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Entscheidungen Vollstreckungsrecht Anrechnung der Maßregel auf verfahrensfremde Strafe StGB §§ 67 Abs. 6, 63 Die Anrechnung auf eine verfahrensfremde Strafe (§ 67 Abs. 6 StGB) aus Straftaten, die nach Anordnung der Maßregel begangen worden sind, scheidet in der Regel aus. Besondere Umstȩnde kȰnnen jedoch die Feststellung einer besonderen Hȩrte rechtfertigen (hier: VerzȰgerun- gen der Strafvollstreckung; lange Dauer der Unterbrin- gung; erfolgreicher Behandlungsverlauf). LG Potsdam, Beschl. v. 30.08.2018 – 20 StVK 144/18 Mitgeteilt von RA Dr. Jan Oelbermann, Berlin. Aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen die Erledigung der Entziehungs- behandlung StPO §§ 140 Abs. 2, 307 Abs. 2; StGB § 67d Abs. 5 Das Ȱffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung einer Erledigungsentscheidung gem. § 67d Abs. 5 StGB ist mit den dem Verurteilten dadurch entstehenden Nach- teilen abzuwȩgen, wobei maßgebend die Erfolgsaussich- ten der Beschwerde sind. Fȱr den Fall, dass das Be- schwerdegericht die Frage der Notwendigkeit der Anwe- senheit eines Verteidigers wȩhrend der mȱndlichen AnhȰrung des Verurteilten anders als die StVK beurteilen sollte, soll dem Verurteilten die Chance auf einen Thera- pieplatz in der Entziehungsanstalt erhalten bleiben, den er im Falle einer sofortigen Verlegung in die JVA verlieren wȱrde. LG Gættingen, Beschl. v. 16.07.2019 – 50 StVK 41/19 Mitgeteilt von RA Prof. Dr. Helmut Pollȩhne, Bremen. Halbstrafe und Corona-Pandemie StGB § 57 Abs. 2 Nr. 2 Kann ein Verurteilter im offenen Vollzug wegen der auf- grund der Corona-Pandemie angeordneten Ausgangs- sperre bis auf weiteres seinem freien Beschȩftigungsver- hȩltnis nicht mehr nachgehen, stellt der weitere Vollzug eine besondere Hȩrte fȱr ihn dar, die einen besonderen Umstand i.S.d. § 57 Abs. 2 Nr. 2 StGB begrȱnden kann. LG Kleve, Beschl. v. 26.03.2020 – 115 StVK 63/20 Aus den Grȱnden: Der Verurteilte verbȱßt derzeit eine Freiheits- strafe von 2 J. 3 M. wegen Steuerhinterziehung in zwei Fȩllen. Der Verurteilte hat am 18.03.2020 die Hȩlfte der Strafe verbȱßt. Der Zweidritteltermin ist am 02.08.2020 und das Strafende notiert auf den 03.05.2021. Der Verurteile hat durch seinen Verteidiger ein Halbstrafengesuch gestellt. Die JVA und die StA haben eine Halbstrafenaussetzung mit der Begrȱndung nicht befȱrwortet, dass keine besonderen Umstȩn- de vorlȩgen. Eine Aussetzung der Vollstreckung des Restes einer – wie hier – 2 J. ȱbersteigenden Freiheitsstrafe bereits nach Verbȱßung der Hȩlfte kommt nach § 57 Abs. 2 Nr. 2 StGB in Betracht, wenn – neben einer positiven Sozialprognose gem. § 57 Abs. 1 StGB – die Ge- samtwȱrdigung von Tat, PersȰnlichkeit des Verurteilten und seiner Entwicklung wȩhrend des Strafvollzugs ergibt, dass besondere Um- stȩnde vorliegen, die eine Strafaussetzung zur Bewȩhrung rechtfer- tigen. Die besonderen Umstȩnde brauchen keinen Ausnahmecha- rakter zu haben und sie mȱssen nicht kumulativ fȱr jedes einzelne Kriterium (Tat, PersȰnlichkeit, Entwicklung wȩhrend des Strafvoll- zugs) festgestellt werden. Sie mȱssen allerdings im Vergleich mit gewȰhnlichen, durchschnittlichen, allg. oder einfachen Milde- rungsgrȱnden ein besonderes Gewicht aufweisen (OLG KȰln NStZ 2008, 641 m.w.N.). Von besonderem Gewicht kann insbes. sein, dass es sich um eine Erstverbȱßung i.S.v. § 57 Abs. 2 Nr. 1 StGB handelt. In die Wȱrdigung kȰnnen auch Umstȩnde einbezo- gen werden, die bereits bei der Strafzumessung berȱcksichtigt wor- den sind; mehrere durchschnittliche Milderungsgrȱnde kȰnnen in ihrer Gesamtheit das Gewicht besonderer Umstȩnde i.S.d. § 57 Abs. 2 Nr. 2 StGB erlangen (Fischer-StGB, 63. Aufl. 2016, § 57 Rn. 29 m.w.N.). Anders als bei der Aussetzung des Strafrestes nach Verbȱßung von zwei Dritteln der Strafe (§ 57 Abs. 1 S. 1 StGB) fließen in die Bewertung auch Gesichtspunkte der Schuld- schwere, der Generalprȩvention und der Verteidigung der Rechts- ordnung mit ein (OLG KȰln NStZ 2008, 641 m.w.N.). Gemessen an diesen Maßstȩben liegen in der vorliegenden Sache besondere Umstȩnde vor, die eine Strafaussetzung schon nach Verbȱßung der Hȩlfte der Strafe rechtfertigen. Zu Gunsten des Verurteilten ist zu berȱcksichtigen, dass er nicht vorbestraft ist und dementspr. erstmals Haft verbȱßt. Die Kammer hat bereits deshalb die Erwartung, dass der Verurteilte aus seinen Fehlern gelernt hat und daher nicht erneut straffȩllig wird. Prognos- tisch positiv wirken sich des Weiteren das gem. dem Fȱhrungsbe- richt der Vollzugsanstalt vorbildliche Vollzugsverhalten und die fȱr den Verurteilten ȩußerst gȱnstige Entlassungssituation (stabile fa- miliȩre Verhȩltnisse, feste Arbeitsstelle) aus. Zu Gunsten des Verur- teilten hat die Kammer zudem berȱcksichtigt, dass die im Zeitraum bis 2011 begangenen Taten bereits lȩngere Zeit zurȱckliegen und dass sich der Verurteilte auch danach nichts mehr hat zu Schulden kommen lassen. Dies bestȩtigt i.V.m. dem Fehlen von Vorstrafen und der – aus kriminalistischer Sicht – unauffȩlligen Vita des Ver- urteilten, dass es sich bei den in Rede stehenden Taten um »Aus- rutscher« gehandelt hat. Die vorstehend aufgefȱhrten zahlreichen positiven Umstȩn- de begrȱnden zunȩchst eine positive Sozialprognose i.S.d. § 57 Abs. 1 StGB. Darȱber hinaus liegen auch besondere Umstȩnde i.S.d. § 57 Abs. 2 Nr. 2 StGB vor. Neben den vor- stehend zur Begrȱndung der positiven Sozialprognose aufge- fȱhrten Umstȩnden sind insoweit das bereits fortgeschrittene Alter des Verurteilten und die ȱberlange Verfahrensdauer zu nennen. Der weitere Vollzug der Haft wȱrde fȱr den Verur- teilten zudem eine besondere Hȩrte darstellen, da er wegen der aufgrund der Corona-Pandemie angeordneten Ausgangs- sperre bis auf weiteres seinem freien Beschȩftigungsverhȩltnis nicht mehr nachgehen kȰnnte und ihm daher akut der Ver- lust seiner Arbeitsstelle droht. Auch gehȰrt der Verurteilte angesichts seines Alters zu den durch die Corona-Pandemie gesundheitlich besonders gefȩhrdeten Personen. Jedenfalls in ihrer Gesamtheit kommt den vorgenannten Umstȩn- den das Gewicht besonderer Umstȩnde i.S.d. § 57 Abs. 2 Nr. 2 StGB zu, wobei besonderer Bedeutung zukommt, dass der Verur- teilte nicht vorbestrafter Erstverbȱßer ist und dass die Taten bereits lȩngere Zeit zurȱckliegen. Zu berȱcksichtigen ist auch, dass die zu verbȱßende Gesamtfreiheitsstrafe von 2 J. 3 M. nur knapp ȱber der Schwelle von 2 J. liegt, ab der fȱr Erstverbȱßer besondere Umstȩn- de fȱr eine Halbstrafenaussetzung vorliegen mȱssen. Gesichtspunk- 406 StV 6 · 2020

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Page 1: Entscheidungen Vollstreckungsrechtstv-online.de/system/files/users/user5/StV_2020_06_406.pdfden das Gewicht besonderer Umstnde i.S.d. 57 Abs. 2 Nr. 2 StGB zu, wobei besonderer Bedeutung

Entscheidungen Vollstreckungsrecht

Anrechnung der Maßregel aufverfahrensfremde Strafe

StGB §§ 67 Abs. 6, 63

Die Anrechnung auf eine verfahrensfremde Strafe (§ 67Abs. 6 StGB) aus Straftaten, die nach Anordnung derMaßregel begangen worden sind, scheidet in der Regelaus. Besondere Umst�nde k�nnen jedoch die Feststellungeiner besonderen H�rte rechtfertigen (hier: Verz�gerun-gen der Strafvollstreckung; lange Dauer der Unterbrin-gung; erfolgreicher Behandlungsverlauf).

LG Potsdam, Beschl. v. 30.08.2018 – 20 StVK 144/18

Mitgeteilt von RA Dr. Jan Oelbermann, Berlin.

Aufschiebende Wirkung einer Beschwerdegegen die Erledigung der Entziehungs-behandlung

StPO §§ 140 Abs. 2, 307 Abs. 2; StGB § 67d Abs. 5

Das �ffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehungeiner Erledigungsentscheidung gem. § 67d Abs. 5 StGBist mit den dem Verurteilten dadurch entstehenden Nach-teilen abzuw�gen, wobei maßgebend die Erfolgsaussich-ten der Beschwerde sind. F�r den Fall, dass das Be-schwerdegericht die Frage der Notwendigkeit der Anwe-senheit eines Verteidigers w�hrend der m�ndlichenAnh�rung des Verurteilten anders als die StVK beurteilensollte, soll dem Verurteilten die Chance auf einen Thera-pieplatz in der Entziehungsanstalt erhalten bleiben, dener im Falle einer sofortigen Verlegung in die JVA verlierenw�rde.

LG G�ttingen, Beschl. v. 16.07.2019 – 50 StVK 41/19

Mitgeteilt von RA Prof. Dr. Helmut Poll�hne, Bremen.

Halbstrafe und Corona-Pandemie

StGB § 57 Abs. 2 Nr. 2

Kann ein Verurteilter im offenen Vollzug wegen der auf-grund der Corona-Pandemie angeordneten Ausgangs-sperre bis auf weiteres seinem freien Besch�ftigungsver-h�ltnis nicht mehr nachgehen, stellt der weitere Vollzugeine besondere H�rte f�r ihn dar, die einen besonderenUmstand i.S.d. § 57 Abs. 2 Nr. 2 StGB begr�nden kann.

LG Kleve, Beschl. v. 26.03.2020 – 115 StVK 63/20

Aus den Gr�nden: Der Verurteilte verb�ßt derzeit eine Freiheits-strafe von 2 J. 3 M. wegen Steuerhinterziehung in zwei F�llen. DerVerurteilte hat am 18.03.2020 die H�lfte der Strafe verb�ßt. DerZweidritteltermin ist am 02.08.2020 und das Strafende notiert aufden 03.05.2021.

Der Verurteile hat durch seinen Verteidiger ein Halbstrafengesuchgestellt. Die JVA und die StA haben eine Halbstrafenaussetzung mitder Begr�ndung nicht bef�rwortet, dass keine besonderen Umst�n-de vorl�gen.

Eine Aussetzung der Vollstreckung des Restes einer – wie hier – 2 J.�bersteigenden Freiheitsstrafe bereits nach Verb�ßung der H�lftekommt nach § 57 Abs. 2 Nr. 2 StGB in Betracht, wenn – neben

einer positiven Sozialprognose gem. § 57 Abs. 1 StGB – die Ge-samtw�rdigung von Tat, Pers�nlichkeit des Verurteilten und seinerEntwicklung w�hrend des Strafvollzugs ergibt, dass besondere Um-st�nde vorliegen, die eine Strafaussetzung zur Bew�hrung rechtfer-tigen. Die besonderen Umst�nde brauchen keinen Ausnahmecha-rakter zu haben und sie m�ssen nicht kumulativ f�r jedes einzelneKriterium (Tat, Pers�nlichkeit, Entwicklung w�hrend des Strafvoll-zugs) festgestellt werden. Sie m�ssen allerdings im Vergleich mitgew�hnlichen, durchschnittlichen, allg. oder einfachen Milde-rungsgr�nden ein besonderes Gewicht aufweisen (OLG K�lnNStZ 2008, 641 m.w.N.). Von besonderem Gewicht kann insbes.sein, dass es sich um eine Erstverb�ßung i.S.v. § 57 Abs. 2 Nr. 1StGB handelt. In die W�rdigung k�nnen auch Umst�nde einbezo-gen werden, die bereits bei der Strafzumessung ber�cksichtigt wor-den sind; mehrere durchschnittliche Milderungsgr�nde k�nnen inihrer Gesamtheit das Gewicht besonderer Umst�nde i.S.d. § 57Abs. 2 Nr. 2 StGB erlangen (Fischer-StGB, 63. Aufl. 2016, § 57Rn. 29 m.w.N.). Anders als bei der Aussetzung des Strafrestesnach Verb�ßung von zwei Dritteln der Strafe (§ 57 Abs. 1 S. 1StGB) fließen in die Bewertung auch Gesichtspunkte der Schuld-schwere, der Generalpr�vention und der Verteidigung der Rechts-ordnung mit ein (OLG K�ln NStZ 2008, 641 m.w.N.).

Gemessen an diesen Maßst�ben liegen in der vorliegendenSache besondere Umst�nde vor, die eine Strafaussetzungschon nach Verb�ßung der H�lfte der Strafe rechtfertigen.

Zu Gunsten des Verurteilten ist zu ber�cksichtigen, dass er nichtvorbestraft ist und dementspr. erstmals Haft verb�ßt. Die Kammerhat bereits deshalb die Erwartung, dass der Verurteilte aus seinenFehlern gelernt hat und daher nicht erneut straff�llig wird. Prognos-tisch positiv wirken sich des Weiteren das gem. dem F�hrungsbe-richt der Vollzugsanstalt vorbildliche Vollzugsverhalten und die f�rden Verurteilten �ußerst g�nstige Entlassungssituation (stabile fa-mili�re Verh�ltnisse, feste Arbeitsstelle) aus. Zu Gunsten des Verur-teilten hat die Kammer zudem ber�cksichtigt, dass die im Zeitraumbis 2011 begangenen Taten bereits l�ngere Zeit zur�ckliegen unddass sich der Verurteilte auch danach nichts mehr hat zu Schuldenkommen lassen. Dies best�tigt i.V.m. dem Fehlen von Vorstrafenund der – aus kriminalistischer Sicht – unauff�lligen Vita des Ver-urteilten, dass es sich bei den in Rede stehenden Taten um »Aus-rutscher« gehandelt hat.

Die vorstehend aufgef�hrten zahlreichen positiven Umst�n-de begr�nden zun�chst eine positive Sozialprognose i.S.d.§ 57 Abs. 1 StGB. Dar�ber hinaus liegen auch besondereUmst�nde i.S.d. § 57 Abs. 2 Nr. 2 StGB vor. Neben den vor-stehend zur Begr�ndung der positiven Sozialprognose aufge-f�hrten Umst�nden sind insoweit das bereits fortgeschritteneAlter des Verurteilten und die �berlange Verfahrensdauer zunennen. Der weitere Vollzug der Haft w�rde f�r den Verur-teilten zudem eine besondere H�rte darstellen, da er wegender aufgrund der Corona-Pandemie angeordneten Ausgangs-sperre bis auf weiteres seinem freien Besch�ftigungsverh�ltnisnicht mehr nachgehen k�nnte und ihm daher akut der Ver-lust seiner Arbeitsstelle droht. Auch geh�rt der Verurteilteangesichts seines Alters zu den durch die Corona-Pandemiegesundheitlich besonders gef�hrdeten Personen.

Jedenfalls in ihrer Gesamtheit kommt den vorgenannten Umst�n-den das Gewicht besonderer Umst�nde i.S.d. § 57 Abs. 2 Nr. 2StGB zu, wobei besonderer Bedeutung zukommt, dass der Verur-teilte nicht vorbestrafter Erstverb�ßer ist und dass die Taten bereitsl�ngere Zeit zur�ckliegen. Zu ber�cksichtigen ist auch, dass die zuverb�ßende Gesamtfreiheitsstrafe von 2 J. 3 M. nur knapp �ber derSchwelle von 2 J. liegt, ab der f�r Erstverb�ßer besondere Umst�n-de f�r eine Halbstrafenaussetzung vorliegen m�ssen. Gesichtspunk-

WKD/StV, 05/2019 #10131 29.04.2020, 11:18 Uhr – sp –S:/3d/wkd/Zeitschriften/StV/2020_06/wkd_stv_2020_06_Innenteil.3d [S. 406/432] 3

406 StV 6 · 2020

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Vollstreckungsrecht Entscheidungen

te der Schuldschwere, der Generalpr�vention und der Verteidigungder Rechtsordnung stehen in dem vorliegenden Verfahren einer be-dingten Entlassung aus der Haft bereits nach Verb�ßung der H�lfteder Strafe ersichtlich nicht entgegen. [...]

Mitgeteilt von RA Dr. Sebastian Wollschl�ger, K�ln.

Widerruf der Aussetzung von Maßregelund ReststrafeStGB §§ 67g, 64, 56f

Der Widerruf der nach einer erfolgreichen Entziehungs-behandlung zur Bew�hrung ausgesetzten Reststrafe we-gen einer neuen Tat zieht weder den Widerruf der Ausset-zung der Maßregel noch deren Erledigung nach sich,wenn der Hang weiterhin vorliegt, die neue Tat daraufaber nicht beruht.

LG Traunstein, Beschl. v. 07.08.2018 – StVK 475/18

I. Gegen den Verurt. wurde die im Beschlusstenor genannteGerichtsentscheidung eine Freiheitsstrafe von 2 J. zwei M.wegen Einfuhr von Btm geringer Menge verh�ngt und dieUnterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet.

Nach Teilverb�ßung der Maßregel wurde die Vollstreckungder Unterbringung und des Strafrestes durch Beschl. derStVKH des LG v. 11.12.2015 in [...] mit einer Bew�hrungs-frist/F�hrungsaufsicht von 5 J. Bew�hrung ausgesetzt.

Die Bew�hrungszeit begint mit der Rechtskraft der Entschei-dung am 22.12.2015.

II. Die Strafaussetzung zur Bew�hrung war zu widerrufen,

Der Verurt. hat in der Bew�hrungszeit eine neue Straftat be-gangen und dadurch gezeigt, dass die Erwartung, die derStrafaussetzung zu Grunde lag, sich nicht erf�llt hat (§ 59Abs. 1 S. 1 Nr. 1 StGB).

Gegen ihn wurde durch Urt. des LG Traunstein v.04.08.2017 [...] wegen besonders schweren Raubs u.a. be-gangen am 27.09.2018, eine Freiheitsstrafe von 8 Jahren ver-h�ngt. Der Angekl. �berfiel mit mehreren Mitt�tern, wovonzumindest einer nach Wissen des Angekl. ein Messer bei sichf�hrte, seinen Drogenh�ndler, um Btm und Bargeld zu er-beuten, was letztlich unter Einsatz des Messers auch gelang.Das Tatopfer wurde dabei erheblich mit dem Messer verletzt.[...]

Die Entscheidung ist seit dem 09.03.2018 rechtskr�ftig.

Die Freiheitsstrafe verb�ßt der Verurt. derzeit in der JVAStraubig.

Die Voraussetzung des § 56f Abs. 2 StGB liegen nicht vor.Mildere Maßnahmen wie eine Verl�ngerung der Bew�h-

rungszeit oder weitere Auflagen und Weisungen reichennicht aus.

III. Ein Widerruf der Unterbringung oder eine Eledigterkl�-rung gem. § 67d Abs. 5 StGB war nicht veranlasst.

Der Zweck der Maßregel erfordert derzeit nicht deren Voll-streckung. Im neuen Verfahren wurde Unterbringung nichtangeordnet mangels Hangtat, obwohl der Angekl. zur Tatzeitunter Btm stand. Eine Beschaffungstat wurde ebenfalls sei-tens des Verurt. nicht angenommen. Auch im Vorfeld hat derVerurt. zwar konsumiert (und damit auch gegen Weisungenverstoßen), jedoch nach den Ausf�hrungen des Sachverst�n-digen im neuen Verfahren nicht in einem Umfang, dass eineUnterbringung derzeit erforderlich w�re. So sind auch dieAusf�hrungen des Sachverst�ndigen zu verstehen in Bezugauf eine eventuelle Erledigterkl�rung der hier gegenst�ndli-chen Unterbringungen. Die Voraussetzung hierf�r liegen ausSicht der Kammer nicht vor. Der urspr�ngliche zur hier ge-genst�ndlichen. Unterbringung f�hrende Hang liegt auchweiter vor, wenn auch in behandelter Form. W�rde mander Argumentation des StA folgen, die eine Erledigterkl�-rung beantragt hat, k�nnte man in der Regel bei behandelterSucht oder behandeltem Hang eine Unterbringung nicht zurBew�hrung aussetzen, sondern m�sste sie sogleich f�r erle-digt erkl�ren.

Mitgeteilt von RA Dr. Adam Ahmed, M�nchen.

Aussetzung zur Bew�hrung (§ 36 BtMG)ohne Zur�ckstellungBtMG §§ 36, 35

Ist eine Zur�ckstellung gem. § 35 BtMG nicht erfolgt,weil sich der Verurteilte bereits vor Rechtskraft des Ur-teils (hier: nach Außervollzugsetzung des Haftbefehlsmit der Anweisung, sich in eine anerkannte Therapieein-richtung zu begeben) erfolgreich einer Behandlung sei-ner f�r die abgeurteilten Taten urs�chlichen Btm-Abh�n-gigkeit unterzogen hatte, kann ihm dies unter Zugrunde-legung der mit den §§ 35 ff. BtMG verfolgten Intentiondes Gesetzgebers nicht zum Nachteil gereichen. Die Re-gelungsl�cke ist dahingehend zu f�llen, auch in diesenF�llen eine Aussetzung zur Bew�hrung gem. § 36 BtMGzuzulassen.

LG Hamburg, Beschl. v. 06.05.2019 – 628 Qs 11/19

Mitgeteilt von RA Tim Burkert, Hamburg.

Anm. d. Red.: S. dazu auch OLG Stuttgart StV 1987, 208, OLGD�sseldorf StV 1992, 184 und LG Magdeburg StV 2005, 284.

WKD/StV, 05/2019 #10131 29.04.2020, 11:18 Uhr – sp –S:/3d/wkd/Zeitschriften/StV/2020_06/wkd_stv_2020_06_Innenteil.3d [S. 407/432] 3

StV 6 · 2020 407