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8/3/2019 Entwicklung Des Bluegrass' Und Banjo Spiels
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Mounir Mahmalat
-Entwicklung des Bluegrass' und Banjospiels-
Einflussnahme auf die amerikanische Gesellschaft am Beispiel
Earl Scruggs
Hausarbeit im Modul Musikwissenschaften
Seminar: Die Wege und Kulturen des Blues, SoSe 2010
Dozent: Dr. Uwe U. Ptzold
Studiengang: Musik und Medien
Institut fr Musikwissenschaften
Robert- Schumann- Hochschule Dsseldorf
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Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung............................................................................................... 32. Das Banjo............................................................................................... 4
2.1 bersicht
2.2Kurzer berblick ber die wichtigsten Arten................................. 5
2.2.1 5- String- Banjo
2.2.2 Plektrumbanjo
2.2.3 Tenorbanjo
3. Wurzeln des Banjospiels und Entstehung des Bluegrass'.................... 6
3.1 Anfnge und Minstrel- ra.............................................................. 6
3.2 Von der klassischen Periode und dem Jazz- Style...................... 8
3.3 Bill Monroe und die Entwicklung zum Bluegrass'......................... 10
4. Earl Scruggs- Leben und Einfluss auf die Entwicklung des Banjospiels, des
Bluegrass' und der amerikanischen Gesellschaft................................. 11
4.1 Leben bis zu den Bluegrass- Boys.................................................. 12
4.2 Die Zeit mit Bill Monroe und erste gesellschaftliche Bedeutung.. 14
4.3 Grndung und erste Schritte der Foggy Mountain Boys............ 16
4.4 Die 60er- Jahre Folk und Rockabilly- Bewegung.......................... 17
4.4.1 Gesellschaftlicher Einfluss des Bluegrass'...................... 18
4.4.2 Neue Spielstile................................................................. 18
4.4.3 Resonanz in Deutschland................................................ 19
4.4.4 Endgltiger Durchbruch................................................. 20
4.5 Die 'Frauenfrage'............................................................................. 21
4.6 Das Ende der Foggy Mountain Boys.............................................. 234.7 Die Protestbewegung...................................................................... 23
4.8 Weiterer Werdegang des Bluegrass'............................................... 25
4.9 Weitere Auszeichnungen und Ehrungen....................................... 25
5. Nachwort............................................................................................... 26
6. Quellenverzeichnis................................................................................ 27
7. Kurze Erluterung der beigefgten Audio- CD.................................... 28
8. Eigenstndigkeitserklrung.................................................................. 30
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1. Einleitung
Die Entwicklung der Bluegrass- Musik in den Sdstaaten von Amerika in der ersten
Hlfte des 20ten Jahrhunderts ist untrennbar verbunden mit der Entwicklung des
Banjos und seinen Spielweisen. Kein anderes Instrument, nicht einmal die noch lte-
re Fiddel, gibt dieser Musik ihren so unerverwechselbaren Sound; seine Spielweise
beeinflusst ganze Musikstile. So kommt es, dass es so gut wie keine traditionelle Blue-
grass- Band gibt, die ohne das Banjo den spezifischen Bluegrass- Sound beibehalten
kann. Dabei kommt es eben entscheidend auf die Spielweise an, die sich im Laufe der
Geschichte sehr grundlegend gendert und weiterentwickelt hat. Dies lsst sich vor
allem mit einem Namen in Verbindung bringen: Earl Scruggs. Erst als er zum Vater
des Bluegrass Bill Monroe und seinen Bluegrass Boys stie, entwickelte sich das,
was heute als der traditionelle Bluegrass- Sound bekannt ist. Diese Besetzung, Banjo,
Gitarre, Fiddel, Gesang und Bass gilt bis heute als die Grundbesetzung einer jeden
traditionellen Bluegrass- Band.
Earl Scruggs revolutionierte das Banjospiel und zusammen mit Bill Monroe die Mg-
lichkeiten des traditionellen Musizierens des Amerikas der Nachkriegszeit. Denn
Scruggs' Spielstil fand in Windeseile viele Fans und Nachahmer; das Banjo wurde
wieder zum massentauglichen und allgegenwrtigen Instrument, nachdem es nach
dem groen Brsenchrash 1929 schon totgesagt worden war und in der Gesellschaft
einen sehr schlechten Ruf hatte. Viele Bluegrass- Bands wurden gegrndet und fan-
den allgemein groe gesellschaftliche Anerkennung, die sogar die groe Rock' n' Roll
Zeit alla Elvis Presley berlebte. So verwandelte sich auch das Banjo vom Instrument
der Lower Classes und schwarzen Sklavenarbeiter zum gleichberechtigten und all-gegenwrtigen Instrument der amerikansichen Folk- Musik Szene, wobei es teilweise
bis heute einen symbolhaften Charakter geniet. Dabei erwies sich, dass das Banjo
ein uerst vielfltiges Instrument sein kann; es wurde dieser an sich schon neuartige
Spielstil weiter verndert, sodass heute in grob vier verschiedene Spielstile unter-
schieden werden kann. Diese finden jeweils Einsatz in verschiedensten Musikstilen,
die von Irish- Folk bis argentinischem Tango oder auch dem Rock reichen.
Ich mchte mich in dieser Arbeit zum einen mit der Frage beschftigen, welche Rolle
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das Banjo in der Entwicklung des Bluegrass' gespielt hat und wie seine Spielweisen
sich mit bzw. wegen des Bluegrass' verndert haben. Weiter mchte ich am Beispiel
des Banjovirtuosen und wohl einflussreichsten Banjospieler der Geschichte, Earl
Scruggs, beleuchten, welche Funktion damit der Bluegrass und mit ihm untrennbar
auch das Banjo im Prozess der Vernderung der Gesellschaft Amerikas im 19ten und
20ten Jahrhundert inne hatte. Dabei mchte ich zum Verstndnis an geeigneter Stel-
le die verschiedenen Spielstile, sowie die Funktionsweise der verschiedenen Entwick-
lungsstufen des Bluegrass' grundlegend erklren.
Doch um diese Entwicklung zu verstehen, muss man sich mit seiner Geschichte und
den Anfngen beschftigen. Hier liegt der Urspung und die Ursache des im Grunde
paradoxen Entwicklung zum amerikanischen Statussymbol, dessen Wirkungskreis
sich tatschlich ber den Kreis der Musikliebhaber hinaus erstreckt. Zuerst jedoch
wollen wir sehen, worum es in dieser Arbeit berhaupt geht und beschftigen uns mit
dem Instrument an sich.
2. Das Banjo
2.1 bersicht
Abb 1: Banjo; Quelle: www.t-hebluegrassblog.com
Das Banjo ist ein Zupfinstrument, bei dem ein Fell als Reso-
nanzkrper dient, das ber einen vollkommen runden Holz-
rahmen gespannt ist und sich mittels Spannschrauben span-
nen lsst. Es verfgt ber einen langen Hals, auf dem ab dem
spten 19ten Jahrhundert Bnde montiert wurden und hat
vier bis sechs Saiten. Beim fnfsaitigen Banjo geht die obers-
te Saite nicht ber die volle Lnge des Halses, sondern hat
seinen Stimmwirbel am 5. Bund angebracht. Es wird unter-
schieden in die Open- Back- und Kesselbanjos, wobei die
Kesselbanjos eine Art Kessel an der Rckseite festgeschraubt
haben. Dieser bietet mehr Resonanzflche und macht das
Banjo lauter und den Ton etwas runder. Open- Back- Banjos
sind also etwas leiser und klingen ein wenig percussiver.
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2.2 Kurzer berblick ber die wichtigsten Banjoarten1
2.2.1 5- String- Banjo
Das fnfsaitige Banjo ist die Urform des amerikansichen Banjos und fr den Blue-
grass und diese Arbeit das wichtigste. Die 5. Saite setzt neben der Basssaite in der
Halsmitte beim 5. Bund an und wurde ursprnglich nicht gegriffen. Die Spielweise
hat sich aber dahingehend verndert, dass sie nun von modernen und zeitgenssi-
schen Banjospielern sehr intensiv gegriffen wird. Der Felldurchmesser ist in der Re-
gel um die 11 Zoll, es hat 22 Bnde und die Stimmung gCGHD im klassischen Stil und
gDGHD im Bluegrass.
Einsatz: Bluegrass, amerikanische Volksmusik, Minstrel, Salonmusik um 1900,
Folk, vereinzelt auch Pop und Modern Jazz.
2.2.2 Plektrumbanjo
Der Hals hat wie bei dem Fnfsaiter 22 Bnde und einen Felldurchmesser von unge-
fhr 11 Zoll, hat aber nur 4 Saiten; die hohe g- Saite fehlt. Die Stimmung CGHD ist
ebenso bernommen.
Einsatz: Klassischer Jazz, Solo-Banjo
2.2.3 Tenorbanjo
Des heutige Tenobanjo ist in der Bauart dem Plektrumbanjo gleich, gestimmt ist es
aber in Quinten CGDA, oder in irischer- Stimmung GDAE, also eine Oktave unter der
der Geige. Gespielt wird es mit Plektrum.
Einsatz: Klassischer Jazz, Tanzmusik 20er Jahre, Solo-Banjo, Irish- Folk
Daneben gibt es noch eine ganze Reihe weiterer Banjoarten, die sich mit der Zeit ent-
wickelt haben, aber hufig Modeerscheinungen blieben und heute kaum noch eine
Bedeutung haben (wie etwa Bass,- Cello- und Sopranbanjos). Bis heute aktuell, aber
weniger hufig gespielt, werden etwa das Long- Neck- Banjo von Pete Seeger oder das
Gitarrenbanjo.
1 Anonymus; 5.August 2008: Banjoist, aus: : http://www.banjoist.de/banjos/typen.htm
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3. Wurzeln des Banjospiels und Entstehung des
Bluegrass'
3.1 Anfnge und Minstrel- ra
Die Wurzeln des Banjos liegen in Afrika. Zusammen mit afrikanischen Sklavenarbei-
tern wurde das Instrument nach Amerika importiert. Erste Erwhnung fand das Ban-
jo in einigen Berichten schon im 17ten Jahrhundert, ironischerweise im Zusammen-
hang mit einem Verbot; die schwarzen Einwohner auf der Insel Martinique sollten
mit dem Banjospielen aufhren. Whrend dieser Zeit wurde das Banjo zum Synonym
fr den afrikanischen Sklavenarbeiter, der immer frhlich singend und banjospielendseiner Arbeit auf den Plantagen nachgeht.2 Deutlich wird dieses Bild in einer Notiz
von Thomas Jefferson von 1781:
The instrument proper to them (den Sklaven; Anm. d. Autors) is the Banjar, which
they brought hither from Africa.3
Dies gipfelte dann in der Minstrel- ra im 19ten Jahrhundert, in der es eine beliebte
Form der Unterhaltung war, Parodien auf schwarze Sklavenarbeiter zu halten. Die
zentrale Figur dieser Shows waren die sogenannten Blackfaces, schwarz geschmink-
te Weie, die in der Regel einen schwarzen Arbeiter mit wollenem Haar und einem
Banjo darstellten. Da Musik in diesen Shows natrlich nicht fehlen durfte, beinhalte-
te dies auch ein gewisses Basiswissen im Banjospiel, das, wie wir heute wissen, hufig
direkt von den Schwarzen gelernt wurde. Aus dieser Zeit stammen auch die ersten
niedergeschriebenen Banjoschulen und Anleitungen.4
Insgesamt gab es vor allem in den lndlichen Arealen Amerikas, abhngig auch vom
kulturellen Kontext, eine viel hhere Variation von Spielstilen, als dies heute der Fall
ist. Diesen Schluss kann man an der Entwicklung und der Variation der Gitarren-
spielstile ableiten, die im frhen 20ten Jahrhundert von den Lomaxes und anderen
untersucht wurden.5 Der vorherrschende Stil dieser Zeit aber war der Downstroke,
heute bekannt als frailing oder Clawhammer- Style. Frank Converse beschrieb
2 Evans, Bill: 2009 The Banjo, the 1800s and the Blues, aus: http://www.bluegrassbanjo.org/hisbanjo.html3 Reese, Bill: 2009 Thmbnail history of the Banjo, aus: http://www.bluegrassbanjo.org/hisbanjo.html4 ebenda5 Siehe 2
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diesen Stil 1865 in seiner Schule Banjo without a Master folgendermaen:
"Partly close the hand, allowing the first finger to project a little in advance of the
others. Hold the fingers firm in this position. Slightly curve the thumb. Strike the
strings with the first finger (nail) and pull with the thumb."6
Dieser Stil ist bis heute gegenwrtig und erlebte in den 60er Jahren mit der Rckkehr
der Hillibilly und Old- Time Musik ein groes Revival.7Im Gegensatz zu fast allen an-
deren spteren Stilen gibt es in der Clawhammer- Technik fast nur Abschlge. Der
Daumen ist dabei vor allem fr die hohe g- Saite zustndig, die seitlich etwa in der
Mitte des Griffbretts befestigt war und ist. Die Melodienote ist auf dem Downbeat
eine Viertel lang. Danach, auf dem zweiten Beat, wird mit der angelegten, klauenar-
tig gehaltenen Hand mit den Fingerngeln etwa eine Achtel lang ein Akkord gespielt
oder arpeggiert. Auf der zweiten Achtel des zweiten Beats spielt sofort der Daumen
die hohe Saite, worauf wieder eine Melodienote folgt. Peter Seeger nannte den Sound
des Banjos in seiner Banjoschule bei dieser Grundfolge "bum-ditty bum-ditty-
Sound".89
Die Notationen der Musik in diesen Banjoschulen der Minstrel- ra geben jedoch nur
einen Auszug dessen wieder, was Weie damals ber die Musik der Schwarzen ge-dacht haben und was das ursprngliche Schwarze- Banjo gewesen sein knnte. Dies
merkt man schnell, wenn man sich zum Beispiel die ersten Lomaxschen Feldauf-
zeichnungen der Delta- Blues Musiker anhrt. Man hrt leicht das hoch flexible und
dynamische Variieren und Behandeln des Rhythmus', das schwarze Musiker besessen
haben, ob sie nun Blues, Ragtime oder Kirchenmusiker waren. Jedoch konnten diese
kleinen rhythmischen Feinheiten nicht notiert werden, sodass uns diese Minstrel
Banjo Style Schools nur einen ungefhren Eindruck geben knnen von dem, wasschwarze Banjomusiker damals spielten.10
Eine von Dr. Cecilia Conway 1995 vorgestellte Studie mit Namen African Banjo
Echoes in Appalachia: A Study of Folk Traditions konnte aufzeigen, dass, entgegen
der vorherrschenden Meinung, die meisten damaligen Banjospieler ihr Knnen di-
rekt von den Schwarzen gelernt, und nicht von den Weien frhen Minstrel- Spielern
6 ebenda7 Fuchs, Walter: 2004Das groe neue Buch der Country Musik , S. 136 143. Knigswinter: Heel Verlag GmbH8 Seeger, Pete: 1962How to play the 5- String Banjo, London9 Siehe Track 1 der beigefgten Audio- CD10 Siehe 2
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und Spielschulen abgekupfert und gelernt hatten. Sie konnte all die frhen Spielstile
von damals so berhmten Spielern wie Odell Thompson, John Snipes oder Dink
Roberts auf ihre afrikanischen Wurzeln zurckfhren und sogar eine CD
verffentlichen, auf der diese ursprnglich schwarze Banjomusik zu hren ist. Dies
gehrte zu den Ereignissen, die fr eine bestimmte schwarze Bevlkerungsschicht
von groer Bedeutung war, da es ihnen half, ihre Spieltradition wieder als solche
bekannt zu machen und Anerkennung zu erhalten.11
3.2 Von der klassischen Periode und dem Jazz- Style
Konkret ist aber auch in den alten Aufzeichnungen nicht der gleiche 'Swing' in der
Musik, wie man sie etwa in der Musik von Louis Armstrong und Charlie Parker hren
kann; verglichen zu heute klingt die Musik sehr steif, obwohl schon punktierte Rhyth-
men und off- Beats notiert, als auch Triolen, Punktierungen und gerade Rhythmen
gegenbergestellt wurden. Damals aber stellte diese Spielweise eine kleine Revolution
dar, da so etwas vorher noch nicht zu hren gewesen war.12
Nachdem das Banjo also lange Zeit als Instrument galt, das nur zu den ...jig- dan-
cing lower classes of the community...passte (Artikel aus der Boston Evening Voice
von 1866)13, wurde es im Folgenden schnell populr, als es seine Verwendung als Stu-
ben- und Wohnzimmerinstrument fand und auch in den hheren gesellschaftlichenKlassen als schick galt. Dazu kam die Erfindung der Stahlsaiten, die wesentlich lau-
ter klangen, gnstiger waren und lnger hielten als die bis dahin gebruchlichen
Darmsaiten, sowie die Etablierung der Bnde auf dem Griffbrett, die das Erlernen
wesentlich vereinfachten. 14
Dies war die sogenannte klassische Periode des Banjos; es wurde im klassischen
Stil der Gitarre mit Daumen und Zeige- und Mittelfinger gezupft. Diese Methode
klang melodiser und kreierte einen eher legatohnlichen Sound. Das gespielte Re-pertoire war jedoch selten klassisch, es wurden vor allem zeitgenssische Lieder, Tn-
ze und Tunes gespielt; wobei es auch einige klassische Vituosen gab, die hufig etwa
Geigenstimmen interpretierten und umschrieben und sogar mit groen Orchestern
zusammenspielten.15
11 Dr. Cornway, Cecilia; 1995: African Banjo Echoes In Appalachia: Study Folk Traditions, S. 285- 297, University ofTennessee Presssowie Siehe 2
12 Siehe 213 Siehe 314 ebenda15 Thomas, Tony; 2009:Banjo Tabulatures und Bluegrass Information , aus: http://www.bluegrassbanjo.org/bluetabs.html
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Abb. 2: Parlor Instruments, Quelle: http://www.classicbanjo.com/
Nach dem ersten Weltkrieg kam ein weiterer Wendepunkt. Der Jazz kam auf und das
Banjo wurde ein wichtiger Bestandteil der frhen Jazz Bands. Hier entwickelte sich
der Jazz- Style, der blicherweise mit einem Plektrum auf dem Tenorbanjo oder
Plektrumbanjo gespielt wurde. Zu dieser Zeit fand das 5- String- Banjo nur sehr we-
nig Anwendung, da es nicht den erforderlichen Sound und den rhytmischen Drive
bringen konnte, den diese Musik brauchte; es war die Zeit der Dixiland- und
Tanzmusik und des frhen Jazz.16 Dies lag wohl daran, dass sich das Banjo im Zusam-
menspiel mit sehr lautstarken Instrumenten, wie dem Schlagzeug und Blechblsern
durchsetzen musste. Es konnte also nicht mehr mit Fingern gezupft, sondern musste
mit Plektrum geschlagen werden; Fingerpicks waren zu dieser Zeit noch vllig unb-
lich. Dies fhrte dazu, dass, auch im Zusammenhang mit der vielfltigen Harmonik
des Jazz, die hohe g- Saite, die dem Instrument die eigentliche charakteristische Bor-dunfunktion im Diskant gibt, schnell als strend empfunden und im Folgenden ein-
fach abmontiert wurde.17 Man muss sich darber im Klaren sein, dass allgemein das
Banjo immer noch als 'Negerinstrument' bekannt war. Diese Entwicklung hat nun
also dafr gesorgt, dass schwarze Musiker es waren, die, unter den neuen Einflssen
der nicht lnger lndlichen, sondern stdtischen Gesellschaft und Bedingungen, die
fnfte Saite wieder entfernten; zwar wurde diese, wie oben beschrieben, von vielen
16 Siehe 317 Siehe 1
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als wichtige 'weie' Innovation gesehen, kam aber ursprnglich von den schwarzen
Musikern selber.18 Allem Anschein nach haben sich also schwarze Musiker zu dieser
Zeit nicht sonderlich um ihr so traditionsreiches Instrument gekmmert.
Nach dem groen Bsenchrash jedoch wurde das Banjo fast vllig aus dem Alltag ver-
bannt; die Nachfrage nach dem groen und frhlichen Klang des Banjos verschwand
fast ber Nacht. Dieses Desinteresse am Banjo hielt an bis in die Zeit nach dem zwei-
ten Weltkrieg.19Dass sich dies nocheinmal nderte, hing vor allem mit zwei Namen
zusammen: Bill Monroe und Earl Scruggs.
3.3 Bill Monroe und die Entwicklung zum Bluegrass'
Bill Monroe, der gerne auch als der Vater des Bluegrass bezeichnet wird, grndete
Mitte der dreiiger Jahre seine Band Bill Monroe and the Bluegrass Boys; Blue-
grass- Boys nannten sie sich nach dem charakteristisch blau- grnlich schimmernden
Gras in den Bergen des Bluegrass States Kentucky. Spter wurde dieser Name von
einigen Radiomoderatoren auch auf deren Musik bertragen, sodass die Musik heute
Bluegrass heit. Die Band begann zuerst mit Country und Old- Time Musik, doch
Monroe experimentierte extrem viel mit verschiedenen Musikstilen, wie Irish- Folk,
Gospel, Jazz und Swing und schuf so mit der Zeit und zwei Banjospielern spter den
typischen Bluegrass Sound. Als einen mageblichen Einfluss gab Monroe immer wie-der den schwarzen Blues- und Countryfiddler und -gitarristen Arnold Shultz an,
durch den er frh und intensiv an den Blues herangefhrt wurde. Er trat viel mit ihm
auf und verstand es wohl, den Blues mit der Country Musik zu verbinden.20 Leider
sind von Shultz keinerlei Aufzeichnungen vorhanden, sodass wir uns nur auf das Ver -
mchtnis und die Entwicklung von Monroe beziehen knnen.
1939 spielte er dann das erste Mal der Grand Ole Opry vor, einer brhmten, sehr an-
gesehenen und fr Countrymusiker uerst wichtigen berregionalen Radiosendung.Die kritischen Sendedirektoren waren sofort angetan von dem neuartigen Sound und
nahmen Bill Monroe und seine Band 1939 in die Opry auf, noch ohne Banjo. Zu-
nchst fgte Monroe dann Dave "Stringbean" Akeman am Banjo hinzu, der noch im
alten zwei- Finger Stil spielte und auf alten Aufnahmen kaum zu hren war.21Zusam-
men nun mit der stetig steigenden Beliebtheit seiner Band und seiner Musik kehrte
18 Prof. Dr. Eichler, 1996;Musikinstrument und Sexualitt. Der Spezialfall Five String Banjo, Berlin, aus: http://www.bhje.-de/1996_fivestring.htm
19 Siehe 320 Waylon: Juli 2010 Bill Monroe, aus: http://de.wikipedia.org/wiki/Bill_Monroe21 ebenda
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auch das Interessse am Banjo langsam zurck.
Das charakteristische an Monroes Musik war zum einen das hohe Tempo und die da-
mit verbundenen ntigen technischen Fhigkeiten. Bei ihm war jedes Instrument
grundstzlich Solofhig, whrend die anderen jeweils begleiteten, was in der alten
Country- und Old- Time Musik noch anders aussah; hier war die Fiddle das vorherr-
schende Instrument, whrend Instrumente wie Gitarre und Banjo berwiegend fr
die rhythmische Untermalung zustndig waren. Dies setzte ein neues Verstndins
von Songarrangement voraus, da ein Song natrlich schnell berladen wirkt, sobald
alle Begleitinstrumente in gleicher Weise und Wichtigkeit begleiten. Daraus entstand
dann der neue Bluegrass- Drive, der vor allem auf off- Beat Schlge in der Beglei-
tung setzt. Dazu kam die hohe und scharfe Falsett- Stimme, mit der Monroe seine
Texte ber gesellschaftliche Themen wie Religion, aber auch persnliche Erfahrungen
wiedergab. Er gab mit seinen Texten die Stimmung der Menschen wieder, sprach sie
damit an und schaffte es, eine persnliche Bindung zu ihnen aufzubauen. Diese Mi-
schung aus hohem technischem Niveau, durchdachtem Songarrangement und guten,
gesellschaftlich akzeptierten Songtexten machte den hohen intellektuellen Anspruch
dieser Vor- Bluegrass Musik aus.22
Der endgltige Durchbruch kam dann 1945 mit Earl Scruggs, der mit seiner vllig
neuen Art das Banjo zu spielen, den ohnehin schon neuen Sound der Bluegrass- Boyserneut umkrempelte.
4. Earl Scruggs-
Leben und Einfluss auf die Entwicklung des
Banjospiels, des Bluegrass' und der amerikanischen
Gesellschaft
In der Geschichte der Bluegrass- Musik sind es vor allem Scruggs und Monroe, ohne
die es den Bluegrass in seiner jetzigen Form nicht geben wrde. John Hartford, selbst
begnadeter Banjospieler und seines Zeichens mageblich von Scruggs beeinflusst,
gab bezglich der Diskussion um die Wichtigkeit von Scruggs und Monroe ein inter-
essantes Statement ab:
22 Siehe 7
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Everybodys all worried about who invented the style and its obvious that three-
finger banjo pickers have been around a long time- maybe since 1840. But my fee-
ling about it is that if it wasnt for Earl Scruggs, you wouldnt be worried about who
invented it.23
Wie auch immer man dies bewerten mchte, kann man schwerlich die Bedeutung von
Scruggs und seinem fancy banjo vernachlssigen.
4.1 Leben bis zu den Bluegrass- Boys
Earl Eugene Scruggs wurde am 6. Januar 1924 in Shelby, North Carolina in eine Fa-
milie mit fnf Kindern geboren. Sein Vater starb bereits, als er gerade einmal vier
Jahre alt war. Er hinterlie der Familie eine ganze Reihe von Instrumenten, unter an-
derem eben ein Banjo und eine Gitarre. Im Alter von etwa sechs Jahren wurde sein
Interesse am Banjo vollends geweckt, als er die ersten Male dem Spiel von Smith
Hammett zuhrte, der eine frhe Form des drei- Finger picking Styles spielte. Da Earl
auf einer Farm aufwuchs, die einem kleinen Jungen viel zeitlichen Freiraum bot, hat-
te er ausgiebig Gelegenheit, sich mit seinem neuen Lieblingsinstrument zu beschfti-
gen.
Im Gegensatz zu Aussagen von Monroe und anderen zeitgenssischen Musikern, Earlhtte groe Teile seines Stils abgeleitet von Snuffy Jenkins, dem zu dieser Zeit her-
ausragenden Banjospieler, oder sei sogar von ihm unterrichtet worden, beruft
Scruggs selbst sich auf seinen eigenen Stil. Grundstzlich ist es schwer zu beurteilen,
ob, und wenn, von wem er wirklich unterrichtet wurde, und wie weit sein Stil von ihm
selbst hergeleitet ist. Trotzdem gibt er Jenkins als einen der wichtigsten Einflsse sei-
nes frhen Spiels an. Dies geht trotz aller Eigenstndigkeit doch so weit, dass Don
Reno, selbst Banjo- Virtuose aus der harten Schule Bill Monroes, nach dem spter eineigener Spielstil benannt werden sollte, ber Scruggs' damaligen Spielstil sagte:
You couldnt tell... If I had a recording of him (Snuffy Jenkins, Anm. d. Autors) then
and then you put a recording of Scruggs on it you couldnt tell the difference.24
Whrend seiner gesamten Zeit als Jugendlicher und junger Erwachsener spielte er in
23 Willis, Barry R., 1998:Biography Earl Scruggs, aus: http://www.flatt-and-scruggs.com/earlbio.html24 ebenda
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verscheidenen Bands und Formationen im nheren Umkreis vor allem Country und
Hillbilly- Musik, kehrte jedoch 1940 wieder nach Hause zurck, um sich um seine
verwitwete Mutter zu kmmern. Nach dem 2. Weltkrieg drngte ihn dann auch sie,
die Musik zum Beruf zu machen.
1945 kehrte er also wieder zur Musik zurck und ging nach Knoxville, Tennessee, um
dort drei Monate in der Band von Lost John Miller John Miller and the Allied Ken-
tuckians zu spielen. Zu dieser Zeit hrte Jim Shumnate, Fiddler und Freund der
Band um den damals schon berhmten Bill Monroe, Scruggs zum ersten Mal spielen.
Monroe hatte das Problem, seinen ersten Banjospieler Dave Stringbean Akeman er-
setzen zu mssen und fragte Shumnate, ob er Vorschlge htte. Innerhalb der Band
Monroes war es jedem vollkommen klar, dass Akemans Spielweise Monroes neuarti-
gem Musikstil nicht das geben konnte, was es brauchte, um mit Banjo zu funktionie-
ren. So kommt es, dass Akeman auf alten Aufzeichnungen fast nicht zu hren ist. Die
herkmmliche Banjospielweise war jedoch zu dieser Zeit so festgefahren, dass Lester
Flatt, damals Gitarrist bei den Bluegrass- Boys, gar keinen anderen Banjospieler woll-
te, weil:...they all sound like Akeman.25Als Scruggs der Band dann jedoch vorgespielt hatte, hrte sich Flatt ein wenig anders
an:
I was thrilled. It was so different! I had never heard that kind of banjo picking. We
had been limited, but Earl made all the difference in the world.26
Heute ist dieser Spielstil nach ihm benannt, der Scruggs- Style (oder eben auch 3-
Finger- Style). Fr diesen Stil verwendet Scruggs erstmals Fingerpicks an Daumen,
Mittel und Zeigefinger. Die Saiten werden dabei in schnellen, sich wiederholenden
Sequenzen nacheinander gezupft. Diese Muster werden als Rolls bezeichnet.27
Dieselbe Saite wird so gut wie nie zweimal hintereinander gespielt, sowie werden
whrend eines Rolls die gleichen Finger der rechten Hand nicht zweimal bei gespiel-
ten 16teln genommen. Melodienoten sind in diese Arpeggien engebettet, lngere mu-
sikalische Phrasen beinhalten typischerweise lngere Folgen von kurzen Staccato-
Noten. Die Musik ist dabei generell synkopiert und die Betonungen auf den off-
Beats. Dies gibt ihr, zusammen mit dem extrem hohen Tempo, das damit mglich
25 ebenda26 ebenda27 Siehe Track 2 der beigefgten Audio- CD
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geworden ist, den speziellen Drive.28
Foreward- Roll Backward- Roll Mixed- Roll Foreward- Reverse- Roll
T= Daumen, I= Zeigefinger, M= Mittelfinger
Abb. 3: Beispiele fr Rolls; http://en.wikipedia.org/wiki/Scruggs_style
4.2 Die Zeit mit Bill Monroe und erste gesellschaftliche Bedeutung
Im Dezember 1945 also wurde Earl Scruggs ein Bluegrass- Boy. Wie bereits kurz an-
gedeutet, legte Monroe groen Wert auf den Sound der Band und verbrachte viel Zeit
und Arbeit damit, ihn zu perfektionieren. Scruggs beschrieb die Arbeit dieser Tage
folgendermaen:
He would spend a lot of time just tightening up the group. Some rehearsals we
wouldnt sing a song. We would just concentrate on the sound of the band.
und weiter:
We played in rain, we played in snow, we played where the power would go off
and we would have to play by lantern light with no sound. [...] The way we had to
drive to make dates, its a wonder we werent killed. But we made it, and it toughe-
ned you up to encounter and overcome these difficulties. It seemed to make Bill
stronger and it brought out the deep feeling and love he had for what he was
doing.29
Wie man an diesem letzten Kommentar gut erkennen kann, war die Band gut im Ge-
schft und fast durchgngig auf Konzerttour. Ihr Radius reichte dabei bis zur Ostks-
te und somit weit ber Tennessee und Kentucky hinaus. Da sie jedoch Mitglieder der
Opry waren, hatten sie fter die Mglichkeit, Samstagsabends fr die Sendung zu
28 Siehe Track 3 der beigefgten Audio- CD29 ebenda
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spielen; welche sie trotz ihrer vielen Gigs regelmig wahrnahm, obwohl sie dafr oft
weite Strecken zu fahren hatten, wenn sie gerade an anderen Orten gebucht waren.
Dies taten sie wohl weniger aus finanziellen Grnden, als aus gesellschaftlichen, wie
der folgende Kommentar von Scruggs belegt:
It was a must then to make it back to the Opry on Saturday night. Sometimes, if
we were over on the East Coast somewhere, it was all we could do to make it back.
But the Opry meant so much to the people then in the towns...30
Hier zeigt sich, dass die Musik bei weitem nicht nur Unterhaltung war, sondern einen
groen sozialen Wert hatte; die Menschen konnten sich mit dieser Musik identifizie-
ren. So out der charakteristisch frhliche Banjosound in der groen Depression An-
fang der 30er Jahre war, umso gefragter war er wohl jetzt; man hatte schlielich
einen Krieg gewonnen und groe wirtschaftliche Fortschritte zu verzeichnen. Dazu
kamen die Texte, die in den Songs trotz des anhaltend hohen Niveaus der Spieler und
der vielen Soloeinlagen in der Regel im Mittelpunkt blieben. Sie spiegelten wohl die
damalige Volksseele wieder, so hnlich, wie es frher die Minstrel- Shows getan hat-
ten; diesmal anscheinend aber auf einer anderen Basis. Zum einen wurden Geschich-
ten erzhlt, die jeder kannte, oder jeder zumindest nachvollziehen konnte bzw. sichmit identifizieren konnte. Des weiteren war und ist vor allem das lndliche Amerika
teilweise sehr glubig, was zu groer Beliebtheit der Gospel- Musik fhrte. Gospel-
konzerte, ob whrend einer Messe oder als einzelnes Konzert, waren gesellschaftliche
Ereignisse, die man als Gemeinschaft zusammen erleben konnte; der Einzelne fhlte
sich als Teil des Ganzen. Die oft sehr religis angehauchten Texte so mancher Blue-
grass- und Country- Songs mussten wohl ein hnliches Gemeinschaftsgefhl erzeu-
gen knnen. Wenig spter bildeten sich hier musikalische Mischformen wie der Gos-pelgrass aus. Ein gutes Beispiel fr diesen Sachverhalt liefert J.D. Crowe, indem er
mit seiner erst 1994 erschienenen Platte The Model Church der Frage nach dem
Glauben ein ganzes Album widmet.31 Er singt ber sein Verhltnis zu Jesus und Reli-
gion und mischt viele Elemente des Bluegrass' mit denen der Gospelmusik. Dies im
Einzelnen zu erlutern, wrde den Umfang dieser Arbeit jedoch sprengen.
30 ebenda31 J.D. Crowe: The Model Church; Rebel 1994
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4.3 Grndung und erste Schritte der Foggy Mountain Boys
Zurck zu Earl Scruggs. Schon im Frhjahr 1948 stieg er aus der Band nach nur et-
was mehr als zwei Jahren wieder aus, um nach North Carolina zurckzukehren. Er
hatte sich gerade mit der spteren Louise Scruggs verlobt, die er im April 1948 heira-
ten sollte, wollte sich wieder um seine Mutter kmmern und in der nahegelegenen
Textilfabrik arbeiten. Nach zwei Wochen Bedenkzeit stieg aber in der abschlieenden
Unterredung mit Bill auch Lester Flatt aus der Monroe Band aus, ohne dass er ir-
gendeinem davon vorher erzhlt hatte. So bekamen viele, und wohl nicht zuletzt Bill
Monroe selbst, den Eindruck, die beiden htten sich abgesprochen; dies war aber
nicht der Fall. Die beiden beschlossen, nach Knoxville zurckzukehren, um als Team
zu arbeiten, oder sich einer bereits bestehenden Band anzuschlieen. Kurz nachdem
die restliche Band davon erfuhr, sagte auch Cedric Rainwater am Bass Bill Monroe ab
und grndete zusammen mit den beiden die Band Lester Flatt and Earl Scruggs and
the Foggy Mountain Boys.32
Die Musik der neuen Band, die mit der Zeit immer wieder wechselnde Musiker neben
Flatt und Scruggs hatte, war natrlich mageblich beeinflusst durch die Zeit bei Bill
Monroe. Doch schafften sie es schnell, seinen Stil nicht zu kopieren, sondern weiter-
zuentwickeln. Sie ersetzten zum Beispiel etwas spter die Mandoline mit einer Dobro-Gitarre, was der Musik ein wenig von ihrer Hrte nahm; zudem sang Flatt viel tiefer
als er es bei Monroe immer getan hatte. Damit machten sie dem Altmeister Monroe
schnell Konkurenz und stahlen ihm die Show.33 Doch dauerte es noch Jahre, bis auch
sie in die Opry eingeladen wurden; aus Solidaritt der Direktoren mit Monroe wie es
hie.34
Neben der Instrumentierung arbeiteten die beiden weiter am Arrangement, dessen
Grundlagen Scruggs im Folgenden gut erklrt:
What I always insisted on the band doin is, if you was backin up somethin for us
to play rhythm and just one person was backin up. In other words, not everybody
would be playin at the same time while the guy is up there singin his heart out, try-
in to sing a song, and everybody tryin to play every lick they can play is like a lot of
people tryin to talk at the same time. You cant get a point across. So I did require, if
32 ebenda33 Siehe 734 Siehe 22
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I was backin up, for the fiddle and mandolin to lay off. Then when I drop off, give it
to the fiddle player and then the mandolin, and the banjo playerd drop off. And
then when the mandolin was doin it, the fiddle and banjod drop off. See, that clea-
ned it up a whole lot. That was just one requirement that was probably different
than a lot of bands that was goin around then and still goin around today.35
Und das Experimentieren ging weiter. Auf einer Recordingsession aus dem Jahre
1951 ist der Tune Earls Breakdown zu hren, bei dem er manuell sein Banjo ver-
stimmt, um einen bestimmten Effekt zu erreichen, mit dem er schon als Kind mit sei-
nem Bruder Horrace experimentiert hat. Der Erfolg dieses Tunes fhrte wenig spter
zu der Erfindung der Scruggs- Keith- Tuner, einem speziellen Saitenstimmer, der
auf genau einen Ganzton eingestellt werden konnte, sodass man beim Spielen schnell
und ohne Probleme sein Banjo umstimmen konnte, ohne Angst haben zu mssen,
sein Instrument zu verstimmen. Dazu kam er auf die Idee, eine bestimmte Art Haken
fr die hohe fnfte g- Saite als Capodaster zu benutzen.36 Vorher konnte man mit ei-
nem normalen Capodaster nur die unteren vier Saiten abgreifen, da die fnfte ja etwa
in der Mitte des Griffbretts angebracht ist. Dies ermglichte das Spielen auf anderen
Tonhhen mit den gleichen Rolls und Griffen, wie auf der Grundtonart G- Dur.
Der Scruggs- Style gewann auch fr andere Musikstile wie fr die Folk- Musik zuneh-mend an Bedeutung. Pete Seeger, Banjospieler und Vorreiter in der Folk- Musik- Sze-
ne, widmete in diesen Jahren dem Scruggs- Style ein eigenes Kapitel in seinem Buch
ber das Folk- Banjo. Dies trug dazu bei, dass die Gruppe um Flatt und Scruggs, so-
wie die gesamte Bluegrass- Musik an sich, auch in diesen Kreisen akzeptiert wurde;
was sehr wichtig war, denn mit dem aufkommenden Elvis- Phnomen wurde es bald
fr viele Bluegrass- Bands sehr schwierig zu berleben. 1955, kiloweise Fanpost und
Beschwerden spter wurde die Band dann auch endlich in die Opry eingeladen.37
4.4 Die 60er- Jahre Folk und Rockabilly- Bewegung
Evlis Presley sorgte mit seiner Rockabilly- Bewegung sehr bald darauf fr groes Auf-
sehen und begann vielen auch etablierten Folk, Country und Bluegrass Bands die
Show zu stehlen.
Earl Scruggs hatte hiermit jedoch weniger Probleme:
35 Siehe 2236 ebenda37 ebenda
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People will tell you that Elvis killed country music. But we did more business du-
ring that time than we ever had. Some acts can go on TV and go over; and some just
die. It just so happened that people were hungrier for [our] music than they ever
were before... Just about every band here [in Nashville] disbanded during that time.
They had one band that played behind the stars, and they survived awhile doing
package shows.38
4.4.1 Gesellschaftlicher Einfluss des Bluegrass'
Bluegrass war also lngst zu einem akzeptierten Teil des gesellschaftlichen Lebens ge-
worden. 1962 spielte die Band sogar in der Carnegie Hall in New York, was bewies,
dass sie auch das kritische stdtische Publikum im Nordosten der USA begeistern
konnten. Es gab bereits erfolgreich mehrtgige reine Bluegrass- Festivals, die von al-
len Altersgruppen besucht wurden. Mit der zeitgleich auftretenden Folk- Musik Welle
der 60er Jahre begannen sich dann auch zunehmend Studenten fr das Banjo zu in-
teressieren, da die Musik zum Politikum wurde. Protestsongs wurden geschrieben
und zum Erfolg, Knstler wie Bob Dylan, Joan Baez oder auch die Country Gentle-
men entwickelten die Musik weiter und wurden zur Stimme einer ganzen Generation.
Diese Welle neuer Bluegrass und Folk Bands werden gerne die II. Generation Bandsgenannt. Die scharfen Falsettstimmen wurden seltener, dafr wurde der mehrstim-
mige Harmoniegesang endgltig etabliert. Es wurden sogar neue Namen wie New-
grass geprgt. Bands wie die Dillards, eine der progressivsten Bluegrass- Bands die-
ser Tage, beeinflusste dann sogar die Rockmusik und zahlreiche Bands wie die Byrds,
die Flying Burrito Brothers, Poco und spter auch die Eagels.39
4.4.2 Neue SpielstileAuch das Banjospiel wurde weiterentwickelt. Whrend der studentische Kreis zurck
zu den Wurzeln wollte und sich vorwiegend mit der Clawhammer- Technik befasste
(nicht zuletzt auch, weil sie am einfachsten zu erlernen war), begannen Banjospieler
wie Don Reno, Bill Keith oder Bela Fleck mit ganz neuen Methoden aufzufallen, die
man den Reno- Style, und den chromatischen-, oder auch Keith- Style, nennt.
Beide neuen Spieltechniken sind als Ergnzung zum Scruggs- Style anzusehen und
38 ebenda39 Siehe 7
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fast alle Spieler, die im Reno- oder Keith- Style spielen, sind in der Lage, auch im
Scruggs Style zu bestehen.40 Doch klingen diese Styles nicht mehr wie das traditionel-
le Bluegrass- Banjo, sondern wurden vermehrt auch im Folk- Bereich eingesetzt.
Bill Keith hatte es sich zum Ziel gesetzt, auf dem Banjo Tunes genauso schnell spielen
zu knnen, wie es auf der Fiddel mglich ist und erinnert damit an den Plektrum- Stil
der frheren Salon- und Jazz Banjospieler; was diesen Stil sehr schwierig zu spielen
macht. Es steht also die Melodie im Vordergrund. Anders aber als beim Reno- Style
wird hier selten die gleiche Saite zwei mal hintereinander benutzt, sondern der Klang
wird, auch der einer gleichen Note, mit anderen Saiten variiert. Dies setzt eine sehr
fundierte Kenntnis der Orte der Tne auf dem Griffbrett voraus, die weit ber das ak-
kordische Griff- Denken der Clawhammer oder auch der Scruggs- Methode hinaus-
geht. Es bedeutet, dass sowohl extrem hufig die Lage gewecheselt werden muss, als
auch, dass auch einzelne hohe Melodienoten auf den tiefen Saiten gespielt werden
mssen. Dies lsst diesen Stil sehr farbig und abwechslungsreich klingen.41
Der Reno- Style wiederum wird auch Single- String- Style genannt, da es hier b-
lich ist, eine Saite mehrmals hintereinander zu zupfen. Hierbei werden oft nur Dau-
men und Zeigefinger verwendet, was das Tempo gegenber dem 3- Finger Keith- Sty-
le prinzipiell schon reduziert, ihn aber auch einfacher macht. Dieser Stil wird hufiger
als der Keith- Style im Folk und Irish- Folk angewendet, aber auch in einer Verbin-dung mit dem Clawhammer- Style im Country oder Bluegrass gespielt. Gute und mo-
derne Banjospieler sind aber in der Lage, alle drei Stile flieend miteinander zu ver-
binden. Die oben beschriebenen Merkmale der einzelnen Stile sind Extreme, die in
der Realitt so eher selten vorkommen.42
Der Klang dieser Styles war hufig dissonant und erschien vielen Anhngern des Ur-
sprnglichen der Tradition eines Bill Monroe fr unwrdig. Fr die einen war es also
eine Entwicklung in die falsche Richtung, fr die anderen war es die Rettung desBluegrass vor der Stagnation.43
4.4.3 Resonanz in Deutschland
So erfolgreich die authentischen Folk und Bluegrass Vertreter in Amerika zu dieser
Zeit auch waren, so wenig wurden sie in Deutschland akzeptiert; sie wurden auf ihren
40 ebenda41 Siehe Track 4 der beigefgten Audio- CD42 Siehe Track 5 der beigefgten Audio- CD43 Ebenda S. 139
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Tourneen durch Deutschland ja sogar regelmig von der Presse verhhnt, einfach
nicht ernst genommen. Dagegen wurden die Blues- Bands und Festivals, die den
schwarzen, unverflschten Blues prsentierten, durchaus zurecht von der Presse ge-
feiert. Aus heuter Sicht stellt sich hier die Frage nach dem warum, nach dem Unter-
schied. Beide Musikrichtungen prsentierten absolut Authentisches von der Basis,
das eine von weien Musikern prsentiert, das andere von schwarzen. Ob es sich hier
tatschlich um Rassismuss handelte, der von weien Journalisten praktiziert wurde,
oder um das bliche, uns bis heute zum Teil erhaltene redaktionelle Unverstndnis,
ist aus heutiger Sicht schwer zu sagen.44
4.4.4 Endgltiger Durchbruch
Im Juli 1959 erschien Scruggs auf dem ersten Newport Folk Festival als Gast von
Hylo Browns Band, und nicht mit den Foggy Mountain Boys. In Folge dieses Auf-
tritts war in den New York Times zu lesen, Earl Scruggs sei der Paganini of the five-
string banjo. Dies war alles was noch fehlte, um Flatt und Scruggs whrend des Folk-
Booms endgltig in den Starstatus zu versetzen. Dies half indirekt auch allen anderen
Bluegrass- Bands zu einer greren Akzeptanz in diesem Segment. In der Flaute, die
der Bluegrass insgesamt whrend dieser Zeit durchstehen musste, bis die groen Fes-
tivals zu funktionieren begannen, blieben dennoch viele Bands auf der Strecke undlsten sich auf. Gleichzeitig konnte der Bluegrass nicht stehenbleiben und Scruggs,
inspiriert durch die vielen anderen Musikstile auf den Festivals, experimentierte mit
Mglichkeiten, die Musik in eine Richtung zu bewegen, die kommerzieller wirkte und
auch die jngere Generation ansprechen konnte. Die damalige Plattenfirma Columbia
Records befrwortete diese Richtung, whrend Lester Flatt sich wehrte. Nichts desto
trotz nahmen sie im April 1960 das erste mal mit Drums auf, behielten dies gelegent-
lich bei und begannen, auch in Colleges und Universitten aufzutreten.45
Am 8 Dezember 1962 gaben sie dann ein Konzert in der Carnegie Hall in New York,
von dem bald darauf ein Album erschien. Spter im Jahr erschien The Ballad of Jed
Clampett, der Titelsong fr die TV- Serie Beverly Hillibillies, der als einziger Blue-
grass Song jemals Platz 1 der Country Musik Charts erreichte und fr einen Grammy
nominiert wurde. Flatt und Scruggs spielten sogar reglmig einige Gastauftritte in
der Serie.46 Trotz des enormen Erfolges der Serie und ihrer Musik konnten sie aber
44 ebenda S. 13945 Siehe 2246 ebenda
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auch dadurch nicht das Hillibilly- Image ablegen, das sie und andere Bluegrass-
Bands so penetrant verfolgte. Auf der anderen Seite aber beeinflussten sie damit das
Leben vieler Kinder, die im Folgenden die III. Generation Bluegrasser werden soll-
ten. Banjospieler wie J. D. Crowe oder Craig Smith liebten diese Serie und wollten in
die Fustapfen der groen Pioniere treten.47 Sammy Sherlor, einer der grten und
gefragtesten Banjospieler dieser Zeit, brachte dies auf den Punkt:
If it wasnt for Earl, none of us would be here.48
1967 rief der Schauspieler Warren Beatty Earl an und bat ihn, einen Tune fr seinen
neuen Film Bonnie und Clyde zu schreiben. Earl whlte seinen Song Foggy Moun-
tain Breakdown, den er 1950 erstmals fr Mercury aufgenommen hatte. Der Song
gewann einen Grammy und einen Million- Air- Award von B.M.I. Dafr, dass er
ber eine Millionen mal allein in den USA bertragen und gesendet wurde.
1968 publizierte Peer International Corporation Scruggs Buch Earl Scruggs and the
Five String Banjo. Im Jahre 1973 wurde das Buch bereits ber eine Million mal ver-
kauft und Scruggs bekam einen Gold- Book Award von Peer- Southern. Auerdem
waren es 1968 Flatt und Scruggs, die als erste amerikanische Bluegrassband in Asien
tourte.49
4.5 Die 'Frauenfrage'
An dieser Stelle ist es einmal gerechtfertigt, sich zu berlegen, warum bisher von kei-
nerlei Frauen die Rede war. Tatschlich ist es so gewesen, dass extrem wenig Frauen
das Banjo in einer Weise spielen lernten, die einen internationalen Bekanntheitsgrad
gerechtfertigt htte. Dies lag daran, dass das Banjo der Mnnerwelt quasi vorbehal-
ten war. Dies kann man unter anderem an der Tendenz erkennen, dass die Instru-mente im Verhltnis zu ihrer Gre und ihrem Klang extrem schwer sind. Es gab im
letzten Jahrhundert die Tendenz zu immer schwereren Instrumenten in den USA; ein
gegenlufiger Trend zu Zeiten der Parlor- ra, leichtere Instrumente zu bauen, um so
auch Frauen das Erlernen des Instrumentes zu erleichtern, verlief im Sand- auch die-
se Idee kann natrlich im Nachhinein wieder als diskriminierende Tendenz im Zu-
sammenhang mit dem Banjo gewertet werden. So aber ist das Gewicht eines 'norma-
47 Siehe 748 Siehe 2249 ebenda
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len' Bluegrass- Banjos in den letzten 100 Jahren etwa um das 10- fache gestiegen.
Verglichen mit anderen, hnlichen Instrumenten dieser Bauart und Funktionsweise,
ist das Banjo unverhltnismig und auch unntig viel schwerer; ein hnliches Klan-
geverhalten liee sich auch mit weniger Gewicht und geringerer Saitenlnge errei-
chen. Diese Entwicklung ist mit Sicherheit als ein Ergebnis einiger ...spezifischer
Tendenzen einer Mnnerkultur zu sehen, die ...derartige Extrementwicklungen in
durchaus mnnlich betonter Weise forciert haben.50
Die oben erwhnte Banjoschule von Earl Scruggs gibt im Bezug auf diese 'Frauenfra-
ge' nun eine glasklare Antwort: Frauen eignen sich kaum fr eine erfolgreiche Kar-
riere auf diesem edlen, offenbar nur von Mnnern mental und real richtig zu begrei-
fenden Instrument.51
Das Banjo bekam also auch eine Symbolkraft fr eine durch Mnner dominierte Mu-
sikszene. Entwicklungen, wie etwa das berlange Long- Neck Banjo von Pete See-
ger, zeitweise recht gebruchlich in der Folk- Musikszene, kamen fr die hufig kr-
zeren Frauenarme zum Spielen fast gar nicht in Frage. Wenn also eine Frau sich zu
dieser Zeit ein Banjo zur Hand nahm und ernsthafte berufliche Tendenzen hatte,
muss dies wohl als eine Besonderheit angesehen worden und in der Regel verbunden
gewesen sein mit zum Beispiel politischem Engagement, das durch das Banjo eine
Form des Ausdrucks fand.Der endgltige Durchbruch fr die Frauen in der Bluegrass- Szene kam schlielich
erst in den 80er Jahren; man hatte an Frauen wie Joan Beaz gesehen, dass das Feld
der Folk- und Countrymusik auch Frauen akzeptieren konnte.52
Man kann also erkennen, dass das gesellschaftliche Umfeld um das Banjospiel und
auch eben Earl Scruggs persnlich der Frauenwelt im Bezug auf ihre Integration in
die mnnlich dominierte Bluegrass und Country- Szene Steine in den Weg legten. Da-
durch, dass das Banjo ber die Zeit einen hohen symolischen Wert bekommen hat,und gleichzeitig so wichtig fr die Bluegrass- Welt war, hatten Frauen es schwerer als
in anderen Bereichen des Gesellschaft, eine Gleichberechtigung im sozialen Denken
zu erreichen, die leider zum Teil bis heute nicht erreicht ist.
Gleichzeitig erkennt man an der Tatsache, dass das Banjo berhaupt eine so bemer-
kenswerte Symbolkraft fr die amerikanische Musikszene bekommen hat, dass es
einen regelrechten Hunger nach Identifikation mit einer bestimmten Musik bzw.
50 Siehe 1751 ebenda52 Siehe 7, S. 139 - 140
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mit bestimmten Instrumenten gegeben hat und vielleicht auch immer gibt. Denn,
geht man die Liste der angeblich ursprnglich US- amerikanischen Instrumente
durch, so bleibt korrekterweise nur die Dobro- Gitarre brig. 53 Dass das Banjo in sei-
ner jetzigen Form amerikansichen Ursprungs sei, stimmt also nur teilweise, hlt sich
jedoch hartnckig im sozialen Denken. In der Folge hat das Banjo anscheinend eine,
zum Teil von den Musikern wohl auch bewusst polarisierende Funktion bekommen;
es muss fr das ursprngliche Amerika gestanden haben, in der Frauen und Schwarze
einfach nicht den gleichen Status genossen. Vielleicht ist dies einer der Grnde,
warum sich bis heute so viele traditionelle Bluegrass- Bands erhalten haben und ak-
zeptiert werden.
4.6 Das Ende der Foggy Mountain Boys
Wie schon erwhnt, suchte vor allem Scruggs in dieser Zeit wieder einen neuen
Sound, whrend Flatt beim traditionellen Bluegrass bleiben wollte. Sie arbeiteten un-
ter anderem mit Material von Bob Dylan, sowie mit Scruggs' beiden Shnen, die
schon eine vllig andere und modernere Vorstellung der Bluegrass- Musik hatten.
Dies fhrte natrlich zu einigen Spannungen und schlielich, nach ihrem letzten Al-
bum The Story Of Bonnie and Clyde 1968, in eine Sackgasse. Flatt und Scruggs ga-
ben im Februar 1969 ihr letztes Konzert zusammen. Darauf grndete Flatt die BandNashville Grass, die weiter traditionellen Bluegrass spielten. Scruggs grndete zu-
sammen mit seinen Shnen Randy und Gary, sowie dem Drummer Jody Maphis, die
Earl Scruggs Revue. Die Musik, die die Revue spielte, wird von einigen, aber nicht
von den Mitgliedern selbst, als Folk- Rock bezeichnet. Sie spielten Songs und Tunes
im Stil von Bob Dylan und Joan Beaz und traten in Colleges und Festivals bis in die
1980er Jahre auf.54
4.7 Die Protestbewegung
Whrend der groen Protestbewegung in den 60er Jahren spielte Scruggs zwar eine
eher untergeordnete Rolle, dafr aber eine, die man durchaus ernst nehmen musste.
Wie oben erklrt, schaffte er es, sich auch in der grer werdenden Folk- Szene Aner-
kennung zu verschaffen und wurde zu einer respektierten Gre. Diese Nutze er aus,
um mit an vorderer Front der Protestbewegung gegen den Vietnam- Krieg zu kmp-
53 Siehe 1754 Siehe 22
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fen. Doch im Gegensatz zu Knstlern wie Bob Dylan oder Joan Beaz, die von den Pro-
testlern zur Speerspitze der Bewegung gemacht wurden, hatte er seinen Erfolg ganz
anderen Zeiten und Ursachen zu verdanken; Dylan und Beaz hatten natrlich schon
groe Erfolge zu verzeichen, erst whrend dieser Zeit aber kamen sie zu ihrer ganz
groen Bekanntheit. Dadurch wurden sie aber auch streitbar und waren zu jeder Zeit
ein Objekt der Diskussion, an dem sich die Gemter teilten. Ihnen haftet bis heute
der Ruf und das Image des Protestlers an. Bei Scruggs war dies ein wenig anders; Dr.
Alan Chartock, Prsident und Chief Executive Officer des WAMC/ Northeast Public
Radio, fhrte ein interessantes Interview mit ihm darber und schrieb folgenden
Kommentar:
During the Vietnam War, Scruggs, the Southern bluegrass banjo player, stood up
at the largest gathering of protesters in history in Washington and played for the
assembled throng. To understand how gutsy that was at that time in our history,
move forward in time a bit and see what happened to the Dixie Chicks when one of
their number dared to open her mouth about George Bush and his policies.
When I asked Scruggs whether he was afraid his Vietnam protest might have hurt
his career, he only said, "I didnt give a damn." When I asked him why he did it, he
said, "I was afraid theyd take my kids." When I asked him whether it hurt his career,he said that, in fact, his bookings went way up. What a man.
There are a few rare people who are great musicians and who are there when their
country really needs them. It would appear Earl Scruggs is one of them.55
Scruggs hatte seinen Status schon und konnte ihn mit seiner Serisitt voll in die po-
litische Waagschale legen. Damit wurde er nicht zu einem der bekanntesten Vertre-
tern der Protestbewegung, aber dennoch zu einem sehr wichtigen; man nahm es ihmals Vater von zwei akut einzugsgefhrdeten Jungen nicht bel, seine Meinung zu u-
ern, da er sich damit nicht profilieren musste.
Scruggs hatte es geschafft, seine Musik zum Ausdruck des Protestes zu benutzen,
nicht, sie zum Ausdruck des Protestes werden zu lassen. Eine feine, aber wichtige
Unterscheidung, denn diese erklrt, warum ber seinem spteren Ansehen und ber
dem des Bluegrass' nicht die Fahne des Protestes und des Widerstandes weht.
55 Chartock, Dr. Alan; Dez. 2005:Anti-war Earl Scruggs; aus: http://polizeros.com/2005/12/01/anti-war-earl-scruggs/
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4.8 Weiterer Werdegang des Bluegrass'
Ein weiterer sehr wichtiger Film fr den Bluegrass wurde der 2000 erschienene Film
O Brother, where Art Thou? mit George Clooney in der Hauptrolle. Er erzhlt die
Geschichte von drei Verbrechern, die in Mississippi zur Zeit der Weltwirtschaftskrise
im Jahre 1937 aus dem Gefngnis ausbrechen, um die Beute eines der Flchtigen vor
der berflutung durch einen Staudamm zu retten. Auf ihrer Odyssee nehmen die drei
dann ganz nebenbei, verkleidet als die berhmte Bluegrass- Gruppe Soggy Mountain
Boys deren Hit Man of Constant Sorrow auf, und werden damit ber Nacht, und
ohne es zu merken, zu Country- Stars.56
Dieser Soundtrack, der bei Lost Highway erschien, wurde mehr als fnf Millionen
Mal verkauft und mit drei Grammys ausgezeichnet. Zusammen mit dem groen Er-
folg des Filmes fhrte er zu einem groen Revival des Bluegrass' auf der ganzen Welt
und brachte auch einem jngerem Publikum den Bluegrass nher. Bluegrass- Bands
waren so gut beschftigt wie kaum zuvor und der Tontrgerverkauf erreichte Rekord-
hhen.57
Heute existiert nicht zuletzt deswegen auch hierzulande eine, von der medialen Welt
aus welchen Grnden auch immer wenig beachtete, musikalische Nebenwelt, in der
auch Profimusiker existieren knnen. Sogar in Japan schlug der Bluegrass- Boom ho-hen Wellen, sodass es bis heute zumindest eine japansiche Bluegrassformation gibt,
die sich Bluegrass 45 nennt und international tourt. Fuji Mountain Breakdown
nennen sie dabei einen ihrer bekanntesten Songs, in Anlehnung an den von Scruggs
geschriebenen Foggy Mountain Breakdown.58
4.9 Weitere Auszeichnungen und Ehrungen
Lester Flatt und Earl Scruggs wurden 1985 endlich auch in die Country Music Hall ofFame aufgenommen; eine Auszeichnng, die schon lange berfllig war. Auerdem
wurde er, als Zeichen der gleichen Bedeutung und des gleichen Status' fr den Blue-
grass, im selben Jahr zusammen mit dem Vater des Bluegrass Bill Monroe 1991 in
die IBMA (International Bluegrass Music Association) Hall of Honor aufgenommen
und bekam einen Stern auf dem Hollywood Walk of Fame.
Heute lebt Earl mit seiner Frau in Madison, Tennessee, wo er bis heute gelegentlich
56 Siehe 2257 ebenda58 Siehe 7
25
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auftritt.59
5. Nachwort
Die Thematik Banjo und Bluegrass in Bezug auf soziale Fragestellungen wird in der
deutschsprachigen Literatur fast vollstndig ignoriert; dies liegt wohl vor allem dar-
an, dass das Banjo einfach zu wenig Auswirkungen auf den deutschsprachigen Raum
gehabt hat. Das Banjo ist als eines der ganz wenigen ursprnglich amerikanischen In-
strumente im gesellschaftlichen Gedchtnis Amerikas haften geblieben- obwohl es so
amerikanisch ja nun gar nicht ist. Was man nun aber in diesem Zusammenhang fest-
halten kann ist, dass sich der soziale Wirkungskreis bis in die 60er bis 70er Jahre im
Groben auf Nordamerika beschrnkt hat. Aufgrund dessen musste ich mich in vielen
Dingen auf amerikanische Autoren und Quellen beziehen, deren Denkweise ber das
Banjo das eines typisch amerikanischen Instrumentes ist.
Hier stellt sich dann eine weitere interessante Fragestellung. Dadurch, dass das Banjo
zu der oben beschriebenen Art Symbol fr eine mnnerdominierte amerikanische
Musikszene geworden ist, kommt es natrlich automatisch in amerikanischer Litera-
tur ber diese Thematik zu der oben angesprochenen ideologischen Verfrbung, die
es rauszufiltern glte. Hier kann man sich fragen, inwieweit diese ideologische Sym-
bolkraft auf die von mir oben geschilderten Entwicklungen Einfluss hatte, oder viel-
leicht auch vllig neutral geblieben ist. Hier knnten zum Beispiel Parallelen zum all-
gemeinen Wege der Frauen zur Gleichberechtigung gezogen werden, oder auch ein
Blick auf die schwarzen Musiker geworfen werden, die versuchen, die Traditionen ih-
rer Vorfahren wiederzuentdecken und fortzufhren.
Des weiteren msste auch in diesem Zusammenhang die Art und Weise der gesell-
schaftlichen Wirkung der Texte im Bluegrass in Verbindung mit der Gospelmusik, be-schrieben im Abschnitt 4.2, weiter untersucht und belegt werden.
Wie auch immer man die einzelnen Ergebnisse dieser Arbeit werten mag, man kann
festhalten, dass das Banjo einen durchaus ernstzunehmenden Einfluss auf das Ameri-
ka des 20ten Jahrhunderts hatte. Namen wie Earl Scruggs sind dabei nur das not-
wendige Medium gewesen, das Banjo fr sich hat mit der Zeit gengend eigene Aus-
strahlung zur Entfaltung seiner Wirkung bekommen.
59 Siehe 22
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6. Quellenverzeichnis
- Anonymus: 5.August 2008; Banjoist aus: http://www.banjoist.de/banjos/ty-pen.htm
- Anonymus: 15.August 2010;Scruggs Style; aus:http://en.wikipedia.org/wiki/Scruggs_style
- Chartock, Dr. Alan; Dez. 2005;Anti-war Earl Scruggs; aus:http://polizeros.com/2005/12/01/anti-war-earl-scruggs/
- Cornway, Dr. Cecelia: 1995African Banjo Echoes in Appalachia: A Study of Folk
Traditions; University of Tennessee Press- Crowe, James Dee: The Model Church; Rebel 1994
- Prof. Dr. Eichler, 1996:Musikinstrument und Sexualitt. Der Spezialfall FiveString Banjo, Berlin, aus: http://www.bhje.de/1996_fivestring.htm
- Evans, Bill: 2009 The Banjo, the 1800s and the Blues, aus: http://www.bluegrass-banjo.org/hisbanjo.html
- Fuchs, Walter, 2004:Das groe neue Buch der Country Musik, S. 136 143. K-
nigswinter: Heel Verlag GmbH
- Reese, Bill: 2009 Thmbnail history of the Banjo, aus: http://www.bluegrassban-jo.org/hisbanjo.html
- Seeger, Pete, 1962:How to play the 5- String Banjo, London
- Thomas, Tony; 2009:Banjo Tabulatures und Bluegrass Information, aus:http://www.bluegrassbanjo.org/bluetabs.html
- Waylon; Juli 2010:Bill Monroe, aus: http://de.wikipedia.org/wiki/Bill_Monroe
- Willis, Barry R., 1998:Biography Earl Scruggs, aus: http://www.flatt-and-scruggs.-com/earlbio.html
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7. Kurze Erluterung der beigefgten Audio- CD
Die beigefgte Audio- CD beinhaltet fnf von mir, auf einem normalen 5- String-Banjo der Marke Lida, aufgenommene Tracks zur Verdeutlichung des unterschiedli-
chen Klangverhaltens der verschiedenen Spielweisen des 5- String- Banjos. Dabei
mchte ich die vier gngigsten Arten vorstellen; den Clawhammer Grundrhytmus auf
Track 1, den Scruggs- Style auf Track 2 und 3, den Reno- Style auf Track 4 und den
Keith- Style auf Track 5.
Zu Track 1: Zu hren ist der auf Seite 7 beschriebene Clawhammer- Style im Grund-rhytmus. Pete Seeger nannte diesen den Bum- ditty- Bum- ditty- Rhythmus.
Zu Track 2: Vorspielen der Beispiele fr Rolls aus der Abbildung von Seite 14; der
Reihe nach.
Zu Track 3: Ausschnitt aus dem Song Foggy Mountain Breakdown von Earl
Scruggs. Dieser gilt als einer der Standardwerke fr diesen Spielstil, in dem bereits in
den ersten hier gezeigten Takten einige der in Track 2 vorgestellten Rolls zu erkennen
sind. Erluterungen auf Seite 13 und 14.
H= Hammer- on, Po= Pull of, Si= Slide
Abb. 4: Foggy Mountain Breakdown
Zu Track 4: Zu hren ist der Irish- Folk Reel The Star of Munster. Der Reno- Style
wird typischerweise hufig im Irish- Folk verwendet. Erluterungen dazu sind auf
Seite 19 nachzulesen. Im Notenbeispiel zu sehen ist der erste Teil des Tunes. Hier er-
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kennt man zudem sehr schn, wie flieend die bergnge der einzelnen Stile zu se-
hen sind; im zweiten Teil des Reels wird teilweise auf den Keith- Style zurckgegrif-
fen, um klangliche Variation erzeugen zu knnen.
T= Daumen, I= Zeigefinger, M= Mittelfinger, P= Pull- Of
Abb. 6: The Star of Munster
Zu Track 5: Zu hren ist der sehr bekannte Tune Blackberry Blossom. Hier wird
deutlich, wie schnell der Spieler die Bnde zum Teil sehr hoch greifen muss, um zu
vermeiden, eine Saite zwei mal spielen zu mssen. Erlutert ist der Spielstil auf Seite
19. Im Notenbeispiel zu sehen ist der erste Teil des ersten Abschnittes.
Abb. 5: Blackberry Blossom
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8. Eigenstndigkeitserklrung
Hiermit erklre ich, dass ich die vorliegende Hausarbeit ohne fremde Hilfe angefer-tigt und nur die im Quellenverzeichnis angegebenen Quellen als Hilfsmittel benutzt
habe.
Auerdem bin ich damit einverstanden, dass meine Hausarbeit fr Interessenten f-
fentlich zugnglich ist.
Dsseldorf den 11.8.2010
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