dying out:: was passiert bei ständiger unterforderung

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Dying out:: Was passiert bei ständiger Unterforderung? Ständige Unterforderung lässt unsere Fertigkeiten verkümmern. Das, was man wirklich kann und ist, darf nicht gezeigt werden - so die eigene Interpretation der Erfahrungen. Man stößt mit seinen Ideen auf Ablehnung und große Kritik. Oft gerät man in eine Kommunikation, die von einem : „Ja, aber..“ durch das Gegenüber bestimmt ist. Innerlich herrscht der Wunsch und auch das Bedürfnis sich weiter zu entwickeln und auszuprobieren. Von Außen wird dieses Anliegen gehemmt. Neugierig zu sein, zu entdecken und Neues zu finden ist etwas, was den Menschen beglückt. Studien haben sich mit diesem Thema befasst und die Hirnforschung hat herausgefunden, dass Glückshormone bei dem Erobern von komplexen Dingen ausgeschüttet werden. Den Unterforderten wird dies verwehrt. „Nein“ zu sagen ist ihnen ein Ding der Unmöglichkeit. Nicht weil sie „harmoniesüchtig“ sind, sondern weil sie schon früh gelernt haben sich hinten anzustellen und sich sehr an der Meinung von Außen zu orientieren. Zusätzlich kann man ja wirklich verdammt viel. Die Aufgaben trivialisieren die Persönlichkeit Und die vielen kleinen Dinge zu denen man „Nein“ sagen könnte, sind auf den ersten Blick ja nun auch wirklich keine große Sache. Also sagt man „Ja“. Aus gewünschter Qualität wird ein unübersichtlicher Haufen von banalen Kleinigkeiten, der am Ende das ganze Leben trivialisiert. Und man damit auch selber „flach“ und hohl wird. Jetzt könnte man sagen: copyright: Christina Zimmermann www.cor-institut.com 16.01.2012

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Das Aussterben von Fähigkeiten und Kompetenzen ist eine Folge von ständiger Unterforderung und der Beginn von Burnout.

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Page 1: Dying out::  Was passiert bei ständiger Unterforderung

Dying out:: Was passiert bei ständiger Unterforderung?

Ständige Unterforderung lässt unsere Fertigkeiten verkümmern. Das, was man wirklich kann

und ist, darf nicht gezeigt werden - so die eigene Interpretation der Erfahrungen. Man stößt

mit seinen Ideen auf Ablehnung und große Kritik. Oft gerät man in eine Kommunikation, die

von einem : „Ja, aber..“ durch das Gegenüber bestimmt ist. Innerlich herrscht der Wunsch

und auch das Bedürfnis sich weiter zu entwickeln und auszuprobieren. Von Außen wird dieses

Anliegen gehemmt. Neugierig zu sein, zu entdecken und Neues zu finden ist etwas, was den

Menschen beglückt. Studien haben sich mit diesem Thema befasst und die Hirnforschung hat

herausgefunden, dass Glückshormone bei dem Erobern von komplexen Dingen ausgeschüttet

werden. Den Unterforderten wird dies verwehrt. „Nein“ zu sagen ist ihnen ein Ding der

Unmöglichkeit. Nicht weil sie „harmoniesüchtig“ sind, sondern weil sie schon früh gelernt

haben sich hinten anzustellen und sich sehr an der Meinung von Außen zu orientieren.

Zusätzlich kann man ja wirklich verdammt viel.

Die Aufgaben trivialisieren die Persönlichkeit

Und die vielen kleinen Dinge zu denen man „Nein“ sagen könnte, sind auf den ersten Blick ja

nun auch wirklich keine große Sache. Also sagt man „Ja“. Aus gewünschter Qualität wird ein

unübersichtlicher Haufen von banalen Kleinigkeiten, der am Ende das ganze Leben

trivialisiert. Und man damit auch selber „flach“ und hohl wird. Jetzt könnte man sagen:

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„Mensch, gib die Dinge doch einfach ab!“ Ein Abgeben der Aufgaben geht nicht, weil man in

jedem Detail den größeren Zusammenhang erkennt. „Wenn die Post nicht von A nach B

kommt, passiert ....Also trage ich die Post selber zum Briefkasten.“ Und so geht das tagein

tagaus. Die Anderen sehen: „Guck mal, die geht ja sogar selber zum Briefkasten, viel

Verantwortung hat die nicht.“ Unterforderte machen sich grundsätzlich komplexe Gedanken.

Sollte man doch mal in die Versuchung geraten, jemanden die Gedanken mitteilen zu wollen,

wird man schnell mit Fragezeichen über dem Kopf des Anderen begrüßt. Wenn das Denken

erst mal wieder in die Gänge kommt, ist es bei Unterforderten kaum mehr zu bremsen.

Unterforderte sind Assoziationskünstler

Sie beherrschen die Assoziation, das schnelle Kombinieren und das Querdenken besonders

gut und können Erfahrungen der unterschiedlichsten Disziplinen miteinander verschränken.

Für sie besteht kein Widerspruch in mathematischen und künstlerischen Arbeiten. Sie haben

viele Interessen und wollen sehr gerne den Dingen auf den Grund gehen. So genau will es

dann aber am Ende doch niemand wissen. Das Gespräch wird versickern und zum Erliegen

kommen, so wie die Kompetenz des Unterforderten. Die Goldgrube ist wohl nicht erwünscht

und nach der Frustration kommt der Innere Rückzug. Man ist also nur noch heimlich schlau.

Darüber kann sich aber nichts entwickeln. Außer einem Burnout. Wenn man standardisierte

Abläufe einer Burnout-Erkrankung sieht (vgl. Burisch) wird als Beginn oft ein erhöhtes

Engagement genannt. Woher aber diese Arbeitswut rührt wird in dem Zusammenhang nicht

gefragt. Menschen mit einem dying out-Syndrom, einem Aussterben ihrer Fähigkeiten und

Kompetenzen, erleben an dieser Stelle nach langen Phasen des „Vor-sich-Hindümpelns“

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endlich eine Herausforderung, in die sie sich mit aller Macht hineinschmeißen. Jedoch mit

der typischen Eigenart des chronisch Unterforderten. Er sieht in jedem kleinen Detail das

große Ganze und wendet sich dann auch den kleinsten Aufgaben mit Hingabe zu, anstatt

seine Größe zu demonstrieren.

Einem unterforderten sind seine Kompetenzen peinlich

Im Beruf hat das Konsequenzen. Niemals wird jemand, der eine Position inne hat in dieser

Position in Frage gestellt, außer er macht wirklich eklatante Fehler. Zunächst einmal geht man

davon aus, dass jemand, der diese Stellung hat, diese auch verdient. Ein Unterforderter spielt

seine Kompetenzen gerne runter. Er wird vielleicht sagen, dass das ja alles Zufälle waren und

er nun eben diesen Posten inne hat, das wäre nicht so besonders. Auch wenn dem so sein

mag, dies ist der verkehrte Weg. „Ja, stimmt. Kompetenz wird gesehen. Bin gespannt wie das

weitergeht.“ Das wäre die bessere Alternative. Damit könnte ein mögliches „Eigenlob“

umgangen werden. Ein Respekt für die gute Wahl der anderen wird ausgesprochen und die

nächsten Schritte werden mal so in den Raum gegeben. In der Realität schwingt bei den

Unterforderten schon im Projekt-Stadium der großen neuen Herausforderung mit, dass man

wahrscheinlich wieder erfolglos bleibt. Die vielen kleinen Dinge machen einem schnell klar,

dass dieser Eifer zwar irgendwie bestaunt wird, aber in keinster Weise ausdrücklich erwünscht

ist. Die Werte sind nicht deckungsgleich noch bekommt der Überforderte für seinen Einsatz

echte Anerkennung. Er müsste sich ja nicht so ins Zeug werfen, werden die anderen denken.

Es kann sogar sein, dass die anderen sich durch seinen Einsatz abgewertet fühlen und meinen

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sie wären nicht ausreichend oder schlau genug. Im Übrigen etwas, woran der Unterforderte

nie denken würde. Sein Ziel ist es das Werk zum Gelingen zu bringen und er möchte sehr

gerne mit den anderen zusammen arbeiten und seine Fähigkeiten teilen. Er merkt nicht, dass

hinter seinem Rücken bereits über seinen Eifer getuschelt wird: „Mein Gott, wie übertrieben

und pingelig der ist, achtet bei jeder Kleinigkeit auf Genauigkeit und kommt auch noch

ständig mit neuen Ideen! Das ist eben so ein Perfektionist.“ Das Klima der Zusammenarbeit

spannt sich an, Missverständnisse werden entstehen und der Unterforderte kann sich nur

damit retten, indem er sich endlich ein Aufgabengebiet sucht, wo er sich nach Herzenslust

austoben kann oder indem er seine Schlauheit für sich behält.

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