfeld auf Augenhöhe über deren Anforderungen an ihre Business-IT- oder SAP-Systeme sprechen.

Das Team für neue Branchen verfolgt einen umfassenden Ansatz und wickelt vom Freiberufler bis zum Projekt alle anstehenden Aufgaben ab. Im Einzelnen sind sie spezialisiert auf die Segmente Webentwicklung, Softwareentwicklung und Infrastruktur. Der Pilotversuch läuft wegen der gebündelten Nachfrage in einer Metropole und soll auf andere Ballungs-räume ausgeweitet werden. Zwar liegt die Keimzelle im Engineering: In Zukunft werden aber auch Händler und Finanzdienstleister authentische FERCHAU-Kunden sein. //

IT meets BusinessFERCHAU forciert sein Geschäft mit Dienstleistungen im Bereich Business-IT. Mit dem Schritt wird die Lücke neben der Produktions-IT geschlossen. Zusätzlich rücken neue Branchen ins Visier.

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Die Abgasnorm Euro 6 ist nicht nur in Ballungsräumen ein Thema, sondern auch auf Friedhöfen. Davon profitiert Deutschlands Marktführer für Friedhofsbagger und Kommunalfahrzeuge, die Firma HANSA Maschinenbau. An der Erfolgsgeschichte hat auch die FERCHAU-Niederlassung Bremen ihren Anteil.

Schaufeln tut schon lange niemand mehr.

Der APZ 531 ist der leistungs-stärkste Kommunal- und

Friedhofsbagger von HANSA.

Bild: HANSA – Maschinenbau Vertriebs- und Fertigungs GmbH

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H inter einer neuen Montagehalle reihen sich orange Fahrerkabinen, daneben steht ein modernes Verwaltungsgebäude. Im Inneren

herrscht rege Betriebsamkeit, denn im niedersäch-sischen Selsingen, einem kleinen Ort zwischen Bremen und Hamburg, produziert Deutschlands Marktführer für Friedhofsbagger und Kommunal-fahrzeuge. Seit 2013 hat sich die Firma HANSA Maschinenbau GmbH von einem einstigen Hand-werksbetrieb zum modernen, familiengeführten Industrieunternehmen gewandelt. Patrick Palsmeyer trägt neben der Geschäftsführung Verantwortung für die Produktion am Standort Selsingen, während Norbert Palsmeyer für den Vertrieb zuständig ist. Eine Erfolgsgeschichte, die von der FERCHAU-Niederlassung Bremen mit einer ganzen Reihe von Dienstleistungen begleitet wurde.

»Unsere Friedhofsbagger laufen mittler-weile in allen deutschen Großstädten«, sagt HANSA-Geschäftsführer Patrick Palsmeyer nicht ohne Stolz. »Schaufeln tut schon lange niemand mehr.« Vertrieben werden die Produkte über die Unimog-Generalvertretung der Daimler AG quasi als »Mini-Mehrzweck-Fahrzeuge«, so Palsmeyer. »Für diese besonderen Nischenprodukte sind wir Markt- und Technologieführer, denn wir können als Einzige die Euro-6-Abgasnorm darstellen.« Neben Fried-hofsbaggern setzt das Unternehmen auf Schmal-spurfahrzeuge im Kommunalbereich – ein wachsen-der Markt. »Der Vorteil der wendigen Alleskönner aus Selsingen ist ihr großer Funktionsumfang durch die Anbaumöglichkeiten: im Winter Schneepflug oder Frontkehrmaschine und Streugerät, im Sommer Mähsauganlage oder Kehrmaschine zur Straßen-reinigung«, zählt der HANSA-Geschäftsführer auf. »Und dank einer Breite von nur 1,25 Metern kommen unsere Fahrzeuge durch jede Gasse.«

Derzeit fertigen rund 115 Mitarbeiter etwa 70 Friedhofsbagger und 160 Kommunalfahrzeuge pro Jahr. War das 1950 gegründete Unternehmen einst als Handwerksbetrieb organisiert, wird nun prozess-orientiert gearbeitet. »Anfänglich waren die Leute schwer zu überzeugen. Wir haben das seit 30 Jahren so gemacht, war häufig zu hören«, erinnert sich Palsmeyer. Doch das Erfolgsrezept des gebürtigen Ostwestfalen, denen man eine gewisse Beharrlich-keit nachsagt, ist einfach: »Bei so einer Umstruk-turierung muss man die Leute mitnehmen und mit guten Argumenten überzeugen.« Mittlerweile ziehen alle an einem Strang: »Die neue Endmontagehalle haben wir im Team gemeinsam entwickelt und jeder konnte seine Ideen einbringen.«

In der Umbruchphase mit ihren zahlreichen zusätzlichen Herausforderungen hat Patrick Pals-meyer die Bremer FERCHAU-Niederlassung an Bord geholt. »Gemeinsam mit unseren Ingenieuren und Technikern haben FERCHAU-Experten die zentrale Elektrik unserer Maschinen neu entwickelt, gezeich-net und für den Friedhofsbagger umgesetzt – die helfen uns jetzt bei der Optimierung der Fahrzeuge.« Vor einem Know-how-Verlust hat der HANSA-Chef keine Angst, denn die mittlerweile zweijährige Zusam-menarbeit mit FERCHAU ist vor allem durch eines ge-prägt: gegenseitiges Vertrauen. Auch für die Bremer FERCHAU-Niederlassung hat sich die Kooperation mit HANSA in den letzten Jahren vom Neukunden zum Erfolgsmodell entwickelt. »Wir arbeiten über die verschiedensten Vertragsarten sehr eng zusammen: Arbeitnehmerüberlassung, Dienstverträge, Werkver-träge, Personalbeschaffung – das gesamte Dienstleis-tungsportfolio«, berichtet Meik Hämmerling, stellver-tretender Business Manager Industrial Engineering in der Niederlassung neben dem Europahafen. »

»Bei so einer Umstrukturierung muss man die Leute mitnehmen und mit

guten Argumenten überzeugen. Die neue Endmontagehalle haben wir im

Team gemeinsam entwickelt und jeder konnte seine Ideen einbringen.«

patrick palsmeyerGeschäftsführer HANSA Maschinenbau

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Meik Hämmerling Stellvertretender

Business Manager Industrial Engineering

in der FERCHAU Niederlassung Bremen

[email protected]/go/bremen

HANSA Maschinenbau hansa-maschinenbau.de

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Hämmerling und sein Team betreuen rund 160 Mittelstandskunden. Synergien haben die Zusammenarbeit mit HANSA in die Wege geleitet, auch wenn der Kontakt anfangs eher unspektakulär verlief. »Patrick Palsmeyer benötigte 2016 zwei zu-sätzliche Konstrukteure«, erinnert sich Hämmerling. Da war es praktisch, dass FERCHAU Bremen seit Jahren für einen Hersteller von Mobilkranen aus der Region arbeitet. »Dort führen wir komplette Ent-wicklungsprojekte für den Kunden durch«, berichtet Hämmerling. »So kamen wir schnell drauf, dass wir mit unserer Expertise auch ganze HANSA-Projekte abwickeln könnten, denn bei Baggern und Mobilkra-nen gibt es zahlreiche Parallelen.«

In der Zusammenarbeit haben sich dann immer wieder neue Perspektiven eröffnet, vor allem angesichts der Umstellung vom Handwerks- zum Industrieunternehmen mit Prozesssteuerung. »Für die Projektarbeit haben wir für den Kunden ein individuell ausgearbeitetes Portfolio erstellt, mit Ablaufplan, wöchentlichen Projektreports und Darstellung des Restbudgets. Statt zum Festpreis arbeiten wir mit einer Entwicklungsdienstleistung«, so Hämmerling weiter. Vieles werde am kurzen Draht entschieden. »Auch Ideen zur Optimierung diskutieren und liefern wir – die gute Zusammenar-beit ist unser Markenzeichen.«

Bei der Mitarbeiterauswahl setzt HANSA ebenfalls auf die Expertise in Bremen. »Im Mecha-nikerbereich suchen wir selbst. Geht es aber um Elektroingenieure, Konstrukteure oder Mitarbeiter im mittleren technischen Führungssegment, greife ich bei der Kandidatensuche gerne auf Meik Häm-merling zurück«, so Palsmeyer. Dabei profitiert der Maschinenbauer vom hohen Bekanntheitsgrad von FERCHAU, der dafür sorgt, dass auch technische Experten in Selsingen Unterstützung leisten können. »Durch die Lage des Unternehmens am äußeren Rand der Metropolregion Hamburg können viele den spannenden Arbeitgeber bei der Stellensuche schlicht übersehen«, ist Hämmerling sicher.

mitarbeiter, die ins unternehmen passen

Marcel Burwieck ist genau über diesen Weg zu HANSA gekommen. Der 25-jährige Maschinen-bautechniker ist seit Anfang Oktober im Betrieb, zunächst für ein halbes Jahr: »Mein erster Einsatz für FERCHAU ist in der Arbeitsvorbereitung, wo wir uns darum kümmern, dass alle Bauteile den ent-sprechenden Fahrzeugen zugeordnet werden können. Danach ist geplant, in die Konstruktion zu wechseln – schließlich sollte man erst mal in dem Betrieb bleiben, in dem man eingearbeitet ist.« Derzeit ist es für Burwieck genau das Richtige: »Der Job macht viel Spaß, ich werde gut eingearbeitet und bekomme alles erklärt.«

Und auch HANSA entwickelt sich weiter: »Seit der Übernahme wachsen wir um 15 Prozent jährlich mit 25 Prozent Exportanteil in die Märkte Schweiz, Österreich, Benelux und Skandinavien«, so Geschäftsführer Palsmeyer. »Wir haben auch viele Anfragen aus Osteuropa, aber die können wir momentan gar nicht darstellen, weil wir die Kapazität erst nach und nach aufstocken.« Entscheidend sei für HANSA nicht die Menge, sondern die Qualität. »Wir wollen gesund wachsen und dabei auf Kunden-wünsche eingehen.«

In der neuen Endmontagehalle bekommt man einen Eindruck davon, was Palsmeyer damit meint. In einzelnen Boxen stehen die kleinen Mehrzweck-fahrzeuge in unterschiedlichen Fertigungsstufen. Dort werden sie von Grund auf zusammengesetzt. An jeder Box prangt ein Schild: Bad Oldesloe, Lübeck, Nürnberg, Helsingborg. Schließlich wird jedes Fahrzeug individuell in Handarbeit und ganz nach Kundenwunsch ausgestattet. Und trotz der Industrialisierung in den vergangenen Jahren: Zumindest hier kehrt HANSA wieder zu seinen handwerklichen Wurzeln zurück. //

HANSA-Geschäftsführer Patrick Palsmeyer (links) und Meik Hämmerling von FERCHAU holen gemeinsam technische Experten nach Selsingen.

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Jörg HübnerProject Manager, RST

rst-rostock.de

iMehr als ein Jahr lang hat die FERCHAU-Tochter RST Rostock System-Technik an einem neuen Transportcontainer gearbeitet,

mit dem ein Satellit von Airbus Defense & Spaceauf Reisen geht: von Spanien (Struktur) nach Friedrichshafen (Integration) und über verschie-dene Stationen für Vibrations- und Thermaltests bis hin zum finalen Transport des Satelliten zur Startrampe nach Kalifornien. Der weiße Behälter ist kein normaler Standardcontainer, sondern eine Spezialanfertigung mit beachtlichen Maßen – rund vier Meter hoch, über vier Meter breit und etwa zehn Meter lang. »Weil er 18 Tonnen leer beziehungsweise 32 Tonnen beladen wiegt, wird er auf seiner Welttournee mit einem speziellen Tieflader gefahren und nach Übersee mit einer Antonow-124 geflogen«, berichtet RST-Projekt-manager Jörg Hübner.

Der Container ist mehr als eine nackte Stahlhülle mit Türen: Er ist als Reinraum mit Filtern ausgelegt, verfügt über eine Klimaanlage

und ist über alle Flächen isoliert. Für besseres Handling hat er Schwerlastrollen und Hubfüße. Aufzeichnungssysteme für Schock, Temperatur und Luftfeuchtigkeit loggen permanent die Umge-bungsbedingungen des Satelliten im Inneren. Zum Schutz der wertvollen Fracht ist ein integriertes Dämpfungssystem auf dem Boden installiert. Hie-rauf wird der Satellit in einem von RST entwickelten »Multipurpose Integration Fixture« abgesetzt, erläutert Hübner: »Das Gerät dient auch später im Reinraum dazu, den Satelliten horizontal und vertikal zu drehen, um alle notwendigen Kompo-nenten darin montieren zu können.«

Für Verifikationstests der gelieferten Support-Hardware-Komponenten hat RST sogar noch einen Satellitendummy konstruiert und gefertigt. Der feste Stamm an Mitarbeitern belief sich auf vier Experten für Projektmanagement, Konstruktion sowie FEM-Berechnungen; weitere Konstrukteure, Tester sowie Qualitätsprüfer wurden hinzugezogen. Die erste Reise trat der Container mit der Satellitenstruktur im Frühjahr 2017 an, bei der zum Handlingtraining der Airbus-Crew auch ein Kollege von RST involviert war. Aber erst nach weiteren vielen Monaten der Inte-gration und Tests soll der voll ausgerüstete Satellit startklar für den Trip in den Himmel sein. //

Ein Satellit geht auf ReisenBevor er in den Himmel »geschossen« wird, geht ein neuer Satellit erst einmal auf große Tournee zu verschiedenen Integrations- und Teststationen. Die FERCHAU-Tochter RST hat einen passenden Transportcontainer sowie dazugehörige Handlingkomponenten für Airbus Defense & Space in Immenstaad am Bodensee geliefert.

der sputnikeffekt

Am 4. Oktober 1957, vor gut 60 Jahren, schoss die Sowjetunion den ersten künstlichen Satelliten in den

Himmel und löste im Westen den »Sputnikschock« aus.

Der Erfolg des »Weggefährten« führte dazu, dass die Amerikaner ihre Anstrengungen für den Wettlauf ins All verstärkten und die NASA gründeten. Zudem wurde das Bildungswesen in den USA reformiert, um die Zahl der

ausgebildeten Ingenieure zu steigern. In den Lehrplänen der Schulen bekamen Fächer wie Mathematik, Chemie und Physik ein höheres Gewicht. Die USA übernahmen den Vorsprung im Wettlauf ins All 1968 mit dem ersten

bemannten Flug zum Mond und bauten ihn 1969 mit der ersten Mondlandung (Apollo 11) aus.

rst – das unternehmen

Die Rostocker Firma RST, eine ehemalige Airbus-Tochter und heute Teil der FERCHAU AVIATION Group, ent-wickelt unter anderem Ground-Support-Equip-ment wie Handling- oder Li� ing-Devices sowie Montagestände für die Raumfahrt.

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Zahlreiche namhafte Kunden im maritimen Engineering werden von mehr als 300 Mitarbeitern aus dem Bereich FERCHAU MARINE

unterstützt. Einer von ihnen ist Mustafa Duratovic, der sich entschieden hat, nach dem Studium gleich den Niedergang* nach oben zu klettern.

Erfolgreich angeheuert

Mustafa Duratovic koordiniert auf der FSG-Wer� die Entwicklung, Planung und den Einbau zahlreicher Systemkomponenten.

* Für Landratten: Der Begri� Niedergang bezeichnet eine Treppe an Bord. Diese kann man hoch- oder runtersteigen.

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Der globale Warenum-schlag liefert beeindru-ckende Zahlen: Über 90 Prozent des Welthandels

und fast 95 Prozent des Außenhandels der Europäischen Union werden über den Seeweg abgewickelt. Und fast 70 Prozent der deutschen Im- und Exportgeschäfte laufen über die Binnen- und Seehäfen. Schiffe bilden das Rückgrat der Globali-sierung. Global betrachtet, dümpelt je-doch der Schiffbau in einer Flaute. Nach Informationen der Branchenexperten von Clarkson Research hat sich die Anzahl der aktiven Werften weltweit seit Anfang 2009 mehr als halbiert. Nur noch 372 Unternehmen bauen heute noch Schiffe, und von diesen hat gerade einmal ein Drittel im vergangenen Jahr überhaupt Auftragseingänge verbuchen können.

Anders ist die Situation in Deutschland. Der aktuelle Jahresbericht des Verbandes für Schiffbau und Mee-restechnik e.V. (VSM) nennt einen Grund dafür: Während der globale Volumen-schiffbau in der Flaute steckt und bedeu-tende Schiffbaunationen unter der gerin-gen Nachfragedynamik leiden, konnten heimische Schiffbauer mit ihrer Spezi-alisierung auf anspruchsvolle Nischen-märkte 2016 einen weiter gestiegenen Auftragseingang verzeichnen und einen Weltmarktanteil von knapp 18 Prozent bezüglich der Auftragswerte erzielen. Ende 2016 war das bisher höchste Auf-tragsvolumen von knapp 18,5 Milliarden Euro in deutschen Auftragsbüchern zu finden. Mit der Ausrichtung auf lukrative Nischen und exzellentem Kundenservice gelang die erfolgreiche Anpassung der deutschen Werften an die geänderten Marktbedingungen.

Ein wichtiger Partner für Unter-nehmen des zivilen und militärischen Schiffbaus ist FERCHAU MARINE. Die Spezialisten unterstützen zahlreiche Werften beim Bau und der Planung von RoPax-Fähren, Schwergutfrachtern, Offshore- oder Kreuzfahrtschiffen. Mehr als 300 Mitarbeiter sind derzeit an sieben Standorten entlang der Küste von Nord- und Ostsee aktiv im Einsatz. Mit an Bord ist Mustafa Duratovic. Der junge Ingenieur koordiniert seit gut einem Jahr auf der traditionsreichen Werft der Flensburger Schiffbau-Gesellschaft (FSG) die Entwicklung, Planung und den Einbau zahlreicher Systemkomponenten für Spezialschiffe.

viel verantwortung im projekt

Kein Seemannsgarn: Heute verantwortet der junge Schiffbauingenieur in zwei Neubauprojekten die Betriebsfä-higkeit von Provision Cooling Stores, Gar-bage Chutes, Deckstores und Workshops, den Pilottransfer sowie die Provision Handling Area inklusive Provision Crane. »Ohne fundierte Englischkenntnisse über die Fachtermini kann man diesen Job eben nicht machen«, berichtet Duratovic, der sich um Kühleinrichtungen, Müllrut-schen, Werkstätten, den Lotseneinstieg sowie Einrichtungen für den Umschlag der Versorgungsgüter kümmert. Hier leitet er unter anderem die Koordination verschiedener Fachbereiche wie der Kon-struktion, des Einkaufs sowie der Planung und erstellt nach Absprache die Geneh-migungszeichnungen für die Reedereien und die Klassifikationsgesellschaft.

Diese überwacht und dokumen-tiert die Einhaltung der Richtlinien beim Bau eines neuen Schiffes und erteilt ihm daraufhin eine sogenannte Klasse – eine Beurteilung der Seetüchtigkeit und Basis bei Schiffs- und Ladungsversicherungen sowie beim Handel von Schiffen. Heute gibt es weltweit zwölf international anerkannte Klassifikationsgesellschaf-ten. In Deutschland ist es die DNV GL, entstanden aus Det Norske Veritas (Norwegen) und dem Germanischen Lloyd. »Die Klassifikationsgesellschaft hat ihr eigenes Büro gleich bei uns auf der Werft in Flensburg«, berichtet Duratovic. Dadurch werde die fachliche Abstimmung der Genehmigungszeich-nungen zwischen den Schiffseignern und dem Werftbetrieb beschleunigt.

gut gerüstet

Für den heute 28-Jährigen war das Engagement der sprichwörtliche Sprung ins kalte Wasser: Nach dem Abschluss des Schiffsbaustudiums an der Technischen Universität Hamburg (TUHH) führte seine allererste Bewer-bung überhaupt direkt zu FERCHAU MARINE. »Danach ging alles recht schnell«, erinnert sich Duratovic an die Phase des Wechsels. Nur eine Woche nach dem erfolgreichen Vorstellungs-gespräch heuerte er schon bei der FSG im hohen Norden an. Und seit Januar 2018 übt er zusätzlich die Tätigkeit des Teamkoordinators aus. In dieser

Position ist der Schiffbauingenieur erster Ansprechpartner für den Kunden FSG. Darüber hinaus kümmert er sich um die Integration neuer Kollegen, ist Ansprechpartner für administrative Fragen, kommuniziert Informationen aus den Niederlassungen und führt regelmäßige Feedbackgespräche mit den Mitarbeitern durch.

Beim Kunden ist Duratovic zwar nicht unmittelbar in die Fertigung invol-viert, trägt aber die gesamte Systemver-antwortlichkeit bis zur Ablieferung des Schiffes. Die individuellen Designent-würfe für die Konstruktionsabteilung erstellt er mit einem Plant Design Management System (PDMS) von AVEVA – einem 3D-Planungssystem, das speziell zur Anordnungsplanung im Anlagenbau verwendet wird. Damit behält Duratovic jederzeit den Überblick über Planung, Engineering, Design, Beschaffung, Fertigung und Produktion der von ihm betreuten Systemkomponenten. Und sein Name steht auf allen Zeichnungen. »Wenn es irgendwo klemmt, muss ich `ran.« Getreu dem Seefahrermotto: »Wenn der Wind der Veränderung weht, suchen manche im Hafen Schutz, während andere die Segel setzen.« //

mustafa duratovicSchi� bauingenieur bei FERCHAU MARINE

Markus BeerNiederlassungsleiter

FERCHAU Engineering GmbH, Niederlassung Kiel

[email protected]/go/kiel

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Automatisierung aus einem GussFERCHAU kann Konstruktion. Aber Maschinen und Vorrichtungen? In einem Pilotprojekt kooperiert FERCHAU jetzt mit einem bayerischen Maschinenbauer, um Kunden Engineering, Einkauf, Inbetriebnahme und Service aus einer Hand anzubieten. Davon profitieren alle Beteiligten.

Kabtec-Chef Ulrich Baumgartner (links) und FERCHAU-Mitarbeiter Andreas Frank (rechts)

greifen nach neuem Marktpotential.

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iAndreas Frank Business Manager IE Stellvertretender Niederlassungsleiter FERCHAU Rosenheim

[email protected]/go/rosenheim

Der deutsche Maschinenbau arbeitet seit Jahren auf einem hohen Niveau: Über eine Million Beschäftigte in den Stammbelegschaften haben 2016 rund

215 Milliarden Euro umgesetzt. Allerdings erschweren politische Unwägbarkeiten in Europa sowie in wichti-gen globalen Absatzmärkten die Lage, denn fehlendes Vertrauen bedeutet immer auch fehlende Aufträge. »Umso positiver zu werten ist daher die Fähigkeit des Maschinen- und Anlagenbaus, sich immer wieder auch auf Veränderungen einzustellen und Marktchancen zu ergreifen«, schreibt VDMA-Präsident Carl Martin Welcker in einer aktuellen Verbandsstudie.

Ein strategischer Erfolgsfaktor sind technische Innova-tionen, ein anderer sind organisatorische Neuerungen. Beides verbindet FERCHAU nun in einem Pilotprojekt mit einem bayerischen Maschinenbauer. Statt wie bislang reine Entwicklungs- und Konstruktionsdienst-leistungen sowie Experten zur Verfügung zu stellen, können Unternehmen hierbei eine individuell entwi-ckelte Maschine in Auftrag geben. Der Hintergrund für die Kooperation: Viele FERCHAU-Kunden wollen nicht nur die Entwicklungsdienstleistung einer Anlage oder Vorrichtung beziehen und diese dann selbst oder mit einem Partner realisieren.

Zunehmend gefragt ist gleich das komplette Paket von einem Anbieter. Das geht schneller und reduziert den Abstimmungsaufwand für den Auftraggeber. Durch einen Ansprechpartner für den kompletten Produktle-benszyklus sinkt die Zahl der Schnittstellen und das Risi-ko beim Sourcing. So viel war aber von vornherein klar: Im Alleingang geht das nicht. Auf der Suche nach einem Fertigungsdienstleister und Partner für den Maschi-nenbau wurde FERCHAU bei der Kabtec AG aus dem Raum Rosenheim fündig. »Wir haben bereits einige gemeinsame Projekte in der Arbeitnehmerüberlassung gemacht, beliefern einen ähnlichen Kundenkreis und sind flexibel in unseren Kompetenzfeldern für Anlagen, Maschinen und Vorrichtungen in der Automatisierung«, sagt Ulrich Baumgartner, Vorstand der Kabtec AG.

In einem ersten gemeinsamen Pilotprojekt ging es um eine Aufgabenstellung in der Elektronikproduktion, genauer: um die Funktionsprüfung von Sensoren in Staubsaugrobotern. Schließlich sollen die Haushalts-helfer Treppenstufen sicher erkennen und rechtzeitig gegensteuern. Der gemeinsame Kunde beauftragte eine halbautomatisierte Tischvorrichtung, um die Funktionen des Sensors zu überprüfen. »FERCHAU hat die Konstruk-tion in enger Abstimmung mit uns fertigungsgerecht

entwickelt und wir haben den Prototyp gebaut«, erin-nert sich Baumgartner. Der Bediener legt den Sensor und schwenkt die Vorrichtung, dann wird die Schaltung elektronisch geprüft. Mit einem zweiten Schwenk wird der Sensor entfernt und ein neuer geladen.

Bereits in der Pilotphase ist erkennbar, dass in der Ko-operation viel Potential steckt: »Inzwischen haben wir schon sechs Angebote bei verschiedenen Kunden ab-gegeben«, berichtet der Kabtec-Chef. Organisatorisch spielen die Partner über Bande: Der FERCHAU-Ver-trieb spricht mit dem potentiellen Kunden über eine individuelle Lösung und gibt Kabtec ein Angebot für Konstruktion und Dokumentation dieser Maschine ab, erläutert Baumgartner: »Wir integrieren dieses Ange-bot in unsere Kalkulation und bieten wiederum dem Kunden den Bau des Prototyps und der Anlage zum Festpreis an.« Dass Kabtec gegenüber dem Kunden als Generalunternehmer auftritt, hat Gründe: »Bei Fragen der Haftung und der Gewährleistung haben wir als Her-steller den Hut auf«, so Baumgartner. Zudem verfügt der Maschinenbauer über die personelle Infrastruktur mit Montageteams und Servicetechnikern. »Wenn die Kunden ein Problem haben, wollen sie nicht mit verschiedenen Ansprechpartnern reden, sondern eine reibungslose Lösung.« Kabtec kann das große FERCHAU-Vertriebsnetzwerk nutzen und kommt so an Kunden, die sie selbst nicht adressieren oder deren Aufträge sie aufgrund der begrenzten Konstruktionskapazität nicht umsetzen können. »Wenn man gleichzeitig als Geschäftsführer und im Vertrieb arbeitet, ist man immer auf ein stabiles Netzwerk und mehrere Standbeine angewiesen.« FERCHAU wiederum bringt sein technisches Fach-wissen in einen größeren Markt ein und der Kunde bekommt Konstruktion, Maschinenbau und Service aus einer Hand. »Entscheidend ist, dass man umdenkt und eingelaufene Pfade verlässt, um neue Lösungen zu finden«, sagt Kabtec-Chef Baumgartner. Und wenn es eine neue Dreiecksbeziehung ist. //

FERCHAU-PARTNER KABTEC AG

Die Kabtec AG ist ein Unternehmen mit Sitz im Landkreis Rosenheim. Der Geschäftsbereich

Dienstleistungen umfasst Aufgaben wie Schaltschränke und die Kabelkonfektion, die Baugruppen- und

Gerätemontage sowie die Entwicklung und Konstruktion im Maschinen- und Anlagenbau. Das zweite Standbein

ist die Handhabungs- und Prüftechnik, etwa zum Testen elektrischer und elektronischer Baugruppen im Backend

der Elektronikfertigung. Daneben bietet Kabtec die Sonderautomatisierung mit individuellen Maschinen

in Stückzahl 1. Das Unternehmen hat knapp 30 Mitarbeiter und zählt deutschlandweit namhafte Konzerne und

mittelständische Betriebe zu seinen Kunden.

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Das Licht und seine Zusammensetzung haben enormen Ein� uss auf das menschliche

Be� nden. Für Arbeitswissenscha� ler und Ergonomen erö� net sich ein

faszinierendes Betätigungsfeld: Sie wollen die optimale Beleuchtung für

jede Situation entwickeln.

N icht im Periodensystem der Elementeenthalten, aber dennoch eine unver-zichtbare Zutat für die Entstehung des Lebens: das Licht. Sogar für moderne

Zeitgenossen mit einer von der Natur maximal entkoppel-ten Lebensweise hat diese kurzwellige elektromagnetische Strahlung eine zentrale Bedeutung: Licht steuert unseren circadianen Rhythmus – unsere Tag-Nacht-Zyklen, unsere berühmte »innere Uhr«, nach der sich Phasen der geisti-gen und körperlichen Aktivität und Aufnahmebereitschaft mit solchen des Ausruhens und der Passivität abwech-seln. Wer den falschen Lichtsignalen ausgesetzt ist, kann dadurch krank werden. Dabei spielt nicht nur die Intensität des Lichts (Helligkeit) eine Rolle, sondern auch dessen spektrale Zusammensetzung, die Farbe.

Die Abhängigkeit von so alltäglichen Gegebenheiten wie dem Wechsel von Tag und Nacht oder den Jahreszeiten lässt den Menschen nicht ruhen. Seinen lichttechnischen Erfindergeist markieren Errungenschaften wie Lagerfeuer, Fackel, Kerze und Glühlampe sowie, in lichtgeschichtlich

jüngster Zeit, die Leuchtdiode (LED). 2014 erhielten drei Japaner den Physik-Nobelpreis für ihre Arbeiten zur Entwicklung der blauen LED. Dem Preiskomitee ging es dabei nicht um die schöne blaue Farbe, sondern darum, dass diese LEDs – verkürzt dargestellt – jenen Teil des Lichtspektrums abdeckten, der noch fehlte, um weißes Licht zu erzeugen. Mit diesem Durchbruch gelang es, die LED als Beleuchtungstechnik zu etablieren.

Hier kommt der circadiane Rhythmus ins Spiel: Mit »weißem« Licht lassen sich Stimmungen im menschlichen Gehirn erzeugen. Denn Weiß ist keine Farbe, sondern eine Mischung vieler Farben. Über Variationen der verschiede-nen Leuchtstoffe in einer LED lässt sich die Farbtemperatur steuern. Diese wird in Kelvin (K) angegeben. Niedrige Farb-temperaturen, etwa zwischen 1.500 und 3.000 K, werden als »warm« wahrgenommen, Farbtemperaturen zwischen 3.500 und 4.500 K gelten als neutralweiß, und alles, was darüberliegt, nennt sich aufgrund seiner Ähnlichkeit mit dem Son-nenlicht »tageslichtweiß«. Je höher die Farbtemperatur, desto höher der Anteil an blauem Licht im emittierten Spektrum.

Tageslicht-on-Demand

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sonnenlichtDas Sonnenlicht zeigt das volle

Farbspektrum, welches sich über den Tag dynamisch verändert.

leuchtstoffLeuchtsto� bildet nur geringe Teile des Farbspektrums ab.

ledsLEDs sind variabel einstellbar und können � exibel das volle

Farbspektrum abbilden.

Arbeitswissenschaftler und Ergonomen sind damit in der Lage, den tageszeitlichen Wechsel des Sonnenlichts nachzubilden. Dabei gilt die Regel: Kaltes Licht wirkt auf den menschlichen Organismus anre-gend, warmes Licht wirkt beruhigend und entspan-nend. Ziel ist die Anpassung des Lichts an menschliche Bedürfnisse und Verhaltensweisen, was auch als »Human Centric Lighting« (HCL) bezeichnet wird.

Doch bislang werden die Lichttemperatur und damit die Lichtstimmung bei der Entwicklung der einzelnen LED festgelegt; Variationen sind nur in sehr engen Grenzen möglich. Eine »adaptive« Beleuchtung, deren Lichtstimmung sich je nach Bedarf steuern lässt, ist daher Gegenstand von Entwicklungsaktivitäten wie dem Forschungsprojekt »SusLight« (Sustainable Light) des Fraunhofer-Instituts IAF und der Universität Freiburg. Zentraler Baustein ist ein Lichtmodul mit 256 LEDs, dessen Lichttemperatur sich mittels einer aktiven Farbtonregelung und einer angepassten Sen-sorik steuern lässt. Die Freiburger wollen damit den tageszeitlichen Rhythmus der Nutzer nachbilden und das Licht je nach Bedarf auf die Arbeitsverhältnisse anpassen. Solcherart gesteuertes Licht lässt sich für viele Zwecke nutzen, etwa zur Aufmerksamkeitslen-kung oder zur Konzentrationsbeeinflussung.

Einen Schritt weiter geht das Projekt »ILights« des Fraunhofer Instituts für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT in Oberhausen. Die For-scher wollen herausfinden, wie das Licht beschaffen sein sollte, damit die Aufmerksamkeit von Arbeitern während einer Schicht nicht beeinträchtigt wird – einerseits. Andererseits ist es aber auch wichtig, dass die Arbeiter nach Feierabend auch innerlich zur Ruhe kommen können – deswegen darf der Blauanteil im Licht auch nicht zu hoch sein. »Die Farbtempe-ratur, insbesondere der Blauanteil, beeinflusst den Hormonspiegel der Lichtkonsumenten«, erklärt

ILights-Projektleiter Rasit Özgüc. »Ein hoher Blauanteil stimuliert die Bildung des Hor-mons Cortisol, das wirkt anregend.« Gleichzeitig unterdrücke solches Licht die Produktion von Melatonin, welches das Einschlafen fördert und daher am Arbeitsplatz unerwünscht ist, nicht jedoch nach Schichtende.

Die ILights-Forscher führen dazu in einer Fertigungsstätte des Autoherstellers BMW eine Feldstudie mit rund 90 Teilnehmern durch. In vier Phasen, die jeweils vier Wochen lang dauern, setzen die Forscher Licht mit unterschiedlicher spektraler Zusammensetzung ein. Sensoren am Körper der Teilnehmer geben Aufschluss über die empfangene Lichtmenge. Zudem führen die Forscher Tests zur emotionalen Befindlichkeit durch und erfassen die Vigilanz, also die Wachheit der Studienteilnehmer.

In der ersten Phase wird Licht von einer ähnlichen Qualität wie von Leuchtstoffröhren einge-setzt. Danach kommen Phasen, bei denen das Licht einen sehr hohen beziehungsweise sehr niedrigen Blauanteil aufweist. In der letzten Phase wollen die Experten ein nach den gewonnenen Erkenntnissen dynamisch gesteuertes Licht einsetzen. Dabei soll die Wachheit durch kurze, nicht bewusst wahrnehm-bare Blaulichtimpulse angeregt werden. Ziel ist es, am Ende ein Licht scheinen zu lassen, das »das Wohlbefinden und die Gesundheit der Mitarbeiter steigert«, so Özgüc. Damit man eines Tages nach der Nachtschicht beruhigt sagen kann: »Die Sonne geht unter.« //

iFraunhofer UMSICHT: Bericht über Ilights-Projektbit.ly/2ySVs3Y

Fraunhofer IAF: Bericht über Projekt SusLightbit.ly/2kd9p8b

Ein hoher Anteil von blauem (kurzwelligem) Licht in der Arbeitsplatz-beleuchtung stimuliert die Ausschüttung des »Stresshormons« Cortisol und damit die Wachheit.

Quelle: Fraunhofer UMSICHT

Nicht jedes weiße Licht ist gleich: Die spektrale Zusammen-setzung des Lichts von Sonne, Leucht-sto� röhren und LEDs unterscheidet sich beträchtlich.

Quelle: Fraunhofer UMSICHT

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Die künstliche Intelligenz (KI) ist in den Personalabteilungen angekommen. Mit Algorithmen können Kandidaten besser gefunden und Prozesse automatisiert werden. Der Mensch jedoch bleibt die letzte Instanz im Recruiting – er entscheidet, ob die Chemie stimmt.

Perfect Fit: KI-Einsatz im HR-Bereich

Bei der Suche nach menschlicher Intelligenz führt inzwischen kein Weg an der künstlichen Intelligenz (KI) vorbei. Schließlich müssen sich

Personalabteilungen dem Diktat der Effizienz beugen: mehr Volumen in kürzerer Zeit mit begrenzten Ressourcen. Und auch im Personalwe-sen versprechen allzeit produktive Algorithmen eine passgenaue Vermittlung. So prognostizieren die Analysten von Gartner, dass bis 2020 alle neu erscheinenden Softwareprodukte und Services in irgendeiner Form Spuren künstlicher Intelligenz enthalten – dies gilt auch für den auf jährlich 1,4 Milliarden Euro taxierten deutschen Markt für HR-Software.

Ob es sich bei den verwendeten Algo-rithmen tatsächlich um künstliche Intelligenzen handelt, mit denen die menschliche Intelligenz

ersetzt werden kann, sei einmal dahingestellt – in jedem Fall können die Programme lernen, in ihrem speziellen Aufgabenbereich Entscheidun-gen zu treffen. So wie Olivia von Paradox.ai: Die KI kommuniziert mit Kandidaten in natürlicher Sprache über mobile Plattformen und soziale Kanäle, führt Menschen mit gezielten Fragen durch HR-Prozesse, stimmt Termine ab und leitet interessante Profile an die Recruiter weiter. Nach Herstellerangaben werden 90 Prozent der Vor-gänge abgeschlossen, drei Viertel der Kandidaten sagen am Ende »Danke schön« zur Software. Und die Personalabteilung schließt sich an: Immerhin übernimmt das Programm Routinetätigkeiten und hält Mitarbeitern den Rücken frei. Statt kostbare Zeit mit dem Finden der passenden Kandidaten zu verschwenden, kann man sie besser in die persön-liche Ansprache investieren.

Grundlage für den Siegeszug der KI bildet die Digitalisierung und Standardisierung der HR-Prozesse in den vergangenen Jahren. In einer Befragung durch das Staufenbiel-Institut gaben nur noch 1,9 Prozent der Personaler an, dass sie am liebsten eine papierbasierte Bewerbung erhalten. Über zwei Drittel hingegen setzen inzwischen auf Bewerbungen über eigene Formulare. »Hochrech-nungen gehen davon aus, dass je nach Reife- und Standardisierungsgrad zwischen 30 und 70 Prozent der Tätigkeiten automatisiert werden können«, berichtet die IT-Beratung Deloitte. Und auch viele

Elisa WickeLeiterin Rekrutierung

ProjektmitarbeiterFERCHAU-Zentrale

Gummersbach

[email protected]

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Kandidaten tragen zur Digitalisierung bei: »Wir haben beobachtet, dass unser Angebot einer Job-App manchmal wahre Wunder wirkt und den Einstieg für ein persönliches Gespräch erleichtert«, berichtet Elisa Wicke, die bei FERCHAU die Rekrutierung der Projektmitarbeiter leitet.

Mit 180 Personalreferenten und über 1.200 Positionen, die im Jahr besetzt werden müssen, ist Wicke auf Effizienz angewiesen. Hinzu kommt ein Pool von mehr als 30.000 Freiberuflern, auf die das Unternehmen bei Projekten zugreift. »Eins unserer Ziele ist die One-Click-Bewerbung«, sagt Wicke, »egal über welchen Kanal«. Je weniger Prozess-schritte zum »perfect fit«, desto besser. Auch da-her sieht Wicke die digitale Entlastung grundsätz-lich positiv: »Algorithmen und Bots tragen dazu bei, dass der Recruiter nicht mehr die sprichwörtliche Nadel im Heuhaufen suchen muss.« Was natürlich dazu führt, dass sich das eigene Jobprofil wandeln wird: »Ich bin überzeugt, dass Recruiter sich zu Data-Analysten entwickeln, die ihre Zielgruppen mit digitalen Mitteln überschauen.«

Gestützt wird die Aussage durch eine ak-tuelle Studie der Zukunftsforscher von 2b Ahead aus Leipzig. Demnach erwarten gut drei Viertel der Befragten einen starken Einfluss von KI-Systemen auf den HR-Bereich. Besonders in der Personalge-winnung und Kompetenzentwicklung wird ein hohes Potential gesehen. »HR muss KI-fit werden, um den Anforderungen am Markt standzuhalten«, schreiben die Studienautoren.

Dazu zählt auch, dass sich der Wind gedreht hat. »Viele Experten wollen sich nicht mehr aktiv bewerben, sondern gefunden werden«, erläu-tert Wicke. Klasse statt Masse ist gefragt: Durch Suchagenten, zeitversetzte Videointerviews, Online-Assessments und andere Produkte der Di-gitalisierung können Recruiter den eigenen Spiel-raum erweitern, um die persönliche Komponente im Rekrutierungsprozess zu stärken. »Angesichts des angespannten Bewerbermarkts und einer perspektivisch geringen Arbeitslosenzahl müssen wir individuell auf jeden Bewerber eingehen«, sagt die FERCHAU-Recruiterin. Auch daher ist Wicke sicher, dass das persönliche Gespräch durch KI-Systeme nicht in den Hintergrund geraten wird. Menschen seien keine Datensätze, zudem gebe es immer Lücken im System: »Die Entscheidung zur Einstellung kann mir kein Roboter abnehmen.«

Bleibt die Frage, ob und wann es gelingt, das menschliche Bauchgefühl mit Algorithmen nach-zubilden – »künstliche Empathie«. Bereits heute können KI-Systeme aus einem Interview mit relativ hoher Sicherheit auf den Gemütszustand eines Menschen schließen, um die künftige Performance des Bewerbers im Team zu bewerten. Zudem lernen die Algorithmen aus alten Entscheidungen und werden schnell besser. Das Rennen zwischen Mensch und Maschine geht also weiter – bis viel-leicht eines Tages in letzter Instanz eine Software entscheidet, welche KI-Systeme im Unternehmen eingesetzt werden. //

einsatzgebiete von ki im hr-bereich

bewerber-screening: Die KI schlüsselt die Angaben in Lebensläufen auf und legt sie automatisch in die passenden Schubladen ab.

kandidatensuche: Die Software durchsucht soziale Netzwerke, Fachforen und Jobportale auf der Suche nach Experten.

online-assessment (textform): Der Algorithmus bewertet aus den Angaben des Bewerbers sein kognitives Potential und � ltert das Feld für die Recruiter.

online-assessment (video): Der Algorithmus schließt aus Sprache, Inhalt und Verhalten auf den Gemütszustand des Menschen und seine voraussichtliche Eignung für das Unternehmen.

projekt-staffi ng: KI-Systeme klassi� zieren Erfahrung, Leistung und Skills der Mitarbeiter, um die besten Kandidaten für ein anstehendes Projekt vorzuschlagen.

mitarbeiterunterstützung: Ein Chatbot beantwortet Fragen der Mitarbeiter zum Personalwesen und entlastet dadurch die Abteilung.

mitarbeiterbindung: Algorithmen erkennen anhand schriftlicher Äußerungen etwa in sozialen Netzen, ob ein Mitarbeiter loyal ist oder einen Wechsel plant.

»Wir haben beobachtet, dass unser Angebot einer Job-App manchmal wahre Wunder

wirkt und den Einstieg für ein persönliches Gespräch

erleichtert.«elisa wicke

Leiterin Rekrutierung Projektmitarbeiter

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Viel zu lernen du noch

hast.Meister Yoda

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