drogenmarkt 2016 - was erwartet den konsumenten? · • rauschwirkung: euphorie, rededrang,...
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Kriminaltechnisches Institut
Dr. Michael Uhl
SG-Leiter Chemie
ISKA Nürnberg
Riskanter
Drogenkonsum und
Risikominimierung
Nürnberg, 16. November 2016
Kriminaltechnisches Institut
Drogenmarkt 2016 -Was erwartet den Konsumenten?
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Kriminaltechnisches Institut
Sachgebiet Chemie
• 15 Sachverständige/27 CTA
• Pro Jahr etwa 3000, teilweise sehr aufwändige Gutachten aus dem Bereich Rauschmitteluntersuchungen
• Gremienarbeit u.a. für das BMG
• Gutachten für den BGH
• Chem.-tox. Untersuchungen von Blut-/Urin/-Haarproben
• Arzneimitteluntersuchungen
• (und weitere Bereiche)
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Kriminaltechnisches Institut
Sachgebiet Chemie
Auftraggeber
• Polizei
• Staatsanwaltschaften
• Gerichte
Ausschließlich strafrechtlich relevante Untersuchungsaufträge
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Kriminaltechnisches Institut
Rauschmittel - die aktuelle Lage
Drogenmarkt 2016
Die Klassiker...-Dauerbrenner, Evergreens -Auslaufmodelle
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Kriminaltechnisches Institut
Rauschmittel - die aktuelle Lage
Drogenmarkt 2016
Besondere Klassiker, jetzt populärer denn je...-das Crystal-Phänomen: Metamfetamin(-HCl)-Fentanyl
Die “legal highs“ oder jetzt besser NpS...- Kräutermischungen (synth. Cannabinoide)-“party Pills“, „Badesalze“, “research chemicals“
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Die gute, alte Zeit (bis 2008)....
Vielfalt an BtM war lange ziemlich übersichtlich...
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Kriminaltechnisches Institut
Die gute, alte Zeit (bis 2008)....
Eigentlich über 300 einzelne Substanzen im BtMG... ...aber eigentlich gab es nur:
•Cannabis•Cocain-(Hydrochlorid)•Amfetamin-(Sulfat)•Ecstasy•Heroin•Crystal, d.h. Metamfetamin(-HCl) •Ab und zu LSD•Andere Rauschmittel tauchten relativ selten auf
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Vermehrtes Auftauchen alternativer Rauschmittel
Zusätzlich zu diesen Klassikern:
•psychoaktive Pflanzen
•GBL (liquid ecstasy, Hochphase 2007 bis 2010)
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THC-Gehalt: Cannabis-Produkte im Jahr 2015
Was machen die Klassiker jetzt?
• Haschisch: Ø 13,2 % THC (Spitzenwert: 32,8 %)
• Cannabiskraut: Ø 3,0 % THC (Spitzenwert: 16 %)
• Blütenstände: Ø 11,5 % THC (Spitzenwert: 35,8 %)
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Was machen die Klassiker jetzt?
Cannabis, insbesondere Marihuana mit viel THC
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Qualität von Amfetamin 2015
Streckmittel rel. HäufigkeitCoffein 82 %
Milchzucker 35 %
Creatin 14 %
unverschnitten 11 %
Ø 23,9 % Amfetamin-Base
Was machen die Klassiker jetzt?
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Was machen die Klassiker jetzt?
Ecstasy……wird wieder populärer:Allein im BLKA wurden 2015113 000 Tabletten untersucht
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Was machen die Klassiker jetzt?
Durchschnittl. Gehalt MDMA pro Tablette steigt:
2005 – 2013 Ø 35 - 80 mg
2014 / 2015 Ø 111 / 108 mg
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Qualität von Cocain 2015
Was machen die Klassiker jetzt?
Streckmittel rel. Häufigkeit
Levamisol 75 %
Phenacetin 15 %
Milchzucker 29 %
Lidocain 22 %
Hydroxyzin 5 %
unverschnitten 10 %
Ø 51 % Cocain-HCl
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Qualität von Heroin 2015
Was machen die Klassiker jetzt?
Streckmittel rel. Häufigkeit
Paracetamol 82 %
Coffein 84 %
Milchzucker 11 %
Mannit 12 %
unverschnitten 7 %
Ø 26,5 % Heroin-Base
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Was machen die Klassiker jetzt?
LSD ist nicht besonders häufig, oft
Falschware oder eine anderer Wirkstoff
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Schwerpunkte in Sachsen, Thüringen, Bayern
Besondere Klassiker, jetzt populärer denn je: Crystal
Metamfetamin-Hydrochlorid/Crystal Meth
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Metamfetamin – Wirkung I
• Wirkungsdauer: ca. 6 - 24 h
• Rauschwirkung: Euphorie, Rededrang, Intensivierung v. Sinneseindrücken, lange Wachphasen, erh. Konzentration, Enthemmung, Aggression; in der Spätphase Erschöpfung
• Chronischer Missbrauch: Trugwahrnehmungen,
Persönlichkeitsveränderung, Gewichtsverlust, Paranoia,
Organschäden, Hyperthermie
Besondere Klassiker, jetzt populärer denn je: Crystal
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• Schlaganfälle, Krampfanfälle, Kopfschmerzen
• Gereiztheit, Unruhe
• Depressionen, Ängstlichkeit, Reizbarkeit, Wut
• Gedächtnisstörungen, Verwirrtheit (“Verpeiltheit”),
• Aufmerksamkeitsstörungen
• Schlafstörungen/ Alpträume
• Paranoia (Verfolgungsgedanken), akustische Halluzinationen
• (Stimmen hören), Panikreaktionen
• Suizidgedanken (Selbstmordgedanken)
• Nasennebenhöhleninfektionen
• Verlust Geruchssinn, Nasenbluten, chronisches Naselaufen,
• Heiserkeit
Besondere Klassiker, jetzt populärer denn je: Crystal
Metamfetamin – Wirkung II
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• Schluckbeschwerden• Brustschmerz, Husten und Atemstörungen (beim Entzug)• Herzrhythmusstörungen bis Herzinfarkt (Herzanfall)• Magendarmprobleme (Magenschmerzen und Übelkeit)• Libidoverlust (keine Lust auf Sex)• Mangelernährung, Unterernährung, Gewichtsverlust.• Schwäche, Müdigkeit, Tremor (Zittern) Schwitzen• Fettige Haut, Pickel, aufgekratzte Stellen (Exkoriationen)• Muskelschmerzen und Rückenschmerzen• Trockener Mund, aufgesprungene Lippen• Abgenutzte Zähne und Karies (ständiges Knirschen- zu wenigSpeichel-Mundreinigung vergessen)
Besondere Klassiker, jetzt populärer denn je: Crystal
Metamfetamin – Wirkung III
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Metamfetamin – Wirkung IV
Besondere Klassiker, jetzt populärer denn je: Crystal
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Metamfetamin – Wirkung V
Besondere Klassiker, jetzt populärer denn je: Crystal
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Besondere Klassiker, jetzt populärer denn je: Fentanyl
Neue Popularität von Altbekanntem
Fentanyl
Sehr starkes synthetisches Opioid, Agonist am µ-Rezeptor, mind. 100 x stärker wirksam als Morphin
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Fentanyl – Darreichungsformen
Fentanyl: erhältlich als transdermales Pflaster, Buccal-/Sublingual/-Lutschtabletten, Nasenspray, Injektionslösung
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Fentanyl – transdermale Pflaster
Wirkstoffmenge in transdermalen Pflastern
Dosierungen von 12,5 µg/h bis 150 µg/h• 12,5 µg/h, 5,25 cm2, insgesamt 2,1 mg Fentanyl
• 150 µg/h, 63 cm2, insgesamt 34,65 mg Fentanyl
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Fentanyl – Missbrauch
Beschaffung
Illegal:
• in der RG-Szene:
1 Pflaster, 25 µg/h kostet 25 €
1 Pflaster, 100µg/h kostet 100 €
• Diebstahl u.a. durch Klinikpersonal
Kreative Beschaffungswege:
• Verordnung durch mehrere Ärzte „Ärzte-Hopping“ (bis zu 30!)
• Sammeln gebrauchter Pflaster
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Fentanyl – Missbrauch
Der Konsum erfolgt
• Oral durch Lutschen/Kauen
neuer/gebrauchter Pflaster
• I.v. durch Herauslösen und Erhitzen
neuer/gebrauchter Pflaster
• Manchmal auch bestimmungsgemäßes Aufkleben
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Besondere Klassiker, jetzt populärer denn je: Fentanyl
Bemerkenswerte Wirkstoffkombination
Extrakte von Einwegspritzen mit jeweils
Fentanyl und MDPV (NPS)
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“Legal Highs“ / NpS
•„Kräutermischungen“ mit synthetischen Cannabinoiden
•„Badesalze“, meist Stimulantia (synth. Cathinone,
Amfetamin-Derivate, Piperazine)
• Opioide / Sedativa (z.B. AH-7921, Phenazepam,
Etizolam...)
• Cocain-Imitate („Gogaine“, Dimethocain)
• Halluzinogene (Tryptamin-Derivate,
hochpotente Phenethylamine...)
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Kräutermischungen: „Spice“, das erste bekannte Produkt
Die internationale Gemeinschaft der Toxikologen hat intensiv geforscht und monatelang gerätselt, was die Ursache für die psychoaktive Wirkung der Kräutermischung sein könnte.
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Kräutermischungen: Spice, das erste bekannte Produkt
Dieses angeblich rein pflanzliche Erzeugnis sollte nur aus verschiedenen exotischen, z.T. wenig erforschten Kräutern bestehen:
MeeresbohneBlaue LotusblumeHelmkraut LäusekrautMaconha brava (falsches Marihuana)Indischer LotusSibirischer Löwenschwanz
Fehldeklaration als Produkt zur Raumluftverbesserung
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Kräutermischungen: Spice, das erste bekannte Produkt
Zunächst eine sinnesphysiologische Charakterisierungdurch den Ethnopharmakologen Dr. Christian Rätsch
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Kräutermischungen: Spice, das erste bekannte Produkt
Nach intensiver Forschung und analytischer Suche wurde 2009 klar:
Die psychoaktive Wirkung erfolgt nicht durch den Konsum natürlicher Kräuter und ihrer natürlichen Inhaltsstoffe, sondern allein durch Zusätze synthetischer Cannabinoide.
Sie sind in ihrer Wirkung ähnlich THC.
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OH
OH
CP 47,497
O
OH∆9-THC
O N
JWH-018
Kräutermischungen: die frühe Phase
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Kräutermischungen: Inhomogenität des Packungsinhalts
Wirkstoffe als Bodensatz im Tütchen
� Gefahr der Überdosierung!
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Unerwünschte Wirkungen synth. Cannabinoide*
• kardiovaskulär - Tachykardie (37-76%)- arterielle Hypertonie (10-34%)- EKG-Veränderungen (2-14%)
• neurologisch- Schwindel (9-24%)- Bewusstseinsverlust (2-17%)- Somnolenz (17-19%)
• nephrologisch- Nierenversagen (F-haltiges XLR-11)
* Lit: Hohmann et al., Dt. Ärztebl. 2014; 111(9), 139-147
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Unerwünschte Wirkungen synth. Cannabinoide*
• gastrointestinal- Nausea/Emesis (9-28%)
• psychiatrisch- Agitation (19-41%)- Verwirrtheit (9-14%)- Halluzinationen (11-38%)- Verwirrtheit (9 -14%)- Angststörung/Panikattacken (21%)- anterograde Amnesie (7%)
* Lit: Hohmann et al., Dt. Ärztebl. 2014; 111(9), 139-147
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Kräutermischungen: Straftaten, Suizide, Intoxikationen
Herzstillstandnach Konsum einer Kräutermischung mit UR-144
Todesfall aus 201516-Jähriger raucht unbekanntes Substanzgemisch, neben dem Toten: weißes Pulver→AB-CHMINACA
Selbstbeibringung von 7 Messerstichenim Bauchraum AM-2201 auf Papierbriefchen und in der Blutprobe
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Kräutermischungen: die Büchse der Pandora
Es existieren viele Schubladen, in
denen sich alle möglichen
synthetischen Cannabinoide
befinden...
sie müssen nur geöffnet werden...
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Compound Synthesis R R' R" R'" CB1 CB2
THC 41 ± 2 36 ± 10WIN-55,212-2 1.9 ± 0.1 0.28 ± 0.16
JWH-072 C3H7 H H H 1050 ± 55 170 ± 54
JWH-015 C3H7 CH3 H H 164 ± 22 13.8 ± 4.6
JWH-018 C5H11 H H H 9 ± 5 2.9 ± 2.6
JWH-007 C5H11 CH3 H H 93 ± 4.5 2.9 ± 2.6
JWH-120 B C3H7 H CH3 H 1054 ± 31 6.1 ± 0.7
JWH-148 A C3H7 CH3 CH3 H 123 ± 8 14 ± 1.0
JWH-122 C5H11 H CH3 H 0.69 ± 0.5 1.2 ± 1.2
JWH-149 C5H11 CH3 CH3 H 5.0 ± 2.1 0.73 ± 0.03
JWH-212 C C3H7 H C2H5 H 33 ± 0.9 10 ± 1.2
JWH-211 C C3H7 CH3 C2H5 H 70 ± 0.8 12 ± 0.8
JWH-210 C C5H11 H C2H5 H 0.46 ± 0.03 0.69 ± 0.01
JWH-213 C C5H11 CH3 C2H5 H 1.5 ± 0.2 0.42 ± 0.05
JWH-180 C C3H7 H C3H7 H 26 ± 2 9.6 ± 2.0
JWH-189 C C3H7 CH3 C3H7 H 52 ± 2 12 ± 0.8
JWH-182 C C5H11 H C3H7 H 0.65 ± 0.03 1.1 ± 0.1
JWH-181 C C5H11 CH3 C3H7 H 1.3 ± 0.1 0.62 ± 0.04
JWH-239 C C3H7 H C4H9 H 342 ± 20 52 ± 6
JWH-241 C C3H7 CH3 C4H9 H 147 ± 20 49 ± 7
JWH-240 C C5H11 H C4H9 H 14 ± 1 7.2 ± 1.3
JWH-242 C C5H11 CH3 C4H9 H 42 ± 9 6.5 ± 0.3
JWH-076 A C3H7 CH3 H CH3 214 ± 11 106 ± 46
JWH-046 C3H7 CH3 H CH3 343 ± 38 16 ± 5
JWH-048 C5H11 CH3 H CH3 10.7 ± 1.0 0.49 ± 0.1
JWH-235 B C3H7 H H C2H5 338 ± 34 123 ± 34
JWH-236 B C3H7 CH3 H C2H5 1351 ± 204 240 ± 63
JWH-234 B C5H11 H H C2H5 8.4 ± 1.8 3.8 ± 0,6
JWH-262 B C5H11 CH3 H C2H5 28 ± 3 5.6 ± 0.7
Synthetische Cannabinoide: Die Palette ist riesig
Eine „kleine“ Auswahl
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Synthetische Cannabinoide
Kreative strukturelle Variationen
Source: EMCDDA
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Kräutermischungen: Vielfalt und monströse Gemische
Einige besondere Befunde aus dem BLKA:
• In ungeöffneten Packungen “Bla-Bla“ mit: JWH-018, JWH-081, JWH-200, Naphyron
•“Bonzai summer boost“ mit:
AM-2201, JWH-122, JWH-210
• In einer bereits geöffneten Tüte befanden sich JWH-073, JWH-122, JWH-203, JWH-210,
JWH-250, JWH-251
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Kräutermischungen: multiple Problematik
Packungen, die verschiedene synthetische Cannabinoide enthalten, werfen zahlreiche Probleme auf:
• AnalytischIdentifizierung und Quantifizierung mehrerer Komponenten
• RechtlichKonsumeinheitNicht geringe Menge (Vergehen/Verbrechen)
• Toxikologische Bewertungadditive/hyperadditive/(antagonistische) Effekte?
Toxizität, Langzeitschäden?
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Kriminaltechnisches Institut
CP 47,497
Synthetische Cannabinoide: die aktuellen Trends
2015 waren die wichtigsten SC…
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Kriminaltechnisches Institut
CP 47,497
Synthetische Cannabinoide: die aktuellen Trends
2016 ist wichtig (mit der 31. BtMÄndV, vom 31.05.16 BtM)
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Fall mit 1215 Packungen Kräutermischungen
Besonders aufwändiger Fall
• 31 Produkte• 1215 Päckchen • Keine BtM• Aufwand
100 h für Laborpersonal 60 h für Sachverständige
• Kostenca. 13 500 € (leider nur fikt.)
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Fall mit 1215 Packungen Kräutermischungen
AB-CHMINACAAB-CHMINACA
AB-CHMINACA
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Fall mit 1215 Packungen Kräutermischungen
BB-22 bzw.5F-PB-22 AB-CHMINACAAB-CHMINACA
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„Badesalze“, “Research Chemicals“, “Party Pills“
Bei den sog.
• „Badesalzen“• “Research Chemicals“ • “Party Pills“
handelt es sich um chemische Substanzen ohne einheitliche Grundstruktur und sehr unterschiedlicher Wirkungsweise (stimulierend, halluzinogen, entaktogen).
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Kriminaltechnisches Institut
Konsumentenkreis für NpS
• Neulinge (oft auffallend jung, z. B. 16 - 21 Jahre), die eine legale
Rauschdroge suchen bzw. den anonymen Internethandel bevorzugen
� typische Einstiegsdroge
• Experimentierfreudige, erfahrene Konsumenten
• BtM-Konsumenten, die aus strafrechtlichen Gründen (offene Bewährung)
oder wegen Urintests (Fahrerlaubnis, Entzugsprogramm) auf legale bzw.
schwer nachweisbare Stoffe wechseln
• Daneben auch Verwendung als
“Brain doping“ zur Leistungssteigerung in Schule und Beruf
BtM-Fälschung bzw. Streckmittel in BtM-Zubereitungen
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• Meist ansprechende Verpackung
• Vermarktung als...
Badesalz, Dünger, Reinigungsmittel (z.B.
Felgenreinigerkonzentrat, Badreiniger),
Papageienkäfigeinstreu, Meditationspulver, …
• Oft versteckter Hinweis auf tatsächliche Verwendung
„Badesalze“, “Research Chemicals“, “Party Pills“
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„Badesalz“: CHARGE+ - wechselnde Aufmachung
Vom
Badesalz
über den
Blumendünger
zum
Badreiniger
Gängige Zusammensetzung:
3-FMC, Lidocain, (Coffein)
Zusammensetzung zuletzt:
3-FMC, Benzocain, Coffein
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Kriminaltechnisches Institut
Designerdrogen
A. Shulgin - Pate vieler Designerdrogen
Shulgin, verstorben 2014
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Cathinon - Grundstruktur zahlreicher NPS
Wirkstoffe von Khat:- Cathinon- Cathin- Norephedrin
NH2
O
CH3
Cathinon
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O
O
NH
O
CH3CH3
O
O
NHCH3
CH3
O
O
NH
O
CH3CH2
CH3
O
O
NH
O
CH3
CH3
O
O
O
CH3
N
NH2
O
CH3
Wurden nach und nach Betäubungsmittel i.S.d. BtMG
Butylon
MDMA
Cathinon
MDPV
MethylonEthylon
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Tendenziell positive Wirkungen synth. Cathinone*
Konsumenten berichten über:
•Euphorie•Antriebssteigerung•Redseligkeit•Bewegungs- und Handlungsdrang•Stimmungsaufhellung•verringerte Feindseligkeit•klares Denken•sexuelle Stimulation•verstärkte Musikwahrnehmung
* Lit: Hohmann et al., Dt. Ärztebl. 2014; 111(9), 139-147
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Unerwünschte Wirkungen synth. Cathinone*
• kardiovaskulär - Tachykardie (22-56%)- arterielle Hypertonie (4-25%)- Palpitationen (11-28%)
• neurologisch- Kopfschmerzen (5-17%)- Mydriasis (7-13%)- Benommenheit (8-12%)
• muskulär- Rhabdomyolyse (6%)
* Lit: Hohmann et al., Dt. Ärztebl. 2014; 111(9), 139-147
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Unerwünschte Wirkungen synth. Cathinone*
• gastrointestinal- Nausea/Emesis (5-22%)
• pulmologisch- Hyperventilation/Tachypnoe (7%)
• psychiatrisch- Agitation (50-82%)- Aggression (57%)- Halluzinationen (27-40%)- Verwirrtheit (14-34%)- Angst (15-17%)
* Lit: Hohmann et al., Dt. Ärztebl. 2014; 111(9), 139-147
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Bes. Gefahren durch Konsum synthetischer Cathinone
• Dosierung / Konsumeinheit: ca. 100 bis 200 mg oral (MDPV ca. 10 bis 25 mg oral, 3,4-DMMC > 300 mg=> Gefahr von Verwechslungen)
• Stimulantien, in der Regel klinisch nicht/kaum erforscht
• In den Jahren 2009-2011 sind in GB 128 Todesfälle nach der Einnahme von Mephedron belegt; autoaggresives oder suizidales Verhalten!
• 2011-2012 Todesfälle nach Konsum von MDPV, Butylon, Methedron
CH3
NH
O
CH3CH3
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“Research Chemicals (rc‘s)“
• Meist schlichte Verpackung als „Laborchemikalie“
• Meist ungestreckte, einzelne Wirkstoffe, teils jedoch mit
Synthesenebenprodukten
• Gelegentlich falsch deklariert!
• Verschiedenste Wirkstoffe (Piperazine, Cathinone, Cannabinoide,
Tryptamine, Pharmawirkstoffe, …)
• (Industrielle) Synthese in Laboren in Fernost
• Größen von ca. 1 g bis 1 kg, meist aber unterer Grammbereich
• Meist preisgünstig, bezogen auf die Menge der Konsumeinheiten
• Vertrieb über das Internet
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Potente “ rc‘s“
Vertrieb als rc‘s in sehr kleinen Verpackungseinheiten:
z.B.: 25B-NBOMe, 3-MeO-PCP, 4-HO-MET
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Weitere Trends bei den “rc‘s“
• Derivate von Medikamenten bzw. in Deutschland nicht verkehrsfähige Arzneimittelwirkstoffez.B.:- Ethylphenidat (Ritalin-Ersatz, BtM)- 3,4-Dichlormethylphenidat- Methoxetamin (MXE, Derivat von Ketamin, BtM)- Ethketamin - Etizolam (Benzo-Derivat; BtM)
• Amfetamin-Derivate
• Halluzinogene (Tryptamin-Derivate, Escalin und andere Phenethylamin-Derivate)
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Neue Trends bei den “Party Pills“
Tabletten mit Wirkstoff 2C-P (ein Halluzinogen)
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Aktuelle Todesfälle im Oktober 2016 mit PMMA
Tabletten mit 160 mg PMMA (p-Methoxy-Metamfetamin)Konsumenten • Verzögerter Wirkungseintritt • Nachlegen • geringe therapeut. Breite (Wirkung-Letaldosis) • Überdosis
Dosis 40 - 110 mg
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Potente neue psychoaktive Wirkstoffe
Vermeintliche LSD-Trips mit Wirkstoff 25I-NBOMe
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Potente neue psychoaktive Wirkstoffe
LSDKE 50 µg
LSZwahrsch.
50 bis 150 µg
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Phenazepam
NH
N
O
Br
Cl
Phenazepam
• hochpotenter Wirkstoff aus der Gruppe der Benzodiazepine
• Dosierung: 0,5 - 2 mg
• wasserunlöslich => schlecht dosierbar, akute Gefahr von Überdosierungen mit lang anhaltender Sedierung
• Verwendung von 1,2-Propandiol (Propylenglycol) als Lösungsmittel
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NpS
Bemerkenswerte Gemische:
MDPV und Sildenafil
Cocain-HCl (12%), MDPV, Metamfepramon, Levamisol, und 5-MeO-DALT
BZP, TFMPP, MDPV und Phenzepam
BZP, TFMPP, MDPV, Phenzepam, Benzocain, Procain,und Coffein
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Kriminaltechnisches Institut
• Kräutermischungen: meist mit Tabak gemischt, in Bong oder als Joint
geraucht (ca. 0,2 – 0,5 g Kräutermischung)
• Party Pills: oral, meist 1 – 2 Kapseln, v.a. auf Parties o.ä.
• Badesalze: oral oder nasal, z.T. i.v., Menge individuell, oft auf Parties o.ä.
• Research Chemicals: Konsum pur oder in selbst hergestellten
Mischungen - oral, nasal, geraucht, von Alufolie verdampft, vaporisiert
• oraler Konsum von NpS oft in Hartgelatinekapseln, „Bömbchen“ oder in
Getränken
• nasaler Konsum teils sehr unangenehm
Wie werden die verschiedenen NpS meist konsumiert ?
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Straftaten und Intoxikationen nach Konsum von NpS
• Intoxikation - Regungslose Person- Sicherstellung eines Druckverschlussbeutels (laut Aufdruck: Methylon)
Inhalt des Beutels: Pentedron
• Tödliche Intoxikation- Auffindung einer toten Person- Sicherstellung verschiedener „Kräutermischungen“ (JWH-210) und
„Badesalze“ (u.a. 4-MEC)- Im angerauchten Joint wurde JWH-210 nachgewiesen- Blutprobe: 4-MEC und sehr viel JWH-210
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Kriminaltechnisches Institut
Straftaten und Intoxikationen nach Konsum von NPS
• „Amoklauf“ unter Einfluss von MDPV- Sicherstellung von MDPV- Nachweis von MDPV in der ca. 4-5 Wochen nach dem Tatzeitpunkt
entnommenen Haarprobe (BLKA) und in der Blutprobe (IRM München)
• Schwere Körperverletzung- Sicherstellung von diversen Kräutermischungen und weißen Pulvern
mit 5-MeO-DALT, 4-MEC, MDPV, FMC, JWH-210- In der Haarprobe 5-MeO-DALT, 4-MEC, JWH-210, MDPV
und JWH-122
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Kriminaltechnisches Institut
Wie gefährlich sind die verschiedenen Rauschmittel?
Wieviel braucht man von einer Droge für10 000 Rauschzustände?
Source: EMCDDA
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Kriminaltechnisches Institut
• Inhomogene Zusammensetzungen (z.B. Kräutermischungen)
• Immer wieder neue, nicht bzw. kaum erforschte Wirkstoffe
• Verzögerter Wirkungseintritt => zu schnelles „Nachlegen“
• Hoch potente Wirkstoffe => Dosierungsprobleme
• Falsch oder nicht deklarierte NpS (z.B. MDPV statt Methylon)
• Unerwartete Nebenwirkungen / Wechselwirkungen
Zusammenfassung: Risiken durch Konsum von NpS
=> Große Gefahr von Intoxikationen, die in der Praxis aufgrund der Vielfalt an Wirkstoffen nur symptomatisch behandelt werden können.