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Erfahrungen in meinem IAESTE-Praktikum bei der
Firma Hikma Pharmaceuticals in Jordanien
Zeitraum: 30.05.2015 – 29.07.2015
Den Sommer 2015 verbrachte ich als IAESTE-Praktikant bei der Firma Hikma Phar-
maceuticals in Amman in Jordanien. Hikma ist der größte Hersteller von Arzneimitteln im
mittleren Osten und ist weltweit mit mehr als 6000 Mittarbeitern auch in anderen Län-
dern wie England, Frankreich, Tunesien sowie den Vereinigten Staaten verbreitet. Der
Firmenstammsitz in Amman, in dem ich 7 Wochen gearbeitet habe, besteht aus dem
Verwaltungssitz so wie einer in drei wesentliche Bestandteile gegliederten Fabrik. Neben
einer Fabrik zur Herstellung von aktiven Wirkstoffen gibt es zwei weitere Gebäude für
eine Bandbreite verschiedener Medikamente und Penizillinpräparate. An meinem ersten
Arbeitstag, dem 1. Juni 2015, brachte mich Sara, eine sehr nette Freiwillige des IAESTE
Jordanien, zur Arbeit. In der Personal Abteilung wurde ich freundlich begrüßt, über mei-
ne Pflichten aufgeklärt und darüber, was man unter „smartcasualem“ Kleidungsstil
versteht. Mein Praktikum schien von Seiten Hikmas sehr gut geplant, mir wurde zunächst
ein Vierwochenplan vorgelegt, in denen ich alle wesentlichen Abteilungen des Pharma-
herstellers, für die ich geeignet bin, kennenlernen sollte. Der Plan sah vor, dass ich
zunächst mein Praktikum in den Laboren der Qualitätskontrolle beginnen sollte, dann
über die Büros der Qualitätssicherung und die Hallen der Hauptfabrik zur Abteilung der
Forschung und Entwicklung gelangen sollte.
Abbildung 1: ich vor dem Arbeitsplatz
Wie geplant und zu meiner großen Freude wurde ich bereits am ersten Tag mit den An-
gestellten und den Laboren bekannt gemacht. Sowohl die Labore der technischen,
mikrobiologischen, physikalischen sowie nasschemischen Analyse sind modern ausge-
stattet und sehr sauber und müssen sich in keinem Fall vor europäischen oder
amerikanischen Firmen verstecken. Im Unterschied zu Deutschland arbeiten hier jedoch
ein Vielfaches der Leute, welche meist auf einen kleinen Tätigkeitskreis spezialisiert sind.
So durchlief ich verschiedene Abteilungen der Qualitätskontrolle, wobei mir nette junge
Mitarbeiter alle Abläufe, Maschinen und Verfahren Schritt für Schritt erklärten. Ver-
ständlicher Weise durfte ich am Beginn meines Praktikums noch nicht sehr viel machen
und kam über das Schreiben von Etiketten und das Durchnummerieren von Seiten in Be-
richten nicht hinaus. Ich hoffte jedoch, dass ich im Laufe des Praktikums etwas Vertrauen
gewänne und für komplexere Aufgaben herangezogen würde.
In der zweiten Woche wurde ich dann in die Qualitätssicherung versetzt, wo ich vor al-
lem durch Lesen von SOP mit dem Qualitätssicherungskonzept GMP (Good
Manufacturing Practice) vertraut gemacht wurde. Entgegen der vorherigen Planung
wurde ich dann in die Penizillinfabrik versetzt. Nach einer Führung und einer ausführli-
chen Unterweisung kam ich zum ersten Mal richtig ans Arbeiten und ich wurde als
Mitarbeiter in einer Verpackungsstraße eingesetzt. Auf diese Weise bekam ich einen sehr
detaillierten Eindruck der Zusammenhänge der Abläufe und wie weit auch schon die
kleinsten meiner Fehler sich auswirken.
In der dritten Woche bekam ich einen Überblick über die Arbeit im Büro der technischen
Kontrolle der Hauptfabrik, besonders im Bereich der Datenverarbeitung, Speicherung der
Daten und des SAP-Programmes.
Zu meiner großen Überraschung waren meine Vorgesetzten sehr offen gegenüber Vor-
schlägen und Anregungen meinerseits. So kam es, dass ich mir kleinere Projekte zu
Themen suchten durfte, die ich für Hikma und die pharmazeutische Industrie im Mittle-
ren Osten für interessant hielt. Entsprechend meines Studienganges entschied ich mich
hierbei für Nachforschungen und das Anfertigen von Essays und Präsentationen zum
Thema „ waste prevention and recycling“ und „ dem Einsatz erneuerbarer Rohstoffe in
der pharmazeutische Industrie sowie die Nutzung chemischer Abfälle“.
Neben der Arbeit oder beim Kaffee in einer der vielen und langen Pausen oder beim
freien Mittagessen in der Kantine blieb jedoch immer genug Zeit zum kulturellen, politi-
schen und religiösen Austausch, netten Gesprächen und sogar zum Schließen von
Freundschaften. So war es keine Seltenheit, von Arbeitskollegen eingeladen zu werden.
Der Ablauf eines Treffens kann schwer vorhersehbar sein, so dass ich mich auch einmal
auf einer großen Familienfeier mit durch mich äußerst verwirrter Großtante wiederfand.
Alle IAESTE Praktikanten, die in Amman ihr Praktikum verrichteten, waren in der Parodie
einen Hotels, dem SANROCK international Hotel untergebracht. In Hochzeiten wohnten
wir dort mit 39 Studenten aus einer Vielzahl von Ländern und verschiedensten Fachbe-
reichen. Dies sorgte, zusammengeschweißt durch dasselbe Schicksal, für eine sehr
interessante, spannende und sehr abwechslungsreiche Atmosphäre
Abbildung 2: Internationale IAESTE Gruppe in Petra
Obwohl ich vor allem die Wochenenden, die hier aus dem Freitag und dem Samstag be-
stehen, sowie die freien Tagen am Ende meines Praktikums nutzte, um dieses
phantastische Land zu erkunden, lag mein Lebensmittelpunkt in Amman. Die jordanische
Hauptstadt ist in den letzten 30 Jahren stark gewachsen und beheimatet nun knapp 4
Millionen Einwohner, bestehend aus Jordaniern und Palästinensern. Fortbewegen tut
man sich hier am besten zu Fuß oder mit einem der unzähligen Taxis, die den
Stadtdschungel durchstreifen. Die Taxifahrten sind in der Regel sehr günstig, man sollte
sich jedoch nicht auf einen festen Preis einlassen, sondern auf eine Fahrt mit dem Taxi-
meter (arabisch „atat“) bestehen. Ein großes Problem bei der Fahrt in Taxis ist, neben
der Sprachbarriere, dass die Fahrer nahezu keine Straßennamen oder Orte kennen und
erwarten dorthin dirigiert zu werden.
Die meisten Teile der weißen Stadt sind kaum älter als 40 Jahre, im Center befindet sich
jedoch eine kleine arabische Altstadt sowie römische Ruinen, ein Amphitheater und auf
einem Hügel die alte Zitadelle und der Herkulestempel.
Abbildung 3 : Der Blick vom Hügel der Zitadelle auf die Downtown mit römischen Amphitheater
Hier finden sich auch Läden und sehr gute und preiswerte Restaurants und Imbisse. Ne-
ben diesem traditionellen Gesicht verfügt Amman jedoch noch über ein modernes,
westliches Gesicht. Abdahli, ein Stadtteil, verfügt über teure Hotels, Cafes, Läden und
Shoppingcenter, allerdings empfiehlt sich hier ein voller Geldbeutel.
Die meisten, großen und berühmten Sehenswürdigkeiten in Jordanien, wie zum Beispiel
die Felsenstadt , in der ich Tage verbringen könnte,
Abbildung 4: Der Tresor ein Prunkstück des neuen Weltwunders
die schöne Wüste Wadi Rum oder Aqaba am Rotem Meer liegen einige Stunden von
Amman entfernt. Aber auch in unmittelbarer Nähe zur Hauptstadt finden sich tolle Sa-
chen. Viele lassen sich bequem mit einem Jetbus oder Mietwagen erreichen. Hierzu
gehört Jerasch, eine Kleinstadt nördlich von Amman, welche mit gut erhaltenen und um-
fangreichen römischen Ruinen aufwartet, aber abseits der Touristenströme liegt.
Abbildung 5: Jerash, die Römer standen einfach auf Säulen
Im Nordwesten liegt das Tote Meer, der tiefste Punkt der Erde; sowohl am Tag als auch
in der Nacht ist dieses eine Reise wert. Das Schwimmen im Toten Meer gleicht bei Nacht
fast dem Weltall; man fühlt sich schwerelos und ist umgeben von Lichtern. Wenn man
schon mal da ist, sollte man auf Grund kleiner Blessuren nach dem Schwimmen Wadi
Mudschi besuchen. Ein kleiner Grand Canyon mit einem schnellfließenden Bach, durch
den man bis zu einem ca. 25 Meter hohen Wasserfall schwimmen, waten und klettern
kann. Im Süden findet sich Madaba eine oft angepriesene Stadt, welche meiner Meinung
nach jedoch nur etwas für eingefleischte Mosaikfans ist. Mount Nebu weist neben seiner
spirituellen Bedeutung einen tollen Blick bis nach Amman, dem Toten Meer und sogar
nach Israel und Palästina auf.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass man bei einem Praktikum in Jordanien meist
nicht von einem Berg von Arbeit erschlagen wird, mit ein wenig Selbstinitiative bekommt
man jedoch das Gefühl wirklich etwas bewegen zu können. Es bleibt genügend Zeit, die-
ses abwechslungsreiche Land und diese interessante und exotische Kultur
kennenzulernen. Wenn man mit offenen Augen durch das Land geht, fällt es schwer,
nicht über etwas Historisches oder auf andere Weise Interessantes zu stolpern oder über
Müll, der hier überall rumliegt. Die Jordanier sind schon fast auf aufdringliche Weise
gastfreundlich und hilfsbereit. Ich würde hier doch eher keine Einladung abschlagen, da
diese meist sehr spannend, wenn auch etwas unberechenbar sind. Jordanien als Land ist
absolut eine Reise wert und ich habe mich zu jeder Zeit sicher und behütet gefühlt.