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Ausgabe 8 | 14. Oktober 2015 www.exportmanager-online.de Export Manager Ausgewählte Informationen für Exportverantwortliche Schwerpunktthema dieser Ausgabe: Südamerika Niedrige Rohstoffpreise erhöhen Risiken | Politische Weichenstellung in Argentinien | Zahlungsmoral und Marktpotential in Brasilien | Freihandelsabkom- men der Pazifikanrainer | Systematische Export- kontrolle | Neues zum Waffenembargo gegen China

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Ausgabe 8 | 14. Oktober 2015

www.exportmanager-online.deExportManager

Ausgewählte Informationen für Exportverantwortliche

Schwerpunktthema dieser Ausgabe: Südamerika

Niedrige Rohstoffpreise erhöhen Risiken | Politische

Weichenstellung in Argentinien | Zahlungsmoral

und Marktpotential in Brasilien | Freihandelsabkom-

men der Pazifikanrainer | Systematische Export-

kontrolle | Neues zum Waffenembargo gegen China

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Ausgabe 8 | 14. Oktober 20152 | ExportManager

Peru und Chile gehen voran. Mit der

Vereinbarung einer Transpazifischen

Partnerschaft öffnen die Länder ihre

Märkte und verbessern die eigenen

Marktchancen in den Partnerländern.

Angesichts gesunkener Rohstoffpreise

suchen die Länder Südamerikas nach

neuen Wachstumsquellen. In Argenti-

nien könnten die Wahlen am 25. Okto-

ber neue Impulse geben.

Die vorliegende Ausgabe des Export­

Managers geht auf die wirtschaftliche

und politische Lage in Argentinien, Bra-

silien und Chile ein, blickt auf die Poten-

tiale im Bergbau und die Zahlungsmoral

in Brasilien. Weitere Themen sind die

systematische Exportkontrolle in der

IT-Branche und aktuelle Entwicklungen

beim Waffenembargo gegen China.

Sie erhalten unseren Newsletter jährlich

in zehn Ausgaben kostenlos online,

wenn Sie möchten. Gerne stehen wir

Ihnen für weitere Informationen zur

Verfügung. Nutzen Sie bitte die Regis-

trierungsmöglichkeit und weitere

Informationen auf unserer Website

www.exportmanager­online.de.

Themen

Verkaufen

➤➤ Südamerika leidet unter niedrigen Rohstoffpreisen 3Erich Hieronimus, Pressesprecher, Coface, Niederlassung in Deutschland

➤➤ Argentinien wartet auf den neuen Präsidenten 6Christoph Witte, Direktor Deutschland, Credimundi, Member of the Credendo Group

➤➤ Sinkende Zahlungsmoral in Brasilien 8Dr. Thomas Langen, Senior Regional Director Deutschland, Mittel- und Osteuropa, Atradius Kreditversicherung

➤➤ Pazifikstaaten preschen beim Freihandel voran 10Gunther Schilling, Leitender Redakteur ExportManager, FRANKFURT BUSINESS MEDIA

Finanzieren

➤➤ Chile – regionaler Spitzenreiter bekommt Schrammen 12Ingo Gerding, Senior Regional Manager, Financial Institutions, BHF-BANK

➤➤ Südamerikas Bergbauindustrie bietet Exportchancen 14Dirk Oliver Haller, Vorstandsvorsitzender, DFT Deutsche Finetrading AG

➤➤ Brasilien: viel Potential im Kraftzentrum Südamerikas 16Harald Lipkau, Country Manager Brasilien, Commerzbank AG

Liefern

➤➤ Systematische Exportkontrolle in der IT­Branche 18Gunther Schilling, Leitender Redakteur ExportManager, FRANKFURT BUSINESS MEDIA

➤➤ Aktuelles zum China­Waffenembargo 20PD Dr. Harald Hohmann, Rechtsanwalt, Hohmann Rechtsanwälte

Strategische Partner und Impressum 22

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3 | ExportManager | Verkaufen Ausgabe 8 | 14. Oktober 2015

Südamerika leidet unter niedrigen Rohstoffpreisen

Etlichen Schwellenländern machen die niedrigen Rohstoffpreise und die gegenüber dem US-Dollar gefallenen Wechselkurse zu schaffen. In einigen der größeren Schwellenländer (China, Türkei, Südafrika) schwächte sich die Konjunktur ab oder glitt sogar in die Rezession, wie in Russland und jetzt auch in Brasilien. Der Crash am chinesischen Aktienmarkt und seine Folgen für die Rohstoff-preise haben diese Schwäche weiter verstärkt. Darunter leiden auch die südamerikanischen Rohstoffländer.

Nach Ansicht der Coface-Experten müs-sen die Länderrisiken in den Schwellen-ländern in diesem Jahr weiterhin genau überwacht werden. Für Südamerika erwartet Coface 2015 mit –0,2% für das BIP eine Rezession. Gleich vier Länder wurden in der aktuellen Länderbewer-tung herabgestuft.

Brasilien, das im März dieses Jahres auf „negative watch”, also zur Beobachtung für eine Abwertung, gesetzt worden war, wurde nun auf B herabgestuft. Die Wirt-schaft befindet sich in einer Rezession. Die aktuelle Prognose: –2,5% für 2015. Diese Entwicklung geht einher mit zunehmender politischer Instabilität. Die Ausgaben der privaten Haushalte als wichtigster Wachstumsmotor und die Investitionen gingen zurück, hauptsäch-lich aufgrund der Nachwirkungen der Petrobras-Affäre.

Ecuador, das ebenfalls seit März auf „nega-tive watch” stand, ist nun mit C bewertet. Es ist das am zweitstärksten vom Ölpreis-verfall betroffene Land. Öl macht 40% der Staatseinnahmen und über 50% des

Exports aus. Turbulenzen an den Rohstoff-märkten haben daher Auswirkungen auf Staatsausgaben und Investitionen. Die Aussichten für ecuadorianische Privatun-ternehmen sind aufgrund von Zollkonflik-ten mit Kolumbien und Peru schlecht. Die Wirtschaft hängt auch in hohem Maße von chinesischem Kapital ab. Die Kredite werden durch Vergabe von Bergbaukon-zessionen, Öleinnahmen und zukünftigen Einnahmen aus Stromerzeugung abgesi-chert.

Chile, dessen Bewertung auf A3 herab-gestuft wurde, leidet unter dem anhal-tenden Fall des Kupferpreises und dem Konjunkturrückgang in China als Haupt-abnehmer des chilenischen Kupfers. Kor-ruptionsskandale destabilisieren das Geschäftsumfeld.

Nach der Erholung von der Rezession im Jahr 2012 und einem günstigen Geschäfts-klima leidet Trinidad und Tobago, das jetzt mit A4 bewertet wird, unter den negati-

ven Auswirkungen des anhaltend niedri-gen Ölpreises. Auch ein weiteres Problem bleibt bestehen: der nötige Ausbau von Gaslieferungen und Infrastruktur.

Wachstum gebremst

Seit 2011 verzeichnet Lateinamerika ins-gesamt ein verlangsamtes Wachstum. Neben dem an sich schon schwächelnden Binnenmarkt verschärften seit Mitte 2014 zyklische Faktoren die immer prekärer werdende Lage. Auch 2015 setzt sich der Abwärtstrend fort. Voraussichtlich geht das regionale BIP in diesem Jahr um 0,2% zurück. Damit tritt erstmals seit 2009, als infolge der Subprime-Krise die Wirt-schaftsaktivität um 1,4% sank, wieder eine Rezession ein.

Am stärksten vom Wachstumsrückgang betroffen sind Brasilien und Venezuela, Coface prognostiziert einen Einbruch des BIP um 2,5% bzw. sogar um 7%. Von den großen Volkswirtschaften Lateinamerikas erzielen nur Chile und Peru eine leichte Verbesserung in diesem Jahr. Dies aller-dings vor dem Hintergrund, dass sich in

Es geht abwärts! Südamerika bleibt trotzdem ein interessanter Standort.

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Erich HieronimusPressesprecher,Coface, Niederlassung in Deutschland

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4 | ExportManager | Verkaufen Ausgabe 8 | 14. Oktober 2015

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beiden Ländern das Wachstum im ver-gangenen Jahr deutlich abschwächte. Externe Faktoren wie die niedrigen Welt-marktpreise für Rohstoffe werden die Region auch weiterhin belasten. Voraus-gesetzt, die Rezession in Brasilien lässt, wie eigentlich zu erwarten, im kommen-den Jahr nach, könnte Lateinamerika 2016 wieder ein Wachstumsplus von 0,8% erreichen.

Auch mussten nicht alle Länder 2014 ein verlangsamtes Wachstum verbuchen. In Mexiko legte die Wirtschaft um 2,1% zu nach 1,4% im Jahr zuvor. Dazu trug auch bei, dass Mexiko weniger vom Rohstoffex-port abhängig ist, sondern sich auch auf produzierende Industrie und Gewerbe stützen kann. Das Land leidet indes weiter unter seiner schwachen Justiz und hohen Kriminalität, die insbesondere von den Drogenkartellen ausgeht.

Abwertung vieler Währungen

Die negative Entwicklung wurde durch die Aufwertung des US-Dollar weiter ver-stärkt. Diese Aufwertung erklärt sich durch die Einschätzung der Investoren, die davon ausgehen, dass sich die US-Wirtschaft in den Folgemonaten im Vergleich zu anderen Volkswirtschaften besser entwickelt. Zusätzlich wird eine Straffung der US-Geldpolitik erwartet. Infolgedessen verloren die fünf wichtigs-ten nichtkursgebundenen Währungen Lateinamerikas – der Brasilianische Real, der Kolumbianische, der Chilenische und

der Mexikanische Peso sowie der peruani-sche Nuevo Sol – deutlich an Wert.

Hohes Branchenrisiko

In Lateinamerika haben sich die Risiken in den vergangenen Monaten aufgrund der niedrigeren Rohstoffpreise und von deren Auswirkung auf die Wirtschaftsaktivität erhöht. Die meisten Branchen werden nun mit einem hohen Risikoniveau einge-stuft. Aufgrund des geringen regionalen BIP-Wachstums verschlechtert sich auch die Risikoeinschätzung vieler Branchen.

Landwirtschaft/Lebensmittel: hohes Risiko. Die Branche arbeitet traditionell mit langen Zahlungszielen und ist anfällig für zwei Variablen: Wetter und Rohstoff-preise. Trotz Rekordernten in einigen Län-dern, unter anderem in Brasilien und Argentinien, gingen die Gewinne wegen steigender Produktionskosten und niedri-gerer Verkaufspreise zurück. So sanken beispielsweise die Sojapreise im laufen-den Jahr bis Ende Juni um ein Drittel. Die Wechselkursprobleme verschärften die Situation.

Einzelhandel: mittleres Risiko. In den meisten Ländern der Region legte der Ein-zelhandel im vergangenen Jahrzehnt dank höherer Einkommen kräftig zu. Der Aufschwung wurde beeinflusst vom Roh-stoffboom. Jetzt, wo die Rohstoffpreise gesunken sind, flacht auch die Kurve im Konsumgüterbereich wieder ab, vor allem in Kolumbien, Peru und Chile. In Mexiko ist

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5 | ExportManager | Verkaufen Ausgabe 8 | 14. Oktober 2015➤

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die Branche aufgrund steigender Beschäf-tigungszahlen und geringer Inflation recht stabil. Schwieriger ist die Lage in Brasilien, wo Arbeitslosigkeit, hohe Infla-tion und das anhaltend geringe Verbrau-chervertrauen den privaten Konsum aus-bremsen. Insgesamt drücken die Wäh-rungsprobleme in Lateinamerika auf die Margen mit importierten Produkten.

Textil/Bekleidung: hohes Risiko. Hier hängen die lateinamerikanischen Länder nach dem Aufschwung der Branche in China, Indien, der Türkei und Vietnam stark vom Import ab. Die eigenen Unter-nehmen sind weniger konkurrenzfähig.

Metall: hohes Risiko. Nicht nur die Über-kapazitäten auf dem Weltmarkt und die geringere globale Nachfrage, nicht zuletzt aus China, belasten die Branche. Auch Fak-toren im Inland tragen zur Risikosituation bei. In Brasilen ging die Nachfrage der eigenen Kunden vornehmlich aus dem Autosektor, dem Bau und den Investiti-onsgüterindustrien zurück. Die schwie-rige Situation der Automobilbranche in Argentinien schlägt auf den Metallsektor durch.

Automobil: hohes Risiko. Außer in Mexiko, wo das Risiko weiter als „moderat“ einge-stuft bleibt, wurde die Branche in der Region auf „hohes Risiko“ gesetzt. Mexiko profitiert von der Nähe zu den USA, den geringen Arbeitskosten und der daraus resultierenden Wettbewerbsfähigkeit. In den ersten sieben Monaten 2015 stiegen

die Produktion um 6,7%, der Absatz um 20,9% und der Export um 8,9%. Dieses Bild unterscheidet sich von dem in Brasi-lien und Argentinien. Seit Anfang 2014 steckt die Autoindustrie in Brasilien in der Krise. Im ersten Halbjahr 2015 brachen die Produktion um weitere 18% und der Absatz um 21% ein. Ein Viertel der Beschäftigten wurde entlassen oder in „Betriebsferien“ geschickt. Derzeit sind die Brasilianer offensichtlich generell nicht bereit, langlebige Güter zu kaufen. Argentinien leidet unter den Auswirkun-gen aus Brasilien, hoher Inflation, sinken-den Löhnen und hohen Steuern auf große Autos.

Bau: hohes Risiko. In Brasilien sind die Aussichten insgesamt schlecht. Die Nach-frage der Unternehmen ist aufgrund der allgemeinen Wirtschaftslage gering. Beim privaten Hausbau sieht es zwar etwas bes-ser aus, auch wegen der bisherigen Kre-ditverfügbarkeit. Allerdings steigen die Zinsen, und die öffentlichen Banken ver-halten sich bei der Kreditvergabe wieder restriktiver. Auch in Kolumbien verlang-samte sich die Bautätigkeit, wenngleich noch ordentliche Zuwächse generiert werden. Allerdings werden Zahlungsver-zögerungen beobachtet. In Mexiko spürt der Bausektor, dass öffentliche Bauvorha-ben verschoben wurden. In Chile dage-gen stieg der Branchenindex, wenn auch nur leicht, aber im dritten Monat hinter-einander. Zuvor gab es neun Monate in Folge Rückgänge.

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6 | ExportManager | Verkaufen Ausgabe 8 | 14. Oktober 2015

Argentinien wartet auf den neuen Präsidenten

Die argentinische Wirtschaft spürt den Preisverfall bei wichtigen Exportprodukten wie Soja, kann diesen aber durch höhere Liefer-mengen ausgleichen. Im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen am 25. Oktober gewinnt der Kampf gegen die Wirtschaftsflaute an Bedeutung. Eine stabile Finanzierungsperspektive würde die Wirtschaft des Landes wieder in Schwung bringen, die derzeit noch unter einer zähen Stagflation leidet. Die Analysten der Credendo Group sehen derzeit noch hohe Risiken für das Land.

Mit Spannung erwartet Argentinien den Ausgang der im Oktober stattfindenden Parlaments- und Präsidentschaftswahlen. Dass die drei wichtigsten Kandidaten als pragmatischer und wirtschaftsfreundli-cher als die amtierende Präsidentin Kirch-ner gelten, gibt Anlass zu vorsichtigem Optimismus. Es besteht Hoffnung, dass es der neuen Regierung gelingen wird, das Vertrauen der Investoren zu erneuern und so Argentiniens gewaltiges Potential in den Bereichen Energie, Bergbau und Landwirtschaft freizusetzen. Eine solche positive Entwicklung könnte durch eine niedrige Auslandsverschuldung sowie einen relativ stabilen Bankensektor be-günstigt werden. Gleichzeitig schafft das zuletzt zunehmend wirtschaftsfeindliche Klima aber schwierige Rahmenbedingun-gen für einen raschen wirtschaftspoliti-schen Kurswechsel.

Stagflation trübt wirtschaftliche Aussichten

Ungeachtet dieser Faktoren betrachtet die Credendo Group das wirtschaftliche und politische Risiko Argentiniens mit

unvermindertem Pessimismus. Ein Grund hierfür ist der desaströse Zustand der argentinischen Wirtschaft. Das BIP fiel 2014 um 2,1% und dürfte im Laufe des Jahres 2015 um einen weiteren Prozent-punkt schrumpfen. Gleichzeitig stieg die Inflation 2014 gemäß Schätzungen des Privatsektors auf über 40%. Eine solche Stagflation erhöht nicht nur das landes-weite Geschäftsrisiko, sondern schürt außerdem auch die soziale Unzufrieden-heit und möglicherweise sogar Proteste.

Obwohl die niedrigeren Ölpreise die Kos-ten für Importe senken (und die für 2015 prognostizierte Inflation auf „lediglich“ 30% reduzieren), dürften sich die finanz- und außenwirtschaftlichen Ungleichge-wichte kurzfristig verschlimmern. Zurück-zuführen ist dies auf höhere öffentliche Ausgaben im Vorfeld der Parlaments- und Präsidentschaftswahlen im Oktober 2015 sowie auf die Negativentwicklung des Sojapreises, die verhaltene Auslands-nachfrage aus Brasilien und insbeson-dere auf die Fälligkeit hoher Schulden-dienstverpflichtungen gegenüber dem Ausland.Sojaernte in Argentinien: Die Nachfrage Chinas hat in den vergangenen Monaten kräftig zugelegt.

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Christoph WitteDirektor Deutschland,Credimundi, Member of the Credendo Group

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7 | ExportManager | Verkaufen Ausgabe 8 | 14. Oktober 2015➤

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Schuldenmanagement und Reformen notwendig

Der letzte Zahlungsausfall des Staates hatte zwar nur wenige unmittelbare Kon-sequenzen, wirkt sich aber sehr wohl auf die langfristigen makroökonomischen Aussichten aus. So hat der Zahlungsaus-fall jüngste Bemühungen zur Verbesse-rung des Verhältnisses zu internationalen Investoren untergraben, wie z.B. Vereinba-rungen mit den Gläubigern des Pariser Clubs über Zahlungsrückstände, mit Rep-sol über Ausgleichszahlungen für die Ent-eignung der Mehrheitsanteile an YPF, mit den Prozessparteien des Internationalen Zentrums zur Beilegung von Investitions-streitigkeiten über Forderungen und mit dem IWF über die Verbesserung der Qua-

lität offizieller Statistiken. Ebenso wurde auf diese Weise die dringend notwendige Diversifizierung der Finanzierungsquellen hinausgeschoben. Daher wird die Regie-rung die Monetarisierung der Haushalts-defizite einstweilen fortsetzen (was die Inflation weiter antreibt) und auf inter-ventionistische Ad-hoc-Maßnahmen zu-rückgreifen (Erweiterung statt Reduzie-rung der Preis- und Devisenkontrollen). Die endgültige Einigung mit den Hold-

out-Gläubigern, die sich 2005 und 2010 der Umschuldung infolge der Staatspleite von 2002 verweigerten, ist eine Vorausset-zung für die Lösung des jüngsten Zah-lungsausfalls. Ebenso erfordert die Behe-bung fundamentaler makroökonomi-scher Ungleichgewichte die Durchführung tiefgreifender Strukturreformen.

Risikobewertung bleibt konstant

Die Credendo Group sieht in Argentinien nach wie vor hohe Risiken. Das wirtschaft-liche Risiko wird auf einer Skala von A bis C in Kategorie C eingestuft, während das kurzfristige politische Risiko auf einer Skala von 1 bis 7 mit Kategorie 5 und das mittel- bis langfristige politische Risiko mit Kategorie 6 bewertet werden. Die kurzfristige Einstufung orientiert sich an der Beurteilung des Liquiditätsrisikos. In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass die Bewertung Argentiniens trotz des erneuten Zahlungsausfalls gegen-über internationalen Gläubigern im Juli 2014 stabil geblieben ist. Dies ist den strengen Kontrollen zu verdanken, die eine massive Kapitalflucht verhindern und so die Liquiditätsposition festigen konnten. Auch die Tatsache, dass Argenti-nien schon vor dem jüngsten Zahlungs-ausfall keinen Zugang zu internationalen Finanzmärkten hatte, floss in die Beurtei-lung mit ein. Des Weiteren haben gestie-gene Sojaexporte und eine umfangreiche Währungsswapvereinbarung mit China zu einer Erhöhung der Fremdwährungs-bestände geführt.

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„Gestiegene Sojaexporte und eine umfangreiche Währungsswap­vereinbarung mit China haben die Fremdwährungsbestände erhöht.“

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8 | ExportManager | Verkaufen Ausgabe 8 | 14. Oktober 2015➤

Sinkende Zahlungsmoral in Brasilien

Die brasilianische Wirtschaft schrumpft. Vor allem der Außenhandel ist stark rückläufig. Dadurch verschlechtert sich das Zahlungs-verhalten der Unternehmen. Doch die Verzögerungen haben nach Erkenntnissen von Atradius noch nicht spürbar zugenommen. Für das aktuelle Atradius-Zahlungsmoralbarometer zu Amerika wurden mehr als 800 Unternehmen in den USA, Kanada, Mexiko und Brasilien zum Zahlungsverhalten ihrer Kunden im In- und Ausland befragt.

Die Rezession hat Brasilien fest im Griff. Um 2% ging das reale BIP im ersten Halb-jahr 2015 gegenüber dem Vorjahr zurück. Die Exporte sanken in den ersten acht Monaten um 17%, die Importe um 22%. Auch die Industrieproduktion ist rückläu-fig, und die Erwartungen der Unterneh-men sind deutlich zurückhaltender als vor einem Jahr.

Ein Zweijahresvergleich der Ergebnisse des Atradius-Zahlungsmoralbarometers zeigt, dass sich die Zahlungsmoral in Bra-silien tendenziell verschlechtert hat. Als häufigsten Grund (46%) für Zahlungsver-zögerungen nannten die gut 200 befrag-ten Unternehmen mangelnde Liquiditäts-reserven bei ihren Geschäftspartnern. Als Ursache für Zahlungsausfälle gaben die Unternehmen am häufigsten die Insol-venz oder die Geschäftsaufgabe ihrer Kunden an.

Dabei bieten brasilianische Unternehmen mit durchschnittlich 34 Tagen die längs-ten Zahlungsziele der Region Brasilien und Nordamerika. Inländische Kunden erhalten etwas kürzere Fristen als auslän-

dische Abnehmer. Deren Zahlungsziele haben sich zudem im Zweijahresvergleich um durchschnittlich eine Woche verlän-gert. Innerhalb der gesetzten Frist werden allerdings nur 56,2% des Forderungswer-

tes bezahlt. 43,8% der inländischen und 44,3% der ausländischen Geschäftskun-den zahlen nach Auskunft der befragten Unternehmen ihre Lieferantenkredite ver-spätet.

Der durchschnittliche Anteil der Forde-rungen, die nach 90 Tagen noch ausstan-den, dürfte beträchtlich sein. Im Inlands-geschäft der befragten Unternehmen beträgt der Anteil 11,7%, im Außenhandel 14,2%. Die späte Zahlung von Rechnun-gen spiegelt sich in den sogenannten Days Sales Outstanding (DSO) wider, die in Brasilien im Durchschnitt 29 Tage errei-chen.

Die durchschnittliche Zahlungsverzö-gerung inländischer Geschäftskunden beträgt in Brasilien 29 Tage, bei auslän-dischen Geschäftskunden sind es 32 Tage. Durch eine Zunahme der Zahlungsver-zögerungen steigen auch die Kosten für Finanzierung und Verwaltung der ge-währten Lieferantenkredite. Dies beunru-higt die antwortenden Unternehmen in Brasilien besonders stark (23,9%). Ein erheblicher Teil (etwa 44%) berichtet, dass

die verspäteten Zahlungen inländischer Geschäftskunden auf die mangelnde Ver-fügbarkeit von Finanzmitteln zurückzu-führen sind. Daher sind für die Anbieter umfassende Kenntnisse und regelmäßig aktualisierte Informationen über die Finanzkraft und finanzielle Stabilität ihrer Kunden unerlässlich. Ein weiterer wichti-ger Grund für Zahlungsverzögerungen bei inländischen Rechnungen ist das inef-fiziente Bankensystem Brasiliens, das 30,2% der befragten Unternehmen als Ursache nennen.

Wer seine Waren nach Brasilien verkauft, sollte sich vorher über die Bonität der Kunden informieren und sich so effizient wie möglich absichern. Je länger Rech-nungen unbezahlt bleiben und je mehr Zahlungsausfälle ein Unternehmen mel-den muss, desto größer ist die Gefahr, dass es selbst in Liquiditätsengpässe gerät und seine eigenen Rechnungen nicht mehr bezahlen kann.

Die ausführlichen Ergebnisse des Zahlungs-moralbarometers zu Amerika finden Sie auf www.atradius.de.

Zahlungseingänge sind nicht nur eine Frage der Zeit.

Engpässe können die Existenz in Frage stellen.

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Dr. Thomas LangenSenior Regional Director Deutschland, Mittel- und Osteuropa,Atradius Kreditversicherung

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Ausgabe 8 | 14. Oktober 2015

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Die Clouds nutzen, aber bitte compliant – das geht und wir sagen wie Weltweit Wachsen – die strategische Dimension des Internets für deutsche Exportgeschäfte Desktop, App oder Nepp? Mobil, lokal oder egal? Wie gesellschaftlicher Wandel und

Digitalisierung den Mittelstand fordern – ein Interaktionsworkshop mit Praxistipps Überleben in der digitalen Welt – So verliert Ihr Unternehmen nicht den Anschluss Der Weg ins Ausland aus steuerlicher Sicht Internationale Märkte – der Mittelstand auf Expansionskurs

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10 | ExportManager | Verkaufen Ausgabe 8 | 14. Oktober 2015

Pazifikstaaten preschen beim Freihandel voran

Zwölf Anrainerstaaten des Pazifiks haben sich am 4. Oktober 2015 auf eine Transpazifische Partnerschaft (TPP) geeinigt, die Handel und Investitionen zwischen den Partnerländern aus Amerika und Asien sowie Australien und Neuseeland erleichtern und beleben soll. Damit kommen die Pazifikstaaten den Europäern zuvor, die gerade ähnliche Abkommen mit den USA (TTIP) und Kanada (CETA) verhandeln. Die mit Asien vertraute Bank HSBC hat den Abschluss des TPP als bedeutenden Impuls für den Welthandel bezeichnet.

Transpazifische Partnerschaft setzt Maßstäbe für die Handelspolitik

Nach langen Verhandlungen einigten sich die Vertreter der Unterzeichnerstaa-ten USA, Kanada, Mexiko, Chile, Peru, Japan, Brunei, Malaysia, Singapur, Viet-nam, Australien und Neuseeland am 4. Oktober 2015 in Atlanta auf ein umfas-sendes Abkommen zum Abbau von Zöl-len und nichttarifären Handelshemmnis-sen, zum Schutz geistigen Eigentums sowie zur Angleichung von Umwelt- und Arbeitsstandards. Nun muss die Verein-barung von den Unterzeichnerstaaten ratifiziert werden, bevor sie in Kraft tre-ten kann. Der aktuelle Trade-Flash der HSBC sieht in dem Verhandlungserfolg ein positives Signal für den Abschluss weiterer Handelsabkommen und die Ein-leitung dringend notwendiger Struktur-reformen.

Im Geltungsraum der „Transpazifischen Partnerschaft“ (TPP) leben über 800 Milli-onen Menschen, und die Wirtschaftsleis-tung trägt mit gut 27 Bill USD etwa 37% zur Weltwirtschaft bei. Der Anteil der

beteiligten Länder am Welthandel beträgt rund 25%. Mit der schrittweisen Öffnung der Märkte für die Anbieter aus den Part-nerländern dürfte der Handel untereinan-der eine spürbare Belebung erfahren.

Impulse für den Welthandel

Die HSBC rechnet im Zuge der mehrjähri-gen Umsetzung des Abkommens mit Wachstumsimpulsen für die beteiligten

Länder und einer Belebung der weltwei-ten Liberalisierungsinitiativen. Sowohl die Anbieter als auch die Konsumenten profitierten von günstigeren Importen. Der stärkere Wettbewerb dürfte zu Inno-vationen und höherer Produktivität füh-ren.

Der Kreis der Partner könnte sich im Lauf der kommenden Jahre noch erweitern, da einige große asiatische Staaten wie China und Südkorea noch nicht beteiligt seien. China strebt zwar eigene regionale Handelsabkommen an, die Regierung hat die Einigung über die Transpazifische Partnerschaft jedoch begrüßt. Südkorea will eine Teilnahme prüfen. Auch Kolum-bien, das Teil der lateinamerikanischen Pazifik-Allianz ist, hat Interesse signali-siert.

Für die amerikanischen Partner stellt das Abkommen einen wichtigen Schritt zur engeren Zusammenarbeit mit den asiatischen Staaten dar, die bereits heute bedeutende Handelspartner sind. Die vereinbarten Zollsenkungen und die Erleichterungen des Marktzugangs wer-

Der Warenhandel im Pazifik kann in den nächsten Jahren von der Transpazifischen Partnerschaft profitieren.

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Gunther SchillingLeitender Redakteur ExportManager, FRANKFURT BUSINESS MEDIA

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den zwar zum Teil erst nach langen Über-gangsfristen wirksam, doch bietet das Abkommen erstmals seit dem Nordame-rikanischen Freihandelsabkommen NAFTA wieder eine umfassendere Libera-lisierungsperspektive.

Wesentliche Elemente

Das Büro des Handelsbeauftragten der USA hat hier einige Punkte des Abkom-mens veröffentlicht und fasst die wesent-lichen Elemente wie folgt zusammen:

➤➤ Umfassender Marktzugang. TPP ver-ringert oder beseitigt Zölle und nicht-tarifäre Handelshemmnisse für den Handel mit Gütern und Dienstleistun-gen. Sie umfasst darüber hinaus Inves-titionen und schafft neue Möglichkei-ten und Vorteile für Unternehmen, Beschäftigte und Konsumenten.

➤➤ Regionaler Ansatz. TPP ermöglicht die Entwicklung von Produktions- und Lieferketten sowie unterbrechungs-freien Handel und fördert damit effizi-

ente Strukturen. Sie unterstützt die Entstehung von Arbeitsplätzen, erhöht den Lebensstandard und ermöglicht sowohl die grenzüberschreitende Integration als auch die Öffnung des heimischen Marktes.

➤➤ Neue Herausforderungen. TPP för-dert Innovation, Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit durch die Be-rücksichtigung neuer Themen wie der Entwicklung der digitalen Wirtschaft oder der Rolle öffentlicher Unterneh-men in der Weltwirtschaft.

➤➤ Inklusiver Handel. TPP enthält neue Elemente, die sicherstellen sollen, dass Volkswirtschaften auf allen Entwick-lungsstufen und Unternehmen jeder Größe vom Handel profitieren können. Es enthält Vereinbarungen, die kleinen und mittelgroßen Unternehmen das Verständnis und die Nutzung des Abkommens erleichtern sollen.

➤➤ Plattform für regionale Integration. TPP dient als Plattform für die regio-nale Integration und ist darauf ausge-legt, weitere asiatisch-pazifische Volks-wirtschaften aufzunehmen.

Ausblick

Der internationale Liberalisierungspro-zess im Rahmen der WTO dürfte ebenso wie die Verhandlungen über die Transat-lantische Partnerschaft TTIP durch die pazifische Initiative angeregt werden.

„Mit dem Abschluss der Transpazi­fischen Partnerschaft ist den politischen Entscheidungsträgern ein großer Schritt gelungen – in einer Phase, in der die Welt­wirtschaft Impulse benötigt. “

(Simon Cooper, CEO of Global Commercial Banking der HSBC­Gruppe)

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12 | ExportManager | Finanzieren Ausgabe 8 | 14. Oktober 2015

Chile – regionaler Spitzenreiter bekommt Schrammen

Chile war das erste Land Lateinamerikas, das (bereits in den neunziger Jahren) ein „Investmentgraderating“ bekam und ist das einzige Land der Region, das von allen großen Ratingagenturen mit „single A plus“ oder besser bewertet wird. Doch das Ende des Commodity-Booms macht sich wegen der hohen Abhängigkeit des Landes von Primärgütern negativ bemerkbar. Das Wachstum ist stark zurückgegangen.

Chile hat das höchste Pro-Kopf-Einkom-men der Region und schneidet mit Abstand am besten ab bei Indikatoren wie wirtschaftlicher Freiheit, globaler Wettbewerbsfähigkeit, Solidität des Ban-kensystems und Korruptionsindex. Das Andenland wurde inzwischen sogar in die OECD aufgenommen und spielt somit in einer anderen Liga als seine Nachbarn.

Wegen der hohen Abhängigkeit Chiles von Primärgütern, insbesondere von Kup-fer, hinterlässt der Rückgang der Rohstoff-preise in letzter Zeit jedoch deutliche Spu-ren. Das Wachstum ist im Laufe des Jahres 2014 eingebrochen. Der Ölpreisverfall ist für Chile allerdings positiv, da das Land Nettoimporteur von Energieträgern ist, insbesondere auch von Erdöl.

Regierung Bachelet reformiert Bildungswesen

Am 11. März 2014 hat die zum zweiten Mal gewählte Sozialistin (nach unserem Verständnis: Sozialdemokratin) Michelle Bachelet an der Spitze eines Mitte-links-Bündnisses („Nueva Mayoria“) das Präsi-

dentenamt für vier Jahre übernommen. Ein zentrales Anliegen der Regierung Bachelet ist eine grundlegende Reform des Bildungswesens in Chile. Das Erzie-hungssystem wurde vor geraumer Zeit weitgehend privatisiert und gilt seitdem als teuer und trotzdem als qualitativ man-gelhaft, was in den vergangenen Jahren immer wieder zu massiven Protestbewe-gungen von Schülern und Studenten geführt hat. Das Erziehungssystem soll

nun durch den Ausbau staatlicher Einrich-tungen ausgeweitet und dabei grundle-gend reformiert und modernisiert wer-den.

Die Kosten der von der Regierung im ver-gangenen Jahr implementierten Refor-men – allein die Reform des Bildungssys-tems kostet einen Betrag in Höhe von 1,5% bis 2,5% des BIP – werden mit Steu-ererhöhungen, vor allem auf Unterneh-

mensgewinne, gegenfinanziert. Die Kör-perschaftsteuer (Corporate Tax Rate) wird schrittweise von 20% auf 25% angeho-ben, was heftige Proteste der Unterneh-mensverbände hervorgerufen hat, zumal die Umsetzung bei rückläufiger Konjunk-tur kontraproduktiv, da prozyklisch wirkt. Ein seit vergangenem Jahr zu beobach-tender Rückgang der Investitionstätigkeit wird von der Privatwirtschaft auf die Steu-ererhöhungen zurückgeführt, was sicher-lich teilweise zutrifft, aber auch mit den derzeit schlechteren Perspektiven des Bergbausektors zu tun hat.

Ende des Commodity­Booms

Chile erzielte in den Jahren 2010 bis 2012 ein jährliches BIP-Wachstum von 5,7%, jedoch ist seitdem eine deutliche Abschwächung dieser Wachstumsdyna-mik zu beobachten (2013: 4,1%, 2014: 1,9%). Im vergangenen Jahr war geradezu ein Einbruch des BIP-Wachstums zu kons-tatieren, in diesem Jahr ist eine leichte Erholung zu beobachten, die sich in 2016 fortsetzen sollte (Wachstumsprognose des IWF: +3,3%).

Ingo GerdingSenior Regional Manager,Financial Institutions,BHF-BANK

[email protected]

Hafen von Valparaíso: Die Verlangsamung der Weltkonjunktur macht sich auch hier bemerkbar.

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Das Land ist stark außenhandelsorientiert und eine wesentlich offenere Volkswirt-schaft als der Nachbar Argentinien. Chile hat mit allen größeren Handelsblöcken der Welt (einschl. EU und NAFTA) bilate-rale Freihandelsabkommen abgeschlos-sen (insgesamt mit 63 Ländern). Wie alle offenen Volkswirtschaften wird auch Chile von externen Faktoren wie der weltwei-ten Finanzkrise 2009 oder dem seit zwei bis drei Jahren zu beobachtenden Ende des Commodity-Booms und der Verlang-samung der Weltkonjunktur besonders hart getroffen. Allerdings profitiert das Land vom Ölpreisverfall, da Energieträger importiert werden müssen.

Chile hat mit rund 36% die weltweit größ-ten Reserven an Kupfer und ist mit 34% auch der weltweit größte Exporteur. In den Bergbausektor fließt zudem mit rund 50% die Mehrheit aller Direktinvestitionen. Das macht das Land sehr abhängig von Berg-bauprodukten und insbesondere von Kupfer. Allerdings liegen die Produktions-kosten von Kupfer in Chile deutlich unter dem langjährigen Weltmarktpreis.

Fiskalpolitischer Spielraum

Die Fiskalpolitik Chiles – vor allem die der Zentralregierung – ist immer konservativ gewesen und unterliegt strikten Haus-haltsregeln, die zwar antizyklische Ansätze erlauben, aber grundsätzlich auf nach-haltige Überschüsse ausgelegt sind. Die Budgetüberschüsse und gebildete Reser-ven (es gibt einen Kupfer-Reservefonds

zusätzlich zu den offiziellen Devi-senre-serven) können somit in Krisensituatio-nen zur antizyklischen Finanzpolitik ein-gesetzt werden, was auch getan wird.

Der infolge des Wiederaufbauprogramms nach dem schweren Erdbeben von 2010 ausgelöste Importsog führte zu einer leicht defizitären Leistungsbilanz. Danach hat sich die Dynamik von Importen und Exporten in etwa angeglichen, und es wird ein geringer Handelsbilanzüber-schuss erzielt. Die Leistungsbilanz ist nach wie vor defizitär, jedoch mit abnehmen-der Tendenz (–3,4% des BIP 2013, –0,4% des BIP 2015), und das Defizit wird durch ausländische Direktinvestitionen gedeckt.

Als reformbedürftig gilt in Chile der Arbeitsmarkt, der flexibilisiert werden müsste, ferner das Bildungssystem, des-sen Qualität nicht auf A-Land-Niveau liegt. Zudem gilt die Einkommens- und Vermö-gensverteilung als sehr ungleich (Gini-Koeffizient: 0,5, OECD-Durchschnitt: 0,31). Als Schwächen gelten auch die hohe Aus-landsabhängigkeit in der Energieversor-gung (vor allem bei fossilen Brennstoffen) und die damit verbundenen hohen Ener-gie- und Produktionskosten.

„Pazifik­Allianz“ gibt neue Handelsimpulse

Deutschland und Chile unterhalten tradi-tionell gute Beziehungen, aber der bilate-rale Handelsaustausch ist nicht sehr bedeutend (Chile belegt Rang 30 unter

den deutschen Abnehmerländern und Rang 32 unter den deutschen Lieferlän-dern). Deutsche Firmen sind allerdings oftmals über ihre Auslandsniederlassun-gen am Chile-Geschäft beteiligt, etwa via Brasilien oder USA, in Zukunft eventuell auch verstärkt über die Integrationspart-ner Peru, Kolumbien und Mexiko im Rah-men der „Pazifik-Allianz“. Die EU hat noch einen Anteil von etwa 15% am gesamten Außenhandelsvolumen Chiles, Deutsch-land ist dabei innerhalb der EU der wich-tigste Handelspartner. Die Importe Chiles insgesamt sind im bisherigen Verlauf des Jahres 2015 rückläufig gewesen.

Die deutschen Exporte nach Chile beste-hen hauptsächlich aus Fahrzeugen, chemi-schen und pharmazeutischen Produkten sowie Industriemaschinen. Wie fast überall in der Region genießen deutsche Pro-dukte auch in Chile hohes Ansehen und werden als qualitativ hochwertig betrach-tet. Seit 2005 ist ein Freihandelsabkom-men zwischen Chile und der EU in Kraft. Impulse könnten künftig von dem sich gut entwickelnden Integrationsverbund „Pazi-fik-Allianz“ ausgehen, zu dem Peru, Chile, Kolumbien und Mexiko gehören, allesamt Länder mit eindeutig marktwirtschaftlich ausgerichteter Wirtschaftspolitik.

Die BHF-BANK hat traditionell gute Kon-takte zu allen größeren chilenischen Ban-ken und unterstützt deutsche Exporteure bei der Abwicklung ihrer Außenhandels-geschäfte mit diesem Land. ➤

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Südamerikas Bergbauindustrie bietet Exportchancen

Schon seit vielen Jahrhunderten wird in vielen Ländern Südamerikas Bergbau betrieben. Die größten Lagerstätten von Kupfer, Zinn und Lithium liegen in der Andenregion. Einige Staaten planen, ihre Bergbauaktivitäten weiter auszubauen und in die Modernisierung der Abbaumethoden zu investieren. Die Entwicklung eröffnet für deutsche Anbieter von Bergbautechnologie interessante Marktchancen.

Die Bodenschätze Südamerikas übten bereits vor Jahrhunderten eine große Anziehungskraft auf die Europäer aus. Schon die Anstrengungen Spaniens zur Kolonialisierung des Kontinents standen unter der Prämisse, die legendären Vor-kommen an Gold, Silber und Edelsteinen auszubeuten. Auch heute noch spielt der Bergbau in vielen Ländern des südameri-kanischen Kontinents eine bedeutende wirtschaftliche Rolle. So wäre der Aufstieg des Andenstaates Chile zum wohlha-bendsten Land des Kontinents ohne die immensen Reserven an Bodenschätzen undenkbar – allein bei Kupfer befinden sich rund 40% der weltweiten Reserven in Chile.

Vor allem in der Gebirgskette der Anden, die sich über Tausende Kilometer von Feu-erland im tiefen Süden bis hinauf nach Ecuador zieht, wird eine Vielzahl an Roh-stoffen abgebaut. Hier liegen einige der weltweit größten Lagerstätten für Gold, Silber, Kupfer und andere Metalle. Beispiel Zinn: Unter den fünf größten Förderlän-dern des Metalls sind drei Länder Süd-amerikas zu finden – nämlich Peru, Boli-

vien und Brasilien. Dazu kommen reich-haltige Vorkommen an Edelsteinen sowie an den sogenannten seltenen Erden wie Neodym, Cer oder Lanthan, die unver-zichtbare Rohstoffe für Zukunftstechnolo-gien wie Brennstoffzellen, Windenergie-anlagen oder Abgaskatalysatoren sind.

Seltene Erden in Brasilien

Bei den seltenen Erden konzentrieren sich die Hauptabbaugebiete derzeit noch auf China, was für die verarbeitende Industrie ein nicht zu unterschätzendes Problem darstellt. Um die heimische Wirtschaft zu

stärken, reduzierte China für einige Zeit die Ausfuhr der begehrten Rohstoffe. In der Folge verteuerten sich für die nicht in China ansässigen Unternehmen die Be-schaffungskosten, was zu Wettbewerbs-nachteilen auf dem Weltmarkt führte. Erst nach einem Schiedsspruch der Welt-handelsorganisation WTO gab China den Export der seltenen Erden Anfang 2015 wieder frei.

Als Reaktion auf die Restriktionen der chi-nesischen Staatsführung bei der Ausfuhr seltener Erden hat Brasilien bereits ange-kündigt, über eine Ausweitung des Ab-baus dieser Rohstoffe nachzudenken. Mit einem geschätzten Vorrat von rund 22 Mio t ist Brasilien nach China das Land mit den weltweit zweitgrößten Vorkommen an seltenen Erden.

Ein Rohstoff, der schon heute auf vielfäl-tige Weise in der Akku- und Batterietech-nik Verwendung findet und mit der Wei-terentwicklung der Elektromobilität schon bald noch mehr Nachfrage erfah-ren dürfte, ist Lithium. Bolivien und Chile verfügen zusammen über rund zwei Drit-

Die Salzseen der Atacamawüste sind wichtige Lagerstätten für Lithium.

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Dirk Oliver HallerVorstandsvorsitzender, DFT Deutsche Finetrading AG

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tel der weltweiten Lithiumressourcen. In den Salzseen der Atacamawüste lagert der Rohstoff für Hochleistungsakkus prak-tisch an der Oberfläche und kann durch die Verdunstung des lithiumhaltigen Was-sers gewonnen werden.

Erträge aus dem Bergbau sollen Wohlstand sichern

Da der Abbau der Rohstoffe mittlerweile zumeist durch inländische Unternehmen stattfindet oder durch ein strenges Kon-zessionsmanagement reguliert wird, bleibt ein großer Teil der daraus erzielten Gewinne in den Abbauländern Südameri-kas. Mit hohen Investitionen in den Berg-bau soll vielerorts die Branche zu einem Garanten des nachhaltigen nationalen Wohlstands ausgebaut werden. So hat beispielsweise die nationale chilenische Bergbaugesellschaft Sonami verkündet, dass bis zum Jahr 2020 rund 100 Mrd USD in den Ausbau und die Modernisierung des Bergbaus investiert werden sollen.

Vom Investitionswillen der südamerikani-schen Bergbauindustrie können auch deutsche Maschinenbau- und Zulieferbe-triebe profitieren, die Bergbauunterneh-men mit Technologie und Ersatzteilen ausrüsten. Je nach Zielland können dabei ganz unterschiedliche Herausforderun-gen auf die Exporteure zukommen. Wäh-rend beispielsweise Chile mit einer Viel-zahl an Staaten – darunter auch mit den Ländern der EU – Freihandelsabkommen abgeschlossen hat und damit als überaus

offener Handelspartner gilt, sind in ande-ren Staaten des Kontinents durchaus pro-tektionistische Tendenzen und damit auch Hemmnisse beim Export erkennbar.

Je nach Zielland sind die Risiken unterschiedlich

Auch Zahlungsmoral und finanzielle Sta-bilität können von Land zu Land unter-schiedlich ausfallen. Weil einige Staaten Südamerikas an chronischer Devisen-knappheit leiden, kann sich der Warenim-port für dort ansässige Unternehmen schwierig gestalten. Grund genug also für exportorientierte Unternehmen, bei ihren Südamerika-Geschäften eine differen-zierte Betrachtungsweise zu pflegen.

Ein besonderer Aspekt kommt bei den Zulieferern der Bergbaubranche hinzu. Aufgrund der meist sehr rauen Einsatz-bedingungen ist bei den eingesetzten Maschinen und Werkzeugen oft ein hoher Verschleiß zu verzeichnen, so dass in ver-gleichsweise kurzen Abständen Ersatz-teile zu liefern sind. Dazu kommt, dass sich die Betriebe häufig in abgelegenen Regi-onen befinden, so dass eine Lieferung aus Deutschland innerhalb kurzer Zeit kaum realisierbar ist.

Für die Zulieferer ergibt sich bei solchen Konstellationen die Notwendigkeit, ent-weder mit einer eigenen Servicenieder-lassung im Land präsent zu sein oder einen Generalimporteur zu suchen, der sowohl die Wartungstechniker beschäf-

tigt als auch ein ausreichend bestücktes Ersatzteilelager bereithält.

Fällt die Wahl zugunsten des Importeurs aus, stellt sich die Frage nach den Zah-lungsmodalitäten bei der Lieferung. Wird gegen Vorkasse geliefert, entfällt zwar das Zahlungsrisiko für den Lieferanten – doch dann muss sich der Importeur selbst um die Finanzierung kümmern und kann unter Umständen kein ausreichend gro-ßes Ersatzteilelager vorfinanzieren. Wer hingegen auf offenes Zahlungsziel liefert, muss sich mit den länderspezifischen Gegebenheiten befassen, die Bonität des Kunden prüfen und das Ausfallrisiko in seinen Kalkulationen mitberücksichtigen.

Lieferung und Finanzierung aus einer Hand mit Finetrading

Eine Möglichkeit, das Zahlungsrisiko aus-zulagern und gleichzeitig dem Kunden im Exportland Lieferung und Finanzierung aus einer Hand anzubieten, ist die Nut-zung von Finetrading als Finanzierungs-instrument. Der Finetrading-Anbieter übernimmt dabei die Rolle eines Zwi-schenhändlers, indem er die Ware vom Exporteur erwirbt und direkt im Anschluss an den Abnehmer weiterveräußert. Die Finanzierung erfolgt über das Zahlungs-ziel: Der Lieferant erhält vom Finetrader sofort nach Rechnungsstellung das Geld, während sich der Abnehmer mit der Zah-lung bis zu sechs Monate – bei Investi-tionsgütern sogar bis zu einem Jahr – Zeit lassen kann. Auf diese Weise finanzierte

beispielsweise die DFT Deutsche Fine-trading AG eine umfangreiche Ersatz- und Verschleißteilelieferung durch ein deut-sches Maschinenbauunternehmen an ein lateinamerikanisches Serviceunterneh-men für die Wartung von Bergbaumaschi-nen.

Mit dem Einsatz von Finetrading können exportorientierte Unternehmen nicht nur aus dem Maschinenbau, sondern auch aus anderen Branchen die vielfältigen Chancen der südamerikanischen Absatz-märkte nutzen und zusätzlich zu ihren Produkten den Abnehmern ein einfach zu handhabendes Finanzierungsmodell anbieten. Weil der Finetrader als Zwi-schenhändler eingeschaltet wird, über-nimmt dieser nicht nur die Bonitätsprü-fung und das Ausfallrisiko, sondern sichert den Exporteur auch gegen Währungs-schwankungen ab. Ein weiterer Pluspunkt für Exporteure: Weil die Rechnung durch den Finetrader umgehend in Euro begli-chen wird, entfällt für sie das Devisenkurs-risiko.

„Vom Investitionswillen der süd­amerikanischen Bergbauindustrie können auch deutsche Maschinen­bau­ und Zulieferbetriebe profi­tieren, die Bergbauunternehmen mit Technologie und Ersatzteilen ausrüsten. “

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Brasilien: viel Potential im Kraftzentrum Südamerikas

Bei kaum einem anderen Land stellen sich auf Anhieb so viele Assoziationen ein wie bei Brasilien: Fußball, Karneval und Copaca-bana, Zuckerhut und die Regenwälder des Amazonas. Nicht annähernd so präsent: das ökonomische Potential Brasiliens. Trotz der aktuellen Schwächephase ist die siebtgrößte Volkswirtschaft der Welt nicht nur das Kraftzentrum Südamerikas, sondern auch ein wichtiger Wirtschaftspartner Deutschlands. Mit Exporten von rund 12 Mrd EUR ist Deutschland der viertgrößte Lieferant Brasiliens.

Die brasilianische Wirtschaft schrumpft derzeit. Für das Gesamtjahr 2015 sehen Prognosen einen Rückgang des Bruttoin-landsprodukts (BIP) von 2% voraus. Die Leitzinsen stiegen Ende Juli 2015 auf 14,25 Punkte, und die Inflation bewegt sich in Richtung 9%. Weil der Regierung deshalb Leitzinssenkungen zur Ankurbe-lung der Konjunktur nicht opportun er-scheinen, versucht sie, die hohe Geldent-wertung durch einen rigorosen Sparkurs einzudämmen – der natürlich die Inlands-nachfrage dämpft.

Vorerst muss Brasilien also durch eine Dürreperiode. Industrie und Konsumen-ten verhalten sich abwartend. Von einem wirklichen Absturz allerdings ist keine Rede, denn das Land verfügt über großes ökonomisches Potential. Investoren fin-den hier einen längst noch nicht gesättig-ten Markt, eine fortgeschrittene Industria-lisierung und breite Rohstoffvorkommen. So erwarten Analysten, dass Brasilien auf mittlere Sicht wieder auf einen dynami-schen Wachstumsverlauf einschwenken wird.

Hoffnungsträger Erdöl

Einer der Pfeiler, auf denen diese Einschät-zung beruht, ist der Öl- und Gassektor. Die großen neuen Offshorequellen, die ambi-tionierten Pläne zu ihrer Erschließung sowie die noch intensiv auszubauende Infrastruktur – einer der Schwachpunkte des Landes – schaffen interessante Pers-pektiven gerade für deutsche Zulieferer aus dem Bereich des High-Tech-Enginee-ring. Nach Angaben von Petrobras liegt mehr als die Hälfte der weltweit zwischen 2005 und 2010 entdeckten Öl- und Gas-quellen in der Tiefsee, davon 62% in Brasi-lien. Von 35 großen neuen Erdölfeldern über 1 Mrd Barrel befinden sich allein elf in Brasilien.

Die Branche steht momentan allerdings im Schatten des Petrobras-Skandals. Manager des staatlich kontrollierten Ölkonzerns sollen fast zehn Jahre lang mit Zulieferern überhöhte Preise für den Bau von Raffinerien und andere Lieferungen vereinbart und dafür Bestechungsgelder kassiert haben. „Wir müssen ermitteln und bestrafen“, hatte Brasiliens Staatspräsi-

dentin Dilma Rousseff erklärt, „aber ohne Petrobras zu schwächen.“ Der Grund: Pet-robras ist das strategisch bedeutendste Unternehmen des Landes, der größte Arbeitgeber und Investor – der Konzern ist für 10% der gesamten Investitionen in Brasilien verantwortlich.

Neben den Investitionen in neues Equip-ment, die im Zeitraum bis 2017 jährlich rund 20 Mrd bis 25 Mrd USD betragen sol-len, bietet sich ein weniger sichtbares, aber um so lukrativeres Geschäftsfeld in der Wartung, im Service und bei Ersatztei-len. Laut Petrobras liegen die Ausgaben für Wartung mit rund 50 Mrd USD pro Jahr mehr als doppelt so hoch wie die Neuin-vestitionen. Und sie werden wegen der großen Zahl neuer Plattformen in Zukunft noch weiter zunehmen.

Positive Auswirkungen für deutsche Exporteure

Die Aufarbeitung des Skandals könnte aber auch dazu führen, dass deutsche Zulieferer einen leichteren Zugang zur bislang sehr geschlossenen Beschaf-

Harald LipkauCountry Manager Brasilien,Commerzbank AG

harald.lipkau@ commerzbank.com

Deutsche Zulieferer dürften von der Aufarbeitung des Korruptionsskandals im Ölsektor profitieren.

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fungswelt der Öl- und Gasindustrie be-kommen. Eduardo Braga, Minister für Bergbau und Energie, verkündete Anfang Mai einen neuen, gelockerten Ansatz bezüglich der Auflagen an die lokale Wertschöpfung. Bislang ist der Marktzu-gang für ausländische Unternehmen nicht ganz unproblematisch – Stichwort Local Content. Brasilien will ausdrücklich die einheimische Zulieferkette ausbauen. So gelten je nach Projekt, Ort und Produkt numerisch festgelegte Mindestanteile der inländischen Wertschöpfung. Wo die ein-heimische Industrie noch Lücken im Pro-duktangebot hat, ist der Local Content entsprechend niedriger, wird aber stufen-weise verschärft. Internationale Zuliefer-unternehmen sollten also immer auch die Alternative einer lokalen Produktion in Erwägung ziehen und dabei die Attrakti-vität des Marktes gegen im internationa-len Vergleich höhere Produktionskosten abwägen.

Kooperationen als Kompromiss

Dabei müssen Local-Content-Vorgaben nicht immer von heute auf morgen erfüllt, sondern können oft bilateral verhandelt werden. Brasilien will sich schließlich den Zugang zu ausländi-schem Know-how nicht komplett ab-schneiden. Einen Ausweg bietet der stu-fenweise Aufbau der nationalen Ferti-gungsrate über einige Jahre hinweg – Zeit genug für ausländische Unternehmen, eine lokale Fertigung aufzubauen. Eine weitere Möglichkeit sind Partnerschaften

mit einheimischen Unternehmen, wie sie beispielsweise Petrobras bereits mit zahl-reichen multinationalen Unternehmen unterhält. Dass die dabei entstehenden Innovationen die hohen Produktionskos-ten in Brasilien mehr als kompensieren können, zeigt das Beispiel eines bayeri-schen Pumpenherstellers. Gemeinsam mit Petrobras entwickelte er in Brasilien ein Produkt, das er heute erfolgreich auf dem Weltmarkt und sogar in der Volksre-publik China verkauft. Brasilien, und ins-besondere sein Öl- und Gassektor, ist also ein hochattraktiver, aber kein ganz einfa-cher Markt.

Große Bedeutung von Hermesdeckungen

Angesichts der gegenwärtig schwierigen wirtschaftlichen Situation vieler brasilia-nischer Importeure sind Exportfinanzie-rungen häufig die Voraussetzung für einen erfolgreichen Geschäftsabschluss. Dafür stehen bei brasilianischen Abneh-mern deutscher Güter die vielfältigen Möglichkeiten von Hermesdeckungen zur Verfügung. Sie spielen in Brasilien eine besonders große Rolle. Zwar zählt die staatliche brasilianische Entwick-lungsbank BNDES zu den größten der Welt, doch subventionierte Finanzierun-gen kommen nur für Kapitalgüter in Frage, die zu mindestens 60% lokalen Ursprungs sind. Außerdem ist die Kredit-genehmigung erfahrungsgemäß recht langwierig und komplex. Deshalb stellt eine aus Deutschland „mitgelieferte“

Exportfinanzierung oft ein entscheiden-des Verkaufsargument dar, sei es als Liefe-ranten- oder als Bestellerkredit.

Der intensiv genutzte Hermes-gedeckte Lieferantenkredit eignet sich bereits für Auftragswerte ab 200.000 EUR zum For-derungsverkauf. Der Exporteur kann dabei den Selbstbehalt aus seiner Her-mesdeckung auch weiterhin auf 5% reduzieren. Wichtig ist hier neben einer guten Dokumentation, dass der Liefer-vertrag deutschem Recht unterstellt und als Gerichtsstand Deutschland verein-bart wird. Außerdem macht der Bund bei brasilianischen Schuldnern häufig einen registrierten Eigentumsvorbehalt zur Auflage. Es empfiehlt sich deshalb, früh-zeitig eine Anwaltskanzlei vor Ort einzu-schalten.

Hermes-gedeckte Bestellerkredite wer-den dem ausländischen Abnehmer von der Bank des deutschen Exporteurs auf Grundlage des Exportvertrags direkt gewährt. Einer der Vorteile für den Impor-teur dabei ist, dass er diese Finanzierung ohne Beanspruchung seiner lokalen Kre-ditlinien und im Regelfall ohne zusätzli-che Sicherheiten erhält. Diese Variante der Exportfinanzierung spielt daher insbeson-dere für mittelständische brasilianische Unternehmen eine wichtige Rolle. Kredit-laufzeiten von fünf bis zehn Jahren und vergleichsweise günstige Konditionen sind ein Verkaufsargument für die Investi-tion in deutsche Maschinen.

São Paulo ist das wirtschaftliche Herz

Auch wenn Brasília die Hauptstadt des Landes ist: Das wirtschaftliche Herz Brasili-ens schlägt in São Paulo, dem größten industriellen Ballungsraum in Lateiname-rika. Von den etwa 1.400 deutschen Unter-nehmen, die mit eigenen Einheiten in Bra-silien präsent sind, haben sich rund 900 in diesem Großraum niedergelassen.

Diese Unternehmen benötigen einen Bankpartner vor Ort, der sie bei ihren Geschäften begleitet. Das können grenz-überschreitende Finanzierungen, Cash-managementlösungen, strukturierte Export- und Handelsfinanzierungen, Risi-komanagement und nicht zuletzt länder-spezifisches Know-how sein. Ein Großteil der in Brasilien ansässigen deutschen Unternehmen ist schon heute Kunde der Commerzbank in Deutschland.

Derzeit arbeitet die Commerzbank an der Gründung ihrer lokalen Tochtergesell-schaft in São Paulo. Damit verbunden ist die Beantragung einer Lizenz zur Aufnahme des Geschäftsbetriebes. Ein Eröffnungstermin ist vorbehaltlich der abschließenden Prüfungen durch die Aufsichtsbehören für das erste Quartal 2016 geplant. Europäischen Unterneh-men, die in Brasilien aktiv sind, steht dann ebenso wie internationalen Unterneh-men auf deren Weg nach Europa die kom-plette Palette des Corporate und Invest-mentbankings zur Verfügung.

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18 | ExportManager | Liefern Ausgabe 8 | 14. Oktober 2015➤

Systematische Exportkontrolle in der IT-Branche

Die digitale Revolution schreitet in schnellen Schritten voran: Digitale Zahlungssysteme, mobile Kommunikation und Kunden-betreuung in Echtzeit unterliegen ebenso wie die dazu eingesetzte Hardware den zahlreichen Bestimmungen zur Exportkontrolle. Ein Webinar des ExportManagers in Zusammenarbeit mit Amber Road präsentiert am 18. November 2015 Erfahrungen eines IT-Dienstleisters beim Aufbau eines Exportkontrollsystems.

Die Telekommunikation hat sich in den vergangenen Jahrzehnten rasant entwi-ckelt. Insbesondere die Tarifvarianten und die Anforderungen an die Ermittlung der abzurechnenden Leistungen sind vielfäl-tiger geworden. Das kanadische Unter-nehmen Redknee ist ein führender Anbie-ter der dafür notwendigen IT-Leistungen. Als international aktives Unternehmen muss auch Redknee darauf achten, nicht gegen Exportkontrollvorschriften zu ver-stoßen.

Vereinheitlichung der Systeme

Mit der Übernahme der Sparte Business Support Systems von Nokia Siemens Network im Jahr 2013 durch Redknee wurde die Exportkontrolle unter der Leitung von Burkhard Ballmann, Export Control Officer von Redknee, neu ausge-richtet. Ziel des Exportkontrollsystems war ein lückenloses Risikomanagement entlang der Lieferkette. Die einheitliche Exportcompliance wurde auf alle operati-ven Einheiten von Redknee übertragen, und ein umfassender Exportkontrollpro-zess wurde installiert.

Die Einhaltung des nationalen und inter-nationalen Zoll- und Außenhandelsrechts allein reicht aber nicht aus, um den Anfor-derungen an Exportcompliance zu genü-gen. Auch personenbezogene und finan-zielle Sanktionen gilt es zu beachten. Daher müssen neben Einkauf, Produktion, Vertrieb und Logistik auch die Personal- und Finanzabteilungen eingebunden werden. Nicht allein das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle sowie

die Zollbehörden sind Ansprechpartner der Ausfuhrverantwortlichen. Auch die Bundesbank und andere staatliche Stellen müssen in den Prozess der Exportkon-trolle eingebunden werden.

Burkhard Ballmann erläutert den Kontroll-bedarf vor allem mit Blick auf die Endver-wendung der Produkte und Dienstleis-tungen: „Redknee produziert zwar keine Waffen, gegen die sich Exportkontrolle in

erster Linie richtet. Doch man muss nur die Meldungen über Mobiltelefone lesen, mit deren Hilfe eine Bombe gezündet werden kann.“ Der gesamte Prozess der Exportkontrolle bis hin zu einer Lizenzie-rung kann einige Monate dauern und muss sehr sorgfältig und vollständig durchgeführt werden.

Einbindung der Mitarbeiter

Redknee legt besonderen Wert auf die Schulung der beteiligten Mitarbeiter. Dabei geht es nicht um die Kontrolle der geleisteten Arbeit, sondern um den Schutz des Unternehmens vor schädli-chen Folgen von Verstößen gegen Export-kontrollvorschriften. Diese können von Lieferverzögerungen und dem Abbruch von Geschäftsbeziehungen über Strafen und Reputationsverluste bis hin zu staat-lichen Auflagen und Lizenzverweigerung reichen.

Das Webinar „Systematische Exportkon-trolle“ findet am 18. November 2015 um 14 Uhr statt. Anmeldungen zur kostenlosen Teilnahme sind hier möglich.

Auch grenzüberschreitende IT-Dienstleistungen können der Exportkontrolle unterliegen.

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Gunther SchillingLeitender Redakteur ExportManager, FRANKFURT BUSINESS MEDIA

gunther.schilling@ frankfurt-bm.com

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TR ANSATL ANTICBusiness Conference

9. Transatlantische JahreswirtschaftskonferenzErfahrungsaustausch, Strategien und Impulse für die wirtschaftliche und politische Partnerschaft

28./29. Oktober 2015Commerzbank Tower, Frankfurt am Main Hilton Frankfurt Airport, Frankfurt am Main

Weitere Informationen:Karin Gangl, FRANKFURT BUSINESS MEDIA GmbH – Der F.A.Z.-Fachverlag, Frankenallee 68–72, 60327 Frankfurt am Main, T +49 69 7591-2217, E [email protected] www.transatlantikkonferenz.de

The Transatlantic Marketplace 2015:Entrepreneurial Responsibility in a Changing World

Referenten und Moderatoren u.a. (in alphabetischer Reihenfolge):

Andy Goldstein, Geschäftsführer, Deloitte Digital GmbH

Julie Sweet, Group Chief Executive North America, Accenture

Dr. rer. pol. Johannes Thimm, stellvertreten-der Leiter Forschungs- gruppe Amerika, Stiftung Wissenschaft und Politik

Ulrich Grillo, Präsident, Bundes-verband der Deutschen Industrie (BDI) e.V.

Bernhard Mattes, Präsident, AmCham Germany

Jürgen R. Thumann, Vorsitzender des Beirats, Heitkamp & Thumann Group

Penny Pritzker, US Secretary of Commerce

José Manuel González-Páramo, EU Chair, TABD; Executi-ve Member of the Board of Directors, BBVA

Kurt Tong, Principal Deputy Assistant Secretary for the Bureau of Economic and Business Affairs, US Department of State

Elmar Brok, MdEP, Vorsitzender des Ausschusses für Aus-wärtige Angelegenheiten

Michael Reuther, Vorstandsmitglied, Commerzbank AG

Martin Risau, Senior Vice President, Analytics & Data Management Practice, HP Enterprise Services

Reinhard Clemens, Vorstandsmitglied, Deutsche Telekom AG; CEO, T-Systems

Gisbert Rühl,CEO, Klöckner & Co SE

Bob Schassler,Executive Vice President, Solutions & Services, Motorola Solutions

Dr. Wolfgang Eder, Vorstandsvorsitzender, voestalpine AG

Prof. Dr. Siegfried Russwurm, Mitglied des Vorstands, Siemens AG

John B. Emerson, Botschafter der Vereinig-ten Staaten von Amerika in Deutschland

Wayne T. Smith, Mitglied des Vorstands, BASF SE

John Cryan, Co-Vorsitzender des Vorstands, Deutsche Bank AG

VERANSTALTER MITVERANSTALTER

PARTNER

MEDIENPARTNERIN KOOPERATION MIT

GASTGEBER DINNER-EMPFANG

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20 | ExportManager | Liefern Ausgabe 8 | 14. Oktober 2015

Aktuelles zum China-Waffenembargo

Bei der Beratung zu China-Exporten zeigt sich, dass das Waffenembargo gegen China immer wieder zu erheblichen Exportbeschrän-kungen führen kann. Grund ist die weite Auslegung des Embargos durch die deutschen Behörden. Im folgenden Praxisfall wird berichtet, wie das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) die Stornierung einer genehmigungsfreien Ausfuhr wegen außenpolitischer Bedenken verfügte und es fast zu einem Einzeleingriff kam. Was kann ein Exporteur in solch einem Fall tun?

Ausgangsfall

Die Firma D in Deutschland möchte nicht gelistete hydraulische Pressen zur Herstel-lung von Teilen für Thermalbatterien an den nicht gelisteten C in China liefern. Der Vertrag wurde im April 2013 geschlossen. Auf seinen Voranfrageantrag äußerte sich das BAFA im Dezember 2014 wie folgt:

„Diese genehmigungsfreie Ausfuhr ist rechtlich zulässig. Allerdings bestehen derzeit außenpolitische Bedenken, da davon auszugehen ist, dass derartige Thermalbatterien für militärische Zwecke in China eingesetzt werden sollen“. Des-wegen bat es um Stornierung des Auf-trags! D bestand auf der Durchführung des Auftrages, da er keine exportrechtli-

chen Risiken sah und es um einen höhe-ren Auftragswert und den Erhalt von mehreren Arbeitsplätzen ging. Daraufhin drohte das Bundesministerium für Wirt-schaft und Energie (BMWi) einen Ein-zeleingriff an, falls D doch ausführt. Wie ist die Rechtslage?

Voraussetzungen für einen Einzeleingriff

Für einen Einzeleingriff (§ 6 AWG) beste-hen drei Voraussetzungen: (1) Es besteht eine konkrete Gefahr für die Rechtsgüter des § 4 Abs. 1 AWG (erhebliche Störung der auswärtigen Beziehungen, Störung des friedlichen Zusammenlebens der Völ-ker etc.). (2) Es ist eine Ultima-Ratio-Maß-nahme: Es muss eine erhebliche Gefahr und eine sehr hohe Eilbedürftigkeit beste-hen, so dass der Erlass einer Rechtsverord-nung nicht abgewartet werden kann. (3) Die Verhältnismäßigkeit ist zu beachten; demnach dürfen abgeschlossene Ver-träge nur dann berührt werden, wenn der Zweck nach § 4 Abs. 1 AWG „erheblich gefährdet wird“.

Lösung des Ausgangsfalls

Diese drei Voraussetzungen lagen hier nicht vor. Zur ersten Voraussetzung: Es muss eine Gefahr vorliegen, die konkret ist. Zunächst zur Gefahr: Es drohten keine erheblichen Störungen der auswärtigen Beziehungen, weil nicht das Risiko bestand,

dass ein Botschafter abberufen wurde o. Ä. Es lagen auch keine Störungen des friedli-chen Zusammenlebens der Völker vor: Dies kann nur dann angenommen wer-den, wenn es um die Verletzung von Embargos geht, die vom UN-Sicherheitsrat angeordnet wurden, oder wenn es um die Bekämpfung völkerrechtswidriger Maß-

PD Dr. Harald HohmannRechtsanwalt,Hohmann Rechtsanwälte

info@hohmann- rechtsanwaelte.com

Liegt konkrete und erhebliche Gefahr vor? Für einen Einzeleingriff muss diese Voraussetzung erfüllt sein. ©

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„Wenn ein Exporteur vom BAFA die Aufforderung erhält, seinen Ausfuhrantrag für einen geneh­migungsfreien Export zurückzu­ziehen, kann in aller Regel dieses Ergebnis noch durch zusätzliche Risiko minimierungsmaßnahmen abgewendet werden.“

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nahmen nach UN-Abstimmung geht. Diese Voraussetzungen liegen beim China-Waffenembargo nicht vor, weil es um eine unilaterale Maßnahme des Euro-päischen Rates geht. Es fehlte auch eine konkrete Gefahr für eines dieser Rechtsgü-ter: Verboten ist allein der Handel mit Waf-

fen/Rüstungsgütern; hier ging es aber um Dual-Use-Güter, die noch nicht einmal gelistet sind. Auch die Verhältnismäßigkeit sprach gegen die Annahme einer konkre-ten Gefahr: Es konnten mit diesen Gütern lediglich Teile für Thermalbatterien herge-stellt werden. Recherchen ergaben, dass noch Lieferungen von ca. zehn weiteren Unternehmen erforderlich waren und dass der Wert der konkreten Lieferung von D allenfalls 10% Wertanteil für die späteren Thermalbatterien darstellte. Angesichts eines solch „mittelbar-mittelbaren“ Beitra-ges für den Erwerb von Rüstungsgütern lag allein eine abstrakte Gefahr vor: Eintritt und Ausmaß von drohenden Schäden waren noch völlig unklar, so dass allenfalls eine Verordnung zulässig gewesen wäre.

Zu Voraussetzungen 2 und 3: Eine erhebli-che Gefahr schied mangels Eingriffen in

Leben/Gesundheit bzw. Abwehr von Mas-senvernichtungswaffen (vgl. Proliferation Security Initiative – PSI) aus. Denn es ging nur um die Abwehr möglicher Rüstungs-güter, die nach China geliefert werden sollten. Aus den bereits genannten Grün-den war schließlich auch die Verhältnis-mäßigkeit nicht gewahrt: Erstens handelte es sich nur um einen allenfalls „mittelbar-mittelbaren“ Beitrag zum Handel mit Rüs-tungsgütern, und zweitens griff ein sol-cher Einzeleingriff in einen bestehenden Altvertrag ein (mangels einer Übergangs-regelung). Es lag somit weder eine kon-krete Gefahr für die Rechtsgüter des § 4 Abs. 1 AWG vor, noch war diese Gefahr erheblich, und der Eingriff war auch nicht verhältnismäßig. Daher würde ein solcher rechtswidriger Eingriff zur entsprechen-den Entschädigung verpflichten.

Zusätzliche Maßnahmen zur Risikominimierung

Bei einer Besprechung im BMWi wurde deutlich, dass die deutschen Behörden hier zwei zusätzliche Risiken sahen, vor allem die Gefahr eines Reexports von Pres-sen/Thermalbatterien in den Iran sowie die Gefahr ihrer Nutzung zur Herstellung von ABC-Waffen/Raketen in China. Um diese zwei zusätzlichen Risiken zu minimieren, ergriff D u.a. die folgenden Maßnahmen: D ergänzte das EUC um ein Nutzungsverbot für ABC-Waffen/Raketen, was C unterzeich-nete. Zusätzlich gab D eine schriftliche Ver-pflichtung ab, dass er jährlich prüfen würde, ob die Anlage noch vorhanden sei;

bei einem Verstoß würde D sofort dem BAFA Bericht erstatten. Diese und andere Maßnahmen zur Risikominimierung hat-ten den gewünschten Erfolg. Im Juni 2015 erhielt D den Nullbescheid für seine China-Lieferung – nach zwei Jahren!

Resümee

Das China-Waffenembargo kann von den deutschen Behörden u.U. sehr weit aus-gelegt werden (gleichwohl wird China nicht als Waffenembargoland im Sinne der Catch-all-Klausel des Art. 4 Abs. 2 Dual-Use-VO behandelt). Während die britische Ausfuhrbehörde BIS (Depart-ment for Business, Innovation and Skills) dieses nur sehr restriktiv auslegt – es sei vor allem auf tödliche Waffen zu reduzie-ren –, gehen die deutschen Behörden weit darüber hinaus, wie dieser Fall zeigt. Der Grundsatz der einheitlichen Ausle-gung des Gemeinschaftsrechts würde aber eine restriktive Auslegung erfordern. Einzeleingriffe wegen dieses China-Waf-fenembargos dürften bereits deswegen rechtswidrig sein, weil hier mangels einer UN-Rechtfertigung nicht das friedliche Zusammenleben der Völker gefährdet war. Hier fehlte es auch an einer konkre-ten und erheblichen Gefahr, so dass der Einzeleingriff rechtswidrig gewesen wäre. Eine außergerichtliche Lösung konnte hier aber nur deswegen erreicht werden, weil D bereit war, durch zusätzliche ver-tragliche Verpflichtungen die weiteren Risiken, welche deutsche Behörden sahen, abzumildern.

„Das China­Waffenembargo wird von den deutschen Behörden sehr viel weiter ausgelegt als von der britischen Behörde BIS; Gemein­schaftstreue würde eine restriktive Auslegung erfordern.“

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