ersatzansprüche zwischen vor- und nachmieter

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© Springer-Verlag 2008 wobl Rechtsprechung/MRG 323 2008, Heft 11 November Zitiervorschlag: wobl 2008, Seite/Nummer Rechtsprechung MRG 113. Ersatzansprüche zwischen Vor- und Nachmieter DOI 10.1007/s00719-008-0975-x § 20 Abs 1 Z 1 lit b WGG; § 27 MRG: Bei Miet- oder sonstigen Nutzungsverhältnissen in ei- ner Baulichkeit, die von einer Bauvereinigung im eigenen Namen errichtet worden ist oder auf die die Vorausset- zungen des § 20 a WGG zutreffen, ist im Verhältnis zwi- schen Vor- und Nachmieter nach § 20 Abs 1 Z 1 lit b WGG § 27 MRG anwendbar. Der Ersatzanspruch ist da- bei nicht auf jene Aufwendungen beschränkt, die der Vermieter einem ausscheidenden Mieter nach § 10 MRG zu ersetzen hätte. Dafür, dass dies im Verhältnis zur „Pa- rallelbestimmung“ des § 20 Abs 5 WGG anders ist und aus dieser Bestimmung im Anwendungsbereich des WGG ein engeres Verständnis des § 27 Abs 1 Z 1 MRG abzulei- ten sein sollte, findet sich im Gesetz keinerlei Anhalts- punkt. OGH 28. 8. 2007, 5 Ob 99/07f (LG Wiener Neustadt 17 R 27/06a; BG Baden 8 Msch 1/04g) Die ASt ist aufgrund eines mit der Gemeinnützigen Bau- und Wohnungsgenossenschaft „W-S“ eingetragene Genossenschaft mit beschränkter Haftung abgeschlosse- nen Nutzungsvertrags seit 1. 4. 2003 berechtigt, den Ver- tragsgegenstand X zu Wohnzwecken zu verwenden. Die AG ist die „Vormieterin“ des Bestandobjekts. Die ASt bezahlte der AG eine Ablöse von EUR 12.717,–. Die ASt begehrte von der AG gestützt auf § 27 Abs 1 Z 1 MRG die Rückzahlung eines Teils der Ablöse in der Höhe von EUR 9.081,– sA. Das ErstG stellte fest, dass der von der ASt geleisteten Zahlung von EUR 12.717,– eine gleich- wertige Gegenleistung in jedenfalls dieser Höhe gegen- über gestanden habe (. . .). Es erachtete dabei ua den von der AG ihrer Vormieterin abgelösten Einbau einer (zu- sätzlichen) Gasetagenzentralheizung als ersatzfähige In- vestition. Das RekursG gab dem Rekurs der ASt nicht Folge. (. . .) Entgegen dem – den OGH nicht bindenden – Aus- spruch des RekursG ist der Revisionsrekurs der ASt un- zulässig; (. . .) 1.1. Für die Überlassung des Gebrauchs einer Woh- nung oder eines Geschäftsraums aus dem Titel eines Miet- oder sonstigen Nutzungsvertrags in einer Baulich- keit, die von einer Bauvereinigung im eigenen Namen er- richtet worden ist oder auf die die Voraussetzungen des § 20 a WGG zutreffen, gilt, wenn die Miet- oder sonstigen Nutzungsgegenstände der Baulichkeit im Eigentum (Baurecht) einer Bauvereinigung stehen, gemäß § 20 Abs 1 Z 1 lit a WGG ua § 10 MRG nicht. Vielmehr regelt § 20 Abs 5 WGG, unter welchen Voraussetzungen der Mieter oder sonstige Nutzungsberechtigte einer Woh- nung, der in den letzten zwanzig Jahren vor Beendigung des Miet- oder sonstigen Nutzungsverhältnisses in der zum Gebrauch überlassenen Wohnung Aufwendungen zur wesentlichen Verbesserung (§ 9 MRG) gemacht hat, die über seine Miet- oder sonstige Nutzungsdauer hinaus wirksam und von Nutzen sind, bei Beendigung des Miet- oder sonstigen Nutzungsverhältnisses Anspruch auf Er- satz der Aufwendungen hat. Das RekursG hat zutreffend dargestellt, dass sich § 20 Abs 5 WGG – wie auch § 10 MRG – auf das Verhältnis zwischen ausscheidendem Mieter und Bauvereinigung bzw Vermieter bezieht. Die vom RekursG und der ASt aufgezeigten Regelungsunter- schiede zwischen § 20 Abs 5 WGG und § 10 MRG sind hier deshalb nicht relevant, weil vorliegend gerade nicht das Rechtsverhältnis zwischen Mieter und Bauvereini- gung bzw Vermieter zu klären, sondern jenes zwischen Vor- und Nachmieter zu beurteilen ist. 1.2. Betreffend das hier maßgebliche Rechtsverhältnis zwischen Vor- und Nachmieter folgt gemäß der aus- drücklichen Anordnung des § 20 Abs 1 Z 1 lit b WGG die Anwendbarkeit des § 27 MRG, auf welche Bestimmung die ASt ihr Begehren auch stützte. Es entspricht dabei bereits vorliegender Judikatur des OGH, dass § 27 Abs 1 Z 1 MRG den Ersatzanspruch des Vormieters gegen den neuen Mieter für Investitionen nicht auf jene Aufwen- dungen beschränkt, die der Vermieter einem ausschei- denden Mieter nach § 10 MRG zu ersetzen hätte (1 Ob 543/88 = JBl 1988, 583 = MietSlg 40.400/15; 5 Ob 287/ 06a). Dafür, dass dies im Verhältnis zur „Parallelbestim- mung“ des § 20 Abs 5 WGG anders und aus dieser im An- wendungsbereich des WGG ein engeres Verständnis des § 27 Abs 1 Z 1 MRG abzuleiten sein sollte, findet sich im Gesetz keinerlei Anhaltspunkt und die ASt vermag dafür auch keine substanziellen Argumente vorzutragen. 2. Nach der zu § 27 MRG entwickelten Judikatur ist der Vormieter dann berechtigt, vom Nachmieter eine Ab- lösezahlung zu fordern und die geleistete Zahlung zu be- halten, wenn er dem Nachmieter eine äquivalente vermö- genswerte Leistung zuwendet, die er selbst in die Woh- nung eingebracht hat, auf seine Kosten einbringen ließ oder von einem Dritten (vgl RIS-Justiz RS0069845) ent- geltlich oder unentgeltlich als eigenen Vermögensvorteil übernommen hat (8 Ob 645/92; 5 Ob 287/06a). Überlässt der Vormieter solche Investitionen seinem Nachfolger, dann erbringt er eine Leistung, für die er eine entspre- chende Ablöse als Gegenleistung verlangen kann (1 Ob 606/93 = MietSlg 45.332). Die Schätzung vom Vormieter überlassener Investitionen beziehungsweise Einrich- tungsgegenstände zwecks Beurteilung der Zulässigkeit von Ablösevereinbarungen hat objektiv-abstrakt zu er- folgen. Maßgeblich ist allein deren Zeitwert (RIS-Justiz RS0106640). Es kommt nicht auf die besonderen Verhält- nisse des neuen Mieters an und nicht darauf, für welche (wirtschaftlichen) Zwecke er den Bestandgegenstand ge- mietet hat (RIS-Justiz RS0010091 [T 1]). Von diesen Grundsätzen ist das RekursG nicht abgewichen. (. . .) 114. Passivlegitimation bei Rückforderung verbotener Ablösen DOI 10.1007/s00719-008-1088-2 § 27 Abs 1 Z 1 MRG: Wenn an einer rechtsgrundlosen Vermögensverschie- bung mehrere Personen beteiligt sind, hat die bereiche- rungsrechtliche Rückabwicklung grundsätzlich zwischen jenen Personen zu erfolgen, die nach dem angenommenen Schuldverhältnis bzw Zweck der Vermögensverschie- bung Leistender und Leistungsempfänger sein sollten. Tritt der Vermieter nicht als offener Stellvertreter des Vormieters auf, sondern weist nur darauf hin, dass die bei Mietvertragsabschluss geforderte Zahlung die von ihm selbst dem Vormieter geleistete Ablöse decken soll, ist er, nicht der Vormieter, Kondiktionsschulder und für

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© Springer-Verlag 2008

woblRechtsprechung/MRG 3232008, Heft 11

November

Zitiervorschlag: wobl 2008, Seite/Nummer Rechtsprechung

MRG113.

Ersatzansprüche zwischen Vor- und Nachmieter

DOI 10.1007/s00719-008-0975-x

§ 20 Abs 1 Z 1 lit b WGG; § 27 MRG:Bei Miet- oder sonstigen Nutzungsverhältnissen in ei-

ner Baulichkeit, die von einer Bauvereinigung im eigenenNamen errichtet worden ist oder auf die die Vorausset-zungen des § 20a WGG zutreffen, ist im Verhältnis zwi-schen Vor- und Nachmieter nach § 20 Abs 1 Z 1 lit bWGG § 27 MRG anwendbar. Der Ersatzanspruch ist da-bei nicht auf jene Aufwendungen beschränkt, die derVermieter einem ausscheidenden Mieter nach § 10 MRGzu ersetzen hätte. Dafür, dass dies im Verhältnis zur „Pa-rallelbestimmung“ des § 20 Abs 5 WGG anders ist undaus dieser Bestimmung im Anwendungsbereich des WGGein engeres Verständnis des § 27 Abs 1 Z 1 MRG abzulei-ten sein sollte, findet sich im Gesetz keinerlei Anhalts-punkt.OGH 28. 8. 2007, 5 Ob 99/07f (LG Wiener Neustadt 17 R 27/06a; BG Baden8 Msch 1/04g)

Die ASt ist aufgrund eines mit der GemeinnützigenBau- und Wohnungsgenossenschaft „W-S“ eingetrageneGenossenschaft mit beschränkter Haftung abgeschlosse-nen Nutzungsvertrags seit 1. 4. 2003 berechtigt, den Ver-tragsgegenstand X zu Wohnzwecken zu verwenden. DieAG ist die „Vormieterin“ des Bestandobjekts. Die AStbezahlte der AG eine Ablöse von EUR 12.717,–. Die AStbegehrte von der AG gestützt auf § 27 Abs 1 Z 1 MRG dieRückzahlung eines Teils der Ablöse in der Höhe vonEUR 9.081,– sA. Das ErstG stellte fest, dass der von derASt geleisteten Zahlung von EUR 12.717,– eine gleich-wertige Gegenleistung in jedenfalls dieser Höhe gegen-über gestanden habe (. . .). Es erachtete dabei ua den vonder AG ihrer Vormieterin abgelösten Einbau einer (zu-sätzlichen) Gasetagenzentralheizung als ersatzfähige In-vestition.

Das RekursG gab dem Rekurs der ASt nicht Folge. (. . .)Entgegen dem – den OGH nicht bindenden – Aus-

spruch des RekursG ist der Revisionsrekurs der ASt un-zulässig; (. . .)

1.1. Für die Überlassung des Gebrauchs einer Woh-nung oder eines Geschäftsraums aus dem Titel einesMiet- oder sonstigen Nutzungsvertrags in einer Baulich-keit, die von einer Bauvereinigung im eigenen Namen er-richtet worden ist oder auf die die Voraussetzungen des§ 20a WGG zutreffen, gilt, wenn die Miet- oder sonstigenNutzungsgegenstände der Baulichkeit im Eigentum(Baurecht) einer Bauvereinigung stehen, gemäß § 20Abs 1 Z 1 lit a WGG ua § 10 MRG nicht. Vielmehr regelt§ 20 Abs 5 WGG, unter welchen Voraussetzungen derMieter oder sonstige Nutzungsberechtigte einer Woh-nung, der in den letzten zwanzig Jahren vor Beendigungdes Miet- oder sonstigen Nutzungsverhältnisses in derzum Gebrauch überlassenen Wohnung Aufwendungenzur wesentlichen Verbesserung (§ 9 MRG) gemacht hat,die über seine Miet- oder sonstige Nutzungsdauer hinauswirksam und von Nutzen sind, bei Beendigung des Miet-oder sonstigen Nutzungsverhältnisses Anspruch auf Er-satz der Aufwendungen hat. Das RekursG hat zutreffenddargestellt, dass sich § 20 Abs 5 WGG – wie auch § 10MRG – auf das Verhältnis zwischen ausscheidendem

Mieter und Bauvereinigung bzw Vermieter bezieht. Dievom RekursG und der ASt aufgezeigten Regelungsunter-schiede zwischen § 20 Abs 5 WGG und § 10 MRG sindhier deshalb nicht relevant, weil vorliegend gerade nichtdas Rechtsverhältnis zwischen Mieter und Bauvereini-gung bzw Vermieter zu klären, sondern jenes zwischenVor- und Nachmieter zu beurteilen ist.

1.2. Betreffend das hier maßgebliche Rechtsverhältniszwischen Vor- und Nachmieter folgt gemäß der aus-drücklichen Anordnung des § 20 Abs 1 Z 1 lit b WGG dieAnwendbarkeit des § 27 MRG, auf welche Bestimmungdie ASt ihr Begehren auch stützte. Es entspricht dabeibereits vorliegender Judikatur des OGH, dass § 27 Abs 1Z 1 MRG den Ersatzanspruch des Vormieters gegen denneuen Mieter für Investitionen nicht auf jene Aufwen-dungen beschränkt, die der Vermieter einem ausschei-denden Mieter nach § 10 MRG zu ersetzen hätte (1 Ob543/88 = JBl 1988, 583 = MietSlg 40.400/15; 5 Ob 287/06a). Dafür, dass dies im Verhältnis zur „Parallelbestim-mung“ des § 20 Abs 5 WGG anders und aus dieser im An-wendungsbereich des WGG ein engeres Verständnis des§ 27 Abs 1 Z 1 MRG abzuleiten sein sollte, findet sich imGesetz keinerlei Anhaltspunkt und die ASt vermag dafürauch keine substanziellen Argumente vorzutragen.

2. Nach der zu § 27 MRG entwickelten Judikatur istder Vormieter dann berechtigt, vom Nachmieter eine Ab-lösezahlung zu fordern und die geleistete Zahlung zu be-halten, wenn er dem Nachmieter eine äquivalente vermö-genswerte Leistung zuwendet, die er selbst in die Woh-nung eingebracht hat, auf seine Kosten einbringen ließoder von einem Dritten (vgl RIS-Justiz RS0069845) ent-geltlich oder unentgeltlich als eigenen Vermögensvorteilübernommen hat (8 Ob 645/92; 5 Ob 287/06a). Überlässtder Vormieter solche Investitionen seinem Nachfolger,dann erbringt er eine Leistung, für die er eine entspre-chende Ablöse als Gegenleistung verlangen kann (1 Ob606/93 = MietSlg 45.332). Die Schätzung vom Vormieterüberlassener Investitionen beziehungsweise Einrich-tungsgegenstände zwecks Beurteilung der Zulässigkeitvon Ablösevereinbarungen hat objektiv-abstrakt zu er-folgen. Maßgeblich ist allein deren Zeitwert (RIS-JustizRS0106640). Es kommt nicht auf die besonderen Verhält-nisse des neuen Mieters an und nicht darauf, für welche(wirtschaftlichen) Zwecke er den Bestandgegenstand ge-mietet hat (RIS-Justiz RS0010091 [T1]). Von diesenGrundsätzen ist das RekursG nicht abgewichen. (. . .)

114.Passivlegitimation bei Rückforderung verbotenerAblösen

DOI 10.1007/s00719-008-1088-2

§ 27 Abs 1 Z 1 MRG:Wenn an einer rechtsgrundlosen Vermögensverschie-

bung mehrere Personen beteiligt sind, hat die bereiche-rungsrechtliche Rückabwicklung grundsätzlich zwischenjenen Personen zu erfolgen, die nach dem angenommenenSchuldverhältnis bzw Zweck der Vermögensverschie-bung Leistender und Leistungsempfänger sein sollten.

Tritt der Vermieter nicht als offener Stellvertreter desVormieters auf, sondern weist nur darauf hin, dass diebei Mietvertragsabschluss geforderte Zahlung die vonihm selbst dem Vormieter geleistete Ablöse decken soll,ist er, nicht der Vormieter, Kondiktionsschulder und für