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Ehrbarer Staat? – Die Generationenbilanz Update 2011
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Ehrbare Staaten? – Nachhaltigkeit im Lichte der Schuldenkrise
Ehrbare Staaten?
Bernd RaffelhüschenStefan Moog
Albert-Ludwigs-Universität FreiburgForschungszentrum Generationenverträge
Stiftung Marktwirtschaft
Pressegespräch am 7. Dezember 2011 in Berlin
Nachhaltigkeit der öffentlichen Finanzen im internationalen Vergleichim Lichte der (griechischen) Staatsschuldenkrise
Ehrbarer Staat? – Die Generationenbilanz Update 2011
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Ehrbare Staaten? – Nachhaltigkeit im Lichte der Schuldenkrise
KERNAUSSAGEN
I. Die Logik von MaastrichtDas Regelwerk von Maastricht begrenzt die nationale politische Handlungsfähigkeit, hat aber zur Konsolidierung der öffentlichen Finanzen beigetragen. Die Logik von Maastricht greift allerdings zu kurz, da sie die Stabilität der Staatsfinanzen nicht gewährleisten kann.
II. War die griechische Schuldenmisere vermeidbar?Ab Mitte der 2000er Jahre hätten Zweifel an der Solidität der griechischen Staatsfinanzen aufkommen müssen. Unter den damaligen Gegebenheiten (sprich: Zinssätzen) legen die Daten dennoch nahe, dass Griechenland in der Lage gewesen ist, seine hohen Staatsschulden zu bedienen.
III. Unerwartete Ergebnisse des RankingsDie Ergebnisse des Nachhaltigkeitsrankings überraschen mit einem Spitzenreiter Italien und einem abgeschlagenen Platz für das Euro-Musterland Luxemburg. Neben Luxemburg wird die demografische Herausforderung insbesondere Griechenland und Spanien Einschnitte in ihren Rentensystemen abverlangen.
IV. Unsere Vorschläge Statt supranationaler Sanktionierung bei Regelverstößen müssen die Finanzmärkte bei der
Disziplinierung der nationalen Haushaltspolitiken stärker in die Verantwortung genommen werden. Eine Kollektivierung des Ausfallrisikos durch EURO-Bonds birgt die Gefahr eines „Weiter so“.
Ganz im Gegenteil müssen regulatorische Verzerrungen beseitigt werden, um eine risikoadäquate Bewertung von Staatsanleihen zu fördern.
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Ehrbare Staaten? – Nachhaltigkeit im Lichte der Schuldenkrise
I. Die Logik von Maastricht
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Ehrbare Staaten? – Nachhaltigkeit im Lichte der Schuldenkrise
Mit dem Artikel 126 Absatz 2 AEUV liefern die Maastricht-Kriterien eine scheinbar einfache Antwort auf die Frage der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen. Eine auf Dauer tragbare Haushaltssituation bemisst sich an einem Defizit unterhalb von 3 Prozent des BIP sowie einem Schuldenstand nahe 60 Prozent des BIP.
Tragbare öffentliche Finanzen in der Logik von Maastricht sind…
„…eine auf Dauer tragbare Finanzlage der öffentlichen Hand, ersichtlich aus einer öffentlichen Haushaltslage ohne übermäßiges Defizit“
(Artikel 140 Absatz 1 AEUV bzw. Artikel 121 Absatz 1 EGV)
Jährliches Defizit unterhalb eines Referenzwerts
von 3 Prozent des BIP
Schuldenstand unterhalb oder nahe eines Referenzwerts
von 60 Prozent des BIP
Haushaltslage ohne übermäßiges Defizit(Artikel 126 Absatz 2 AEUV bzw. Artikel 104 Absatz 2 EGV)
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Ehrbare Staaten? – Nachhaltigkeit im Lichte der Schuldenkrise
Obwohl Verstöße bisher nie geahndet wurden, hat das Regelwerk von Maastricht der Haus-haltspolitikin der Praxis dennoch Beschränkungen auferlegt. Als Folge haben die EURO12-Staaten ab 1995 (bis zur Finanzkrise) Fortschritte bei der Konsolidierung ihrer Haushalte erzielt.
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Finanzierungsdefizit Staatsverschuldung
Platzen der Internetblase
Finanzkrise
Maastricht im historischen RückblickDurchschnittliches Finanzierungsdefizit und Staatsverschuldung der EURO12-Staaten
Quelle: AMECO Datenbank, Eurostat, OECD Economic Outlook Datenbank, World Economic Outlook Datenbank, eigene Berechnungen.
1. Ölkrise 2. Ölkrise
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II. War die griechische Schuldenmisere vermeidbar?
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Trotz der Konsolidierungserfolge gegen Ende der 1990er Jahre waren die Einnahmen des griechischen Staates nie auch nur annähernd ausreichend, um die Staatsausgaben zu decken. Hinzu kam, dass Griechenland selbst die geringen Konsolidierungserfolge nach Erreichen (bzw. Erschummeln) des Euro-Etappenziels wieder nach und nach aufzehrte.
Die griechischen StaatsfinanzenEntwicklung der griechischen Staatsausgaben und -einnahmen
Quelle: AMECO Datenbank, ab 2011 Prognose.
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Ausgaben Einnahmen
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In Deutschland klafften die Staatsausgaben und –einnahmen zwar nie soweit auseinander wie in Griechenland. Allerdings haben die Einnahmen lediglich in 2007 und 2008 gerade so ausgereicht um die Ausgaben zu decken. Und trotz laufender Steuermehreinnahmenschätzungen ist in den kommenden Jahren nicht mit einem ausgeglichenen Haushalt zu rechnen.
Quelle: AMECO Datenbank, ab 2011 Prognose.
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Ausgaben Einnahmen
Die deutschen Staatsfinanzen im historischen RückblickEntwicklung der Staatsausgaben und –einnahmen in Deutschland
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War da was? Das Ausmaß der griechischen BilanzkosmetikUnterschied zwischen „geschöntem“ und korrigiertem Primärdefizit (in Prozent des BIP)
Finanzstatistiken werden im Zeitablauf immer wieder revidiert. Dies ist in Griechenland nicht anders als beispielsweise in Deutschland. Allerdings hat das Ausmaß dieser Revisionen im Fall Griechenlands eine ganz andere Qualität und Quantität.
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Griechenland Deutschland
Nachträgliche Korrekturen in Richtung Haushaltsdefizit
Nachträgliche Korrekturen in Richtung Haushaltsüberschuss
Quelle: OECD Economic Outlook, eigene Berechnungen. Die deutliche Abweichung des deutschen Primärdefizits im Jahr 1995 ist auf die erst im Jahr 2008 erfolgte Eingliederung der Treuhandgesellschaft in die staatliche Finanzstatistik zurückzuführen.
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Ein Staat, der sich auf Dauer ein Primärdefizit leistet, lebt über seine Verhältnisse und droht, über kurz oder lang in der Zahlungsunfähigkeit zu enden.
oder
Defizit = Primärdefizit + Zinsen
Primärdefizit = Defizit – Zinsen
Exkurs: Das Primärdefizit oder wann lebt ein Staat über seine Verhältnisse?
Ein Primärdefizit bedeutet, dass ein Staat die Ausgaben für alle seine eigentlichen oder primären Aufgaben (z.B. Infrastrukturinvestitionen, Gehälter, Sozialleistungen,
etc.) nicht aus seinen laufenden Einnahmen finanzieren kann.
Dies ist vergleichbar mit einem privaten Haushalt, der seine laufenden Ausgaben für Miete, Kleidung, Essen, ... nicht aus seinem Einkommen bestreiten kann.
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Die griechische Stabilisierungslücke
Zwar hatte Griechenland seinen fiskalischen Handlungsspielraum seit 2000 sukzessive aufgezehrt, mit Ausnahme des Jahres 2004 allerdings nie ausgereizt. Erst 2008 bzw. 2009 folgte der Absturz.
Stabilisierungslücke = tatsächliches Primärdefizit - schuldenstabilisierendes Primärdefizit
Quelle: OECD Economic Outlook, eigene Berechnungen.
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Das schuldenstabilisierende Primärdefizit entspricht dem maximal zulässigen Primärdefizit, wenn die Schuldenquote auf dem aktuellen Niveau stabilisiert werden soll.
Positive Werte der Stabilisierungslücke entsprechen dem zur Stabilisierung der Schuldenquote zusätzlich benötigten Konsolidierungsbedarf, negative Werte dagegen dem Spielraum zur Schuldensenkung.
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Zinssatz Wachstumsrate
Die optimistische Einschätzung der griechischen Finanzlage begründet sich aus Zinssätzen unterhalb der Wachstumsrate. Griechenland befand sich damit in der komfortablen Situation, dass sich die Zinszahlungen quasi von selbst erwirtschafteten und darüber hinaus noch ein Spielraum bestand, um über seinen Verhältnissen zu leben.
Spielte Griechenland ein Ponzi-Spiel?Wachstumsrate des BIP und langfristige Zinsen im Vergleich (nominal)
Quelle: OECD Economic Outlook, eigene Berechnungen.
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III. Unerwartete Ergebnisse des Rankings
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Bis 2060 wird sich der Altenquotient in allen Staaten mehr oder weniger verdoppeln.
Quelle: Europäische Kommission, eigene Berechnungen.
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2010 2060
Die demografische HerausforderungAltenquotient (Verhältnis der über 65-Jährigen zur Anzahl der 15- bis 64-Jährigen)
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Neben der Bevölkerungsalterung wird in vielen Staaten auch das Erwerbspersonenpotential zurückgehen. Trotz Produktivitätszuwächsen wird dies das Wachstum des BIP bremsen.
Quelle: Europäische Kommission, eigene Berechnungen.
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Die demografische WachstumsbremseVeränderung der Erwerbspersonenzahl zwischen 2010 und 2060
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Bei einer aktuellen Schuldenquote von nur 19 Prozent des BIP lastet auf dem Euro-Musterland Luxemburg ein impliziter Schuldenberg von 1.100 Prozent des BIP. Im Gegensatz dazu hat der aktuelle Problemfall Italien bei einer gegenwärtigen Schuldenquote von 118 Prozent des BIP nur eine implizite Schuldenlast von 28 Prozent des BIP zu stemmen.
Quelle: Europäische Kommission, eigene Berechnungen.
Italien? Spanien? Portugal? Das nächste Griechenland liegt in LuxemburgNachhaltigkeitslücken (Summe der expliziten und impliziten Schulden, Basisjahr 2010)
118 83 48 72 82 86 93 96 63 61 14519 92
28 109 147226 255 254 266 330 432 487
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146 193 195298 337 340 359 426 495 549
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Explizite Schuld Implizite Schuld
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Nachhaltigkeitsranking 2010
Entgegen der aktuellen Wahrnehmung wird das Nachhaltigkeitsranking von Italien angeführt. Das Euro-Musterland Luxemburg liegt abgeschlagen auf dem vorletzten Platz.
Quelle: Europäische Kommission, Stiftung Marktwirtschaft/Berechnungen durch das Forschungszentrum Generationenverträge. Der Konsolidierungsbedarfentspricht dem Umfang, um den die Staatsausgaben (Staatseinnahmen) dauerhaft verringert (erhöht) werden müssten, um die Nachhaltigkeitslücke zu schließen bzw. die Schuldenquote langfristig konstant zu halten.
in Prozent des BIPExplizite
StaatsschuldImplizite
StaatsschuldNachhaltigkeits-
lückeKonsolidierungs-
bedarf
1 Italien 118,4 27,6 146,0 2,4
2 Deutschland 83,2 109,4 192,6 4,0
3 Finnland 48,3 146,9 195,2 2,7
4 Österreich 71,8 225,9 297,7 4,8
5 Frankreich 82,3 255,2 337,5 4,3
6 Portugal 93,3 265,5 358,8 6,5
7 Belgien 96,2 329,8 426,0 5,3
8 Niederlande 62,9 431,8 494,6 8,1
9 Spanien 61,0 487,5 548,5 7,0
10 Griechenland 144,9 872,0 1.016,9 17,6
11 Luxemburg 19,1 1.096,5 1.115,6 12,0
12 Irland 92,5 1.404,7 1.497,2 10,4
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Implizite KostentreiberZunahme der altersspezifischen Ausgaben für Rente, Gesundheit und Pflege 2010–2060
Infolge großzügiger Rentensysteme ist in Griechenland und Luxemburg, aber auch in Spanien mit einer deutlich überdurchschnittlichen Zunahme der Rentenausgaben zu rechnen. Dies schlägt sich in einer hohen impliziten Staatsschuld nieder. Hingegen ist in Italien nur mit einer relativ geringen Zunahme der Renten-, Gesundheits- und Pflegeausgaben zu rechnen.
Quelle: Europäische Kommission, eigene Berechnungen.
1,22,5 2,1 3,1 2,7 2,3
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1,7 1,20,1
1,4 0,64,6
2,6
2,3
2,44,4 4,7 5,5 5,6 6,2 6,3 6,6
8,1 8,3 9,0
17,7
23,2
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Pflege
Gesundheit
Rente
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Konjunkturbereinigter Primärsaldo Konjunktureller Effekt
Neben Unterschieden in den altersabhängigen Ausgaben spiegelt das Nachhaltigkeitsranking auch die unterschiedliche fiskalische Ausgangslage wider. Beispielsweise leidet Irland unter einem ausgeprägten strukturellen Primärdefizit. Hingegen erklärt sich das gute Abschneiden Italiens auch aus einem strukturellen Primärüberschuss.
Quelle: Europäische Kommission, eigene Berechnungen. Werte ober- bzw. unterhalb der Balken entsprechen dem Primärsaldo.
Fiskalische Ausgangslage(Konjunkturbereinigte) Primärsalden der EURO12-Staaten (Prognose für 2011)