eine neue magnetische waage

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Zeitschrift fur Chemie 4. Jahrgang - April 1964 . Heft 4 Herausgeber : Jm Auftrage der Chemischen Qesellschaft in der Deutschen Demokratischen Republik Prof. Dr. H. Dunken, Prof. Dr. L. Kolditz, Prof. Dr. E. Profft Unter Mitarbeit von Prof. Dr. H. Beyer, Prof. Dr. R. Geyer, Prof. Dr. H. Grohn, Prof. Dr. R. Havemann, Prof. Dr. S. Herzog, I'rnf. Ih. H.-A. T,ehmann, Prof. 1)r. S. Rapoport, Prof. Dr. G. Rienacker, Prof. nr. G. Schott und Prof. Dr.-Ing. K. Sohwabe Eine neue magnetische Waage Von Robert Havetmann Arbeitsstelle fur Photochemie der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin, Berlin- Adlershof Hewn Prof. Dr. Kurt Meyer, Wolfen, xum GO. Qehurtstag in Verehrung gewidmet 0. Einleitung Seit cinigen Jahren befinden sich bei uns neuartige Waagen zur Messung der magnetischen Suszeptibili- tiit iii Gebrauch, die sich aufierordentlich bewiihrt ha- hen. Sie zeichnen sich durch hohe MeBempfindlichkeit und Genauigkeit, groBe Robustheit und Einfachheit in der Bedienung und ungewohnliche Schnelligkeit tier Messung aus. Werin man von der Zeit absieht, die fur die Vorbercitung der Proben und die Fiillung der XcBrohrchcn benotigt wird, lrann eine exakte Mes- sung der Suszeptibilitat von festen Stoffen und Flus- siglieiten mit mehreren wiederholten Ablesungen der MeBwerte in wenigen Minuten bewerkstelligt werden. Die magnetochemische Abteilung des ,,physikaliseh- chemisehen Instituts der Humboldt-Universitat zu Berlin, die unter der Leitung von Dozent Dr. habil. Werner Haberditzl steht, hat mit Hilfe dieser Waagen bereits ein umfangreiches Arbeitsprogramm absol- viert, als dessen erstes bedeutendes Ergebnis die Aus- nrbeitung eines neuen Inkrementensystems zur Bc- rechnung dcr Mohuszeptibilitiiten diamagnetischer Verbindungen durch W. Haberditxl anzusehen ist. Durch die Erfolge dieser Arbeiten konnte die Lei- stungsfahigkeit magnetochemischer Methoden zur Entscheidung strukturchemischer Fragen erheblich vcrgr6Bert werden. Auch zahlreiche andere Probleme der Chcmie, die mit elektronischen Strukturcn von Festliorpern und Grenzfliichen zusammenhiingen, liegen im Arbeitsfeld der magnetochemischen Me- thode. Die hohe MeDgenauigkeit und MeBempfind- lichkeit ist besonders deshalb von so weittragender Bcdeutung, weil jetzt in einfachster Weise exalrtc Messungcn diamagnetischer Suszeptibilitiiten mog- lich sind, so dalS von einer breiteren Anwendung dieser Waagen eine kraftige Belebung der Diamagneto- chemie erwartet werden kann. Im folgenden gebc ich oinc Beschreibung der wcsentlichcn Grundlagrn und Rauprinzipien dcr neuen Waagc. 1. Theoretisehe Grundlagen Bei der bereits von PfZilcker [l] im Jahre 1864 bc- whriehenen, spiitw nbcr hauptsiich1ic.h clurch (lie AT- beilen von Gouy [2] bekannt gewordenen Zylindcr- methode zur Messung der magnetischen Suszeptibili- tiit wird ein zylinderformiger Probekorper bzw. ein mit der zu untersuchenden Substanz gefiilltes zylin- drisches Rohrchen so zwischen die Pole eines starken Elektromagneten gebracht, daB sich das eine Ende des Rohrchens in der Mitte ewischen den Polen befin- det, wo das Magnetfeld moglichst homogen sein soll, wiihrend das andere weit aus dem Feld herausragt bis in eine Entfernnng, wo die magnetische Feldstiirke sehr klein ist. Die Achse des zylindrischen Rohrchens steht senkrecht auf der Verbindungslinie der Magnet- pole. 1st das Feld zwischen den Polen einigermaBen symmetrisch aufgebaut und liegt die Probe in der Rymmetrieebene, so steht die Achse des Probenzylin- ders uberall senkrecht auf den Feldlinien. Infolge der starken Inhomogenitat des Feldes zwischen den bci- den Enden des Zylinders wird unter diesen Bcdingun- gen auf das Rijhrchen eine Kraft in axialer Richtung ausgeubt . Die Kraft, die auf einen Korper rnit dem magneti- schen Moment M durch ein Feld mit der Inhomogeni- tat - ausgeubt wird, ist : aH ax K = 1M * aH ax - 1st V das Volumeri, x die Volumcnsuszeptibilitiit urid H die Peldstarke, so ist das induzierte magnetische Moment Also gilt: M= VXH. (2) (2) all K = VxfI-. ax Dies ist die Kraft, die auf einen kleinen Korpcr aus- geiibt wird, der sich in einem inhomogenen Magnet- fcld befindet, wobei ,,lrlein" bedeuten soll, dal3 sich der Absolut<betragvon H innerhalb dcs Raumgebie- tm, das von dem Korpcr eingenommen wird, relativ iiur wenig andert, so daB mit einem konstanten mitt- leren H gerechnet wcrden kann. In iinserem Fall ist das aber nicht moglich, da sich der Korper vom Ge- lrict mnxirn:ilrr F'tltlstSrkc (H = H,,,,) zwisrlien dcn

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Page 1: Eine neue magnetische Waage

Zeitschrift fur Chemie 4. Jahrgang - April 1964 . Heft 4

Herausgeber : Jm Auftrage der Chemischen Qesellschaft in der Deutschen Demokratischen Republik Prof. Dr. H. Dunken, Prof. Dr. L. Kolditz, Prof. Dr. E. Profft Unter Mitarbeit von Prof. Dr. H. Beyer, Prof. Dr. R. Geyer, Prof. Dr. H. Grohn, Prof. Dr. R. Havemann, Prof. Dr. S. Herzog, I'rnf. I h . H.-A. T,ehmann, Prof. 1)r. S. Rapoport, Prof. Dr. G. Rienacker, Prof. nr. G. Schott und Prof. Dr.-Ing. K . Sohwabe

Eine neue magnetische Waage

Von Robert Havetmann

Arbeitsstelle fur Photochemie der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin, Berlin- Adlershof

Hewn Prof. Dr. Kurt Meyer, Wolfen, xum GO. Qehurtstag in Verehrung gewidmet

0. Einleitung

Seit cinigen Jahren befinden sich bei uns neuartige Waagen zur Messung der magnetischen Suszeptibili- tiit iii Gebrauch, die sich aufierordentlich bewiihrt ha- hen. Sie zeichnen sich durch hohe MeBempfindlichkeit und Genauigkeit, groBe Robustheit und Einfachheit in der Bedienung und ungewohnliche Schnelligkeit tier Messung aus. Werin man von der Zeit absieht, die fur die Vorbercitung der Proben und die Fiillung der XcBrohrchcn benotigt wird, lrann eine exakte Mes- sung der Suszeptibilitat von festen Stoffen und Flus- siglieiten mit mehreren wiederholten Ablesungen der MeBwerte in wenigen Minuten bewerkstelligt werden. Die magnetochemische Abteilung des ,,physikaliseh- chemisehen Instituts der Humboldt- Universitat zu Berlin, die unter der Leitung von Dozent Dr. habil. Werner Haberditzl steht, hat mit Hilfe dieser Waagen bereits ein umfangreiches Arbeitsprogramm absol- viert, als dessen erstes bedeutendes Ergebnis die Aus- nrbeitung eines neuen Inkrementensystems zur Bc- rechnung dcr Mohuszeptibilitiiten diamagnetischer Verbindungen durch W . Haberditxl anzusehen ist. Durch die Erfolge dieser Arbeiten konnte die Lei- stungsfahigkeit magnetochemischer Methoden zur Entscheidung strukturchemischer Fragen erheblich vcrgr6Bert werden. Auch zahlreiche andere Probleme der Chcmie, die mit elektronischen Strukturcn von Festliorpern und Grenzfliichen zusammenhiingen, liegen im Arbeitsfeld der magnetochemischen Me- thode. Die hohe MeDgenauigkeit und MeBempfind- lichkeit ist besonders deshalb von so weittragender Bcdeutung, weil jetzt in einfachster Weise exalrtc Messungcn diamagnetischer Suszeptibilitiiten mog- lich sind, so dalS von einer breiteren Anwendung dieser Waagen eine kraftige Belebung der Diamagneto- chemie erwartet werden kann. Im folgenden gebc ich oinc Beschreibung der wcsentlichcn Grundlagrn und Rauprinzipien dcr neuen Waagc.

1. Theoretisehe Grundlagen Bei der bereits von PfZilcker [ l ] im Jahre 1864 bc- whriehenen, spiitw nbcr hauptsiich1ic.h clurch (lie AT-

beilen von Gouy [ 2 ] bekannt gewordenen Zylindcr- methode zur Messung der magnetischen Suszeptibili- tiit wird ein zylinderformiger Probekorper bzw. ein mit der zu untersuchenden Substanz gefiilltes zylin- drisches Rohrchen so zwischen die Pole eines starken Elektromagneten gebracht, daB sich das eine Ende des Rohrchens in der Mitte ewischen den Polen befin- det, wo das Magnetfeld moglichst homogen sein soll, wiihrend das andere weit aus dem Feld herausragt bis in eine Entfernnng, wo die magnetische Feldstiirke sehr klein ist. Die Achse des zylindrischen Rohrchens steht senkrecht auf der Verbindungslinie der Magnet- pole. 1st das Feld zwischen den Polen einigermaBen symmetrisch aufgebaut und liegt die Probe in der Rymmetrieebene, so steht die Achse des Probenzylin- ders uberall senkrecht auf den Feldlinien. Infolge der starken Inhomogenitat des Feldes zwischen den bci- den Enden des Zylinders wird unter diesen Bcdingun- gen auf das Rijhrchen eine Kraft in axialer Richtung ausgeubt . Die Kraft, die auf einen Korper rnit dem magneti- schen Moment M durch ein Feld mit der Inhomogeni- ta t - ausgeubt wird, ist : aH

ax K = 1M *

aH ax -

1st V das Volumeri, x die Volumcnsuszeptibilitiit urid H die Peldstarke, so ist das induzierte magnetische Moment

Also gilt: M = V X H . ( 2 )

(2) all K = V x f I - . ax

Dies ist die Kraft, die auf einen kleinen Korpcr aus- geiibt wird, der sich in einem inhomogenen Magnet- fcld befindet, wobei ,,lrlein" bedeuten soll, dal3 sich der Absolut<betrag von H innerhalb dcs Raumgebie- tm, das von dem Korpcr eingenommen wird, relativ iiur wenig andert, so daB mit einem konstanten mitt- leren H gerechnet wcrden kann. In iinserem Fall ist das aber nicht moglich, da sich der Korper vom Ge- lrict mnxirn:ilrr F'tltlstSrkc (H = H,,,,) zwisrlien dcn

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Polcii bis weit aul3erhalb crstrecken soll, wo die Feld- starke praktisch gleich Null ist. Es niuB also inte- griert werden. Die Gesamtkraft, die auf den Probe- korper ausgeiibt wird, setzt sich aus den Einzelkriif- tcn dK zusammen, die auf die Volumenelemente dV tles Probezylinders ausgeiibt werden. Fiihren wir noch clrn Qucrschnitt q ein, indcm wir setzen

t lV = 4 . dx (4)

wobei dx, die Diclte des Probenschcibchcns, auf der- sclbcn Koordinate gemessen wird wie die Peldinho- mogenitat, so erhalten wir:

HmaY K = [ c i K = g ~ H.dH==7H&, , . Q X (5)

2 H - 0

list die Fcldstarke am heramragenden Ende des Rohr- chcns nicht Null, sondcrn hat sie den endlichrn Be- trag H,, so gilt :

Ijemnach ist brreits dann, wenn H noch von H,,,, hetragt, die nach Gl. (5), d. h . unter Vernachlbsigung von Ha, bcrechnetc Kraft iiur um 1% gro13er als die wirltliche Kraft. Praktisch la& es sich stets leioht so <.inrichten, daS H,JHmax weit unter dem Wert 0 , l licgt. Wichtiger ist die Einhaltung der Bedingung, (la13 das zwischen den Magnetpolen befindlichc Ende tics Probenzylindcrs in cincm homogenen Feldgcbiet licgt. Dann erst ist namlich gewiihrleistet, da13 auch bci kleirien Verschiedcnheiten der Lage der Probe stcts dcr gleiche Betrag von Hm,, wirkt. Sol1 der Feh- ler in K kleiner als 1 % sein, so darf die Abweichung in Ff,,,, 0,5% nicht iiberschreiten. Dies mu13 durch ent- sprcchende Dimensionisierung und Pormgebung der I'olschuhe des Magneten erreicht werden. Fur die Messung der Molsuszeptibilitiit der gelosteii Substanz in Losungen, besonders in starker verdiinn- ten, hat sich einc Variante der Zylindermethode be- wihrt, die von Freed undKasper [3] angegeben wurde. Das zylindrische Rohrchen ist hierbei in der Mitte durch cine Querwand in zwei gleichlange Abschnitte getcilt. Bei der Messung befindet sich diese Querwand genan zwischen dcn Magnetpolen. Das Rohrehen ragt d s o nach beiden Seiten aus dem Magnetfeld heraus. Dcr eine Abschnitt des Rohrchens wird mit der Lo- sung, der andere mit einem reinen Losungsmittel ge- fullt. Auf das Rijhrchcn wirkt also nur die Kraft, die ails der Vcrschicdenheit der magnetischen Momente tler beiden Absrhnitte resultiert. Damit wird der Bei- trag des Iijsungsmittcls zur Suszeptibilitat der Lo. sung kompensiert, iind man miat nur den Beitrag des gcliisten Stoffes. %ur Messung der auf das Proberohrchen ausgeiibten Kraft vcrwendct man bisher im wesentlichen die fol- genclcn zwci Methoden, die in Bild 1 skizziert sind: Bei tler Waagerhmethode hangt das Rohrchen vertikal all einem langen Paden (Bronzeband) an der Waag- schale einer Mikrowaagc. Dic auftretendc Kraft wird rnit Hilfe dcr Waage kompensiert uiid dadurch ge- inessen. Die hauptsachlichen Narhteile drr Methode sind : 1. Es daucrt sehr lange, bis die an dem langcn Faden Iriingc~ndc Probe zur Rnhc geliommen ist.

2 . Erschutterungen uiid Luftstromungen (z. B. ver- ursacht durch geringe Temperaturdifferenzen) mus- sen peinlichst vermieden werden. 3. Es ist sehr schwer zu erreichen, daB sich die Probe bei allen Messungen reproduzierbar in stets gleicher Lage zwischen den Magnetpolen befindet. 4. Geringste Gewichtsiinderungen, z.B. durch Kon- densation von Wasser oder durch Verdunsten des Lo- sungsmittels, bewirken sehr grol3e Fehler, da die anf - tretenden magnetischen Krafte sehr klein sind.

P 1 zur Mikrowage 7

Bild 1. Bishcr henutzte Metho- den xur Mesnonrr der nuf das MeB- rkhrchenwirkeu-

den Krnft; n Waagenmo-

thodt.. I , Pcndrl-

Aufxnqe- faden

mcthodc n b

Die Pendelmethode bcsitzt gegcniiber dcr Waagcri- methode einigc Vorteile. Sic hat sich abcr bisher hauptskchlich bci Mcssungcn an fcrromagnelischen Sabstanzen eingebiirgert,, da es nicht leicht k t . die fiir die Messungen an paramagnetisrheri und besonders a n diamagnetischen Substanzcn crfordcrlichc hohe Emp- findlichkeit zu erreichen. Das Probenrohrchen hiingt hier horizontal, so daB sich kleine GewichtsZnderun- gen der Probe nur wenig auswirken kbnnen. Die Emp- findlichkeit ist der Wurzel aus der Pendelliinge pro- portional und dem Gcwicht des Systems - bestehend aus Rohrchenhalter und Rohrchen - umgekehrt pro- portional. Die auf das Rohrchen wirkende axiale Kraft kann sowohl durch Messung des Pendelaus- schlages wie auch durch Kraftkompensation gemes- sen werden. Theorell [4], [ 5 ] hat die Pendelmethode als hochempfindliche Mikromethode ausgearbeitrt, wobei er die &aft sowohl nach der Ausschlagme- thode als auch durch Kompensation gemessen hat. Theorell kompensierte die Kraft durch horizontales Verschieben der Pendelaufhangung. Dadurch geht aber ein wescntlicher Vorteil der Kompensations- methode, niimlich die Unabhiingigkeit der Kraftmes- sung von der , ,Pendelempfindlichkeit" verloren, und es wird nur erreiuht, da13 sich die Probe immer an der gleichen Stelle des B'eldes befindet. Es werden Pcndel- liingen von 50 bis 100 ern angewendet. Dementspre- chend sind auch hier die Hauptnachteile : 1. lange Zeitdauer der Messungen, 2 . Empfindlichkeit gegen Erschutterungen und Tem- peraturschwankungen, 3. bei nicht allzugroaer Pendelliinge zu geringc Emp- findlichkeit . Die neue Waage stellt in gewisser Hinsicht einc Ver- einigung der Vorteile der beiden eben beschriebenen Mrthoden uiiter Vermeidung ihrer Nachteile dar. Thr Honstruktionsprinzip ist in Bild 2 dargestcllt. Das Probenrohrchen befindet sich in horizontaler Lage zwischen den Magnetpolen. Es ist starr mit dem dreieckformigen Waagebalken verburiden. Der Waage- balkcn ruht mit seiner Rrhneidc auf einer Achatplattr

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iind is1 awetierbar. An Stcllc cirier Schiieide habeii wir such mit Erfolg zwei an der Spitze von schlan- ken Messingkegeln befestigte Kugellagerkugeln von 0,5 mm 0 verwendet. An der oberen Spitze des Waagebalkendreiecks ist zur Beobachtung des Aus- schlages der Waage vertikal ein sehr dunner Draht ge- spannt, der mikroskopisch beobachtet wird oder in starker VergroBerung auf eine Mattscheibe projiziert wird. Das ganze System ist starr und sehr leicht. Durch das vertikal auf einer Schraubenspindrl ver- schiebbare Laufgewicht P la& sich der Abstand des Systemschwerpunkts von der Drehachse (Schneide) und damit die Empfindlichkeit der Waage regulieren. Werden die Messungen nach der Ausschlagmcthode durchgefuhrt, so wird einfach der Waagenausschlag mittels Okularmikrometer gemessen. Man erreicht aber bei gleicher Systemempfindlichkeit eine wesent - lich groBcrc Genauigkeit, wenn man iiach einer Kom- pcnsationsmethode arbeitet. Wir haben cine elektro- magrietische Kraftkompensation erprobt. Diirch die Kompensationseinrichturlg wirkt auf das Pendelsystem die Kraft K,. Die Einrichtung besteht aus einer Tauchspule, die direkt ain Balancesystem angebracht ist, und einem Topfmagneten. Im Topf- magncten wird durch einen konstanten Strom ein Ironstantes Magnetfeld erzeugt. Der Strom in der Tauchspule kann durch cin Potentiometer von Null his zu einem Maximalwert reguliert werden. Dieser Strom wird durch ein Skalcngalvanometer gemessen, so daB die Kraft K , eine Funktion des Aussehlages des Skalengalvanometers darstellt. Die Eichung dcr Waage crfolgt mit Substanzen bekannter Suszeptihi- litat und Dichte. An Hand von Eichkurven konnen aus den beobachteten Ausschlagen am Slialengalva- tiometer direkt die Werte fur die Suszeptibilitiit be- rechnet wcrderi,

2. Beschreibung der Waagc

Auf Grund der ausgezeichrieteli Leistungen eines ersten Funktionsmodelles ist eine weiter verbesserte Konstruktion hergestellt worden, von der Bild 3 eine Ansicht zeigt. Bei dieser Neukonstruktion wurde ein Waagcsystem benutzt,, das nicht wie bei unserem ersten Model1 aus einem Stuck Aluminiumblecli aus- gesagt, sondern aus einzelnen Stucken dunnwandigeii Aluminiumrohrs (Galvanometer-Zeigerrohr) zusam- rncngesetzt ist. Die einzelnen Rohrstucke sind durch kleine Decelithscheibchen isoliert miteinander ver- bunden. Einzelheiten zeigt Bild 4. Durch die Unter- teilung des Systems in elektrisch voneinander isolierte Teile wird die Entstehuiig eines Induktionsstromes im Waagensystem bei Einschaltung des Elektromagnetcn vermieden. Dicser Induktionsstrom trat bei dem ersten Furiktionsmuster auf und bewirkte, daB die Waage beim Einschalten des Feldes einen StoB er- hielt, der nur durch sehr langsames Einschalten des Stromes uber einen Regelwiderstand vermindert wer- den konnte. Bei dem iieuen System tritt ein solcher StoB uberhaupt nicht auf. Das Proberohrchen wird mit Hilfe eines besonderen Manipulators ohne visuelle Beobachtung stets in der gleichen Lage auf die Halte- rung des Waagensystems gebracht und wieder davon abgehobeii. Die Kompensationsspule zur elektro- magnetischen Kraftkompensation ist am Ende des

13ild 2. Waagc- balkcn dcr neuen

Waage. 1 ProbcnrChr-

chen, 2 Schneide, 3 msguetische

DBmpfung, 4Fa- deli zurBeobach-

tung dcs Waa- gcnausschlags

Bild 3.

JIi ld 3 und Bild 4. Ansicht dcr

neuen Waagc und Balance-

system des ver- besserten

Modells

~li* Z. Cham., 4. Jo. (1964) Heft 4

Page 4: Eine neue magnetische Waage

Waa~gcbillke~iv befeat@ (Kupferdraht 0,03 11im o ). Die Spule taucht in den Polspalt eines kleinen Topf- clektromagncten (Anordnung alsowie beider Schwing- spule eines elektrodynamischen Lautsprechersystems) . Fur dic Zufuhrung des MeBstromcs zur Kompensa- tionsspule hat sich folgende Anordnung ausgezcich- iict bewlhrt. Angesichts der Kleinheit der auftreteii- den Krafte ist es ja sehr wichtig, daD durch die Strom- zufiihrung moglichst kein zusatzliches Drehmoment aiif das Waagensystem ausgeubt werden kann. Um tlics zu errcichen, wurden auf der Achatplatte vor und ti inter den beidcn Kugellagerkugeln zwei kleine Pla - tinplatten eingelegt, deren Oberflache in einer Ebene init der Achatplatte liegt. Am Waagebalken sind zwei lrlcine Spiralfedcrn aus Ylatindraht angebracht, die in Spitzen auslaufen, welehc die Platinplatten punlrtfor- mig beruhren. Die Beriihrungspunkte der beiden Spitzen liegen auf der verlangerten Schneidenachse (also der Vcrbindungslinie der beiden Kugellagerku - geln). IJnter bestimmten Bedingungen lii13t sich erreichen, tlaB man bei den Messungen nach der Kompensa- tionsmethode voii Schwankungen des dcn Elektro- magneten erregenden Stromes weitgehend unabhiin- gig wird. Da die vom Feld auf die Probe ausgeiibte Kraft dem Quadrat der Feldstiirke H proportional ist, miiBte man hierzu erreichen, daB auch die von der Kompensationsvorrichtung ausgeiibte Iiraft dem Quadrat der Magnetfeldstiirke proportional gemacht wird. Dies liiDt sich erreichen, wenn der Feldstrom des MeBmagneten und des Topfmagneten sowie auch der Kompensationsspule aus der gleichen - schwanken- den - Stromquelle gespeist werden. Wenn beide Magnetcn im linearen Teil ihrer Kennlinie arbeiten, Bonnte man erreichen, daO bei richtiger Einstellung m a r der MeDstrom des Skalengalvanometerkreises schwankt, aber bei fester Einstellung des Regelwider- standes fiir den MeDstrom die Waage in der Nullage blcibt. Die MeBgroBe ware d a m nicht die Stromstarke in der Kompensationsspule, sondern ein Widerstand im Stromkreis der Kompensationsspule. Bci Versuchen, dieses MeOverfahren anzuwenden , zeigte sich aber, dal3 sich die verschieden groBe Impe- danz des MeDmagneten und des Topfmagneten sehr storend bemerkbar macht. DasFeld folgt denschwan- kungen des erregenden Stromkreises bei beiden Elek- 1 romagneten wegen der verschiedenen Impedanz mit vcrschiedener zeitlicher Verzogcrung, so da13 nun doch Schwankungcn des Nullpunlrtes bei fester Einstellung aiiftreten. Um diese Regelung also verwirklichen zu kijnnen, mu13 man die Impedanzen beider Elektro- magneten auf den gleichen Wert bringen. Aber aiich dann bleibt als Storung der automatischen Regelung iinmer noch die Verschiedenheit der Histerese des Eisens der beiden Magnete. Wir haben aus diesen Grunden vorlaufig auf dieses MeBverfahren verzichtet und uns mit dem zuvor be- schriebcnen Verfahren der direkten Messung der Stromstiirke in der Kompensationsspule bei einiger- maBen konstant gehaltenein Strom in den Elcktro- magneten begniigt. Dies Verfahren lie0 sich um so leichter deshalb mit Erfolg anwenden, weil fur die ein- zelne Messung nur eine Zeit von 20 bis 30 Sekunden benotigt wird. Die hohe Empfindlichkeit der MeO- anordnung ermoglicht es auch, mit verhiiltnismBDig geringen Feldstirken des MeOmagneten auszukom-

0,3768 I 0,673 0,671 0,3762 I 0,671 , 0,672

Ineii. Uci ~tromstbrlicii v o n 0,2 bis 1,4 A liefcrtc der MeRmagnet Feldstarken bis zu 18000 GauB. Unter diesen Bedingungen war es moglich, die Gramm-Sus- zeptibilitat von Fliissigkeiteri mit einem MeDfehler. von weniger als 0,001. lou6 CGS-Einheiten zu mes- sen. Dic MeDgenauigkeit 1aOt sich aber auch noch diirch weitere MaBnahmen auf einige Einheitcn dcr nachst hoheren Zehncrpotenz steigern. Als Beispiel fur die Genauigkeit der Messungen scien hier MeDwerte an Anilin aufgefuhrt (vgl. naclistehende Tabelle), die von Bernhard Stemmz'nger ausgefuhrt wurden. Die Anilinproben wurdeii vor der Messung durch zweimalige Destillation gereinigt.

Messung der Susxeptibilitiit von itnilin (Dichte: 1,022)

0,670 0,668

Die bisher ausgefiihrten Modelle unserer Waage besit- Zen keine besonderen Einrichtungen zur Einstellung einer bcstimmten Temperatur bei den Messungen, insbesondere keine Moglichkeit zur Durchfuhrungvon Messungen bei sehr tiefen oder auch wesentlich hohe- ren Temperaturen ads die Zimmertemperatur. Bei Messungen der diamagnetischen Suszeptibilitat, fiillt dieser Mange1 wegen deren Temperaturunabhiingig- keit nicht ins Gewicht. Wir haben aber eine neue Konstruktion der Waage in Vorbereitung, die eine Temperierung fur tiefe und hohe Temperaturen er- moglieht. Hieruber wird spiiter an andercr Stelle aus- fuhrlieh berichtet werden. Auf die zahlreichen Ergebnisse der im physikalisch- chemischen Institut der Humboldt-Universitiit zu Berlin ausgefuhrten magnetochemischen Untersu- chungen sol1 hier nicht naher eingegangen werden. Ich verweise hierzu auf die Publiketion von W. Huber- ditzl in dieser Zeitschrift [6] sowie auf die Habilita- tionsschrift von W. Haberdi t z l [7] , die in den Sitzungs- berichten der Deutschen Akademie der Wissen- schaften zu Berlin dcmnachst veroffenthht werden wird.

Iiiterutur [I] Pfliicker., J . : Yogg. Ann. 91, l(1854). [Z ] Gouy, G. L.: C. R . hebd. Seances Acsd. Sci. 109, 936 (MS'J). 131 Freed, S., u. C. Kaaper: Yhysiol. ILev. 36, 100'2 (1030). [4 ] ThwreZE, H . : Ark. Kezni 16a Nr. 1, 1 (1942). IS] I'heorell, H . , ti. A . Ehrenberg: Ark. Fysik 3, Nr. 16, 299 (1960). I61 Haberditzl, W. : 2. Chem. 1, 225 (1961). [7 ] Haberditzl, W. : ,,Ein neues Diamagnetismus-Inkroincnt-System", S.-

B. dtsch. Akild. Wiss. Ucrlin, Kl. Chcmie, Oeologie und Biologic, 1061 (crschcint in Kiirae).

Id'ingegangen am 21. Februar 1964 ZCA 886

1.2'2 %. G'hPrtr., 1. Ju. (790'4) Hrjt 4