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Sammelreferat

Die Beziehungen zwischen Zellteilung und Zellt~tigkeit~ Dars te l ]ung und Versnch e iner kausa len Betrachtung

Von Karl Peter

Aus dem Anatomischen Institut der Universit~tt O-reifswald

Hit 2 Textfiguren

Eingeganffen am 21. Februar 1930

Der Aufforderung der Schriftleitung dieser Zeitsehrift, eine zusammen- fassende Darstellung der Ergebnisse meiner Untersuchungen fiber die Be- ziehungen, die zwischen Zellteilung und Zellt~tigkeit bestehen, zu geben, folge ich gem. Einmal sind meine Studien zu einem gewissen Abschlu6 ge- bracht worden, an dem man selbst danach strebt, einen lJberblick fiber das Erreiehte zu geben und Ausschau nach neuen Gesichtspunkten zu halten, und dann scheint m i r alas in Rede stehende Problem in seinen praktischen Folgen so bedeutsam, dab es auch den Vertretern eines Wissenszweiges, dem die Untersuchungen selbst etwas ferner stehen, bekannt gemacht werden miige.

Daft zwischen der Zellti~tigkeit und der Zellteilung gewisse Beziehungen vorhanden sind, ist schon 5fters bemerkt worden. So schreibt 0. H e r t w i g : ,,Es stehen offenbar formative und reproduktive Prozesse in einer gewissen Abhi~ngigkeit voneinander, indem der eine Proze6 den anderen aussehliegt." Doch hiingen solche und i~hnliehe Bemerkungen v611ig in der Luft, da sie sehr allgemein gehalten sind und kein Beweismaterial beibringen. Fr. M e r e s hat zum erstenmal die Richtigkeit dieses Satzes gezeigt. Er fand namlich, daft die Mitose die Resorption in dem zweiten Abschnitt der Nierenkanalchen der Salamanderlarve - - er deutete den Vorgang noch als S e k r e t i o n - unter- bricht.

Ich kam bei meinen Mitosestudien auf dasselbe Problem und konnte ~ e v e s ' Befund besti~tigen, pri~zisieren und bedeutend erweitern.

Meine Untersuchungen ftihrten reich zu dem Satze: e ine Ze l l e in Mi tose a r b e i t e t n i ch t ; u m g e k e h r t h e m m t Z u n a h m e der T i i t i g k e i t

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die i n d i r e k t e Z e l l t e i l u n g , A b n a h m e fO rd e r t e sie. Es besteht also in der Tat eine Beziehung zwischen Zellteilung und Zellt~tigkeit inso~ern, als diese beiden Prozesse sich ausschliefen.

In unserer Bespreehung mfissen wir die Abh~ngigkeit der Zellarbeit yon der Teilung trennen yon dem reziproken Verh~ltnis~ der Abh~ngigkeit der Zellteilung yon der Funktion der Zellen.

Wir beginnen mit dem ersten Satze der H e m m u n g der T ~ t i g k e ~ t d u r c h die Mitose. Bevor wir an diese Frage herantreten, bedarf es einer Voruntersuchung: wie m ach t s ieh die T ~ t i g k e i t e i n e r Ze l l e k e n n t l i c h ?

Am deutlichsten l~f t sich der Ablauf der Zellarbeit an Driisenzellen ablesen, deshalb wahlte ieh als Material fiir meine Untersuchungen die Haupt- stticke der Nierenkan~lchen fiir Resorption, Pankreas und Magen fiir Se- kretion, und zwar bei stark wachsenden, reichlich Mitosen aufweisenden Salamanderlarven.

Der Resorptionsvorgang in den Nierenzellen l~tft sich ganz besonders k]ar nach Injektion yon Trypanblau verfolgen, das aus der Blutbahn im Glomerulus abgesehieden, aus dem Nierenkan~lchen dutch die Hauptstiicks- zellen wieder teilweise resorbiert wird. Der Farbstoff erscheint erst diffus als homogener Streifen unter dem Biirstensaum und sehl~gt sich dann in KSrnchenform in einem ,,blauen Saum" unterhalb des Btirstenbesatzes nieder. Erst sp~ter tritt er in gr5feren oder kleineren Granulas in den Zelleib tiefer ein und wandert langsam der Basis der Zelle zu.

Die Nierenzelle des uninjizierten Tieres zeigt an der Stelle des ,,blauen Saumes" eine Reihe yon V a k u o l e n als erstes Zeichen der Resorption; das erste Eindringen der Massen in die Zellen, das beim Trypanblau durch den Farbunterschied siehtbar wird, ist hier natiirlich nicht zu verfolgen. Solche Vakuolen liegen nur in einer Reihe unter dem freien Zellrande. Tiefer in der Zelle befinden sich G r a n u l a versehiedenen Aussehens, die aus den Vaku- olen hervorgegangen sind.

Was zeigt nun die T e i l u n g s z e l l e ? Im Stadium des Mutter- oder Tochtersterns besitzen die Teilungszellen

keine Vakuolen, bzw. keinen blauen Saum: sie haben also w~hrend tier Mi- rose keine Stoffe aufnehmen kSnnen; die vor Beginn der Teilung eingedrun- genen Massen sind welter basal gewandert und erfiillen die Zelle mit un- gef~rbten (oder blauen) KSrnern; dagegen haben wahrenc] tier ersten Phasen der Teilung keine Stoffe resorbiert werden kSnnen, so daf den Teilungs- zeUen die zuletzt eingedrungenen jfingsten Einlagerungen fehlen, die in den arbeitenden Nachbarzellen reich]ieh vorhanden sind.

Umst~ndliche Z~hlungen der Bl~schen lehrten mieh, daft ihre Zahl in den Teilungszellen bereits beim sichtbaren Beginn der Teilung abnimmt; ein Vergleich mit den benachbarten arbeitenden Elementen ffihrte zu diesem Ergebnis. Noch ziemlieh zahlreieh w~hrend des dichten Spirems werden

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sie sp~rlich im Stadium des lockeren Knituels und schwinden vSllig beim Monaster. Die ersten Vakuolen findet man erst wieder beim Ubergang des Dyasters ins Dispirem; in der Te]ophase vermehren sie sich bis zur Normalzahl.

Daraus ergab sich als D a u e r der T ~ t t i g k e i t s u n t e r b r e c h u n g die Z e i t yore B e g i n n der Mi tose bis zum E n d e des T o e h t e r s t e r n s .

Als schwieriger erwies sieh die Untersuchung der S e k r e t i o n s v e r h ~ l t - nisse . Weder im Pankreas, noch im Magen liit3t sieh die Zahl der Sekret- kSrnchen, die aus dem Blur entnommen werden, zahlenm~i3ig festlegen. Aber die Bilder sind doch so deutlieh, dat3 sie einen sicheren Schluft zulassen. Die Teilungszellen zeigen n~mlich stets weniger Granula als die arbeitenden Nachbarinnen, und zwar ist der Unterschied um so erheblicher, je welter die Mitose fortgeschritten ist, so dai~ z. B. in der Bauchspeicheldrtise 61/2 Stunden naeh der Ftitterung und der damit verbundenen Entleerung der Zellen Mi- rosen inl Dyasterstadium ganz ohne Einlagerungen im Plasma sind; die Neben- zellen zeigen sich dagegen dicht mit neugebildeten Granulas erftillt.

Ich machte auch eine Kraftprobe auf die F~ihigkeit der Mitose, zur Resorbierung geeignete Stoffe abzuweisen, indem ich Larven Pilokarpin ein- spritzte, alas die Hauptstiiekszellen der Niere in hSehst energische Tiitigkeit versetzt~ so daft sie mit riesigen Vakuolen angefiillt sind. Aber auch in diesen Nieren sind Zellen im Monasterstadium ganz ohne Vakuo]en, ein hSchst eindrucksvolles Bild, das yon der Energie der veriinderten physikalischen Verhiiltnisse in den Teilungszellen, die die Resorption verhindern, spricht.

Weitere Untersuchungen und eine Durchsicht des Schrifttums zeigten mir, dab Resorption und Sekretion nicht die einzigen Zelltiitigkeiten sind, die wahrend der Mitose unterbrochen werden. So schwinden bei vielen Zellen Strukturen und Differenzierungen, die Ausdruck der Ti~tigkeit sind, zur Zeit der indirekten Zellteilung. Dies ist der Fall bei der Sti~bchenstruktur in dan Zellen des vierten Abschnitts der Salamanderniere, die ganz unsichtbar wird; Cilienapparat der Flimmerzellen, Fadenapparat der Nebenhodenzellen, Btirsten- saum der Darmzellen lSsen sich auf, das Glykogen in Zellen menschlicher Embryonen, das Hi~moglobin der roten BlutkOrperchen des Molches schwinden. Weiterhin liii~t sich nacbweisen, daft die Zellen wahrend der Karyokinese ihr Wachstum einstellen: Zellen der Wurzelspitzen wachsen wahrend der Mitose nicht in die Li~nge, Blastomeren vergrSfiern sich nicht w~thrend der ,,Furchung", bei der die Teilungen rasch ohne Zwischenpausen aufeinander folgen; endlich finder sich ein analoges Verhalten bei der Regeneration, bei der lebhafte Zellvermehrungsprozesse ablaufen miissen. Geschieht dies auf dem Wage der Mitose, so geht die ,,normale Differenzierungsform und funk- tionelle Beschaffenheit" der Elemente verloren: die Zellen mfissen sich, um sich indirekt teilen zu kSnnen, ihrer Arbeitsstrukturen ent~ufiern und ,,funk- tionslos :' werden.

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Kurz, unser Satz , ,e ine Ze l l e , die sich i n d i r e k t t e i l t , a r b e i t e t n i c h t " , hat eine weitgehende, wohl universelle Bedeutung.

Wie steht es nun mit dem reziproken Satz: e ine Zelle~ die a r b e i t e t , t r i t t n i c h t in Mi tose ein?

Der Einfluf der Zellt~tigkeit auf die Zellteilung ist nur indirekt zu ergriinden; nur auf statistischem Wege ist er zahlenmi~t3ig zu bestimmen. Man kann es einer Zelle nicht direkt s ob energische Tiitigkeit sie hindert, sich mitotisch zu teilen. Man mug zu dem Hilfsmittel greifen, daf man untersucht, ob Mitosen oder bestimmte Phasen derselben in stark ar- beitenden Nieren oder Kan~lchenabschnitten im Vergleich mit normal oder gering t~tigen Organen besonders selten oder hiiufig sind: dann daft man auf eine Beziehung zwischen Mitose und Zellarbeit schliefen. Um aber auf diesem Umwege zu einem einwandfreien Ergebnis zu gelangen, mut5 das Problem also yon miiglichst vielen Seiten angefaft werden.

Dies ist auch gesehehen und, wie bier schon vorausgeschiekt werden mSge, alle Versuche haben die gleiche Antwort auf unsere Frage gegeben.

Eine erste Untersuehung stellte lest, ob die Haufigkeit der Zellteilungen in den Hauptstiicken der Niere von Salamanderlarven iiberhaupt in Beziehung zur Intensiti~t der Zellarbeit steht, ob die Energie der Funktion der Mitosen- zahl etwa parallel geht und sie so beeinflul~t.

Sowohl die Zahl der Mitosen wie der Grad der Zellt~tigkeit ist in den Serien gut zu schiitzen. Bei 54 Larven liefi sich nachweisen, daft in der Tat eine s t a r k e T i i t i g k e i t mi t e i n e r S e l t e n h e i t der K a r y o k i n e s e n ver - b u n d e n i s t , w ~ h r e n d N i e r e n mi t r e i e h l i c h e n M i t o s e n s t e t s e ine g e r i n g e F u n k t i o n ze igen . Die wenigen Ausnahmen yon diesem Befund kSnnen gut erklart werden.

Zwei Proben bekr~ftigen dieses Resultat. Einmal hatte ich, um den Vergleich nicht an verschiedenen Tieren, sondern an demselben Individuum anstellen zu k(innen, den gleichen Tieren zu verschiedenen Zeiten •ieren- stfieke entnommen. Auch diese Stiieke - - a das erst exstirpiert% b das nach Stunden fixierte - - zeigten wieder~ daft mit einem Wechsel der Zellfunktion in den a-und b-Serien ein Weehsel in der H~ufigkeit der Mitosen im obigen Sinne Band in Band geht.

Dann untersuchte ich in denselben Nieren aueh die Hiiufigkeit der Zellteilungen in den noch nieht ti~tigen Kani~lchenanlagen, welche also nicht dureh eine spezifische Funktion bedingt sein kann. Ich land aueh in den Kani~lchenanlagen versehiedener Nieren sehr wechselnde Hi~ufigkeitsverhiilt- nisse. Ihre Seltenheit oder Massenhaftigkeit der Mitosen steht aber in gar keiner Beziehung zu der in den t~tigen Kan~lchen; die Zellteilungen in den Anlagen waren 5fters selten, wiihrend die t~tigen Kan~lchen zahlreiche besafen und umgekehrt~ so daft das Verhalten in den funktionierenden Hauptstticken sicher in Abhi~ngigkeit yon der Intensitiit der Ti~tigkeit steht.

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Das Ergebnis war also so, daft starke Zelltatigkeit mit einer sp~rlichen Zellteilung, geringe Funktion mit zahlreichen Mitosen Hand in Hand geht, daft also die Z e l l f u n k t i o n h e m m e n d auf die T e i l u n g e i n w i r k t .

Dem Problem wurde aber noch welter nacbgegangen. Es wurde unter- sucht, ob wahrend einer sichtbar zu erkennenden Anderung der Zellt~tigkeit auch eine Verschiebung der Mitosenverteilung auf die einzelnen Teilungs- schritte erfolgt in dem Sinne, daft jedesmal Teilungen der Ze]len w~hrend der erhShten Zellarbeit seltener, w~hrend nachlassender Funktion h~ufiger eintreten.

Eine Zunahme oder Abnahme der Zellarbeit ]~i~t sich leicht an dem Verh~ltnis der Einlagerungen erkennem Hat die T~tigkeit die letzte Zeit zugenommen, so werden die w~hrend dieses Zeitraums entstandenen Vakuolen, die zuletzt yon den Ein]agerungen resorbiert worden sind, iiberaus zahlreich u~d grot5 sein und die frfiher entstandenen Granula an GrSf~e und Menge welt ~iberholen. Nachlassen der Arbeit wird sich in einem Seltener- und Kleinerwerden der Bl~schen kundgeben, gleichm~fiige Arbeit wird Vakuolen nnd Granula in einem ,,normalen" Verh~Ifnis zeigen, in dem die Blaschen weder fiberreich noch besonders selten sind.

Der Teilungsrbythmus der Zellen lafit sich erkennen an der H~ufigkeit der einzelnen Teilungsstadien. ]Jberwiegen die ersten Phasen, so sind in letzter Zeit besonders viel Zellen in Mitose eingetreten, sind die letzten zahl- reicher, so hat die I-Iaufigkeit der Teilung in den letzten Stunden nach- gelassen. Die Teilungsschritte bezeichnete ich mit den Buchstaben 2 bis H. B bedeutet das dichte, 0 das lockere Spirem, D die Vorbereitung zum Mo- naster, E diesen selbst, 2" die Metakinese, G Dyaster, H Dispirem.

Fiir die H~ufigkeit der einzelnen Stadien im ,Normalzustande" kann ieh drei Berechnungen angeben, die in gen~igender l)bereinstimmung die Ver- teilung bei nicht oder gleichm~fiig funktionierenden Zellen ze~gen (s. Tab. 1). Es sind die Zahlen aus tatigen Nierenkanalchen, unt/itigen Kan/~lchenanlagen und Hornhautzellen yon Salamanderlarven genommen. Die Zahl der zar Be- rechnung benutzten Mitosen ist sehr grofi, betr/igt z. B. fiir die Kanalchen- anlagen 1707. Die Ubereinstimmung der drei Reihen tritt noch deutlicher hervor, wenn man die Phasen • und O. D und E, F u n d G zusammenfal]t (s. Tab. 1).

Ein ganz anderes Bild zeigt nun die Verteilung in den Serien, deren Hauptsti~cke vermehrte oder verminderte T~tigkeit erkennen lassen. Im ersten Falle (s. Tab. 2) sind die ersten Teilungsstadien auffallend selten, im letzteren dagegen sehr geh/iuft; in der Mitre steht die MeRge in den gleich- rnafiig funktierenden KanMchen. Umgekehrt sind bei letzthin erhShter Arbeit die letzten Stadien sehr reichlich zu finden, bei verringerter dagegen selten. Die Zahl der zur Berechnung herangezogenen Mitosen betr~gt 1852 bzw. 996. Einzelne Serien zeigen das auffallende abweichende Verhalten ganz extrem.

Protoplasma. X 40

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T a b e l l e 1

Verteilung der Mitosen in den tatigen NierenkanMchen, den Nierenkan~lchen- anlagen und in der Hornhaut yon Salamanderlarven in Prozenten

Stadien T~tige Kan~lchen Kaniilehenanlagen ttornhaut (hath Kornfeld)

B C D E F G H

Summe

29J 41 4 /

17 / 2] 16

100

18

100

15 101 25

17

101

T a b e l l e 2

Verteilung der Mitosen in den Hauptstiicken yon verschiedenen Tiitigkeits- graden, in Prozenten ausgedriickt

Stadien Hauptstiicke mit Hauptstiicke mit nach- Hauptstiicke mit gleich- erh6hter T~ttigkeit lassender T~tigkeit bMbender T~tigkeit

B C D E F G H

5 4 9

33 4

25 20

20 8

10 27 2

15 17

12 10 19 99 4

17 16

Samme 100 99 100

Graphisch gib~ Fig. i dieses Verhalten wieder, in welcher auf der Abzisse die Stadien der Mitose B - - H eingetragen sind, wahrend die Ordinate die Zahl der Mitosen angibt, die fiir jedes Teilungsstadium gefunden wurden. Die drei Kurven weichen weir auseinander.

Das gleiche Verhifltnis zeigte sich auch bei den Serien, die den der gleichen Larve entnommenen Nierenstiicken entstammen: Auch hier eine Ver- schiebung der H~ufigkeit der Teilungsphasen nach den letzten Stadien zu, wenn die Tiitigkeit in der Zeit zwischen der Exstirpation der beiden Nieren- stiicke sich erhtiht hatte, im entgegengesetzten Fall eine Hiiutung nach dem Spiremstadium zu.

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Daft diese auffallende Verteilung in der Tat auf entspreehenden T~tig- keitswechsel und nicht auf andere ~'aktoren zurtickzufiihren ist, beweisen uns besondere Untersuchungen:

1. Bei der Zahlung der' Mitosen in den-Kan~lchenanlagen derselben Nieren, die ftir die Tabelle 2 benutzt wurden, ergab sich keineswegs die gleiche Differenz zwischen den drei Gruppen der Organe mit gleichmiigiger, sich steigernder und nachlassender T~tigkeit, wie sie Tab. 2 und Fig. 1 zeigen; die Verteilung ist in allen dreien ziemlich die gleiche, die Kurven der Fig. 2 fallen fast zusammen, wKhrend sie (in Fig. 1) bei den t~ttigen Kan~lchen weit vonein- ander divergieren.

2. Aueh die letzte Ftit~e- rung iibt keinen Einflufl auf die Verteilung der Teilungsphasen aus, wie man wohl annehmen kbnnte. Der seit der letzten Ftitterung verstrichenen Zeit ist kein Einflufi auf die Teilung in den Hauptstackszellen zuzu- schreiben; diese ist allein ab- hi~ngig yon dem Punktionszustand der Zellen.

3. Endlich ist eine Wirkung yon Fernstrahlen und Nekrohor- monen auf die Teilung der Haupt- sttiekszellen nicht nachzuweisen.

Beztiglich der Fernstrahlen wurde gefunden, daft weder die zahlreichen Mitosen in den Kanal- chenanlagen, noch die Teilungen in den t~itigen Kaniilchen selbst irgend einen teilungsanregenden i~eiz auf ihre Umgebung ausiiben; die Nitosen sind in ihrer Urn-

g8 C D E :--' & /'/

Fig. 1. Vergleich der ~itosenverteihng in den t~tigen Hanptstiieken yon Nieren mit gleieh- bleibender (ausgezogen)~ vermehrter (gestriehelt) una verminderter (punktiert) T~tigkeit. Die

drei Kurven fallen welt auseinander.

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I~ .If~ ~"N.

% : D F§ :: Fig. 2. Dasselbe aus den Kanalchenanlagen derselben Nieren. Die drei Kurven liegen im ganzm~ Verlauf sehr nahe beieinander. Aus

Peter Zellteilung and Zellt~tigkeit 7.

gebung durchaus nicht h~ufiger als weir yon ihnen entfernt. Nekrohormone kSnnten sich entwickeln an den SchnittfUichen der Nieren,

yon denen ein Teil in vivo entfernt worden war. Abet auch bier fund sich

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kein Einflut~: in der N~he dieser Sehnittfl~chen liegen nicht mehr, sondern sogar weniger Mitosen als am anderen Ende der Nieren.

Somit ergibt sich mit Sicherheit, dab die e r h S h t e o d e r e r n i e d r i g t e T ~ t i g k e i t der N i e r e n z e l l e n Schu id i s t an der V e r s c h i e b u n g der H ~ t u f i g k e i t s k u r v e de r m i t o t i s c h e n S t a d i e m

E r h t i h t e F u n k t i o n v e r h i n d e r t also die T e i l u n g , v e r r i n g e r t e r e g t sie an.

Noch eine andere Untersuchung fiihrte zu dem gleichen Ergebnis. Ich achtete auch auf die Verteilung der Mitosen auf die einzelnen verschieden stark t~tigen Segmente der Hauptstiicke in der gleiehen Niere. Die T~tigkeit der Hauptstiiekszellen nimmt n~mlich, yore Nierenkbrperchen an gerechnet, allmahlieh ab. Nun ergab es sich, daB in den schwaeh funktioniereuden Stricken Ieichlich Mitosen anzutreffen sind, in den stark t~tigen dagegen wenige.

Also immer wieder das gleiche Ergebnis: erhi3hte T ~ t i g k e i t s t e l l t e i n e n t e i l u n g s h e m m e n d e n F a k t o r dar t v e r r i n g e r t e e i n e n t e i l u n g s - b e f S r d e r n d e n , unter Teflung ist stets Mitose zu verstehen.

Wir linden also unseren eingangs aufgestellten Satz roll best~tigt: e in e Ze l l e , die s t a r k a r b e i t e t , t e i l t s ieh n i c h t mi to t i seh~ e ine Ze l le , die s ich m i t o t i s c h t e i l t , a r b e i t e t n i c h t . E r h S h t e T ~ t t i g k e i t v e r h i n d e r t die i n d i r e k t e T e i l u n g . MuB sich e ine Ze l l e doeh m i t o t i s c h ver - m e h r e n , so u n t e r b r i e h t sie i h r e A r b e i t .

Wenn wir dieses Ergebnis tibersehen, so ist ein Verst~ndnis yore f i n a l e n S t a n d p u n k t leicht zu gewinnen: Die Zelle hat nur eine be- schr~nkte ArbeitsmiSglichkeit. Ihre funktionelle Tatigkeit nimmt ihre ganze Kraft in Ansprueh, so dab sie wLthrend dieser Zeit nieht auch noch die ein- greifende Arbeit der Mitose bew~tltigen kann. Andererseits ist die Zelle durch die indirekte Teilung so ,,besch~ftigt", dab sie ihre eigentlichen Funk- tionen nicht daneben versehen kann.

Treten wir allerdings yore k a u s a l e n G e s i c h t s p u n k t aus an dieses Problem heran, so sind wir noeh weir yon einem Verstehen enffernt. Es ist zwar leicht erkl~rlich, dab das Sehwinden des Kerns als Individuum, die Ver~nderungen des Protoplasmas, wie sie die Mitose charakterisieren, die gew~hnlichen Tatigkeiten der Zelle stSren oder hemmen miissen, aber welehe Faktoren dabei wirksam sind, das ist noch nicht klar zu ersehen. Noch weniger gilt dies fiir den zweiten Teil unseres Satzes,,der die Beeinflussung des Eintritts in die i~Iitose durch die Starke der Zellt~tigkeit zum Gegenstand hat, zumal dieses Ergebnis nur dutch statistische Z~thlungen zu gewinnen war.

Wollen wir iiberhaupt versuehen, die kausale Fragestellung anzu- wenden~ so miissen wir uns erst einmal auf den Satz: ,,Mitose stellt Zell- funktion still", beschranken, den Satz, der bis ins einzelne durchgearbeitet werden konnte.

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Wenn wir die Liste der durch 3litose unterbrochenen Tatigkeiten be- s so finden wir in ihr die verschiedensten Formen: Ausdruck des Stoffwechsels, wie Resorption und Sekretion, Glykogengehalt, H~moglobin- gehalt, dann Verlust des Flimmerapparates, seien es Kino- oder Stereozilien, des Bfirstensaums bei Darmepithelien, das Wachstum. Wir wollen bier f[ir unseren Versuch nur die wieder am genauesten beobachteten Funktionen der Resorption nnd Sekretion berficksichtigen, deren einzelne Phasen erst einmal gesondert nnterschieden werden miissen.

Resorption und Sekretion gehSren dem Stoffwechsel der Zel]e an, und zwar dem altruistischen~ der der Zelle selbst erst mittelbar zugute kommt, indem er dem gesamten Organismus niitzt. Dieser Tatigkeit steht die ego- istisehe Funktion der Zelle gegenfiber; dieser Stoffwechsel ist ffir die Existenz der Zelle notwendig und besteht in der Aufnahme der nStigen N~hrstoffe~ in Assimilation und Ausscheidung der Verbrauchsstoffe. 0b, nebenbei gesagt, aueh diese Art des Stoffwechsels w~hrend der Nitose lahmgelegt wird, ist nicht sieher, er lai~t sich morphologisch nicht erkennen und kSnnte nur auf Umwegen kontrolliert werden. Die MSgliehkeit einer Unterbreehung ist vor- handen, da gerade die Aufnahme yon Stoffen wahrend der Mitose gestSrt ist, und ein Schaden ~fir die Zelle wfirde durch diese Unterbrechung der Er- n~hrung kaum erwachsen, da diese Pause doch nur Bruchteile einer Stunde (bei Warmbliitern) oder wenige Stunden (bei Kaltbliitern) w~hrt.

Die V o r g a n g e be i der R e s o r p t i o n und der S e k r e t i o n lassen sich nun in drei Phasen einteilen: Aufnahme der Stoffe (aus dem Lumen oder den Kapillaren), Verarbeitung oder Transport innerhalb der Zelle und Aus- stoi~ung (in das Blutgef~fisystem oder das Kanalehenlumen).

Von diesen drei T~tigkeiten ist die Aufnahme in den Zelleib sicher w~hrend der Mitose unterbrochen, w~hrend es mit den beiden anderen Teil-

funk t ionen nicht der Fall ist bzw. zu sein scheint. Die Vorgange in der Zelle selbst sind anscheinend nicht gestSrt; in

den Hauptstfickkan~lehen wandeln sich die Vakuolen auch wahrend der in- direkten Teilung in KSrnchen urn. Denn die Blaschen, die noch in den ersten Phasen der Mitose unter dem Biirstensaum liegen, schwinden im weiteren Verlauf, wandern basalwarts und werden zu Granula. Das ist sicher zu erkennen, besonders bei Larven, denen kurz vor der Fixierung Trypanblau injiziert worden war. Weniger klar liegen die VerhNtnisse bei der Sekretion. Die Verarbeitung der Driisengranula im Innern der Zelle laBt sieh nicht so einwandfrei kontrollieren, dai~ ein Entscheid in dieser Hin- sicht getroffen werden kSnnte.

Die AusstoBung der aufgenommenen Stoffe ist wieder in den Nieren- kanalchen nicht zu beobachten, da die resorbierten und gespeicherten Stoffe sehr langsam v o n d e r Blutbahn aufgenommen werden; eine Unterbrechung dieses Ubergangs w~hrend der Mitose kann daher gar nicht erkannt werden.

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Anders ist es wiederum bei der Sekretion. Sowohl im Pankreas, wie auch im Magen zeigten mir die Schnittbilder, dari die Entleerung des Se- kretes in den Teilungszellen in gleicher Weise vor sich geht, wie in den Arbeitszellen. Dies liefi sich feststellen bei Larven, die nach l~ngerem Hungern geffittert worden waren. Sie wurden wenige Stunden darauf get~tet. Die Zellen stieflen in diesen Stunden das in tier Hungerzeit angehaufte Sekret aus, und zwar in gleichem Grade Arbeits- wie Teilungszellen. So konnte ieh ffir 'die Sekretion in Pankreas und Magen den Satz aufstellen: die in- direkte Zellteilung verhindert nicht die Entleerung der Sekrete. Immerhin ist dieser Schluri auf indirektem Wege gezogen worden; ein direkter Beweis ist noeh wfinschenswert.

So bleibt yon unserem Thema nur die Aufnahme der Stoffe in die Zelle iibrig, die ffir die Resorption besonders bei Farbstoffen direkt beob- achtet werden kann. Sie ist also gestSrt w~ihrend der Mitose, und zwar yon deren Beginn bis zum Ubergang des Dyasters ins Dispirem.

Diese Aufnahme yon Substanzen erfordert eine besondere T~tigkeit der Zelle, da es bestimmte Stoffe sind, die der Kan~.lchenflfissigkeit oder dem Blutplasma entzogen werden sollen.

Was kSnnte nun in der Zelle die Veranlassung sein, dat~ die genannten T~itigkeiten sich ver~nderten, so daft Resorption und Sekretion nicht mehr in l~unktion treten kSnnen?

Man kann erstens an den Verlust des Kerns als arbeitenden Zellbestand- teil denken. Die Kermnembran, die Nukleolen sind geschwunden, das Karyo- plasma mit dem Cytoplasma gemischt, das Chromatin in den Chromosomen verpackt; diese enorme Umw~lzung im Innern der Zelle kSnnte schon ge- nfigen, um deren physikalischen-chemischen Zustand in dem n~tigen Aus- marie zu ver~indern.

Dari abet der Kern nicht s~mtliche Ver~nderungen, die die Ze]le w~hrend der Mitose eingeht, verursaeht, ist leicht daran zu erkennen, dari einige dieser Tatigkeiten unabh~ngig yore Kern ablaufen. So ist z. B. seit langem be- kannt, dari die Flimmerbewegung vom Kern nicht beeinflufit wird. Ich babe kernlose Stficke yon Flimmerzellen ungehindert ihre Bewegung weiter aus- ffihren sehen. Und doch wird der Flimmerapparat w~ihrend der Mitose ab- geworfen.

Aber auch wenn der Kern allein die Veranlassung zu dem Sistieren der Resorption und Sekretion w~ire, so sind wir damit der Frage noch nieht auf den Grund gegangen. Es fragt sieh eben, ob s ieh d ie p h y s i k a l i s c h - c h e m i s e h e n V e r h ~ l t n i s s e t ier Z e l l e w~ihrend der Mi tose in der Weise ~indern, dari k e i n e S t o f f e a u f g e n o m m e n w e r d e n kOnnen.

Zur Orientierung fiber den jetzigen Stand unserer Kenntnisse fiber die chemisch-physikalischen Verh~ltnisse bei Resorption und Sekretion benutzen wir das Handbuch der normalen und pathologischen Physiologie. Im 4. Bande schreibt F. VerzAr fiber die ,,Theorie der Sekretion": ,Alle Versuche, die

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Resorption auf Grund eines Prinzipes zu erkliiren, sind fehlgesehlagen. Wenn man weiB, wie kompliziert eine solche Membran ist und wie zahlreiehe Faktoren auf die Permeabilitiit einer jeden Membran wirken, so wird man sieh nicht wundern dtirfen, dai~ noeh nicht alle Bedingungen zu iiberblicken sind. Es handelt sich also um den Durchtritt yon in Wasser und in Lipoiden 15slichen Substanzen durch eine zusammengesetzte kolloidale Membran, deren Perme- abilitiit durch innere Stoffwechselvorgiinge und iiufiere (Milieu-)Wirkungen sich verandern kann; die treibenden Kr~ifte sind aber dieselben, die eine Fliissig- keitsbewegung durch tote Membranen mSglich machen, Filtration, Diffusion bzw. Osmose."

Dies gilt ftir die Resorption aus dem Darme. Mutatis mutandis wird man dieselben Krafte auch fiir die Resorption aus den Nierenkani~lchen in Anspruch nehmen kSnnen, zumal auch in den Hauptstiickszellen ein Biirsten- saum sichtbar ist, wie an den Darmzellen. Speziell fiir die Hauptstfickszellen der Nierenkan~tlchen schreibt E l l i n g e r in demselben Band des Handbuches der Physiologie S. 508: ,,Ein Teil der Riickresorptionsarbeit kann natfirlich dutch den osmotischen Druck der EiweifikSrper in den Kapi]laren des Tubulus geleistet werden." Doch nimmt E l l i n g e r ffir diesen Vorgang noch andere Kr~fte in Anspruch, unter denen die elektrostatischen Eigenschaften des Ge- webes Bedeutung haben.

Wie steht es nun mit diesen KrMten wiihrend der Mitose? W asse r - m a nn fafit diese Veranderungen im 1. Band des Handbuchs der mikroskopi- schen Anatomie des Menschen zusammen (S. 270): ,Ver~nderungen des Zellk5rpers in zwei Richtungen, niimlich in bezug auf die P e r m e a b i l i t ~ t de r O b e r f l ~ c h e und die Viskos i t~ t t des P r o t o p l a s m a s scheinen bier nach dem gegenwiirtigen Stand unserer Kenntnisse vor allem in Betracht zu kommen."

Zum Beginn der Mitose finder eine Permeabiliti~tssteigerung start, wo- (lurch eine bedeutende Ver~tnderung der Zelloberfl~che hervorgerufen wird.

Dadurch wird auch die Viskositiit des Protoplasmas geringer, es wird verfliissigt, rundet die Zelle ab und erhiiht somit die Oberfliichenspannung.

Sp~tter allerdings, vom Ende der Prophase an, steigt die Viskositi~t wieder an, die ganze Zelle wird rigider (S. 230). Wahrend tier Metaphase stellt sich wieder eine allmiihliche Viskositiitsabna'hme ein (S. 427).

Wi~hrend diese Ergebnisse mit den im Innern der Zelle ablaufenden mitotischen Vorgiingen gut in Einklang zu bringen sind, fehlt noch eine Be- ziehung zu dem Verkehr der Zelle mit ihrer Umgebung. Besonders die Zellmembran ist dabei yon hSchster Bedeutung.

Hier ist auf die Ausffihrungen Speks hinzuweisen, auf die auch W a s s e r - m a n n (S. 428) aufmerksam macht, dat~ w~thrend tier Anpassung der Zellhaut an die wechselnden Formefi der Zelle ,Zustands~nderungen des physikalischen Systems der kolloiden Membran" vor sich gehen. ,,Am wahrscheinliehsten ist es, daft sich die Membran bei Formveriinderungen der Zelle in einem

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weniger verfestigten, also verflfissigteren Zustand befindet. Direkten Ein- blick in den physikalischen Zustand der Membrankolloide wihrend der Zell- teilung besitzen wir allerdings noch nicht. Aber manche Erscheinungen, so besonders der mit der Zellteilung einhergehende Verlust gewisser Diffe- renzierungen der Oberfliiche, weisen auf den Umbau derselben him"

Wir ersehen aus diesen Sitzen, daft neben dem Kern auch das Zell- plasma und die Grenzflichen der Zelle wihrend der Mitose erheblichen Ver- inderungen unterliegen, u n d e s ist nieht schwer, sich vorzustellen, dab durch diese Faktoren die Resorption unm(iglich gemacht wird. Besonders kann man darauf aufmerksam maehen, daft der hShere Turgor der Teilnngszelle den Eintritt yon Stoffen ins Innere der Zelle verwehrt, speziell von Bestand- teilen der ttarnfliissigkeit, die die Zelle im Arbeitszustand aufnimmt.

Bei diesem Vergleich der Vorg~inge, die wi~brend der Resorption ab- laufen, mit den Verinderungen, denen das Plasma der Teilungszelle unter- liegt, mfissen wir uns beseheiden; eine exakte Analyse der Resorptionsprozesse w~hrend der Mitose steht noch aus. Doch ist es kein Ding der UnmiJglich- keit, diese durchzufiihren. Dureh sie werdea wir auch das interessante Ver- h~ltnis zwischen Zellt~tigkeit und Zellteilung kausal verstehen lernen.

Es ist vielleicht angebracht, ein Wort tiber die A m i t o s e anzufiigen. Bisher war nur yon der Mitose die Rede und al]e Befunde fiber das Ver- hiiltnis yon Funktion zur Teilung der Zelle bezogen sich auf sie.

Ich habe in einer frfiheren VerSffentlichung gesagt, daft Amitose der Zellarbeit ununterbrochen weiterzugehen gestattet, dab sie also insofern einen Vorsprung vor der Mitose hat, als diese eben die Zelltitigkeit hemmt. Damit steht gut in Einklang, dab Zellen mit besonders energischer Tiitigkeit sieh amitotisch vermehren; B e n n i n g h o f f spricht yon einer ~berlastung des Cyto- plasmas, das direkte Kernteilung veranlasse.

Nun vermil~t W a s s e r m a n n mit Reeht den Beweis fiir den Satz, dab wihrend der Amitose die Zellti~tigkeit weiterliuft. Beobachtungen in dieser Richtung sind allerdings sehr wfinschenswert, meines Wissens aber noch nicbt angestellt worden.

Ich babe daraufhin eine ganze Reihe yon Arbeiten fiber direkte Zell- teilung durchgelesen. Meist sind nur die Verhiltnisse der Kerne besprochen und gezeichnet, das Cytoplasma nicht oder schematisch eingetragen. An ibm kSnnte man vielleicht eine der Verinderungen erkennen~ wie sie sich bei Be- trachtung von Mitosen aufdr~ngen. Aber nichts dergleichen ist aueh an den guten Zeichnungen yon A r n o l d , M a x i m o w u. a. zu erkennen; das Plasma sieht in den amitotisch sich teilenden Zellen ebenso aus, wie in den sich nicht teilenden. Auch da6 so exakte Beobachter, wie F l e m m i n g , A r n o l d nsw. niehts yon einer Verinderung im Zelleib von Amitosen berichten, spricht dafiir, daft nichts dergteiChen vorhanden ist; gewit5 h~ttten sie solche Verinderungen, die sie fiir die ~iitosen beschreiben, bemerkt, wenn sie

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vorhanden gewesen wi~ren. Man miifite allerdings auch Amitosen in Driisen- zellen aufsuchen, die T~itigkeit und Arbeitspause so deutlich erkennen lassen, um einen sicheren Beweis ~iir unseren Satz zu liefern. Aber schon so kann man schliefien, dai~ offenbar die T~itigkeit derami to t i sch sich teilenden_Zelle keine Einbufie erleidet.

W a s s e r m a n n schreibt welter: ,,Bei genauerem Zusehen stell$ sich heraus, daft die kausale Erforschung der Amitose noch nicht in Angriff ge- nommen ist". Da man aber keine Abrundung der Zellen in direkter Teilung, keine Verfltissigung oder sonstige Ver/~nderung im Plasma bemerkt, so werden derartige Untersuchungen~ die sehr notwendig sind~ voraussichtlich keine er- heblichen Abweichungen der Amitosezellen im physikalischen Verhalten von sich nicht teilenden Zellen ergeben.

Ich glaube also, doch den Satz verfechten zu kSnnen, daft A m i t o s e d ie Z e l l t i i t i g k e i t n i c h t b e e i n t r i ~ c h t i g t .

W i r k ~ m e n d a m i t zu u n s e r e m S c h l u t 3 s a t z : M i t o s e u n d Z e l l - f u n k t i o n h e m m e n e i n a n d e r ; e i n e in M i t o s e b e f i n d l i c h e Z e l l e ar - b e i t e t n i c h t . A n d e r e r s e i t s b e e i n f l u f i t d ie T ~ t t i g k e i t a u c h d ie in- d i r e k t e T e i l u n g , i n d e m e n e r g i s c h e A r b e i t d i e M i t o s e h e m m t , s e h w a c h e s ic a n r e g t . Be i d e r A m % o s e l a u f e n Z e l l t i ~ t i g k e i t u n d Z e l l t e i l u n g u n b e e i n f l u f i t n e b e n e i n a n d e r her .

L i t e r a t u r

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