Verletzungen von Wirbelsäule,
Schultergelenk und Kniegelenk
Dr. med. Hans-Philipp Springorum
Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie
BLD-Personenschadenworkshop 2014
Junghanns 1955
Wirbelsäule
L. longitudinale anterius vom Occiput bis zum Sacrum
L. longitudinale
posterius vom Occiput bis zum Sacrum
Discus
intervertebralis
L. flavum
L. interspinale
L. supraspinale vom Occiput bis zum Sacrum
Das Bewegungssegment nach Junghanns
• Unterschiedliche WK Formen der BWS / LWS
• Zunahme der Wirbelkörpergröße
• Physiologische Krümmungen
• Verletzungsprädilektion an Übergängen
Problematik
• Sehr unterschiedliche „biomechanische“ Anatomie
innerhalb der Abschnitte HWS, BWS und LWS
• Sehr unterschiedliche „Gefahr“ der neurologischen
Komplikation durch Trauma oder OP in den
unterschiedlichen Höhen
• Unzählige Klassifikationen
Statistisches Bundesamt
Overall 853946
[Todesfälle Deutschland 2003]
Arbeit/Schule Verkehr Haus Sport weitere gesamt
551 6684 6240 187 6759 20421
Statistisches Bundesamt
2,4%
[Todesfälle durch Unfall, Deutschland 2003]
Männer Frauen gesamt
9 12 21
Statistisches Bundesamt
0,000024%
0,1%
[tödliche Wirbelsäulenverletzung, Deutschland 2003]
V
IV
III
II
I
XII
XI
X
IX
VIII
ca. 90% im erweiterten thorako-lumbalen
Übergang
50-60% aller Wirbelfrakturen
Magerl 1994, Meyer1989, Knop 1999
ca. 20 % aller Wirbelfrakturen
ca. 80% obere Halswirbelsäule 2000 schwere Verletzungen/J. in D
ca. 60% aller Wirbelsäulenverletzungen
mit neurologischem Defizit sind Folge von
Verletzungen der unteren HWS!!!
Diagnose: 200.000 - 300.000
Schleudertrauma
Schnabel M, Weber M, Vassiliou T, Mann D, Kirschner M, Gotzen L, Kaluza G.
[Diagnosis and therapy of acute complaints after "whiplash injury" in Germany.
Results of a representative survey at surgical and trauma departments in Germany].
Unfallchirurg 2004;107-4: p300-6.
1996 wurde über 1 Mrd. EUR
Entschädigungszahlungen von Versicherungen
geleistet!!!
Symptome Schleudertrauma
Kopfschmerzen
Nackenschmerzen
Übelkeit
Sehstörungen
Hörstörung (Tinnitus)
Schwindel
Lähmungen
Schluckstörungen
Konzentrationsstörungen
Frage: Geschwindigkeit? Organische Korrelate?
„Mythos“ Schleudertrauma
Begutachtung:
Persistierende Beschwerden nur nach Nachweis einer organischen
Schädigung (Fraktur, Bandruptur, Gefäßverletzung)
Schwere der Verletzung bestimmt den Eintritt der Symptome
Traumatischer Bandscheibenvorfall bislang nicht nachgewiesen.
Empfundene Symptome bedürfen des Nachweises
Geschwindigkeit: Harmlosigkeitsgrenze?
Anamnese betrachten!
Traumatische Paraplegie: 20/106
Wirbelsäulenverletzungen
2000 schwere Verletzungen HWS
Traumatische Tetraplegie: 600/Jahr
8000 schwere Verletzungen thoracolumbal
Wirbelfraktur
- stabil oder instabil? -
Gründe für die Verletzlichkeit der HWS
Hohe biomechanische Belastung
Seitneigung
Funktion
Extension
Flexion
Funktion
Rotation
Funktion
• Unterschiedliche Form der Wirbelkörper
• Größenzunahme
• Schwachstellen: an den Gelenken
Gründe für die Verletzlichkeit der HWS
Hohe biomechanische Belastung
Unterschiedliche Wirbelform
Ungünstiges Verhältnis von Spinalkanal
u. Rückenmarkdurchmesser
Gründe für die Verletzlichkeit der HWS
Durchmesser C4 ist ca. 25% geringer als Höhe C1
Eismont FJ et al. SPINE 1984
Unfallmechanismus
Kompression
Flexion/Extension mit Distraktion
Rotation mit Distraktion
Unfallmechanismus
Klassifikationen
Occiput
C1 Atlas
C2 Axis
Occiput
C1 Atlas
C2 Axis
Occiput
C1 Atlas
C2 Axis
C1 Frakturen
Gehweiler JA Jr et al. 1983, Jefferson G 1920 Br J Surg
Typ I
Typ II Typ III (Jefferson) 2, 3, 4 Part Fractures
Typ IV
Typ V
Typ I-V
Jefferson Fraktur C1 Fraktur Typ III
C1 Frakturen
Jefferson G 1920 Br J Surg
C1 (Typ III) Jeffersonfraktur
C1/2 Verschraubung (Magerl)
C1 (Typ III) Jeffersonfraktur
C1 (Typ III) Jeffersonfraktur
C1 (Typ III) Jeffersonfraktur
C1 (Typ III) Jeffersonfraktur
Präzise und minimal-invasiv
C1 (Typ III) Jeffersonfraktur
6 Monate nach C1/C2 Fusion
C2 Frakturen
Anderson Typ I
C2 Frakturen
Anderson Typ II
Pseudarthrose Risiko 40-50%
C2 Frakturen
Anderson Typ III
Pseudarthrose Risiko 0-5%
Densverschraubung Anderson II
C2 Frakturen
Hangman fracture
Typ III
Typ II
Typ I besser:
traumatische Spondylolisthese
Effendi et al.1981
Halo Fixateur
Unfall nach Reposition
9-12 Wochen
- lästig aber risikoarm -
Konservative Therapie Hangman Fracture Typ I
Hangman Fracture Typ II
elegant – aber hohes Risiko
Schraubenosteosynthese
nach Judet
Fielding und Hawkins 1977 JBJS
Rotatorische atlanto-axiale Dislokation
C1/C2
Reposition:
Verstärkung der Luxation zum
Lösen der Verhakung:
Extension, Linksdrehung,
Inklination
Rückführung in die Kongruenz:
Rechtsdrehung
Rotatorische atlanto-axiale Dislokation
Rotatorische atlanto-axiale Dislokation
Halo Fixateur für 8 Wochen
Diagnostik: Röntgen HWS in 2 Ebenen
Nur Röntgen?
Unfall
1 Woche
Vollständigkeit!!
B2.2
Diagnostik
Die Schwere der Verletzung muß bei
der Klassifikation und bei der Frage der
Kausalität berücksichtigt werden
74 Jahre, weiblich
- Verkehrsunfall vor 2 Jahren
- Typ B2.1
- Progrediente Querschnittslähmung
Bedingt durch anatomische Besonderheiten führen Verletzungen
der HWS besonders häufig zu neurologischen Defiziten
Problem der Klassifikationen: Keine klare Korrelation
zwischen Klassifikation und Verletzungsschwere
Begutachtung: Schwerste HWS-Verletzungen möglich.
Langwieriger Verlauf, oftmals BU
Therapiedauer: Konservativ/operativ oft Monate
Zusammenfassung HWS
BWS - LWS
V
IV
III
II
I
XII
XI
X
IX
VIII
ca. 90% extended thoraco-lumbar junction
50-60% of all Spine Fractures
Magerl 1994, Meyer1989, Knop 1999
Klassifikationen
Säulen Einengung Spinalkanal
Zwei-Säulenmodell
Whitesides 1977
Biomechanik
(AO) Magerl - Klassifikation 1994
A Kompression
A B C
B Distraktion C Rotation
Konservativ vs. operativ
A1.1 – A1.3
stabile Frakturen
A2.2
stabile Fraktur A2.3 – A3
instabile Frakturen
Röntgen a.p. und seitlich
Hinterkante Translation
Dornfortsätze Rotation
Beck 1971
ndexSagitalerIb
a
konservative
und
operative Therapie
Mieder Korsett
Wichtig: Röntgen im Verlauf: 4-7-11
• posteriore Instrumentation
• anteriore Fusion
• kombinierte anterior-posterior Fusion
Grundsätzliche Behandlungsoptionen:
USS Universal Spine System®
Montage Aufsätze
Dorsale Verfahren
Computernavigation?
Fehllage im
Iliosakralgelenk
Schraubenfehllage
Bis zu 40 %
Pedikelperforationen
Castro WH et al.1996, Gertzbein SD and Robbins SE, Laine T et al.
Präzisionsvergleich
ventrale Verfahren
Ballon-Kyphoplastie
Patient 61 Jahre, Autounfall, A3 Fraktur LWK 2
Fluroscope X-Ray
Patient 61 Jahre, Ergebnis mit Calcibon
Wirbelsäulenfraktur
Begutachtung
– Im Vordergrund steht die verbliebene Funktionsstörung
– Funktionsprüfung: Neutral-Null-Methode
– Deformierungen benennen: Winkelabweichungen: Relevant ab 15-20°
– Instabilitäten bzw. Versteifungen: Funktionsaufnahmen!
– Benachbarte Segmente: Arthrosezeichen?
– Neurologische Ausfälle?
30% der Bevölkerung betroffen
15 Milliarden € Behandlungskosten/Jahr
25 % aller Frühberentungen
Bandscheibenoperationen/Jahr
– 22.000 (Krämer 1999)
– 60.000 (Focus 2000)
Bandscheibenerkrankungen
Discus
Bandscheibenerkrankungen
Altersverteilung von Bandscheibenvorfällen
Lokalisation
Bandscheibenerkrankungen
• Höhenminderung und Elastizitätsverlust
• Reduktion der Pufferfunktion
• verstärkte Kraftübertragung auf die kleinen Wirbelgelenke
• Verengung des lateralen Wirbelkanals und des Foramen
intervertebrale
Bandscheibenerkrankungen
Formen
Bandscheibenerkrankungen
Formen
- Myelogramm 24 % (Hitselberger 1968)
- CT 36 % (Wiesel 1984)
- MRT 33 % (Boden 1990)
Diagnose „Bandscheibenvorfall“ bei
asymptomatischen Patienten
Dermatom
Pseudoradikulärer Schmerz
Wurzel Kennmuskel Reflex
C3 / C4 Schulterheber
C5 M. biceps brachii BSR
C6 Handgelenksheber Radiusperiost
C7 Ellenbogenstreckung und
Handgelenksbeugung
TSR
L3 Quadriceps und Adduktoren PSR
L4 Quadriceps und tbialis anterior PSR
L5 Fußheber, Zehenheber Tib-post.
S1 Trizeps surae ASR
MRT-Diagnostik
Bandscheibenvorfall
Deutschland
Ca. 50.000 Operationen/Jahr
bei „Bandscheibenbedingten
Erkrankungen“
Mayer 2005
• Nucleotomie (Standard-, Mikro-, Endoskopische Operation)
• Intradiskale Therapieverfahren
• Operationen am Wirbelbogengelenk
• Flexible Implantate („Non Fusion Techniken“)
Bandscheibenvorfall
Begutachtung
– Bandscheibenvorfall niemals allein traumatisch!
– Immer vorgeschädigte Bandscheibe
– Bei Leichenversuchen: Vorfall provozierbar durch Unfälle höchster
Energie
– Anhand von Röntgenaufnahmen: Verletzungshöhe vorhersagbar
– Vor Verletzung einer gesunden Bandscheibe: WK-Fraktur,
Bandrupturen
– Wichtig für Kausalzusammenhang: Initiales Symptom (Schmerz im
Dermatom, Neurologie!)