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Page 1: Es gilt das gesprochene Wort! meine sehr geehrten Damen ... · Es gilt das gesprochene Wort! Rede des Landrates des Kreises Unna, Michael Makiolla, anlässlich der Verleihung des

Es gilt das gesprochene Wort! Rede des Landrates des Kreises Unna, Michael Makiolla, anlässlich der Verleihung des Verdienst-kreuzes am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland an Herrn Pastor i.R. Bern-hard Blumberg, Unna (Mittwoch, 20.08.2008) Sehr geehrter Herr Pastor Blumberg, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich darf Sie heute Morgen ganz herzlich hier im Freiherr-vom-Stein-Saal im Kreishaus in Unna will-kommen heißen und freue mich, dass Sie der Einladung so zahlreich folgen konnten. Besonders freue ich mich natürlich über den Anlass der Zusammenkunft, gilt es doch einen Men-schen für sein Engagement mit der höchsten Auszeichnung zu würdigen, welche die Bundesrepublik Deutschland an seine Bürgerinnen und Bürger vergibt. Bevor ich aber auf die konkreten Verdienste von Ihnen, sehr geehrter Herr Pastor Blumberg eingehe, möchte ich eingangs einige Worte zu dem Namensgeber dieser Räumlichkeit verlieren. Heinrich Friedrich Karl Reichsfreiherr vom und zum Stein gehört zweifelsfrei zu den bedeutendsten preußischen Reformern und Staatsmännern. Im Jahre 1807 verfasste vom Stein die sogenannte „Nassauer Denkschrift“ als Reformprogramm für den damaligen Preußischen Staat, in deren Zent-rum die Weiterentwicklung der Verwaltung gestanden hat. Dazu gehörte unter anderem die Forde-rung nach Selbstverwaltung für Provinzen, Kreise und Gemeinden, wie er sie zuweilen in Teilen von Westfalens, wo er seine ersten beruflichen Erfahrungen gemacht hat, kennen lernen konnte. Als wei-teres Reformziel wurde aber auch die Belebung des Gemeingeistes und des Bürgersinns hervorge-hoben. Sicherlich lässt sich aus heutiger Sicht über die Reformpläne ausgiebig und durchaus auch kontro-vers diskutieren; Fakt ist jedoch, dass die Basis eines gesellschaftlichen Miteinanders tatsächlich gestärkt und fortentwickelt werden konnte. Dass der Freiherr vom Stein fest im lutherischen Bekenntnis stand, hinderte ihn übrigens nicht dar-an, sich über jedes Zeichen religiösen Lebens auch in der katholischen Kirche zu freuen und es zu fördern. Ich glaube, dass es keinen Widerspruch geben wird, wenn ich eine Parallele ziehe und die Feststellung treffe, dass auch Sie durch Ihr Handeln stets enormes Verantwortungsbewusstsein und Weitblick bewiesen haben. Zudem ist Ihnen sehr an einer gemeinsamen und auch konfessionsüber-greifenden Zusammenarbeit gelegen - der Begriff der Ökumene spielt dabei eine ganz besonders wichtige Rolle. Die Welt von heute mag anders aussehen als zur Wirkenszeit des Freiherren vom Stein, aber auch heute, etwas mehr als 175 Jahre nach seinem Tode, haben die Menschen noch Probleme, Ängste und Nöte.

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In einer der im Ordensverfahren erbetenen Stellungnahmen steht hierzu sinngemäß geschrieben, dass Herr Pastor Blumberg nicht nur die Sorgen der Menschen gehört, sondern auch alles ihm Mög-liche getan hat, Lösungsansätze zielgerichtet auf die Probleme zu entwickeln und diese dann auch umzusetzen. Um Ihnen allen einen Überblick über die Verdienste im Einzelnen geben zu können, darf ich die Or-densbegründung, die im Laufe des offiziellen Ordensverfahrens erarbeitet wurde und die dann auch relevant für die Entscheidung des Bundespräsidenten gewesen ist, verlesen: „Herr Bernhard Blumberg, der 2006 als Pfarrer der St. Marien Kirchengemeinde in Dortmund-Sölde in den Ruhestand ging, hat durch sein langjähriges Engagement im karitativen Bereich auszeich-nungswürdige Verdienste erworben. 1981 übernahm Herr Blumberg die pastorale Betreuung der ka-tholischen Gemeinde St. Marien in Dortmund. 1983 veranlasste er seine Kirchengemeinde, mit Blick auf die vielen sozialen Probleme im Gemeindegebiet im gerade gegründeten Verein Arbeitslosen-zentrum Dortmund e.V. (ALZ) mitzuarbeiten. Seit 1985 ist die Gemeinde auf seine Veranlassung hin Mitglied des Vereins. Der Verein, dem auch die evangelische Kirche, Gewerkschaften und einige Par-teien angehören, unterhält eine Beratungsstelle für Langzeitarbeitslose und ein Arbeitslosenzentrum. Er berät die Menschen in Dortmund, wenn es darum geht, einen Weg aus der Arbeitslosigkeit heraus zu finden. Außerdem bietet der Verein in seinen „Montagsgesprächen“ und „Rechtsreihen“ in Ko-operation mit Einrichtungen wie der Agentur für Arbeit und dem Mieterverein Informationsveranstal-tungen an. Herr Pastor Blumberg motivierte seine Kirchengemeinde in Zusammenarbeit mit dem Diakonischen Werk die Obdachlosensiedlung in Sölde zu betreuen. Im Stadtgremium der katholischen Kirche gründete Herr Pastor Blumberg einen sozialpolitischen Arbeitskreis, dessen Mitglieder bis heute dem Verein angehören. Auf seine Initiative stellte das ALZ erfolgreich den Bürgerantrag „Freie Fahrt und freier Eintritt“. Seitdem erhalten finanziell schlechter gestellte Menschen diesen Ausweis und haben freien Zugang zu städtischen Einrichtungen. Finanziell unterstützte er den Verein durch Kol-lekten und Gelder der katholischen Kirche in Dortmund. 1985 gehörte Herr Blumberg zu den Gründungsmitgliedern des Vereins „Neue Arbeit Sölde“. In der Änderungsschneiderei dieses Vereins arbeiteten Hausfrauen, die mit ihrer Entlohnung die Familie finanziell entlasteten. 2003 ging der Verein unter dem Namen „Jacke wie Hose“ in die Trägerschaft des Diakonischen Werkes Dortmund über. 1987 motivierte Herr Pastor Blumberg den Diakonischen Dienst mit der Kirchengemeinde Sankt Ma-rien im Jugendheim der Gemeinde, unterstützt durch eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme, den Söl-der „Kinder- und Jugendtreff“ einzurichten, der seitdem sehr erfolgreich arbeitet.

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1995 wurde durch die Unterstützung der Kirchengemeinde Sankt Marien der Bericht über die soziale Lage in Dortmund veröffentlicht. Herr Pastor Blumberg hat sowohl die Veröffentlichung dieses Be-richts, als auch die Veranstaltung der folgenden Dortmunder Armutskonferenz 1996 maßgeblich un-terstützt. Er erwirkte die Finanzierung des Berichts durch die katholische Stadtkirche Dortmund, sammelte Material und wirkte an der Abfassung des Berichts mit. An der Armutskonferenz nahm er als Referent teil. 1991 gehörte Pastor Blumberg mit seiner Gemeinde zu den Gründungsmitgliedern der St. Hedwig-Stiftung/Partnerschaften Dortmund-Breslau. Die Stiftung nach polnischem Recht leistet partner-schaftliche karitative Hilfe. Herr Blumberg gehörte 9 Jahre lang dem Leitungsgremium der Stiftung an. Seit 1993 führte er fünf deutsch-polnische Studienseminare in Dortmund durch, die er mit dem polnischen Partner konzipierte und betreute. Über 60 behinderte Kinder und Jugendliche, die von den Sankt Josefs Schwestern in Wierzbice bei Breslau betreut werden, erhielten auf seine Initiative hin materielle Hilfe durch die Stiftung. 1983 initiierte Pastor Blumberg zudem die Partnerschaft zwischen den Kirchengemeinden St. Marien Sölde und St. Benedikt in Eggertsville, einem Vorort von Buffalo im US-Bundesstaat New York. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wurde ebenfalls am Ordensverfahren beteiligt.“ Soweit der Text der Ordensbegründung. Sehr geehrte Damen und Herren, vor der Verlesung der Ordensbegründung habe ich kurz Bezug auf eine Stellungnahme genommen und auf die zielgerichtete Vorgehensweise von Herrn Pastor Blumberg hingewiesen. Ich möchte in dem Zusammenhang aus derselben Stellungnahme noch einen weiteren, meiner Ansicht nach sehr bemerkenswerten Satz über Pastor Blumberg zitieren: „Er war der Antreiber, ab und zu auch der Bremser, wenn wir gerade wieder versuchten, die ganze Welt zu retten.“ Es ist wohl richtig, die ganze Welt werden Sie nicht retten können, aber gestärkt durch Ihren Glauben haben Sie doch sehr wesent-lich dazu beigetragen, dass die Welt für viele Menschen ein wenig heller erscheint. Sehr geehrte Damen und Herren, wir haben soeben auch von dem weitreichenden Engagement für den Verein Arbeitslosenzentrum Dortmund e.V. gehört. Vielen von Ihnen wird bekannt sein, dass die finanzielle Unterstützung des Landes für Einrichtungen dieser Art zum Ende des kommenden Monats eingestellt werden soll und deren Zukunft dadurch in Frage gestellt worden ist. Genau in diesen Minuten wird über die Thematik im Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales des nordrhein-westfälischen Landtages debat-tiert.

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Es bleibt zu hoffen, dass die gewachsenen Strukturen erhalten bleiben können und sich aufgrund der vielen Interventionen noch eine positive Lösung für alle Beteiligten ergibt; die Notwendigkeit einer solchen Beratungsmöglichkeit halte ich für dringend erforderlich. Sehr geehrte Damen und Herren, normalerweise bedanke ich mich bei einer solchen Gelegenheit immer auch bei der Ehefrau oder dem Ehemann für die geleistete Unterstützung; aus bekanntem Grunde ist das bei der heutigen Or-densübergabe nicht möglich. In meinen Dank für das gezeigte Engagement möchte ich daher einmal Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren, einschließen. Viele von Ihnen haben Herrn Pastor Blumberg nicht nur bei seinem Wirken unterstützt und begleitet, sondern sind auch in denselben oder ähnlichen Bereichen ehrenamtlich aktiv oder engagiert gewesen. Nur als Beispiel darf ich an dieser Stelle Herrn Pfarrer Rethmeier aus Bönen nennen, der heute ebenfalls an dieser Feierstunde teilnimmt und den ich gemeinsam mit seiner Ehefrau vor etwa zwei Jahren für ein umfassendes mit-menschliches Engagement auszeichnen durfte. Herr Rethmeier war, wenn ich das so nennen darf, in Sölde das evangelische Pendant von Herrn Blumberg. Ich freue mich, dass sich nun hier in Unna, der Geburtsstadt von Herrn Pastor Blumberg, der Kreis im wahrsten Sinne des Wortes schließt. Meine sehr geehrten Damen und Herren, sehr geehrter Herr Pastor Blumberg, zu Beginn meiner Ausführungen habe ich mit Freiherr vom und zum Stein Bezug auf einen Staats-mann genommen und daher bietet es sich an, mich auch zum Abschluss auf einen ebensolchen zu beziehen. „Gerechtigkeit erhöhet ein Volk“, mit diesem Auszug aus dem Buch der Sprüche des alten Testa-ments beendete Theodor Heuss, Stifter der heutigen Auszeichnung, seine Rede nach der Wahl zum ersten Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland. Sehr geehrter Herr Pastor Blumberg, ich darf Ihnen die Glückwünsche des Bundespräsidenten sowie des Ministerpräsidenten des Landes Nordrhein-Westfalen und des Regierungspräsidenten Arnsberg übermitteln. Diesen Glückwünschen schließe ich mich im Namen des Kreises Unna, seiner politischen Gremien aber natürlich auch per-sönlich, ganz herzlich an. Ich wünsche Ihnen für die Zukunft alles Gute, vor allen Dingen Gesundheit, und ich würde mich freuen, wenn Sie sich auch weiterhin in so vorbildlicher Art und Weise für die Belange Ihrer Mitmenschen einsetzen und den nachfolgenden „Generationen“ hilfreich zur Seite ste-hen. Bei Ihnen, meine sehr geehrten Damen und Herren, darf ich mich ganz herzlich für Ihre Auf-merksamkeit bedanken.

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Sehr geehrter Herr Pastor Blumberg, ich darf Ihnen nun das Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutsch-land überreichen. Als Zeichen meines Dankes darf ich Ihnen zudem im Anschluss noch ein kleines Weinpräsent über-reichen.