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Zwischen historischer Authentizitt und
Nutzbarmachung moderner Errungenschaften:
Hans Dagobert Brugers Konzept einer
Laute fr das 20. Jahrhundert.
Bachelorarbeit im Fach Musikwissenschaft an der Universitt der Knste Berlin
vorgelegt von Torsten Gehlhar am 15. September 2011, Berlin
betreut von Prof. Dr. Susanne Fontaine
und Dr. Philine Lautenschlger
(berarbeitete Fassung. Berlin, April 2013)
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Inhaltsverzeichnis
Einleitung........................................................................................................................3
1 Die moderne Laute nach Hans Dagobert Bruger...................................................6
1.1 berblick............................................................................................................6
1.2 Allgemeine Beschaffenheit: Teile, Besaitung, Stimmung, Klang, Herkunft.....8
1.3 Spielweise: Notation, Stil, Spieltechnik...........................................................13
1.4 Knstlerische Praxis: Repertoire und Didaktik................................................15
2 Moderne oder Bastardlaute? .................................................................................18
2.1 Zwei Ansprche...............................................................................................18
2.2 Zur baulichen Herkunft der modernen Laute...................................................20
2.3 Fazit..................................................................................................................22
Literatur........................................................................................................................23
Anhang..........................................................................................................................25
Abbildungen............................................................................................................25
Korrespondenzen....................................................................................................28
Verzeichnis der recherchierten Arbeiten Hans Dagobert Brugers ..........................30
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Einleitung
Die Laute des 16. und 17. Jahrhunderts und die ihr eigentmliche Musik sind fr unsere heutige Zeit tot, und alle Versuche, sie wieder knstlich zu neuem Leben zu erwecken [] sind vergebens.1
Mit diesem provokanten Ausspruch lag Erwin Schwarz-Reiflingen, um 1920
einflussreicher Herausgeber der Zeitschrift Die Gitarre aus heutiger Perspektive
falsch. Einerseits pflegten im 20. Jahrhunderts die Gitarrenspieler das Lautenrepertoire,
andererseits entwickelte und professionalisierte sich im Rahmen der Alte-Musik-
Bewegung auch das historisch orientierte Lautenspiel.2
Doch in einem Punkt behielt Schwarz-Reiflingen recht. Whrend heute eine
moderne Konzertgitarre existiert, gilt die Laute als ausgestorbenes Instrument. Sie
fhrt im Gegensatz zu ihrem populren Schwesterinstrument im gegenwrtigen
Musikbetrieb ein Nischendasein, beschrnkt auf die historische Auffhrungspraxis. Fr
die Gitarre entstehen noch immer zeitgenssische Kompositionen; die Spieltechnik, die
Didaktik und das Instrument selbst werden weiterentwickelt. Fr die Laute hingegen
kommt nur das historische Repertoire, eine mglichst historisch getreue Spieltechnik
und das Spiel auf Kopien alter Originalinstrumente in Frage.
Der Umgang mit Auffhrungspraxis auf diese sensible Art hat besonderen
wissenschaftlichen und knstlerischen Wert und daher seine volle Berechtigung. Es
schrnkt aber in Absolutheit praktiziert den Spieler- und Hrerkreis ganz erheblich
ein.3 Zudem bleibt eine quasi vitale, weitere Entwicklung wie die der Gitarre aus. Die
Laute war Ende des 16. Jahrhunderts in ganz Europa zum Lieblingsinstrument aller
Stnde geworden4. Die Gitarre (bzw. ihr Vorlufer die Vihuela) war zu dieser Zeit vor
allem in Spanien und Italien verbreitet, darf jedoch im 17. Jahrhundert [] im
Musikleben Europas als durchaus etabliertes Instrument angesehen werden.5 Heute ist
die Gitarre in ihren modernen Formen eines der beliebtesten Instrumente berhaupt. Es
stellt sich die Frage: Warum gibt es heute nicht auch eine moderne Laute?
Tatschlich kam es in Deutschland bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts zu einer breit
1 Zit. n. PFFGEN (2004): Laute und Lautenspiel im 20. Jahrhundert, 2.Teil: Erwin Schwarz-Reiflingen: Laute oder Gitarre?, in: Der Lauten-Almanach 1 (1919), S. 10-12.
2 Vgl. JEWANSKY (1995), Lautlos zurck erobert, S. 9-11.3 Zu beiden Aspekten der historischen Auffhrungspraxis uert sich in hnlicher Weise der
international renommierte Lautenist Paul ODette: Vgl. DUFFIE, BRUCE (1993): Interview with Paul ODette. Internetdokument: http://www.bruceduffie.com/odette2.html (Stand: 20.07.2011.)
4 RAGOSSNIG (2003), Handbuch der Gitarre und Laute, S. 13.5 Ebda, S. 66.
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angelegten Wiederentdeckung der Laute, in deren Verlauf diverse und zahlreiche
moderne Instrumente entstanden und gespielt wurden. Mehr oder weniger in
allgemeiner Erinnerung an diese Zeit sind in dieser Hinsicht noch die klampfenden
Wandervgel, vielleicht auch noch die Lautensngermode jener Tage. Dagegen weniger
oder kaum noch bekannt ist, dass es etwas spter, in den 1920er Jahren, Bestrebungen
gab, ein modernes, knstlerisches6 Lautenspiel zu entwickeln. Ein umfangreiches
Konzept mit diesem Anspruch entwickelte Hans Dagobert Bruger. Es soll Gegenstand
dieser Arbeit sein.
Hans Dagobert Bruger (1894-1932) war ein deutscher Musikwissenschaftler und
Lautenspieler, der in den frhen 1920er Jahren aufbauend auf dem Studium historischer
Quellen und vorangegangener musikwissenschaftlicher Forschungen die
umfangreichste Herausgeberttigkeit7 fr die verbreiteten, neuen Lauten seiner Zeit
entwickelte. Sein Fokus lag auf einem Instrument, das heute als Deutsche Basslaute8
bezeichnet wird. Fr die Spieler dieser Zeit standen ein reichhaltiges Sortiment in den
verschiedensten Preisklassen9 zur Verfgung, es gab sogar Instrumente von exzellenter
Qualitt10. Dennoch wurde im Rckblick auf Brugers Schaffen, welches die erste
Gesamtherausgabe der Lautenwerke Bachs (1921), eine einflussreiche Lautenschule
(1925)11, zahlreiche Notenherausgaben fr das Instrument (1921-1929) sowie
Musikschriften (1920-29) umfasst, anstelle einer kritischen Wrdigung meist nur die
Nhe der Deutschen Basslaute zur Gitarre bemngelt.12 Oder Brugerwurde eine
Andienung an die Ziele der Jugendmusikbewegung vorgeworfen, der er zumindest
nahestand.13 Obwohl man dem verdienstvollen Hans Dagobert Bruger []
fundamentale Grundlagen fr das [] wiedererstandene Lautenspiel14 zuschrieb, blieb
eine unvoreingenommene, detaillierte Beschftigung mit der Deutschen Basslaute und
Brugers Vorstellungen fr ein modernes Lautenspiel bisher aus.15
Hiermit soll dazu ein Beitrag geleistet werden. Es sollen Brugers Vorstellungen
rekonstruiert und in einer Zusammenschau dargestellt werden. Eine umfangreiche
6 'Knstlerisch' meint hier: Ausnutzung und Schulung einer lehrbaren Technik bei Vorhandensein eines reflektierenden sthetischen Bewusstseins. aus: HUBER (1995), Die Wiederbelebung des knstlerischen Gitarrespiels, S. 9.
7 GERHARTZ (1925/26), Neuausgaben alter Musik, S. 440.8 Vgl. SCHLEGEL/ LDTKE (2011), Die Laute in Europa 2, S. 16.9 Vgl. HUBER (1995), Die Wiederbelebung des knstlerischen Gitarrespiels um 1900, S. 160.10 Vgl. SCHLEGEL/ LDTKE (2011), Die Laute in Europa 2, S. 300-301.11 Vgl. SCHMITZ (1995), Die Kritik der Jugendbewegung an der Gitarrenbewegung, S. 64.12 Vgl. PFFGEN (2002), Die Gitarre, 7; Vgl. HUBER (1995), Die Wiederbelebung des knstlerischen
Gitarrespiels um 1900, S. 155.13 Vgl. SCHMITZ (1995), Die Kritik der Jugendbewegung an der Gitarrenbewegung, S. 63.14 RAGOSSNIG (2003), Handbuch der Gitarre und Laute, S. 59.15 Bedauerlicher ist das auch nicht der Fall im krzlich erschienenen, umfangreichen Sammelwerk von
SCHLEGEL/ LDTKE (2011), Die Laute in Europa 2.
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Diskussion zu Plausibilitt und Authentizitt von Brugers Konzept wre sinnvoll. Sie
soll sich im Rahmen dieser Arbeit jedoch auf den Bau des Instruments beschrnken.
Erkenntnisse aus Rekonstruktion und Diskussion knnten zu dem Schluss fhren, dass
es eine ernstzunehmende moderne Laute und ebensolche Anstze eines knstlerischen
Lautenspiels tatschlich gegeben hat. Dies knnte Anregungen fr das zeitgenssische
Lautenspiel liefern.
Im ersten Kapitel, dem Hauptteil der Arbeit, sollen smtliche verfassten Schriften
Brugers ausgewertet werden, sofern sie auffindbar und zugnglich waren.16 Im
Mittelpunkt steht dabei Brugers in zwei Teilen (bestehend aus je zwei Heften) und drei
Beiheften herausgegebende Lautenschule, da sie ber Ansichten in vielen Bereichen
Auskunft gibt. Ergnzend hinzu kommen seine Aufstze in der Zeitschrift Die
Musikantengilde. Im zweiten Kapitel, dem Diskussionsteil um bauliche Aspekte des
Instruments, werden eigene berlegungen angestellt und kritische Stellungnahmen und
aktuelle Forschungserkenntnisse aus dem Bereich der Lautenmusikforschung
aufgegriffen. Hier flieen auch Informationen aus eigens fr die Arbeit angestellten
Korrespondenzen mit dem Gitarrenbauer Hermann Hauser III. und dem
Musikwissenschaftler und Lautenisten Andr Burguete ein (siehe Interviews im
Anhang).
Einen unvorhergesehenen Aktualittsbezug erhlt die Arbeit durch die
gegenwrtige Verbreitung und die Diskussion um den Liuto forte ein in den letzten
Jahren neu entwickeltes Lauteninstrument, welches mir im Zuge der Recherche fr
diese Arbeit bekannt wurde. Deren Entwickler tragen freilich aus ihrer Perspektive
aber wissenschaftlich zweifellos fundiert Interessantes zum Thema des historischen
und zeitgenssischen Lautenbaus und -spiels bei.17
16 Ein Auflistung und Kennzeichnung aller recherchierten Arbeiten Brugers befindet sich im Anhang der Arbeit. Sie sind vereinzelt und verstreut in deutschen Bibliotheken zu finden, oft als Raritten und z.T. unvollstndig. Einige sind verschollen.
17 Auf der website www.liuto-forte.com werden zahlreiche Ausfhrungen zum historischem Lauten- und Gitarrenbau geboten und Anregungen fr ein zeitgenssisches Lautenspiel auf den Liuto forte Instrumenten gegeben (Stand: 25.8.2011).
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1 Die moderne Laute nach Hans Dagobert Bruger
1.1 berblick
Grundmotivation und Fernziel Hans Dagobert Brugers war mit Blick auf die Chancen
und Risiken der berwiegend dilettantischen Lauten- und Gitarrenmode seiner Zeit
die (Wieder-) Etablierung der Laute als modernes Kunstinstrument. Als Mastab dafr
betrachtete er die Spielliteratur fr die Laute. Im Vorwort zur ersten Auflage seiner
Lautenschule schrieb er:
Die moderne Lautenbewegung wird nur dann der Gefahr der Verflachung und Verdung und damit dem Schicksal einer Unterwerfung unter die Tagesmode entgehen, wenn sie sich eine gediegene und auch den Vergleich mit anderen Instrumentalmusik aushaltende Literatur erarbeitet.18
Durch das Studium alter Lautenmusik und ein kompositorisches Anknpfen knne es
gelingen, der Laute den frheren Ehrenplatz als vollwertiges Hausmusikinstrument
zurckzuerobern.19
Im Gegensatz zu den Vorstellungen einiger prominenter Vertreter der
Jugendmusikbewegung beschrnkt und vereinfacht Bruger das Lautenspiel jedoch nicht
auf die Erneuerung der Hausmusikpraxis. Er legte sie dem Leser seiner Schule ebenso
als virtuoses Solo-, und Orchesterinstrument nahe.20 Dennoch stellte er seine Arbeit in
den Dienst der Bewegung, die mit der Laute ihr Symbol whlte.21 Zwischen 1920 und
1927 verffentlichte er regelmig Aufstze und Notenmaterial fr das Lautenspiel in
der Zeitschrift Die Laute, die 1922 in Die Musikantengilde umbenannt wird.
Seine Lautenschule sollte auch den Versuch darstellen, ein serises, lang
entbehrtes Nachschlagewerk fr alle die Lautenmusik, ihre Geschichte und Literatur
betreffenden Dinge22 herauszugeben. Denn "nach einem wirklich umfassenden und
auch wissenschaftlich einwandfreien Werk ber das gesamte Gebiet der Lautenmusik
sucht man heute leider noch vergebens23 schrieb er 1921. Diese Pionierarbeit kann
nach heutigem Stand der Lautenforschung zweifelsfrei besttigt werden.
18 BRUGER (1925), Schule des Lautenspiels, S. XIII.19 Ebda., S. XVI. 20 Vgl. ebda., S. XIII-XIV. Darauf weist zudem die gesamte sthetische und historisch-vermittelnde
Anlage seiner Lautenschule hin. Zudem zielt der zweite Teil der Schule Der kunstreiche Lautenschlger auf virtuose und professionelle Fhigkeiten des Lernenden ab.
21 Schmitz (1995), Die Kritik der Jugendbewegung an der Gitarrenbewegung, S. 57.22 BRUGER (1925), Schule des Lautenspiels, S. XIII.23 BRUGER (1921), Zur Literatur ber alte Lautenmusik, S. 37.
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In seiner Didaktik verwendete Bruger ausschlielich historische Lautenmusik und
Anweisungen historischer Quellen, um an die Lautentechnik nach unverflschter alter
Meister Lehr24 instrumentaltechnisch und kompositorisch anzuknpfen. Harsch
grenzte er die Lautenistik von der landlufigen Gitarristik mit ihrer seichten, oft
sogar kitschigen Literatur ab, um die Laute vor deren Schicksal [zu] bewahren.25 Als
selbstverstndlich verstand er die Notierung von Lautenmusik in einem Normal-
Notensystem, gab aber auch eine Einfhrung in die historischen Tabulaturen.
Das Verschwinden der Laute im 18. Jahrhundert sah Bruger
in haupschlich drei Ursachen begrndet: in ihrer durch die Doppelchrigkeit erschwerten Technik, in der Umstndlichkeit des Reinstimmens so vieler Saiten und in der als altmodisch empfundenen Art ihrer Notierung in Lautentabulatur.26
Vielen diesbezglichen Entwicklungen im 18. und 19. Jahrhundert sprach er
Reformcharakter zu. Sie htten im 19. Jahrhunderts zur sechssaitigen und schlielich
zehn bis zwlfssaitigen Laute gefhrt.
Der Frage, welcher (moderne) Typ der in seiner Zeit in Gebrauch gekommenen
Lauten zu verwenden sei, stand Bruger relativ offen gegenber. Das spiegelt sich bereits
im vollstndigen Titel seiner Lautenschule wider: fr die gewhnliche Laute/ Balaute/
doppelchrige und theorbierte Laute27. Er wrdigte den volleren und tonreicheren
[], silbrig schwingenden Klang der doppelchrigen Instrumente, sprach sich jedoch
fr die zehnsaitige, moderne Basslaute [] als Normal-Laute der Zukunft28 aus, da
sie inbezug [sic] auf Klangschnheit, groen Tonumfang und leichte Erlernbarkeit den
Wnschen der Lautenspieler am besten gerecht wird.29 Diese sollte, die zustzlichen
Basssaiten ausgenommen, mit der Gitarre die historisch gewachsene Grundstimmung
E A d g h e' gemeinsam haben. Das Instrument wird heute, wie in der Einleitung
erwhnt, als Deutsche Basslaute bezeichnet (siehe Abb. 2 u. 5 im Anhang).
24 BRUGER (1925), Schule des Lautenspiels, S. XIV.25 Jeweils ebda., S. XIII.26 Ebda., S. XV.27 Ebda., S. 166.28 Ebda., S. 1.29 Ebda..
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1.2 Allgemeine Beschaffenheit: Teile, Besaitung, Stimmung, Klang, Herkunft
Seiner Lautenschule voran stellte Bruger den Grundriss der von ihm empfohlenen
modernen Basslaute (= Deutsche Basslaute, Abb.1 im Anhang). Darauf Bezug
nehmend seien die Teile der Laute wie folgt:Der L a u t e n k r p e r oder kurzweg 'Corpus' genannt (bestehend aus vielen Einzelspnen, die in birnenfrmiger Wlbung aneinandergeleimt sind), die flache breite S c h a l l d e c k e (Sangboden), die S c h a l l f f n u n g in der Mitte, die R o s e t t e oder S t e r n (Bezeichnung fr die das Schalloch bedeckende Holzschnitzerei, durch die eine knstliche Verlngerung des Tones, gleichsam ein An- und Abschwellen herbeigefhrt wird), der S t e g oder S a i t e n h a l t e r (in seine Lcher werden vermittels der S a i t e n z p f c h e n die geknoteten Saitenenden befestigt),*) der L a u t e n h a l s, das fr die Finger bestimmte G r i f f b r e t t (Die Alten nannten es Lautenkragen), die B n d e oder Querleistchen auf dem Griffbrett (ihre Aufgabe ist die Tne abzuteilen und das Reinspielen zu sichern), der S a t t e l oder Chorholz am oberen Ende des Griffbrettes, die M e c h a n i k, bei lteren Lauten die Wirbel (in dieser werden die oberen Saitenenden eingespannt und durch Drehung hher und tiefer gestimmt) **) und endlich die beiden K n p f e zum befestigen des Lautenbandes (einer von ihnen befindet sich am unteren Teil des Lautencorpus, der andere am Halsansatz).30
Speziell zur modernen Basslaute schrieb er:Die Balaute verfgt auer den sechs Griffbrettsaiten ber eine je nach Geschmack und Wahl des Spielers schwankende Zahl von 1-6 Kontrasaiten; letztere sind an einem seitlich aus dem verlngerten Griffbrett herauswachsenden Nebenhals befestigt.31
Das Einschlingen der Saiten zog Bruger wie er in einer Funote bemerkte den
Saitenzpfchen vor, begrndete dies aber nicht weiter. Ebenso erwhnte er die
modernen 'Patentwirbel' als praktischen Ersatz fr die einfachen Wirbel. Vielleicht
war ihm bewusst, dass ein leichtes Gewicht fr die Eigenschwingungen des Instruments
von groem Vorteil ist. Einen Hinweis darauf knnte er von Heinrich Scherrer erhalten
haben, der 1919 ein Buch ber Erfahrungen im Lautenbau herausgegeben hatte.32
Detailliertere Konstruktionsbeschreibungen blieben aus. Er mahnte jedoch:
Welcher der genannten Lautenarten der Schler auch den Vorzug gibt immer sei er darauf bedacht, sich nur ein w i r k l i c h e r s t k l a s s i g e s Instrument zuzulegen. Von billiger Fabrikware ist dringend abzuraten.33
In einem Aufsatz hielt er die Weiterentwicklung des Instruments fr wnschenswert.
30 Ebda., 1.31 Ebda..32 Scherrer, Heinrich (1919): Eine verlorengegangene Kunst. Wissenswertes ber Lauten- und
Gitarrenbau., Leipzig.33 Ebda., 1.
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Am Beispiel der Kontrasaiten stellte er fest:
Ob man freilich die jetzt herrschende theorbenhnliche Form der Balaute auch in Zukunft beibehalten oder ob es gelingen wird eine, eine geeignete Balautenform o h n e freischwingende Kontrasaiten zu finden, muss der Entwicklung kommender Zeiten berlassen bleiben. Anstze zu einer in diese Richtung schlagende Formenwandlung sind jedenfall heute schon wahrzunehmen.34
Die Besaitung erfolgte wie oben gelesen einchrig. Bezglich des Materials wrdenzweierlei Arten von Saiten verwendet: Darmsaiten fr die hohen Griffbrettsaiten, Silberdraht bersponnene Saiten aus Seide fr alle brigen (tiefen) Saiten. [] Fr die hchste Griffbrettsaite (e ['] ) hat man statt Darm auch Seide oder Hanf zur Verwendung gebracht.35
Die Stimmung der modernen Laute sei dem Prinzip der altarabischen Quartterz-
Stimmung nachgebildet: E A d g h e'.36 Auf dem Grundriss (Abb. 1) ist zu sehen, dass
die diatonisch gestimmten Kontrasaiten bis zum A1 diatonisch abwrts gestimmt sind,
der Tonumfang in der Hhe bis a'' hinaufreicht. Bruger erklrte:
In der Tiefe und in der Hhe hat die zehnsaitige Basslaute die Grenztne der alten Laute zur Verfgung.37 Diese fordere nicht selten Tne, die ber dem e''' [wohl ein Druckfehler, gemeint ist e'' -Anm. d. Verf.] liegen.38
Die sogenannte Fis-Stimmung die Herabstimmung der 3. Saite von g nach fis,
wodurch sich die der Renaissance-Stimmung verwandte Intervallstimmung in der Folge
Quarte-Quarte-Terz-Quarte-Quarte ergibt verwarf Bruger als historisch
unvollkommen motiviert und praktisch nicht besonders brauchbar39 Der Vorzug der
Gitarrenstimmung sei, dass sie fnf Saiten (A d g h e') mit der deutschen Laute des 16.
Jahrhunderts (A d g h e' a') gemeinsam htte, womit der Spieler in vielen Fllen []
sogar o h n e jede Transposition auskommen [wrde].40 Auerdem verglich er den
Schwierigkeitsgrad einiger Akkordgriffe der I. und II. Lage und sprach der
Gitarrenstimmung diesbezglich eine leichtere Verwendbarkeit zu.41
Abgesehen von der Grundstimmung lie er jedoch gelegentliche Skordaturen42
gelten. Vor allem fr die 6. Saite E und die Kontrasaiten seien sie ein wertvolles
34 BRUGER (1926), Zur Herkunft der modernen (einchrigen) Laute, 50. Mglicherweise ist er mit Peter Harlan bekannt, einem Instrumentenbauer, der im gleichen Jahr in der Zeitschrift Die Singgemeinde fr ein entsprechendes, angeblich klanglich stark verbessertes Instrument wirbt (Peter Harlan: Zur Frage der Hausmusik-Instrumente, in: Die deutsche Jugendmusikbewegung, S. 473.)
35 Ebda., S. 2. 36 Ebda..37 BRUGER (1926), Zur Herkunft der modernen (einchrigen) Laute, S. 50.38 BRUGER (1925), Schule des Lautenspiels, S. 157.39 BRUGER (1925), Fis-Stimmung oder Normalstimmung fr die Laute?, S. 47.40 Ebda., S. 46. Dies ist aus heutiger Sicht uerst fraglich. Zumindest im Gitarrenspiel hat sich die Fis-
Stimmung in Verbindung mit einem Kapodaster fr Lautenrepertoire in Renaissance-Stimmung nicht ohne Grund durchgesetzt.
41 Vgl. ebda., S. 44-46. Dies stellt er an elf Akkordgriffen dar: C, G7, Am, Hm, A, H, H7, Cis, F, C7, B.42 = Umstimmungen von Saiten fr einzelne Stcke
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technisches Hilfsmittel , das [...] eine erweiterte Mglichkeit bietet, die Originaltonarten alter
Lautenstck in den bertragungen fr moderne Laute beizubehalten.43
Mit Hinweis auf die Literatur des stimmungsvielfltigen, mittleren 17.
Jahrhunderts und der franzsischen Barocklautenstimmung (A d f a d' f') argumentierte
er zudem aus praktischen Grnden:
Der Stimmungswirrwarr der Lautenmusik des 16. bis 18. Jahrhundets ist ein so groer gewesen, dass wir gut daran tun, nicht alle Absonderlichkeiten mitzumachen, sondern es vorziehen werden, bei einer einzigen bewhrten Stimmung, wie es die Gitarrestimmung mit ihrer leichteren Spielbarkeit zweifelsfrei ist zu bleiben.44
Den Klang der Basslaute beschrieb er folgendermaen:Die K l a n g f a r b e der Laute weicht von der Gitarre ab. Der Klang der Laute ist weich, voll und verhltnismig lang andauernd, der der Gitarre heller lauter, aber auch rascher verhallend.45
An anderer Stelle schreibt er: Die Klangfarbe der e i n c h r i g e n Laute drfte man im Ganzen gesehen als weich, dunkel und voll, ein Mittelding zwischen Harfen- und altem
Cembaloton, bezeichnen.46
Die historische Herkunft und dementsprechend auch die Bezeichnung der
modernen einchrigen Laute in der gitarregleichen Stimmung war schon zu Brugers
Zeit umstritten. Anspruchsvolle Gitarristen wollten sie als Gitarre bezeichnet wissen
oder nannten sie in Abgrenzung schlicht Bastardinstrument.47 Ambitionierte
Lautenisten versuchten sich daher mit deutlicheren, historischen Baueigenschaften von
der Gitarre abzugrenzen, indem sie zunehmend auf die Doppelchrigkeit und die oben
genannte Fis-Stimmung Wert legten eine erste Entwicklung hin zur allmhlich
angestrebten historischen Auffhrungspraxis auch fr die Laute.
Bruger suchte jedoch in der Historie nach schlssigen Indizien fr eine
organologische Entwicklung hin zur modernen Basslaute. Sowohl in seiner
Lautenschule als auch in einem Spezialaufsatz zum Thema legte er seine Erkenntnisse
dar. Die historischen Fakten sind nach meiner Recherche als Indizien wissenschaftlich
einwandfrei48; die Schlussfolgerungen sind aber unzulssig verallgemeinert. Es folgt
eine lngere Ausfhrung Brugers zu der Sache:
Die Bemhungen durch einfache Besaitung die groe Saitenzahl der doppelchrigen Laute zu vermindern, reichen bis in den Anfang des 17. Jahrhunderts zurck und haben sich vorzugsweise um die T h e o r b e
43 BRUGER (1925), Schule des Lautenspiels, S. 113.44 BRUGER (1925), Fis-Stimmung oder Normalstimmung fr die Laute?, S. 44.45 BRUGER (1925), Schule des Lautenspiels, S. 1.46 Ebda., S. 166.47 ZUTH (1926-28), Handbuch der Gitarre und Laute, S. 174.48 Lediglich der Bericht von Kieserwetter lag mir nicht vor. Er existiert aber: Vgl. SCHLEGEL/
LDTKE, Die Laute in Europa 2, S. 434.
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kristallisiert. Wie Michael Praetorius in seinem Werk 'Syntagma Musicum' vom Jahr 1619 (II, S.50) berichtet, war zu seiner Zeit die Theorbe e i n c h r i g [Das ist an der angegebenen Stelle nicht zu finden, allerdings im Bildanhang des Werkes]. Auch sind in unseren Museen und Sammlungen derartige Instrumente, d.h. einchrige Theorben aus dem 17. Jahrhundert noch heute erhalten.*) [49] Weitere, im 17. und 18. Jahrhundert e i n c h r i g e n Lautenarten treten uns im Colachon und in der Angelica entgegen. Im 18. Jahrhundert scheint zunchst eine Wechselwirkung zwischen der Besaitungsart von Laute und Theorbe stattgefunden zu haben, denn wir finden neben einfach besaiteten Theorben auch doppelchrige Theorben,**) [50] ferner solche Theorben, die halb doppelchrig, halb einchrig***) [51] besaitet waren. Etwa um die Mitte des 18. Jahrhunderts begann man damit, einzelne theorbierte Lauten mit einchriger Besaitung zu versehen, indem man die Parallelsaiten der Chre weglie; eine solche einchrige theorbierte Laute, die anfangs 13saitig war bewahrt z.B. die Staatl. Instrumentensammlung Berlin (No. 2302) auf. Diese einfache Besaitungsart setzte sich immer mehr durch, soda (nach Kiesewetters Bericht****) [52] die letzten Lautenisten und Mandoristen der Sptzeit de facto auf e i n c h r i g e n Instrumenten gespielt haben. In der zweiten Hlfte des 18. Jahrhunderts fing man an, alte doppelchrige Lauten verschiedentlich in einchrige sechssaitige Lauteninstrumente umzubauen, also die Saitenzahl nochmals betrchtlich herabzumindern; das Corpus und die Rosette blieben meist unverndert, Lautenhals, Griffbrett, Wirbelkasten und Steg wurden erneuert. Zahlreiche derartig umgebaute Instrumente bewahren unsere Instrumentenmuseen auf. Man hat fr diesen einschneidenden und doch die typische Lautenform beibehaltenden Umbau ohne Bedenken die G i t a r r e als wichtigstes Vorbild genannt [Anm. d. V.: Wer?], und gerade die modernen Gitarristen versumen keine Gelegenheit, auf den neuen Lautentyp als Gitarren-Ableger hinzuweisen. Demgegenber sei jedoch festgestellt, da die Gitarre bis ca. 1760 oder 1770 d o p p e l c h r i g (f n f c h r i g) gewesen ist, da sie mithin das einfache Besaitungsprinzip erst von der Laute bzw. Theorbe bernommen hat! Der lteste Beleg fr neugebaute, einchrige Gitarren ist eine fnfsaitige Gagliano-Gitarre von 1774 im Heyer-Museum zu Kln.*****)[53] Die Fnfsaitigkeit der Gitarre wurde erst um das Jahr 1795 in der Werkstatt des weimarischen Instrumentenmachers Jakob August Otto in die heutige Sechssaitigkeit verwandelt.*) [54] Und ist es nicht charakteristisch der Gitarrenbauer Otto empfing, wie er selbst berichtet, die Anregung zur Hinzufgung der sechsten Gitarrensaite (E-Basaite) von dem Dresdner Musiker Johann Gottlieb Naumann, der selber ein passionierter Lautenspieler gewesen ist und mehrere Lautenkompositionen (handschriftlich auf der Staatstbibliothek Berlin) verfat hat! Deutlicher kann wohl nicht bewiesen werden, da die Gitarre ihre wichtigsten Verbesserungen gerade der Laute und den Lautenspielern zu verdanken hat.55
Mit dem letzten Satz meinte Bruger zusammenfassend die Aspekte Einchrigkeit und
Sechssaitgkeit der Laute. Die Gitarre sei noch bis Anfang Ende des 18. Jahrhunderts
doppel- und fnfchrig gewesen. Den Ursprung der gitarreverwandten Grundstimmung
sah er ebensowenig bei der Gitarre sondern bei den historischen Lauteninstrumenten
Colachon und Mandora des 17. und 18. Jahrhunderts, welche
49 Funote enthlt: Vgl. die 14saitige Theorbe (8 Griffbrettsaiten und 6 freischwingende Basaiten) im Katalog der Instrumentensammlung von Paul de Wit (Leipzig 1892), Bl. 12, Fig. 13. [].
50 Funote enthlt: Curt Sachs, 'Reallexikon der Musikinstrumente', S. 348.51 Funote enthlt: Johann Mattheson, Das Neuerffnete Orchestre' (1713), I, S.278. 52 Funote enthlt: In der Allgemeinen Musicalischen Zeitung (Leipzig 1831, Nr. 9, S. 143). 53 Funote enthlt: Nr. 554 des Kataloges des Heyer-Museums (Kinsky, S. 149).54 Funote enthlt: J.A. Otto, 'ber den Bau der Bogeninstrumente' (Jena 1828), S. 95.55 BRUGER (1926), Herkunft der modernen (einchrigen) Laute, S. 48-49.
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die Umgruppierung der Terz lngst vollzogen [htten]. [] Somit knpft die moderne Laute [] auch mit ihrer Stimmung direkt an die Ergebnisse der letzten Entwicklungsphase der alten Laute und ihrer nchsten Verwandten in der zweiten Hlfte des 18. Jahrhunderts an.56
Die Entwicklung im 19. Jahrhunderts kann er bis auf zwei Hinweise nicht weiter historisch belegen. An einer Stelle fhrte er Richard Wagner an:
Das Verdienst, als einer der ersten die Anwendung des Violinschlssels fr die Lautennotierung praktisch durchgesetzt zu haben, fllt meines Wissens keinem geringeren als Richard Wagner zu. Die Lautenbegleitung, die Wagner zu dem bekannten charakteristischen Beckmesserstndchen im II. Aufzug, sechste Szene der Meistersinger (1868) geschrieben hat, ist nicht nur notationsgeschichtlich wichtig, sie wurde zugleich die Geburtsstunde fr die Anerkennung der neuen Laute als eines vollwertigen Instrumentes n e b e n der Gitarre.57
Zustzlich belegte er die Entwicklung (v.a. zur Kontrabesaitung) mit wiederholtem
Bezug auf Raphael Georg Kiesewetter und dessen Empfehlungen:
Typisch fr die damals allgemein verbreitete Unsicherheit in den Bestrebungen, das Problem der neuen Laute endgltig zu lsen, ist es, da der Musikgelehrte K i e s e w e t t e r im Jahre 1831 zwei verschiedene Verbesserungsvorschlge zur Diskussion stellte: entweder, es sei die gewhnliche Gitarrestimmung genau zu bernehmen, oder es solle eine Erweiterung derselben durch Einfgung der Batne F und G zwischen der E- und A-Saite und durch die Hinzunahme der Kontrasaiten A H C D stattgegeben werden.58
56 BRUGER (1926), Herkunft der modernen (einchrigen) Laute, S. 49.57 BRUGER (1925), Schule des Lautenspiels, S. XVI.58 Ebda., S. XXVI.
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1.3 Spielweise: Notation, Stil, Spieltechnik
Das Spiel nach Tabulatur hielt Bruger fr den finalen Totengrber59 der Laute im 18.
Jahrhundert. Die frhen Notationsversuche Robert de Vises von 1713 waren ihm
bekannt, ebenso Bachs Werke im Doppelsystem, mit denen er sich ausgiebig
beschftigte. Er sah demnach die Notation en musique als selbstverstndlich da
fortschrittlich und stellte sie gar nicht weiter in Frage. Zu seiner Zeit war die
Darstellung im oktavierten Violinschlssel blich, die er auch fr smtliche eigene
Notenausgaben anwendete. Er erwgte jedoch deren Ablsung durch ein Doppelsystem
hnlich dem Klavier, da im mehrstimmigen Satz [] die Stimmen oft eng
zusammengeschachtelt und schwer lesbar60 seien.
Sehr wichtig war Bruger die przise bertragungsweise von Tabulatur zur
Normal-Notation vor allem die Rekonstruktion und Darstellung der polyphonen
Strukturen. Dies betrieb er selbst mit uerster Genauigkeit.61 In einem Aufsatz von
1921, schrieb er:
Alle mir jetzt zu Gesicht gekommenen Lautenbertragungen, mit Ausnahme der von Tappert, Krte und Riemann, kranken an dem gleichen bel: Sie sind wohl philologisch genau, aber entwerfen, was Stimmfhrung anbelangt, oft ein vollkommen falsches, oder besser gesagt: gar kein Bild. 62
Bruger waren die Grundstze fr Tabulaturbertragungen der 1907 von der
Internationalen Musikgesellschaft gebildeten Kommission zum Studium der
Lautenmusik bekannt63, er legte aber noch Verbesserungen nahe. Mustergltige
Richtlinien fr einwandfreie Lautenbertragungen schrieb er Wilhelm Tappert zu.64
Stilistisch grenzt er das knstlerische Lautenspiel scharf von der volkstmlich-
pragmatischen Liedbegleitung ab:
Mit dem stumpfsinnigen, stereotypen 'Schrumm-Schrumm' und 'Wumpdata', mit dem von manchen Anfngern die Seele jedes Liedes zu Tode 'geklampft' wird, wollen wir von vornherein nichts zu schaffen haben."65
Stattdessen sah er in der Beherrschung und Pflege des einstimmigen Satzes die
59 BRUGER (1925), Schule des Lautenspiels, S. XXV.60 Ebda., S. XV.61 Vgl. OPHEE (2000), The History of Transcriptions of Lute Tabulatur, Internetdokument:
http://www.guitarandluteissues.com/trans/trans.html (Stand: 17.07.2011).62 BRUGER (1921), Zur Literatur ber alte Lautenmusik, S. 50.63 Vgl. OPHEE (2000), The History of Transcriptions of Lute Tabulatur, Internetdokument:
http://www.guitarandluteissues.com/trans/trans.html (Stand: 17.07.2011).64 BRUGER (1921), Zur Literatur ber alte Lautenmusik, S. 50.65 BRUGER (1925), Schule des Lautenspiels, S. 27.
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Voraussetzung fr die musikalische Emanzipation des Instruments:
Der einstimmige Lautensatz d.h. die Melodie im weitetesten Sinne kann als Prfstein fr die gesamte Lautentechnik gar nicht ernst genug genommen werden; das meiste von dem, was der Spieler spter hinzulernt, ist ihm im einstimmigen Satz schon enthalten.66
Das anzustrebende Ideal des Solospiels sah er rckschauend auf die alte Lautenliteratur
im polyphonen Satz im strengen kontrapunktischen und im durchbrochenen Stil. Neben
dem Aufbau dieser Spielweise wollte er die Ausbildung des Generalbassspiels betont
wissen, als Voraussetzung fr die Begleitpraxis im Ensemble und Orchester.67
Die eigentliche Spieltechnik beschrieb Bruger in seiner Schule fast ausschlielich
durch Zitation historischer Anweisungen, namentlich von Hans Gerle, Matthaeus
Waielius, Le Sage de Riche und Ernst Gottlieb Baron. Einzig von der Technik des
aufgesetzten kleinen Fingers der rechten Hand, die er dennoch erklrte, riet er wegen
der sonst eingeschrnkten Beweglichkeit ab. Doch auch hier berief er sich auf ein
historisches Bildnis aus dem spten 15. Jahrhundert.68 Erwhnenswert ist, dass er die
Daumen-auen-Technik und die ltere Daumen-innen-Technik gleichermaen gelten
lie.69 Das Nagelspiel lehnte Bruger gem den historischen Quellen ab. Bezglich der
Gestaltung sah er die
Einheit der Klangfarbe als Aufgabe des modernen Lautenspiels. [] Die Bindung durch einheitlich festgehaltene Klangfarbe darf als besonders geeigenetes Mittel bezeichnet werden, inhaltlich zusammengehrende Gedanken auch uerlich als solche berzeugend wiederzugeben. [] Die Klangfarbe muss aus der Melodie herauswachsen nicht umgekehrt. Die Beachtung dieses Gebotes unterscheidet den wahren Knstler von dem nur auf Effekthascherei bedachten Virtuosen.70
Der musikalische Gedanke stand fr Bruger klar ber dem Virtuosentum: Bei vielen
Stcken ist schlichteste Einfachheit sicher die beste Methode der Wiedergabe.71
66 BRUGER (1927), Der einstimmige Lautensatz, S. 6-7.67 BRUGER (1925), Schule des Lautenspiels, S. 174 u. 175.68 Ebda., S. 4.69 Bei ersterer spielt der Daumen vorderseitig am Zeigefinger vorbei; bei letzterer spielt er unter dem Zeigefinger hinweg in die Hand.70 Ebda., S. 168.71 Ebda..
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1.4 Knstlerische Praxis: Repertoire und Didaktik
Zur Etablierung der modernen Laute bedurfte es der Komposition neuer Musik. In der
Beschftigung mit Alter Musik72 sah Bruger, typisch auch fr die fhrenden
Persnlichkeiten der Jugendmusikbewegung, die Quelle dafr. Dabei argumentierte er
im Unterschied zu Fritz Jde, ausschlielich vom Instrument und seiner Kunst, nicht
von einer etwaigen, gesamtmusikalischen oder gar gesellschaftlichen
Erneuerungsbestrebung aus. Die Jugendmusikbewegung sah er jedoch als Trgerin73
der Wiederbelebung: Auf ihr ruht unsere Hoffnung, da die neue Bltezeit der Laute nicht allzu fern sei.74
In seiner Schule erklrte Bruger ausfhrlich smtliche historische
Verwendungsarten, von der Lautenbegleitung zum Gesang bis zum begleitenden und
solierenden Orchestereinsatz. Eine mgliche, nahe Zukunft erhoffte er sich aber im
Solospiel, Lautenduos und der Kammermusik.75 Dabei sollte das historische Repertoire
zwar wieder Gegenstand des knstlerischen Spiels werden, gleichzeitig aber eben auch
Grundlage fr eine Weiterentwicklung:
Als sehr geeignet darf zweitens der 'Durchbrochene Stil' fr die Laute [] bezeichnet werden. [ Er] trgt den technischen Belangen der Laute besonders Rechnung, da er das elastische Zusammenziehen der Stimmen und umgekehrt die Vergrerung ihrer Zahl gestattet. Verschiedene Anzeichen deuten darauf hin, da der polyphone Lautenstil der Zukunft an den 'durchbrochenen Stil' der alten Meister anknpfen und seine Weiterbildung versuchen wird.76
Der Ansatz, auf Prinzipien der Alten Musik aufbauend moderne Musik zu schaffen, lag
absolut im Kompositionstrend der Zeit77. Doch ein Interesse seitens zeitgenssischer
Komponisten fr die Laute scheint es kaum gegeben zu haben, trotz der
Jugendmusikbewegung verbundenen Gren wie (zumindest zeitweise) []
Hindemith, Pepping oder Distler.78 In einem Aufsatz stellte Bruger fest: Gofferje ist
einer der wenigen Lautenkomponisten unserer Zeit, die an die Vorbilder alter Meister
anknpfen, ohne zu Epigonen zu werden, und die ihren eigenen Lautenstil ernsthaft
suchen.79
72 Im folgenden ist damit die Musik vor 1800 gemeint.73 Ebda., XXVI.74 Ebda., XXVI.75 Vgl. das Vorwort zur 1.Auflage der Schule, ebda., XV-XIV.76 Ebda., 172.77 Vgl. GRILL, Die Rezeption der Alten Musik in Mnchen zwischen ca. 1880 und 1930, 92-102.78 SCHMITZ (1995), Die Kritik der Jugendmusikbewegung an der Gitarrenbewegung, 64.79 BRUGER (1926), Wegweiser durch die Hausmusik, 158. Karl Gofferje gehrte zum engen und frhen
Kreis der Jugendmusikbewegung um Fritz Jde.
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Ein weiterer der wenigen Hinweise auf moderne Lautenkomponisten findet sich noch in
seiner Schule:
Von den modernen Lautenkomponisten, die den speziellen Eigentmlichkeiten der Lautenklangfarbe bewut Rechnung tragen und den Lagenfingersatz mit Delikatesse handhaben, nenne ich vor allem Karl Gofferje [] und T. H. Reichenbach [].80
An die Gitarrenliteratur anzuschlieen, legte Bruger strikt ab. Er sieht in Laute und
Gitarre etwas ideologisch verengt, aus heutige Sicht aber auch unterhaltsam, die
S y m b o l e z w e i e r g n z l i c h e n t g e g e n g e s e t z t e r M u s i k a u f -
f a s s u n g e n 81 und kritisierte die Scheinblte der Gitarristik (mit ihrer einseitigen
Verherrlichung einer bis zur Inhaltslosigkeit hinaufgeschraubten Technik)82. Zudem
begngte sich die Gitarristik mit primitivster Homophonie [, wohingegen die Laute] unter Anknpfung an ihre alte Tradition fr die hhere Kultur der Polyphonie zurckgewonnen
werden muss.83
Einen groe Mentoren fr eine solche Kultur neuer Musik, welche an die
Polyphonie Bachs anschliet und diese mit einer modernen Harmonik zu verbinden
trachtet, sah er
am deutlichsten [in] Max Reger [], August Halm [...], im Gegenpol zu ihm [in] Ferruccio Busoni und bei allem was dagegen sprechen mchte [in] Arnold Schnberg und in der Wissenschaft [ in] Ernst Kurth.84
Die Didaktik Brugers versuchte diesem groen Musikideal auf kleinster Stufe gerecht
zu werden. In seiner Lautenschule kamen wie oben erwhnt nur Originalkompositionen
als Lehrmaterial zum Einsatz.
Es gilt den Lautenunterricht prinzipiell auf der Basis der Vollmusik durchzufhren also einer Musik, die ursprnglich nicht fr den Lehrzweck geschrieben ist. Die Alten kamen ebenfalls ohne Etudendressur aus und leisteten dennoch Vortreffliches.85
Damit wollte er, auch in Abgrenzung zu den Gitarrenlehrwerken, die 'frhe Einfhrung
in das Kunstwerk selber'86 erreichen. Die historischen Kenntnisse der Lautenspieler
80 BRUGER (1925), Schule des Lautenspiels, S. 168. Auch Th. Hermann Reichenbach steht im Zusammenhang mit Fritz Jde. Reichenbach war 1925 Grnder und bis 1933 Leiter der Volksmusikschule Berlin Charlottenburg, bekleidete auch hhere, musikpolitische mter in Berlin. Anders als Gofferje, der sich mit den Nationalsozialisten einlie, emigrierte er 1933 in die USA. Vgl. Scholz/ Jonas-Corrieri (1980), Die deutsche Jugendmusikbewegung, S. 1011 u. 1019.
81 Ebda., S. 172. Hervorhebung im Original.82 Ebda., S. XIII.83 Ebda..84 In dieser Reihenfolge angefhrt im Aufsatz von 1921: Bachs Verhltnis zur Lautenmusik, S. 11.85 BRUGER (1925), Neue Wege des Lautenunterrichts, S. 172.86 BRUGER (1925), Schule des Lautenspiels, S. XIII. Er zitiert hier den Pianisten Rudolf M.
Breithaupt.
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waren ihm ebenso wichtig. Deshalb gab er als Einleitung seiner Schule eine
umfangreiche, wissenschaftliche Gesamtdarstellung der Geschichte der Laute die erste
zu dieser Zeit.87
Bemerkenswert fortschrittlich an Brugers Lehrwerk war der transparente Umgang mit
Wissen und Quellen. Hufig setzte er historische Zitate anstelle eigener Ausfhrungen,
um den Spieler in den Stand zu setzen, selbst die Richtigkeit der eingeschlagenen
Methode zu berprfen.88 Am Ende seiner Lautenschule gab er zudem eine Einfhrung
in die Tabulaturbertragung, eine bersicht ber Neuausgaben von Lautenmusik in
Noten und Tabulaturen. Bruger wollte ein [erstes] Verzeichnis ber alle auf deutschen
Bibliotheken vorhandenen [] Lautentabulaturen89 erstellen. Er nannte Platzgrnde,
die ihn gezwungen htten, dieses Verzeichnis auf eine sptere (dritte) Auflage seiner
Schule zu verschieben, die jedoch nie erschien. In der Herausgabe der Lautenwerke
Bachs druckte er einen detaillierten Revisionsbericht ab, den er mglicherweise auch
anderen, mir nicht zugnglich gewesenen, Notenausgaben anhngte.90
[] auf diese Weise soll es dem Schler ermglicht werden, selbst an der Erschlieung der noch unbekannten Schtze der Lautenliteratur des XVI. bis XVIII. Jahrhunderts nach Magabe seiner Kraft und Neigung mitzuhelfen.91
87 Es gab bereits einige nicht-wissenschaftliche Gesamtdarstellungen von Liebhabern wie z. B. Hermann SOMMER (1920), Die Laute in ihrer musikgeschichtlichen, kultur- und kunsthistorischen Bedeutung. Eine Bildmonographie. Berlin: Kster.
88 BRUGER (1925), Schule des Lautenspiels, S. XIV.89 Ebda., S. 84. Sowie: BRUGER (1921), Zur Literatur ber alte Lautenmusik, S. 52.90 z. B. Haydn, Joseph; Bruger, Hans Dagobert (1924): Quartett in D-dur. Fr obligate Laute, Violine,
Bratsche und Violoncell. 91 BRUGER (1921), Zur Literatur ber alte Lautenmusik, S. 52.
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2 Moderne oder Bastardlaute?
2.1 Zwei Ansprche
Zwischen historischer Authentizitt und modernen Errungenschaften in diesem
Spannungsfeld bewegt sich Brugers Konzept. Erst ein ausgewogenes Zusammenwirken
beider Ansprche knnte man als zeitgemes Anknpfen an die Vergangenheit,
mglicherweise als Fortschritt92 verstehen. Dann knnte man auch von einer echten
modernen Laute sprechen so vage diese Begrifflichkeiten auch sind.
Doch was heit modern? Spricht man von modernen Errungenschaften,
einem modernen Instrument und einem Modernisierungsversuch, ist es auch ntig
den Begriff modern zu definieren. Der Duden liefert dafr die Bedeutungen
dem neuesten Stand der geschichtlichen, gesellschaftlichen, kulturellen, technischen o. . Entwicklung entsprechend; neuzeitlich, heutig, zeitgem
sowie
an der Gegenwart, ihren Problemen und Auffassungen orientiert, dafr aufgeschlossen; in die jetzige Zeit passend.93
Eine modernes Instrument und seine Spielkultur mssten demnach vor allem mit den
musikkulturellen Anforderungen einer Zeit vereinbar sein. Traf dies potentiell fr die
moderne Basslaute nach Bruger zu? Htte sie eine weitere Entwicklung durchlaufen
knnen, um dem knstlerisch anspruchsvollen Musikbetrieb des 20. Jahrhundert
gengen zu knnen, wren Nationalsozialismus und zweiter Weltkrieg ausgeblieben?
Dies soll an dieser Stelle nicht diskutiert werden; es wrde den gegebenen Rahmen
sprengen. Jedoch auf das Verschwinden der modernen Laute94 mchte ich kurz
eingehen. Es gibt Hinweise darauf, dass die Begeisterung fr das Gitarren- und
Lautenspiel auch ohne die Entwicklungen der 1930er und schon zum Ende der 1920er
Jahre stark nachlie, nicht zuletzt wegen der Weltwirtschaftskrise.95 Damit wren die
Bemhungen also frhzeitig im Sande verlaufen. Feststeht, dass das historische
92 In der Bedeutung einer positiv bewertete[n] Weiterentwicklung und Erreichung einer hheren Stufe der Entwicklung laut www.duden.de (2011).
93 www.duden.de (2011)94 Meint im Folgenden sowohl die sechssaitige moderne Laute als auch die zehnsaitige Deutsche
Basslaute.95 Vgl. HUBER (1995), Die Wiederbelebung des knstlerischen Gitarrespiels, S. 196. Zudem lsst sich
vermuten, dass eine Laute aufgrund der aufwndigen Konstruktion merklich teurer war als eine Gitarre.
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Lautenspiel durch die Nationalsozialisten sogar zum Teil gefrdert wurde.96 Doch viele
Musiker und Knstler verlieen Deutschland oder wurden in ihrer Arbeit eingeschrnkt.
Der Krieg brachte schlielich den kulturellen Stillstand und den Abriss vieler
Entwicklungen.97 Die moderne Laute war noch nach 1945 bekannt und teilweise in
Gebrauch, doch wurde sie nicht weiterentwickelt98. Die Grnde mgen vielfltig sein:
ideologische Vorbehalte durch die Verbindung zur Jugendmusikbewegung, existentiell
bedingte Vorwrtsgewandheit, Verdrngung der Vergangenheit, die Popularitt der
(spanischen) Konzertgitarre und nicht zuletzt der Einfluss von amerikanischem Jazz,
Pop und Rock. Die moderne Laute wurde dadurch zur historischen Laute.
Wie steht es nun um die historische Authentizitt bei Brugers Konzept? Die
Frage unterstellt, dass Authentizitt99 berhaupt ein erreichbares Kriterium darstellt.
Doch einmal angenommen, dies ist der Fall: Die Laute war bis zu ihrer
Wiederentdeckung fr rund 150 Jahre aus dem sich weiterentwickelnden, europischen
Musikleben verschwunden; ihre Kultur sollte bei Bruger nun als Grundlage einer
knstlerischen Erneuerung gelten. Aber lsst sich berhaupt an eine ber mehrere
Generationen abgebrochene Entwicklung anknpfen ohne etwas vllig Anderes zu
erschaffen?
Eine mindestens notwendige Bedingung wird die bernahme mglichst vieler
charakteristischer Aspekte der letzten Hochzeit sein, um glaubwrdig und
zuverlssig in einer Ahnenlinie zu stehen. Allein hinsichtlich ihres Baus wird die
moderne Laute rckblickend meist aber abwertend als Bastardlaute, Gitarrenlaute,
Lautengitarre bezeichnet. Die der Biologie entlehnte Bezeichnung Bastard100
impliziert dabei eine historisch unauthentische, da willkrliche Kreuzung zweier
organologisch unterschiedlicher Instrumente (also Gitarre und Laute) im Gegensatz
zu einer reinen Entwicklung der Laute. Ist diese Haltung berechtigt?
Brugers argumentatives Streiten fr die historisch authentische Herkunft des
Instruments hat trotz berwiegender, wissenschaftlicher Faktentreue klare Intentionen.
Verallgemeinerungen unternimmt er zum Teil bewusst. Doch hatte er in manchen
Punkten recht? Welche Indizien weisen heute auf eine historisch authentische
Herkunft der modernen Lauten hin?
Abschlieend dazu einige berlegungen und Erkenntnisse.
96 Vgl. PFFGEN (2004): Laute und Lautenspiel im 20. Jahrhundert, 2. Teil, S. 43.97 Vgl. ebda., S. 43.98 Hinweise darauf bietet JAHNEL (1986), Die Gitarre und ihr Bau, 28, S. 188-191.99 Laut www.duden.de (2011): Echtheit, Glaubwrdigkeit, Sicherheit, Verlsslichkeit, Wahrheit,
Zuverlssigkeit.100 Laut www.duden.de (2011): durch Rassen- oder Artenkreuzung entstandenes Tier oder Pflanze;
Hybride.
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2.2 Zur baulichen Herkunft der modernen Laute
Zunchst kann nach heutigem Forschungsstand festgehalten werden, dass sowohl die
Deutsche Basslaute als auch die einfache, sechssaitige, moderne Laute keine Erfindung
der Jugendmusikbewegung oder der frheren Wandervgel um 1900 waren wie immer
noch weit verbreitet, aber flschlicherweise angenommen. LDTKE stellt fest, dass
beide Instrumente bereits Wurzeln weit in das 19. Jahrhundert hatten.101 Sie waren nicht
einmal das bevorzugte Instrument fr die Wanderfahrten. Das liee sich, daraus
schlieen, da die meisten Instrumente dieser Zeit relativ unversehrt sind, whrend die
Gitarren die Spuren der Ausflge tragen.102 Insofern sind Brugers Ausfhrungen nicht
grundlegend falsch zu werten, sondern genauer zu prfen.
Die Ausfhrungen Brugers zur Stimmung von Mandora und Colachon sind
richtig, auch ist es unstrittig dass sie gitarrisiert wurden. Zu genauen Entwicklungen
aus der sptbarocken Mandora des 18. Jahrhunderts, z. B. dem bergang zur
Einzelbesaitung, lsst sich bisher jedoch nichts Gesichertes sagen. Feststeht nur, dass es
ein Feld von Beziehungen zwischen Barocklaute, Mandora, Gitarre und sechsaitiger
Laute103 gab. Die Instrumente der Museen, auf welche auch Bruger hinweist, sind nicht
selten mehrfach und ohne Hinweiszettel umgebaut, was eine Datierung der frhsten
Umbaumanahmen nahezu unmglich macht. Dass Instrumente in groer Zahl
einchrig umgebaut wurden, lsst sich nur fr das 19., nicht aber fr das 18. Jahrhundert
wie von Bruger behauptet nachweisen.
In seine Lautenschule nimmt Bruger das Foto einer angeblich frhzeitig bezglich
Hals, Griffbrett, Kopf, Steg und Wirbel gitarrisierten Laute aus dem Bayerischen
Nationalmuseum Mnchen auf, von ihm datiert auf das 18. Jahrhundert. Er nennt es
bergangslaute (Abb. 3 im Anhang). Diese Zeitangabe ist aus heutiger Sicht so gut
wie ausgeschlossen. Darauf weisen vor allem das aufgesetzte Griffbrett auf die
Schalldecke, der Zpfchensteg und die punktfrmigen Griffbrettmarkierungen hin
alles Baumerkmale, die erst im 19. Jahrhundert fr die ausgereifte (Biedermeier-)
Gitarre eingefhrt werden. Fehler oder bewusste Tuschung durch Bruger?
Grundstzlich geht man heute davon aus, dass die Konstruktionsprinzipien der alten
Lauten im 19. Jahrhundert in groem Mastab in Vergessenheit gerieten, sodass gngige
101 Vgl. LDTKE (2003), Zwischen berbrettl und Wanderfahrt, S. 19, 24, 30.102 Vgl. SCHLEGEL/ LDTKE (2011), Die Laute in Europa 2, S. 346.103 LDTKE (2003), Zwischen berbrettl und Wanderfahrt, S. 23.
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Neubauten moderne Lauten des spten 19. Jahrhunderts bis in die 1920er Jahre, eher
von Gitarrenbauprinzipien bestimmt waren. In der Mehrheit der Flle blieb angeblich
nur die Muschel als bauliches Charakteristikum fr den Begriff Laute, welche dank
ihrer romantische Konnotation in dieser neuen Form die Zeit bis ins 20. Jahrhundert
berlebte.104
An die tatschliche Konstruktionsweise alter Lauten wurde erst wieder nach
Studien an berlieferten Instrumenten angeknpft. Dies geschah ab etwa 1900105,
mndete aber zunchst im Bau von fr das zeitgenssische Spiel erforderlichen
Lautentypen. In Deutschland gab deren Eigenschaften mageblich Heinrich Scherrer
vor, Kopf und Initiator der Gitarrenwiederbelebung, Lautenliedbewegung sowie
historischer Zupfinstrumentenkonzerte von etwa 1900 bis 1920. Die Lauten nach seiner
Magabe hatten einen groen Korpus, und meist ausgekehlte Griffbretter fr einen
mglichst lauten Klang und leichte Spielbarkeit. In einem spteren Rckblick auf diese
Zeit, um 1920, gesteht Scherrer aber ein, dass ein Vielzahl dieser Instrumente grobe
Kltze gewesen seien.106 Die Kontrasaiten der Deutschen Basslaute knnten den
Ursprung in der frhen Regungen der Lautensngerbewegung um Sven Scholander
haben. Ihr frhstes, berliefertes Zeugnis gibt LDTKE mit 1903 an.107
Zusammenfassend lsst sich sagen: Die Laute war nach heutigen Indizien nicht
nur in Bezug auf das knstlerische Spiel ausgestorben sondern auch (oder vor allem)
bezglich des Wissens um ihre Konstruktion. Einerseits ist es anzunehmen, dass die
Pioniere des knstlerisch ernstzunehmenden Lautenspiels ab 1920 auch wieder auf
Instrumenten gespielt haben, die ihren historischen Vorbildern bereits recht nahe waren.
Andererseits ist ein direkter Entwicklungsweg zu diesen Instrumenten, ausgehend vom
spten 18. Jahrhundert, aus heutiger Sicht ausgeschlossen. Bruger lag mit dieser
Herleitung also falsch. Dass ein einchriges, sechsaitiges bzw. zehnsaitiges Instrument
in verschiedenen lokalen Strmungen des Lautenbaus im 17. und 18. Jahrhunderts
bereits angedacht oder vorausgeahnt war, bleibt immerhin mglich ebenso wie die
schwer nachweisbare Reformwelle der sptbarocken Mandoren an der Schwelle zum
19. Jahrhundert.
104 Vgl. ebda., S. 23 u. 25.105 berliefert sind mehrere solcher Instrumente von Hermann Hauser. Vgl. SCHLEGEL/ LDTKE
(2011), S. 300-301.106 Vgl. HUBER (1995), Die Wiederbelebung des knstlerischen Gitarrespiels, S. 154.107 Vgl. LDTKE (2003), Zwischen berbrettl und Wanderfahrt, S. 30. Er nimmt hier Bezug auf ein
Foto eines dnischen Mandolinenorchesters bei Mller, Mette: Die Mandoline und die dnische Arbeiterbewegung. In: Musica Instrumentalis. Zeitschrift fr Organologie 3 (2001). S.13-23, hier 13.
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2.3 Fazit
Die Deutsche Basslaute war in ihrer frhen Konstruktionsweise tatschlich eine
Mischung aus Laute und Gitarre, oder besser gesagt: eine 10-saitige Gitarre mit
Lautenkorpus. Eine geradlinige Entwicklung von historischen Lauten zu ihr ist dabei
ausgeschlossen. Jedoch kann man mit dem Aufkommen der zunehmend an historischer
Bauweise orientierten Instrumente der 1920er Jahre eventuell von ersten echten
modernen Lauten sprechen. Neben Lauten weniger prominenter Instrumentenbauer
knnte dies auch fr die Exemplare Hermann Hausers berechtigt sein.108 Seine
Instrumente besitzen zweifelsfrei eine hohe Qualitt und es ist bekannt, dass ihm
historische Originale zur Vorlage dienten.
Doch eine Rehabilitation der Deutschen Basslaute ist wohl kaum zu erwarten.
Denn einerseits hatten selbst hochwertige Ausfhrungen dieser Instrumente mit den
Klangkonzepten historischer Lauten des 16.-18. Jahrhunderts herzlich wenig zu tun109
betont der Musikwissenschaftler und Lautenist Andr Burguete. Andererseits prgt die
Verbindung zur Lautensngermode und zur Jugendmusikbewegung nach wie vor den
Ruf auch der Deutschen Basslaute.
Bedauerlich ist in dieser Hinsicht weniger der Verlust eines vielleicht mig
ausgereiften Instruments, sondern dass der sachlich relevante Ideenschatz Brugers und
vor allem seine Vision in Vergessenheit gert: die Wiederentwicklung und Pflege eines
zeitgenssischen Lautenspiels. Diese knnte heute neben und ergnzend zum
Gitarrenspiel bestehen. Gegenwrtige Entwicklungen wie jene um den Liuto forte
bieten dafr durchaus wieder eine Chance.
108 Siehe Abb. 4 des Anhangs.109 Siehe Email-Interview mit Andre Burguete im Anhang der Arbeit.
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Literatur
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Bruger, Hans Dagobert (1926): Wegweiser durch die Hausmusik. In: Die Musikantengilde 3 (2 u. 5), S. 7175 u. 156159. Wolfenbttel; Berlin: Kallmeyer.
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24
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Anhang
Abbildungen
Abb. 1: Grundriss der Modernen Basslaute, aus: BRUGER (1925), Schule des Lautenspiels, S. XXVIII.
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Abb. 2: Deutsche Basslaute, aus: SCHLEGEL/ LDTKE, Die Laute in Europa 2, S. 304.
Abb. 3: Sogenannte bergangslauten und die Moderne Basslaute, aus: BRUGER (1925), Schule des Lautenspiels, S. XXX.
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Abb. 4: Moderne Laute von Hermann Hauser, aus: SCHLEGEL/ LDTKE, Die Laute in Europa 2,S. 301.
Abb. 5: Deutsche Basslaute von Hermann HauserQuelle: http://harpguitars.net/history/org/org-hybrids.ht (Stand: 17.7. 2011)
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Korrespondenzen
Email-Interview mit Andr Burguete (Juli 2011)
Spielten die Publikationen Brugers ("Schule des Lautenspiels", "Bachs Kompositionen fr die Laute", Probleme der dt. Lautenmusik des 18.Jh." u.a.) eine Rolle fr Ihre Vision, eine moderne Laute fr das 21. Jahrhundert zu entwerfen?
Dagobert Brugers Lautenschule, seine Bearbeitung der Lautenkompositionen J.S.Bachs und die 10-saitige, in e gestimmte "Balaute" haben mich - mangels Besserem - im Alter von 16 Jahrenpraktisch und theoretisch beschftigt, stehen jedoch in keinem direkten Zusammenhang mit der Entwicklung des Liuto forte. Der Liuto forte ist vielmehr das Ergebnis einer sich anschliessenden, sehr langen und grndlichen Auseinandersetzung mit der europischenischen Lautenbautradition und dem historischen Lautenspiel, die im 18.Jahrhundert zum Stillstand kamen. Im Zusammenhang mit der Entschlsselung der Lautenkompositionen Johann Sebastian Bachs (www.bach-lautenwerke.de) rckte dann die noch wenig erforschte Tradition einzelbesaiteter historischer Lauteninstrumente immer mehr in den Vordergrund, ebenso wie die zukunftstrchtigen Modifikationen der Deckenbeleistung durch deutsche Lautenbauer des 18.Jahrhunderts. Sie fhrten mich zu der Erkenntnis, da alle Elemente, aus denen eine Laute des 19. oder 20.Jahrhunderts htte entstehen knnen, im 18. Jahrhundert bereits vorhanden waren. Es bedurfte nur noch einer intelligenten Kompilation, zu der es in der zweiten Hlfte dieses Jahrhunderts dann jedoch leider nicht mehr gekommen ist. Sie wird nunmehr in Gestalt des "Liuto forte" nachgereicht, der an diese unterbrochene Tradition anknpft und der Laute ganz neue Perspektiven erffnet.
Wie sehen und bewerten Sie als moderner Lautenbauer das damalige Instrument ("Gitarrenlaute"/ "moderne Laute") hinsichtlich der Konstruktion, wie hinsichtlich des Klanges?
Die von Bruger vorausgesetzte 10-saitige "Ba-Laute" in e-Stimmung beruht ebensowenig wie die 6-saitigen Wandervogellauten dieser Zeit auf einem sorgfltigen Studium des historischen Lautenbaues. Sie ist hinsichtlich Ihrer Beleistung, ihrer Decken-und Saitenstrken etc.vielmehr an den deutschen Gitarrenbau jener Epoche angelehnt. Lauten aus der ersten Hlfte des 20.Jahrhunderts unterscheiden sich von den Gitarren ihrer Zeit hauptschlich durch die einem Lautenkorpus (also einem zargenlosen Instrument) eigentmliche Luftresonanz. Es gibt unter diesen Instrumenten sowohl klanglich als auch handwerklich Besseres und Schlechteres und auch - schon vor 1920 - chrige, von Hermann Hauser gebaute Varianten von ausgezeichneter Klangqualitt. Sie alle haben mit den damals noch nicht erforschten Klangkonzepten historischer Lauten des 16.-18.Jahrhunderts jedoch herzlich wenig zu tun.
Warum hat sich die "moderne Laute" des 20. Jahrhunderts nicht in der klassischen Musizierpraxis durchgesetzt?
Da diese Instrumente weder lauter noch leichter spielbar waren als die Gitarren ihrer Zeit und auch ber kein klar unterscheidbares eigenes Klangkonzept oder gar ber eine reichere Klangfarbenpalette verfgten, stellten sie keine Konkurrenz fr die Gitarre dar, die eben zu dieser Zeit noch das Glck hatte, ber eine Reihe herausragender Virtuosen zu verfgen. Auf der anderen Seite entsprachen diese Lauten auch bei weitem nicht den Anforderungen, die man an Kopien historischer Instrumente stellt und waren daher fr eine mglichst originalgetreue und berzeugende Wiedergabe von Lautenmusik nur sehr bedingt geeignet. In gewisser Weise saen die Spieler solcher Instrumente (mit Ausnahme der "Lauten-Snger") in ihrer Zeit zwischen allen Sthlen, bereiteten in dieser unkomfortablen Position jedoch ganz wesentlich den Boden fr die tatschliche Wiederbelebung historischer Lauteninstrumente und ihrer Spieltechniken nach dem 2.Weltkrieg.
Schreiben Sie der Arbeit Brugers einen "lautenistischen" Verdienst zu?
Ungeachtet dieser Anmerkungen hege ich grten Respekt gegenber allen Pionieren der Lautenmusik im 20.Jahrhundert, den Herausgebern, Forschern, Spielern und Instrumentenbauern. Ich hatte nicht nur das Glck, mit hochbetagten Herren wie Josef Klima, Hans Radtke, Franz von Lobkowitz u.a. noch persnlichen Umgang zu pflegen sondern bewahre auch einige nicht unbetrchtliche Nachlsse dieser Generation fr die Nachwelt auf.
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Email-Korrespondenz mit Hermann Hauser III (Juli 2011)
Sehr geehrte Damen und Herren, sehr gehrter Herr Hauser,> ...>Mein Thema dreht sich um die sogenannte "moderne Basslaute" der 1920er in Deutschland und um einen ihrer engagiertesten Frsprecher, dem Musikwissenschaftler Hans Dagobert Bruger.>>Aus verschiedenen Quellen erfuhr ich, dass auch Hermann Hauser I neben Gitarren und historisch orientierten Lauten, solche "modernen" Lauten baute. In den ersten Jahrgngen der Zeitschrift "Die Laute" waren zudem regelmig Annoncen zu finden - eine Zeitschrift der auch H.D. Bruger verbunden war.>>Meine wichtigste Frage:>Die meisten der "modernen Lauten" dieser Zeit stehen in keinem guten Ruf was die "Schnheit", Lautstrke und Tragfhigkeit des Klangs anbelangt. Da die Werkstatt Hauser jedoch schon in dieser Zeit fr seine auerordentliche Qualitt bekannt war, interessiert es mich, wie eine hochwertige "moderne Basslaute" aus Ihrem Hause klang. Lsst sich der Klang im Vergleich zur klassischen Konzertgitarre und zur historischen 8-10 chrigen Renaissancelaute beschreiben? Gibt es eventuell sogar Aufzeichnungen die man sich anhren kann?>>Die zweite Frage:>Welche Vertreter des modernen Lautenspiels hatten Kontakt zu Werkstatt Hauser I? War H.D. Bruger unter Ihnen?>>Ich bedanke mich im vornherein fr ihre Mhe und Zeit! Ich freue mich auch ber kleine Hinweise und Empfehlungen.>>Mit freundlichen Gren,>Torsten Gehlhar -------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Sehr geehrter Herr Gehlhar,
vielen Dank fr Ihre E-Mail.Leider bekommen immer wieder E-Mails und Briefe aus der ganzen Welt, so dass wir mit der Korrespondenz nicht nachkommen.Somit werden wir nur Stichpunkte zu Ihrem ausfhrlichen E-Mail mitteilen.
Hauser I hat viele Lauten gebaut. Instrumente finden Sie im Stadtmuseum Mnchen.Herr Schlegel in der Schweiz (http://www.lutecorner.ch/) hat gerade ein neues Buch ber den Lautenbau (generell ber die Laute) herausgegeben.Wir denken, dass Sie viele Informationen aus dem Buch entnehmen knnen.
Lautenisten, die auf Hauser Lauten spielten waren Heinz Bischof, Heinrich Scherrer, Theorben- und Lautenspieler Besenfelder,Lauten und Minnesnger Willy Schrer. Dies einige Namen, die mir spontan einfallen.Aufzeichnungen sind durch die Kriegswellen in unserem Hause verloren gegangen.
Durchaus mglich ist, dass er Bruger mit Hermann Hauser I Kontakt hatte.Mit freundlichen GrenHermann Hauser III
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Verzeichnis der recherchierten Arbeiten Hans Dagobert Brugers
Nachfolgend sind die von mir recherchierten Arbeiten Brugers in chronologischer
Reihenfolge gelistet. Sie umfassen grtenteils Aufstze und Notenausgaben und sind
noch vereinzelt in deutschen Bibliotheken zu finden.
Bruger, Hans Dagobert (1920/21): Bachs Verhltnis zur Laute und Lautenmusik. In: Die Laute 4 (1), S. 610. Wolfenbttel.
Bruger, Hans Dagobert (1920/21): Zur Literatur ber alte Lautenmusik. In: Die Laute 4 (3 u. 4), S. 3740 u. 4952. Wolfenbttel.
Bach, Johann Sebastian; Bruger, Hans Dagobert (1925): Kompositionen fr die Laute. 3., wesentlich ergnzte u. verbesserte Auflage. Wolfenbttel: Zwiler. (Erstauflage 1921)
Bruger, Hans Dagobert (1922): Glucks dramatische Instrumentationskunst und ihre geschichtlichen Grundlagen. Dissertion. Heidelberg.
Bruger, Hans Dagobert (Hg.) (1923): Alte Lautenmusik aus drei Jahrhunderten. Heft 1: Das XVI. Jahrhundert. Berlin: Simrock.
Bruger, Hans Dagobert (Hg.) (1923): Alte Lautenmusik aus drei Jahrhunderten. Heft 2: Das XVII. und XVIII. Jahrhundert. Berlin: Simrock.
Bruger, Hans Dagobert (Hg.) (1923): Altenglische Madrigale zur Laute von John Dowland (1597). Gesang mit Laute. Berlin: Simrock.
Bruger, Hans Dagobert (1923): Das Klangideal der deutschen Vorklassiker um 1700. In: Schweizerische Zeitschrift fr Instrumentalmusik 12 (10), S. 148?. Luzern: Eidgen. Musikverein.
Bruger, Hans Dagobert (1923): Komm, schwerer Schlaf! Aus dem Lautenbuch des John Dowland -"The first book of Songs or Ayres" (1597). In: Die Musikantengilde 2 (4), S. 2829. Wolfenbttel; Berlin: Kallmeyer.
Dowland, John; Bruger, Hans Dagobert (1923): John Dowland's Solostcke fr die Laute. (1562-1616); in Ausw. hrsg. Berlin: Simrock.
Haydn, Joseph; Bruger, Hans Dagobert (1924): Quartett in D-dur. Fr obligate Laute, Violine, Bratsche und Violoncell. Wolfenbttel: Zwiler.
Miln, Luis; Bruger, Hans Dagobert (ca. 1924): Pavane. Aus "El Maestro" fr die Vihuela (spanische Laute). In: Die Musikantengilde. Wolfenbttel; Berlin: Kallmeyer.
Bruger, Hans Dagobert (1924): Pavane (John Dowland 1562-1626). (Semper Dowland semper dolcus). In: Die Musikantengilde 3 (5), S. 32. Wolfenbttel; Berlin: Kallmeyer.
Bruger, Hans Dagobert (1925): Die "Fis-Stimmung" oder "Normal-Stimmung" fr die Laute? Ein Beitrag zu Klrung des Problems der modernen Lautenstimmung. In: Die Musikantengilde 4 (2), S. 4347. Wolfenbttel; Berlin: Kallmeyer.
Bruger, Hans Dagobert (1925): Neue Wege des Lautenunterrichts. Ein neues Schulwerk fr die Laute in Selbstanzeige seines Verfassers. In: Die Musikantengilde 4 (6), S. 172176. Wolfenbttel; Berlin: Kallmeyer.
Bruger, Hans Dagobert (1925): Probleme der deutschen Lautenmusik des 18. Jahrhunderts. In: Bericht ber den 1. Musikwissenschaftlichen Kongre der Deutschen Musikgesellschaft in Leipzig vom 4. bis 8. Juni 1925, S. 237241. Leipzig: Breitkopf & Hrtel.
Bruger, Hans Dagobert (Hg.) (1926): Deutsche Meister des ein- und zweistimmigen Lautensatzes. Wolfenbttel: Georg Kallmeyer. Wolfenbttel; Berlin: Kallmeyer.
Bruger, Hans Dagobert (1926): Herkunft und Entwicklung der modernen (einchrigen) Laute. In: Die
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Musikantengilde 5 (2), S. 4650. Wolfenbttel; Berlin: Kallmeyer.
Bruger, Hans Dagobert (1926): Schule des Lautenspiels. Fr die gewhnliche Laute, Basslaute, doppelchrige und theorbierte Laute ; unter Bercksichtigung der Regeln und Erfahrungen der berhmtesten Lautenmeister des 16. und folgender Jahrhunderte bis zur Gegenwart. 2. Auflage. Wolfenbttel: Kallmeyer..
Bruger, Hans Dagobert (1926): Wegweiser durch die Hausmusik. In: Die Musikantengilde 5 (2 u. 5), S. 7175 u. 156159.
Bruger, Hans Dagobert (1926): Laute oder Gitarre? Ein Problem unserer Musikkultur. Wolfenbttel: Georg Kallmeyer. (Unverffentlicht? Verffentlichungsankndigung im Aufsatz: Wegweiser durch die Hausmusik . Siehe oben.).
Vise, Robert de; Bruger, Hans Dagobert (1926): Allemande. Fr zwei Lauten augesetzt von H. D. Bruger; (1682)/ Robert de Vise. In: Die Musikantengilde 5. Wolfenbttel; Berlin: Kallmeyer.
Bruger, Hans Dagobert (1927): Der einstimmige Lautensatz. In: Die Musikantengilde 9/10 (1), S. 6-8. Wolfenbttel; Berlin: Kallmeyer.
Bruger, Hans Dagobert (Hg.) (1927): Pierre Attaignant (1529). Zwei- und dreistimmige Solostcke fr die Laute. Berlin: Simrock.
Tardel, Hermann (Hg.) (1928): Niederdeutsche Volkslieder. Aus Schleswig-Holstein und den Hansestdten. Mit Bildern und Weisen. Mnster: Aschendorff. (Hierin: Lautenstze von Bruger)
Jde, Fritz (Hg.) (1929): Frau Musica. Ein Singbuch frs Haus aus dem einstg. u. mehrstg. zu singen und dazu auf allerei Instrumenten zu spielen ist. Berlin: Dt. Buchgemeinschaft. (Hierin: diverse Lautenstze)
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Erklrung:Ich versichere hiermit, dass ich die Arbeit selbstndig und nur mit den angegebenen Hilfsmitteln angefertigt habe und dass alle Stellen, die dem Wortlaut oder dem Sinne nach anderen Werken entnommen sind, durch Angabe der Quellen als Entlehnungen kenntlich gemacht worden sind.
Einleitung1 Die moderne Laute nach Hans Dagobert Bruger1.1 berblick1.2 Allgemeine Beschaffenheit: Teile, Besaitung, Stimmung, Klang, Herkunft1.3 Spielweise: Notation, Stil, Spieltechnik1.4 Knstlerische Praxis: Repertoire und Didaktik
2 Moderne oder Bastardlaute? 2.1 Zwei Ansprche2.2 Zur baulichen Herkunft der modernen Laute2.3 Fazit
LiteraturAnhangAbbildungenKorrespondenzenVerzeichnis der recherchierten Arbeiten Hans Dagobert Brugers