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Page 1: Organische Solarzellen. Energie der Zukunft

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Energie der Zukunft

Organische SolarzellenDIETER WÖHRLE | OLAF R. HILD

mit Hilfe von Photovoltaikanlagen in elektrische Energie, diedirekt eingesetzt oder umgewandelt bzw. gespeichert wer-den kann.

In Deutschland ist der prozentuale Anteil erneuerbarerEnergien am Primärenergieverbrauch von 1,9 % 1995 auf7,1 % im Jahr 2008 gestiegen Der Anteil an elektrischerEnergie aus Photovoltaikanlagen, der gegenwärtig zumeistauf Siliciumsolarzellen bzw. –modulen basiert, ist zurzeitnoch gering, obwohl mit heutigen Photovoltaikanlagen jenach geographischer Lage, Dachausrichtung und -neigungbis zu 150 kWh pro m2 und Jahr in Deutschland „geerntet“werden können. Für die Stromerzeugung mit anorganischenSolarzellen erwartet man in Deutschland bereits zwischen2013 und 2015 gleich hohe Herstellungskosten wie bei kon-ventionell erzeugtem Strom [1a].

Um die Herstellungskosten von Solarzellen zu senken,wird an der Weiterentwicklung anorganischer Solarzellenebenso gearbeitet (höhere Wirkungsgrade, verbesserte Fer-tigungstechnologien, Dünnschichttechnologien) wie an derEntwicklung preiswerterer organischer Solarzellen. Dabeizeichnen sich im Bereich der Zellen mit organischen Ver-bindungen als aktive Komponenten zwei Alternativen ab,die in diesem Artikel eingehender besprochen werden: Pho-tosensibilisierungszellen und Feststoff-Solarzellen organi-scher Halbleiter. Die Markteinführung steht in den kom-menden Jahren bevor, und es wird erwartet, dass 2015 einUmsatz von ca. 900 Mill. US$ erreicht wird (Abbildung 1).

Zunächst soll kurz auf die Photosynthese als wich-tigsten und für alles Leben notwendigen Prozess in der Na-tur zur Nutzung von Solarenergie hingewiesen werden, dermit organischen Molekülen auf molekularer Ebene arbeitet.Daran schließen sich Farbstoffsensibilisierungs-Solar-zellen an, die auch auf molekularer Ebene arbeiten. DieFunktionsweise anorganischer Feststoff-Solarzellenwird kurz behandelt, um die organischen Feststoff-Solar-zellen besser zu verstehen und einen Vergleich zu haben.Damit gewinnen wir einen umfassenden Einblick in solareEnergieumwandlungssysteme unter besonderer Berück-sichtigung aktueller Entwicklungen.

Photosynthese als Modellfall für die Umwandlung von Solarenergie

In der oxygenen Photosynthese, die in der Thylakoidmem-bran der Chloroplasten der Pflanzen abläuft, werden unterAufnahme der Energie der sichtbaren Solarstrahlung in Re-aktionen, die Licht benötigen (Lichtreaktionen) und nach-

Unter den erneuerbaren Energien kommt der Nutzung derSolarenergie über Photovoltaische Solarzellen eine besondereBedeutung zu. Daher wird neben der Verbesserung der be-währten anorganischen Solarzellen auch an der Entwicklungvon preiswerteren Solarzellen gearbeitet, die organische Ma-terialien als aktive Verbindungen für die Energieumwandlungverwenden.

An einigen Fakten zur Energieversorgung kommen wirnicht vorbei: Die Weltbevölkerung von derzeit 6,75 Mil-

liarden wird bis 2030 wohl auf über 8 Milliarden steigen.Zudem ist besonders in den Entwicklungs- und Schwellen-ländern mit einer überproportionalen Verbesserung des Le-bensstandards zu rechnen. Damit verbunden ist ein starkerAnstieg des Weltenergiebedarfs an Primärenergie von zurzeit1,07 ⋅ 1014 kWh pro Jahr um ca. 50 % auf etwa 1,6 ⋅1014 kWhim Jahr 2030. Die natürlichen Ressourcen an fossilen Roh-stoffen und Erzen für nukleare Brennstoffe sind jedoch be-grenzt. Neben Energieeinsparung und rationeller Verwen-dung bietet sich die zunehmende Nutzung erneuerbarerund auch umweltfreundlicher Energiequellen an, die unsdie Natur zur Verfügung stellt.

Bedarf an preiswerten SolarzellenDie jährliche solare Einstrahlung auf der Erdoberfläche über-steigt mit 1,5 ⋅ 1018 kWh/Jahr (davon 1,07 ⋅ 1018 kWh Licht-energieeintrag) statistisch gesehen den Weltprimärenergie-verbrauch um das 15.000-fache. Eine Möglichkeit zur Nut-zung dieser Energie ist die Umwandlung solarer Strahlung

DOI: 10.1002/ciuz.201000516

Flexible orga-nische Feststoff-Solarzelle

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folgenden Reaktionen, die auch ohne Licht ablaufen (Dun-kelreaktionen, Calvin-Zyclus), letztendlich die energiearmenVerbindungen CO2 und H2O in die energiereichen Produk-te O2 und Glucose umgewandelt [2,3]. Auch bei photovol-taischen Solarzellen stehen zunächst Prozesse unter Licht-einstrahlung im Vordergrund, denen sich dann Nutzung,Umwandlung oder Speicherung in „Dunkelprozessen“ an-schließen. Es sollen nur die „Lichtreaktionen“ der Photo-synthese skizziert werden.

In den durch Photonen induzierten Lichtreaktionen er-folgt die Umwandlung des Sonnenlichtes in chemischeEnergie (Gleichung 1). Dabei reagieren Wasser, NADP+,ADP und Phosphat als energiearme Verbindungen zu O2,NADPH, ATP als energiereiche Produkte, und es werdenProtonen frei.

2H2O + 2NADP+ + 3ADP3– + 3HPO42– + 8hν →

O2 + 2NADPH + 3ATP4– + 3H2O (1)

NADP+/NADPH: oxidierte und reduzierte Form von Nicotina-midadenindinucleotidphosphat, ATP/ADP: Adenosintri- bzw.diphosphat, HPO4

2–: Phosphat; die entstehenden 3H2O ent-stammen der Bildung von 3ATP4– aus 3ADP3– + 3HPO4

2–

Im Photosyntheseapparat (Abbildung 2) existieren zweiPhotosysteme, in denen alle Prozesse auf molekularer Ebe-ne ablaufen: Photosysteme I und II (PS I, PS II) als Tandemin Reihe geschaltet (siehe Tandemzellen bei organische Fest-stoff-Solarzellen). Diese enthalten dimere Chlorophyll-a-Moleküle als aktive Verbindung, und mit jeweils einem Pho-ton werden durch sichtbares Licht induzierte Anregungenvorgenommen. Chlorophylle in PS I, PS II haben durchunterschiedliche Anordnung und Umgebung etwas ver-schiedene Eigenschaften, z.B. absorbieren die Chlorophyllein PS I bei Wellenlänge λ ∼700 nm (P700 genannt) und inPS II bei λ ∼ 680 nm (P680 genannt). Nach Gleichung 1 wer-den für die Bildung von einem Molekül O2 aus 2 H2O ins-gesamt 8 Photonen benötigt: 1 Photon im P700 des PS I, 1Photon im P680 des PS II; Ablauf dieser Anregungen vier-mal, um 4 Elektronen bei der Wasseroxidation zu entziehen(2H2O → O2 + 4H+ + 4e). Unter solarer Einstrahlung kön-nen aber nicht alle Photonen absorbiert werden. Daher sindPS I und PS II in Lichtsammlerkomplexen (Antennensyste-me), die aus einer Vielzahl von im sichtbaren Bereich ab-sorbierenden Chlorophyll- und Carotinoid-Molekülen be-stehen, eingebettet. Wichtig ist, dass durch Kombinationder verschiedenen Verbindungen mehr Licht absorbiertwerden kann: z.B. Absorptionen bei λ ∼ 680, ∼ 400 nm vomChlorophyll und bei ∼450, ∼490 nm vom Carotin (Abbil-dung 3). Diese Moleküle gehen nach Absorption eines Pho-tons vom HOMO des Grundzustands in das LUMO des an-geregten Singulett-Zustands über. Die Anregungsenergiewird dann im Piko- bis Femtosekundenbereich (1012–1015 s)auf die dimeren Chlorophyll Moleküle in PS I und PS II über-tragen, um hier auch eine Anregung vom Grundzustand inden angeregten Singulett-Zustand vorzunehmen.

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PH OTOVO LTA I K-T EC H N O LO G I E N I M Ü B E R B L I C K |1. Generation: Silicium-Zellen

Mono- und polykristallines Silicium

2. Generation: Dünnschicht-Zellenamorphes oder micromorphes SiCadmiumtellurid CdTeKupfer-Indium-(Gallium)-Selen (CIS/CIGS)

3. Generation: Organische ZellenFarbstoffsensibilisierungs-Solarzellenorganische Feststoff-Solarzellen

Entwicklung des Markts von organischen Solarzellen A: Farbstoffsensibilisierungs-Solarzellen. B: Organische Feststoff-Solarzellen [Quelle: Report von NanoMarkets am9.3.2009].

A B B . 1| D E R M A R K T

Schematische Darstellung des Ablaufs in einigen Reaktionszentren der Photo-synthese.

A B B . 2| PH OTOS Y N T H E S E

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In Abbildung 2 sind die nun folgenden komplexen Pro-zesse, die vielfach im Pikosekundenbereich ablaufen, ent-sprechend der Energieskala der Spannungsreihe normiertgegenüber der Normalwasserstoffelektrode (NHE) aufge-tragen. Wichtig ist, dass die Reaktionszentren in die Mem-bran anisotrop eingebaut sind, um Elektronen für die Re-duktion und Löcher für die Oxidation räumlich schnell aus-einander zu führen und Rückreaktionen zu vermeiden.

Zunächst zum PS II: Nach Anregung von P680 entstehtim angeregten Zustand des LUMO (P680*) ein starkes Re-duktionsmittel mit E 0(P680+)/P680*)= –0,75 V gegen NHE.Ein Elektron des P680* wird nun unter Oxidation zu P680+

zu Akzeptoren und dann zum oxidierten P700+ im PSI wei-tergereicht. Was passiert weiter mit dem oxidierten P680+?Dies ist im Grundzustand mit E 0(P680+/P680) = +1,2 V ge-gen NHE ein sehr starkes Oxidationsmittel. Die „Löcher“werden über Zwischenschritte in einem vierkernigen Man-gankomplex gesammelt, der zwei H2O-Molekülen vier Elek-tronen entzieht und zu O2 oxidiert:

2H2O → O2 + 4H+ + 4e, E0 = +0,81 V gegen NHE

Dann weiter zum PS I: Nach Anregung von P700E0(P700+/P700*) = –1,2 V gegen NHE liegt auch ein sehrstarkes Reduktionsmittel vor. Das wird ausgenutzt, um überAkzeptoren schließlich zwei Elektronen im NADP+ unter Be-teiligung von H+ und Bildung vom energiereichen NADPHzu speichern:

NADP+ + H+ + 2e– → NADPH, E 0= –0,33 V gegen NHE

NADPH geht jetzt in die Dunkelreaktionen (Calvin-Cyclus) ein. Das oxidierte P700+ übernimmt, wie beim PSIIerwähnt, ein Elektron durch die Oxidation von P680* unterBildung von P700 und P680+.

Wie auch in Photovoltazellen ist wichtig, welche Ener-gie durch die Lichtreaktionen der Photosynthese zur Ver-fügung steht. Die in NADPH und O2 gespeicherte Energie

von insgesamt 1,14 V (siehe bei PS I, PS II) ist nur etwaskleiner als die theoretische Zersetzungsspannung von 2H2O→ O2 + 2H2 mit ΔE = 1,23 V. Man spricht auch von einer„biologischen Knallgaskette“.

Der Wirkungsgrad der Energienutzung der Photosyn-these von Pflanzenbeständen wird üblicherweise als Quo-tient aus der durch die jährliche Nettoproduktion gespei-cherten Energie (aus Licht- und Dunkelreaktionen) zur pho-tosynthetisch verwertbaren Strahlungssumme definiert [2].Danach ergeben sich im Durchschnitt über die Vegetati-onsperiode je nach Pflanzen und deren Standorten Wir-kungsgrade etwa 2 bis 0,2 %. Da die Photosynthese groß-flächig arbeitet, lässt sich die Nettoprimärproduktion einesJahres auf den Landflächen mit etwa 120 x 1012 kg und inden Meeren mit etwa 55 x 1012 kg abschätzen.

Der Vergleich mit künstlichen Solarzellen ist nicht ein-fach, da der Wirkungsgrad der Photosynthese die Dunkel-reaktionen mit berücksichtigt, während bei den Photovol-tazellen sich die Werte lediglich auf die Gewinnung elek-trischer Energie beziehen. Trotzdem kann man sagen, dasskünstliche Photovoltazellen effizienter sein können, wie inden folgenden Abschnitten ausgeführt wird. Die Photosyn-these hat aber den entscheidenden Vorteil, dass sie groß-flächig arbeitet und den Photosyntheseapparat selbstrege-nerativ aufbaut. Künstliche Photovoltazellen sind nichtselbstregenerativ und müssen daher über viele Jahre stabilsein.

Farbstoffsensibilisierungs-SolarzellenDiese Zellen sind ein gutes Beispiel dafür, wie man aus preis-werten Materialien Solarzellen mit recht hohen Wirkungs-graden herstellen kann. 1991 wurde von M. Grätzel eineFarbstoffsensibilisierung-Solarzelle (dye-sensitized solar cell,DSSC), vorgestellt, die unter Einstrahlung von sichtbaremLicht einen Wirkungsgrad von ∼ 8 % erreichte [4]. Heutewerden in derartigen Zellen Wirkungsgrade bis ∼11 % ge-messen [5–7] und sind von unabhängigen Institutionen zer-tifiziert [8].

Aufbau und FunktionsweiseDie Zellen bestehen aus fünf Bausteinen (Abbildung 4; Vor-schriften für die Herstellung von Demonstrationsobjektensiehe www.camse.org/scienceonthemove/documents/DSSC_manual.pdf, www.solideas.com/solarcell/german.html undin [3a] Versuch 35):1. Ein kommerzielles elektrisch leitfähiges Fluor-dotiertes

SnO2 (s. Glossar; FTO, Widerstand etwa 10 Ω cm–1) aufeinem inerten Glasträger (Dicke ∼ 1 mm), das als leitfä-higes Substrat dient.

2. Nanokristallines Titandioxid (TiO2) als elektrisch aktiverHalbleiterfilm (Dicke 10–25 µm) auf dem FTO. Das TiO2

ist farblos und absorbiert erst im UV-Bereich.3. Ein sichtbares Licht absorbierender Farbstoff, der mo-

lekular als Photosensibilisator (PS; s. Glossar) arbeitetund auf dem TiO2 gebunden ist. TiO2 bildet zusammenmit dem Photosensibilisator die Photoanode.

Geglättetes Absorptions-spektrum einesBuchenblattes.

A B B . 3| B U C H E N B L AT T

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4. Ein mit einem sehr dünnen Platin-Film überzogenesGlassubstrat, das die photo-inerte Gegenelektrode (Ka-thode) darstellt.

5. Ein flüssiger Redoxelektrolyt, der ein Redoxpaar ent-hält (Redoxmediator). Dieser besteht aus dem Redox-paar I3

–/3I– in einem Lösungsmittel wie Acetontril, Pro-pylencarbonat, γ -Butyrolacton und weitere die Aktivitätder Zelle fördernde Zusätze.

Die Bildung eines Photostroms wird durch folgende Pro-zesse erreicht (Abbildung 4). Nach Absorption eines Pho-tons (aus der solaren Einstrahlung) geht der Photosensi-bilisator PS* (Prozess 1) analog wie bei der Anregung inder Photosynthese in den angeregten Singulett-Zustandüber (Gleichung 2). Für den nun folgenden Prozess desElektronentransfers (Prozess 2) ist die energetische Lagedes Leitungsbandes (LB) des TiO2 (bei – 0,5 V vs. NHE) ge-genüber dem LUMO des PS entscheidend. Das LUMO desPS muss energetisch höher liegen als das LB des TiO2, d.h.das TiO2 ist der Akzeptor. Dann kann im Piko- bis Femto-sekundenbereich (1012 – 1015 s) ein Elektronentransfer vomPS* unter dessen Oxidation zu PS+ und Sammlung von Elek-tronen im TiO2 erfolgen (Gleichung 3). Beim Anschluss ei-nes Verbrauchers fließen nun die Elektronen aus dem TiO2

über das FTO zur Gegenelektrode (Kathode) ab und redu-zieren dort I3

– zu 3I– (Prozess 3, Gleichung 4). Das I– wan-dert in Lösung zur Photoanode, wo bei geeigneter Lage derRedoxpotenziale (E0(I3

–/3I–) negativer als (PS+/PS)) deroxidierte Photosensibilisator wieder in den ungeladenenGrundzustand überführt wird (Gleichung 5). Damit ist derZyklus komplett und kann erneut ablaufen. UnerwünschteNebenreaktionen, die allerdings nur im Millisekunden-bereich (10–3 s) ablaufen, sind Elektrontransfer vom LB desTiO2 zu PS+ (Prozess 4, Gleichung 6) oder I3

– und derenReduktionen (Prozess 5).

PS(auf TiO2) + hν → PS*(auf TiO2) (2)

PS*(auf TiO2) → PS+(auf TiO2) + eLB–(TiO2) (3)

I3– + 2e– → 3I– (4)

2PS+(auf TiO2) + 3I– → 2PS(auf TiO2) + I3– (5)

PS+(auf TiO2) + e–(TiO2) → PS(auf TiO2) (6)

Damit sind aber nicht alle Voraussetzungen genannt, um ei-nen guten Wirkungsgrad zu erreichen, denn die einzelnenaktiven Komponenten müssen gut aufeinander abgestimmtwerden.(a) Photosensibilisator: An den PS werden besondere An-

forderungen geknüpft. Für gute Lichtabsorption mussder PS über einen möglichst großen Wellenlängenbe-reich mit hohem Extinktionskoeffizienten absorbierenund, wie schon erwähnt, die geeignete Lage der Redox-potenziale aufweisen. Weiter ist eine gute Wechselwir-kung mit dem Halbleiter zum schellen Elektronen-transfer entscheidend. Geeignet sind PS mit Carboxyl-oder auch Phosphorsäuregruppen, also anionischeSubstituenten. Für –COOH-Gruppen wurde Esterbil-dung mit den –OH Gruppen des TiO2 nachgewiesen.Weiterhin sollen sterisch hindernde Gruppen im PS des-sen Aggregation verhindern. Besonders bekannt ge-worden sind Ru-Pyridin-Komplexe wie „N3“ und „BlackDye“ (Abbildung 5) [5,6]. Die Thiocyanat-Gruppen er-geben eine zusätzliche Wechselwirkung mit TiO2. Auchorganische Farbstoffe werden zunehmend untersucht,die nach dem Konzept Donor-(π-System)-Akzeptor auf-gebaut sind [7]. Ein Beispiel ist der Indolin-FarbstoffD205.

Aufbau und Funk-tion einer Farb-stoffsensibilisie-rungs-Solarzelle.

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(b) Titandioxid: Dieses Material ist preiswert, chemischinert und ungiftig. Es wird im großen Mengen u.a. alsweißes Pigment, in Zahnpasta und Kosmetika verwen-det. Wichtig in Farbstoffsensibilisierungs-Solarzellen isteine große Oberfläche und Porosität des TiO2, um mög-lichst viele Photosensibilisator-Moleküle auf der Ober-fläche zu fixieren und damit den Lichtsammeleffekt zuerreichen. Zunächst wird nanokristallines TiO2 einerTeilchengröße von nur etwa 20 nm durch saure Hydro-lyse von Ti(IV)-isopropoxid hergestellt (Sol-Gel-Verfah-ren) [6]. Dies wird dann durch Aufsprühen der wässri-gen Suspension auf FTO aufgebracht und bei etwa450 oC getrocknet und gesintert. Die Dicke der Schichtmit ∼20 nm großen TiO2-Teilchen beträgt 15–20 µm.Vorteilhaft ist das weitere Aufbringen einer etwa 5 µmdicken Schicht kolloidaler 400 nm großer TiO2-Teilchen.Durch Lichtstreuung an diesen Teilchen wird eine bes-sere Verteilung des eingestrahlten Lichtes erreicht.

(c) Beladung des TiO2 mit dem Photosensibilisator: Zur Be-ladung des Halbleiters wird der PS, eventuell mit wei-teren Zusätzen, in einem organischen Lösungsmittel ge-löst (Konzentrationen etwa ∼10–4 molar). Dann wird die

TiO2-Elektrode für etwa einen Tag in die Lösung einge-taucht, um eine Beladung von etwa ∼10–7 mol PS promg TiO2 (1,3 10–7 mol bezogen auf eine TiO2 Einheit,d.h. etwa jedes hunderdste Ti trägt ein PS-Molekül) zuerreichen. Eine große Beladung ist wie bei den An-tennensystemen der Photosynthese notwendig, umviel Licht zu absorbieren.

(d) Gegenelektrode und Redoxelektrolyt: Der Vorteil von Ptist, dass keine merkbare kinetische Hemmung zur Re-duktion von I3

– auftritt. Zurzeit werden andere preis-wertere Elektrodenmaterialien wie Kohleschwarz oderGraphen (2-dimensionaler Graphit) untersucht. DerRedoxelektrolyt enthält noch weitere Zusätze, um eineVerbesserung der Wechselwirkungen mit der TiO2/PS-Photoanode zu erreichen. Die Verwendung andererRedoxelektrolyte für I3

–/I– hat bisher nicht zum Erfolggeführt.

Effektivität der ZellenDurch welche Qualitätsparameter werden die Zellen cha-rakterisiert? Hier sind zunächst IPCE-Werte zu nennen, diedurch Photostrom-Aktions-Spektren erhalten werden (siehe

Beispiele für Ru-Komplexe undeines Indolin-Farbstoffes zurVerwendung alsPhotosensibilisa-toren.

Photo- Absorptionsmaximum/nm IPCE/% im JSC/ VOC/V FF η/%sensibilisator (Extinktionskoeffizient/ Absorptions- mA cm–2

L mol–1 cm–1) maximum

N3 534 (14200) 83 18,2 0,72 0,73 10

Black Dye 605 ( 7500) 80 20,9 0,74 0,72 11,1

Indolin D205 554 (75000) 79 18,6 0,72 0,72 9,5

TA B . 1 | A B S O R P T I O N S S PE K T R E N U N D PH OTOVO LTA I S C H E DAT E N E I N I G E R

FA R B S TO F F S E N S I B I L I S I E R U N G S - S O L A R Z E L L E N*

* Lichtintensität 100 mW cm–2

A B B . 5| PH OTOS E N S I B I L I SATO R E N

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Glossar). Abbildung 6 vergleicht die Photostrom-Aktions-Spektren von „N3“ und „Black dye“ mit dem von TiO2. Zu-nächst fällt auf, dass das TiO2 keinen wesentlichen Beitragliefert. Die beiden PS ergeben hohe IPCE-Werte von 70–80 %, wobei „Black dye“ bis etwa 900 nm einen Beitrag zumPhotostrom liefert, also ein einziger Farbstoff einen über-raschend breiten Absorptionsbereich aufweist. Weitere zubestimmende Werte unter Belichtung z.B. unter AM1,5-Bedingungen (Bestrahlungsstärke 100 mW · cm–2; s. Glossar)sind die Leerlaufphotospannung VOC, der Kurzschlussphoto-stromdichte JSC und der Füllfaktor FF. Abbildung 7 zeigt eineStromdichte-Spannungs-Kurve unter Belichtung. Darauslässt sich unter Berücksichtigung der Bestrahlungsstärke Enach der im Glossar aufgeführten Gleichung der Wir-kungsgrad η berechnen (Solarenergie zu Stromumwand-lung). Welche Werte werden erreicht? In der Tabelle 1 sindeinige Daten aufgeführt: JSC ∼ 18 mA cm–2, VOC ∼ 0,75 V,FF ∼ 0.75, η ∼ 11,2 % (zur Zertifizierung s. [8]). VOC wird inetwa durch die Differenz der Lage des Leitungsbandes desTiO2 und des Redoxpotenzials von I3

–/3I– bestimmt.Für die Lebensdauer einer Zelle mit einem Ru-Komplex

als PS wurden 108 Zyklen berechnet, was einem Gebraucheines Bauelementes von etwa 20 Jahren entspricht. Dasklingt sehr hoffnungsvoll, wenn man berücksichtigt, dassrecht preiswerte Materialien eingesetzt werden und die Her-stellung Routine werden kann. Daher interessieren sich Fir-men für die Vermarktung der Zellen. Dafür sind aber nocherhebliche Schwierigkeiten zu überwinden.

Zum einen machen die erwähnten leicht flüchtigen Lö-sungsmittel, welche den Vorteil eines schnellen und damiteffizienten Transports von I3

–/I– aufweisen, Schwierigkeiten,da sie leicht verdampfen. Die Zellen müssen daher verkap-selt werden. Mit der Zeit werden diese Verkapselungen häu-fig brüchig und der Elektrolyt entweicht langsam. Daherwird an quasi-Feststoffelektrolyten wie ionischen Flüssig-keiten oder festen Lochleitern gearbeitet [5]. Durch lang-sameren Ionentransport in diesen Elektrolyten sinken dieWirkungsgrade etwa um 30 bis 40 %.

Ein weiteres Problem ist die Vergrößerung der Zellen.Die Ergebnisse der wissenschaftlichen Arbeiten mit den inder Tabelle 1 angegeben Werten beziehen sich auf Zellenmit aktiven Flächen von unter 1 cm2. Durch die Vergröße-rung der aktiven Flächen auf über 100 cm2 sinken die Wir-kungsgrade ebenfalls um 30 bis 40 % [5], liegen aber immernoch über denen der Photosynthese. Die Ursachen für die-se Verluste sind vielfältig: Defekte in Substraten, Schicht-fehler, Kontaktprobleme, Spannungsabfall durch unzurei-chende Leitfähigkeit der Anode, um die wichtigsten zu nen-nen. Hier ist also noch viel Entwicklungsarbeit zu leisten.Abbildung 8 zeigt ein Beispiel einer derartigen Solarzelle.

Die molekulare Anregung und anschließende schnel-le Trennung der Elektronen und Löcher ist mit der Pho-tosynthese vergleichbar. In der Photosynthese liegt durchzweimalige Anregung im PSI und PSII ein „Potenzial“ von1,14 V (entsprechend dem Energieinhalt der gebildetenProdukte) vor. In den Farbstoffsensibilisierungs-Solarzel-

Stro

m /m

A c

m-2

20

15

10

5

00 200 400 600 800

Spannung /V

VOC = 0,846 V

ISC = 17,73 mA cm-2

FF = 0,745

Wirkungsgrad = 11,18%

Photostrom-Pho-tospannungs-Kurve einer Farb-stoffsensibilisie-rungs-Solarzellemit dem Photo-sensibilisator„N3“ bei Ein-strahlung unterAM1,5-Bedingun-gen.

Wellenlänge /nm

IPC

E /%

TiO2

Black Dye

N3

80

60

40

20

0400 600 800 1000

Photostrom-Akti-ons-Spektren derPhotosensibilisa-toren „N3“ und„Black Dye“ aufTiO2 im Vergleichzum unbeladenenTiO2 bei Einstrah-lung unterAM1,5-Bedingun-gen. Aufgetragensind die IPCEWerte (in %;siehe Glossar) ge-gen die Wellen-länge des einge-strahlten Lichtes.

A B B . 6| PH OTOS T RO M - A K T I O N S - S PE K T R E N

A B B . 7| S T RO M - S PA N N U N G S - KU RV E

Abb. 8 AmFraunhofer Insti-tut für Solare-Energiesysteme(ISE) (Freiburg)gefertigtes Modulvon Farbstoff-sensibilisierungs-Solarzellen.

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len sind es in der einmaligen Elektronenanregung nur0,7–0,8 V.Durch einfache Reihenschaltung von Zellen lässtsich aber die Spannung beliebig erhöhen.

Anorganische SolarzellenZum Verständnis der organischen Feststoff-Solarzellen wirdkurz auf anorganische Photovoltazellen am Beispiel desHalbleiters Silicium eingegangen [3a,9]. Der anorganischeHalbleiter Silicium hat die Elektronenkonfiguration 1s2 2s2

2p6 3s2 3p2. Im Festkörper des Si ergeben 1s-, 2s- und 2p-Orbitale auf das jeweilige Atom lokalisierte Energiezustän-de. Dagegen bilden die 3s- und 3p-Elektronen als sp3-Hybridtetraedrische Verknüpfungen der Si-Atome analog einer Dia-mantstrukur und führen vereinfacht ausgedrückt zu einerenergetischen Verschmelzung der Atome zur Ausbildungvon Energiebändern (Bändermodell), die den ganzen Fest-körper durchziehen und die nicht lokalisiert sind! Analogdem HOMO von Molekülen ist dieses im Grundzustand dasmit Elektronen besetzte Valenzband (VB). Ebenfalls analogdem LUMO von Molekülen gibt es ein Energieband, das Lei-tungsband (LB), was im Grundzustand unbesetzt ist. DerBandabstand zwischen den Bändern Eg beträgt 1,1 eV ent-sprechend λ =1130 nm, d.h. das bläulich-graue Silicium hatden Vorteil, dass es im breiten Absorptionsbereich vom in-fraroten bis in den sichtbaren Bereich absorbiert. Allerdingsist der Absorptionskoeffizient nicht sehr groß und nimmtmit zunehmender Wellenlänge stark ab.

Dagegen absorbieren die farbigen Verbindungen inder Photosynthese und auch bei den Farbstoffsensibili-sierungs-Solarzellen und organischen Feststoff-Solarzellenbei bestimmten Wellenlängen.

Durch Einstrahlung von Licht der Wellenlänge λ <1130nm können nun Elektronen vom VB zum LB übergehen unddamit z.B. die elektrische Leitfähigkeit von Si erhöhen. Einweiterer wichtiger Punkt ist die Energie der Elektronen imFestkörper. In der Lösung eines Redoxpaares ist die Ener-

gie der Elektronen durch das elektrochemische Potenzialder Spannungsreihe gegeben. Im reinen Festkörper liegtdie Energie der Elektronen – genannt Fermi-Energie EF – ge-nau zwischen VB und LB.

Mit dem reinen Silicium lassen sich aber keine Solar-zellen bauen. Der entscheidende Punkt ist, das Siliciumdurch Dotierung, d.h. den kovalenten Einbau von Fremd-atomen, in einen p- oder einen n-Leiter zu überführen, wo-durch die Voraussetzung zur Konstruktion einer Photovol-tazelle gegeben ist.

Silicium ist ein Element der IV. Hauptgruppe. In diesenHalbleiter werden jetzt geringe Mengen eines Elementesder III. Hauptgruppe wie Bor oder der V. Hauptgruppe wiePhosphor eingebaut (Verhältnis Si zu Fremdatomen etwa1:10–8). Der Einbau führt zu Fehlstellen. Man spricht hierauch von einer „kovalenten“ Dotierung. Beim dreiwertigenB ergibt sich durch den Elektronenunterschuss quasi eineOxidation, sogenannte Löcher, und damit ein p-Leiter. EF

liegt durch die Oxidation nicht mehr in der Mitte zwischenVB und LB, sondern etwas oberhalb des VB. Hingegenkommt es beim fünfwertigen P durch den Elektronenüber-schuss quasi zu einer Reduktion und Bildung eines n-Leitersmit der Lage von EF etwas unterhalb des LB (Abbildung 9).

Als Konsequenz zeigt das dotierte Si jeweils eine Er-höhung der spezifischen elektrischen Leitfähigkeit σ von∼10–6 auf ∼101 S cm–1. σ ist durch die Konzentration der Lö-cher p und deren Beweglichkeit µL gegeben (e: elektrischeElementarladung): σ = epµL. Nach Dotierung steigt p von∼1010 auf ∼1018 cm–3 (µL bleibt mit ∼103 cm2 V–1 s–1 nahe-zu unverändert), und damit erhöht sich σ.

Was passiert nun beim Kontakt von dem p- und dem n-dotierten Si? Wie in Abbildung 9A angedeutet, wandern diepositiven Löcher in das n- und die negativen Elektronen indas p-leitende Gebiet. Das ist quasi eine „Redoxreaktion“,die so lange geht, bis die energetische Situation auf beidenSeiten gleich ist. Als Konsequenz resultiert eine in Abbil-dung 9B aufgezeichnete Bandverbiegung mit einer Raum-ladungszone von ∼10 µm Breite.

Was passiert bei Belichtung? Das dunkel gefärbte Si ab-sorbiert im sichtbaren Bereich. Unter Belichtung werdenPhotonen mit einer Energie gleich oder größer der Band-lücke zwischen VB und LB also Eg > 1,1 eV (λ < 1130 nm)absorbiert. Elektronen gehen vom VB in das LB, was zur Bil-dung von Elektronen-Loch-Paaren führt. Besonders die inder Raumladungszone gebildeten Paare, auch Wannier-Mott-Exziton genannt, können schnell getrennt werden. Die Elek-tronen fließen in dem gut leitfähigen Si zu dem für sie nied-rigeren Energieniveau d.h. zum n-Leiter und die Löcher –formal – zu dem für sie niedrigeren Energieniveau zum p-Leiter ab. Es resultiert eine Photospannung, wobei der n-Lei-ter zur Kathode und der p-Leiter zur Anode wird. Schließtman jetzt einen Verbraucher an, resultiert analog zu denPhotosensibilisierungszellen (Abbildung 7) ein Photostrom.Die bei einer kristallinen p/n-Si-Solarzelle erhaltenen Datenim Labor sind z.B. bei einer Bestrahlung unter AM1,5 wiefolgt (s. Glossar): Leerlaufphotospannung VOC = 0,703 V,

A B

Links: Schematische Darstellung der Energielagen in einem dotierten p- und n-Lei-ter. Rechts: p- und n-Leiter nach Kontakt und dann unter Belichtung mit Abfließender Elektronen und Löcher.

A B B . 9| p - U N D n - H A L B L E I T E R

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Kurzschlussphotostromdichte JSC = 40,6 mA cm–2, Füllfak-tor FF = 0,779 und der daraus errechnete Wirkungsgrad η= 22,3 %. In der Praxis liegen die Wirkungsgrade der Pho-tovoltazellen von Si bei 12–18 % (zur Zertifizierung s. [8]).

Im Unterschied zu den Farbstoffsensibilisierungs-So-larzellen und der Photosynthese, die mit molekularer An-regung arbeiten, liegen bei den anorganischen Festkör-persolarzellen den ganzen Festkörper durchziehendeEnergiebänder vor, in denen nach Dotierung unter Be-lichtung Elektronen und Löcher getrennt werden können.Die Wirkungsgrade der über Jahre beständigen Zellen lie-gen teilweise erheblich über denen der Photosynthese undauch der Farbstoffsensibilisierungs-Solarzellen.

Organische Feststoff-SolarzellenDen Weg für die organische Photovoltaik ebnete C.W. Tangmit seinem 1986 erschienen Artikel „Two-layer organic pho-tovoltaic cell“ [10]. Basierend auf dieser Grundlagenarbeitfolgten besonders ab dem Jahr 2000 zahlreiche Publikatio-nen, die sich mit organischen Halbleitern für die Photovol-taik beschäftigten [11a–18]. Dabei unterscheiden sich dieArbeiten in der Aufbringung der organischen Moleküle, dieentweder durch Aufdampfen kleiner organischer Moleküleoder durch Abscheidung aus Lösungen (zumeist Polymere)erfolgen kann.

Die Feststoff-Solarzellen haben einen ähnlichen Schicht-aufbau wie die organischen Leuchtdioden (OLED) [19]. Ein-gebettet zwischen Ladungstransportschichten befinden sichdie aktiven Schichten. Bei OLEDs werden Moleküle ver-wendet, die nach Anlegen einer Spannung Licht emittierenkönnen, also phosphoreszierende oder fluoreszierende Ver-bindungen. Schichten effizienter organischer Solarzellenenthalten eine Vielzahl von Verbindungen wie Absorber,Donoren, Akzeptoren, Lochleiter, Elektronenleiter – wobeieine Verbindung auch verschiedene Funktionen überneh-men kann (Abbildung 10).

Durch den sehr unterschiedlichen Festkörperaufbau derorganischen im Vergleich zu den anorganischen Materia-lien ergeben sich recht große Unterschiede in vielen De-tailpunkten. Daher ist es notwenig, zunächst den Festkör-peraufbau, die Leitfähigkeit, den Effekt der Dotierung unddie Bildung von Exzitonen bei organischen Materialien zubeschreiben.

Festkörperaufbau und Leitfähigkeit organischer Halbleiter

Bei niedermolekularen organischen Halbleitern existierenzwischen den einzelnen Molekülen nur schwache Wech-selwirkungen; man spricht von van-der-Waals-gebundenenFestkörpern. Beim Zink-Phthalocyanin (ZnPc) z.B. ist die

Lochtransportmaterialien

Niedermolekularer n-Leiter, Elektronentransportmaterial

und Absorber

Niedermolekulare p-Leiterund Absorber

Polymere p-Leiterund Absorber

N N

H3CO

H3CO OCH 3

OCH 3

N

N

N N

N N

N

N

Zn S

S S

S

SN

NN

N

N N

PCBMC 60 P3HT

ZnPcDCV5T

S**

n

NiedermolekularerDonor

NiedermolekularerAkzeptor

F

FF

F

NC CN

CNNC

S S

S S

F 4TCNQ

TTNMeOTPD

p-NPB

* *

n

NS

N

SS

R R

PCPDTBT

NiedermolekularerAkzeptor und Absorber

O

OMe

Eine Auswahlwichtiger nieder-molekularer undpolymerer p- undn-Leiter, Akzepto-ren, Donoren undTransportmateria-lien.

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Delokalisation der π-Elektronen auf das aromatische Mole-kül beschränkt. Der Abstand zwischen den Molekülen be-trägt zwischen 0,34 und 0,38 nm. Dagegen ist der Abstandder kovalent verknüpften Si-Si im Diamantgitter mit 0,23 nmdeutlich kürzer, und die Delokalisation der Elektronen er-streckt sich über den ganzen Festkörper.

Der Vergleich der Absorptionsspektren von ZnPc in derGasphase, in Lösung und im Festkörper zeigt Absorptionenum λ = 600–700 und 300–400 nm (Abbildung 11). Im Fest-körper bleibt die molekulare Identität weitgehend erhalten,

und die Banden sind durch schwache Wechselwirkungennur etwas verbreitert. Organische Halbleiter wie Phthalo-cyanine weisen daher eine schlechte Leitfähigkeit σ von<10–10 S cm–1 auf. Die Bänder sind schwach ausgeprägt, wiees in Abbildung 11 gestrichelt angedeutet wird, und die La-dungsträger bewegen sich durch Hüpfen von Molekül zuMolekül („Hopping“-Prozess). Hier ist also ein großer Unter-schied zur ausgeprägten Bandstruktur anorganischer Halb-leiter.

Bei den polymeren organischen Halbleitern wie Poly-thiophenen ist die Situation vergleichbar [20]. In der Kettedes Polymeren liegt eine Wechselwirkung der aromatischenThiophenringe d.h. eine partielle Delokalisation der π-Elek-tronen vor. Durch Bindungsalternierung in der Kette undhäufige Fehlstellen ist der Ladungstransport intramolekulareingeschränkt. Der Ladungstransport zwischen den Kettengeschieht auch durch „Hopping“ der Ladungsträger. Damitsind konjugierte Polymere in unbehandelter Form auch kei-ne guten elektrischen Leiter mit σ von ∼10–10 S cm–1.

DotierungErst durch Dotierung kann eine sehr hohe elektrische Leit-fähigkeit, d.h. ein sehr guter Ladungstransport erreicht wer-den [11a, 20]. Bei der kovalenten Dotierung anorgani-scher Halbleiter werden äußerst geringe Mengen der Do-tierungsagentien in das Gitter als Fehlstellen eingebaut.Im Gegensatz dazu werden bei der chemischen Dotie-rung organischer Halbleiter etwa 1 bis 10 Gew.% bei derHerstellung der Schichten eingebracht, und es finden Re-duktionen und Oxidationen zwischen den vorliegendenVerbindungen statt.

Beim p-Leiter muss energetisch das LUMO des Akzep-tors unterhalb des HOMO vom p-Leiter liegen. Dann wird,wie am Beispiel vom p-Leiter ZnPc erklärt, ein Elektron aufden Akzeptor F4TCNQ übertragen (Abbildung 12), und da-mit werden Löcher in der Matrix des ZnPc generiert. Ana-log muss im Idealfall das HOMO des Donors möglichst überdem LUMO des n-Leiters z.B. C60 liegen. Dann wird einElektron z.B. vom Donor auf C60 übertragen und damitwerden Elektronen in der Matrix des C60 generiert. Durchdie Dotierung des ZnPc mit 1–5 Molprozent F4TCNQ steigtdie spezifische elektrische Leitfähigkeit σ von <10–10 S cm–1

linear mit der Dotierkonzentration auf etwa 10–2 S cm–1

[11a]. Gleichzeitig verschiebt sich wie bei den anorgani-schen Halbleitern die Energie der Elektronen im Festkörper,die Fermi-Energie, in Richtung des LUMO. Die Zunahmeder Leitfähigkeit nach Dotierung wird durch die Erhöhungder Zahl der Löcher p von ∼1015 auf ∼1018 cm–3 und dieErhöhung der Löcherbeweglichkeit µL von <10–5 auf∼5 ·10–3 cm2 V–1 s–1 erklärt.

Ein Problem bei organischen Halbleitern ist Sauerstoffaus der Luft, da der p-Leiter aus seinem HOMO auch einElektron auf den Akzeptor O2 übertragen kann. Daher müs-sen organische Festkörper-Solarzellen verkapselt werden,was einen Nachteil für die praktische Verwendung bedeu-ten kann.Schema der Dotierung des Zink-Phthalocyanins mit einem Akzeptor.

Film-spektrum

Gas-spektrum

Lösungs-spektrum

Wellenlänge /nm

Abs

orba

nz

1,0

0,8

0,6

0,4

0,2

0,0200 400 600 800 1000

Absorptionsspektren von Zink-Phthalocyanin in Lösung, alsaufgedampfter Film und in der Gasphase (bei 556 °C).

A B B . 1 1| A B S O R P T I O N S S PE K T R E N

A B B . 1 2| p - L E I T E R

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Bildung und Diffusion von ExzitonenWerden farbige organische Materialien sichtbarem Licht aus-gesetzt, können nur die Anteile elektromagnetischer Strah-lung genutzt werden, deren Energie mindestens so groß istwie der energetische Abstand zwischen dem HOMO unddem LUMO. Für die Lichtabsorption in Solarzellen sind al-so Materialien erforderlich, deren energetische Bandlückeund auch Orbitalstruktur gut mit dem Sonnenspektrum har-monieren.

Bei der Lichtabsorption organischer Halbleiter geht wieauch bei den Photosensibilisatoren der Photosynthese oderden Farbstoffsensibilisierungs-Solarzellen ein Elektron vomHOMO in das LUMO unter Bildung des angeregten Singu-lett-Zustandes über. Der langwelligste Übergang von 710 nmbeim ZnPc entspricht 1,75 eV. Um bei organischen Halb-leitern mehr Licht zu absorbieren, ist es notwendig, Mate-rialien mit unterschiedlichen Absorptionsbereichen zu kom-binieren. Dagegen beträgt beim Si der Bandabstand Eg =1,1 eV entsprechend 1130 nm, und Si absorbiert vom IR bisin den sichtbaren Bereich.

Der Anregungszustand organischer Halbleiter wird alsExziton bezeichnet, ein elektrisch neutrales Quasiteilchen,welches einen gebundenen Zustand von Elektron (imLUMO) und Loch (im HOMO) repräsentiert. Sind das Elek-tron und das Loch in einem Molekül lokalisiert, spricht manvon einem Frenkel-Exziton.

Zwischen dem Elektron und dem Loch in einem Fren-kel-Exziton wirkt eine elektrostatische Kraft, die etwa eineZehnerpotenz größer ist als beim Wannier-Mott-Exziton an-organischer Halbleiter. Für einen photovoltaischen Effekt istes notwendig, das Elektron vom Loch zu trennen, d.h. ei-nen Elektronen- oder Lochakzeptor zu erreichen, bevor esrelaxiert und die aufgenommene Energie wieder abgibt.Die Raumladungszone, in der die Trennung erfolgt, ist mit∼30 nm im Vergleich zu Si-Solarzellen mit ∼10 µm klein. Wei-terhin ist das Exziton ortsfest, und es kommt zunächst nurein Transportmechanismus in Betracht: die Diffusion über

das Hopping. Dabei hüpft das Exziton von Molekül zu Mole-kül. Entscheidend ist die Exzitonendiffusionslänge, die vonder Exzitonenlebensdauer und -beweglichkeit bestimmtwird. Die Exzitonendiffusionslänge ist material- und mor-phologieabhängig und z.B. bei Phthalocyaninen etwa 10nmund bei C60 etwa 40 nm. Dieses limitiert die Schichtdickender Solarzelle, da an den Grenzflächen zwischen Elektro-nenakzeptor und Elektronendonor das Elektronen-Loch-Paardes Exzitons getrennt wird. Ist die Grenzfläche weiter ent-fernt als die Exzitonendiffusionslänge, kann das Exziton

Substrat

AnodeSolarzellen Schichtstapel

Kathode

Verschaltung für organische Solarzellen zu Modulen. Oben:Strukturierte Anodenebene aus ITO (Streifen von 1 bis 2 cmBreite und anlagenabhängiger Länge). Mitte: Abscheidungder organischen Materialien strukturiert durch Schatten-masken. Unten: Abscheidung der Kathode strukturiert durchSchattenmasken erfolgt so, dass sich die Kathode der einenZelle mit der Anode einer anderen zur Herstellung einergewünschten Spannung überlappen.

Zellennr. und Einordnung Zellkonfiguration IPCE JSC/ VOC/V FF ηη/%mA cm–2

1: p-n-Zelle ITO-PTCDI-ZnPc-Au ∼30 3,53 0,41 0,30 0,43

2: p-i-n-Zelle ZnPc:C60 Einfach (Abb. 14) 6,8 0,49 0,51 1,7

3: p-i-n-Zelle DCV5T:C60 Einfach ∼52 6,66 1,0 0,51 3,4

4: p-i-n/p-i-n-Zelle ZnPc:C60-ZnPc:C60 Tandem (Abb.15) 4,6 0,99 0,54 2,3

5: p-i-n/p-i-n transparente Zelle ZnPc:C60-ZnPc:C60 Tandem (Abb.16) 3,5 0,92 0,54 1,8

6: Multilayer mit dotierten Schichten Tandem, Materialien unbekannt, zertifiziert, Heliatek 5,6 1,6 0,65 6,1

7: p-i-n-metal cluster-p-i-n CuPc:C60-Ag-CuPc:C60 Tandem ∼60 9,7 1,05 0,59 5,7

8: Polymer-Aufdampf-Zelle P3HT:PCBM (unten)/ZnPc:C60 (darüber) Tandem ∼67 4,8 1,02 0,45 2,3

9: Polymer-Zelle PCPDTBT:PCBM(unten)/P3HT:PCBM (darüber) Tandem 7,8 1,24 0,67 6,5

10: Polymer-Zelle Materialien unbekannt, zertifiziert, Konarka 14,92 0,58 0,61 5,2

Die Werte sind aus [10b] (Zelle 1), [16,17] (Zellen 2–4, 7–9), [8] (Zelle 10) und Pressemitteilung Heliatek 31.8.09 (Zelle 6).

TA B . 2 | PH OTOVO LTA I S C H E DAT E N O RG A N I S C H E R F E S T S TO F F- S O L A R Z E L L E N U N T E R S C H I E D L I C H E R A RC H I T E K T U R *

Exzitonen werdendurch Lichtanregunggeneriert; unter Be-lichtung wird dannPhotoleitfähigkeitgemessen, die sehreffektiv sein kann. So wird dass Titanyl-phthalocyanin(TiOPc) im starkenelektrischen Feld derelektrophotographi-schen Schichten vonLaserdruckern heutefast ausschließlichals Photoleiterverwendet [21].

* Lichtintensität 100 mW cm–2

A B B . 1 3| S O L A R M O D U L E

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nicht mehr zur Stromerzeugung genutzt werden. Sobalddas Exziton in Loch und Elektron aufgetrennt wurde, müs-sen die Ladungen weitertransportiert werden. Der La-dungstransport erfolgt durch das elektrische Feld, welchesausgebildet wird, sobald der äußere Stromkreis geschlos-sen wird.

Allgemeiner Aufbau der ZellenVoraussetzung für den Ladungstransport ist die Wahl ge-eigneter Elektrodenmaterialien hinsichtlich ihrer Elektro-nenaustrittsarbeiten eΦ. Weiterhin muss zumindest eineElektrode transparent sein. Für die Anode wird häufig trans-parentes ITO (s. Glossar) verwendet, dessen eΦ bei unge-fähr –4,7 eV liegt. Als Kathodenmaterial wurden aufgrundihrer niedrigen Austrittsarbeit häufig die Luft- und Wasser-empfindlichen Metalle Magnesium oder Calcium genutzt.Durch Dotierungen von Transportschichten ist auch dieVerwendung von Aluminium (eΦ = –4,2 eV) oder Silbermöglich.

Typisch ist ITO auf einem Glasträger. Mit ITO auf licht-stabilisiertem Polyethylenterephthalat (PET) lassen sichauch flexible Solarzellen herstellen. Auf dem ITO erfolgt

die Abscheidung der organischen Materialien. Abgeschlos-sen wird die Zelle durch das Abscheiden des Kathodenme-talls. Damit ergibt sich die generelle Zellkonfiguration: ITO-organische Materialien-Metall. Abbildung 13 zeigt, wie ein-zelne Zellen zu Modulen verschaltet werden können.

Zellen mit niedermolekularen und auch polymerenMaterialien bedienen sich eines sogenannten Hetero-Über-gangs und werden im internationalen Sprachgebrauchdaher häufig auch als Hetero-Junction Cells bezeichnet.Während die kleinen Moleküle schichtweise abgeschiedenwerden, bestehen Polymerzellen häufig aus interpenetrie-renden Netzwerken eines p- und eines n-Halbleiters. Beidiesen Zellen wird häufig von Bulk-Hetero-Junction Cellsgesprochen, da es hier einen p/n-Übergang im Volumengibt. Im Folgenden werden nun beide Varianten behandeltund aktuelle Materialien und Entwicklungen vorgestellt.

Solarzellen aus niedermolekularenorganischen Halbleitern

Wird von organischen Solarzellen auf Basis kleiner Mole-küle (Small Molecules, SM) gesprochen, sind damit imVakuum verdampfbare Materialien gemeint [11a–15]. Die

(links) Aufbau (A) und Energieschema (B) einer p-i-n-Zelle (Zelle 2 in Tab. 2). Für die Anode und Kathode sind die Elektronen-austrittsarbeiten eϕϕ und für die organischen Schichten die HOMO/LUMO-Energien aufgeführt. Die Dotierung führt nicht zueiner Veränderung der Energiewerte, wohl aber zur Zunahme der Ladungsträgerkonzentration. Wird nun ein Photon im ZnPcabsorbiert, bildet sich ein Exziton, welches zur Grenzfläche ZnPc:C60 diffundieren muss, damit das Elektron-Loch-Paar getrenntwird. Das Elektron gibt dann Energie ab, da es vom LUMO des ZnPc in das LUMO des C60 übergeht und von dort weiter zurKathode wandert. Das auf dem ZnPc zurückbleibende „Loch“ wird von einem Elektron aus dem HOMO der Löchertransport-schicht neutralisiert. Die positive Ladung wird dann durch ein Elektron aus der Anode ausgeglichen.(rechts) Aufbau (A) und Energieschema (B) einer p-i-n-Tandem-Zelle (Zelle 4 in Tab.2). (zur Beschreibung des Energieschemassiehe Abb. 14).

A B B . 1 4 U N D 1 5| p - i - n - Z E L L E N

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O R G A N I S C H E S O L A R Z E L L E N | E N E RG I E

Herstellung der Solarzellen erfolgt durch Aufdampfen aufITO im Vakuum (∼10–7 – 10–5 mbar) bei Temperaturen jenach organischem Material von ∼100 – 500 oC und Auf-dampfgeschwindigkeiten von ∼ 0,01 – 5 nm s–1.

Typische Aufdampfanlagen enthalten mehrere Tiegel-quellen zum Aufdampfen der verschiedenen organischenMaterialien auf das vorstrukturierte ITO Substrat. Die Struk-turierung der organischen Schichten und der Kathode er-folgt durch Schattenmasken.

Die Reinheit der organischen Materialien ist aus mehr-fachen Gründen wichtig. Verunreinigungen können La-dungen einfangen (Traps), Exzitonen deaktivieren, die Mor-phologie beeinflussen und zur Degradation des Bauele-mentes beitragen. Durch mehrfache Zonensublimation kön-nen Verunreinigungen zuverlässig abgetrennt werden. Heu-tige Sublimatoren können durchaus 100 g Rohmaterial rei-nigen. Die Morphologie der Schichten lässt sich durchAufdampfgeschwindigkeit und Substrattemperatur beein-flussen. Bei niedrigen Aufdampfgeschwindigkeiten zeigendie Schichten eher kristallines Verhalten. Auch höhere Sub-strattemperaturen führen zu mehr kristallinen Strukturen.Diese sind für Solarzellen zu bevorzugen, da im Vergleichzu amorphen Morphologien die Ladungsträgerbeweglich-keiten und die Exzitonendiffusionslängen größer sind.

Der Aufbau organischer Solarzellen aus Aufdampf-schichten hat sich seit den 90er Jahren besonders durch dieMöglichkeit der Dotierung stark verändert und die Wir-kungsgrade konnten entscheidend verbessert werden. Zu-sätzlich besteht bei der Verwendung der Aufdampftechnikdie Möglichkeit einer monolithischen In-situ-Verschaltungeinzelner Zellen, was die direkte Fertigung von Modulen aufeinem Substrat ohne spätere Verschaltung ermöglicht (Ab-bildung 13). Im Folgenden werden die unterschiedlichenZelltypen und -architekturen beschrieben und der gegen-wärtige Stand der Technik zusammengefasst.

p-n-ZellenZunächst wurden einfache p-n-Zellen z.B. der KonfigurationITO/n-Leiter/p-Leiter-Metall mit Perylentetracarbonsäuredi-imid (PTCDI) als n-Leiter und ZnPc als p-Leiter (Filmdicken∼25 – 50 nm) mit Wirkungsgraden von ∼0,5 % beschrieben(Zelle 1, Tabelle 2, [10b]). U.a. schränken die kleinen Exzi-tonendiffusionslängen von ∼10 nm den Wirkungsgrad ein.Bei geringen Filmdicken von ∼10 nm zeigten diese Zellenaber bereits IPCE-Werte von über 70 %, die das Potenzial or-ganischer Halbleiter in Solarzellen andeuten. Allerdings wardann die Lichtabsorption gering. Bei diesen Zellen wurdekein Dotand zugesetzt. Der Akzeptor O2 aus der Luft do-tierte das ZnPc. Mit Mischschichten von ZnPc als p-Leiterund C60 als n-Leiter konnten η ∼ 1% erreicht werden.

p-i-n-ZellenSind die Morphologie, die Schichtdicken und p/n-Massen-verhältnisse optimiert, bleiben als weitere Ansatzpunkte dieElektrodengrenzen, die optische Optimierung und die elek-trische Balance des Gesamtbauelements.

Zur Optimierung der Grenzflächen werden zusätzlicheSchichten eingeführt. Auf der Seite des p-Halbleiters musseine Schicht zwischen der Anode und dem p-Halbleiter ein-gefügt werden, die zum einen besonders gut die Löchertransportiert und einen guten Kontakt zur Anode sowiezum p-Halbleiter herstellt – eine Löchertransportschicht(Hole Transport Layer, HTL, z.B. tert. Amine wie MeOTPDoder NPB, die mit F4TCNQ dotiert werden kann; Abbildung10). Analog dazu wird auf der n-Seite eine Elektronen-transportschicht (ETL, z.B. C60) verwendet, die mit einemDonor, z.B. Pyronin B [11a] dotiert werden kann. DieseSchichten dienen zum verbesserten Transport bzw. Abflussder Ladungsträger, optimieren den Kontakt zu den Elektro-den und können in ihrer Dicke, bei ausreichend hoher elek-trischer Leitfähigkeit, so optimiert werden, dass immer ge-nauso viele Elektronen wie Löcher die Elektroden erreichenund das Bauelement somit elektrisch im Gleichgewicht ist.Zusätzlich können die Schichten dazu dienen, das einge-strahlte Licht optimal zu nutzen, da es aufgrund des Ge-samtbauelementes zahlreiche optische Übergänge gibt, wel-che die Lichteinkopplung und Reflexion an der Kathode be-einflussen. Zur Erhöhung der Leitfähigkeit der HTL und ETLwerden die Schichten dotiert. Manche Substanzen, die inAbbildung 10 beispielhaft aufgeführt sind, können je nachZellaufbau verschiedene Funktionen übernehmen.

Bei konsequenter Anwendung der Dotierung ist dasResultat eine p-i-n-Zelle, bestehend auf ITO aus einer p-dotiertern Lochleiterschicht, dann einer intrinsischen Ab-sorberschicht mit ein oder zwei Absorbern und einer n-dotierten Elektronenleiterschicht. In Abbildung 14A ist derAufbau einer Zelle mit ZnPc und C60 schematisch darge-stellt. Das Energieschema (14B) verdeutlicht die Bildungdes Exzitons, seine Tennung und die Wege von Elektronund Loch. ZnPc (λ ∼ 670, 620 nm) undauch C60 (λ ∼ 570, 420 nm) sind zumeinen Absorber, sie wirken aber auchals p- bzw. n-Leiter. Der Wirkungsgradeiner derartigen Zelle liegt bei η = 1,7 % (Zelle 2, Tabelle 2). Eine Zelle mit

400 600 8000

5

10

15

20

25

30

35

40

Tran

smis

sion

/%

Wellenlänge /nm

Abb. 16 Transpa-rente Tandem-Solarzelle basie-rend auf ZnPc:C60in einer Tandem-p-i-n-Struktur(Zelle 5 in Tab. 2).

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dem p-Leiter DCV5T und den n-Leiter, Akzeptor C60 bringtes sogar auf η = 3,4 % (Zelle 3). IPCE Werte (siehe bei Pho-tosensibilisierungszellen) sind bei ∼ 50 %.

Gestapelte p-i-n-ZellenUm den Wirkungsgrad weiter zu erhöhen, wurde das Kon-zept der Mehrfachzelle entwickelt. Wie beschrieben, ist dieSchichtdicke der Absorberschicht von der Exzitonendiffu-sionslänge begrenzt. Damit ist die Absorberschicht auf< 60 nm Dicke limitiert, was selbst bei den hohen Extink-tionskoeffizienten der Phthalocyanine nicht ausreicht, dasgesamte nutzbare Licht zu absorbieren. Um dieses Lichtnicht ungenutzt zu lassen, ist es sinnvoll, eine zweite odersogar noch mehr Zellen auf der ersten aufzubauen. Die ers-ten Arbeiten zu diesem Thema nutzten noch eine transpa-rente Metallschicht oder Metallcluster als Interlayer zwi-schen der n-Seite der ersten und p-Seite der zweiten Zelle;inzwischen verzichtet man auf eine zusätzliche Zwischen-schicht.

Neben der Möglichkeit, mehr Licht zu absorbieren, istein weiterer Vorteil der Konfiguration p-i-n/p-i-n die Span-nungserhöhung durch die Reihenschaltung der beiden Zel-len: VTandem = VZelle1 + VZelle2. Im Falle von ZnPc:C60 Zellen(Abbildung 15) steigt VOC von ∼ 0,5 V auf ∼1 V und η von1,7 auf 2,3 % (Vergleich der Einzelzelle 2 mit der Tandem-zelle 4 in Tabelle 2). Abbildung 16 zeigt als neuere Ent-wicklung mit analogen Materialien die Transmission einertransparenten Tandemzelle (Zelle 5 in Tabelle 2). Derartige

Zellen sind, wenn höhere Wirkungsgrade erreicht werden,für die Belegung von Fensterscheiben interessant.

Kürzlich wurde eine komplex aufgebaute Tandemzellemit erhöhter VOC und η = 6,1 % der Firma Heliatek GmbHzertifiziert (Zelle 6 in Tabelle 2). Neben Solarzellen, die demp-i-n-Konzept folgen, gibt es auch andere Zellarchitekturen,die effiziente Zellen ermöglichen und ohne molekulareDotierung mit CuPc und C60 unter Einbau von Ag-Nano-Clustern auskommen. Dazu wurde eine Tandemzelle miteinem Wirkungsgrad von η = 5,7 % basierend auf zwei inSerie geschalteten CuPc:C60-Zellen entwickelt. Dadurch er-höht sich der Photostrom (Zelle 7 in Tabelle 2).

Solarzellen aus polymeren organischen Halbleitern

Die physikalischen Grundlagen und das Wirkprinzip poly-merer Solarzellen [12, 15–18] sind mit denen niedermole-kularer Solarzellen vergleichbar. Die Verarbeitung und Her-stellung der in einem Lösungsmittel gelösten Substanz ist je-doch eine andere. Als Abscheideverfahren bietet sich Spin-Coating (Tropfen einer Lösung auf ein rotierendes Substrat)an. Diese Technologie ist auf Flächen bis ca. 30 cm Sub-stratdurchmesser begrenzt. Vielversprechender sind unter-schiedliche Druckverfahren, welche eine kostengünstigeund großvolumige Produktion ermöglichen können. DieAbscheidung muss allerdings unter inerten Bedingungenerfolgen, da auch diese Materialien zum Teil empfindlich ge-genüber Wasser und Sauerstoff sind. Komplexere Schicht-

Typischer Aufbau einer polymeren p/n-Zelle (Bulk-Hetero-Junction Zelle). Zur Glättung des Substrates und zur Verbesserung derLadungsträgerinjektion wird häufig PEDOT:PSS (Poly(3,4-ethylendioxythiophen):Polystyrolsulfonsäure) eingesetzt. Je nachFormulierung kann eine Leitfähigkeit von bis zu 10 S cm–1 bei guter Transparenz im sichtbaren Wellenlängenbereich erreichtwerden.

A B B . 1 7| P O LY M E R E p / n - Z E L L E

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Chem. Unserer Zeit, 2010, 44, 174 – 189 www.chiuz.de © 2010 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim | 187

O R G A N I S C H E S O L A R Z E L L E N | E N E RG I E

G LOSSA R |AM (englisch Airmass): Das Spektrum und die Intensität der Solarstrahlung istabhängig von der Weglänge des Lichts durch die Atmosphäre. AM0 ist definiertals das Spektrum außerhalb der Atmosphäre (extraterrestrisches Spektrum) imWeltraum, AM1 ist das Spektrum der senkrecht auf die Erdoberfläche fallendenSonnenstrahlen, d. h. die Sonne muss dafür genau im Zenit stehen und fürAM1,5 ist der Zenitwinkel. 48,2°. Bei AM1,5 beträgt die globale Strahlungsleis-tung 1000 W m–2 (100 mW cm–2). AM = 1,5 wird als Standardwert für die Ver-messung von Solarmodulen verwendet. Man kann AM1,5 mit künstlichenLichtquellen unter Verwendung von Filtern simulieren (Solarsimulatoren).

Elektrische Leitfähigkeit σσ: Angegeben wird σ in S cm –1, die ein Körper mit1 cm Länge d und 1 cm2 Querschnittsfläche F besitzt (R = elektrischer Wider-stand: σ = d/FxR). Isolatoren haben σ von ∼ < 10–10, Halbleiter σ von ∼10–10

bis ∼101 und Metalle σ von ∼ >101 S cm–1.

Exziton: Ein Exziton ist ein gebundener Zustand von Elektron und Loch ineinem Halbleiter. Es ist somit eine elementare Anregung des Festkörpers. EinExziton kann sich durch den Kristall bewegen und transportiert dabei seineAnregungsenergie durch diesen hindurch. Ein Exziton kann z.B. entstehen,wenn ein Photon in einen Halbleiter eindringt und ein Elektron zum Übergangaus dem Valenzband in das Leitungsband anregt. Das Elektron und das imValenzband entstandene, entgegengesetzt geladene Loch ziehen sich durchdie Coulomb-Kraft gegenseitig an. Ein Frenkel-Exziton beschreibt die Situationbei der Elektron und Loch an einem Gitterplatz lokalisiert sind. Das wird be-obachtet, wenn das Material, in dem es angeregt wurde, eine hohe Exzitonen-Bindungsenergie aufweist. Insbesondere die rein thermische Anregung reichtdann bei Raumtemperatur nicht mehr aus, um Elektron und Loch voneinanderzu trennen.

Fermi-Niveau: Es ist im Bändermodell von Festkörpern das zur Fermi-EnergieEF gehörende Energieniveau. Am absoluten Nullpunkt sind alle darunter lie-gende Zustände vollständig besetzt, alle darüber liegenden leer. Mit zuneh-mender Temperatur und unter Belichtung erfolgt eine Population von denbesetzten in unbesetzte Zustände.

Heteroübergang: Als Heteroübergang bezeichnet man die Grenzschichtzweier unterschiedlicher Halbleitermaterialien. Anders als bei einem p-n-Über-gang ist hier nicht nur die Dotierung, sondern die Materialart verschieden, z.B. Heteroübergänge bei III-V-Halbleitern oder bei zwei verschiedenen organi-schen Halbleitern. Ein Homoübergang bezieht sich auf die Grenzschicht zweiergleicher Materialien, z.B. p- und n-dotiertes Silicium.

ITO: Abkürzung für Indium dotiertes SnO2. In FTO ist zur Erhöhung derLeitfähigkeit SnO2 mit Fluor dotiert. ITO und FTO sind elektrisch leitfähige, im sichtbaren Bereich transparente Materialien mit einem Widerstand von etwa 10 Ω cm–2. Die Materialien werden auf Trägern wie Glas oderflexiblen Polymeren im großen Umfang als leitfähige Substrate in LCD-Anzeigen eingesetzt.

IPCE (incident photon-to-current conversion efficiency): Diese Werte werdendurch Aufnahme von Photostrom-Aktions-Spektren erhalten. IPCE ist definiertdurch die Zahl der Elektronen, die zur Gegenelektrode fließen, dividiert durchdie Zahl der eingestrahlten Photonen bestimmter Wellenlänge. Der Wert kannbei einer bestimmten Wellenlänge theoretisch 100 % betragen. Praktischliegen die Werte wegen Reflexions- und Absorptionsverlusten durch ITO-Sub-strate maximal bei 80–90 %.

Loch: Bei Halbleitern werden bewegliche positive Ladungsträger vereinfacht„Löcher“ genannt. Dabei handelt es sich um ein fehlendes Elektron und eswird daher auch als Defektelektron oder Elektronenfehlstelle bezeichnet. DerLadungstransport erfolgt auch hier durch Elektronen.

Photosensibilisator (auch Sensibilisator genannt): Eine Verbindung, bei der durch Absorption eines Photons eine photochemische oder -physikalischeVeränderung eintritt. Der Photosensibilisator wird bei dem Vorgang nicht ver-braucht, sondern steht wieder zur Verfügung. Der Prozess wird auch Photo-sensibilisierung (Sensibilisierung) genannt.

Photovoltaische Parameter zur Berechnung des Wirkungsgrades:Zur Charakterisierung organischer Solarzellen werden Strom-Spannungs-Kennlinien unter Beleuchtung und im Dunkeln aufgenommen. Als Ergebniserhält man Kurven, wie sie in der Abbildung dargestellt sind. Aus der Hellkenn-linie lassen sich direkt der Kurzschlussstrom JSC und die Leerlaufspannung VOC

ablesen. Die maximale Leistung, die eine Solarzelle liefern kann, ist durch dasgrößte Rechteck gegeben, welches sich in die Strom-Spannungs-Kennlinie ein-passen lässt. An dem Punkt, an dem die rechte untere Ecke die Hellkennlinieberührt, befindet sich der MPP, der Maximum Power Point. Die dazugehörigeStromdichte wird mit Jm und die dazugehörige Spannung mit Vm bezeichnet.Der Füllfaktor FF ist ein Maß dafür, wie gut sich das Rechteck der Kennlinieanpasst. Bei Siliciumzellen liegt der FF bei über 0,8, bei leistungsfähigen orga-nischen Solarzellen oberhalb von 0,5.

FF =

Der Wirkungsgrad η einer Solarzelle kann über die folgende Gleichung berech-net werden, wenn die Bestrahlungsstärke E (typisch: 100 mW/cm2, AM1.5)bekannt ist:

η = = (VOC in V, JSC in mA cm–2, E in mW cm–2)

Die maximale Leerlaufspannung einer organischen Solarzelle wird vomAbstand der Fermi-Energien des HOMOs des Akzeptors (z.B. ZnPc) und demLUMO des Donors (z.B. C60) begrenzt.

Singulett-Zustand: Im Singulett-Grundzustand befinden sich zwei gepaarteElektronen im HOMO (höchstes und energiereichstes besetztes Molekülorbi-tal). Durch Absorption eines Photons, das energetisch der Differenz zwischenHOMO und LUMO (niedrigstes und energieärmstes unbesetztes Molekülorbi-tal) entspricht, geht ein Elektron unter Spinerhaltung in das LUMO über.

Zertifizierung: In der Fachliteratur zur Photovoltaik werden viele Datenveröffentlicht, die schwer nachzuvollziehen sind. Aus diesem Grund gibt esunabhängige Zertifizierungslaboratorien wie das Fraunhofer ISE oder NREL (National Renewable Energy Laboratory). Hier werden Zellen undModule unter Standarbedingungen charakterisiert und die Zellflächen genau vermessen [8].

VOC ⋅ JSC ⋅ FF

E

Vm ⋅ Jml

E

Vm ⋅ Jmo

VOC ⋅ JSC

0

Jm

Vm VOC

2 ]

Spannung [V]

Dunkelkennlinie Hellkennlinie

JSC

Stro

mdi

chte

J [A

/cm

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stapel nur aus Lösung sind schwer herzustellen, da beimAufbringen einer neuen Lösung sich schon vorhandeneSchichten teilweise anlösen können. Dennoch gibt es auchhier Tandemzellkonzepte.

Auch bei den polymeren Solarzellen wird ein Elektro-nenakzeptor- und ein Elektronendonor-Material benötigt.Als Donor bzw. p-Leiter kommt häufig regio-reguläres Po-ly(3-hexylthiophen) (P3HT) zum Einsatz. Als Akzeptorma-terialien bzw. n-Leiter werden fast ausschließlich löslicheFullerenderivate wie PCBM verwendet (Abbildung 10). Bei-de Materialien sind auch Absorber, d.h. sie haben vielfälti-ge Funktionen.

In Abbildung 17 ist der typische Zellaufbau einer p/n-Zelle dargestellt. Auf einem Substrat mit transparenterAnode, zumeist ITO, ist häufig eine Schicht PEDOT:PSS zurGlättung und zur elektrischen Anpassung der Anode auf-gebracht. Darauf wird das aktive Material appliziert, aufwelchem die Kathode aufgedampft wird.

Tabelle 2 gibt die Kenndaten einer Zelle an, bei der zu-nächst P3HT:PCBM aus Lösung aufgebracht und dannZnPc:C60 aufgedampft wurde, was zu einem Wirkungsgradvon η = 2,3 % führte (Zelle 8). Zelle 9 ist eine vollkommenaus Lösung hergestellte Tandemzelle mit η = 6,5 %. Eine derleistungsfähigsten zertifizierten Polymerzellen stammt vonder Firma Konarka und hat einen Wirkungsgrad von η =5,2 % auf einer Fläche von < 1 cm2 und besteht aus einemPCPDTBT-Derivat und PCBM (Zelle 10). Zwischenzeitlichkonnte eine Zelle mit einem Wirkungsgrad von η = 6,4 % zer-tifiziert werden (Pressemitteilung Konarka, 19.05.2009) [8].

Zur Verbesserung des Wirkungsgrades besteht bei Poly-mer-Solarzellen die Möglichkeit der Optimierung des Volu-men-Heteroübergangs (Bulk-Hetero-Junction, BHJ) durchKontrolle der Morphologie, die Änderung der Zellarchitek-tur und natürlich eine Verbesserung der Materialien. Auchdie Verbesserung der Lichtausnutzung bzw. Lichteinkopp-lung ist durch zusätzliche Schichten, beispielsweise TiO2-Interlayer, möglich.

Weitere Entwicklungen und Probleme bei organischen Solarzellen

Organische Solarzellen übertreffen in ihrem Wirkungs-grad die Photosynthese, liegen aber noch unter dem deranorganischen Solarzellen. Von der Industrie erreichteWirkungsgrade von Zellen aus kristallinem Si liegen beiknapp 20 % (preiswertere Zellen aus multikristallinem Si∼18 % und aus amorphem Si ∼9 %). Farbstoffsensibilisie-rungs-Solarzellen mit aktiven Flächen von unter 1 cm2 ha-ben zertifizierte Werte von ∼11 % [5–7,8]. Firmen wie Dys-ol in Australien, Konarka in den USA, SolarPrint in Irland,G24i in UK und Toyota und Sony in Japan arbeiten an derMarkteinführung dieser Zellen. Bei organischen Feststoff-So-larzellen wurde im April 2010 von der Firma Heliatek in Ko-operation mit dem Institut für Angewandte Photophysikder TU Dresden eine 1,1 cm2 Tandemzelle mit η = 7,7 %zertifiziert. Im Dezember 2009 berichtete die Firma Solar-mer aus den USA über eine flexible Feststoffzelle mit ei-

nem Wirkungsgrad von 7,9 %, die allerdings nur eine akti-ve Fläche von < 0,1 cm2 aufweist. Zur endgültigen Kom-merzialisierung werden u.a. noch Großvolumen-tauglicheFertigungstechnologien benötigt, wie sie gegenwärtig amFraunhofer-Institut für Photonische Mikrosysteme (IPMS)in Dresden für aufdampfbare Systeme bei den Feststoff-zellen entwickelt werden.

Welche Vorteile neben erwarteten niedrigen Wattprei-sen könnten organische Solarzellen bieten? Das geringereGewicht von Modulen ist insbesondere für Außen-Anwen-dungen wichtig: organische Solarzellen auf flexiblen Sub-straten von 500 g/m2 im Vergleich zu 20 kg/m2 bei an-organischen Solarzellen. Organische Solarzellen wie Farb-stoffsensibilisierungs-Solarzellen zeigen auch bei niedrigerLichtintensität im Vergleich zu den anorganischen Solar-zellen nur einen geringen Abfall des Wirkungsgrades, wasden Einsatz bei wolkigem Himmel, geringer Solareinstrah-lung im Winter und Innen-Anwendungen attraktiv macht.

Wo gibt es Probleme? Organische Solarzellen sind emp-findlich gegenüber Wasser und Sauerstoff. Neben einer dau-erstabilen Verkapselung – insbesondere ein Problem beiden Farbstoffsensibilisierungs-Solarzellen – ist natürlichauch die Lichtstabilität besonders gegen UV-Licht wichtig.Beschleunigte Alterungstests unter simulierter Sonnen-strahlung geben aber Anlass zur Hoffnung, dass die Bau-elemente viele Jahre zuverlässig arbeiten können [22].

Sowohl die Firma Konarka mit polymeren Solarzellen(Power Plastic®) als auch die Firma G24i mit Photosensibi-lisierungszellen haben als Markteintritt für ihre Produktezunächst flexible, leichte Module für mobile Anwendungengewählt. Künftig werden weitere Nischen bedient werden,wie transparente, farblich abgestimmte und flexible Modu-le für Innen- sowie für Spezialanwendungen. Mit steigenderEffizienz und Lebensdauer werden nach und nach auchDach- und Fassadenintegration mit farblichen und struktu-rellen Gestaltungsmöglichkeiten dazukommen. Neben denAnwendungsanforderungen und ästhetischen Aspekten istein Faktor von besonderer Bedeutung: Wie entwickeln sichdie Kosten im Vergleich zu anderen Techniken? Die Antwortauf diese Frage hängt von vielen Faktoren ab. Von Vorteilist, dass die organischen Solarzellen kostengünstig und mitgeringem Material- und Energieaufwand bei geringen Pro-zesstemperaturen auf preiswerten Trägern wie Glas oderKunststoff-Folie hergestellt werden können.

ZusammenfassungPhotovoltaischen Solarzellen kommt bei der zunehmendenNutzung erneuerbarer Energien durch das hohe Angebot ansolarer Einstrahlung besondere Bedeutung zu. Daher wirdneben den bewährten anorganischen Solarzellen auch an derEntwicklung von preiswerteren Solarzellen gearbeitet, dieorganische Materialien als aktive Verbindungen für dieEnergieumwandlung verwenden. Der Artikel beschreibt Auf-bau und Funktionsweise von Farbstoffsensibilisierungs-Solar-zellen und organischen Feststoff-Solarzellen. Für Vergleicheund zum Verständnis dieser Zellen ist es notwendig, auch

Die Funktion von und weitere Infor-mationen zu organi-schen Solarzellenkann im Internet un-ter http://www.ipms.fraunhofer.de/de/oms/opv.shtml nach-vollzogen werden.

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einige Aspekte der Photosynthese und der anorganischenSolarzellen kurz zu behandeln. Damit wird insgesamt ein Ein-blick in solare Energieumwandlungssysteme unter Berück-sichtigung aktueller Entwicklungen gegeben.

SummaryPhotovoltaic solar cells are of increasing importance in theuse of regenerative energies due to the high supply of solarradiation. Therefore beside the established inorganic solarcells more low costs solar cells are developed which containorganic materials as active compounds for energy conversion.The article describes construction and function of dye-sensi-tized solar cells and organic solid state solar cells. For com-parison and understanding of these cells it is necessary tomention also some aspects of photosynthesis and inorganicsolar cells. Altogether an insight in solar energy conversionsystems under consideration of current developments is pre-sented.

SchlagworteAnorganische Solarzellen, organische Feststoffsolarzellen,Farbstoffsensibilisierungs-Solarzellen, Photosynthese, Solar-zellen.

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Die AutorenDieter Wöhrle, geb. 1939 in Berlin, studierte Chemiean der Freien Universität Berlin und promovierte amFritz-Haber-Institut der MPG bei Prof. Manecke.Nach einer Assistenzprofessor an der FU Berlinerfolgte 1975 ein Ruf auf eine C4-Professur an dieUniversität Bremen. Seine Forschungsinteressenliegen auf dem Gebiet der Synthese und Eigenschaf-ten niedermolekularer und makromolekularerMetallkomplexe und Farbstoffe. Seit längerer Zeitengagiert er sich auch gegen den Missbrauch derChemie durch chemische Waffen.

Olaf R. Hild, geb. 1971 in Bremerhaven, studierteChemie an der Universität Bremen. Von 1998 bis2004 war er in der Arbeitsgruppe von Prof. Wöhrletätig, wo er über die Elektropolymerisation vonPhthalocyaninen und Porphyrinen promovierte.2004 trat er in der Fraunhofer Gesellschaft amInstitut für Photonische Mikrosysteme (IPMS) inDresden im Bereich organische Materialien undSysteme (OMS) eine Stellung an. Dort leitet er seit2008 die Arbeitsgruppe Prozesstechnologie undIntegration (PTI).

Korrespondenzadressen:Prof. Dr. D. WöhrleFachbereich 2 (Biologie, Chemie), Universität BremenPostfach 330440, D-28334 BremenE-Mail: [email protected]

Dr. Olaf R. HildFraunhofer Institut für Photonische Mikrosysteme (IPMS)Maria-Reiche-Strasse 2, D-01109 DresdenE-Mail: [email protected]


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