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Globale Reaktorsicherheit 

Leopold WeilSalzgitter

Herbstsitzung 2004 des Arbeitskreises Energie der Deutschen Physikalischen Gesellschaft

Bad Honnef, 22. Oktober 2004

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Gliederung

• Einführung• Kerntechnische Anlagen weltweit• Die INES-Skala• Die Dynamik der Nuklearsicherheit• Abschätzung des globalen

Sicherheitsniveaus– Methodik– Ergebnisse

• Zusammenfassung und Folgerungen

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Einführung

• Der schwere Reaktorunfall im – seinerzeit sowjetischen – Kernkraftwerk Tschernobyl im Jahre 1986 liegt heute mehr als 20 Jahre zurück.

• Seitdem ist weltweit viel geschehen: Die Sicherheit vieler Anlagen wurde in gesonderten Sicherheitsüberprüfungen beurteilt und verbessert. Der nukleare Anteil an der Energieversorgung ist seitdem gewachsen und wird international überwiegend als nachhaltig und unverzichtbar eingeschätzt.

• Mit dem Entschluss des finnischen Betreibers TVO, eine innovatives Kernkraftwerk vom Typ EPR zu errichten und zu betreiben, tritt die friedliche Kernenergienutzung mit Anlagen, in denen die Folgen eines Unfalls beherrscht werden, technologisch in eine neue Phase ein.

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Einführung

• Auf den ersten Blick mag es daher überraschen, wenn M. El Baradei, der Generaldirektor der IAEA, die Betreiber von Kernkraftwerken weltweit zu erhöhter Bereitschaft aufruft, in den Anstrengungen, die Sicherheit ihrer Anlagen zu erhalten und - wo immer dies angemessen erscheint - weiter zu verbessern.

• Zur gleichen Zeit richten K. Brockman (Leiter der Nuclear Safety Division der IAEA) sowie die Vorsitzenden der OECD/NEA-Gremien CNRA (Committee on Nuclear Regulatory Activities, Vorsitzender ist Y. Laaksonen, Finnland) und CSNI (Committee on the Safety of Nuclear Installations, zuständig für Fragen der Reaktorsicherheitsforschung, Vorsitzender A. Thadani, USA) Schreiben an die Mitgliedsländer des von IAEA und NEA gemeinsam organisierten IRS (International Reporting System), um auf Defizite in der Meldemoral hinzuweisen.

• Diese auf den ersten Blick widersprüchlich erscheinenden Feststellungen werfen die Frage auf, wie die aktuelle Situation der Nuklearsicherheit auf einer globalen Skala zu beurteilen ist und welche Methoden dafür zu Verfügung stehen.

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Kerntechnische Anlagen weltweit

• Weltweit werden etwa 450 Kernkraftwerke sehr unterschiedlichen Alters und verschiedener Auslegung betrieben.

• Hinzu kommen die Anlagen des Kernbrennstoffkreislaufs.

• Schließlich sind die stillgelegten Anlagen in die

Betrachtung einzubeziehen.

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Anlagen der Ver- und Entsorgung

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Kerntechnische Sicherheitsmaßstäbe

• Die Anlagen stellen bezüglich möglicher Anlagenzustände von der Störung über den Störfall bis hin zum Unfall sowohl bezüglich der jeweiligen Auswirkungen als auch hinsichtlich der Eintrittswahrscheinlichkeit ein breites Spektrum dar.

• Die Sicherheit der einzelnen Anlage beurteilt man auf der Grundlage von Sicherheitsanalysen und der Betriebserfahrung.

• Die probabilistische Sicherheitsanalyse liefert durch ihre ganzheitliche Herangehensweise eine Aussage über das integrale Risikoniveau einer Anlage.

• Probabilistische Kenngrößen für Kernkraftwerke sind z.B. die Häufigkeit von Kernschadenszuständen oder von Freisetzungskategorien sowie die Häufigkeit von frühen großen Freisetzungen.

• Was ist ein geeignetes Maß für das „globale Sicherheitsniveau“ ?

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Die INES-Skala

• In der nationalen und internationalen Kommunikation über Ereignisse hat sich die INES-Skala des IRS bewährt.

• Sie hat den Vorteil, sehr weitgehend anlagentypunabhängig definiert zu sein, da die Einstufung von Ereignissen maßgeblich nach deren Konsequenzen erfolgt.

• Sie wird global angewendet, insbesondere auch in der Kommunikation mit der Öffentlichkeit.

• Zusammenfassende Berichte werden veröffentlicht.• Über die Häufigkeiten von Ereignissen bestimmter

Skalenwerte sollte ein Zugang zu einer Definition eines globalen Sicherheitsniveaus möglich sein.

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Die INES-Skala

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Der dynamische Charakter der Reaktorsicherheit (1)

• Die Entwicklung der Reaktorsicherheit steht nicht still. Durch technische Weiterentwicklung in Verbindung mit Nachrüstungen, die man infolge präziserer Analyseinstrumente – hier ist vorrangig die PSA zu nennen - immer gezielter einsetzen kann, sowie durch das Anwachsen der Betriebserfahrungen wird eine Verbesserung des Risikoniveaus erreicht.

• Auch die Ersetzung von Altanlagen durch Neubauten wirkt in diese Richtung.

• Das „Restrisiko“ als unvermeidliche feste Größe gibt es mithin nicht. Die „Vernebelung“ dieses Sachverhalts von interessierter Seite durch Diskreditierung der PSA ist gängige Praxis.

• Die folgende Abbildung zeigt den dynamischen Charakter der Reaktorsicherheit.

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UnsatisfactoryPlants

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IAEA

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6

4

11

8

7

2

15

1012

9

Backfit

Backfit+

EvolutionaryImprovements

EvolutionaryImprovements

+Innovation

Some Examples:1 Sizewell B2 N-43 Biblis B4 Konvoi5 EPR(not directly comparable)6 P-Bottom7 Zion8 Surry9 AP60010 ABWR11 CANDU12 Sys80+

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Einteilung fortgeschrittener Reaktorlinien nach Kugeler

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Der dynamische Charakter der Reaktorsicherheit (2)

• Bedauerlicherweise gibt es aber auch gegenläufige Entwicklungen, die global gesehen durch zahlreiche Beispiele unabweisbar belegt sind und die verschiedenste Ursachen haben.

• Zu diesen gehören Verschiebungen in der Balance von Sicherheit und Wirtschaftlichkeit aufgrund von politischen oder firmenpolitischen Prozessen. Die Erscheinungsformen sind vielfältig und umfassen Kompetenzverlust, Niedergang der Sicherheitskultur, Personalabbau, Verzögerung von sicherheitsgerichteten Maßnahmen u.a.m..

• Derartige Entwicklungen wirken global. Es gibt über die Medien eine starke internationale Kopplung, so dass Verantwortung in der nationalen Nuklearsicherheit zwangsläufig eine intensive und andauernde Verfolgung und Bewertung der globalen Nuklearsicherheit verlangt.

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Anmerkungen zum „globalen Sicherheitsniveau“

• Wie immer man das „globale Sicherheitsniveau“ definiert, es war in den 70er und 80er Jahren des letzten Jahrhunderts unzureichend, wie die schweren Unfälle in TMI 2 (1979) und Tschernobyl (1986) – aber auch zahlreiche andere Ereignisse – belegen.

• Es hat seither intensive Bemühungen zur Besserung der Nuklearsicherheit gegeben - namentlich in den USA und in ost- und mitteleuropäischen Staaten – aber auch gegenläufige Entwicklungen waren unverkennbar (z.B. Davis Besse).

• Wo stehen wir nun? Wie „messen“ wir diese Position? Was ist im Ergebnis zu tun?

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Methodik

• Im Rahmen der Habilitationsschrift des Autors wurde die in den Jahren 1991/1992 eingeführte Ereignisklassifizierung des „International Nuclear Event Scale“ („INES-Skala“) als Ausgangspunkt genommen.

• Als geeignete Größen wurden die Summe „g“ der Häufigkeiten für die Unfälle mit einschneidenden Auswirkungen in der Anlage oder sogar auf die Umgebung (Stufen 6 und 7) sowie - in erster Linie als mögliche Vorläuferereignisse zu diesen Unfällen - die Häufigkeit „h“ der summierten Ereignisse der Stufen 4 und 5 gewählt.

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D a s R e c h e n m o d e l l ( 1 )g j – d e r W e r t d e r K e n n g r ö ß e „ g “ i m J a h r e j ( j = 1 9 9 5 , . . . ,2 0 2 5 ) - e r g i b t s i c h h i e r n a c h a l s S u m m e d e r B e i t r ä g e d e r e i n -z e l n e n A n l a g e n .

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S i e v a r i i e r e n u m e i n e n F a k t o r 1 0 0 v o m M i n i m u m z u m M a x i -m u m . D i e s e V a r i a t i o n s b r e i t e e n t s p r i c h t i n e t w a d e r i n d e na m e r i k a n i s c h e n I P E - A n a l y s e n b e o b a c h t e t e n S t r e u b r e i t e d e sS i c h e r h e i t s n i v e a u s . D i e K o n s t a n t e g 0 i s t s o z u b e s t i m m e n ,d a s s g 1 9 9 5 = 0 , 0 5 a - 1 i s t .

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D a s R e c h e n m o d e l l ( 2 )

D i e w e i t e r e n A n n a h m e n b e t r e f f e n d i e i n d e nk e r n t e c h n i s c h e n A n l a g e n s e i t 1 9 9 5 d u r c h d i eV e r b e s s e r u n g d e r A n l a g e n t e c h n i k , d e s B e t r i e b su n d d e r O r g a n i s a t i o n e r r e i c h t e n R e d u k t i o n e nv o n „ g “ . E s w i r d v o n e i n e r j ä h r l i c h e n M i n d e r u n ga u s g e g a n g e n , d i e d u r c h e i n e n F a k t o r „ q i “b e s c h r i e b e n w i r d .

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Das Basisszenario (1)Für das zuvor beschriebene Rechenmodell soll nunein Datensatz festgelegt werden, der im Sinne einerplausiblen Extrapolation der gegenwärtigen Trendsder Sicherheitsverbesserung für den Zeitraum bis2025 den zeitlichen Verlauf von „g“ und „h“quantitativ festlegt. Dieser Wertesatz wird als„Basisszenario“ bezeichnet.

Es wird von 490 in Betrieb befindlichenkerntechnischen Anlagen ausgegangen, davonsind 430 Kernkraftwerke und 60 sonstige Anlagendes Kernbrennstoffkreislaufs (stillgelegteAnlagen und Einrichtungen der Erzaufbereitungwurden nicht mitgezählt).

Die Ausgangswerte für „g“ und „h“ - ermitteltüber den Zeitraum 1991 bis 2000 - sind: h = 0,151/a und g = 0,05 1/a. Sie werden dem Zeitpunkt1996 zugeordnet, also der Mitte desMittelungsintervalls.

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D a s B a s i s s z e n a r i o ( 2 )

F ü r d e n V e r b e s s e r u n g s f a k t o r „ q i “ w i r da n g e n o m m e n , d a ß f ü r d i e A n l a g e n m i t d e mh ö c h s t e n „ g - W e r t “ b i s z u m J a h r e 2 0 2 5 e i n eR e d u k t i o n u m e i n e n F a k t o r 1 0 0 e r r e i c h t w i r d( q m i n ) . F ü r d i e A n l a g e n m i t d e m g e r i n g s t e n W e r ts i n d V e r b e s s e r u n g e n n i c h t i n g l e i c h e m M a ß ee r f o r d e r l i c h u n d w o h l a u c h n u r s c h w e r e re r r e i c h b a r , d a h e r w i r d h i e r l e d i g l i c h e i n eR e d u k t i o n u m e i n e n F a k t o r 1 0 a n g e s e t z t ( q m a x ) .

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Ergebnisse zum Basisszenario

Der zeitliche Verlauf der Größen „g“ und „h“ in den Jahren von 1995- 2025 entsprechend den Annahmen des „Basisszenarios“ – derschraffierte Bereich stellt einen „akzeptablen Bereich“ dar.

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Ergebnisse (1)

• Die Kernkraftwerke tragen aufgrund der großen Zahl von Anlagen, des hohen Aktivitätsinventars und der physikalisch gegebenen Möglichkeiten der Freisetzung zu den Risikokenngrößen „g“ und „h“ signifikant bei; demgegenüber treten die Risikobeiträge der übrigen Stationen und Einrichtungen des Kernbrennstoffkreislaufs – jedenfalls bei schwerwiegenden Ereignissen - in den

Hintergrund.

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Ergebnisse (2)• Als - im Sinne einer integralen Risikobilanz – weitgehend

vernachlässigbar sind die Uranerzgewinnung, die Transporte radioaktiver Stoffe und stillgelegte Anlagen anzusehen. Wegen der chemisch-toxischen Eigenschaften der eingesetzten Kernbrennstoffe ist in den Bereichen Anreicherung, Konversion und Brennelementfertigung ein Freisetzungsrisiko von gasförmigen Uranhexafluorid gegeben. Bei der Anreicherung von Natururan, der Brennelementfertigung und der Wiederaufarbeitung bestrahlter Kernbrennstoffe gilt es darüber hinaus, das Auftreten von Kritikalität zu vermeiden, es sei in diesem Zusammenhang an den Unfall in der japanischen Konversionsanlage Tokai Mura von 1999 erinnert. Beim Umgang mit Plutonium bei der Wiederaufarbeitung und der MOX-Brennelementfertigung kann es bei einer Freisetzung zu signifikanten Expositionen infolge von Inkorporation, insbesondere durch Inhalation luftgetragener Radionuklide, kommen.

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Ergebnisse (3)

• Im Rahmen der o.g. Arbeit wurden für die Dynamik der Größen „g“ und „h“ quantitative Modellvorstellungen entwickelt und für Extrapolationen bis in das Jahr 2025 genutzt. Ausgangspunkt ist eine statistische Einschätzung der Kennwerte „g“ und „h“ anhand der IRS-Daten für den Zeitraum 1991 bis 2000, die angesichts der geringen Zahl von Ereignissen – eines vom Typ „h“ und keines vom Typ „g“ – durch weitere Informationen abgesichert werden musste.

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Ergebnisse (4)

• Letztere stammen zum einen aus einer Auswertung vorliegender Risikoanalysen der Stufe 2, die eine Einschätzung des Verhältnisses von g/h zulassen, sowie aus der Zusammenführung des Wertes von „g“ für die 80er Jahre mit den Analyseergebnissen zur im darauffolgenden Jahrzehnt durch Nachrüstung erreichten Verbesserung des weltweiten Sicherheitsniveaus kerntechnischer Anlagen. Das „Basisszenario“ für die weitere zeitliche Entwicklung besteht in seinen wesentlichen Annahmen aus einer Verteilung der Beiträge der etwa 490 Anlagen weltweit zu „g“ und „h“ auf etwa zwei Größenordnungen sowie auf einer weiteren - moderaten - Verbesserung des Sicherheitsniveaus aller Anlagen, das für die „sichereren“ Anlagen tendenziell langsamer verläuft als für die „weniger sicheren“.

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Ergebnisse (5)

• Auf dieser Basis lässt sich zeigen, dass die Wahrscheinlichkeit, im Betrachtungszeitraum mindestens ein Ereignis vom Typ „g“ zu haben, zwar nicht vernachlässigbar, aber mit etwa 0,1 hinreichend klein ist.

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Ergebnisse (6)

• Dieses Szenario kann als eine Vorgabe an die weltweite Nuklearindustrie gelesen werden. Erreicht sie dieses Voranschreiten des Sicherheitsniveaus nicht, so muss mit Rückschlägen gerechnet werden, die zusätzlich zu den unmittelbaren Unfallschäden mit äußerst negativen Auswirkungen auf die allgemeine Akzeptanz der Kernenergienutzung einhergehen können. Auch dies wird in der o.g. Untersuchung durch Alternativszenarien quantifiziert, die ein Stagnieren bzw. sogar eine Verschlechterung des Sicherheitsniveaus eines Teiles der Anlagen unterstellen.

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Folgerungen

• Mit der letzten Bemerkung löst sich der – scheinbare - Widerspruch auf, der einleitend zwischen den überwiegend guten Betriebsergebnissen der zurückliegenden 15 Jahre und den Mahnungen von IAEA und NEA zur Aufrechterhaltung der weltweiten Sicherheitsstandards für Kernkraftwerke und die Anlagen zur nuklearen Ver- und Entsorgung festgestellt wurde.

• Es darf bei der friedlichen Nutzung der Kernenergie an keiner Stelle und zu keinem Zeitpunkt ein Nachlassen in den Anstrengungen auf dem Weg zu einem dauerhaft vertretbaren globalen Sicherheitsniveau geben.


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