dr. marc gottschald: die stiftungsgründung. wie schaffe ich ein stück ewigkeit?

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Page 1: Dr. Marc Gottschald: Die Stiftungsgründung. Wie schaffe ich ein Stück Ewigkeit?

Finanzierung und Förderung F 3.2

Private Kulturförderung

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Die Stiftungsgründung

Wie schaffe ich ein Stück Ewigkeit?

Dr. Marc Gottschald

In diesem Beitrag wird gezeigt, wann es sinnvoll ist, eine Stiftung zu gründen, welche Schritte hierzu notwendig sind und was es dabei zu bedenken gibt. Darüber hinaus werden die strategi-schen, finanziellen und juristischen Gestaltungsoptionen vor und nach der Gründungsphase aufge-zeigt.

Gliederung Seite

1. Ein kurzer Überblick 2

2. Motive und Gründe für die Errichtung einer Stiftung 4

3. Stiftungen in Deutschland 8

4. Welche Rechtsform ist für mich geeignet? 9 4.1 Die rechtsfähige Stiftung bürgerlichen Rechts 10 4.2 Die Treuhandstiftung 10 4.3 Stiftungsalternativen: Zustiftung und Spende 10 4.4 Steuerliche Aspekte 11 4.5 Die Stiftung öffentlichen Rechts 12

5. Der Stiftungszweck 13 5.1 Den richtigen Zweck finden 13 5.2 Ist der Zweck gemeinnützig? 15

6. Stiftungsvermögen 16

7. Organisation 19 7.1 Satzung 19 7.2 Organe 20

8. Anerkennungsverfahren 21

9. Das erste Jahr 22

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F 3.2 Finanzierung und Förderung

Private Kulturförderung

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1. Ein kurzer Überblick

Eine Stiftung zu gründen, ist nicht schwer und es gibt zahlreiche Mo-tive, warum sich zunehmend mehr Privatpersonen, aber auch Instituti-onen oder Unternehmen zur dauerhaften Kulturförderung entschlie-ßen. Das Stiftungswesen befindet sich im Umbruch. Nie wurden so viele Stiftungen gegründet wie in den vergangenen 10 Jahren.

Auch wenn bekannte Stiftungen wie die Zeit-Stiftung oder die Allianz Kulturstiftung über ein sehr hohes Stiftungskapital verfügen, sind für eine Stiftungsgründung keine Millionenbeträge notwendig. Mehr als die Hälfte aller bestehenden Stiftungen in Deutschland haben ein Ka-pital in einer Höhe von unter 500.000 €, rund 70 % sogar unter einer Mio. €.1 Gerade die große Anzahl kleinerer Kulturstiftungen ist eine verlässliche Stütze für ein vitales und vielfältiges Kulturleben.2 Sie ermöglichen innovative Projekte, Ankäufe für Museen, fördern Künst-ler, vergeben Stipendien oder erhalten Institutionen durch eine konti-nuierliche Förderung. Unbürokratisch und flexibel können Stiftungen Projekte entwickeln, die oft eine so große Attraktivität entfalten, dass zusätzliche Spenden für das Vorhaben akquiriert werden können. Da-bei lassen sie sich nicht zu Aufgaben verpflichten, die zu den Kern-aufgaben des Staates gehören.

Einer Kultureinrichtung oder einzelnen Bereichen in der Kultur kann nichts Besseres passieren, als die Zusage für eine permanente Förde-rung, die über den finanziellen Aspekt hinaus oft mit einem großen persönlichen Engagement des Stifters verbunden ist. Dabei können Kulturschaffende potentiellen Stiftern viele Anregungen oder sogar den entscheidenden Impuls für eine Stiftungsgründung geben.

Dieser Artikel zeigt Schritt für Schritt, wie eine Stiftung gegründet wird, welche Alternativen es hierbei gibt und welche Gestaltungsopti-onen bedacht werden sollten. Insbesondere soll aber neben der Ver-mittlung des „Handwerkszeugs“ für die erfolgreiche Stiftungsgrün-dung auch aufgezeigt werden, wie ein geeigneter Stiftungszweck ge-funden und festgelegt wird. Denn eine Stiftung ist bis auf wenige Ausnahmen für die Ewigkeit ausgerichtet und nachträgliche Änderun-gen sind nur schwer durchsetzbar. Daher ist die Planungsphase bis zur Stiftungsgründung besonders entscheidend.

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Vorweg in aller Kürze: Jeder kann eine Stiftung gründen. Dabei ist es egal, ob eine Kultureinrichtung, ein Unternehmen oder eine Privatper-son der Stifter ist. Zur Gründung einer Stiftung ist ein Mindestkapital in Höhe von 50.000 € notwendig. Mit den Zinserträgen aus diesem Kapital wird dann der so genannte Stiftungszweck erfüllt. Das Stif-tungskapital als solches ist unantastbar und darf in der Regel nicht aufgebraucht werden. Dabei muss das Vermögen nicht aus Geld be-stehen. Auch eine Immobilie kann Kapitalbasis einer Stiftung sein, die ihren Zweck mit den Erträgen des Mietzinses erfüllt. Entscheidend ist, dass der Zweck mit dem Stiftungsvermögen dauerhaft erfüllt werden kann. Zwar gibt es auch Stiftungen, die mit einem geringeren Grund-kapital als 50.000 € anerkannt werden, jedoch ist dies nur dann sinn-voll, wenn eine weitere Kapitalzuführung geplant ist.3

Das Stiftungskapital ist damit ein entscheidender Punkt bei den Über-legungen zur Errichtung einer Stiftung. Es gibt auf dem Weg zur Stif-tungsgründung weitere formale Kriterien, die erwogen und schließlich verbindlich in einer Stiftungssatzung festgelegt werden müssen: Hier wird mit dem Stiftungszweck niedergeschrieben, wofür das Kapital verwendet werden soll, welche Stiftungsorgane die Stiftung vertreten und weitere Regelungen, die für die Organisation notwendig sind. Doch dazu später mehr.

Die meisten Stiftungen in Deutschland sind so genannte Stiftungen bürgerlichen Rechts.4 Deren Satzung muss durch die zuständige Stif-tungsaufsicht anerkannt werden, damit die Stiftungsgründung formal abgeschlossen und rechtskräftig ist.

Doch es gibt noch weitere Möglichkeiten als die Gründung einer Stif-tung bürgerlichen Rechts, die zumindest einmal durchdacht werden sollten. Sofern das Kapital in der notwendigen Höhe (noch) nicht zur Verfügung steht, kann beispielsweise auch die Gründung einer un-selbstständigen Stiftung oder eine Zustiftung in Betracht gezogen werden.

Im Folgenden werden die erforderlichen Schritte zur Stiftungsgrün-dung erörtert, anhand derer individuell geprüft werden kann, ob eine Gründung sinnvoll ist. Es werden außerdem die Formalien erklärt, die erfüllt sein müssen, bevor die Stiftungsaufsicht eine neue Stiftung anerkennt. Der Entwicklungsprozess und eine Themenübersicht dieses Beitrages werden in Abbildung F 3.2-1 nochmals zusammengefasst:

Mindestkapital

Anerkennung erfolgt durch Stiftungsaufsicht

Vorgehensweise

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F 3.2 Finanzierung und Förderung

Private Kulturförderung

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Abb. F 3.2-1 Meilensteine Stiftungsentwicklung

Die Gründung und Verwaltung einer Stiftung ist trotz vieler noch un-bekannter Begrifflichkeiten und vielleicht bestehender Sorge vor der Bürokratie des Anerkennungsverfahrens durch die staatliche Stif-tungsaufsicht einfacher als man denkt!

2. Motive und Gründe für die Errichtung einer Stiftung

Es gibt viele Motive, eine Stiftung zu gründen. Sie sind so individuell wie die Stifter selbst. Wer sich mit dem Gedanken einer Stiftungs-gründung trägt – oder andere hierzu ermutigen bzw. beraten möchte -, sollte die Beweggründe herausfinden und diese benennen können. Denn vor der Entscheidung, eine Stiftung zu gründen und damit be-stimmte Kulturbereiche zu fördern, ist es ratsam, sich der übergeord-neten Zielsetzung bewusst zu werden. Erst dann sollte der genau zu verwirklichende Stiftungszweck formuliert werden.

Oft treibt die Faszination, ein Stück Ewigkeit zu schaffen, potentielle Stifter. Ohne genau zu wissen, welchen Zweck die Stiftung inhaltlich erfüllen soll, möchten manche Stifter einfach dauerhaft „etwas Gutes tun“. Doch sollte jeder Stifter möglichst seine eigene Vision von sei-ner künftigen Stiftung in Worte fassen können. Hier können Kultur-schaffende eine wichtige Ratgeber- und Moderationsfunktion erfüllen.

Vom Motiv zum Zweck