einfluss von umweltlärm auf schlafqualität und schlafstörungen und auswirkungen auf die...

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Bundesgesundheitsbl 2011 · 54:1319–1324 DOI 10.1007/s00103-011-1370-6 Online publiziert: 23. November 2011 © Springer-Verlag 2011 M. Kohlhuber 1  · G. Bolte 2 1    Sachgebiet Prävention am Arbeitsplatz, Lebensumfeld, Kommunikationsstrategien,  Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, München 2    Sachgebiet Arbeits- und Umweltmedizin/-epidemiologie, Bayerisches  Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, München Einfluss von Umweltlärm auf Schlafqualität und Schlafstörungen und Auswirkungen auf die Gesundheit Leitthema: Schlaf und Gesundheit Umweltfaktoren wie Licht, Lärm und Temperatur können das Schlaf-Wach- Verhalten und die Schlafqualität nega- tiv beeinflussen. Vor allem der Umwelt- lärm aus den Quellen Straßen-, Flug- und Schienenverkehr ist als starker Einfluss- faktor auf Schlafstörungen bekannt [1]. Weite Teile der Bevölkerung sind von Umweltlärm betroffen. Umweltlärm wird dabei in Anlehnung an die EU-Umge- bungslärmrichtlinie definiert als un- erwünschte oder gesundheitsschädliche Geräusche in der Wohnumgebung, die durch Aktivitäten von Menschen verur- sacht werden, einschließlich des Lärms, der von Verkehrsmitteln, Straßenverkehr, Eisenbahnverkehr, Flugverkehr sowie In- dustrieanlagen ausgeht. Straßenverkehrs- lärm ist dabei die häufigste Quelle sowohl für die objektive Belastung als auch für die subjektive Belästigung. Einer Berechnung des Umweltbundesamts (UBA) von Daten aus dem Jahr 1999 zufolge waren etwa 15% der Bevölkerung tagsüber mit Mittelungs- pegeln von über 65 dB(A) belastet, etwa 10% waren nachts Mittelungspegeln von über 55 dB(A) ausgesetzt [2]. Nach Daten des „Noise Observa- tion and Information Service for Europe (NOISE)“ [3], das die offiziellen Meldun- gen aus den Lärmkarten der EU-Mit- gliedsstaaten im Rahmen der EU-Um- weltlärm-Richtlinie zusammenfasst, ha- ben Großstädte und Ballungsgebiete in Deutschland im Vergleich zu ande- ren europäischen Großstädten eine rela- tiv niedrige Lärmexposition durch Stra- ßenverkehr. Demnach sind in deutschen Großstädten 8% der Bevölkerung über 24 Stunden mit Mittelungspegeln von 65 dB(A) und mehr (an der Hausfassade) belastet, nachts sind 9% durch Mittelungs- pegel von mindestens 55 dB(A) belastet [3]. Flug- und Schienenverkehr scheinen laut den Modellierungen gemäß der EU- Umgebungslärmrichtlinie nur eine gerin- ge Rolle zu spielen. Allerdings verschwin- den durch die Mittelung der Lärmpegel Lärmspitzen durch Überflüge und Vor- beifahrten einzelner Maschinen in den Daten. Daher ist es wichtig, bei der Be- urteilung gesundheitlicher Auswirkungen von Umweltlärm auch die subjektive Be- lästigung der Bevölkerung zu betrachten. Subjektive Belästigung durch Lärm ist die am häufigsten wahrgenommene und am meisten genannte Beeinträchtigung. Eine repräsentative Umfrage des Um- weltbundesamtes im Jahr 2000 hat er- geben, dass nur 21% der Befragten ange- ben, frei von jeglicher Lärmbelästigung zu sein [4]. Stark bis äußerst stark durch Straßenverkehrslärm gestört fühlen sich 18%, wesentlich gestört fühlen sich 37%. An zweiter Stelle steht Nachbarschafts- lärm mit 6,5% stark bis äußerst stark be- lästigten und 17% wesentlich belästigten. Danach folgen Fluglärm, Schienenver- kehrslärm und Lärm von Industrieanla- gen und Gewerbe. 10% der Bevölkerung leben an stark befahrenen Hauptverkehrs- straßen, Lärmbelästigung korreliert auch mit der Art der Wohngegend und der Art des Wohnhauses [4]. Psychophysiologische Wirkungen des Umweltlärms Umweltlärm kann psychische, physiolo- gische und soziale Funktionsänderungen bewirken [5]. Er beeinflusst über das zen- trale Nervensystem den Gesamtorganis- mus und verschiedene vegetative Funk- tionen, wirkt also auf das Aktivitäts- niveau des Organismus durch die Aus- schüttung von Stresshormonen, Steige- rung von Herzfrequenz, Blutdruck und Atemfrequenz oder Erhöhung der Mus- kelspannung. Diese Wirkungen sind nor- malerweise vorübergehender Natur und nicht primär als krankhafte Veränderun- gen aufzufassen. Bei dauerhafter Belas- tung oder hohen Lärmpegeln wirkt Lärm jedoch als Stressfaktor und kann die Ent- stehung von Krankheiten wie Hypertonie und ischämischen Herzkrankheiten be- günstigen [6, 7, 8]. Außerdem kann Lärm alltägliche Ak- tivitäten wie Kommunikation beeinträch- tigen und negative Emotionen hervorru- fen, die zur Störung des Wohlbefindens und zu psychosomatischen Symptomen führen können. Die Zufriedenheit mit der Wohnsituation und die Nutzung der Wohnung (zum Beispiel Schließen der Fenster, Verzicht auf Balkon- oder Gar- tennutzung) können durch Lärm beein- flusst werden [9, 10]. Umweltlärm führt also auch zu Verhaltensänderungen. Um dem Lärm in der Wohnumgebung zu ent- gehen, halten sich Bewohner vermehrt in Innenräumen auf, was zu einer vermin- 1319 Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz 12 · 2011|

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Bundesgesundheitsbl 2011 · 54:1319–1324DOI 10.1007/s00103-011-1370-6Online publiziert: 23. November 2011© Springer-Verlag 2011

M. Kohlhuber1 · G. Bolte2

1  Sachgebiet Prävention am Arbeitsplatz, Lebensumfeld, Kommunikationsstrategien, Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, München

2  Sachgebiet Arbeits- und Umweltmedizin/-epidemiologie, Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, München

Einfluss von Umweltlärm auf Schlafqualität und Schlafstörungen und Auswirkungen auf die Gesundheit

Leitthema: Schlaf und Gesundheit

Umweltfaktoren wie Licht, Lärm und Temperatur können das Schlaf-Wach-Verhalten und die Schlafqualität nega-tiv beeinflussen. Vor allem der Umwelt-lärm aus den Quellen Straßen-, Flug- und Schienenverkehr ist als starker Einfluss-faktor auf Schlafstörungen bekannt [1].

Weite Teile der Bevölkerung sind von Umweltlärm betroffen. Umweltlärm wird dabei in Anlehnung an die EU-Umge-bungslärmrichtlinie definiert als un-erwünschte oder gesundheitsschädliche Geräusche in der Wohnumgebung, die durch Aktivitäten von Menschen verur-sacht werden, einschließlich des Lärms, der von Verkehrsmitteln, Straßenverkehr, Eisenbahnverkehr, Flugverkehr sowie In-dustrieanlagen ausgeht. Straßenverkehrs-lärm ist dabei die häufigste Quelle sowohl für die objektive Belastung als auch für die subjektive Belästigung. Einer Berechnung des Umweltbundesamts (UBA) von Daten aus dem Jahr 1999 zufolge waren etwa 15% der Bevölkerung tagsüber mit Mittelungs-pegeln von über 65 dB(A) belastet, etwa 10% waren nachts Mittelungspegeln von über 55 dB(A) ausgesetzt [2].

Nach Daten des „Noise Observa-tion and Information Service for Europe (NOISE)“ [3], das die offiziellen Meldun-gen aus den Lärmkarten der EU-Mit-gliedsstaaten im Rahmen der EU-Um-weltlärm-Richtlinie zusammenfasst, ha-ben Großstädte und Ballungsgebiete in Deutschland im Vergleich zu ande-ren europäischen Großstädten eine rela-tiv niedrige Lärmexposition durch Stra-

ßenverkehr. Demnach sind in deutschen Großstädten 8% der Bevölkerung über 24 Stunden mit Mittelungspegeln von 65 dB(A) und mehr (an der Hausfassade) belastet, nachts sind 9% durch Mittelungs-pegel von mindestens 55 dB(A) belastet [3]. Flug- und Schienenverkehr scheinen laut den Modellierungen gemäß der EU-Umgebungslärmrichtlinie nur eine gerin-ge Rolle zu spielen. Allerdings verschwin-den durch die Mittelung der Lärmpegel Lärmspitzen durch Überflüge und Vor-beifahrten einzelner Maschinen in den Daten. Daher ist es wichtig, bei der Be-urteilung gesundheitlicher Auswirkungen von Umweltlärm auch die subjektive Be-lästigung der Bevölkerung zu betrachten.

Subjektive Belästigung durch Lärm ist die am häufigsten wahrgenommene und am meisten genannte Beeinträchtigung. Eine repräsentative Umfrage des Um-weltbundesamtes im Jahr 2000 hat er-geben, dass nur 21% der Befragten ange-ben, frei von jeglicher Lärmbelästigung zu sein [4]. Stark bis äußerst stark durch Straßenverkehrslärm gestört fühlen sich 18%, wesentlich gestört fühlen sich 37%. An zweiter Stelle steht Nachbarschafts-lärm mit 6,5% stark bis äußerst stark be-lästigten und 17% wesentlich belästigten. Danach folgen Fluglärm, Schienenver-kehrslärm und Lärm von Industrieanla-gen und Gewerbe. 10% der Bevölkerung leben an stark befahrenen Hauptverkehrs-straßen, Lärmbelästigung korreliert auch mit der Art der Wohngegend und der Art des Wohnhauses [4].

Psychophysiologische Wirkungen des Umweltlärms

Umweltlärm kann psychische, physiolo-gische und soziale Funktionsänderungen bewirken [5]. Er beeinflusst über das zen-trale Nervensystem den Gesamtorganis-mus und verschiedene vegetative Funk-tionen, wirkt also auf das Aktivitäts-niveau des Organismus durch die Aus-schüttung von Stresshormonen, Steige-rung von Herzfrequenz, Blutdruck und Atemfrequenz oder Erhöhung der Mus-kelspannung. Diese Wirkungen sind nor-malerweise vorübergehender Natur und nicht primär als krankhafte Veränderun-gen aufzufassen. Bei dauerhafter Belas-tung oder hohen Lärmpegeln wirkt Lärm jedoch als Stressfaktor und kann die Ent-stehung von Krankheiten wie Hypertonie und ischämischen Herzkrankheiten be-günstigen [6, 7, 8].

Außerdem kann Lärm alltägliche Ak-tivitäten wie Kommunikation beeinträch-tigen und negative Emotionen hervorru-fen, die zur Störung des Wohlbefindens und zu psychosomatischen Symptomen führen können. Die Zufriedenheit mit der Wohnsituation und die Nutzung der Wohnung (zum Beispiel Schließen der Fenster, Verzicht auf Balkon- oder Gar-tennutzung) können durch Lärm beein-flusst werden [9, 10]. Umweltlärm führt also auch zu Verhaltensänderungen. Um dem Lärm in der Wohnumgebung zu ent-gehen, halten sich Bewohner vermehrt in Innenräumen auf, was zu einer vermin-

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derten körperlichen Bewegung führen kann und somit zu einem höheren Er-krankungsrisiko. Auch das Schließen von Fenstern als Bewältigungsstrategie ist vom innenraumhygienischen und gesundheit-lichen Standpunkt aus gesehen negativ zu bewerten [5].

Dem Sachverständigenrat für Umwelt-fragen zufolge stellt Belästigung durch Lärm eine Beeinträchtigung des Wohlbe-findens und der Lebensqualität dar und kann somit als Gesundheitsgefahr ein-gestuft werden [11]. Für die Beurteilung der gesundheitlichen Auswirkungen der Lärm exposition ist damit die subjektive Belästigung mindestens gleichbedeutend zur objektiven Belastung. Gesundheitli-che Wirkungen von Lärmbelastung tre-ten verstärkt auf, wenn individuelle Stra-tegien zur Stressbewältigung nicht mehr wirksam oder effizient sind [12]. Wenn also der Lärm oder Lärmpegel von einer Person als nicht kontrollierbar bewertet wird, wird er als besonders beeinträchti-gend empfunden [13].

Umweltlärm verursacht nicht nur ge-sundheitliche Beeinträchtigungen, auch die gesundheitsbezogene Lebensquali-tät wird durch Lärm eingeschränkt. Das Konzept der gesundheitsbezogenen Le-bensqualität beinhaltet gesundheitliche, psychologische, soziale und funktiona-le Parameter bei der Analyse von Lärm-wirkungen. Dabei fallen unter funktionale Parameter neben Veränderungen der kog-

nitiven Leistungsfähigkeit auch Schlafstö-rungen durch Lärm [6, 14]. Passchier-Ver-meer und Passchier [15] sehen Umwelt-lärm als ein aktuelles und bedeutendes Public-Health-Problem. Das zeigt, dass ein integrativer, multikausaler Ansatz nö-tig ist, um Lärmexpositionen und Lärm-wirkungen umfassend zu erforschen [5].

Lärm ist ein individuelles Erlebnis und wird psychisch verarbeitet. Neben direk-ten, schallbezogenen Faktoren wie Schall-pegel, Dauer und Frequenz wirkt Lärm auch über indirekte Faktoren auf die psy-chophysiologische Lärmverarbeitung. Mit sinkender Intensität des Lärmpegels neh-men die direkten Komponenten ab, die indirekten Faktoren eher zu [16]. Da Um-weltlärm vor allem durch niedrige und mittlere Pegel charakterisiert ist, sind in-direkte Wirkungen wie Belästigung, Stö-rung der Kommunikation, der Erholung und des Schlafes besonders bedeutsam. Moderatoren, also persönliche und si-tuative Faktoren entscheiden mit, wann Lärm als Belästigung beurteilt wird [17, 18]. Als einer der bedeutendsten Modera-toren gilt die Situation, in der Lärm erfah-ren wird. Lärm kann zum Beispiel in der Wohnung bei chronischer Einwirkung als belästigender wahrgenommen werden als im Freien oder in anderen Settings wie zum Beispiel am Arbeitsplatz oder in der Schule. Auch die Tätigkeit, die gerade aus-geführt wird, entscheidet über die Lästig-keit des Lärms mit [16]. Weitere wichti-

ge Moderatoren sind generelle Lärmemp-findlichkeit, Alter, das soziale Umfeld, positive und negative Erfahrungen mit Lärm [6, 14].

Es ist somit nicht ausreichend, indivi-duelle Belästigungsschwellen nur durch den Schallpegel zu bestimmen, da die Streubreite der nicht-akustischen Fakto-ren sehr groß ist. In die Beurteilung einer konkreten Lärmsituation müssen also neben schallbezogenen Variablen auch individuelle und situative Faktoren einge-hen (. Abb. 1). Ising und Kruppa [6] for-dern daher einen Paradigmenwechsel bei der Betrachtung gesundheitlicher Auswir-kungen von Lärm.

Physiologie der Schlafstörungen durch Umweltlärm

Eine der bedeutendsten psychophysiolo-gischen Wirkungen von Lärm ist die Be-einträchtigung des Schlafes. Der nächt-liche Straßenverkehr und Flugverkehr sind dabei die dominierenden Lärmquel-len. Etwa 20% der Bevölkerung geben an, dass sie wegen Lärm nicht bei geöffneten Fenstern schlafen können, 10% können auch bei geschlossenen Fenstern nicht ru-hig schlafen [11]. Die Auswirkungen von Lärm auf den Schlaf lassen sich in drei Be-reiche unterteilen [19]:1. Primäre Reaktionen auf Lärm wäh-

rend des Schlafes sind1 Veränderungen im

Elektroenzephalo gramm (EEG),1 Verlängerung der Einschlafzeiten,1 Verflachung der Schlaftiefe,1 Aufwachreaktionen und dadurch

unterbrochene Schlafzyklen, frag-mentierter Schlafverlauf,

1 Zunahme von Körperbewegungen,1 Verkürzung der Gesamtschlafzeit,1 vegetative Reaktionen wie Verän-

derungen der Atemfrequenz und Hormonausschüttung.

Diese Reaktionen sind als Distress zu be-werten und können bei längerer Dauer in der Nacht oft zu sekundären Reaktionen führen. Der Informationsgehalt des Ge-räusches spielt eine entscheidende Rolle für Aufwachreaktionen bei nächtlichem Lärm. Wenn das Geräusch eine unvertrau-te oder warnende Information be inhaltet, kann es auch bei niedrigem Schalldruck-

SchallparameterPegel, FrequenzDauer

Soziale LageEinkommen, Bildung, Beruf

indirekt direkt

AktivitätsstörungenSchlaf, Kommunikation,Erholung

Moderatoren (individuelle undsituative Parameter)BewältigungsstrategienLärmemp�ndlichkeitWohnsituation

Ein�uss auf Regulationsmechanismen, Lärmverarbeitungvegetative, hormonelle, kognitive und emotionale Prozesse

Beurteilung als Lärm

Akute Beeinträchtigung (physiologisch und psychologisch)Stress, Anspannung, Ärger, Verminderung der Leistungsfähigkeit,

psychosomatische Symptome

Chronische Beeinträchtigungen, langfristige GesundheitsschädenErhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen

Abb. 1 9 Modell der psychophysiolo-gischen Effekte von Umweltlärm. (Mod. nach [6])

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Leitthema: Schlaf und Gesundheit

pegel zum Aufwachen führen. Bei einzel-nen Schallereignissen ist auch der Hin-tergrundpegel bedeutsam. Je größer die Differenz zwischen dem Hintergrund-pegel und dem Pegel des Schallereignis-ses, desto größer ist die Wahrscheinlich-keit für eine Aufwachreaktion. Schallrei-ze im Schlaf, besonders, wenn sie lang an-dauernd oder wiederholend sind, aktivie-ren das Nervensystem. Intermittierender Lärm, der zum Beispiel durch nächtliche Überflüge, vorbeifahrende Züge und an-fahrende Autos entsteht, stört erheblich stärker als ein kontinuierlicher Lärmpe-gel. Daraus folgen häufigere Aufwachre-aktionen sowie eine Verkürzung der Tief-schlafphasen und der REM-Phasen [20].2. Sekundäre Reaktionen nach dem

Aufwachen nach einer durch Lärm gestörten Nacht sind

1 Verminderung der Leistungsfähig-keit in Beruf, Schule oder auch im Verkehr,

1 psychische und psychosomatische Symptome (zum Beispiel Kopf-schmerzen),

1 Beeinträchtigung der Fähigkeit zu entspannen,

1 Unausgeschlafensein und Tagesmü-digkeit.

Diese Reaktionen sind reversible Beein-trächtigungen des Allgemeinzustandes.3. Tertiäre Reaktionen treten nach lang

anhaltender Lärmexposition und wie-derkehrenden Schlafstörungen auf. Diese bleiben auch nach Entfernen der Exposition bestehen. Beispiele da-für sind Bluthochdruck, Herzinfarkt und erhöhter Arzneimittelgebrauch [21].

Das Stresshormon Cortisol kann bei nächtlichem Lärm über die Kausalket-te Hörbahn – Amygdala – Hypotha-lamus freigesetzt werden [22, 23]. Das führt zu vegetativen Reaktionen wie hö-here Herz- und Atemfrequenz. Bei chro-nischer Lärmeinwirkung kann das Hor-monsystem überaktiviert werden und einen dauerhaft erhöhten Cortisolspie-gel zur Folge haben. Damit steigt das Ri-siko von Herz- und Kreislauferkrankun-gen, Bluthochdruck, Immunsuppression und Magengeschwüren [24].

Zusammenfassung · Abstract

Bundesgesundheitsbl 2011 · 54:1319–1324   DOI 10.1007/s00103-011-1370-6© Springer-Verlag 2011

M. Kohlhuber · G. Bolte

Einfluss von Umweltlärm auf Schlafqualität und Schlafstörungen und Auswirkungen auf die Gesundheit

ZusammenfassungUmweltfaktoren wie Verkehrslärm sind als Einflussfaktoren auf das Schlaf-Wach-Verhal-ten und die Schlafqualität bekannt. Umwelt-lärm wird in Befragungen von weiten Tei-len der Bevölkerung als der am stärksten stö-rende Umweltfaktor genannt. Umweltlärm kann psychische, physiologische und sozia-le Funktionsänderungen bewirken und bei lang dauernder Exposition gesundheits-schädliche Auswirkungen bis hin zu erhöh-tem Blutdruck und Herzinfarkten haben. Re-aktionen auf Lärm während des Schlafs sind unter anderem eine Verflachung der Schlaf-tiefe, Aufwachreaktionen und die vermehr-te Ausschüttung von Stresshormonen. Reak-tionen auf schlechten Schlaf durch Lärm sind verminderte Leistungsfähigkeit, Tagesmüdig-keit und psychosomatische Symptome. Nach 

lang anhaltender Lärmexposition und wie-derkehrenden Schlafstörungen wurden Herz-Kreislauf-Erkrankungen und erhöhter Arznei-mittelgebrauch festgestellt. Laborexperimen-te, Feldstudien und epidemiologische Stu-dien haben besonders häufige Schlafstörun-gen durch Lärmspitzen bei intermittieren-dem Lärm festgestellt. Eine Gewöhnung an den Lärm ist bei physiologischen Parametern nicht festzustellen. Schlafende Personen re-agieren empfindlicher auf Lärm als wache, daher sollten die Richtwerte für Nachtlärm weitaus geringer sein als für Lärm tagsüber.

SchlüsselwörterUmweltlärm · Schlafstörungen ·  Schlafqualität · Aufwachreaktionen ·  Gesundheit

Influence of environmental noise on sleep quality and sleeping disorders—implications for health

AbstractEnvironmental noise is a well-known risk fac-tor influencing sleep–wake behavior and sleep quality. Epidemiologic studies have shown that environmental noise is regard-ed as the most annoying environmental fac-tor. Noise causes modifications in physiolog-ic and mental functions and may result in health outcomes like elevated blood pressure and ischemic heart disease. Reactions to high sound levels during sleep are decreased sleep intensity, arousals, and increased stress hor-mone secretion. Effects of poor sleep quali-ty are reduced cognitive performance, tired-ness, and psychosomatic symptoms. Long-

term consequences of recurrent sleep loss due to environmental noise may be heart dis-ease and increased medication intake. Arous-als occur especially due to single noise events and intermittent noise. Laboratory and field studies showed no habituation of physiolog-ic parameters to high sound levels. Sleep is especially sensitive to noise; therefore, sound levels during nighttime should be much low-er than during daytime.

KeywordsEnvironmental noise · Sleeping disorders · Sleep quality · Arousal · Health

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Ergebnisse epidemiologischer Studien bei Erwachsenen

Die meisten Studien über den Zusam-menhang zwischen Lärm und Schlaf-störungen sind bisher Laborexperimen-te und Feldstudien mit kleinerer Proban-denanzahl, größere epidemiologische Stu-dien mit Erwachsenen und Kindern sind seltener. Einige Forschungsprojekte ver-glichen Labor- mit Feldstudien; dabei zeigte sich, dass die Reaktionen in Labor-studien meistens stärker ausfielen als in Feldstudien [25, 26, 27].

Öhrström [27, 28] untersuchte in meh-reren Labor- und Feldstudien die Aus-wirkungen des Schallpegels und der Zahl an Lärmereignissen auf die Schlafqualität sowie auf Schlafprobleme und physiolo-gische Parameter. Besonders durch inter-mittierenden Lärm verschoben sich die Einschlafzeiten der Probanden, und die Anzahl der Körperbewegungen nahm zu. In Laborexperimenten zeigten die Pro-banden nach zwei Wochen weniger Auf-wachreaktionen, jedoch blieben physio-logische Kenngrößen wie Pulsfrequenz oder Anzahl der Körperbewegungen im Schlaf gleich. Eine Habituation scheint al-so im physiologischen Bereich nicht statt-zufinden. Einschlafschwierigkeiten stan-den eher im Zusammenhang mit der An-zahl der Ereignisse als mit dem Lärm-pegel. Aufwachreaktionen zeigten sich bei beiden Messgrößen gleich häufig. Die Schlafqualität sank dagegen bei 45 dB(A) bei 32 Lärmereignissen, bei 60 dB(A) be-reits bei 16 Ereignissen [28]. Probanden in einer lauten Region mit einer Belastung von 72 dB(A) und mehr hatten größere Schwierigkeiten einzuschlafen, klagten häufiger über Tagesmüdigkeit, geringe-res physiologisches und mentales Wohl-befinden und schlechte Schlafqualität als Bewohner der leiseren Kontrollregion mit einer Belastung von unter 50 dB(A) [27]. Eine andere Feldstudie zeigte keine Zu-sammenhänge zwischen Lärmpegel und Anzahl der Ereignisse sowie Schlafqua-lität, jedoch nahmen die Bewohner mit dem Schlafzimmerfenster zur Straße hin ihre Schlafqualität als schlechter wahr als Personen mit Schlafzimmerfenster abseits von einer Straße [27].

Verschiedene Untersuchungen im La-bor und in Feldstudien zeigten Auswir-

kungen nächtlichen Fluglärms auf den Schlaf von Erwachsenen. Die Wahr-scheinlichkeit, dass Veränderungen in den Schlafstadien bis hin zu Aufwachreaktio-nen auftraten, stieg mit dem Lärmpegel. Auch die Zeit bis zum Wiedereinschlafen verlängerte sich mit steigendem Lärmpe-gel, und die Schlafqualität sank [29, 30].

In einer epidemiologischen Studie im Großraum München zeigten sich bei Er-wachsenen ein etwa dreifach erhöhtes Ri-siko für Schlafprobleme bei hoher sub-jektiver Lärmbelästigung und objekti-ver Schallpegelbelastung sowie eine hohe Lärmsensitivität im Schlaf [31]. Für Frau-en schienen die Lärmsensitivität und die subjektive Belästigung eine größere Rolle zu spielen als für Männer. Kinder und Ju-gendliche schienen keine Schlafprobleme im Zusammenhang mit Lärm zu haben.

Miedema und Vos [1] fassten in einer Metaanalyse die Ergebnisse von Feld- und Laborstudien zusammen, die den Einfluss objektiver Verkehrslärmexpositionen auf selbst berichtete Schlafstörungen unter-suchten. Während sich durch Straßenver-kehrslärm bei Pegeln von 45 bis 65 dB(A) 20 bis 50% der Bevölkerung zumindest etwas in ihrem Schlaf gestört fühlten, sind es bei Flugverkehr 17 bis fast 40%. Bei denen, die durch Verkehrslärm sehr stark in ihrem Schlaf gestört waren, ist der Flugverkehr die häufigere Lärmquel-le: 20% fühlten sich bei Mittelungspegeln von 65 dB(A) durch Fluglärm gestört, et-wa 17% durch Straßenverkehr und weni-ger als 10% durch Schienenverkehr. Die Daten zeigten damit auch, um wie viel sich der Anteil derer, die sich durch Ver-kehrslärm in ihrem Schlaf gestört fühlen, verringern lässt, wenn die objektive Ex-position zurückgeht [1].

Kurzfristige Reaktionen auf gestör-ten Schlaf zeigen sich in erhöhter Tages-müdigkeit [32] und in Testergebnissen zur kognitiven Leistungsfähigkeit und Wachsamkeit, die mit steigendem Lärm-pegel und mit der Anzahl einzelner Lärm-ereignisse abnehmen [27, 33]. Verände-rungen im Stresshormonspiegel und er-höhter Pulsschlag treten bereits bei Lärm-pegeln unterhalb der Aufwachschwelle auf [20, 34]. Aydin und Kaltenbach [35] stellten einen erhöhten Blutdruck be-reits bei nächtlichen Fluglärmpegeln von 50 dB(A) fest. Tieffrequenter Lärm (zwi-

schen 20 und 200 Hz), wie er etwa durch LKW und Busse entsteht, kann nachts zu verlängerten Einschlafzeiten und verrin-gerter Schlafqualität führen, was sich auch im Stresshormonhaushalt widerspiegeln kann [36, 37]. Franssen et al. [38] stellten in einer Studie im Gebiet um den Ams-terdamer Flughafen Schiphol fest, dass sich nicht nur die subjektive Gesundheit mit steigendem Lärmpegel verschlechter-te, sondern dass auch die Einnahme von Medikamenten wegen kardiovaskulärer Erkrankungen und Schlafstörungen stieg. Pro 10 dB(A) Steigerung des Mittelungs-pegels nahm die Einnahme nicht ärztlich verordneter Schlaf- und Beruhigungsmit-tel um über das Doppelte zu. Auch Schie-nenverkehrslärm kann die Einnahme von Schlafmedikamenten erhöhen [39].

Während sich Probanden an Lärm mental oder psychisch gewöhnen kön-nen, gilt das nicht für die physiologischen Parameter. Versuchspersonen in Labor- und Feldstudien gewöhnten sich während der Untersuchungszeit meist nicht an den Nachtlärm, die Ausscheidung von Stress-hormonen und der Puls oder Blutdruck blieben auch nach langer Untersuchungs-zeit erhöht [34, 40, 41]. Aufwachreaktio-nen kommen häufiger in einer Labor-umgebung vor, die Schlafqualität unter-scheidet sich aber weniger. Gründe da-für können sein, dass der Lärm in Feld-studien weniger kontrolliert werden kann als in Schlaflabors. Möglich ist auch, dass die ungewohnte Umgebung eines Labors die Ergebnisse beeinflusst. Wahrschein-lichste Ursache für die Unterschiede bei Aufwachreaktionen ist, dass sich Perso-nen mental an Lärm gewöhnen können, sodass es zu weniger Aufwachreaktionen kommt [42, 43]. Habituation, die Gewöh-nung an den Lärm, kann außerdem von verschiedenen individuellen Merkma-len, wie zum Beispiel vom Alter und Ge-schlecht, abhängen [41]. Studien, die al-lein den Zusammenhang zwischen Lärm und Aufwachreaktionen untersuchen, oh-ne weitere Parameter zu berücksichtigen, greifen möglicherweise zu kurz [42].

Schlafstörungen durch Lärm bei Kindern

Zu Schlafstörungen bei Kindern im Zu-sammenhang mit Umweltlärm gibt es bis-

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Leitthema: Schlaf und Gesundheit

her nur einzelne Studien [44, 45, 46]. Ising und Ising [37] untersuchten in einer Pilot-studie in Barbis im Harz, wie sich die Er-höhung der Belastung durch tieffrequen-ten LKW-Lärm auf den Schlaf und die Stresshormonausscheidung bei Kindern auswirkt. Seit der Wiedervereinigung 1990 verläuft durch den Ort eine Bundes-straße, die die Industrieregionen Hanno-ver und Halle-Bitterfeld verbindet und daher mit LKW-Lärm hoch belastet ist. In der Studie wurden von 28 hoch und 28 niedrig exponierten Kindern zwei Urin-proben gewonnen, einmal um ein Uhr früh und dann am nächsten Morgen nach dem Aufwachen. Zudem wurden Lärm-pegel an der Straße und im Kinderzimmer gemessen. Um auch die Auswirkungen tieffrequenten Lärms mit einzubeziehen, wurden die Lärmmessungen in den Zim-mern mit Frequenzbewertungen A und C durchgeführt. Eltern und Kinder wurden zu Schlafqualität, Lärmerleben, Stress und Leistungsfähigkeit befragt. Der mittlere Lärmpegel lag im Zimmer der exponier-ten Kinder zwischen 26 und 53 dB(A) be-ziehungsweise 55 bis 78 dB(C) und in der Kontrollgruppe bei 20 bis 43 dB(A) be-ziehungsweise 30 bis 54 dB(C). Drei Vier-tel der hoch exponierten Kinder schlief immer bei geschlossenen Fenstern im Gegensatz zu einem Viertel in der Kon-trollgruppe. Die belasteten Wohnun-gen waren in der Regel mit Lärmschutz-fenstern ausgestattet. Trotz dieser Maß-nahmen war der LKW-Lärm im Kinder-zimmer deutlich hörbar. Die exponierten Kinder wiesen signifikant höhere Korti-sonwerte in der ersten Hälfte der Nacht auf als die Kontrollgruppe, sie klagten auch häufiger über Schlaf- und Konzen-trationsprobleme. Die Autoren schlossen aus ihrer Studie, dass die Art des Lärms und der Lärmquelle für das Lärmerleben und die Lärmwirkungen mit entschei-dend ist und dass die Exposition gegen-über tieffrequentem LKW-Lärm durch dB(A)-Messungen unterschätzt wird [37]. Die Empfehlungen der WHO, den Maxi-malpegel auf höchstens 45 dB(A) zu be-grenzen, schützen also nicht gegen nächt-liches Aufwachen durch tieffrequenten LKW-Lärm [47].

Die Kölner Kinderschlafstudie erfass-te Informationen zu Schlafgewohnhei-ten und Tagesbefinden von 6629 Schul-

anfängern in Köln über eine Elternbefra-gung [48]. Unter den Risikofaktoren für Schlafschwierigkeiten fanden sich familiä-rer Stress, chronische Erkrankungen und an dritter Stelle Licht- und Lärmbelästi-gungen im Kinderzimmer. Insgesamt be-richteten 5% der Eltern von Lärmbelästi-gungen im Kinderzimmer. Das Odds Ra-tio in Bezug auf Lärm lag für Einschlaf-probleme bei 2,04 (CI 1,50–2,76), für Durchschlafprobleme bei 1,85 (1,32–2,60) und für Tagesmüdigkeit bei 3,00 (2,12–4,53) [48]. Da sowohl Lärmbelästigung als auch Schlafstörungen von den Eltern berichtet wurden, ist verzerrtes Antwort-verhalten nicht auszuschließen. Die El-tern haben Lärm möglicherweise als Er-klärung für die Schlafstörungen ihrer Kinder herangezogen und somit häufi-ger Lärmbelästigung angegeben. In einer Unterstichprobe wurden Eltern per Tele-fon detaillierter zu Lärmbelästigungen be-fragt. Die häufigste Lärmquelle war Stra-ßenverkehr mit 66%, 10% der Eltern fühl-ten sich durch den Lärm sehr stark beläs-tigt. Schienenverkehrslärm war die zweit-häufigste Verkehrslärmquelle, 22% fühl-ten sich dadurch sehr stark gestört. Flug-lärm wurde von 12% als Lärmquelle ange-geben, von denen 13% sich dadurch sehr stark belästigt fühlten.

Im Kinderumweltsurvey (KUS) [49] zeigte Umweltlärm, das heißt sowohl eine subjektive, von den Eltern wahrge-nommene Belästigung als auch während des Interviews objektiv gemessene Belas-tungen am Kinderzimmerfenster, anders als in der Kölner Kinderschlafstudie kei-nen signifikanten Einfluss auf selbst oder durch die Eltern berichtete kindliche Ein- und Durchschlafstörungen. Allerdings ist mit steigendem Pegel ein Trend hin zu vermehrten Schlafschwierigkeiten zu be-obachten. Auch die Ergebnisse der Ge-sundheits-Monitoring-Einheiten in Bay-ern, für die Eltern von über 6400 Ein-schulkindern befragt wurden, zeigen le-diglich einen nicht signifikanten Trend für häufigere Ein- und Durchschlafstö-rungen bei starker subjektiver Lärmbe-lästigung [50].

Fazit

Da ein Großteil der Bevölkerung dauer-haft Umweltlärm zum Beispiel durch Ver-

kehr ausgesetzt ist, wird Lärmbelastung als Public-Health-Problem gesehen [15]. Lärm hat auf schlafende Personen einen stärkeren Einfluss als auf wache und ak-tive. Laut den Guidelines for Community Noise der WHO [47] sollten, um ruhigen Schlaf zu ermöglichen, die Pegel für kon-tinuierlichen Hintergrundlärm 30 dB(A) und für einzelne Lärmereignisse 45 dB(A) nicht überschreiten. Die subjektive Be-urteilung der Lärmbelastung und de-ren Auswirkungen auf den Schlaf werden als bedeutsam beurteilt, da das Wohlbe-finden entscheidend von individuellen Merkmalen abhängt und diese den Zu-sammenhang zwischen Exposition und Effekt beeinflussen. Nach Öhrström [27] und Basner et al. [29] sollten Parame-ter der Schlafqualität als Kriterium für Richtwerte für den Nachtlärm gelten, wie auch Belästigung als Kriterium für den Tageslärm herangezogen wird. Indikato-ren könnten sein: Anzahl der Aufwachre-aktionen, die Zeit bis zum (Wieder-) Einschlafen, Effekte des Lärms während des Schlafs (zum Beispiel physiologische Parameter), subjektive Schlafqualität und spätere Effekte wie Tagesmüdigkeit, Stimmung und Leistungsfähigkeit.

KorrespondenzadresseM. KohlhuberSachgebiet Prävention am Arbeitsplatz,  Lebensumfeld, Kommunikationsstrategien,  Bayerisches Landesamt für Gesundheit und  LebensmittelsicherheitPfarrstr. 3, 80538 Mü[email protected]

Interessenkonflikt.  Der korrespondierende Autor gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

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Leitthema: Schlaf und Gesundheit