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Einteilungen der Slavia Dr. Peter Deutschmann Allgemeine Einführung in die slaw. Sprachen, Literaturen und ihre Geschichte, Einheit III

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Page 1: Einteilungen der Slavia Dr. Peter Deutschmann Allgemeine Einführung in die slaw. Sprachen, Literaturen und ihre Geschichte, Einheit III

Einteilungen der Slavia

Dr. Peter Deutschmann

Allgemeine Einführung in die slaw. Sprachen, Literaturen und ihre Geschichte, Einheit III

Page 2: Einteilungen der Slavia Dr. Peter Deutschmann Allgemeine Einführung in die slaw. Sprachen, Literaturen und ihre Geschichte, Einheit III

Alfons Mucha: Slavia (1908)

Page 3: Einteilungen der Slavia Dr. Peter Deutschmann Allgemeine Einführung in die slaw. Sprachen, Literaturen und ihre Geschichte, Einheit III

Die Slavia als Teil des Indoeuropäischen

• ca. 40% der Weltbevölkerung sprechen eine indoeuropäische Sprache

• mit ca. 300 Mio. Sprechern ist die Slavia die viertgrößte Sprachfamilie innerhalb des Indoeuropäischen: 1. indische, 2. romanische, 3. germanische, 4. slawische, 5. iranische, 6. Griechisch, 7. Albanisch, 8. baltische Sprachfamilie

Page 4: Einteilungen der Slavia Dr. Peter Deutschmann Allgemeine Einführung in die slaw. Sprachen, Literaturen und ihre Geschichte, Einheit III

Unterscheidung Standardsprache - Dialekt

„Literatursprache“„Hochsprache“„Schriftsprache“

normiert (kreiert)schriftliche und mündliche

Ausdrucksform„polyvalent“ (mehrere

Stilebenen für div. Lebensbereiche)

Wandel diskret / willkürlich / (mitunter) schnell

„Mundart“„Volkssprache“

nicht normiert nur mündliche Ausdrucksformmonovalent (keine stilistische

Variation, kleinerer Kommunikationsradius)

Wandel kontinuierlich / unwillkürlich / langsam

„Umgangssprache“

Page 5: Einteilungen der Slavia Dr. Peter Deutschmann Allgemeine Einführung in die slaw. Sprachen, Literaturen und ihre Geschichte, Einheit III

Was ist eine Standardsprache?

"a shprakh iz a dialekt mit an armey un flot" (Max Weinreich, 1894-1969)

„A language is a dialect with an army and a navy.“

„Eine [Standard-]Sprache ist ein Dialekt, der eine Armee und eine Marine hat.“

• Kodifizierung setzt gesellschaftliche bzw. staatliche Institutionen voraus (z.B. Akademien, Universitäten, Schulen, gesellschaftlich-staatliche Autoritäten …) (z.B. Montenegrinisch als neue Standardsprache?)

• Standardsprache wird auf einem Gebiet „dominant“ (hat größere linguistische Funktionalität als ein Dialekt), wird für „offizielle“ Anlässe verwendet

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Verhältnis Dialekt - Standardsprache

Dialektgebiet

Standardsprache X als „Dachsprache“

Standardsprache Y als „Dachsprache“

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Verhältnis Dialekt - Standardsprache

niedersächsischer Dialekt

Standardsprache Niederländisch als „Dachsprache“

Standardsprache Deutsch als „Dachsprache“

Deutschland

Niederlande

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Verhältnis Dialekt - Standardsprache

štokavischer Dialekt

Standardsprache Kroatisch als „Dachsprache“

Standardsprache Serbisch als „Dachsprache“

Serbien

Kroatien

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Verhältnis Dialekt - Standardsprache

ostmährischer Dialekt

Standardsprache Tschechisch als „Dachsprache“

Standardsprache Slowakisch als „Dachsprache“

Slowakei

Tschechien

Page 10: Einteilungen der Slavia Dr. Peter Deutschmann Allgemeine Einführung in die slaw. Sprachen, Literaturen und ihre Geschichte, Einheit III

Die slawischen Standardsprachen

Polnisch (ca. 39 Mio.)

Tschechisch (10 Mio.) Slowakisch (4,8 Mio.)

Slowenisch (2,2 Mio) Kroatisch (5,5 Mio.) Bosnisch (2 Mio.) Serbisch (12 Mio.) Mazedonisch (1,5 Mio.) Bulgarisch (9 Mio.)

Russisch (150 Mio.)Weißrussisch (3,6 Mio.)

Ukrainisch (45 Mio.)Westslawisch

Südslawisch

Ostslawisch

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Der Zerfall einer übernationalen Standardsprache: das Serbokroatische bzw. Kroatoserbische

• gemeinsame Standardsprache der Serben, Montenegriner, Kroaten, und der slawischen Muslime (Bosniaken) in den jugoslawischen Teilrepubliken Serbien, Montenegro, Kroatien, Bosnien-Herzegowina)

• zwei Varianten: kroatisch und serbisch (Unterschiede manifest in der Schrift: Kroatisch in latein. Schrift, Serbisch in kyrill. Schrift, in Bosnien-Herzegowina sowie in Montenegro beide Varianten verwendet)

•heute serbische, kroatische, bosnische Standardsprache mit je eigenen Kodifizierungen und Normen, Kodifizierungsbemühungen um montenegrinische Standardsprache•viele Gemeinsamkeiten der „neuen“ Standardsprachen.•Fremdsprachendidaktik: aus »Serbokroatisch« wurde »B/K/S«

vielleicht bald »B/K/M/S«???

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nichtslawische Sprachen in Nachbarschaft und langfristigem Kontakt mit der Slavia

Westslawisch

Südslawisch

Ostslawisch

Rumänisch

Griechisch

Albanisch

Türkisch

Ungarisch

Deutsch

Italienisch

Deutsch

Baltisch (Litauisch, Lettisch)

Finnisch

Estnisch

Armenisch

Georgisch

Turksprachen

Kaukasussprachen

„Balkansprachbund“

Sinti u. Roma

Page 22: Einteilungen der Slavia Dr. Peter Deutschmann Allgemeine Einführung in die slaw. Sprachen, Literaturen und ihre Geschichte, Einheit III

Die slawischen Sprachen nach der Zahl ihrer SprecherInnen

I II III IV

Russisch150 Mio.

Ukrainisch45 Mio.

Polnisch39 Mio.

Serbisch12 Mio.

Tschechisch10 Mio.

Bulgarisch9 Mio.

Kroatisch 5,5 Mio

Slowakisch5 Mio.

Weißruss.4 Mio.?

Slowenisch2,2 Mio.

Mazedonisch1,5 Mio.

Bosnisch1,4 Mio

Page 23: Einteilungen der Slavia Dr. Peter Deutschmann Allgemeine Einführung in die slaw. Sprachen, Literaturen und ihre Geschichte, Einheit III

Die slawischen Sprachen nach der Zahl ihrer SprecherInnen

I II III IV

Russisch150 Mio.

Ukrainisch45 Mio.

Polnisch39 Mio.

B/K/S19 Mio.

Tschechisch10 Mio.

Bulgarisch9 Mio.

Slowakisch5 Mio.

Weißruss.4 Mio.

Slowenisch2,2 Mio.

Mazedonisch1,5 Mio.

Page 24: Einteilungen der Slavia Dr. Peter Deutschmann Allgemeine Einführung in die slaw. Sprachen, Literaturen und ihre Geschichte, Einheit III

Slawische Mikro-Literatursprachen bzw. Kleinschriftsprachen

Minderheitensprachen(territorial oft abgegrenzt, „Sprachinseln“)

Kodifizierungen: nicht einheitlich, mehrere Varianten einer Kodifizierung

funktional eingeschränkt: nicht alle Funktionen (z.B. keine Fachsprachen, keine höhere Bildungssprache)

kleines Korpus von Schrifttum & Literatur im eng. Sinn

Sprecher verwenden daneben andere Standardsprachen (zweisprachig, dreisprachig)

Page 25: Einteilungen der Slavia Dr. Peter Deutschmann Allgemeine Einführung in die slaw. Sprachen, Literaturen und ihre Geschichte, Einheit III

Die slawischen Kleinschriftsprachen

Polnisch (ca. 39 Mio.)

Tschechisch (10 Mio.) Slowakisch (4,8Mio.)

Slowenisch (2,2 Mio) Kroatisch (5,5 Mio.) Bosnisch (2 Mio.) Serbisch (12 Mio.) Mazedonisch (1,5 Mio.) Bulgarisch (9 Mio.)

Russisch (150 Mio.)Weißrussisch (3,6 Mio.)

Ukrainisch (45 Mio.)

Westslawisch

Südslawisch

Ostslawisch

KaschubischRussinisch/Ruthenisch

Westpolessisch

Burgenländisch-KroatischResianisch

Moliseslawisch

Banater Bulgarisch

Niedersorbisch (12.000)Obersorbisch (50.000)

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Die slawischen Kleinschriftsprachen nach der Zahl ihrer SprecherInnen

Russinisch (600000?)Westpolesisch (600000?)Obersorbisch (ca. 50000) /Niedersorbisch (ca.

12000)Kaschubisch (ca. 50000)Burgenländisch-Kroatisch (ca. 40000)Moliseslawisch (max. 4000)Resianisch (max. 3000)

Page 28: Einteilungen der Slavia Dr. Peter Deutschmann Allgemeine Einführung in die slaw. Sprachen, Literaturen und ihre Geschichte, Einheit III

Kulturhistorische Typologie der Slavia

• Christianisierung von Rom aus

• lateinische Schrift• lange Konkurrenz

des Lateinischen als Literatursprache

• Christianisierung von Byzanz aus

• heute vorwiegend kyrillische Schrift

• Altkirchenslawisch als gemeinsame Literatursprache im Mittelalter

slavia romana slavia orthodoxa

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slavia romana slavia orthodoxa

kulturhistorische Typologie der Slavia

Tschechisch

Slowakisch

Polnisch

Sorbisch

Slowenisch

Kroatisch

Russisch

Weißrussisch

Ukrainisch

Bulgarisch

Mazedonisch

SerbischBosnien

Page 30: Einteilungen der Slavia Dr. Peter Deutschmann Allgemeine Einführung in die slaw. Sprachen, Literaturen und ihre Geschichte, Einheit III

»Nation« »Staat«

»Sprache« »Territorium«»Religion«

»Kultur«

„Volk“ „Volk“

„Raum“

»Ethnos«„Demos“

» Kollektive Identität im begrifflichen Spannungsfeld «

Page 31: Einteilungen der Slavia Dr. Peter Deutschmann Allgemeine Einführung in die slaw. Sprachen, Literaturen und ihre Geschichte, Einheit III

Nation: im historischen und politischen Denken der beiden letzten Jahrhunderte der Rahmen, „innerhalb dessen sich Menschen neben kultureller Eigenständigkeit v.a. politische Selbstständigkeit unter Verweis auf eine als gemeinsam angenommene Geschichte, Tradition, Kultur, Sprache zumessen. Die politische Zielsetzung drückt sich dabei vor allem in der Tendenz aus, Nation und (National-)Staat zur Deckung zu bringen.“

(aus: Brockhaus-Enzyklopädie 1991)

Ethnie (zu griech. éthnos)

„[…] Menschengruppen, die kulturell, sozial, historisch und genetisch eine Einheit bilden und sonst auch als ‘Stämme’ oder ‘Völker’ gemeint werden“

(aus: Brockhaus-Enzyklopädie 1991)

Page 32: Einteilungen der Slavia Dr. Peter Deutschmann Allgemeine Einführung in die slaw. Sprachen, Literaturen und ihre Geschichte, Einheit III

ethnos/ethnic group: a social group or category of the population that, in a larger society, is set apart and bound together by common ties of race, language, nationality, or culture.

(aus Encyclopedia Britannica, 2008)

kulturelle Identität: „das im kulturhistorischen Zusammenhang erworbene Selbstverständnis eines Individuums, einer Gruppe oder Nation im Hinblick auf Werte, Fähigkeiten und Gewohnheiten (-> Kultur)

(aus: Brockhaus-Enzyklopädie 1991)

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Eine Nation ist eine „vorgestellte politische Gemeinschaft“ („imaged political community“)

(nach: Benedict Anderson 1983)

spöttische Definition von Nationalismus:

Nationalismus ist ein „gemeinsamer Irrtum hinsichtlich der gemeinsamen Abstammung und eine gemeinsame Abneigung gegen die Nachbarn“