familienunternehmen: mehr als nur ein job · 2015. 5. 14. · der chef eine ungezwungene stimmung...

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Münchner Merkur Nr. 92 | Mittwoch, 22. April 2015 Telefon: (089) 53 06-418 [email protected] Telefax: (089) 53 06-86 61 19 Leben In dem ökumenischen Got- tesdienst und einem Staats- akt im Kölner Dom wurde der Opfer des Germanwings-Un- glücks und deren Angehöri- gen gedacht. Ganz Deutsch- land hat mitgetrauert. Denn Trauer ist etwas Urmenschli- ches, trauern tun wir, seit es Menschen gibt. Es hat etwas mit Trennung und Unwieder- bringlichkeit zu tun. Und je größer die Verbundenheit, desto größer ist auch die Trauer. Trauer beginnt mit einem Schockzustand, in den wir fallen, wenn uns der Verlust gegenwärtig wird. Aus psy- chologischer Sicht ist dieser Zustand offensichtlich not- wendig, um den Trauerpro- zess einzuleiten. Die Phase des Schocks ist eine Phase des Verharrens der Hinter- bliebenen. Gefühle werden kontrolliert und zurückge- halten – was die Betroffenen so viel Kraft kostet, dass sie nur spärlich mit der Umwelt kommunizieren können. Erst danach folgt die Phase Platz in unserer Gesellschaft. Diese Themen werden tabui- siert, weil wir so zu leben ver- suchen, als könnten wir ewig jung, kräftig und erfolgreich sein. Es heißt: Im Tod sind alle Menschen gleich. Das stimmt auch. Aber das be- deutet nicht, dass auch der Umgang mit dem Tod immer der gleiche ist. Im Gegenteil, er ist von Religion zu Religi- on, von Kulturkreis zu Kul- turkreis und auch von Mensch zu Mensch ganz un- terschiedlich. Letztlich hel- fen Trauerrituale und die Ge- meinschaft, um den schmerz- haften und häufig langfristi- gen Prozess der Trauer zu be- wältigen. Aber fest steht: Wird die Trauer nicht entsprechend ausgedrückt, durch das Füh- len der Trauer und das Wei- nen, so bleibt diese Trauer auch weiterhin Bestandteil des Körpers und der Seele. An der Trauer führt leider kein Weg vorbei, nur hin- durch. Trauer ist unnatürlich. Und daher stellte sich – aus heuti- ger Sicht völlig folgerichtig – eine emotionale Gewohnheit der Traurigkeit ein, die ich noch lange mit mir herumge- tragen habe. Die Zeit hat das Ereignis zwar in den Hinter- grund gedrängt, jedoch ist die Wunde nie so ganz ver- heilt. Als ich etwa 15 Jahre spä- ter meinen Vater durch eine kurze, schwere Krankheit verloren habe, fing ich an, mich aktiv mit meiner Trauer auseinander zu setzen. Wa- rum setzen wir uns erst dann mit der Trauer auseinander, wenn der Verlust eines ge- liebten Menschen bereits eingetreten ist? Wahrscheinlich weil mehr als 70 Prozent der Deutschen mittlerweile in Krankenhäu- sern und Altenheimen ster- ben – und nicht mehr zu Hause. Der Tod verschwin- det immer mehr aus unserem Alltag. Für den bewussten Umgang mit Verlust und Trauer scheint kaum noch der eigentlichen Trauer, die im positiven Sinn mit einer Befriedigung und Dankbar- keit endet, um danach lang- sam wieder ins Leben zu- rückkehren zu können. Im negativen Sinn kann ein Ge- fühl von Ohnmacht und Nie- dergeschlagenheit entstehen, das in eine schwere Depressi- on führen kann. Dabei müssten wir doch ei- gentlich im Trauern geübt sein. Trauer ist nichts anderes als die unausweichliche emo- tionale Reaktion auf Verluste. Und diese begleiten uns das ganze Leben hindurch. Nicht nur wenn wir nahestehende Menschen durch Tod oder Trennung verlieren. Wir ver- lieren unsere Jugend, wir ver- lieren mit zunehmendem Al- ter – zumindest teilweise – un- sere Gesundheit. Mütter und Väter müssen ihre Kinder in die Welt entlassen. Manche verlieren ihre Heimat oder ihr Vermögen. Verlieren tut im- mer weh. Ich selbst musste dies er- fahren, als ich mit zehn Jah- Hauptsache gesund MEDIZINKOLUMNE ............................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................ ren meine Großmutter über- raschend durch einen Ver- kehrsunfall verloren habe. Ich hatte eine sehr enge Be- ziehung zu ihr. Damals habe ich nicht gewusst, wie ich mit dem Tod umzugehen habe. Ich versuchte mich wie mei- ne erwachsenen Vorbilder zusammenzureißen und un- terdrückte meinen Verlust und meine Trauer. Bereits am nächsten Tag ging ich wieder zur Schule und ließ mir nichts anmerken. Das Unterdrücken der Trauerarbeit – ein schwerer Weg Priv.-Doz. Dr. med. habil. Barbara Richartz, Chefärztin in der Privatklinik Jägerwinkel in Bad Wiessee, erklärt, warum wir uns trauen sollten, zu trauern. Dr. Barbara Richartz Tabu: Böser Humor Mit abschätzigen Scherzen über Mitarbeiter tun sich Chefs keinen Gefallen. Der richtige Witz kann Führungskräften aber viel bringen: Freundlicher Humor verbessert die Bezie- hung zwischen Chefs und Mit- arbeitern. „Vorgesetzte sollten mit anderen lachen, nicht über andere“, rät daher Psychologe Alexander Pundt. Gemeinsam mit seiner Kollegin Felicia Herrmann hat er heraus- gefunden, dass positiver Humor das gegenseitige Vertrauen stärkt. Empathie, Loyalität, Unterstützung, Verständnis all das kann hier wachsen. Die Voraussetzung dafür: Der Mitarbeiter muss spüren, dass der Chef eine ungezwungene Stimmung schafft und es ihm um das Wohlbefinden seiner Leute geht. Witze gelingen den Psychologen zufolge besser, wenn Chefs dabei Mitarbeitern auf Augenhöhe begegnen, al- so Gemeinsamkeiten hervorhe- ben. „Dann denken die Leute: Das ist jemand von uns.“ Die Mitarbeiter identifizieren sich mit Vorgesetzten, wenn sie freundliche Witze machen. Dieser Mechanismus wirkt aber nicht, wenn aggressiver Humor im Spiel ist. „Wer Witze über andere statt mit anderen macht, erhebt sich über sie“, sagt Pundt. Abfällige Scherze seien Gift für das Klima. Die Ergebnisse der beiden Psychologen basieren auf einer Online-Umfrage unter mehr als 152 Menschen zwischen 21 und 64 Jahren, die in ganz unterschiedlichen Branchen in Deutschland arbeiten. Die Antworten zeigen deutlich: Wer als Chef seine Mitarbeiter für sich gewinnen will, sollte vor allem eines vermeiden: bösen Humor. dpa AKTUELLES AUS DER PSYCHOLOGIE Karriere ist nicht gleich Zufriedenheit Die Zufriedenheit mit der Beschäftigung hängt nicht von Karriereambitionen ab, so das Ergebnis einer Analyse des Instituts der deutschen Wirtschaft in Köln. Mehr als 92 Prozent der „karriereorientierten Angestellten und Arbei- ter“ sind demnach mit ih- rer Arbeit zufrieden. Das gilt aber im Wesentlichen auch für die „familienori- entierten Angestellten und Arbeiter“. Die Studie zeigt zudem, dass mit zu- nehmendem Alter die Karriereambitionen ab- nehmen. Männer schalten im Job leichter ab Beim Abschalten vom Job haben Männer weniger Probleme als Frauen. Das geht aus einer repräsenta- tiven Forsa-Umfrage her- vor. So haben vier von zehn erwerbstätigen Frau- en (41 Prozent) in ihrem derzeitigen Job schon die Erfahrung gemacht, nach Feierabend nicht abschal- ten zu können. Bei den Männern ist es nur etwa jeder Dritte (36 Prozent). Stellung beziehen bei Mobbing Wird ein Mitarbeiter ge- mobbt, neigen unbeteilig- te Kollegen oft dazu, hilf- los wegzusehen. Indem sie Stellung beziehen, können sie aber viel tun, um die Situation zu ent- schärfen, sagen Experten. Gut ist es zum Beispiel, die Mobber anzusprechen und vorzuschlagen zu ver- mitteln. Das macht deut- lich, dass der am Mobbing unbeteiligte Kollege sich zuständig fühlt und das Verhalten der Mobber nicht akzeptiert – und das schwächt deren Position. Mobbing trifft häufig Menschen, die sich von einer Gruppe durch ein Merkmal abheben. Das kann etwa sein, dass je- mand die einzige Frau in einem Männerteam ist. Patzig und aggressiv? Oft ein Warnsignal Sind Kollegen auf einmal häufig patzig oder aggres- siv, sollten Mitarbeiter sie darauf ansprechen. Denn dahinter kann eine begin- nende Depression ste- cken, warnt die Psycholo- gin Juliane Dreisbach. Es kann aber auch ein Anzei- chen für Erschöpfung oder Überforderung sein. Der Betroffene selbst merkt dabei oft nicht, dass er auf dem Weg ist, krank zu werden. Deshalb sind Rückmeldungen von au- ßen wichtig. Gefragt sind vor allem die Mitarbeiter, die dem Kollegen beson- ders nahe stehen. Neidgefühle lassen sich nicht verdrängen Im Arbeitsalltag gibt es viele Situationen, die Neid aufkommen lassen. „Egal, ob das Gefühl ge- rechtfertigt ist oder nicht, es ist erst mal da“, erklärt Organisationspsychologe Stefan Poppelreuter. Um herauszufinden, inwie- fern das Neidgefühl be- gründet ist, hilft Mitarbei- tern nur die Flucht nach vorne: ein Gespräch mit dem Chef. Viele scheuen sich davor, werden statt- dessen unzufrieden. Ein Gespräch mit dem Vorge- setzten kann jedoch dazu führen, das negative Ge- fühl wieder loszuwerden. Hält die Missgunst und die Aggression an, sollte man einen Therapeuten kontaktieren. künftige Chef aus den eige- nen Reihen kommt. Dann dreht sich vieles um Fragen wie: „Wer bekommt welche Anteile?“ Oder, im Zeitalter von Scheidungen und soge- nannten Patchwork-Famili- en: „Was überlässt man der Ex-Frau?“ Beziehungsweise: „Wie wird der neue Stiefsohn ins Unternehmen inte- griert?“ - Klingt alles höchst kompliziert. An dieser Stelle möchte ich die Stärken von Familienun- ternehmen betonen: Hier zählen Werte wie Verantwor- tung, Engagement oder Soli- darität besonders viel. Und: Es herrscht auch eine große Identifikation vor – die Mitar- beiter haben nicht nur einen Job. Der Arbeitsplatz bietet ihnen – wie der Name schon sagt – eine familiäre Atmo- sphäre. Er ist ein Ort der Be- gegnung, man fühlt sich auf- gehoben, wertgeschätzt. Man entwickelt ein starkes Zuge- hörigkeitsgefühl. - Wie schafft man es, all das zu erhalten – ohne in diese konfliktreiche Ab- wärtsspirale zu kommen? Ich rate Unternehmerfamili- en stets, sich regelmäßig an festen Terminen außerhalb der Firma zu treffen. Vor al- lem wenn die Familie größer wird, macht es Sinn, sie im- mer wieder zusammenzu- bringen, dabei aber auch Spielregeln festzulegen. - Welche Spielregeln meinen Sie konkret? Spielregeln, wie man mitei- nander umgeht – vor allem in Konflikt- und Krisensituatio- nen. Zum Beispiel könnte ein Familienmitglied als Konflikt- moderator benannt werden. Bei Gesprächen, die drohen aus dem Ruder zu laufen, übernimmt dann dieser eine Art Vermittlerfunktion. - Worauf kommt es noch an? Was auch sehr, sehr wichtig ist, aber gern vernachlässigt wird: Schon bei den kleins- ten Missstimmungen im Team hellhörig werden, das Gespräch suchen. Die Fron- ten sind ja nicht von Anfang an verhärtet, das kommt erst mit der Zeit, wenn man die Spannungen ignoriert. Es ist ein bisschen wie beim Zahn- arzt: Wenn man regelmäßig hingeht, kostet es nicht viel und die Zähne bleiben ge- sund. Wird man nachlässig, kann es richtig teuer werden – und die Zähne sind viel- leicht für immer zerstört. Interview: Barbara Nazarewska Wenn Familien ein Unter- nehmen haben, geht es emo- tional schon mal hoch her. Warum? Susanne Hörmann, die Betroffene in Krisen berät und coacht, sagt: „In Famili- en ist die Währung Liebe – in Unternehmen Geld.“ In ei- nem Familienunternehmen trifft beides aufeinander. Die Folge: Familienkonflikte können zu Unternehmens- konflikten führen. Ein Ge- spräch über Vorsorge – und erste Hilfe in Notfällen. - Frau Hörmann, wann werden Sie gerufen? Meistens kommen die Ge- schäftsführer zu mir und sa- gen: „Irgendwas läuft schief.“ Es gibt dann Streit in der Fir- ma – oder man schweigt sich nur noch an. Die Mitarbeiter sind demotiviert, die Leis- tung sinkt. Und die Chefs wissen nicht mehr weiter. - Und dann sollen Sie für Frieden sorgen? Meine Aufgabe ist es, die Probleme konkret zu benen- nen – und mit dem Team Lö- sungen zu erarbeiten, damit der Frieden wieder einkehrt. - Wie machen Sie das? Das lässt sich nicht in ein paar Sätzen verallgemeinern. Es gibt unterschiedliche Un- ternehmen mit unterschiedli- chen Strukturen und Proble- men. In der Regel spreche ich zuerst mit den Vorgesetzten und anschließend mit den Mitarbeitern. Es ist vollkom- men klar, dass jedes Ge- spräch vertraulich ist! Jede Information ist für mich wie ein Puzzlestückchen, das ich dann am Ende zu einem gro- ßen Ganzen zusammensetze. - Nennen Sie uns bitte ein konkretes Beispiel. Vor kurzem war ich in einem Unternehmen, bei dem die Produktion stagnierte, weil zwei Abteilungen nicht mehr miteinander, sondern im Prinzip gegeneinander gear- beitet haben. Ich habe dort Gespräche geführt, dann ha- ben wir gemeinsam die Pro- bleme beim Namen genannt und auch gemeinsam nach Lösungen gesucht. Etwas ge- meinsam zu erarbeiten ist sehr wichtig, weil die Men- schen Anweisungen „von oben“ ungern annehmen – vor allem in Konfliktsitua- tionen. - Was waren denn die Probleme? Es gab zum Teil keine klaren Tätigkeitsabgrenzungen, so dass die meisten Mitarbeiter nicht genau wussten, für was sie persönlich verantwortlich sind. Um das Hauptproblem Familienunternehmen: Mehr als nur ein Job ERSTE HILFE BEI KONFLIKTEN .................................................................................................................................................................................................................................................................................................................... In einem Familienunterneh- men haben die Familienmit- glieder massiven Einfluss auf Unternehmensentscheidun- gen – und das zum Teil unab- hängig von ihrer Position oder gar Kompetenz. Das birgt natürlich großes Kon- fliktpotenzial. Vor allem dann, wenn sich qualifizierte Mitarbeiter benachteiligt fühlen, nur weil sie mit dem Unternehmen sozusagen nicht blutsverwandt sind. - Was sind denn die größten Baustellen? An erster Stelle sicher die Nachfolge-Regelung – Um- fragen belegen, dass rund 80 Prozent aller Familienunter- nehmen wollen, dass der fachte Darstellung. Und zweitens – das ist entschei- dend! – können die wenigs- ten Menschen bei anhalten- den Konflikten rational den- ken und über ihren Teller- rand hinausschauen. Die sind ja fast nur noch damit beschäftigt, sich selbst zu schützen: vor mehr Arbeit, mehr Anfeindungen, und, und, und. Deshalb ist ja ein externer Berater so wichtig, weil er nicht betriebsblind ist und vor allem nicht unter dem Verdacht steht, partei- isch zu sein. - Eskalieren solche Kon- flikte in Familienunter- nehmen mehr als in ande- ren Firmen? mal ganz vereinfacht darzu- stellen: Person A fand, dass sie mehr arbeiten musste als Person B, weil Person B ihre Aufgaben auf sie abwälzte. Dadurch fühlte sich Person A ungerecht behandelt und schnitt Person B. Die wieder- um empfand das als extrem belastend, sie war sich keiner Schuld bewusst – und weihte schließlich Person C ein. So entstanden nach und nach Lager. Und irgendwann wa- ren die Fronten dann so ver- härtet, dass ein normales Ge- spräch untereinander gar nicht mehr möglich war. - Das hört sich ein biss- chen nach Zickenkrieg an. Erstens ist das eine verein- Zur Person: Susanne Hörmann, 36, kommt selbst aus einer Unternehmerfamilie. Als systemischer Coach berät sie Familienunter- nehmen bei Fragen rund um Mitarbeiterführung und Team- respektive Organisationsent- wicklung. Das erste Gespräch ist stets kostenlos. Weitere Informationen gibt es auf ihrer Internetseite: www.susanne hoermann.eu FOTO: KLAUS HAAG

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Page 1: Familienunternehmen: Mehr als nur ein Job · 2015. 5. 14. · der Chef eine ungezwungene Stimmung schafft und es ihm um das Wohlbefinden seiner Leute geht. Witze gelingen den Psychologen

Münchner Merkur Nr. 92 | Mittwoch, 22. April 2015

Telefon: (089) 53 [email protected]

Telefax: (089) 53 06-86 61 19Leben

In dem ökumenischen Got-tesdienst und einem Staats-akt im Kölner Dom wurde derOpfer des Germanwings-Un-glücks und deren Angehöri-gen gedacht. Ganz Deutsch-land hat mitgetrauert. DennTrauer ist etwas Urmenschli-ches, trauern tun wir, seit esMenschen gibt. Es hat etwasmit Trennung und Unwieder-bringlichkeit zu tun. Und jegrößer die Verbundenheit,desto größer ist auch dieTrauer.

Trauer beginnt mit einemSchockzustand, in den wirfallen, wenn uns der Verlustgegenwärtig wird. Aus psy-chologischer Sicht ist dieserZustand offensichtlich not-wendig, um den Trauerpro-zess einzuleiten. Die Phasedes Schocks ist eine Phasedes Verharrens der Hinter-bliebenen. Gefühle werdenkontrolliert und zurückge-halten – was die Betroffenenso viel Kraft kostet, dass sienur spärlich mit der Umweltkommunizieren können.

Erst danach folgt die Phase

Platz in unserer Gesellschaft.Diese Themen werden tabui-siert, weil wir so zu leben ver-suchen, als könnten wir ewigjung, kräftig und erfolgreichsein.

Es heißt: Im Tod sind alleMenschen gleich. Dasstimmt auch. Aber das be-deutet nicht, dass auch derUmgang mit dem Tod immerder gleiche ist. Im Gegenteil,er ist von Religion zu Religi-on, von Kulturkreis zu Kul-turkreis und auch vonMensch zu Mensch ganz un-terschiedlich. Letztlich hel-fen Trauerrituale und die Ge-meinschaft, um den schmerz-haften und häufig langfristi-gen Prozess der Trauer zu be-wältigen.

Aber fest steht: Wird dieTrauer nicht entsprechendausgedrückt, durch das Füh-len der Trauer und das Wei-nen, so bleibt diese Trauerauch weiterhin Bestandteildes Körpers und der Seele.An der Trauer führt leiderkein Weg vorbei, nur hin-durch.

Trauer ist unnatürlich. Unddaher stellte sich – aus heuti-ger Sicht völlig folgerichtig –eine emotionale Gewohnheitder Traurigkeit ein, die ichnoch lange mit mir herumge-tragen habe. Die Zeit hat dasEreignis zwar in den Hinter-grund gedrängt, jedoch istdie Wunde nie so ganz ver-heilt.

Als ich etwa 15 Jahre spä-ter meinen Vater durch einekurze, schwere Krankheitverloren habe, fing ich an,mich aktiv mit meiner Trauerauseinander zu setzen. Wa-rum setzen wir uns erst dannmit der Trauer auseinander,wenn der Verlust eines ge-liebten Menschen bereitseingetreten ist?

Wahrscheinlich weil mehrals 70 Prozent der Deutschenmittlerweile in Krankenhäu-sern und Altenheimen ster-ben – und nicht mehr zuHause. Der Tod verschwin-det immer mehr aus unseremAlltag. Für den bewusstenUmgang mit Verlust undTrauer scheint kaum noch

der eigentlichen Trauer, dieim positiven Sinn mit einerBefriedigung und Dankbar-keit endet, um danach lang-sam wieder ins Leben zu-rückkehren zu können. Imnegativen Sinn kann ein Ge-fühl von Ohnmacht und Nie-dergeschlagenheit entstehen,das in eine schwere Depressi-on führen kann.

Dabei müssten wir doch ei-gentlich im Trauern geübtsein. Trauer ist nichts anderesals die unausweichliche emo-tionale Reaktion auf Verluste.Und diese begleiten uns dasganze Leben hindurch. Nichtnur wenn wir nahestehendeMenschen durch Tod oderTrennung verlieren. Wir ver-lieren unsere Jugend, wir ver-lieren mit zunehmendem Al-ter – zumindest teilweise – un-sere Gesundheit. Mütter undVäter müssen ihre Kinder indie Welt entlassen. Mancheverlieren ihre Heimat oder ihrVermögen. Verlieren tut im-mer weh.

Ich selbst musste dies er-fahren, als ich mit zehn Jah-

Hauptsache gesund

MEDIZINKOLUMNE ............................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................

ren meine Großmutter über-raschend durch einen Ver-kehrsunfall verloren habe.Ich hatte eine sehr enge Be-ziehung zu ihr. Damals habeich nicht gewusst, wie ich mitdem Tod umzugehen habe.Ich versuchte mich wie mei-

ne erwachsenen Vorbilderzusammenzureißen und un-terdrückte meinen Verlustund meine Trauer. Bereitsam nächsten Tag ging ichwieder zur Schule und ließmir nichts anmerken.

Das Unterdrücken der

Trauerarbeit – ein schwerer Weg

Priv.-Doz. Dr. med. habil. Barbara Richartz,Chefärztin in der Privatklinik Jägerwinkel inBad Wiessee, erklärt, warum wir uns trauen

sollten, zu trauern.

Dr. Barbara Richartz

Tabu: Böser Humor

Mit abschätzigen Scherzen überMitarbeiter tun sich Chefskeinen Gefallen. Der richtigeWitz kann Führungskräftenaber viel bringen: FreundlicherHumor verbessert die Bezie-hung zwischen Chefs und Mit-arbeitern. „Vorgesetzte solltenmit anderen lachen, nicht überandere“, rät daher PsychologeAlexander Pundt. Gemeinsammit seiner Kollegin FeliciaHerrmann hat er heraus-gefunden, dass positiver Humordas gegenseitige Vertrauenstärkt. Empathie, Loyalität,Unterstützung, Verständnis –all das kann hier wachsen.

Die Voraussetzung dafür: DerMitarbeiter muss spüren, dassder Chef eine ungezwungeneStimmung schafft und es ihmum das Wohlbefinden seinerLeute geht. Witze gelingen denPsychologen zufolge besser,wenn Chefs dabei Mitarbeiternauf Augenhöhe begegnen, al-so Gemeinsamkeiten hervorhe-ben. „Dann denken die Leute:Das ist jemand von uns.“

Die Mitarbeiter identifizierensich mit Vorgesetzten, wenn siefreundliche Witze machen.Dieser Mechanismus wirkt abernicht, wenn aggressiver Humorim Spiel ist. „Wer Witze überandere statt mit anderenmacht, erhebt sich über sie“,sagt Pundt. Abfällige Scherzeseien Gift für das Klima.

Die Ergebnisse der beidenPsychologen basieren auf einerOnline-Umfrage unter mehrals 152 Menschen zwischen21 und 64 Jahren, die in ganzunterschiedlichen Branchenin Deutschland arbeiten. DieAntworten zeigen deutlich: Werals Chef seine Mitarbeiter fürsich gewinnen will, sollte vorallem eines vermeiden: bösenHumor. dpa

AKTUELLES AUS

DER PSYCHOLOGIE

Karriere ist nichtgleich ZufriedenheitDie Zufriedenheit mit derBeschäftigung hängt nichtvon Karriereambitionenab, so das Ergebnis einerAnalyse des Instituts derdeutschen Wirtschaft inKöln. Mehr als 92 Prozentder „karriereorientiertenAngestellten und Arbei-ter“ sind demnach mit ih-rer Arbeit zufrieden. Dasgilt aber im Wesentlichenauch für die „familienori-entierten Angestelltenund Arbeiter“. Die Studiezeigt zudem, dass mit zu-nehmendem Alter dieKarriereambitionen ab-nehmen.

Männer schalten imJob leichter abBeim Abschalten vom Jobhaben Männer wenigerProbleme als Frauen. Dasgeht aus einer repräsenta-tiven Forsa-Umfrage her-vor. So haben vier vonzehn erwerbstätigen Frau-en (41 Prozent) in ihremderzeitigen Job schon dieErfahrung gemacht, nachFeierabend nicht abschal-ten zu können. Bei denMännern ist es nur etwajeder Dritte (36 Prozent).

Stellung beziehenbei MobbingWird ein Mitarbeiter ge-mobbt, neigen unbeteilig-te Kollegen oft dazu, hilf-los wegzusehen. Indemsie Stellung beziehen,können sie aber viel tun,um die Situation zu ent-schärfen, sagen Experten.Gut ist es zum Beispiel,die Mobber anzusprechenund vorzuschlagen zu ver-mitteln. Das macht deut-lich, dass der am Mobbingunbeteiligte Kollege sichzuständig fühlt und dasVerhalten der Mobbernicht akzeptiert – und dasschwächt deren Position.Mobbing trifft häufigMenschen, die sich voneiner Gruppe durch einMerkmal abheben. Daskann etwa sein, dass je-mand die einzige Frau ineinem Männerteam ist.

Patzig und aggressiv?Oft ein WarnsignalSind Kollegen auf einmalhäufig patzig oder aggres-siv, sollten Mitarbeiter siedarauf ansprechen. Denndahinter kann eine begin-nende Depression ste-cken, warnt die Psycholo-gin Juliane Dreisbach. Eskann aber auch ein Anzei-chen für Erschöpfungoder Überforderung sein.Der Betroffene selbstmerkt dabei oft nicht, dasser auf dem Weg ist, krankzu werden. Deshalb sindRückmeldungen von au-ßen wichtig. Gefragt sindvor allem die Mitarbeiter,die dem Kollegen beson-ders nahe stehen.

Neidgefühle lassensich nicht verdrängenIm Arbeitsalltag gibt esviele Situationen, dieNeid aufkommen lassen.„Egal, ob das Gefühl ge-rechtfertigt ist oder nicht,es ist erst mal da“, erklärtOrganisationspsychologeStefan Poppelreuter. Umherauszufinden, inwie-fern das Neidgefühl be-gründet ist, hilft Mitarbei-tern nur die Flucht nachvorne: ein Gespräch mitdem Chef. Viele scheuensich davor, werden statt-dessen unzufrieden. EinGespräch mit dem Vorge-setzten kann jedoch dazuführen, das negative Ge-fühl wieder loszuwerden.Hält die Missgunst unddie Aggression an, sollteman einen Therapeutenkontaktieren.

künftige Chef aus den eige-nen Reihen kommt. Danndreht sich vieles um Fragenwie: „Wer bekommt welcheAnteile?“ Oder, im Zeitaltervon Scheidungen und soge-nannten Patchwork-Famili-en: „Was überlässt man derEx-Frau?“ Beziehungsweise:„Wie wird der neue Stiefsohnins Unternehmen inte-griert?“

-Klingt alles höchst

kompliziert.An dieser Stelle möchte ichdie Stärken von Familienun-ternehmen betonen: Hierzählen Werte wie Verantwor-tung, Engagement oder Soli-darität besonders viel. Und:Es herrscht auch eine großeIdentifikation vor – die Mitar-beiter haben nicht nur einenJob. Der Arbeitsplatz bietetihnen – wie der Name schonsagt – eine familiäre Atmo-sphäre. Er ist ein Ort der Be-gegnung, man fühlt sich auf-gehoben, wertgeschätzt. Manentwickelt ein starkes Zuge-hörigkeitsgefühl.

-Wie schafft man es, all

das zu erhalten – ohne indiese konfliktreiche Ab-wärtsspirale zu kommen?

Ich rate Unternehmerfamili-en stets, sich regelmäßig anfesten Terminen außerhalbder Firma zu treffen. Vor al-lem wenn die Familie größerwird, macht es Sinn, sie im-mer wieder zusammenzu-bringen, dabei aber auchSpielregeln festzulegen.

-Welche Spielregeln

meinen Sie konkret?Spielregeln, wie man mitei-nander umgeht – vor allem inKonflikt- und Krisensituatio-nen. Zum Beispiel könnte einFamilienmitglied als Konflikt-moderator benannt werden.Bei Gesprächen, die drohenaus dem Ruder zu laufen,übernimmt dann dieser eineArt Vermittlerfunktion.

-Worauf kommt es

noch an?Was auch sehr, sehr wichtigist, aber gern vernachlässigtwird: Schon bei den kleins-ten Missstimmungen imTeam hellhörig werden, dasGespräch suchen. Die Fron-ten sind ja nicht von Anfangan verhärtet, das kommt erstmit der Zeit, wenn man dieSpannungen ignoriert. Es istein bisschen wie beim Zahn-arzt: Wenn man regelmäßighingeht, kostet es nicht vielund die Zähne bleiben ge-sund. Wird man nachlässig,kann es richtig teuer werden– und die Zähne sind viel-leicht für immer zerstört.

Interview: Barbara Nazarewska

Wenn Familien ein Unter-nehmen haben, geht es emo-tional schon mal hoch her.Warum? Susanne Hörmann,die Betroffene in Krisen berätund coacht, sagt: „In Famili-en ist die Währung Liebe – inUnternehmen Geld.“ In ei-nem Familienunternehmentrifft beides aufeinander. DieFolge: Familienkonfliktekönnen zu Unternehmens-konflikten führen. Ein Ge-spräch über Vorsorge – underste Hilfe in Notfällen.

-Frau Hörmann, wann

werden Sie gerufen?Meistens kommen die Ge-schäftsführer zu mir und sa-gen: „Irgendwas läuft schief.“Es gibt dann Streit in der Fir-ma – oder man schweigt sichnur noch an. Die Mitarbeitersind demotiviert, die Leis-tung sinkt. Und die Chefswissen nicht mehr weiter.

-Und dann sollen Sie

für Frieden sorgen?Meine Aufgabe ist es, dieProbleme konkret zu benen-nen – und mit dem Team Lö-sungen zu erarbeiten, damitder Frieden wieder einkehrt.

-Wie machen Sie das?

Das lässt sich nicht in einpaar Sätzen verallgemeinern.Es gibt unterschiedliche Un-ternehmen mit unterschiedli-chen Strukturen und Proble-men. In der Regel spreche ichzuerst mit den Vorgesetztenund anschließend mit denMitarbeitern. Es ist vollkom-men klar, dass jedes Ge-spräch vertraulich ist! JedeInformation ist für mich wieein Puzzlestückchen, das ichdann am Ende zu einem gro-ßen Ganzen zusammensetze.

-Nennen Sie uns bitte

ein konkretes Beispiel.Vor kurzem war ich in einemUnternehmen, bei dem dieProduktion stagnierte, weilzwei Abteilungen nicht mehrmiteinander, sondern imPrinzip gegeneinander gear-beitet haben. Ich habe dortGespräche geführt, dann ha-ben wir gemeinsam die Pro-bleme beim Namen genanntund auch gemeinsam nachLösungen gesucht. Etwas ge-meinsam zu erarbeiten istsehr wichtig, weil die Men-schen Anweisungen „vonoben“ ungern annehmen –vor allem in Konfliktsitua-tionen.

-Was waren denn die

Probleme?Es gab zum Teil keine klarenTätigkeitsabgrenzungen, sodass die meisten Mitarbeiternicht genau wussten, für wassie persönlich verantwortlichsind. Um das Hauptproblem

Familienunternehmen: Mehr als nur ein JobERSTE HILFE BEI KONFLIKTEN ....................................................................................................................................................................................................................................................................................................................

In einem Familienunterneh-men haben die Familienmit-glieder massiven Einfluss aufUnternehmensentscheidun-gen – und das zum Teil unab-hängig von ihrer Positionoder gar Kompetenz. Dasbirgt natürlich großes Kon-fliktpotenzial. Vor allemdann, wenn sich qualifizierteMitarbeiter benachteiligtfühlen, nur weil sie mit demUnternehmen sozusagennicht blutsverwandt sind.

-Was sind denn die

größten Baustellen?An erster Stelle sicher dieNachfolge-Regelung – Um-fragen belegen, dass rund 80Prozent aller Familienunter-nehmen wollen, dass der

fachte Darstellung. Undzweitens – das ist entschei-dend! – können die wenigs-ten Menschen bei anhalten-den Konflikten rational den-ken und über ihren Teller-rand hinausschauen. Diesind ja fast nur noch damitbeschäftigt, sich selbst zuschützen: vor mehr Arbeit,mehr Anfeindungen, und,und, und. Deshalb ist ja einexterner Berater so wichtig,weil er nicht betriebsblind istund vor allem nicht unterdem Verdacht steht, partei-isch zu sein.

-Eskalieren solche Kon-

flikte in Familienunter-nehmen mehr als in ande-ren Firmen?

mal ganz vereinfacht darzu-stellen: Person A fand, dasssie mehr arbeiten musste alsPerson B, weil Person B ihreAufgaben auf sie abwälzte.Dadurch fühlte sich PersonA ungerecht behandelt undschnitt Person B. Die wieder-um empfand das als extrembelastend, sie war sich keinerSchuld bewusst – und weihteschließlich Person C ein. Soentstanden nach und nachLager. Und irgendwann wa-ren die Fronten dann so ver-härtet, dass ein normales Ge-spräch untereinander garnicht mehr möglich war.

-Das hört sich ein biss-

chen nach Zickenkrieg an.Erstens ist das eine verein-

Zur Person:Susanne Hörmann, 36,kommt selbst aus einerUnternehmerfamilie.Als systemischer Coachberät sie Familienunter-nehmen bei Fragen rundum Mitarbeiterführungund Team- respektiveOrganisationsent-wicklung. Das ersteGespräch ist stetskostenlos. WeitereInformationen gibt esauf ihrer Internetseite:www.susannehoermann.eu

FOTO: KLAUS HAAG