Kommunale Hochschule für Verwaltung in Niedersachen - University of Applied Administrative Sciences -
Bachelorarbeit im Studiengang „Allgemeine Verwaltung“
Die Eindämmung der unkontrollierten Vermehrung der Katzenpopulation
mittels Verordnung über die Kastrations- und Kennzeichnungspflicht von
freilaufenden Katzen
- Eine Darstellung am Beispiel der Verordnung über die Kastrations- und
Kennzeichnungspflicht von Katzen im Gebiet des Landkreises Diepholz,
die sich außerhalb der Wohnungen ihrer Halter frei bewegen (KatzenV)
und den Kastrationsprojekten der Samtgemeinde Bruchhausen-Vilsen in
Zusammenarbeit mit dem Bündnis „Pro Katze“ -
Verfasserin:
Insa Twietmeyer T8V-12-3-02
Erstgutachter:
Herr Prof. Helmut Globisch
Zweitgutachter:
Frau StOAR Anja Sufin
II
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis ............................................................................................ II
Abbildungsverzeichnis ................................................................................... IV
Abkürzungsverzeichnis................................................................................... V
Anlagenverzeichnis ...................................................................................... VII
Literaturverzeichnis ..................................................................................... VIII
Quellenverzeichnis ........................................................................................ XI
1. Einführung ................................................................................................ 1
2. Verordnung über die Kastrations- und Kennzeichnungspflicht von
freilaufenden Katzen auf kommunaler Ebene ........................................... 3
2.1 Ausgangslage .................................................................................. 3
2.1.1 Populationsanstieg .............................................................. 3
2.1.2 Gesundheitliche Gefährdungen des Menschen und der
Katzen ................................................................................. 5
2.1.3 Belästigungen der Bevölkerung ........................................... 7
2.1.4 Dezimierung freilebender Tierarten ..................................... 7
2.1.5 Erschöpfte Tierheimkapazitäten .......................................... 8
2.1.6 Problemlage im Fundrecht .................................................. 9
2.2 Zulässigkeit ................................................................................... 14
2.2.1 Kompetenz der Gemeinden zum Erlass einer
Katzenverordnung ............................................................. 14
2.2.2 Voraussetzungen der Verordnungsermächtigung .............. 17
2.3 Kritik .............................................................................................. 24
3. Landeseinheitliche Rechtsverordnung zum Schutz von freilebenden
Katzen in Niedersachsen ........................................................................ 25
4. Die Verordnung über die Kastrations- und Kennzeichnungspflicht von
Katzen im Gebiet des Landkreises Diepholz, die sich außerhalb der
Wohnungen ihrer Halter frei bewegen (KatzenV) .................................... 27
III
5. Die Kastrationsprojekte der Samtgemeinde Bruchhausen-Vilsen in
Zusammenarbeit mit dem Bündnis „Pro Katze“ ....................................... 29
5.1 Inhalt und Vorgehensweise ........................................................... 29
5.2 Zweck und Ergebnis ...................................................................... 31
5.3 Fortführung .................................................................................... 33
6. Schlussfolgerungen ................................................................................ 34
Anhang .......................................................................................................... 36
Schriftliche Erklärung (Versicherung) ............................................................ 52
Erklärung zur Veröffentlichung der Bachelorarbeit ......................................... 53
Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wurde lediglich die weibliche Form der
Katze benutzt. Ich weise ausdrücklich darauf hin, dass für die entsprechen-
den Beiträge sowohl die Katze als auch der Kater gemeint sind.
IV
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1 – Entwicklung der Katzenpopulation, © VIER PFOTEN,
http://www.vier-pfoten.de/projekte/streunerhilfe/sie-sind-
ueberall/buendnis-pro-katze/ ..................................................... 5
Abbildung 2 – Aufgenommene oder abgegebene Katzen in der Samtgemeinde
Bruchhausen-Vilsen, Eigene Darstellung, Auskunft von Volker
Kammann (Leiter Fachbereich III - Bürgerservice),
Telefongespräch vom 14.01.2015 ........................................... 32
V
Abkürzungsverzeichnis
Abs. Absatz
AllgZustVO-Kom Allgemeine Zuständigkeitsverordnung für
die Gemeinden und Landkreise zur Aus-
führung von Bundesrecht
Anl. Anlage
Art. Artikel
Az. Aktenzeichen
Bearb. Bearbeiter
BGB Bürgerliches Gesetzbuch
BGBl. Bundesgesetzblatt
bmt Bund gegen Missbrauch der Tiere
BT-Ds Bundestag Drucksache
Buchst. Buchstabe
BVerwG Bundesverwaltungsgericht
bzw. beziehungsweise
Dtsch. tierärztl. Wschr. Deutsche tierärztliche Wochenschrift
etc. et cetera
e.V. eingetragener Verein
f. folgende
ff. fortfolgende
FIP Feline Infektiöse Peritonitis
GBl. Gesetzblatt
GG Grundgesetz
Hrsg. Herausgeber
i.V.m. in Verbindung mit
KommJur Kommunaljurist
KOPO Kommunalpolitische Blätter
MüKo Münchener Kommentar zum Bürgerlichen
Gesetzbuch
NDSG Niedersächsisches Datenschutzgesetz
Nds. GVBl. Niedersächsisches Gesetz- und Verord-
nungsblatt
Nds. SOG Niedersächsisches Gesetz über die öf-
fentliche Sicherheit und Ordnung
Nr. Nummer
VI
NSGB Niedersächsischer Städte- und Gemein-
debund
NVwZ Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht
NVwZ-RR Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht-
Rechtsprechungsreport
KatzenV Verordnung über die Kastrations- und
Kennzeichnungspflicht von Katzen im
Gebiet des Landkreises Diepholz, die sich
außerhalb der Wohnungen ihrer Halter
frei bewegen (KatzenV)
o.g. oben genannte
OVG Oberverwaltungsgericht
Prof. Professor
Rdnr. Randnummer
Rdnrn. Randnummern
S. Seite
SMS Sächsisches Staatsministerium für Sozia-
les und Verbraucherschutz
sog. sogenannte
SSG Sächsischer Städte- und Gemeindetag
StOAR Steueroberamtsrat
TierSchG Tierschutzgesetz
TU Tierärztliche Umschau
u.a. und andere
VG Verwaltungsgericht
vgl. vergleiche
VO Verordnung
z.B. zum Beispiel
zit. zitiert
VII
Anlagenverzeichnis
Anlage 1 – Schreiben der Samtgemeinde Bruchhausen-Vilsen an die
Gemeinde Stuhr vom 25.11.2011, „Probleme mit der
Katzenpopulation - Gefahrenabwehrverordnung“ ........................ 36
Anlage 2 – Niedersächsischer Städte- und Gemeindebund, Eildienst vom
06.09.2011, „Kastrationspflicht von Freigängerkatzen“ ................ 38
Anlage 3 – Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz, Schreiben vom 07.09.2012 .......................... 40
Anlage 4 – Verordnung über die Kastrations- und Kennzeichnungspflicht von
Katzen im Gebiet des Landkreises Diepholz, die sich außerhalb
der Wohnungen ihrer Halter frei bewegen (KatzenV) ................... 42
Anlage 5 – Aktuelles-Internet vom 09.12.2012, „Kastrations- und
Kennzeichnungspflicht für Katzen im Landkreis Diepholz“ ........... 43
Anlage 6 – Artikel Kreiszeitung vom 17.12.2012, „Aktion gegen Katzen-
Überpopulation“ ........................................................................... 44
Anlage 7 – Artikel Weserkurier vom 09.10.2013, „Ein Schnitt, ein Chip – fertig“
.................................................................................................... 45
Anlage 8 – Artikel Kreiszeitung vom 21.01.2014, „350 Katzen kastriert“ ........ 46
Anlage 9 – Verwaltungsinterner Vermerk vom 04.03.2014, „Fortsetzung
Kastrationsprojekt 2013 – Streunerkatzenprojekt 2014“ ............... 47
Anlage 10 – Artikel Kreiszeitung vom 22.07.2014, „Kastrationsprojekt für
Katzen: Fortsetzung folgt“ ......................................................... 49
Anlage 11 – Niedersächsischer Städte- und Gemeindebund, Schreiben vom
27.05.2014, „ Gefahrenabwehr; Erlass einer
Gefahrenabwehrverordnung über die Kastrations- und
Kennzeichnungspflicht von Katzen“ ........................................... 50
VIII
Literaturverzeichnis
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XI
Quellenverzeichnis
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XII
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Deutscher Tierschutzbund e.V.
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Beschlussvorlage http://www.initiative-katzenschutz.de/index.php/beschlussvorlage Stand: 12.12.2014
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Kreiszeitung Artikel vom 21.01.2014 350 Katzen kastriert
Kreiszeitung Artikel vom 22.07.2014 Kastrationsprojekt für Katzen: Fortsetzung folgt
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XIII
Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Lan-des Nordrhein-Westfalen
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Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg
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Niedersächsischer Landtag Drucksache 17/1048 vom 17.12.2013 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort Kastrationspflicht für Katzen http://www.landtag-niedersach-sen.de/drucksachen/drucksachen_17_2500/1001-1500/17-1048.pdf Stand: 06.12.2014
Niedersächsischer Landtag Drucksache 17/553 vom 16.09.2013 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort Was plant die Landesregierung zum Kastrations-schutz? http://www.nilas.niedersachsen.de/starweb/NILAS/servlet.starweb?path=NILAS/lisshfl.web&id=nilaswebfastlink&format=WEBLANGFL&search=WP=17%20AND%20DART=D%20AND%20DNR=553 Stand: 06.12.2014
Niedersächsischer Landtag Drucksache 16/4672 vom 04.04.2012 Kleine Anfrage mit Antwort Will Minister Lindemann nun doch eine landesweite Regelung beim Katzenschutz? http://www.landtag-niedersach-sen.de/drucksachen/drucksachen_16_5000/4501-5000/16-4672.pdf Stand: 06.12.2014
Niedersächsischer Landtag Drucksache 16/4606 vom 20.03.2012 Kleine Anfrage mit Antwort Unterbringung von Fundtieren: Kompetenzwirrwarr führt zur Überlastung der Tierheime und zu finanziel-len Problemen von ehrenamtlich geführten Tier-schutzvereinen http://www.landtag-niedersach-
XIV
sen.de/Drucksachen/Drucksachen_16_5000/4501-5000/16-4606.pdf Stand: 06.12.2014
Niedersächsischer Landtag Drucksache 16/3602 vom 12.05.2011 Kleine Anfrage mit Antwort Katzenschutz und Situation der Tierheime - Wie wird dem nach Ansicht von Tierschützern wachsenden Katzenelend in Niedersachsen begegnet? http://www.landtag-niedersach-sen.de/Drucksachen/Drucksachen_16_5000/3501-4000/16-3602.pdf Stand: 06.12.2014
Niedersächsischer Landtag Stenografischer Bericht der 124. Sitzung vom 20.12.2011 Anlage 37, Kleine Anfrage mit Antwort Ist eine landesweite Katzenkastrationspflicht sinnvoll? http://www.google.de/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&cd=1&ved=0CCEQFjAA&url=http%3A%2F%2Fwww.landtag-niedersach-sen.de%2Fparlamentsdokumente%2Fsteno%2F16_wp%2F2011%2Fendber124.pdf&ei=ZAGDVOHjM8PlUo-Zg-AP&usg=AFQjCNE3g6uRDVLYhNwqSvCVLpADsdcBeQ&bvm=bv.80642063,d.d24&cad=rja Stand: 06.12.2014
Niedersächsischer Städte- und Gemeindebund
Eildienst NSGB Kastrationspflicht von Freigängerkatzen Vorab per E-Mail am 06.09.2011
Niedersächsischer Städte- und Gemeindebund
Schreiben vom 27.05.2014 Gefahrenabwehr; Erlass einer Gefahrenabwehrver-ordnung über die Kastrations- und Kennzeichnungs-pflicht von Katzen
OVG Lüneburg Urteil vom 23.04.2012 Az. 11 LB 267/11 KommJur 9/2012, S. 338 ff.
OVG Münster Beschluss vom 06.03.1996 Az. 13 A 638/95 Natur und Recht 1996, Heft 11/12, S. 631 ff.
Samtgemeinde Bruchhausen-Vilsen
Schreiben an die Gemeinde Stuhr vom 25.11.2011 Probleme mit der Katzenpopulation – Gefahrenab-wehrverordnung
Samtgemeinde Bruchhausen-Vilsen
Verwaltungsinterner Vermerk vom 04.03.2014 Fortsetzung Kastrationsprojekt 2013 – Streunerkat-zenprojekt 2014
XV
Schleswig-Holsteinischer Land-tag
Umdruck 18/2503 vom 05.03.2014 Betr. Anhörung Landesförderung für Katzenkastration Katzen-Kastrationspflicht/Modell Paderborn http://www.landtag.ltsh.de/infothek/wahl18/umdrucke/2500/umdruck-18-2503.pdf Stand: 06.12.2014
Stadt Osnabrück Beschlussvorlage Nr. VO/2012/0991 vom 04.05.2012 Kastrations-, Kennzeichnungs- und Registrierungs-pflicht für Freigängerkatzen https://ris.osnabrueck.de/bi/___tmp/tmp/45081036337277371/337277371/01009906/06.pdf Stand: 06.12.2014
Tierschutzgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 18.05.2006 (BGBl. I S. 1206, 1313), zuletzt geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 28.07.2014 (BGBl. I S. 1308)
Verordnung der Landesregierung über die Übertragung der Er-mächtigung nach § 13 b des Tierschutzgesetzes (Katzen-schutz-Zuständigkeitsverordnung)
vom 19.11.2013 (GBl. 2013, 362)
Verordnung über die Kastrations- und Kennzeichnungspflicht von Katzen im Gebiet des Landkrei-ses Diepholz, die sich außerhalb der Wohnungen ihrer Halter frei bewegen (KatzenV)
in der Fassung der Beschlussempfehlung des Be-triebsausschusses vom 28.06.2012
VG Gießen Aufwendungsersatz für tierärztliche Behandlung Urteil vom 30.05.1994 Az. 7 E 358/92 NVwZ-RR 1995, Heft 3, S. 144 f.
Vier Pfoten Bündnis „Pro Katze“ http://www.vier-pfoten.de/projekte/streunerhilfe/sie-sind-ueberall/buendnis-pro-katze/ Stand: 14.12.2014
Vier Pfoten Streunerkatzen in Deutschland http://www.vier-pfoten.de/projekte/streunerhilfe/sie-sind-ueberall/streunerkatzen-in-deutschland/ Stand: 08.12.2014
Vier Pfoten Vier Pfoten vor Ort http://www.vier-pfoten.de/projekte/streunerhilfe/sie-sind-ueberall/vier-pfoten-vor-ort/ Stand: 15.12.2014
Weserkurier Artikel vom 09.10.2013 Ein Schnitt, ein Chip – fertig
1
1. Einführung
Man liest immer wieder von hoffnungslos überfüllten Tierheimen, die aufgrund
einer Fülle von abgegebenen Katzen oft an ihre Grenzen kommen. Über Kat-
zen, die ausgesetzt, ertränkt oder in die Mülltonne geworfen werden. Obwohl
sich die Katze heutzutage als das beliebteste Haustier erfreuen darf1 hat der
Katzenboom auch seine Schattenseiten2.
Viele Menschen sind mit der Betreuung einer Katze oder deren ungewollten
Nachwuchs überfordert und greifen zu tierschutzwidrigen Maßnahmen.3 Aus
diesen Gründen leben Schätzungen zufolge ca. zwei bis drei Millionen freile-
benden Katzen in Deutschland4, die sich selbst überlassen sind und auf der
Straße sowie in der freien Landschaft dahinvegetieren.
Ursache dieses Katzenelends sind neben den ausgesetzten Katzen, die nicht
kastrierten freilaufenden Hauskatzen, die sich mit den freilebenden Katzen
unkontrolliert vermehren und so das Problem verschärfen. Viele Katzenbesit-
zer sind sich nicht bewusst, dass sie durch das Unterlassen der Kastration
ihrer Katze erheblich zu dem Katzenelend beitragen.5 Die Unterscheidung
zwischen freilebenden und freilaufenden Katzen ist für die weitere Darstellung
sehr wichtig, da die Verpflichtung zur Kastration und Kennzeichnung lediglich
die freilaufenden Katzen betrifft.
In dieser Ausarbeitung soll die Möglichkeit der Eindämmung der unkontrollier-
ten Vermehrung der Katzenpopulation mittels einer Verordnung über die Kast-
rations- und Kennzeichnungspflicht von freilaufenden Katzen erörtert werden,
die im Folgenden als Katzenverordnung bezeichnet wird.
Nach einer Darstellung der problematischen Ausgangslage, die eine Aufarbei-
tung dieses Themas notwendig erscheinen ließ, soll ermittelt werden, ob der
Erlass einer Katzenverordnung zulässig ist und welche Voraussetzungen hier-
für vorliegen müssen. In diesem Zusammenhang ist eine Prüfung der kriti-
schen Ansichten und der möglichen Alternativen zum Erlass einer Katzenver-
ordnung notwendig.
1 Vgl. Mertens in Sambraus/Steiger, S. 297.
2 Vgl. Rietzler in Franke, S. 59.
3 Vgl. Initiative Katzenschutzverordnung Landkreis Stade, http://www.initiative-katzenschutz.de/index.php/beschlussvorlage
4 Vgl. Vier Pfoten, http://www.vier-pfoten.de/projekte/streunerhilfe/sie-sind-ueberall/streunerkatzen-in-deutschland/
5 Zum Ganzen vgl. Deutscher Tierschutzbund e.V., Position im Umgang mit frei le-benden Katzen, S. 1.
2
Generell wäre eine Regelung auf Landesebene erstrebenswert, da sich die
Vermehrung von Katzen grundsätzlich nicht an Gemeindegrenzen hält.6
Inwieweit das Land Niedersachsen das Problem erkannt hat und damit umzu-
gehen vermag, wird hier neben der Verordnung auf kommunaler Ebene dar-
gestellt.
Als darstellendes Beispiel wird die Verordnung über die Kastrations- und
Kennzeichnungspflicht von Katzen im Gebiet des Landkreises Diepholz, die
sich außerhalb der Wohnungen ihrer Halter frei bewegen (KatzenV) angeführt.
Damit reiht sich der Landkreis Diepholz neben vielen weiteren Städten und
Gemeinden in Niedersachsen wie z.B. Hildesheim, Osnabrück und Verden in
eine Reihe mit den Kommunen, die eine Katzenverordnung erlassen haben.
Die Samtgemeinde Bruchhausen-Vilsen gehört als kreisangehörige Gemeinde
zum Landkreis Diepholz und hat nach dem Erlass der Katzenverordnung des
Landkreises Diepholz die Chance genutzt, auf dieser Grundlage das Problem
der stark anwachsenden Katzenpopulation in Angriff zu nehmen. Zusammen
mit dem Bündnis „Pro Katze“, das sich für eine bundesweite Kastrations-,
Kennzeichnungs- und Registrierungspflicht einsetzt, wurden wiederholt Kast-
rationsprojekte durchgeführt, um die Katzenverordnung auf einen guten Weg
zu bringen und dem fehlenden Bewusstsein der Bevölkerung im Umgang mit
der Vermehrung von Katzen entgegenzuwirken.
Ziel dieser Arbeit soll es sein, eine Lösung für das Problem der unkontrollier-
ten Vermehrung der Katzenpopulation zu finden und mit dem beispielhaften
Vorgehen des Landkreises Diepholz und der Samtgemeinde Bruchhausen-
Vilsen eine Möglichkeit aufzuzeigen, wie auf kommunaler Ebene gehandelt
werden kann. Gerade in Hinblick auf die explosionsartige Vermehrung von
Katzen in den letzten Jahren7 und den dadurch entstehenden gesellschaftli-
chen, gesundheitlichen und ökologischen Problemen8 erscheint eine ausführ-
liche Darstellung dieses Themas unbedingt notwendig.
6 Vgl. Niedersächsischer Landtag, Drucksache 16/4672, S. 1.
7 Vgl. Schreiben der Samtgemeinde Bruchhausen-Vilsen an die Gemeinde Stuhr vom 25.11.2011, S. 1, Anl. 1.
8 Vgl. Binder, S. 1.
3
2. Verordnung über die Kastrations- und Kennzeichnungspflicht von
freilaufenden Katzen auf kommunaler Ebene
Durch Einfügen des § 13 b TierSchG9 wurde das Tierschutzgesetz um eine
Ermächtigungsgrundlage für die Landesregierungen zum Schutz freilebender
Katzen ergänzt.10 Da der § 13 b TierSchG eine Regelungsmöglichkeit für die
Landesregierungen eröffnet, wird der Erlass einer Katzenverordnung auf
kommunaler Ebene aufgrund rechtlicher Bedenken für Kommunen kritisiert.11
Im Gegensatz dazu wird die Ansicht vertreten, dass der Erlass einer Kat-
zenverordnung eine wirksame Maßnahme zur Beendigung des Katzenelends
darstellt12 und auf Grundlage einer ordnungsbehördlichen Verordnung weiter-
hin zulässig ist.13
2008 hat die Stadt Paderborn als erste Kommune in Deutschland das Problem
der unkontrollierten Fortpflanzung von Katzen in Angriff genommen und eine
Katzenverordnung beschlossen. Diesem Beispiel sind viele weitere Städte,
Landkreise und Gemeinden gefolgt. Mittlerweile haben annährend 255 Kom-
munen14 eine Katzenverordnung erlassen.15
2.1 Ausgangslage
Jährlich werden Millionen von Katzen geboren. Viele von ihnen werden aus-
gesetzt, sind krank und leben unter tierschutzwidrigen Bedingungen.16 Im Fol-
genden soll dargestellt werden, welche Gründe eine Katzenverordnung unab-
dingbar erscheinen lassen.
2.1.1 Populationsanstieg
Hauptgrund für den Erlass einer Katzenverordnung stellt der unkontrollierte
Anstieg der Katzenpopulation dar.
9 Tierschutzgesetz vom 4. Juli 2013 (BGBl. I S. 2182) in der Fassung der Bekanntma-chung vom 18. Mai 2006 (BGBl. I S. 1206).
10 Vgl. Deutscher Bundestag, Drucksache 17/10572, S. 1.
11 Vgl. NSGB, Eildienst vom 06.09.2011, S. 2, Anl. 2; Bundesministerium für Ernäh-rung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, S. 2, Anl. 3.
12 Vgl. Mars Heimtier-Studie, S. 195.
13 Vgl. Niedersächsischer Landtag, Drucksache 16/4672, S. 2; Ministerium für Klima-schutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nord-rhein-Westfalen, S. 1 f.
14 Vgl. Deutscher Tierschutzbund e.V., http://www.tierschutzbund.de/gemeinden-katzenkastrationspflicht.html
15 Zum Ganzen vgl. Deutscher Tierschutzbund e.V., Position zum Umgang mit frei lebenden Katzen, S. 4; Niedersächsischer Landtag, Drucksache 16/3602, S. 1.
16 Zum Ganzen vgl. Initiative Katzenschutzverordnung Landkreis Stade, http://www.initiative-katzenschutz.de/index.php/beschlussvorlage
4
Durch die Entwicklung der Katze zum beliebtesten Heimtier in Deutschland17,
also einem Tier, das „der Mensch insbesondere in seinem Haushalt, zu seiner
eigenen Freude und als Gefährten hält (…)“18, hat sich unvermeidlich auch die
Zahl der freilebenden Katzen erhöht19. Unter den freilebenden Katzen sind die
Katzen zu verstehen, die als Folgegenerationen der Hauskatze keinen Kon-
takt zum Menschen haben und somit sehr scheu sind und selbstständig le-
ben.20 Aus diesem Grund werden sie oft auch als verwilderte Katzen bezeich-
net21 und gehören somit zu den herrenlosen Tieren22.
Im Gegensatz dazu gibt es die freilaufenden Katzen, die in menschlicher Ob-
hut gehalten werden, jedoch Zugang zum Freien haben23 und daher auch als
Freigängerkatzen24 bezeichnet werden. Beide Gruppen werden umgangs-
sprachlich auch als Streunerkatzen bezeichnet.25
Wie eingangs bereits erwähnt, trägt vorzugsweise die nicht kastrierte Freigän-
gerkatze zur Vermehrung der Katzenpopulation bei.26 Die vom Menschen
ausgesetzten Katzen erhöhen die Bestände von freilebenden Katzen. Da die-
se meist nicht kastriert sind, vermehren sie sich mit den nicht kastrierten Frei-
gängerkatzen, sodass die Katzenpopulation insgesamt ansteigt.27
Gerade in der Landwirtschaft werden unzählige Katzen auf Bauernhöfen zum
Fangen der Mäuse gehalten. Aus diesem Grund werden die Katzen nur wenig
gefüttert. Hinzu kommt, dass diese Katzen meist nicht medizinisch versorgt,
geschweige denn kastriert werden, wodurch sich die Katzen unkontrolliert
vermehren.28 Dabei können Katzen im Jahr zwei Würfe mit drei bis sechs
Kätzchen aufziehen, die wiederrum selbst nach einem halben Jahr Nach-
wuchs zeugen können. Auch wenn nicht alle Kätzchen aufgrund der nachfol-
gend erläuterten tierschutzwidrigen und schlechten gesundheitlichen Umstän-
de überleben, kann die Population innerhalb weniger Jahre drastisch anstei-
17
Vgl. Mars Heimtier-Studie, S. 25. 18
Methling/Unshelm in Methling/Unshelm, S. 1. 19
Vgl. Wöhr in Methling/Unhelm, S. 572. 20
Vgl. Stadt Osnabrück, Beschlussvorlage Nr. VO/2012/0991, S. 4; Wöhr in Meth-ling/Unshelm, S. 582, 584.
21 Vgl. Mertens in Sambraus/Steiger, S. 297; Wöhr in Methling/Unshelm, S. 584.
22 Vgl. Möbius, TU 11/1997, S. 658.
23 Vgl. Initiative Katzenschutzverordnung Landkreis Stade, http://www.initiative-katzenschutz.de/index.php/beschlussvorlage; Wöhr in Methling/Unshelm, S. 584.
24 Vgl. NSGB, Eildienst vom 06.09.2011, S. 1, Anl. 2.
25 Vgl. Binder, S. 1.
26 Vgl. Schleswig Holsteinischer Landtag, Umdruck 18/2503, S. 6.
27 Zum Ganzen vgl. Initiative Katzenschutzverordnung Landkreis Stade, http://www.initiative-katzenschutz.de/index.php/beschlussvorlage
28 Zum Ganzen vgl. Mertens in Sambraus/Steiger, S. 298.
5
gen.29 Der unten stehenden Grafik kann man entnehmen, dass eine Katze
infolgedessen bereits nach vier Jahren tausende Nachkommen zeugen kann.
Abbildung 1 – Entwicklung der Katzenpopulation, © VIER PFOTEN, http://www.vier-
pfoten.de/projekte/streunerhilfe/sie-sind-ueberall/buendnis-pro-katze/
Obwohl es sich hierbei um eine theoretische Rechnung handelt, ist die starke
Vermehrung nicht kastrierter Katzen nicht von der Hand zu weisen.
Nur durch eine verpflichtende Kastration der freilaufenden Katzen ist eine
Kontrolle der Katzenpopulation möglich.30
2.1.2 Gesundheitliche Gefährdungen des Menschen und der Katzen
Durch die starke Vermehrung der Katzen kommt es zu einem knappen Nah-
rungsangebot, Revierkämpfen und tierschutzwidrigen Tötungen der Nach-
kommen durch den Menschen. Aus diesem Grund stehen die Tiere unter ei-
nem großen sozialen Stress. Hinzu kommt, dass die freilebenden Katzen, die
sich nicht in menschlicher Obhut befinden, in der Regel nicht medizinisch ver-
sorgt werden. Unterernährung, Stress und Krankheit führen zu einer erhöhten
Krankheitsanfälligkeit, jedoch nicht zu einer sinkenden Population. Folglich
steigt durch die unkontrollierte Vermehrung der freilebenden Katzen auch das
Infektionsrisiko aller Katzen mit Katzenkrankheiten, wie Katzenschnupfen,
29
Zum Ganzen vgl. Lerch-Leemann in Sambraus/Steiger, S. 793; Schleswig Holstei-nischer Landtag, Umdruck 18/2503, S. 6.
30 Vgl. Mars Heimtier-Studie, S. 195; Wöhr in Methling/Unshelm, S. 588.
6
Feline Infektiöse Peritonitis (FIP) oder Feline Leukose. Durch steigende Kat-
zenzahlen werden diese Probleme weiter verschärft.31
Die wachsende Katzenpopulation führt zwangsweise auch zu einer höheren
Infektionsgefahr des Menschen mit übertragbaren Krankheiten, den sog. Zoo-
nosen.32 Zoonosen werden definiert als „Infektions- oder Invasionskrankhei-
ten, die durch den Übergang der Erreger oder Parasiten vom behafteten Tier
auf den Menschen zustande kommen“33. Die freilebenden Katzen tragen die
Erreger von Krankheiten, wie der Katzenkrankheit, verschiedensten Hautpil-
zen, Salmonellen oder Würmern in sich.34 Besonders gefährlich ist nach der
erfolgreichen Vorbeugung gegen Tollwut vor allem die Übertragung der sog.
Toxoplasmose auf den Menschen.35 Die Infektion mit Toxoplasmose stellt ins-
besondere für schwangere Frauen eine Gesundheitsgefährdung dar, da sie zu
Erkrankungen des ungeborenen Kindes, schlimmstenfalls zu Fehl- oder Tot-
geburten führen kann.36 Die Übertragung der Krankheiten erfolgt überwiegend
durch freilebende Katzen und Freigängerkatzen, die nicht kastriert sind, da
diese deutlich größere Streifgebiete haben und sich durch den Deckakt, weit-
räumiges Streunen und kräftezehrende Raufereien schneller infizieren.37
Eine erhöhte Populationsdichte führt automatisch zu vermehrten Ausschei-
dungen der freilebenden Katzen. Die darin befindlichen Erreger werden über
die Freigängerkatzen, die in menschlicher Obhut gehalten werden auf den
Menschen übertragen. Demzufolge sind auch die Freigängerkatzen einer Ge-
sundheitsgefährdung ausgesetzt. Die Möglichkeit sich zu infizieren, steigt bei
einem hohen Populationsdruck von freilebenden Katzen bei gleichzeitig ver-
mindertem Futterangebot, sodass sich die Katzen verstärkt auf öffentliche
Plätze wie Schulhöfe oder Spielplätze ausweiten, um hier die Lebensmittelab-
fälle zu verzehren.38
31
Zum Ganzen vgl. Initiative Katzenschutzverordnung Landkreis Stade, http://www.initiative-katzenschutz.de/index.php/beschlussvorlage; Schleswig-Holsteinischer Landtag, Umdruck 18/2503, S. 8.
32 Vgl. Initiative Katzenschutzverordnung Landkreis Stade, http://www.initiative-katzenschutz.de/index.php/beschlussvorlage
33 Wegner, S. 404.
34 Vgl. Wegner S. 406 ff.
35 Vgl. Kalz, S. 5.
36 Vgl. Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucher-schutz des Landes Nordrhein-Westfalen, S. 2.
37 Vgl. Initiative Katzenschutzverordnung Landkreis Stade, http://www.initiative-katzenschutz.de/index.php/beschlussvorlage; Kalz, S. 2; Schleswig Holsteinischer Landtag, Umdruck 18/2503, S. 6.
38 Zum Ganzen vgl. Schleswig-Holsteinischer Landtag, Umdruck 18/2503, S. 7.
7
Eine Kastrationspflicht würde das Infektionsrisiko dahingehend senken, da
sich die Katzenpopulation langfristig vermindert und daraus resultierend auch
die Gesundheitsgefährdungen für Mensch und Katze.
2.1.3 Belästigungen der Bevölkerung
Die Belästigungen der Bevölkerung, die aus dem Anstieg der Katzenpopulati-
on resultieren, sind sowohl auf moralischer Ebene zu finden, als auch Folgen
der mangelnden Hygiene und des natürlichen Verhaltens von nicht kastrierten
Katzen. Vor allem die hinterlassenen Ausscheidungen zahlreicher Katzen stel-
len eine hygienische Zumutung für die Bevölkerung dar.39 Abgesehen von den
oben geschilderten gesundheitlichen Gefährdungen sind sie Grund für zahl-
reiche Beschwerden von Personen, die in ihren Gärten oder auf Spielplätzen
die Ausscheidungen der Katzen vorfinden.40 Auch das geruchsstarke Revier-
markieren der Kater verärgert die Menschen, ebenso wie der Lärm, der durch
Revierkämpfe sowie Paarungen der Katzen entstehen.41
Neben den Ärgernissen der Bevölkerung, ist ferner die moralische Belastung
der Allgemeinheit durch die steigende Katzenpopulation stärker geworden. Es
geht hierbei nicht um den Schutz der Tiere vor Leid und Schmerzen, sondern
um den Schutz der Bevölkerung vom Anblick der leidenden Tiere bewahrt zu
werden.42 Die vermehrten Konfrontationen mit toten, verwahrlosten oder un-
terversorgten Katzen stellt für die Gesellschaft eine moralische Zumutung dar,
sodass einige Menschen beginnen, die Tiere aus Mitleid zu füttern.43
2.1.4 Dezimierung freilebender Tierarten
Häufig wird die Meinung vertreten, dass das Jagdverhalten freilebender Kat-
zen zu einer ernsthaften Gefährdung freilebender Tierarten führt.44
Dabei handelt es sich vor allem um Kleinsäuger, insbesondere Singvögel, die
aufgrund der hohen Populationsdichte der Katze in ihren Beständen dezimiert
39
Vgl. VG Karlsruhe, Urteil vom 26.04.2012, Az. 3 K 2151/11, Rdnr. 9, http://openjur.de/u/608277.html
40 Vgl. Schleswig-Holsteinischer Landtag, Umdruck 18/2503, S. 7; Initiative Katzen-schutzverordnung Landkreis Stade, http://www.initiative-katzenschutz.de/index.php/beschlussvorlage
41 Vgl. Katzenschutzverordnung Landkreis Stade, http://www.initiative-katzenschutz.de/index.php/beschlussvorlage
42 Vgl. Schleswig-Holsteinischer Landtag, Umdruck 18/2503, S. 7.
43 Vgl. Initiative Katzenschutzverordnung Landkreis Stade, http://www.initiative-katzenschutz.de/index.php/beschlussvorlage
44 Vgl. Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucher-schutz des Landes Nordrhein-Westfalen, S. 2.
8
werden.45 Daneben sollen Katzen Einfluss auf die Bestände der bodenbrüten-
den Wiesenvögel in der offenen Landschaft haben.46 Dass Katzen zur Dezi-
mierung der Wiesenvogelpopulationen beitragen, ist wissenschaftlich jedoch
nicht bewiesen.47
Der Naturschutzbund ist der Meinung, dass der stetige Anstieg der Katzenpo-
pulation lokal zum Erlöschen der Singvogelbestände führen kann. Folglich
würde ein Kastrationsverbot zu einer geringeren Gefährdung der Singvogel-
population durch eine sinkende Katzendichte führen.48 Die Literatur vertritt
hingegen die Ansicht, dass selbst eine sehr große Katzenpopulation nicht in
der Lage ist, die Singvogelbestände merklich zu gefährden.49
So ist festzuhalten, dass keine wissenschaftlich fundierten Erkenntnisse dar-
über vorliegen, ob der Anstieg der Katzenpopulation zur ernsthaften Dezimie-
rung der freilebenden Tierarten führt. Die Thematik wird dessen ungeachtet
zum Erlass einer Katzenverordnung herangezogen, da eine Überpopulation
von Katzen in bestimmten Gebieten unstrittig zu einer stärkeren Bejagung der
Vögel in diesem Gebiet führt und damit zu einer Gefährdung dieser Vögel.50
2.1.5 Erschöpfte Tierheimkapazitäten
Grundsätzlich sind die Gemeinden gemäß § 4 Nr. 11 AllgZustVO-Kom51 i.V.m.
§§ 965 ff. BGB52 zur Aufnahme und Betreuung von Fundkatzen verpflichtet.
Sie können diese Aufgabe jedoch auch an Dritte, z.B. Tierheime, übertragen.53
Durch die steigenden Katzenbestände werden die Aufnahmekapazitäten der
Tierheime jedoch vollkommen ausgeschöpft.54 Deshalb befinden sich Tierhei-
me und Tierschutzvereine in einer prekären Lage. Immer mehr Tierheime ver-
hängen Aufnahmestopps für Katzen. Dies führt oft dazu, dass Fundkatzen,
also Katzen eines unbekannten Eigentümers, die entlaufen oder verlorenge-
45
Vgl. Niedersächsischer Landtag, Drucksache 16/3602, S. 1 f. 46
Vgl. Niedersächsischer Landtag, Anlage 37 des stenografischen Berichtes der 124. Sitzung vom 20.12.2011, S. 16069.
47 Vgl. Schleswig-Holsteinisches VG, Urteil vom 30.01.2013, Az. 1 A 17/12, Rdnr. 82, http://openjur.de/u/620653.html
48 Zum Ganzen vgl. Schleswig-Holsteinischer Landtag, Umdruck 18/2503, S. 8.
49 Vgl. Rietzler in Franke, S. 58.
50 Vgl. Schleswig-Holsteinischer Landtag, Umdruck 18/2503, S. 8.
51 Allgemeine Zuständigkeitsverordnung für die Gemeinden und Landkreise zur Aus-führung von Bundesrecht (AllgZustVO-Kom) vom 14.12.2004 (Nds. GVBl. S. 589), zuletzt geändert durch Artikel 2 der Verordnung vom 29.10.2014 (Nds. GVBl. S. 307).
52 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) in der Fassung der Bekanntmachung vom 02.01.2002 (BGBl. I S. 42, 2909; 2003 S. 738), zuletzt geändert durch Gesetz vom 22.07.2014 (BGBl. I S. 1218).
53 Vgl. Möbius, Kleintier Konkret 7, S. 1.
54 Vgl. Niedersächsischer Landtag, Drucksache 17/553, S. 1.
9
gangen sind55, nicht mehr aufgenommen und ihren Besitzern zurückgegeben
werden können.56
Die freilebenden Katzen stellen die Tierheime und Tierschutzgruppen vor be-
sonders schwere Probleme. Haben neugeborene, freilebende Katzen in den
ersten Wochen keinen Kontakt zu Menschen, sind sie scheu. Daher würde
eine Unterbringung im Tierheim für eine ausgewachsene freilebende Katze
großen Stress bedeuten. In der Regel sind diese Katzen nicht vermittelbar. Es
ist diesen Tieren nicht zumutbar, ferner nicht tiergerecht, sie in einem Tier-
heim unterzubringen.57
Die Tierheime gelangen nicht nur bezüglich der Aufnahmekapazitäten an ihre
Grenzen. Auch finanziell sind Tierheime und Tierschutzvereine kaum noch in
der Lage sich über Wasser zu halten.58
Dabei zeichnete sich in den letzten Jahren ein deutlicher Trend ab. Während
die Einnahmen durch Spenden aus der Bevölkerung oder Zuschüsse der
Kommunen zurückgingen, erhöhte sich die Zahl der aufgenommenen Tiere.59
Dieser bis heute anhaltende Trend führte in Niedersachsen vielerorts bereits
zu Insolvenzen der Tierheime.60
Wegen der erschöpften Aufnahmekapazitäten der Tierheime und der Gefahr
von Insolvenzen ist es im Interesse der Gemeinden, eine Katzenverordnung
zu erlassen, um weiterhin die Erfüllung ihrer Pflicht zur Aufnahme von Fund-
tieren durch die Tierheime gewährleisten zu können und nicht in eigener Ver-
antwortung übernehmen zu müssen.61
2.1.6 Problemlage im Fundrecht
Aufgefundene Katzen stellen Kommunen und Tierheime immer wieder vor
große Schwierigkeiten. Dabei steht meist die Frage im Raum, ob es sich um
ein Fund- oder ein herrenloses Tier handelt. Diese Abgrenzung stellt die
55
Vgl. Möbius, Kleintier Konkret 7, S. 1. 56
Zum Ganzen vgl. Niedersächsischer Landtag, Drucksache 16/3602, S. 1; Deutscher Bundestag, Drucksache 17/4491, S. 4.
57 Zum Ganzen vgl. Lerch-Leemann in Sambraus/Steiger, S. 793; Deutscher Tier-schutzbund e.V., Position zum Umgang mit frei lebenden Katzen, S. 2.
58 Vgl. SMS/SSG/Sächsische Landestierärztekammer/Landestierschutzverband Sach-sen e.V., Deutsches Tierärzteblatt 8/2011, S. 1104; Niedersächsischer Landtag, Drucksache 17/553, S. 1.
59 Vgl. Mars Heimtier-Studie, S. 162.
60 Vgl. Niedersächsischer Landtag, Drucksache 16/4606, S. 1.
61 Vgl. Deutscher Tierschutzbund e.V., KOPO 7/8 2010, S. 16.
10
Kommunen in der Praxis oft vor beträchtliche Probleme, da es in der Natur der
Katze liegt, weitläufig ihr Umfeld zu erkunden, bevor sie wieder zum Eigentü-
mer zurückkehrt.62 Durch die anwachsende Katzenpopulation und infolgedes-
sen vermehrt abgegebenen Katzen in den Tierheimen verschärft sich diese
Problemlage zunehmend.
Zunächst ist jedoch die Frage zu klären, ob das Fundrecht nach dem Bürgerli-
chen Gesetzbuch auf Tiere überhaupt anwendbar ist.
Tiere befinden sich in einer widersprüchlichen Rechtsstellung. Mit dem Gesetz
zur Verbesserung der Rechtsstellung des Tieres im bürgerlichen Recht vom
20. August 1990 hat man die Gleichstellung des Tieres mit einer Sache besei-
tigt.63 Der in diesem Zuge neu eingeführte § 90 a BGB bestimmt, dass Tiere
keine Sachen sind und sie durch besondere Gesetze geschützt werden.
Hiermit wird die „besondere Qualität des Tierseins anerkannt“64 und zum Aus-
druck gebracht, „dass das Tier ein Mitgeschöpf des Menschen und ein
schmerzempfindendes Lebewesen ist, dem gegenüber der Mensch zu Schutz
und Fürsorge verpflichtet ist“65. Gleichwohl sind gemäß § 90 a BGB auf Tiere
die für Sachen geltenden Vorschriften anzuwenden. Zu diesen Vorschriften
zählen unter anderem die Vorschriften der §§ 965 ff. BGB über den Fund.
Folglich findet das Fundrecht nach BGB auch auf Tiere Anwendung.
Die Unterbringung und Betreuung aufgefundener Tiere, insbesondere Katzen,
ist jedoch unbefriedigend gesetzlich geregelt und führt zu unterschiedlichen
behördlichen Zuständigkeiten und letztendlich zu zahlreichen gerichtlichen
Streitigkeiten über die Übernahme von entstandenen Kosten durch die Auf-
nahme des Tieres.66
Auf der einen Seite sind die Gemeinden als Fundbehörden für die Verwahrung
von Fundsachen zuständig.67 Gemäß § 965 Abs. 1 BGB sind verloren Sachen
Gegenstand des Fundrechts. Eine Sache ist verloren, wenn sie „besitz-, aber
62
Zum Ganzen vgl. Ofensberger, Dtsch. tierärztl. Wschr. 112, S. 107; Stollenwerk, KommJur 2/2010, S. 50; Deutscher Bundestag, Drucksache 13/7016, S. 47.
63 Vgl. Holzhey in Goetschel, S. 203.
64 Vgl. Schellhammer, Rdnr. 1325.
65 Hackbarth/Lückert, S. 10
66 Vgl. Niedersächsischer Landtag, Drucksache 16/4606, S. 1.
67 Vgl. Widtmann, Rdnrn. 31-33; SMS/SSG/Sächsische Landestierärztekam-mer/Landestierschutzverband Sachsen e.V., Deutsches Tierärzteblatt 8/2011, S. 1104.
11
nicht herrenlos“68 ist. Fundtiere sind „entlaufene, verirrte bzw. verlorengegan-
gene Tiere, deren Besitzer meist unbekannt ist“69. Sie sind verloren, wenn sie
sich außerhalb des Einwirkungsbereichs ihrer Halter aufhalten und damit be-
sitzlos geworden sind.70 Somit haben sie als verlorene Sachen zwar einen
Eigentümer, gegenwärtig jedoch keinen Besitzer71 und unterliegen damit dem
Fundrecht.
Der Fund ist dem Eigentümer bzw. der zuständigen Behörde anzuzeigen. Mit
der Anzeige des Fundtieres wird die Behörde zur Aufnahme und Betreuung
des Fundtieres verpflichtet oder überträgt diese Verpflichtung auf Dritte.72 Die
Behörde ist durch die Anzeige und die erfolgte Unterbringung in einem Tier-
heim ebenfalls zur Übernahme der anfallenden Kosten für Unterbringung und
medizinische Versorgung verpflichtet.73 Wird bei einer abgegebenen Katze
also zweifellos festgestellt, dass es sich um ein Fundtier handelt, so werden
die entstandenen Kosten von der zuständigen Behörde übernommen.
Auf der anderen Seite wird von den Gemeinden geltend gemacht, dass es
sich bei den aufgefundenen Katzen oft nicht um Fundkatzen handelt, sondern
um herrenlose Katzen.74 Herrenlose Tiere sind Tiere, „an denen kein Eigen-
tum besteht“75. Auch ausgesetzte bzw. freilebende und verwilderte Haustiere
und damit auch freilebende Katzen sind herrenlos.76
Herrenlose Sachen gelten als nicht verloren und können daher auch nicht ge-
funden werden.77 Folglich unterliegen sie nicht dem Fundrecht. Aus diesem
Grund verweigern viele Gemeinden die Übernahme der angefallenen Kosten
für herrenlose Katzen.78
Durch das Aussetzen der Katze verzichtet der ehemalige Besitzer auf sein
Eigentum. In dem Aussetzen der Katze ist eine Eigentumsaufgabe, auch
Dereliktion genannt79, gemäß § 959 BGB zu sehen. Das Aussetzen stellt eine
bewusste Aufgabe des Besitzes dar und kann als Eigentumsaufgabe gedeutet
werden. Die Katze wird damit herrenlos.80
68
Quack in MüKo, § 965 Rdnr. 3. 69
Möbius, TU 11/1997, S. 658. 70
Vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 23.04.2012, KommJur 9/2012, S. 339. 71
Vgl. Westermann, § 59 S. 475. 72
Vgl. Niedersächsischer Landtag, Drucksache 16/4606, S. 3. 73
Vgl. Möbius, TU 11/1997, S. 663. 74
Vgl. Bundesrat, Drucksache 408/11 (Beschluss), S. 1. 75
Möbius, Kleintier Konkret 7, S.1. 76
Vgl. Möbius TU 11/1997, S. 663. 77
Vgl. Quack in MüKo, § 965 Rdnr. 11. 78
Zum Ganzen vgl. Möbius, TU 11/1997, S. 658. 79
Vgl. Wieling, § 11 IV 2 a S. 151, Quack in MüKo, § 989 Rdnr. 3. 80
Zum Ganzen vgl. Möbius, TU 11/1997 S. 663.
12
Es wird jedoch auch die Meinung vertreten, dass das herrenlos werden von
Tieren rechtlich nicht möglich sei. Gemäß § 3 Nr. 3 TierSchG81 ist es verboten,
ein im Haus gehaltenes Tier auszusetzen, um sich seiner zu entledigen. Die
Aufgabe des Eigentums an einem Tier nach § 959 BGB sei daher nicht mög-
lich, sodass diese Tiere auch nicht herrenlos werden können. Die Pflicht der
Gemeinde zur Unterbringung und Versorgung der Katzen bestehe daher im
gleichen Maße wie bei Fundkatzen.82 Die Verwaltungspraxis, „die entgegen §
3 Nr. 3 TierSchG davon ausgeht, dass aufgefundene Tiere in aller Regel aus-
gesetzt wurden und damit herrenlos sind, steht nicht im Einklang mit den nor-
mierten tierschutzrechtlichen Zielen“83.
Natürlich ist eine Einstufung der Katzen nach verschiedenen Faktoren möglich
und im Einzelfall zu prüfen. Katzen, die einen guten Ernährungs- und Pflege-
zustand aufweisen, zutraulich sind und/oder ein Halsband tragen, könnten aus
diesen Gründen als Fundtiere eingestuft werden.84
Die jüngste Rechtsprechung hat jedoch auf Grund der schweren Abgren-
zungsprobleme entschieden, dass im Zweifelsfall bis zum Nachweis des Ge-
genteils immer zunächst von einer Fundkatze ausgegangen werden muss.85
Bis dahin handelt es sich bei dem Tier um eine Anscheinsfundsache.86 Das
bedeutet auch, dass die zuständige Fundbehörde bis dahin für die Übernah-
me der Kosten für Unterbringung und medizinische Behandlung verpflichtet
ist.87
In einigen Bundesländern hat sich die Verfahrensweise durchgesetzt, dass ein
abgegebenes Tier nach vier Wochen als herrenlos angesehen wird, wenn sich
der Eigentümer nicht innerhalb dieser Frist meldet. Man könne davon ausge-
81
Tierschutzgesetz (TierSchG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 18.05.2006 (BGBl. I S. 1206, 1313), zuletzt geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 28.07.2014 (BGBl. I S. 1308).
82 Zum Ganzen vgl. Schleswig-Holsteinischer Landtag, Umdruck 18/2503, S. 8.
83 VG Gießen Urteil vom 27.02.2012, Az. 4 K 2064/11Gl., Rdnr. 27, http://openjur.de/u/308269.html
84 Vgl. OVG Greifswald, Urteil vom 12.01.2011, Az. 3 L 272/06, Rdnr. 21, http://openjur.de/u/343072.html; Niedersächsischer Landtag, Drucksache 16/4606, S. 2.
85 Vgl. OVG Lüneburg Urteil vom 23.04.2012, Az. 11 LB 267/11, KommJur 9/2012, S. 339 f.; VG Saarlouis, Urteil vom 24.04.2013, Az. 5 K 593/12, 2. Leitsatz, http://www.rechtsprechung.saarland.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=sl&nr=4362; VG Gießen Urteil vom 27.02.2012, Az. 4 K 2064/11Gl., Rdnr. 27, http://openjur.de/u/308269.html; VG An-sbach, Urteil vom 26.09.2011, Az. AN 10 K 11.00205, Rdnr. 33, http://openjur.de/u/493582.html
86 Vgl. Katzenhilfe Bleckede e.V., Anschreiben vom 15.04.2014, S. 2.
87 Vgl. Möbius, TU 11/1997, S. 664.
13
hen, dass der Eigentümer nach vier Wochen die Suche nach dem Tier aufge-
geben hat und es somit herrenlos wird. Es gilt jedoch weiterhin nach § 973
Abs. 1 BGB, dass der Eigentümer erst nach der Ablauf der Frist von sechs
Monaten nach Anzeige des Fundes gemäß § 973 Abs. 1 BGB sein Eigentum
an seinem Tier verliert.88
Nach Ablauf der Frist von vier Wochen endet folglich auch die Pflicht der Ge-
meinde, die entstehenden Kosten zu übernehmen.89
Warum diese spezielle Regelung, die unter anderem in Bayern, Baden-
Württemberg, Brandenburg und Schleswig-Holstein gilt, gerade eine Frist von
vier Wochen bestimmt, ist fraglich. Eine Eigentumsaufgabe anzunehmen,
„wenn eine Sache verloren gegangen ist, der Eigentümer die Suche abbricht
und sich mit dem Verlust abfindet“90 erscheint mir jedoch sehr willkürlich.
Es liegt auf der Hand, dass immer mehr freilebende Katzen in Tierheimen
aufgenommen werden und eine Rückführung an den ehemaligen Besitzer
praktisch nicht möglich ist, weil es keinen gibt bzw. dieser nicht ermittelbar ist.
Auch die Nachkommen der freilebenden Katzen sind damit von Anfang an
herrenlos. Das bisherige, oft gesehen Vorgehen der Gemeinden, jede nicht
eindeutig festzustellende Katze als herrenlos einzustufen und die Übernahme
der Kosten zu verweigern ist aus tierschutzrechtlicher Sicht nicht vertretbar,
gerade in Hinblick auf die Vermehrung der Katzenpopulation und die damit
immer häufiger vorkommenden Fälle dieser Art.
Eine Pflicht der Kommunen zur Übernahme der Kosten für herrenlose Katzen
auf Grundlage des Dereliktionsverbotes nach § 3 Nr. 3 TierSchG zu begrün-
den erscheint jedoch ebenso wenig sinnvoll, da ein Verbot nicht automatisch
nach sich zieht, dass dagegen auch nicht mehr verstoßen wird. Trotz des
Verbotes nach § 3 Nr. TierSchG werden immer wieder Katzen ausgesetzt und
infolgedessen herrenlos. Es ist nicht sachgerecht, dass Tierschutzverstöße
unter Zuhilfenahme des Fundrechts kommunalisiert werden.
Vielmehr besteht hier eine Regelungslücke im BGB im Zusammenhang mit
dem TierSchG, welche die Gemeinden auffangen müssen. Es besteht daher
das Erfordernis seitens des Bundes klare, bundesweit einheitliche Regelun-
gen hinsichtlich der Zuständigkeiten für die Unterbringung und Versorgung
88
Zum Ganzen vgl. Möbius, Kleintier Konkret 7, S. 3; Will, KommunalPraxis spezial Nr. 2/2005, S. 73.
89 Vgl. Stollenwerk, KommJur 2/2010, S. 50.
90 OVG Lüneburg Urteil vom 23.04.2012, Az. 11 LB 267/11, KommJur 9/2012, S. 339.
14
von Fund- und herrenlosen Tieren zur Verwaltungsvereinfachung zu treffen,
sodass niemand die Zuständigkeit von sich weisen kann und gerichtliche
Streitigkeiten über die Erstattung von Kosten für Fundtiere vermieden werden.
Eine Kastrations- und in diesem Zusammenhang insbesondere Kennzeich-
nungspflicht würde diese Problematiken etwas entschärfen. Durch eine ver-
pflichtende Kennzeichnung von Katzen könnten diese bei Abgabe bei einer
Fundbehörde schneller ihren Besitzer zugeführt werden91 und so Kapazitäten
für weitere Fundkatzen schaffen. Generell würde die Kastrationspflicht lang-
fristig die Katzenbestände senken, sodass weniger Fundkatzen abgegeben
werden, die die Behörden vor die bestehende Abgrenzungsproblematik stel-
len. Daher sollte eine Katzenverordnung die Bürger nicht nur zur Kastration
ihrer Katzen verpflichten, sondern auch zur Kennzeichnung mittels eines Mik-
rochips und der damit verbundenen Registrierung der Katze in einem Online-
portal, um so schnellere Rückschlüsse auf das Tier vornehmen zu können.
2.2 Zulässigkeit
Auf Grund der zuvor geschilderten Ausgangslage ist es notwendig den Be-
stand der Katzen zu regulieren und zu kontrollieren. Eine kommunale Kat-
zenverordnung könnte eine Möglichkeit sein, das Elend der Katzen zu verrin-
gern und die tierschutzwidrigen Umstände, die gesundheitlichen Risiken sowie
die Probleme im Fundrecht sowie im Tierschutzrecht zu schmälern.
Vielfach wird der Erlass einer Verordnung über die Kastrations- und Kenn-
zeichnungspflicht von freilaufenden Katzen auf kommunaler Ebene auf Grund
rechtlicher Zweifel abgelehnt.92 Im Folgenden soll erarbeitet werden, ob der
gemeindliche Erlass einer Katzenverordnung zulässig ist und welche Voraus-
setzungen hierfür vorliegen müssen.
2.2.1 Kompetenz der Gemeinden zum Erlass einer Katzenverordnung
Gemäß § 13 b TierSchG sind die Landesregierungen dazu ermächtigt, zum
Schutz von freilebenden Katzen Rechtsverordnungen zu erlassen. Sie können
insbesondere gemäß § 13 b Satz 3 Nr. 2 TierSchG eine Kennzeichnung und
Registrierung der Katzen, die unkontrolliert freien Auslauf haben vorschreiben.
Mit diesem, im Juli 2013 neu eigeführten Paragraphen wurde den Ländern die
Ermächtigung übertragen, für bestimmte Gebiete Maßnahmen zum Schutz
91
Vgl. NSGB, Eildienst vom 06.09.2011, S. 2, Anl. 2. 92
Vgl. Stadt Osnabrück, Beschlussvorlage Nr. VO/2012/0991, S. 4.
15
der Katzen zu ergreifen.93 Damit verbunden entstanden jedoch Zweifel über
die Gültigkeit bereits erlassener kommunaler Katzenverordnungen.
Es steht demnach die Frage im Raum, ob durch § 13 b TierSchG die kommu-
nale Kompetenz zum Erlass einer Katzenverordnung automatisch ausge-
schlossen wird.
Mittels des § 13 b TierSchG wurde die Möglichkeit geschaffen, zukünftig nicht
nur Maßnahmen zu ergreifen, wenn von den Katzen eine Gefahr ausgeht,
sondern diese zum Schutz der Katzen erforderlich sind. Folglich sind die Ziele
entscheidend, die der Verordnungsgeber verfolgt. Wird eine kommunale Kat-
zenverordnung auf Grund von Gefahren, wie der Ausbreitung von Katzen-
krankheiten auch auf gesunde Freigängerkatzen oder der Übertragung von
Zoonosen auf den Menschen sowie der Gefahr großer Katzenpopulationen für
Kleinsäuger und Vögel erlassen, so ist sie weiterhin in Form einer Rechtsver-
ordnung gemäß § 55 Nds. SOG94 auf Grundlage des Gefahrenabwehrrechts
möglich. Die Kompetenz der Gemeinden als Teil der Länder wird durch § 13 b
TierSchG weder eingeschränkt noch ausgeschlossen. Liegt der Zweck einer
derartigen Verordnung jedoch im Schutz von freilebenden Katzen, so wird ein
tierschutzrechtliches Ziel verfolgt und ist lediglich auf Grundlage des § 13 b
TierSchG zulässig.95
Demzufolge ist die rechtliche Zulässigkeit im Rahmen der Gefahrenabwehr
auch nach in Kraft treten des § 13 b TierSchG weiterhin gegeben.
Daraus folgt jedoch, dass, wenn in der Gemeinde eine Situation von vermehrt
leidenden Katzen, beruhend auf deren Aussetzen -mithin eines tierschutz-
rechtlichen Grundes- festgestellt wird, den Gemeinden die Hände gebunden
sind und ein Handeln nicht möglich ist.
§ 13 b TierSchG gibt dem Land die Möglichkeit eine Katzenverordnung zu
erlassen, schreibt dies aber nicht zwingend vor. Nur, weil ein Land von seiner
Ermächtigung, aus tierschutzrechtlichen Gründen zum Schutz der Katzen zu
handeln, keinen Gebrauch macht, kann nicht auch automatisch den Gemein-
den verboten werden dementsprechende Maßnahmen zu Gunsten des Tier-
93
Vgl. Niedersächsischer Landtag 17/1048, S. 1. 94
Niedersächsisches Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (Nds. SOG) in der Fassung vom 19.01.2005 (Nds. GVBl. S. 9), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 19.06.2013 (Nds. GVBl. S. 158).
95 Zum Ganzen vgl. Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbrau-cherschutz, S. 2, Anl. 3; Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg, S. 9.
16
schutzes zu ergreifen. Der Tierschutz wurde am 17.05.2002 im Grundgesetz
als Staatsziel aufgenommen96 und erlangte von da an Verfassungsrang97. Der
im GG verankerte ethische Tierschutz98, der „das Tier als ein Mitgeschöpf, ein
lebendes und fühlendes Wesen, dessen Achtung und Wertschätzung für den
durch seinen Geist überlegenen Menschen ein moralisches Postulat dar-
stellt“99 ist eine Pflichtaufgabe der Kommunen und Länder100. Art. 20 a GG
stellt zwar keine Ermächtigungsgrundlage für die Verwaltung zum Handeln
dar101, gleichwohl verpflichtet sie dazu, „dem Tierschutz einen hohen Stellen-
wert beizumessen“102.
Darüber hinaus schreibt der § 1 Satz 1 TierSchG fest, dass aus der Verant-
wortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf dessen Leben und Wohl-
befinden zu schützen sind. Damit wird festgelegt, dass das Verwaltungshan-
deln der Behörden entsprechend darauf auszurichten sei, Handlungen, die
nicht tiergerecht erscheinen, vorzubeugen103.
Gerade in Hinblick auf die steigende Priorität des Tierschutzes mit seiner Ver-
ankerung in Art. 20 a GG104 und die „Forderung nach einer moralisch ange-
messenen Berücksichtigung von Tieren“105 erscheint es geboten, dass die
Gemeinden weiterhin, gerade, weil das Land seine Ermächtigung derzeit nicht
wahrnimmt, die Möglichkeit haben, zum Schutz der Katzen Maßnahmen zu
ergreifen und Rechtsverordnungen begründet auf eine daraus resultierende
Gefahrenabwehr zu erlassen.
Fraglich erscheint in diesem Zusammenhang, ob nicht doch eine Pflicht der
Länder zum Erlass einer Verordnung nach § 13 b TierSchG abgeleitet werden
kann, wenn eine Ermessensreduzierung auf null vorliegt. Werden in einigen
Gebieten Niedersachsen vermehrt Umstände von unter erheblichen Schmer-
zen leidenden Katzen und einem drastischen Anstieg der Katzenpopulation
festgestellt, so könnte trotz Ermessens nach § 13 b TierSchG eine Pflicht der
96
Vgl. Glock, S. 25. 97
Vgl. Loeper in Kluge, Rdnr. 48, S. 42. 98
Vgl. Hömig in Hömig/Seifert, Art. 20 a Rdnr. 2; Lorz/Metzger, Rdnr. 97, S. 50. 99
Lorz/Metzger, Rdnr. 26, S. 34. 100
Vgl. Mars Heimtier-Studie, S. 163. 101
Vgl. Leisner in Sodan, Art. 20 a Rdnr. 12. 102
Mars Heimtier-Studie, S. 34. 103
Zum Ganzen vgl. Lorz/Metzger, § 1 Rdnr. 4. 104
Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland (GG) vom 23.05.1949 (BGBl. S. 1), zuletzt geändert durch Gesetz vom 11.07.2012 (BGBl. I S. 1478).
105 Lennkh, S. 17.
17
Landesregierung, Maßnahmen zum Schutz der Katzen zu erlassen, darin be-
gründet liegen.
Nach sachgerechter Abwägung sind alle bisher erlassenen Verordnungen, die
den Schutz der Katzen vor Leiden und Schmerzen zum Ziel hatten, solange
bestandskräftig, wie die Landesregierung keine Regelung auf Grundlage des
§ 13 b TierSchG erlässt.
2.2.2 Voraussetzungen der Verordnungsermächtigung
Auch wenn eine Katzenverordnung auf kommunaler Ebene rechtlich strittig ist,
heißt das nicht zwangsläufig, dass sie nicht auch rechtmäßig sein kann. Der
Erlass einer Katzenverordnung auf Grundlage des § 55 Nds. SOG ist möglich
und auch zulässig106, wenn die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt sind.
Ermächtigungsgrundlage für den Erlass einer Verordnung zur Gefahrenab-
wehr könnte § 55 Abs. 1 Nds. SOG sein. Auf die Prüfung der formellen
Rechtmäßigkeit kann hier verzichtet werden. Vielmehr kommt es auf das Vor-
liegen der materiellen Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen an.
Gemäß § 55 Abs. 1 Nds. SOG werden Gemeinden, Landkreise etc. zur Ab-
wehr abstrakter Gefahren zum Erlass von Verordnungen ermächtigt.
Voraussetzung für den Erlass einer Katzenverordnung ist das Vorliegen einer
abstrakten Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung auf Grund derer
die Verordnung ergeht.107
Ein Schutzgut der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung müsste betroffen sein.
Die öffentliche Sicherheit umfasst „die Unverletzlichkeit der objektiven
Rechtsordnung, der subjektiven Rechte und Rechtsgüter des einzelnen sowie
der Einrichtungen und Veranstaltungen des Staates und sonstiger Träger der
Hoheitsgewalt“108. Das Leiden von Katzen betrifft die subjektiven Rechte und
Individualrechtsgüter nicht, da Tiere Rechtsobjekte und nicht -subjekte sind.109
Mitunter wird ein Kastrationsgebot auf § 1 Satz 2 TierSchG begründet, wo-
nach niemand einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder
Schäden zufügen darf. Die o.g. Probleme, die aus den unterlassenen Kastra-
tionen herrühren, würden folglich gegen § 1 Satz 2 TierSchG, welcher der
106
Vgl. NSBG, Eildienst vom 06.09.2011, S. 1, Anl. 2. 107
Vgl. Deutsche Juristische Gesellschaft für Tierschutzrecht e.V., S. 13. 108
Götz, § 4 Rdnr. 3. 109
Vgl. Thüsing, NVwZ 1997, S. 564.
18
objektiven Rechtsordnung zuzuordnen ist, verstoßen. § 1 Satz 2 TierSchG
stellt jedoch eine Unterlassungsnorm dar und enthält sowohl für den Staat als
auch für den Bürger bindende Unterlassungspflichten. Drohen den Katzen
Schmerzen oder Leiden, so kann nicht begründet auf § 1 Satz 2 TierSchG
verlangt werden, Maßnahmen hiergegen zu ergreifen. Die Verpflichtung zur
Kastration der Katze kann nicht aus § 1 Satz 2 TierSchG abgeleitet werden.110
Demgemäß beeinträchtigt das Leiden einer Katze nicht die öffentliche Sicher-
heit. Die öffentliche Sicherheit kann nicht als Begründung für den Erlass einer
Katzenverordnung angeführt werden.
Eine Katzenverordnung kann jedoch auch zum Schutz der öffentlichen Ord-
nung ergehen. Die öffentliche Ordnung „umfasst nach allgemeiner Meinung
die Gesamtheit der ungeschriebenen Regeln für das Verhalten des Einzelnen
in der Öffentlichkeit, deren Befolgung nach den jeweils herrschenden An-
schauungen als unerlässliche Voraussetzungen eines geordneten staatsbür-
gerlichen Gemeinschaftslebens betrachtet wird“111.
Ob in den Schmerzen und Leiden von Katzen ein Verstoß gegen die öffentli-
che Ordnung begründet werden kann, ist in Rechtsprechung und Literatur
äußerst strittig. Einerseits wird die Meinung vertreten, dass „das unter Um-
ständen mit Leiden verbundene Ableben eines Tieres (…) ein natürlicher Vor-
gang“112 sei und der Eindruck eines kranken Tieres auf den Menschen keine
Gefahr darstelle113.
Andererseits stellt „das Dahinsiechen einer unter (…) Schmerzen leidenden
(…) Katze (…) einen Verstoß gegen die öffentliche Ordnung (…) dar“114. „Es
ist mit den hiesigen herrschenden ethischen Wertvorstellungen, die für ein
gedeihliches Zusammenleben als unabdingbar angesehen werden, nicht ver-
einbar, ein solches Tier unversorgt in seinem qualvollen Zustand weiter leiden
zu lassen“115. Gewiss liegt eine Gefahr für die öffentliche Ordnung vor, wenn
110
Zum Ganzen vgl. Deutsche Juristische Gesellschaft für Tierschutzrecht e.V., S. 9; Loeper in Kluge, § 1 Rdnr. 4.
111 Böhrenz/Unger/Siefken, § 2 Rdnr. 3.
112 OVG Münster, Beschluss vom 06.03.1996, Az. 13 A 638/95, Natur und Recht 1996, Heft 11/12, S. 632.
113 Vgl. OVG Münster, Beschluss vom 06.03.1996, Az. 13 A 638/95, Natur und Recht 1996, Heft 11/12, S. 632.; Thüsing, NVwZ 1997, S. 564.
114 VG Gießen, Urteil vom 30.05.1994, Az. 7 E 358/92, NVwZ-RR 1995, Heft 3, S. 144.
115 VG Gießen, Urteil vom 30.05.1994, Az. 7 E 358/92, NVwZ-RR 1995, Heft 3, S. 144.
19
sich diese Tiere an öffentlichen Plätzen aufhalten.116 Ergänzend dazu wird in
der Literatur vertreten, dass gegen die öffentliche Ordnung verstoßen wird,
wenn das Leid der Tiere durch das vorherige pflichtwidrige Handeln des Men-
schen, z.B. durch Aussetzen, herbeigeführt wird und es sich folglich bei dem
Ableben eines Tieres nicht um einen natürlichen Vorgang handelt. In Anleh-
nung an die Aufnahme des Staatsziels Tierschutz in Art. 20 a GG erscheint
dies auch äußerst überzeugend, da hiermit die Verpflichtung zum Schutz der
Tiere vor Leiden und Schmerzen zur staatlichen Aufgabe geworden ist.117
Gerade, weil das Katzenelend größtenteils infolge des Aussetzens von Katzen
durch den Menschen verursacht wird, ist das Schutzgut der öffentlichen Ord-
nung betroffen und kann zur Begründung einer Kastrations- und Kennzeich-
nungspflicht herangezogen werden.
Daneben muss eine abstrakte Gefahr vorliegen. Für die Begriffsbestimmung
der abstrakten Gefahr kann auf den § 2 Nr. 1 Buchst. a und Nr. 2 zurückge-
griffen werden.118 Gemäß § 2 Nr. 2 Nds. SOG ist eine abstrakte Gefahr eine
nach allgemeiner Lebenserfahrung oder den Erkenntnissen fachkundiger Stel-
len mögliche Sachlage, die im Fall ihres Eintritts eine Gefahr (Nummer 1) dar-
stellt. Die abstrakte Gefahr beinhaltet lediglich einen verallgemeinerten und
gedachten Sachverhalt und wird im Falle des Eintritts der Sachlage zur kon-
kreten Gefahr.119 Daher kommt der Erlass einer Verordnung zur Abwehr einer
konkreten Gefahr nicht in Betracht, da bei dieser Gefahr die Sachlage im Ein-
zelfall bereits eigetreten ist.120 Gleichwohl dient die Verordnung der Vorbeu-
gung des Eintritts konkreter Gefahren.121
Bei der abstrakten Gefahr besteht im Gegensatz zur konkreten Gefahr kein
Erfordernis hinsichtlich einer bestimmten Wahrscheinlichkeit des Eintretens
einer konkreten Gefahr. Die Möglichkeit des Eintritts ist hier ausreichend.122
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes ist eine abstrakte
Gefahr gegeben, „wenn eine generell-abstrakte Betrachtung für bestimmte
Arten von Verhaltensweisen oder Zuständen zu dem Ergebnis führt, dass mit
116
Vgl. OVG Greifswald, Urteil vom 12.01.2011, Az. 3 L 272/06, Rdnr. 22, http://openjur.de/u/343072.html
117 Zum Ganzen vgl. Deutsche Juristische Gesellschaft für Tierschutzrecht e.V., S. 14 f.; Thüsing, NVwZ 1997, S. 564; Lorz/Metzger, Art. 20 a Rdnr. 3.
118 Vgl. Böhrenz/Unger/Siefken, § 55 Rdnr. 2.
119 Vgl. Götz, § 22 Rdnr. 16; Pieroth/Schlink/Kniesel, § 4 Rdnr. 16.
120 Vgl. Böhrenz/Unger/Siefken, § 55 Rdnr. 3; Schmidt, Rdnr. 868.
121 Vgl. Ipsen, § 14 Rdnr. 591.
122 Zum Ganzen vgl. Böhrenz/Unger/Siefken, § 55 Rdnr. 2.
20
hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden im Einzelfall einzutreten pflegt
und daher Anlass besteht, diese Gefahr mit generell-abstrakten Mitteln, also
einem Rechtssatz zu bekämpfen“123.
Für die Feststellung einer abstrakten Gefahr ist eine ausreichend belegte
Prognose erforderlich, wobei Anhaltspunkte dafür, dass der Eintritt von Schä-
den droht, vorliegen müssen124 und eine Kausalität zwischen dem Handeln
und dem dadurch drohenden Schaden für das Schutzgut ausreichend nach-
gewiesen werden muss125. In Bezug auf eine Katzenverordnung bedeutet
dies, dass vor dem Erlass eine gesicherte Prognose darüber vorliegen muss,
dass gerade die nicht kastrierten Freigängerkatzen die Ursache für das Kat-
zenelend und den daraus resultierenden gesundheitlichen Gefährdungen für
gesunde Freigängerkatzen, den Menschen oder die Singvogelpopulation und
die Problemlage im Fundrecht sind. Die Gemeinde muss andere Ursachen für
das Katzenelend ausschließen können und belegen, dass das Aussetzen der
Katzen eine zentrale Ursache für den Populationsanstieg der Katzen darstellt
und auf diese Weise auch die Gefahrenschwelle überschritten wird.126
Ist die Gemeinde nicht in der Lage eine ausreichende Prognose und Kausali-
tät darlegen zu können, so liegt lediglich eine mögliche Gefahr bzw. ein Ge-
fahrverdacht vor, der darin besteht, dass keine sichere Prognose über das
weitere Geschehen und damit dem Eintritt einer Gefahr gegeben ist127 und für
den Erlass einer Verordnung zur Gefahrenabwehr daher nicht ausreichend
ist128.
Die Rechtsprechung stellt damit sehr hohe Anforderungen an die Feststellung
einer abstrakten Gefahr.129 Meines Erachtens sind steigende Zahlen von auf-
genommenen Katzen in Tierheimen, Aussagen von Tierschutzorganisationen
über vermehrt freilebende Katzen durch regelmäßige Kontrollen dieser und
von Jahr zu Jahr steigenden Schätzungen über die Anzahl von Katzen, die
123
BVerwG, Urteil vom 3. 7. 2002, Az. 6 CN 8. 01, Rdnr. 29, http://lexetius.com/2002,2105
124 Vgl. BVerwG, Urteil vom 3. 7. 2002, Az. 6 CN 8. 01, Rdnr. 29, http://lexetius.com/2002,2105
125 Vgl. Deutsche Juristische Gesellschaft für Tierschutzrecht e.V., S. 15.
126 Zum Ganzen vgl. Deutsche Juristische Gesellschaft für Tierschutzrecht e.V., S. 17.
127 Vgl. BVerwG, Urteil vom 3. 7. 2002, Az. 6 CN 8. 01, Rdnr. 29, http://lexetius.com/2002,2105; Drews/Wacke/Vogel/Martens, § 13 S. 226.
128 Vgl. Schmidt, Rdnr. 868.
129 Vgl. Deutsche Juristische Gesellschaft für Tierschutzrecht e.V., S. 16.
21
nicht in menschlicher Obhut leben sowie sich häufende Berichte aus der
Presse über ausgesetzte und aufgefundene Katzen und vermehrten Be-
schwerden aus der Bevölkerung über freilebende Katzen maßgebliche Indi-
zien für die ausgewiesene verschärfte Problematik und damit hinreichende
Anhaltspunkte für den möglichen Eintritt einer Gefahr. Ebenso können die
positiven Erfahrungen anderer Gemeinden mit einer Katzenverordnung durch
sinkende Fundtierzahlen als Begründung dafür herangezogen werden, dass
die Katzenverordnung ein sinnvolles Mittel zur Eindämmung der Katzenpopu-
lation darstellt. Kann eine sichere Prognose über den Eintritt eines Schadens
getroffen werden, liegt eine abstrakte Gefahr vor.
Weiterhin darf eine Verordnung nicht gegen höherrangiges Recht verstoßen
und muss in diesem Zusammenhang den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
einhalten. Die Pflicht zur Kastration und Kennzeichnung muss danach geeig-
net, erforderlich und angemessen sein.130
Der Zweck des § 55 Abs. 1 Nds. SOG liegt darin, Verordnungen zu erlassen,
um abstrakte Gefahren abzuwehren. Wie zuvor bereits geprüft, liegt bei der
unkontrollierten Vermehrung der Katzenpopulation eine abstrakte Gefahr vor.
Eine Verordnung, mit dem Inhalt seine Katze kastrieren und kennzeichnen zu
lassen, soll gerade die Vermehrung der Katzen und die daraus resultierenden
bereits erwähnten Probleme verhindern, mithin eine abstrakte Gefahr abweh-
ren. Der Zweck der Ermächtigung wird eingehalten. Die Verpflichtung zur
Kastration und Kennzeichnung der Katze ist geeignet, da auf diese Weise die
Zielerreichung nach § 55 Abs. 1 Nds. SOG bewirkt, zumindest gefördert
wird.131
Das Kastrationsgebot wäre erforderlich, wenn kein anderes, gleich geeignetes
milderes Mittel zur Verfügung steht.132 Alternativ wäre das Töten der Katzen
durch Abschießen, Erschlagen, Ertränken oder Vergiften denkbar. Diese Ver-
fahrensweisen würde jedoch gegen das aus § 1 S. 2 TierSchG sowie §§ 4 und
17 TierSchG resultierende Verbot der Tötung von Tieren verstoßen sowie ge-
gen Art. 20 a GG.133 Zudem ist die Tötung der Katzen keine nachhaltige Maß-
130
Zum Ganzen vgl. Möller/Wilhelm, Rdnr. 269. 131
Vgl. Schleswig-Holsteinischer Landtag, Umdruck 18/2503, S. 9. 132
Vgl. Möller/Wilhelm, Rdnr. 162. 133
Zum Ganzen vgl. Deutscher Tierschutzbund e.V., Position zum Umgang mit frei lebenden Katzen, S. 2; Schleswig-Holsteinischer Landtag, Umdruck 18/2503, S. 9.
22
nahme, da die Katzenbestände durch Zuwanderung fremder Katzen erneut
ansteigen würden134 und durch die Tötung der Jungtiere die Trächtigkeit der
Mutterkatzen nach wenigen Wochen erneut eintritt, sodass kurze Zeit später
erneut die Welpen getötet werden müssten135.
Daneben könnte ein Fütterungsverbot ausgesprochen werden. Jedoch wäre
diese Maßnahme ebenfalls tierschutzrechtlich fraglich. Infolgedessen käme es
zum qualvollen Verhungern der Tiere und zu einer Vergrößerung des Kat-
zenelends.136
Ferner wäre alternativ lediglich das Durchführen von Kastrationsaktionen von
freilebenden Katzen denkbar. Die Nachhaltigkeit dieser Maßnahme ist jedoch
nicht gegeben, da die freilaufenden Katzen, die in menschlicher Obhut gehal-
ten werden, weiterhin fortpflanzungsfähig sind und gerade die ausgesetzten
Nachkommen dieser Katzen neue Kolonien freilebender Katzen bilden.137
Nicht nur aus tierschutzrechtlichen Gründen kommt das Töten von Tieren zur
Bestandsregulierung keinesfalls in Betracht, auch aus ethischer Sicht steht
dieses Verfahren, ebenso wie ein Fütterungsverbot, nicht mehr mit den heuti-
gen Wertvorstellungen im Einklang. Eine Kastrations- und Kennzeichnungs-
pflicht ist dementsprechend erforderlich.
Im Rahmen der Angemessenheit sind die Interessen der Katzenhalter mit den
Interessen der Allgemeinheit abzuwägen, da hier kein erkennbares Missver-
hältnis bestehen darf.138
Die Verpflichtung, seine Katze kastrieren und kennzeichnen zu lassen, greift
in das Recht der Tierhalter auf Eigentumsfreiheit nach Art. 14 Abs. 1 GG ein.
Die Kastrations- und Kennzeichnungspflicht schränkt die Katzenhalter in ihren
Nutzungsrechten an ihren Katzen ein und stellt eine Inhalts- und Schranken-
bestimmung des Eigentums nach Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG dar, die wiederrum
den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachten muss.139 Ob die Pflicht zur
Kastration und Kennzeichnung neben den bereits positiv erläuterten Punkten
134
Vgl. Binder, S. 1. 135
Vgl. Lerch-Leemann in Sambraus/Steiger, S. 794. 136
Zum Ganzen vgl. Deutscher Tierschutzbund e.V., Position zum Umgang mit frei lebenden Katzen, S. 2; Schleswig-Holsteinischer Landtag, Umdruck 18/2503, S. 9; Lerch-Leemann in Sambraus/Steiger, S. 793.
137 Zum Ganzen vgl. Deutscher Bundestag, Drucksache 17/10572, S. 32.
138 Vgl. Möller/Wilhelm, Rdnr. 163.
139 Zum Ganzen vgl. Deutsche Juristische Gesellschaft für Tierschutzrecht e.V., S. 18 f.
23
der Geeignetheit und Erforderlichkeit auch abschließend verhältnismäßig ist
wird im Folgenden weiter geprüft.
Für das Interesse der Katzenhalter spricht weiterhin, dass diese in ihrem
Recht auf Gleichbehandlung nach Art. 3 Abs. 1 GG beeinträchtigt sein könn-
ten.140 Generell werden in den Katzenverordnungen Ausnahmen für Züchter
von Rassekatzen geregelt.141 Es mag jedoch auch Katzenhalter geben, die ein
vergleichbares Interesse daran haben, ihre Katze ebenfalls nicht kastrieren zu
lassen. Können diese Eigentümer belegen, dass sie ihre Katze und deren
Nachkommen nicht aussetzen, sind diese Katzenhalter ebenfalls von einem
Gebot zur Kastration und Kennzeichnung ausgenommen.142 Ebenso wie Ei-
gentümer, die ihre Katzen lediglich in der Wohnung halten, deren Katzen be-
reits kastriert sind oder noch kein bestimmtes Alter erreicht haben.143 Werden
bei Erlass einer Katzenverordnung die zuvor genannten Ausnahmeregelungen
aufgenommen, wird dem Recht auf Gleichbehandlung nach Art. 3 GG Rech-
nung getragen.
Das Interesse der Allgemeinheit an der Verhinderung von Leid und Schmer-
zen der Katzen und an der Verhinderung der Übertragung von Krankheiten
auf gesunde Freigängerkatzen und Zoonosen auf den Menschen überwiegt
das private Interesse der Katzenhalter. Die Auferlegung einer derartigen Ver-
pflichtung durch Verordnung wäre angemessen.
Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und die Vereinbarkeit mit höherrangi-
gem Recht werden folglich eingehalten. Die Inhalts- und Schrankenbestim-
mung des Eigentums ist damit ebenfalls rechtmäßig und die Katzenhalter
können berechtigterweise in ihrem Eigentum an der Katze eingeschränkt wer-
den. Die Voraussetzungen zum Erlass einer Katzenverordnung nach § 55
Abs. 1 Nds. SOG sind gegeben.
Daneben stellt der Eingriff an der Katze in Form einer Kastration ein zulässi-
ges Mittel dar, da nach § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 TierSchG das Amputationsver-
bot aus Satz 1 nicht gilt, wenn die Unfruchtbarmachung zur Verhinderung der
unkontrollierten Fortpflanzung vorgenommen wird.
140
Vgl. Deutsche Juristische Gesellschaft für Tierschutzrecht e.V., S. 19. 141
Vgl. § 1 Abs. 3 KatzenV des Landkreises Diepholz, Anl. 4. 142
Vgl. Deutsche Juristische Gesellschaft für Tierschutzrecht e.V., S. 19; § 1 Abs. 4 KatzenV des Landkreises Diepholz, Anl. 4.
143 Vgl. § 1 Abs. 1 KatzenV des Landkreises Diepholz, Anl. 4.
24
Trotz der rechtlichen Bedenken stellt die Kastration und Kennzeichnung der
Katze ein zulässiges und wirksames Instrument zur Eindämmung der Kat-
zenpopulation dar. Die Gemeinden können Katzenverordnungen weiterhin im
Rahmen des Ordnungsrechts beibehalten oder erlassen.144
2.3 Kritik
Neben der scharfen Kritik zur Zulässigkeit einer Katzenverordnung auf kom-
munaler Ebene bezüglich der Zuständigkeit der Kommunen zum Erlass einer
solchen und dem Vorliegen der Voraussetzungen nach § 55 Nds. SOG beste-
hen noch weitere kritische Punkte am Erlass einer Katzenverordnung.
In Bezug auf den Erlass einer Katzenverordnung wird oft angeführt, dass die-
se nicht durchsetzbar sei bzw. nicht vollzogen werden kann, da es keine
Überwachungsmöglichkeiten gebe. Es sei nicht möglich, flächendeckend zu
kontrollieren, ob die Bestimmungen der Katzenverordnung eingehalten wer-
den. Dem kann entgegengehalten werden, dass eine gänzliche Sanktionie-
rung nicht Sinn der Katzenverordnung ist, sondern primär das Erreichen einer
Bewusstseinsänderung in der Bevölkerung. Selbstverständlich ist eine voll-
ständige Überwachung der Einhaltung der Katzenverordnung durch die Be-
völkerung praktisch nicht möglich. Auch im Bereich der Verkehrsüberwachung
kann nicht jeder Verstoß gegen Fahrverbote oder ähnlichem geahndet wer-
den, weil dafür theoretisch jeder Autofahrer rund um die Uhr überwacht wer-
den müsste. Vielmehr geht es darum, vorerst im Rahmen der Öffentlichkeits-
arbeit die betroffenen Katzenhalter aufzuklären und diese für die Notwendig-
keit der Kastration und Kennzeichnung ihrer Katze zu sensibilisieren. Kommt
es an bestimmten Orten wiederholt zu Beschwerden oder Verstößen gegen
die Kastrationsverordnung, so kann die Gemeinde nach Bewertung des Sach-
verhalts Maßnahmen vollziehen und Kastration und Kennzeichnung der Kat-
zen auf Grundlage der Katzenverordnung verpflichtend anordnen.145 Außer-
dem kann ein ordnungswidriges Fehlverhalten geahndet werden.146
Weiterhin wird die durch die Katzenverordnung verstärkte Gefahr des Ausset-
zens der Katzen angesprochen. Doch gerade das widerrechtliche Aussetzen
144
Vgl. Deutscher Tierschutzbund e.V., Stellungnahme zum Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Tierschutzgesetzes, BT-Ds 17/10572 vom 29.08.2012, S. 11.
145 Zum Ganzen vgl. Schleswig Holsteinischer Landtag, Umdruck 18/2503, S. 11.
146 Vgl. § 2 KatzenV des Landkreises Diepholz, Anl. 4.
25
der Katzen stellt einen Grund zum Erlass einer Katzenverordnung dar. Kurz-
fristig kommt es dadurch möglicherweise zu einem Anstieg der Katzenpopula-
tion und auch zu einer steigenden Anzahl von aufgenommenen Katzen in
Tierheimen. Langfristig ist dagegen eine Verminderung der Katzenbestände
auf Grund der Bewusstseinsänderung in der Bevölkerung durch Konfrontation
mit den andernfalls eintretenden tierschutzwidrigen und gesundheitlichen Um-
ständen und laufenden Kastrationsprojekten von freilebenden Katzen zu er-
warten.147 Mit der Kennzeichnung der Katzen soll zudem das Aussetzen der
Katzen erschwert werden.148
3. Landeseinheitliche Rechtsverordnung zum Schutz von freileben-
den Katzen in Niedersachsen
Noch vor einigen Jahren sah das Land Niedersachsen keine Notwendigkeit
einer landeseinheitlichen Regelung zum Schutz der freilebenden Katzen. Als
Grund hierfür wurden die regional stark unterschiedlich auftretenden Katzen-
bestände aufgeführt, als auch die Tatsache, dass der Landesregierung keine
Zahlen zur freilebenden Katzenpopulation vorlagen. Den Gemeinden wurde
entsprechend der örtlichen Verhältnisse die Möglichkeit gewährt, im Rahmen
der Gefahrenabwehr eigens über eine Kastrations- und Kennzeichnungspflicht
zu entscheiden. Daneben sah die Landesregierung die Notwendigkeit eben-
falls selbst tätig zu werden. Mittels eines Flyers sollte die Bevölkerung für die
mit der Haltung von Katzen verbundene Verantwortung sensibilisiert werden.
Außerdem wurden Handlungsstrategien aufgezeigt.149
Nach der Einführung des § 13 b TierSchG beabsichtigt die Landesregierung
dennoch eventuell den Erlass einer Verordnung zur Kastration- und Kenn-
zeichnung von Katzen und prüft dessen Notwendigkeit. Mittels eines zweijäh-
rigen Projektes zur Kastration und Kennzeichnung von Katzen, das vom Land
finanziell unterstützt und vom Deutschen Tierschutzbund Landesverband Nie-
dersachsen durchgeführt wird, soll herausgefunden werden, wie sich die Situ-
ation freilebender Katzen darstellt.150
147
Zum Ganzen vgl. Schleswig Holsteinischer Landtag, Umdruck 18/2503, S. 14. 148
Vgl. Deutscher Tierschutzbund e.V., Position zum Umgang mit frei lebenden Kat-zen, S. 4.
149 Zum Ganzen vgl. Niedersächsischer Landtag, Anlage 37 des stenografischen Be-richtes der 124. Sitzung vom 20.12.2011, S. 16069; Niedersächsischer Landtag, Drucksache 16/3602, S. 3 ff.
150 Zum Ganzen vgl. Niedersächsischer Landtag, Drucksache 16/4672, S. 2; Nieder-sächsischer Landtag, Drucksache 17/1048 S. 2.
26
Basierend auf den Erkenntnissen des Projektes und der Evaluation der ge-
wonnenen Daten wird festgestellt, ob die Landesverordnung für das gesamte
Land Niedersachsen gelten soll oder lediglich für bestimmte Gebiete.151
Wie bereits festgestellt, besteht für die Gemeinden weiterhin die Möglichkeit
eine Katzenverordnung auf Grundlage des Nds. SOG zu erlassen. Da es sich
bei der unkontrollierten Vermehrung der Katzenpopulation jedoch um ein glo-
bales Problem handelt, wäre eine landeseinheitliche Regelung wünschens-
wert. Durch die Zuwanderung von Katzen aus anderen Gebieten ist eine für
alle Gemeinden und Landkreise Niedersachsens geltende Katzenverordnung
sinnvoll.
Denkbar wäre der Erlass einer Zuständigkeitsverordnung ähnlich wie in Ba-
den-Württemberg. Gemäß § 13 b Satz 5 TierSchG können die Landesregie-
rungen ihre Ermächtigung durch Rechtsverordnungen auf andere Behörden
übertragen. Nach § 1 Katzenschutz-Zuständigkeitsverordnung des Landes
Baden-Württemberg152 wurde die Ermächtigung zum Erlass von Rechtsver-
ordnungen zum Schutz freilebender Katzen gemäß § 13 b Sätze 1 bis 4
TierSchG auf die Gemeinde übertragen. Auf diese Weise wird hinsichtlich der
regionalen Unterschiede in Bezug auf die Anzahl freilebender Katzen den
Gemeinden die Möglichkeit gegeben, in eigener Regie Rechtsverordnungen
zum Schutz der Katzen zu erlassen und dementsprechend auf die örtlichen
Gegebenheiten reagieren zu können. Rechtliche Bedenken der Gemeinden
über die Zulässigkeit kommunaler Verordnungen wären aus dem Weg ge-
räumt und bei Beachtung der Voraussetzungen für den Erlass derartiger
kommunaler Verordnungen würden diese auch vor Gericht zweifellos rechtli-
chen Bestand haben. Außerdem könnte ein Kastrationsgebot demgemäß aus
tierschutzrechtlichen Aspekten erfolgen und müsste nicht lediglich auf ord-
nungsrechtlichen Gründen basieren. Zum Schutz der freilebenden Katzen,
deren tierschutzwidrige Situation gerade auf Grund von Verstößen des Men-
schen gegen z.B. § 3 Nr. 3 TierSchG durch Aussetzen oder Zurücklassen
herbeigeführt wird, wäre dies erstrebenswert.
151
Vgl. Niedersächsischer Landtag, Drucksache 17/553, S. 2. 152
Verordnung der Landesregierung über die Übertragung der Ermächtigung nach § 13 b des Tierschutzgesetzes (Katzenschutz-Zuständigkeitsverordnung) vom 19.11.2013.
27
4. Die Verordnung über die Kastrations- und Kennzeichnungspflicht
von Katzen im Gebiet des Landkreises Diepholz, die sich außer-
halb der Wohnungen ihrer Halter frei bewegen (KatzenV)
Angesichts der mit dem Anstieg der Katzenpopulation einhergehenden Prob-
leme hat der Landkreis Diepholz auf Grundlage der §§ 1 und 55 Nds. SOG
eine Katzenverordnung153 erlassen.
Grund dafür waren zum einen die Ausscheidungen der Katzen, wodurch Kin-
derspielplätze und Gärten verunreinigt wurden. Zum anderen befanden sich
die Katzen oft in einem sehr schlechten gesundheitlichen Zustand, sodass
viele Tiere an Krankheiten oder auch im Straßenverkehr starben. Als weiterer
Grund für den Erlass einer Katzenverordnung wurde die Dezimierung der
Singvögel- und Kleinsäugerpopulation angeführt, auch wenn dies wie oben
bereits beschrieben sehr strittig gesehen werden kann. Der aussagekräftigste
Grund war jedoch der unhaltbare Zustand der Tierheime. Auf Grund der an-
fangs aufgeführten Problematik von Tieren im Fundrecht wurden neben Fund-
katzen vermehrt herrenlose Katzen abgegeben, die hohe Kosten verursach-
ten. Dies zeigte sich vor allem in den kreisangehörigen Gemeinden Stuhr und
Weyhe sowie der Samtgemeinde Bruchhausen-Vilsen und der Stadt Syke. Die
Anzahl der dort aufgenommenen und abgegebenen Katzen hatte dort aus-
ufernde Maßen angenommen und musste schnellstmöglich verringert wer-
den.154
Aus den vorher genannten Gründen trat die Katzenverordnung des Landkrei-
ses Diepholz am 01.10.2012 in Kraft. Der Beschluss hierfür wurde jedoch be-
reits am 09.07.2012 gefasst. Auf diese Weise wollte man den Katzenhaltern,
die eine nicht kastrierte freilaufende Katze haben, die Gelegenheit und ausrei-
chend Zeit geben, diese vor der in Kraft tretenden Verpflichtung kastrieren und
kennzeichnen zu lassen.155
Gleichwohl der Erkenntnis, dass eine Verordnung zum Schutz der Katzen auf
Grundlage des Ordnungsrechts rechtlich umstritten ist, wurde sie als hilfrei-
ches Mittel dafür angesehen, um den beschriebenen Problemen begegnen zu
153
Verordnung über die Kastrations- und Kennzeichnungspflicht von Katzen im Gebiet des Landkreises Diepholz, die sich außerhalb der Wohnungen ihrer Halter frei be-wegen (KatzenV) vom 26.07.2012, Anl. 4.
154 Zum Ganzen vgl. Landkreis Diepholz, Sitzungsvorlage Nr. VO/2012/085 vom 13.06.2012, S. 1 f.
155 Zum Ganzen vgl. Landkreis Diepholz, Sitzungsvorlage Nr. VO/2012/085 vom 13.06.2012, S. 1 f.
28
können, auch im Hinblick darauf, dass der Niedersächsische Städte- und Ge-
meindebund diese als zulässig ansieht.156
Die inhaltlichen und formalen Voraussetzungen werden in diesem Zusam-
menhang kurz erläutert.
Die Katzenverordnung ist gemäß § 57 Abs. 1 Nds. SOG inhaltlich bestimmt.
Sie enthält eine Regelung über die Pflicht der Katzenhalter, ihre freilaufenden
Katzen kastrieren und kennzeichnen zu lassen. Dabei gilt auch als Katzenhal-
ter, wer einer Katze regelmäßig Futter zur Verfügung stellt.157 Damit soll den
Bürgern bewusst gemacht werden, dass sie durch das Füttern einer freilau-
fenden Katze auch die Verantwortung für diese übernehmen müssen.158
Außerdem wird dem Gleichbehandlungsgrundsatz nach Art. 3 GG Rechnung
getragen, indem die Verordnung Ausnahmen für Katzenhalter erlässt, dessen
Katze unter fünf Monate alt ist, auf Antrag für die Zucht von Rassekatzen oder
bei überwiegenden Interessen des Antragsstellers.159
Die Erwähnung der Ordnungswidrigkeiten gemäß § 59 Nds. SOG wurde
ebenso vorgenommen wie die Verkündung der Verordnung nach § 60 Nds.
SOG im Amtsblatt des Landkreises Diepholz 11/2012 vom 01.08.2012. Eben-
so sind alle inhaltlichen Formvorschriften gemäß § 58 Nds. SOG enthalten.
Die Überschrift kennzeichnet nach § 58 Nr. 1 Nds. SOG den Inhalt der Ver-
ordnung und wird in dieser auch als Verordnung nach Nr. 2 bezeichnet. Au-
ßerdem wird der Landkreis Diepholz als erlassende Behörde nach Nr. 3 be-
zeichnet und in der Einleitung werden die §§ 1 und 55 Nds. SOG als notwen-
dige Rechtsgrundlagen für den Erlass einer derartigen Verordnung nach Nr. 4
genannt. Das Gebiet des Landkreises Diepholz wird hier als räumlicher Gel-
tungsbereich nach Nr. 5 genannt. Zuletzt ist nach § 58 Nr. 6 Nds. SOG die
erfolgte Unterzeichnung durch den Landrat und das Datum der Ausfertigung
am 26.07.2012 zu nennen.160
156
Zum Ganzen vgl. Landkreis Diepholz, Sitzungsvorlage Nr. VO/2012/085 vom 13.06.2012, S. 2.
157 Zum Ganzen vgl. § 1 Abs. 1 und 2 KatzenV des Landkreises Diepholz, Anl. 4.
158 Vgl. Niedersächsischer Landtag, Drucksache 16/3602, S. 6.
159 Vgl. § 1 Abs. 1, 3 und 4 KatzenV des Landkreises Diepholz, Anl. 4.
160 Zum Ganzen vgl. KatzenV des Landkreises Diepholz, Anl. 4.
29
5. Die Kastrationsprojekte der Samtgemeinde Bruchhausen-Vilsen in
Zusammenarbeit mit dem Bündnis „Pro Katze“
Um die Katzenverordnung des Landkreises Diepholz auf einen guten Weg zu
bringen, hat die Samtgemeinde Bruchhausen-Vilsen zusammen mit dem
Bündnis „Pro Katze“ mehrere Kastrationsprojekte durchgeführt.
Das Bündnis „Pro Katze“ hat sich Anfang 2012 aus den drei großen Tier-
schutzorganisationen Tasso e.V., Vier Pfoten und dem Bund gegen Miss-
brauch der Tiere e.V. (bmt) zusammengeschlossen und setzt sich für eine
bundesweite Kastrations-, Kennzeichnungs- und Registrierungspflicht für
Freigängerkatzen ein. Gemeinsam mit den Gemeinden, die eine Katzenver-
ordnung erlassen haben, führen sie Kastrationsprojekte durch.161
5.1 Inhalt und Vorgehensweise
Zum Vollzug der Katzenverordnung ist gemäß § 97 Abs. 1 Nds. SOG die Ge-
meinde zuständig. Um die Verordnung wirksam umsetzen zu können, wurde
sie vorerst publik gemacht. Daher wurde erstmalig im Januar 2013 über zwei
Monate eine Aktion zur Kastration von freilebenden sowie freilaufenden Kat-
zen durchgeführt. Das Bündnis „Pro Katze“ hat zusammen mit der örtlichen
Tierschutzgruppe und den Tierärzten aus der Region freilebende Katzen ein-
gefangen, kastriert gekennzeichnet, medizinisch versorgt und am selben Ort
wieder freigelassen. Freilebende Katzen konnten zuvor bei der Projektleiterin
gemeldet werden. In dem Zug wurde auch das weitere Verfahren mit den Be-
troffenen besprochen. An bestimmten Tagen, die mit den Tierärzten vereinbart
wurden, wurden die Stellen, an denen vermehrt freilebende Katzen gesichtet
und gemeldet wurden, angefahren und die Tiere mittels Lebendfallen einge-
fangen und zu den Tierarztpraxen gebracht. Die Mikrochips zur Kennzeich-
nung der Tiere wurden von einer Firma kostenlos zur Verfügung gestellt. Die
Registrierung der freilaufenden Katzen erfolgte auf die örtliche Tierschutz-
gruppe.162
Da es sich hierbei um freilebende Katzen handelt, die sich lediglich draußen
aufhalten, wäre eventuell zusätzlich eine Ohrspitzenmarkierung von Vorteil
161
Vgl. Vier Pfoten, http://www.vier-pfoten.de/projekte/streunerhilfe/sie-sind-ueberall/buendnis-pro-katze/; Aktuelles-Internet vom 09.11.2012, „Kastrations- und Kennzeichnungspflicht für Katzen im Landkreis Diepholz, Anl. 5.
162 Zum Ganzen vgl. Aktuelles-Internet vom 09.11.2012, „Kastrations- und Kennzeich-nungspflicht für Katzen im Landkreis Diepholz, Anl. 5; Artikel Kreiszeitung vom 17.12.2014 „Aktion gegen Katzen-Überpopulation“, Anl. 6.
30
gewesen. Das gerade Abtrennen der Ohrspitze im Zusammenhang mit der
Kastration während die Katze in Narkose liegt ermöglicht das Erkennen von
bereits kastrierten Katzen aus der Distanz. So wird vermieden, dass bereits
kastrierte Katzen erneut eingefangen und großem Stress ausgesetzt werden.
Diese Methode ist aus tierschutzrechtlicher Sicht auch vertretbar, da die Katze
während der Maßnahme in Narkose liegt und ihr somit keine Schmerzen oder
Leiden zugefügt werden und die Markierung ihrem Schutze dient.163
Neben der Kastration von verwilderten Katzen wurden ebenfalls Zuschüsse an
Katzenhalter als Anreiz zur Kastration und Kennzeichnung ihrer Katze ge-
währt. In Hinblick auf die Katzenverordnung war hierbei neben der Kastration
auch die Kennzeichnung der Tiere zwingend vorzunehmen, um den Zuschuss
seitens der Samtgemeinde zu erhalten. Für einen Kater wurde ein Zuschuss
in Höhe von 10,00 Euro gewährt, für eine Katze ein Zuschuss in Höhe von
20,00 Euro.164
Um die Öffentlichkeit auf diese Aktionen aufmerksam zu machen, hat das
Bündnis „Pro Katze“ auf den zuvor in der Samtgemeinde stattfindenden Weih-
nachtsmärkten die Bürger mit einem Informationsstand über das Thema der
anwachsenden Katzenpopulation aufgeklärt und Informationsmaterialien zur
Katzenverordnung und den geplanten Kastrationsprojekten verteilt.165 Öffent-
lichkeitsarbeit ist für die Umsetzung einer derartigen Verordnung unerlässlich.
Zur nachhaltigen Eindämmung der Katzenpopulation wurde in einem zweiten
Aktionszeitraum von Oktober bis Dezember 2013 die oben geschilderte Aktion
nochmals durchgeführt. Die Bürger der Samtgemeinde Bruchhausen-Vilsen
konnten der Projektleiterin erneut die Aufenthaltsorte der freilebenden Katzen
mitteilen, bevor diese dann eingefangen, kastriert, gekennzeichnet und medi-
zinisch behandelt wurden. Auch der Zuschuss für die Katzenhalter wurde für
diesen Zeitraum wiederholt gewährt.166
163
Zum Ganzen vgl. Binder, S. 2 f. 164
Zum Ganzen vgl. Artikel Kreiszeitung vom 17.12.2014 „Aktion gegen Katzen-Überpopulation“, Anl. 6.
165 Vgl. Aktuelles-Internet vom 09.11.2012, „Kastrations- und Kennzeichnungspflicht für Katzen im Landkreis Diepholz, Anl. 5.
166 Zum Ganzen vgl. Artikel Weserkurier vom 09.10.2013, „Ein Schnitt, ein Chip – fertig“, Anl. 7.
31
Im zweiten Lauf wurden nicht nur die neugemeldeten Katzen kastriert, son-
dern auch die, die im Frühjahr 2013 noch zu jung zur Kastration waren. Dabei
zeigte sich, dass die Katzen, die bereits im Frühjahr kastriert wurden, in einem
guten gesundheitlichen Zustand waren und die Population stabil blieb.167
Die Methode des Einfangens, Kastrierens und Zurückbringens wird auch in
der Literatur vielfach vertreten. In den 1970er Jahren wurde sie in Großbritan-
nien entwickelt und erprobt und weltweit als „Methode der tierschutzkonfor-
men Bestandsregulierung verwilderter Katzen“168 anerkannt.169
5.2 Zweck und Ergebnis
Die Projekte dienten hauptsächlich dazu, die Bürger für die Notwendigkeit der
Kastration von freilaufenden Katzen zu sensibilisieren und die Katzenverord-
nung in der Öffentlichkeit offenkundig zu machen. Die Katzenhalter sollten
sich bewusst machen, dass ihre freilaufende Katze einen erheblichen Beitrag
zum Anstieg der Katzenpopulation und den daraus resultierenden tierschutz-
rechtlichen und gesundheitlichen Problemen leistet.
Zudem wird durch die Projekte gewährleistet, dass bei einem erneuten Ein-
fangen einer Katze und deren Abgabe im Tierheim unmittelbar auf Grund der
Kennzeichnung und Registrierung auf die Tierschutzgruppe oder einen Privat-
halter festgestellt werden kann, dass es sich um eine freilebende Katze han-
delt, die bereits kastriert ist und somit direkt wieder freigelassen werden kann
oder eine Katze, die lediglich ihrem Halter entlaufen ist. Dank der mit der
Kennzeichnung verbundenen Registrierung auf einem Internetportal kann sie
ihrem Besitzer unmittelbar wieder zugeführt werden.
Folglich hat sich auch im Bereich der Fundtierzahlen durch den Erlass der
Katzenverordnung und der damit zwingenden Kastration und Kennzeichnung
der Katzen und den Kastrationsprojekten der Samtgemeinde Bruchhausen-
Vilsen eine sinkende Tendenz ergeben.
Der unten stehenden Grafik kann man entnehmen, dass die Zahl der aufge-
nommenen und abgegebenen Katzen im Jahr 2010 noch bei 96 Katzen lag
bevor sie 2011 auf 87 Katzen sank. Der Anstieg auf 92 Katzen in 2012 könnte
167
Zum Ganzen vgl. Vier Pfoten, http://www.vier-pfoten.de/projekte/streunerhilfe/sie-sind-ueberall/vier-pfoten-vor-ort/
168 Binder, S. 2.
169 Vgl. Binder, S. 1 f.; Kalz, S. 104; Lerch-Leemann in Sambraus/Steiger, S. 792.
32
darauf zurückzuführen sein, dass vermehrt Katzen begründet auf das ab dem
01.10.2012 geltende Kastrationsgebot abgegeben wurden. Generell sind in
diesen Jahren jedoch nur leichte Schwankungen zu verzeichnen. 2013 ist ein
signifikanter Fall der Anzahl auf 25 Katzen zu verzeichnen. Das niedrige Ni-
veau hat sich im Jahr 2014 mit 15 Katzen fortgesetzt. Der Grund hierfür könn-
te durchaus in den durchgeführten Kastrations- und Kennzeichnungsprojekten
liegen, da freilebende Katzen dadurch unmittelbar als solche eingestuft und
wieder freigelassen werden konnten. Außerdem könnte durch die geltende
Pflicht zur Kastration und Kennzeichnung von freilaufenden Katzen ein Be-
wusstseinswechsel in der Bevölkerung stattgefunden haben, sodass mehr
Menschen ihre Katze kastrieren und kennzeichnen lassen und diese dadurch
ein kleineres Streifgebiet erkundet und so die Gefahr sinkt, in einem Tierheim
abgegeben zu werden. Für den Fall ist ohnehin auf Grund der Kennzeichnung
eine direkte Zuordnung der Katze zu einem Besitzer möglich.
Abbildung 2 – Aufgenommene oder abgegebene Katzen in der Samtgemeinde Bruchhausen-
Vilsen, Eigene Darstellung, Auskunft von Volker Kammann (Leiter Fachbereich III - Bürgerser-
vice), Telefongespräch vom 14.01.2015
Insgesamt wurden in den beiden Projekten über 350 Katzen, sowohl freile-
bende als auch freilaufende, kastriert und so ein nachhaltiger Beitrag zur Ver-
ringerung der Katzenpopulation geleistet. Theoretisch gesehen wurde damit
der Anstieg der Population um 2.500 Katzen verhindert. Der Kostenaufwand
96
87
92
25 15
0
20
40
60
80
100
120
2010 2011 2012 2013 2014
An
zah
l
Jahr
Aufgenommene oder abgegebene Katzen in der Samtgemeinde Bruhhausen-Vilsen
Anzahl Katzen
33
betrug insgesamt ca. 20.000,00 Euro von denen das Bündnis „Pro Katze“ den
Großteil übernahm.170
5.3 Fortführung
Gerade in Hinblick auf die nachhaltige Eindämmung der Population von freile-
benden Katzen werden die Projekte zusammen mit der Hamburger Stiftung
Vier Pfoten zukünftig auf eine andere Art und Weise fortgeführt, da durch die
verpflichtende Kastration und Kennzeichnung von Freigängerkatzen wird nicht
die Kastration von verwilderten, freilebenden Katzen ersetzt wird171.
Katzen, die zukünftig als Fundkatzen gemeldet werden, tatsächlich aber als
freilebende Katzen ohne Besitzer einzuordnen sind, werden eingefangen, von
den lokalen Tierärzten kastriert und am selben Ort wieder freigelassen. Die
Personen, die die Fundanzeige über eine freilebende Katze stellen, sollen
über diese Möglichkeit informiert werden. Sie müssen die Katze jedoch selber
zum Tierarzt bringen und diese anschließend auch wieder in ihrem Revier
freilassen.172 Der Erfolg des Projektes hängt damit von der Eigeninitiative ver-
antwortungsbewusster Bürger ab.
Auf diese Weise soll die Vermehrung der Katzenpopulation weiterhin einge-
dämmt werden und die in der Praxis häufig auftauchende Abgrenzungsprob-
lematik von Fund und herrenlosen Katzen abgeschwächt werden.173
Für dieses fortgeführte Projekt würde die Stiftung Vier Pfoten Finanzmittel in
Höhe von 3.000,00 Euro zur Verfügung stellen. Mittel, die darüber hinaus be-
nötigt werden, könnten durch Einsparungen bei der Unterbringung von Fund-
tieren, die durch das Projekt erreicht werden könnten, bereitgestellt werden.174
Das Projekt stellt eine effektive Methode dar, die oben beschriebene Fundtier-
problematik besser in den Griff zu bekommen, die Tierheime zu entlasten und
170
Zum Ganzen vgl. Artikel Kreiszeitung vom 21.01.2014, „350 Katzen kastriert“, Anl. 8.
171 Vgl. Schleswig Holsteinischer Landtag, Umdruck 18/2503, S. 6.
172 Zum Ganzen vgl. Vermerk der Samtgemeinde Bruchhausen-Vilsen vom 04.03.2014, Anl. 9.
173 Vgl. Vermerk der Samtgemeinde Bruchhausen-Vilsen vom 04.03.2014, Anl. 9; Artikel Kreiszeitung vom 22.07.2014 „Kastrationsprojekt für Katzen: Fortsetzung folgt“, Anl. 10.
174 Zum Ganzen vgl. Vermerk der Samtgemeinde Bruchhausen-Vilsen vom 04.03.2014, Anl. 9.
34
den freilebenden Katzen ein tiergerechteres Leben außerhalb eines Tierheim,
was für diese wildlebenden Tiere mit großen Stress verbunden wäre, zu er-
möglichen.
6. Schlussfolgerungen
Obgleich zuvor ausführlich geprüfter rechtlicher Bedenken einer kommunalen
Katzenverordnung, besteht unstrittig das Problem der stark anwachsenden
Katzenpopulation, welches bei einem Untätig bleiben der Behörden zukünftig
zu weitaus höheren Kosten führen wird, als es derzeit der Fall ist, wenn dies-
bezüglich keine Maßnahmen ergriffen werden. Eine Katzenverordnung
durchweg als rechtlich unzulässig auszuschließen ist auf Grund der vorliegen-
den Ausführung nicht gerechtfertigt und auch nicht zielführend.
Generell wird die getroffene Regelung des § 13 b TierSchG erwünscht, da so
der Schutz von Katzen vor Leiden und Schmerzen in den Ländern nachhaltig
und flächendeckend gewährleistet werden kann. Eine Verordnung kann damit
aus tierschutzrechtlichen Gründen ergehen und braucht nicht länger lediglich
auf Gründen der Gefahrenabwehr beruhen.
Das Land Niedersachsen hat zwar bisher keine Regelung beruhend auf § 13 b
TierSchG getroffen, beabsichtigt dies jedoch eventuell nach Evaluation der
Daten des landesweiten Projektes, das Ende 2014 abgeschlossen wurde, so
dass möglicherweise noch im Jahr 2015 mit einer derartigen Verordnung ge-
rechnet werden kann.175 Um den regionalen Unterschieden bezüglich der Kat-
zenpopulation gerecht zu werden, wäre eine Regelung wie sie in Baden-
Württemberg getroffen wurde wünschenswert, indem die Zuständigkeit zum
Erlass von Katzenverordnungen auf die Gemeinden übertragen wird. So hät-
ten bereits bestehende gemeindliche Katzenverordnungen auch nach Erlass
einer derartigen Zuständigkeitsverordnung des Landes weiterhin Bestand.
Daher sollte derzeit weiterhin die Möglichkeit bestehen bleiben, eine Kat-
zenverordnung auf kommunaler Ebene erlassen zu können, und zwar so lan-
ge, bis die Landesregierung Niedersachsen von ihrer Ermächtigung aus § 13
b TierSchG Gebrauch macht.
175
Vgl. Niedersächsischer Landtag, Drucksache 17/1048, S. 2; NSGB, Schreiben vom 27.05.2014, S. 2, Anl. 11.
35
Weiterhin spricht für eine landeseinheitliche Regelung ebenfalls, dass derzeit
das Aussetzen von Katzen strafrechtlich schwer verfolgbar, da es keine flä-
chendeckende Verpflichtung zur Kennzeichnung von Katzen gibt und viele
Katzen daher keinem Besitzer zugeordnet werden können.
Mit einer gemeindlichen Katzenverordnung kann nicht nur das Leid der Katzen
verringert werden, sondern auch die Problemlage im Fundrecht geschmälert,
wenn auch nicht beseitigt werden, da hierfür einfach grundlegende handfeste
Regelungen fehlen. Beiläufig werden durch sinkende Fundtierzahlen auch
unnötig hohe Kosten zu Lasten der Steuerzahler durch Vermeidung der Auf-
nahme von herrenlosen Tieren vermieden.
Trotz der Erkenntnis, dass eine flächendeckende Kontrolle durch die Gemein-
den bezüglich der Einhaltung der Kastrations- und Kennzeichnungspflicht
nicht möglich ist -aber auch nicht Ziel des ganzen sein soll- so kann auf Hin-
weise aus der Bevölkerung ein Vollzug gewährleistet werden und dort, wo
wiederholt Verstöße festgestellt werden, gehandelt werden.
Letztendlich kann bei einer konsequenten Kastration von freilaufenden Katzen
und regelmäßigen Kastrationsprojekten die Katzenpopulation eingedämmt
werden, womit man auch der veränderten emotionalen Einstellung der Gesell-
schaft zum Schutz von Tieren Rechnung tragen würde.
36
Anhang
Anlage 1 – Schreiben der Samtgemeinde Bruchhausen-Vilsen an die
Gemeinde Stuhr vom 25.11.2011, „Probleme mit der Katzenpopulation -
Gefahrenabwehrverordnung“
38
Anlage 2 – Niedersächsischer Städte- und Gemeindebund, Eildienst vom
06.09.2011, „Kastrationspflicht von Freigängerkatzen“
40
Anlage 3 – Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Ver-
braucherschutz, Schreiben vom 07.09.2012
42
Anlage 4 – Verordnung über die Kastrations- und Kennzeichnungspflicht
von Katzen im Gebiet des Landkreises Diepholz, die sich außerhalb der
Wohnungen ihrer Halter frei bewegen (KatzenV)
43
Anlage 5 – Aktuelles-Internet vom 09.12.2012, „Kastrations- und Kenn-
zeichnungspflicht für Katzen im Landkreis Diepholz“
47
Anlage 9 – Verwaltungsinterner Vermerk vom 04.03.2014, „Fortsetzung
Kastrationsprojekt 2013 – Streunerkatzenprojekt 2014“
49
Anlage 10 – Artikel Kreiszeitung vom 22.07.2014, „Kastrationsprojekt für
Katzen: Fortsetzung folgt“
50
Anlage 11 – Niedersächsischer Städte- und Gemeindebund, Schreiben
vom 27.05.2014, „ Gefahrenabwehr; Erlass einer Gefahrenabwehrverord-
nung über die Kastrations- und Kennzeichnungspflicht von Katzen“
52
Schriftliche Erklärung (Versicherung)
„Ich versichere, dass ich die vorliegende Bachelorarbeit selbstständig und nur
unter Verwendung der angegebenen Hilfsmittel angefertigt und die den be-
nutzten Quellen wörtlich oder inhaltlich entnommenen Stellen als solche
kenntlich gemacht habe.
Die Arbeit hat in gleicher oder ähnlicher Form noch keiner anderen Prüfungs-
behörde vorgelegen.“
Ort, Datum Unterschrift (Vorname, Name)
53
Erklärung zur Veröffentlichung der Bachelorarbeit
Erklärung des Prüflings:
Ich bin damit einverstanden, dass meine Bachelorarbeit durch die Kommunale
Hochschule für Verwaltung in Niedersachsen (HSVN) der Öffentlichkeit zu-
gänglich gemacht und sie Dritten auf Anfrage zur Verfügung gestellt wird.
Mir ist bekannt, dass die HSVN grundsätzlich nur die mit „Gut“ bzw. „Sehr gut“
benoteten Bachelorarbeiten weitergeben wird.
Ja Nein
Die Hinweise zum Datenschutz habe ich zur Kenntnis genommen.
Bei Nachfragen bin ich wie folgt zu erreichen:
Insa Twietmeyer
Placken 9
27318 Hoyerhagen
Ort, Datum Unterschrift
Hinweise zum Datenschutz:
Personenbezogene Daten (Einzelangaben zu persönlichen und sachlichen
Verhältnissen natürlicher Personen nach § 3 I NDSG) dürfen nur im Rahmen
des gewählten Bachelorarbeitsthemas erhoben werden. Die Daten sind zu
anonymisieren.
Die im Rahmen der Stoffsammlung für die Bachelorarbeit gewonnen Daten
unterliegen der beamtenrechtlichen Verschwiegenheitspflicht und sind nach
Abschluss des Prüfungsverfahrens zu vernichten.