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Page 1: Über den Nachweis von Fluor in Pflanzen- und Bodenproben

Uber den Nachweis yon Fluor Pflanzen- und Bodenproben.

Yon P a u l R e c k e n d o r f e r .

in

Aus dem chem. Laboratorium der Bundesanstalt ftir Pflanzenschutz in Wien.

(Ei~tgelat~gt am 27. Miirz 1930.)

Die oberste ]ockere Schichte der Erdrinde, soweit dieselbe einen Standort und eine N~hrquelle ftir Pfianzen abzugeben in der Lage ist, wird schlechthin ,,Boden" genannt. Derselbe ist fiir die Vege- tation yon grol%er Wichtigkeit, zumal die Pflanze darin einen grol~en Tell ihrer Nahrung findet. Er entsteht durch Verwitferung zahlreicher Gesteinsarten, die yon verschiedenen Salzen aller fiir die Pfianze notwendigen Metalle gebildet werden. Unter diesen Mineralien kommt dem fluorhaltigen Apati t eine nicht unwesent- liche Rolle zu.

Apatit , ein phosphorsaurer Kalk, 5fters mit Fluorgehalt, i s t in den Tiefen- und Ergul%gesteinen sehr verbreitet und derart oft- reals ein Bestandteil des Bodens und somit die Quelle, uus der die Pfianze ihren Fluorgehalt schSpft. Nicht immer aber ist es der Pflanze mSglich, auf fluorhaltigem Boden zu vegetieren, wes- halb nicht jede Pflanze, auch gleicher Gattung, einen Fluorgehal t aufweisen mul~, ganz abgesehen davon, dal~ das prozentuale Aus- mar einer Fluoranreicherung verschieden sein kann.

Es gibt aber noch eine MSglichkeit, durch die eine Pfianze, wenngleich sie auf fluorfreiem Boden lebt und demnach daraus Fluor- salze nicht aufzunehmen vermag, zu einem Gehalt an Fluor kom- men kann, n~mlich dutch Rauchschaden. Zu den Verbindungen des Fluors gehSrt auch die Fluorwasserstoffsiiure, meistens Flul~s~iure genannt. Diese hydrophile SSure ist in den Rauchgasen und Ex- halationen fiuorverarbeitender Betriebe enthalten und mul~ im

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Hinblieke auf ihre aulierordentliehe Giftwirkung als fiir die Pflanze sch~idlieh betrachtet werden. Auch Siliciumtetrafluorid ~lnd Kieselfluorwasserstoffs/iure, die entweder fiir sich allein oder als Begleiter der Fluorwasserstoffs~ture in den Abgasen und Rauch- schwaden vorkommen kSnnen, miissen als sehwer pflanzensch~tdi- gende Stoffe bezeichnet werden. Xhnlieh den Schwefliges~ture- und Schwefels~uresch~den unterseheidet man aueh bier, je nach der Schadenswirkung a]s Folge des Gehaltes der Luft an diesen Fluor- verbindungen, akute, chronische und unsichtbare Sch~tden.

Es wird also Pflanzen geben, die auger den ftir ihre Entwicklung unumg~tnglich notwendigen NShrelementen: Koh]enstoff, Sauer- stoff, Wasserstoff, Stickstoff, Sehwefel, Kalium, Kalzium, Ma- gnesium, Phosphor und Eisen, noch ein anderes Element ent- halten, n~mlich Fluor.

Da es sich einerseits im Rahmen botanischer Arbeitsmethoden als notwendig erweisen kann, hin und wieder Pflanzen und ihre Familien auf ein etwaiges Vorkommen yon Fluor zu priifen, und es anderseits im Interesse der Rauchschadensforsehung liegt, bei verschiedenen Pflanzen, die unter ganz versehiedenen Bedingungen einen Fluorgehalt erworben haben kSnnen, einen qualitativen Fluornachweis zu f/ihl'en, sei im nachstehenden iiber eine solche Beweisfiihrung naeh althergebraehten und neueren Methoden be- richter.

OewShnlich wird der qualitative Nachweis yon Fluor dureh die £tzprobe oder die Wassertropfenprobe oder eine Verbindung beider gefiihrtl). Wenn in der zu prtifenden Substanz organisehe Stoffe und fliiehtige S~uren in relativ geringer Menge vorhanden sind und das Pluor an dureh Sehwefels~ure zersetzbare Fluoride gebunden ist, liefern die Xtz- und Wassertropfenprobe aueh bei Oegenwart geringer Fluormengen siehere Ergebnisse. Liegen die Verhaltnisse aber anders, dann mug die Substanz erst dureh eine entspreehende Aufbereitung und Anreieherung den genannten Un- tersuehungsmethoden zug~nglich gemaeht werden.

Sehr haufig wird aueh ein mikroehemiseher Naehweis verwendet, der darauf beruht, das Phor als Natriumfluorsilikat (Na._,SiF,,) oder als Bariumfluorsilikat (BaSiP,,) abzuseheiden und unter dem Mikroskop an der eharakteristisehen Kristallform zu identifizieren.

1) O. I~ITFF. Die Chemie des Fluors. Julius Springer, Berlin, 1920.

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Die bisher angegebenen Verfahren verlangea im ttinblicke auf ihre geringe Empfindlichkeit eine Anreicherung des nachzuweisen- den Fluors und demnach die Verarbeitung grii~erer Substanz- mengen. Bei der Aufsuchung yon Fluor in Pflanzen oder Pflanzen- teilen ist stets yon vornherein nur ein sehr geringer Gehalt an Fluor zu erwarten; die Erkennung des Fluors ist in solchen F~llen demnach eine Aufgabe der sogenannten ,,Spurensuche", eine Bezeichnung, die von F. EMIcH") stammt.

In der einschliigigen Li teratur war neuerdings yon F. FEIGL und P. •RUMHOLZ 3) ein Verfahren zum Nachweis yon Fluor be- schrieben worden, welches die LSsung dieser Aufgabe als aus- sichtsreich erscheinen l i~t . Dieses Verfahren beruht darauf, aus Ftuoriden Fhorwasserstoff zu entwickeln, diesen in bekannter Weise mit SiO._, in Umsetzung zu bringen und das hierbei frei werdende SiF4 durch Wasser zu verseifen. Die bei dieser Reaktion entstehende 15sliche KieselsSure sowie die gebildete Kieselfiuor- wasserstoffs~ure lassen sich durch leichte Reduzierbarkeit yen Molybdiin in der komplexen Silikomolybdiins~ure erkennen. Diese Molybdat-Benzidin-Reaktion ermSglicht es, kleine Mengen Fluo- ride einwandfrei und mit vSlliger Sicherheit nachzuweisen.

Es lag nun der Gedanke nahe, mit ttilfe der Molybdat-Benzidin- Reaktion jene geringen Fluormengen, die in verschiedenen Pfian- zen unter Umst~inden vorkommen kSnnen, nachzaweisem Zu diesem Zwecke war es notwendig, die Pflanzensubstanz fiir einen derar- tigen Analysengang vorzubereiten.

In der chemischen Literatur sind verschiedene 3Iethoden ange- geben, nach denen Pflanzenprodukte durch ZerstSrung der org~ni- schen Substanz ftir einen Fluornachweis vorbereitet werden kSnnen. O. RUFF m 1) IOC. cir. - - empfiehlt, die Pflanzen zu frock- hen, mit 1 bis 1,5~ gelSschtem, in etwas Wasser zerteiltem Kalk zu verreiben und nachher im Muffelofen bei 550 bis 6000 C in einem Nickel- oder Porzellantiegel zu veraschen. Die Asche wird dann mit Salzs~ure aufgenommen, bis das Aufbrausen beeadet ist, sehwach alkalisch gemacht and, ohne zu filtrieren, mit Natriumsulfat un4 Bariumchlorid gef~tllt. Nach O. RUFF sind zur Abscheidung des

:) F. EMICH, Lehrbuch der Mikrochemie, Mtinchen, 1926, Vorwort zur 2. Auf- lage, Seite V.

a) F. FEIGn und P. KRUMHOLZ, Bet., 62 (1929), 1138.

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Fluors die Bariumsalze geeigneter als die Kalziumsalze, und zwar nieht nur wegen der geringeren LSslichkeit des Bariumfluorides, sondern deshalb, well alle unlSslichen Bariumsalze, vor allem das Bariumsulfat, das Fluorid aus der LSsung mitreil~en, weshalb aueh vor der F~llung mit Bariumchlorid etwas Natriumsulfat zugesetzt werden mul~. Man erhitzt auf 100 °, verdampft die trtibe LSsung zur Trockene, behandelt den Rtickstand mit einer zum AuflSsen der 15slichen Salze gerade ausreichenden Menge kalten Wassers und gibt das gleiche Volumen 96%igen Alkohols hinzu. Hierauf lal~t man absitzen und befreit den Niederschlag yon den Chloriden durch Auswaschen mit mSgliehst wenig 65~oigem Alkohol an der Zentrifuge. Der Rtickstand enth~ilt neben Fluorid auch Sulfat, Silikat, Phosphat usw. und kann nach dem Trocknen weiterverar- beitet werden.

Da es wtinschenswert schien, den Veraschungsvorgang, das heil~t die Aufbereitung der Pfianzensubstanz zum Zwecke des Fluor- nachweises einfacher zu gestalten, wurde versucht, mit Zuhilfe- nahme der BERTHELOT'schen Bombe diesem Problem n~herzu- kommen.

Etwa 2 g der lufttrockenen und feingepulverten Pflanzensub- stanz wurden in einer Schraubenpresse zu einer kleinen Pastille geformt. Diese Pastille wurde nun, mit einem Ziindfaden yon Baumwolle umgeben, in einen'kleinen Platinnapf gelegt, der dann an einem der stromffihrenden Platinpole des auf die Kalorimeter- bombe aufschraubbaren Deekels befestigt wurde. Dieser Pol wurde mit dem anderen durch einen feinen Platindraht verbunden, um den der fiir die Ztindung bestimmte Baumwollfaden gewickelt wurde. Nach dem Aufschrauben des Deckels auf das Bomben- geffit~ wurde der nunmehr versehlossenen Kalorimeterbombe durch ein Ventil Sauerstoff yon 25 Atmosph~iren Druek zugeftihrt. Nach sorgfiiltigem Verschtul~ des Sauerstoffventiles wurde die Bombe bei gleichzeitiger Kiihlung geziindet. Es mul~ vorweggenommen werden, dal~ das Bombengefii~ vor ]edem Versuehe mit einigen Kubikzentimetern einer etwa 20%igen Alkalilauge geftillt wurde, umbe i der Verbrennung, bezw. Abkiihlung entstehende Aschen- bestandteile oder I(ondensationsprodukte aufzunehmen. Diese Lauge wurde nach jeder Versuchsbeendigung, unabhiingig yon der im Platinnapf zuriickbleibenden Pflanzenasche, untersucht. Es

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konnte stets festgestellt werden, dal% sie fluorfrei blieb, was a]s ein Beweis daffir gelten kann, dal~ w~hrend des Verbrennungs- vorganges im Platinnapf ein Verlust der fluorhaltigen Aschen- substanz nicht zu gew~rtigen ist. Nach dem Erkalten wurde die Bombe vorsichtig ge5ffnet, die Pflanzenasche vom Platinnapf auf eine kleine Achatschale gebracht und dortselbst rein gepulvert. Dieses Aschenpulver konnte, mit einer entsprechenden Menge rein- sten gewaschenen und gegliihten Quarzsandes innig vermengt, so- gleich der Siliziumtetrafluoridprobe, bezw. der Molybdat-Benzidin- Reaktion unterworfen werden. Es sei noch erwahnt, dal~ die ana- lytische Zuverl~ssigkeit der Kalorimeterbombe durch Verbren- nungsversuche mit einer fluorfreien Substanz (Benzoes~ure), die nat~irlich eine negative Molybdat-Benzidin-Reaktion ergaben, be- st~tigt ~vurde.

Die Untersuchungen erstreckten sich vorl~ufig auf den Nach- weis yon Fluor in drei Pflanzenproben: Rotklee (Trifolium pra- tense), Fichtennadeln (Picea excelsa) und Pe]argonien (Pelargo- nium zonale). Der Fluornachweis, also die Molybdat-Benzidin- Reaktion, war bei der Rotkleeprobe negativ. Eine kleine Parzel]e desselben I~otk]ees wurde nun mit einer 1 bis 27~ igen wSsserigen Flu~s~iurelSsung behandelt; diese Behandlung hatte ein Abster- ben des Klees zur Folge. Der Fluornachweis bei dieser mit Fluor- wasserstoff foreiert behandelten K~eeprobe war s t a r k positiv. Die ]]eantwortung der Frage, ob die Molybdat-Benzidin-Reaktion ~uch dann s t a r k positiv gewesen w~re, wenn diese Kleeparzefle einer R~ucherung mit Fluorwasserstoffgas unterzogen worden w~re, etwa in der Konzentration eines akuten Rauchschadeas, mul% sp~iteren Versuchen vorbehalten bleiben. Die grofie Empfind- lichkeit der Mo]ybdat-Benzidin-Reaktion l~{~t iedenfalls die Er- kennung auch geringster Fluoranreicherungen mit Sicherheit vor- aussehen, ein Umstand, der f~ir eine Rauchsehadenserkennung yon groI~er Bedeutung ist. Der Fluornachweis einer mi~ Fluorwasser- stoffs~ure oder Fluorwasserstoffgas nicht behandelten Fichte~- nadelprobe war Io o s i t i v, der einer gleichfalls nicht behandelten Pelargonienprobe negativ.

Von dem Standorte des Rotklees und der Fichtennadeln w~,rden ]3odenproben entnommen und auf Ftuor gepriift. Zu diesem Zwecke wurde die in den BSden enthaltene organische Substanz dutch

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m~tl;iges Abgltihen in der Platinsehale zerstSrt und der Gliihriiek- stand der Molybdat-Benzidin-Reaktion unterworfen. Ein Fluor- gehalt konnte in diesen Bodenproben n i e h t nachgewiesen werden. D i e A b w e s e n h e i t y o n F l u o r in d e n B S d e n l ':5gt i m F a l l e d e r n i e h t b e h a n d e l t e n R o t - k l e e p r o b e d e r e n P l u o r f r e i h e i t v e r s t ~ i n d l i e h e r s c h e i n e n u n d b e i d e n f l u o r h a l t i g e n F i e h t e n - n a d e l n a u f e i n e n R a u e h s c h a d e n s e h l i e l ; e n , zu- r e a l d e r e n P r o b e n a h m e an e i n e m f i i r R a u e h s e h ~ i - d e n b e v o r z u g t e n O r t e e r f o l g t e .

Der qualitative Naehweis yon Fluol" in der Pflanze, der im Hinblieke auf den geringen Fluorgehalt fluorhaltiger Pflanzen rait Hilfe der eingangs erw/ihnten Xtz- und Wassertropfenprobe bis- her nur unter Heranziehung grSfterer Substanzmengen zu ftihren war, kann nunmehr dutch ¥erasehung einer geringen Pflanzen- menge in der BERTHF~LOT'sehen Bombe unter gleiehzeitiger Ver- wendung der mikroehemisehen :~Iolybdat-Benzidin-Reaktion naeh FEICL und KRUMHOLZ einwandfrei und in kiirzester Zeit ge- liefert werden.

Diese Arbeit ist fiir die Emich-Pe~tschrit't bestimmt gewesen.


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