Möglichkeiten und Grenzen von
Eignungsdiagnostik im Lehramtsstudium
-aktuelle Entwicklungen an der Uni Kassel-
Kooperationsrat, 08.02.2012
Universität Kassel
Timo Nolle
1
• Grenzen und Kriterien eignungsdiagnostischer Verfahren: „Wann macht
Auswahl Sinn?“
• Diagnostisch relevante Personenmerkmale des Lehrerberufs
• Konzept: Basiskompetenzen für den Lehrerberuf
• Einbindungsmöglichkeiten in die Lehramtsausbildung in 1. und 2. Phase
• Vernetzung mit den Studienseminaren Kassel, Fritzlar und Eschwege
Übersicht
Timo Nolle 2
Das E-Mail Postfach
Timo Nolle 3
Wahr:
Geeignet
Wahr:
Ungeeignet
Eingeschätzt
als geeignet
korrekt
zugeordnet Fehler 2. Art
Eingeschätzt
als ungeeignet Fehler 1. Art
korrekt
zugeordnet
Mail ist wichtig Mail ist Spam
Eingeschätzt
als WICHTIG
korrekt
zugeordnet Fehler 2. Art
Eingeschätzt
als SPAM Fehler 1. Art
korrekt
zugeordnet
LA Studierenden im ersten Semester= 650
tolerierte Selektionsquote= 50
Quote prinzipiell geeigneter Studierenden= 80%
Validität (Vorhersagekraft) = sehr gut .50
Einsatz eines Selektionsinstruments im ersten Studienjahr
Timo Nolle 4
497
103
Ausgewählte Personen =600
zu Recht
ausgewählte
Personen
zu Unrecht
ausgewählte
Personen
Trefferquote mit Auswahl= 82.9%
Trefferquote ohne
Auswahl= 80%
LA Studierenden im ersten Semester= 650
tolerierte Selektionsquote= 130
Quote prinzipiell geeigneter Studierenden= 80%
Validität (Vorhersagekraft) = sehr gut .50
Einsatz eines Selektionsinstruments im ersten Studienjahr
Timo Nolle 5
447
73
Ausgewählte Personen =520
zu Recht
ausgewählte
Personen
zu Unrecht
ausgewählte
Personen
Trefferquote mit Auswahl= 85.9% Quelle: Taylor-Russell-Tafeln / http://www.ki-bit.com/taylorrussell/index.php
Trefferquote ohne
Auswahl= 80%
Bewerber VOR Studienbeginn= 2550!
freie Studienplätze= 650
Quote prinzipiell geeigneter Studierenden= 80%
Validität (Vorhersagekraft) = sehr gut .50
Einsatz eines Selektionsinstruments zur
BEWERBERAUSWAHL!!
Timo Nolle 6
617
33
Ausgewählte Personen =650
zu Recht
ausgewählte
Personen
zu Unrecht
ausgewählte
Personen
Trefferquote mit Auswahl= 95% Quelle: Taylor-Russell-Tafeln / http://www.ki-bit.com/taylorrussell/index.php
Trefferquote ohne
Auswahl= 80%
• Objektivität: Kommen die Ergebnisse unabhängig von Einflüssen der Untersucher
oder der Untersuchungssituation bei Durchführung, Auswertung und Interpretation
zustande?
• Reliabilität: Wird das Merkmal zuverlässig gemessen oder ist die Messung in zu
großem Ausmaß mit Messfehlern behaftet?
• Validität: Misst das Verfahren tatsächlich das gewünschte Merkmal und berechtigen
die Messergebnisse zur Kandidatenauswahl?
Voraussetzung: Stabilität der Merkmale zur Auswahl
Akzeptanz bei Teilnehmern
(Westhoff, Hellfritsch, Hornke, Kubinger et al. 2005)
Gütekriterien diagnostischer Verfahren
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• basale Persönlichkeitsmerkmale
• personale und soziale Ressourcen
• Kompetenzen
• Berufswahlmotivation
• Zielorientierungen
Diagnostisch relevante Personenmerkmale
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basale Persönlichkeitsmerkmale
BIG FIVE (vgl. NEO-FFI, Costa & McCrae 1992)
• Extraversion
• Gewissenhaftigkeit
• psychische Stabilität
• Offenheit für neue Erfahrungen
• Verträglichkeit
günstige Voraussetzungen für den Lehrerberuf:
Extraversion, Gewissenhaftigkeit, psychische Stabilität
(Mayr 2009, Hanfstingl & Mayr 2007)
Diagnostisch relevante Personenmerkmale
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basale Persönlichkeitsmerkmale
Veränderungen durch besondere Lebensereignisse
• bis zum 30. Lebensjahr (erster Job, Heirat, Geburt 1. Kind)
• ab Eintritt in Rente
Änderungen und Wechselwirkungen
• Gewissenhaftigkeit: nimmt zu (erster Job); im Ruhestand wieder ab
• Offenheit für neue Erfahrungen: nimmt ab (Heirat); nach Scheidung bei Männern wieder
zu
• Extraversion: fördert das Auftreten bestimmter Lebensereignisse (Zusammenziehen mit
Partner)
• …..
(Specht, Egloff & Schmukle, 2011) online:
http://www.diw.de/documents/publikationen/73/diw_01.c.372623.de/diw_sp0377.pdf
Diagnostisch relevante Personenmerkmale
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personale und soziale Ressourcen
Personale und soziale Ressourcen unterstützen bei der konstruktiven Verarbeitung
von schwierigen und belastenden Anforderungen
• Selbstwirksamkeit
• Distanzierungsfähigkeit
• Lebenszufriedenheit
• Ungewissheitstoleranz
• soziale Unterstützung
• …
Ressourcen beeinflussen den Unterrichtsstil von Lehrerinnen und Lehrern positiv.
(Döring-Seipel & Dauer 2010, Klusmann & Kunter 2008)
Diagnostisch relevante Personenmerkmale
Timo Nolle 11
Kompetenzen
Definition nach Weinert, 2002: „…die bei Individuen verfügbaren oder durch sie erlernbaren
kognitiven Fähigkeiten und Fertigkeiten, um bestimmte Probleme zu lösen, sowie die damit
verbundenen motivationalen, volitionalen und sozialen Bereitschaften und Fähigkeiten um die
Problemlösung in variablen Situationen erfolgreich und verantwortungsvoll nutzen zu können“
Kurz: Wollen + Können = Problemlösung / durch Lernen und Erfahrung entwickelbar
Diagnostisch relevante Personenmerkmale
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Bereiche Kompetenz
Persönliche Kompetenzen
Selbstsicherheit
emotionale Kompetenz/
Reflexionsfähigkeit
Soziale
Kompetenzen
Kontaktfähigkeit
Durchsetzungsfähigkeit
Präsentationsfähigkeit
Kommunikationsfähigkeit
Berufswahlmotivation
Günstig für den Lehrerberuf:
• pädagogische Motivation
• fachliche Motivation
• soziale Motivation
• …
Verschiedene Möglichkeiten der Erfassung:
• Fragebogen
• Interview
• reflexive Textarbeit (biografische Verfahren)
• reflektierte Praxiserfahrungen
• …
Problem: starke Dissonanzeffekte und soziale Erwünschtheit
(Nieskens 2009)
Diagnostisch relevante Personenmerkmale
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Zielorientierungen
• Lernen vs. Leistung
• Annäherung vs. Vermeidung
(Stiensmeier-Pelster & Schlangen 1996, Dweck & Leggett 1988, Elliot & Harackiewicz 1996)
Diagnostisch relevante Personenmerkmale
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Diagnostisch relevante Personenmerkmale
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Lernen Leistung
Annäherung Lernzielorientierung „Ich will lernen“ • Naive Theorie: Kompetenzen sind
erweiterbar • Fehler= keine Gefahr; helfen beim
Lernen • Rückmeldungen nach individueller
Bezugsnorm • Leistungsbezogene Emotionen:
Freude, Stolz, Hoffnung • Motivation allgemein: intrinsisch
Annäherungsleistungszielorientierung „Ich will zeigen, was ich kann“ • Naive Theorie: Kompetenzen sind fix • Fehler= bedrohen Selbstwert • Rückmeldungen nach sozialer
Bezugsnorm • Leistungsbezogene Emotionen:
Freude, Stolz, Hoffnung • Motivation allgemein: unklar
Vermeidung Vermeidungsleistungszielorientierung „Ich will meine Schwächen verbergen“ • Naive Theorie: Kompetenzen sind fix • Fehler= „offenbaren meine
Schwächen“ • Rückmeldungen werden vermieden
• Leistungsbezogene Emotionen: Angst
• Motivation allgemein: extrinsisch
Handlungsformen der Lehrertätigkeit
• Unterricht (Erziehen, Diagnostizieren, Fördern, Bewerten)
• Schulentwicklung (Innovieren)
Handlungsvoraussetzungen
• fachliche, fachdidaktische, pädagogisch-psychologische Kompetenzen
• soziale, personale Kompetenzen
Voraussetzungen für den Erwerb sozialer und personaler Kompetenzen
psychische Dispositionen, emotional-motivationale Ressourcen
Psychosozialer Basiskompetenzen
im Rahmen der Kompetenzentwicklung in der Lehrerbildung
Timo Nolle 16
• Es gibt bestimmt basale Voraussetzungen/ Kompetenzen etc. für den Lehrerberuf
• Kompetenzdiagnose zur Selektion einzusetzen ist nur unter bestimmten Bedingungen
erfolgreich /effektiv
Kompetenzdiagnose in Lernsituationen in Kombination mit Rückmeldung ermöglicht:
den Studierenden
• die Formulierung persönlicher Ziele,
• die bedarfsorientierte Weiterentwicklung und
• einen reflexiven Rückbezug auf frühere Ziele.
den Dozenten, Mentoren, Ausbildern
• die bedarfsorientierte Gestaltung von Lerngelegenheiten,
• die zielbezogene Beratung und
• eine bilanzierende Einschätzung des bisherigen Entwicklungsfortschritts.
Zwischenfazit
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Konzept: Basiskompetenzen für den Lehrerberuf
Timo Nolle 18
Aufgabe und Funktion
Erfahrungsfeld bieten für relevante Kompetenzbereiche
1. Studierende können Erfahrungen sammeln und lernen ggf. neue
Anforderungsbereiche kennen:
KÖNNEN: was kann ich schon, was muss ich noch entwickeln?
WOLLEN: will ich diese Anforderungen zu meinem Beruf machen?
2. Studierende bekommen kompetenzorientierte Rückmeldung über
wahrgenommene Stärken und Entwicklungsfelder
Konzept: Basiskompetenzen für den Lehrerberuf
Ablauf des Kompaktseminars BASIS
Fragebogen (in Entwicklung)
Lernbiografie (qualitative Auswertung)
1,5 Tage Seminar
(12 Teilnehmer/ 2 Seminarleiter, 4 Handlungssituationen)
Perspektiv- und Rückmeldegespräch
schriftliche Seminarreflexion
SPS 1 als direkte Folgeveranstaltung (in Erprobung)
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Konzept: Basiskompetenzen für den Lehrerberuf
Timo Nolle 20
Rückmeldungen beruhen auf konkreten Beobachtungen
• Beobachtungen sind objektivierbar
• unabhängig von den Beobachtern
Für die Beobachtung ist festgelegt:
• um welche Kompetenzen es geht
• in welchen Übungen welche Kompetenz angesprochen/beobachtet wird
• welche Verhaltensweisen Hinweise auf die spezifischen
Kompetenzen/Ausprägungen geben.
Beobachtungen werden standardisiert als Ausprägung auf einer Kompetenzskala
dokumentiert.
Konzept: Basiskompetenzen für den Lehrerberuf
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Bereiche Kompetenz
Fra
ge-
bogen
Lern
bio
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n pädagogische
Studienwahl-
motivation
x x x (x)
Lern-
orientierung x x x (x)
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Selbstsicherheit x x x x
emotionale
Kompetenz/
Reflexionsfähigkeit
x x (x)
So
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n Kontaktfähigkeit (x) x x
Durchsetzungs-
fähigkeit (x) x
Präsentation (x) x
Kommunikations-
fähigkeit (x) x x x x
Konzept: Basiskompetenzen für den Lehrerberuf
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Inhalt des Perspektiv- und Rückmeldegesprächs:
• Rückmeldung der Fremdperspektive > Kompetenzausprägungen
• dialogisches Verständnis über das individuelle Kompetenzprofil
• Fokussierung auf zukünftige Entwicklungsbereiche und Stärken
• markieren von Entwicklungsbereichen
Bei geringer Lernorientierung und geringen Kompetenzen:
• Anregung zum Überdenken der Berufswahlentscheidung
• Weiterleitung in erweitertes Perspektivgespräch (6-10%)
• ggf. gezielte Unterstützung in den Schulpraktischen Studien
• bei zweimaligen Nicht-Bestehen des Praxismoduls
Beendigung des Studiums
Entwurf eines Rückmeldebogens
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Einführungs-
vorlesung
Lernbiografie
Kompaktseminar:
Psychosoziale
Basiskompetenzen
Seminarreflexion mit
•eigenen Interessen, Themen und Zielen
•Rückmeldebogen BASIS
Vorbereitungsseminar zum Blockpraktikum
Blockpraktikum SPS 1 (und SPS 2)
Gemeinsamer Kompakttag
Studierende formulieren:
• Entwicklungsziele
• Beobachtungshinweise an
Betreuer und Mentor
• individuelle Bezugsnorm.
Praktikumsbericht
• Lernbiografie
• Seminarreflexion BASIS
• Rückmeldebogen
• Entwicklungsziele SPS1
• Reflexion der Entwicklung
• zielbezogene
Entwicklungsbilanz
• Ausblick auf weitere
Ausbildung
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Einbindungsmöglichkeiten in die Lehramtsausbildung in 1. und 2. Phase
Beratung durch
Betreuer/ Mentor:
Bezogen auf die
Ziele der
Studierenden
Studienseminar
Regionales Netzwerk
• Arbeitsgruppe mit den Studienseminaren GHRF Kassel, Fritzlar, Eschwege
• Verknüpfungsprojekt BASIS-SPS: Planungssitzung am 09.02.2012 und
Kompakttag am 14.04.2012 [Sie sind herzlich eingeladen!]
Überregionales Netzwerk
• Uni Bielefeld
• Uni Passau
• Uni Salzburg
• Uni Hamburg
Zusammenarbeit
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Fragen an Fachdidaktik, Studienseminar und Schule:
• Wie sollte das „Ergebnis“ des Ausbildungselements (Basiskompetenzen und
SPS1) gestaltet sein, damit Sie mit Ihrer Institution darauf aufbauen können?
• Wie kann eine Verbindung zwischen dem Ausbildungselement und den
nachfolgenden Veranstaltungen zustande kommen?
Konkret:
• Sollte der Praktikumsbericht die Aufgabe eines phasenübergreifenden
Portfolios erhalten?
• Wer sollten den Rückmeldebogen bekommen und von wem?
• Welchen Stellenwert kann der Rückmeldebogen für Ihre Institution haben?
• Welche Informationen sollten in dem Rückmeldebogen enthalten sein und
welche nicht?
Rückfragen
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Dr. des. Timo Nolle
Zentrum für Lehrerbildung, Universität Kassel
Projektkoordinator „Basiskompetenzen“
Mail: [email protected]
Tel: 0561/804-3545
Büro: Universität Kassel, Leichtbauhalle 2, R.190, Moritzstr. 23, 34127 Kassel
Postanschrift: Universität Kassel, Nora-Platiel-Str. 1, 34127 Kassel
Kontaktdaten
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