Zeitschrift der Universität für Bodenkultur WienISSN 2078-4066 (Print), ISSN 2078-4074 (Online)
Nr. 1 / April 2011
BOKU INSIGHT
Fertigstellung des UFT in TullnNiedrigenergiehaus mit innovativem DesignEin Lokalaugenschein
ForschungBOKU-VIBT Imaging CenterDas Europäische Forstinstitut
LehreInteraktive StudienreiseUmwelt- und Bioressourcenmanagement
BOKU INSIGHT 1/20112
Inhalt ImpressumMedieninhaberin und Herausgeberin:
Universität für Bodenkultur Wien
Gregor-Mendel-Straße 33, 1180 Wien
Redaktion:
DI Hannelore Schopfhauser (Chefredakteurin)
Hermine Roth (Forschungsredakteurin)
Mag. Anita Knabl-Plöckinger MAS (Redakteurin)
Anna Schwarzbauer (Redakteurin)
Dr. Ingeborg Sperl (Redakteurin)
[email protected], www.boku.ac.at/insight.html
Auflage: 6.000
Letzte Ausgabe
Blattlinie:
BOKU INSIGHT versteht sich als Informationsmedium für
Angehörige, Freunde und Freundinnen der Universität für
Bodenkultur Wien und soll die interne und externe Kommu-
nikation fördern.
Namentlich gekennzeichnete Artikel geben die Meinung der
Autorin oder des Autors wieder und müssen mit der Auffas-
sung der Redaktion nicht übereinstimmen. Redaktionelle
Bearbeitung und Kürzung von Beiträgen aus Platzgründen
vorbehalten.
Forschungsbeiträge senden Sie bitte an den Forschungs-
service der BOKU, [email protected],
alle anderen Beiträge an [email protected].
Layout:
Instant, Design GmbH, www.instant.at
Druck:
AV+Astoria, www.av-astoria.at
Coverfoto:
Gefärbte HeLa-Zellen unter dem Mikroskop (Zellkern: cyan,
Mitochondrien: magenta, Mikrotubuli: grün, Actinfasern:
rot); Foto: BOKU-VIBT Imaging Center
2 Inhalt, Impressum
3 Editorial
Thema 4 Licht, Farbe und Kommunikation
7 Zwischen Geschichte und Innovation
Menschen 10 Juristische Unterstützung für BOKU-ForscherInnen
11 Neue Gefahren für unsere Wälder
Forschung 12 Die budgetäre Ausgestaltung als „Stresstest“
12 Forschung FAQ
13 Beyond CoReTech
13 Europa-Tagung 2010
14 Pilz für den Pflanzenschutz
15 BOKU-VIBT Imaging Center
16 Modular Antibody Engineering
17 Lebensmittelanalytik
18 Das Europäische Forstinstitut
19 News aus dem Forschungsservice
Lehre 20 Nach vorne schauen
21 Interaktive Studienreise
22 Projekte mit Studierenden
23 Sichtbare Qualität in der Hochschullehre
24 Wie ein Universitätslehrgang entsteht
26 BOKU-Studien
Entwicklung 28 Kostbare Ressource oder Armutsfalle
29 R4D Update
International 30 Kein Profit, nur Risiko – ein Expertengespräch
Diversity 32 Erfolgreiches Pilotprojekt BOKUfirst
Die BOKU von außen 33 HALLO IRRGAST
BOKU Intern 34 Forschung in Kürze
35 Die letzte Seite
BOKU INSIGHT 1/2011 3
Editorial
Editorial
Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Freunde und Freundinnen der BOKU!
Die Universität für Bodenkultur Wien ist bekanntlich die einzige Universität Österreichs, die sich umfassend
mit den wesentlichen Lebensgrundlagen zukünftiger Generationen befasst. Sie ist als „Life Sciences Universi-
tät“ voller Dynamik und hat wegen ihrer großen Bedeutung für die Forschung und Lehre zurzeit im Vergleich
mit den übrigen österreichischen Universitäten auch die höchsten Zuwachsraten bei den Studierenden.
Entsprechend dieser Attraktivität sind die Kontroll- und Steuerungsaufgaben sowie die Aufsichtsfunktionen
des Universitätsrates der BOKU mit besonderer Verantwortung verbunden, um seiner Mittlerrolle zwischen
Staat, Gesellschaft und Universität möglichst effizient gerecht zu werden bzw. beizutragen, dass die strategi-
sche Ausrichtung und Entwicklung der Universität für Bodenkultur auch künftig den hohen Ansprüchen eines
modernen, zukunftsorientierten Lehr- und Forschungsbetriebes entspricht.
Daher pflegen die Mitglieder des Universitätsrates der BOKU in ihrem Selbstverständnis eine rege Koope-
ration und einen intensiven Erfahrungsaustausch mit dem Rektorat und dem Senat, den beiden Betriebsrats-
vorsitzenden, der Vorsitzenden des Arbeitskreises für Gleichbehandlungsfragen und natürlich auch mit der
ÖH BOKU und bei Bedarf auch mit den Leiterinnen und Leitern wissenschaftlicher und sonstiger Einrichtun-
gen, um möglichst transparente und einhellige Beschlüsse zum Wohle der Universität herbeizuführen.
In diesem Zusammenhang seien nur die Zielvereinbarungen erwähnt, die für das laufende Jahr vom Unirat
mit dem Rektorat ausgearbeitet werden konnten, um die positive Weiterentwicklung der BOKU sicherzustel-
len. Sie sind vom Bemühen getragen, die Rahmenbedingungen trotz des Sparzwanges so zu gestalten, dass
auch künftig die BOKU ihrem hervorragenden internationalen Ruf bei der Lösung aktueller Zukunftsthemen
zum Wohle der Menschen gerecht werden kann.
Mit großem Stolz kann diesbezüglich unsere Universität auf die beiden Promotionen unter den Auspizien
des Herrn Bundespräsidenten am 30. März 2011 aus dem Bereich der Lebensmittel- und Biotechnologie ver-
weisen, die wesentliche Impulse in der Impfstoffentwicklung gegen bakterielle Erkrankungen durch Strepto-
kokken bzw. für die mathematische Modellierung biologischer Prozesse liefern. Diese beiden Doktorarbeiten
wurden überdies vom Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung als beste Dissertationen des Jah-
res 2010 gekürt. Sie zeigen neben der hohen Wissenschaftlichkeit auch die gute Vernetzung der Forscherin-
nen und Forscher der BOKU mit der Wirtschaft und bestätigen, dass die Begeisterung und die Freude an der
Arbeit bei unseren Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern ungebrochen sind.
Auch die vorliegende Ausgabe von BOKU INSIGHT mit aktuellen Hintergrundinformationen über Men-
schen an der BOKU und deren vielfältige Aktivitäten unterstreicht, dass die Motivation der BOKU-Angehöri-
gen auch in der gegenwärtig schwierigen Situation nach wie vor hoch ist, zu bemerkenswerten Ergebnissen
in Lehre und Forschung führt und das Zusammenwirken der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an der BOKU
von großem Engagement getragen ist.
Und für dieses Engagement ist der Universitätsrat besonders dankbar.
Em. Univ.Prof. DI Dr. Werner Biffl, Vorsitzender des Universitätsrates
BOKU INSIGHT 1/20114
Thema
Was lange währt, wird endlich gut – und bald auch fertig: Das neue Universitäts- und Forschungszentrum (UFT) in Tulln, das im Sep-tember offiziell eröffnet werden wird, hat Gestalt angenommen.
Vorläufig ist das hektargroße Areal vor dem im-
ponierend ausladenden Gebäude noch eine Mond-
landschaft, durchwühlt von Baggern und Lastautos.
Schlamm, abgedeckte Gruben, Baucontainer be-
stimmen das Bild. „Hier soll eine Art Parklandschaft
entstehen“, berichtet Peter Tersch. Er ist der General-
planer des UFT. Als Mitglied des Büros Podsdensek
ZT Wien, das sich in Zusammenarbeit mit anderen
Firmen auf Laborbau spezialisiert hat, ist er die prä-
Text und Fotos: Ingeborg Sperl
Licht, Farbe und Kommunikation Universitäts- und Forschungszentrum Tulln (UFT)
zise Planung von technisch anspruchsvollen Bauten
gewohnt. Die geplante Parklandschaft wird übrigens
nicht mit exotischen Gehölzen bestückt werden, son-
dern mit einheimischen Obstbäumen und als boule-
vardesker Raum der gesamten Bevölkerung geöffnet
sein. Die Obstbäume sind auch ein Verweis auf die
Forschungen im Obst- und Weinbau, die im neu-
en UFT stattfinden werden. Die Autos werden zum
Großteil hinter das Gebäude verbannt.
Die Holz- und Glaskonstruktion... ... erreicht die Werte eines guten Niedrigenergiegebäudes.
Das Universitäts- und Forschungszentrum Tulln kurz vor der Fertigstellung: eine Mondlandschaft, durchwühlt von Lastautos und Baggern.
Kontakt:DI Regina Plail
Wissenschaftliche Projektleitung
UFT
Büro:
c/o Institut für Bodenforschung
Peter-Jordan-Straße 82
1190 Wien
+43 1 47654-3111
BOKU INSIGHT 1/2011 5
Viel Glas und Holz Im großen Eingangsbereich scheint die massiv in
den Raum herunterkragende Brücke den Energief-
luss etwas zu hemmen – aber gleich dahinter tut sich
ein die Stockwerke durchbrechender, großer Raum
auf. Sein Charakteristikum sind die in den freien
Raum eingehängten, gleichsam schwebenden „Be-
sprechungsinseln“ aus Holz. An ihnen führen offene
Gänge vorbei. Diese Plattformen mit ihren niedrigen,
aber massiven Geländern laden auch jetzt schon
zum Verweilen ein, obwohl sie noch unmöbliert sind.
Da wird es nicht schwierig sein, sich zu informellen
Gesprächen zusammenzufinden, welche in ihrer Ver-
kürzung des Informationsflusses bekanntermaßen
viel Zeit ersparen können. Psychologisch wichtig ist
das durch die riesigen Glaswände von überall herein-
strömende Tageslicht. Wenn es zu grell wird, dämp-
fen automatisch gesteuerte Lochblech-Jalousien
den Lichteinfall. Und die Reinigung, die bei großen
Glasflächen immer wieder ein Thema ist, wurde hier
auch durch die Haustechnik gelöst. Wenn die Schei-
ben schmutzig sind, werden sie automatisch mit ei-
nem Reinigungsmittel eingesprüht und ein riesiger
„Scheibenwischer“ erledigt den Rest. Es musste, so
Tersch, „ein Kompromiss zwischen einer guten Be-
leuchtung durch Tageslicht und den Mehrkosten, die
durch große Glaswände entstehen, gefunden wer-
den und auch der Brandschutz ist eine bestimmende
Komponente.“
Cafeteria am Weg Was in der Eingangshalle noch auffällt, ist die
großzügige Holztreppe in die Obergeschosse, die
sich als eigene Skulptur emporwindet. Fast ein Gag
sind die Säulen im Eingangsbereich: Grau meliert,
glänzen sie so, dass man erst einmal den Eindruck
hat, es könnte sich um teuren Granit handeln. In
Wirklichkeit ist es simpler Beton, der in so sorgfäl-
tig gearbeitete Schalungen gegossen wurde, dass
die Oberfläche wie poliert glänzt. In der großen Halle
ist eine Cafeteria so eingeplant, dass sie „am Weg“
aber nicht „im Weg“ liegt. Sie verfügt über eine pro-
fessionell eingerichtete Küche und entsprechende
Lagerräume. Hier wird ganz gewiss nicht nur Kaffee
ausgeschenkt werden. Eine gut funktionierende Ver-
sorgungseinheit ist bei den rund 450 Beschäftigten
im Vollbetrieb unumgänglich.
An Farben orientieren Die Orientierung wird durch Farbcodes unter-
stützt. Rechts vom Eingang erstreckt sich das „Ter-
ritorium“ der BOKU. Frühlingsgrasgrüne Wände und
Türen, ein roter Terrakottaton für den Fußboden, so
weiß man gleich, wo man sich befindet; im gegen-
überliegenden Flügel für das AIT ist der Farbcode ge-
nau umgekehrt. Für die künstlerische Ausgestaltung
läuft gerade der Wettbewerb.
Der große Seminarraum im Erdgeschoß erinnert
ein wenig an einen gut durchforsteten Wald. Ne-
ben den tragenden geraden Säulen sind hier auch
die Säulenelemente integriert, die die Versorgungs-
schächte in den oberen Stockwerken stützen, erklärt
Tersch. Diese Säulen sind aber V-förmig im Boden
verankert, sodass der große Raum – wieder mit frei-
em Blick nach außen – rhythmisch belebt wirkt.
Büromöbel werden mit Tempo durch die Baustelle
gekarrt, und auf diese Weise schon jetzt einem Här-
tetest unterzogen. Apropos Büromöbel: In den Räu-
men, die jetzt gerade eingerichtet werden, kann man
sehen, dass die Vorderfront der Möbel eine Holz-
optik hat und zusammen mit der grasgrünen Rück-
wand der Regale wesentlich reizvoller wirkt als die
Thema
Die hochglänzenden Säulen sind aus simplem Beton – in ungewöhnlicher Verarbeitung.
Scheinbar frei im Raum schwebende Kommunikationsinseln aus Holz laden schon jetzt zum Verweilen ein – hier wird der informelle Informationsaustausch ganz natürlich stattfinden.
Photovoltaikanlage mit 900 m2 – eine der größten Österreichs Grasgrün für die Wände, ziegelrot für den Boden im BOKU-Bereich Offene Gänge verbinden die Besprechungsinseln
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Thema
grauenvolle Eintönigkeit, mit der man üblicherweise
terrorisiert wird.
Das UFT ist ein Zweckbau, der symmetrisch ge-
gliedert, in der Draufsicht ein großes H bildet. Die
Gänge haben ein einfaches Schema: auf der eine
Seite Labors, auf der anderen die Büros, dazwischen
die Versorgungsschächte. In den meisten Labors
bleiben die Installationen an der Decke sichtbar, nur
in den Reinraumlabors werden sie verkleidet. Aber
auch hier wurde an Kommunikation gedacht. In klei-
nen Atrien, die ihr Licht von oben erhalten, gibt es
Kaffeeküchen mit Besprechungsecken.
Haustechnik am Dach und im Keller Derzeit gleicht der Gang durch die Stockwerke
noch einem Hindernislauf. Die Bauarbeiter unter-
halten sich in allen denkbaren östlichen Sprachen;
es herrscht ein strukturiertes Chaos, nur für Tersch
durchschaubar, der sich „mindestens ein Mal, manch-
mal aber auch drei Mal pro Woche nach Tulln“ begibt.
Im Dachgeschoss sind die Be- und Entlüftungsanla-
gen positioniert, ein Ambiente, das Assoziationen an
Science-Fiction-Filme hervorruft. Ganz zu schweigen
vom Anblick der Photovoltaikanlage auf den Dach-
schrägen der Gebäudeflügel. Sie ist mit über 900m2
eine der größten Anlagen dieser Art in Österreich.
Nicht weniger beeindruckend ist der Anblick im
Keller: Hier geht es um Heizen und Kühlen. Der hohe
Grundwasserspiegel in Tulln ermöglicht es, Was-
ser sowohl für die Fußbodenheizung als auch für
die Klimatisierung im Sommer zu nützen. Tersch ist
zum Glück für die künftigen Benützer kein Anhänger
von Klimaanlagen. Es gibt zwar eine automatisierte
Haustechnik, „aber in gewissen Grenzen können die
einzelnen Nutzer selbst individuelle Einstellungen
vornehmen“. Wie viele Kilometer Rohre, Kabel und
Leitungen verlegt wurden, kann nicht einmal Peter
Tersch abschätzen.
Die Außenhülle des UFT erscheint in einem küh-
len Dunkelgrau. Die durch Erker strukturierte Fas-
sade wird jedoch in einem schönen Kontrast mit
vorgelagerten schmalen Linien aus Lärchenholz auf-
gelockert, optisch „erwärmt“ und gegliedert. Man wird
sehen, wie sich dieses unbehandelte Holz im Laufe
der Jahre farblich verändern wird. Jetzt schimmert es
noch honigbraun.
An der Rückseite des Baus erfolgen alle Zuliefe-
rungen. Das Glashaus für die Pflanzen ist in seiner
äußeren Gestalt schon fertig, ebenso das anschlie-
ßende Groblabor. Daneben zeichnen sich die Fun-
damente für das Holztechnikum ab. Dahinter befindet
sich unverbautes Grünland, anschließend Felder, die
bereits jetzt von den PflanzenzüchterInnen genutzt
werden.
Es gab in der UFT-Baugeschichte Verzögerungen,
Umplanungen, Reduktionen, was, so Tersch „nicht im-
mer einfach zu bewältigen war“. Dass man jetzt trotz
allem im Zeitplan liegt und die 15.000 m2 rechtzeitig
bezogen werden können, ist auch das Verdienst der
BOKU-MitarbeiterInnen in der Projektleitung. Man
wird sie noch öfter vor den Vorhang bitten.
Errichtung und Betrieb gefördert vom Land
Niederösterreich und vom Bund
ProjektverantwortungLIG: Projektauftraggeber/Bauträger
NÖLR: Trägerin politischer Verantwortung für
wirtschaftliche Aktivitäten im Land
ProjektpartnerInnenLand NÖ vertreten durch LAD3
Universität für Bodenkultur Wien (BOKU)
Austrian Institute of Technology (AIT)
Stadtgemeinde Tulln
Entwurf und GeneralplanungArchitekt Podsedensek ZT GmbH, Wien
Baukosten & ZeitschieneLandtagsbeschluss vom 24. Mai 2007:
Land NÖ investiert rund 45 Mio. Euro in das
Bauprojekt Universitäres Forschungszentrum Tull
Unterzeichnung des Rahmenvertrages am 25.4.2007.
Zusage des Landes NÖ, zusätzlich 3,5 Mio. Euro in
Energieeffizienz-Maßnahmen zu investieren.
Das Rektorat der BOKU unterzeichnet am 6.5.2008
das Angebot auf Abschluss eines Mietvertrages.
Gebäudefläche: 15.000m2
Kooperation: BOKU, AIT, IFA, FH Wiener Neustadt,
Kompetenzzentrum Holz GmbH (Wood +),
Technopol Tulln
Energieeffizienzpaket, beschlossen durch die
NÖ Landesregierung erspart den Durchschnitts-
stromverbrauch von 590 Haushalten u.a. durch
thermische Versorgung, Fernwärme aus Biomasse,
effiziente Wärmepumpentechnik, Photovoltaikanlage
mit 955 m2.
Das UFT erreicht damit die Werte eines sehr guten
Niedrigenergiegebäudes.
Universitäts- und Forschungszentrum Tulln (UFT)
BOKU INSIGHT 1/2011 7
Thema
Die BOKU-Forschung trägt seit rund 140 Jahren zum Bestand des Lebensraums, Wirtschaftsfaktors und Kulturguts Wald bei.
Die Erhaltung der Wälder ist ebenso wichtig wie die Nutzung von Holz als erneuerbare Ressource.
Text: Anna Schwarzbauer
Fotos: Weinfurter
Wald spielt seit jeher eine bedeutende Rolle in
unserer Gesellschaft: Er ist Lebensraum von zwei
Dritteln aller Arten weltweit. Forschungsergebnisse
belegen, dass durch die Abholzung von tropischen
Regenwäldern täglich 100 Arten verloren gehen und
somit die biologische Vielfalt dramatisch abnimmt.
Die Weltbank schätzt, dass Wald Lebensgrundlage
für von rund 1,6 Milliarden Menschen ist. Wald als
Lebensraum sowie Kulturgut gilt es weltweit zu erhal-
ten. Dies nahmen die Vereinten Nationen (UN) zum
Anlass, das Jahr 2011 zum Internationalen Jahr des
Waldes zu erklären. Bewusstsein und Wissen um die
Erhaltung aller Arten von Wäldern zu fördern, ist Ziel
dieses Themenjahres. Die internationalen Aktivitäten
werden vom Waldforum der UN gemeinsam mit der
Landwirtschaftsorganisation der UN koordiniert und
durch nationale Aktivitäten ergänzt. Nationale Akti-
vitäten in Österreich stehen unter der Schirmschaft
des Lebensministeriums.
Vor dem Hintergrund möglicher Klimaveränderun-
gen, der Zunahme an extremen Naturereignissen so-
wie die Verknappung nicht erneuerbarer Ressourcen
gewinnt der Wald als CO2-Senke, Schutz vor Natur-
gefahren und erneuerbare Ressourcen an Bedeu-
tung. Im Übrigen zählt Wald zu den wichtigsten Iden-
tifikationsmerkmalen der österreichischen Kultur und
die Wirtschaftsleistung der Prozesskette Forst-Holz
ist nach dem Tourismus der zweitgrößte Aktivposten
in der österreichischen Leistungsbilanz. In Österreich
war und ist Wald von erheblicher wirtschaftlicher, so-
zialer und ökologischer Bedeutung. Als 1867 im Zuge
des Ausgleichs die einzige deutschsprachige Höhere
Landwirtschaftliche Lehranstalt in Ungarn verblieb,
war die Etablierung einer österreichischen land- und
forstwirtschaftlichen Bildungsstätte unentbehrlich.
Folglich wurde 1872 die damalige Hochschule für Bo-
denkultur gegründet. Die Bedeutung und die Nutzung
von Wald und Holz sind stets im Wandel – auch die
knapp 140-jährige Forschungsgeschichte der BOKU
rund um Wald, Forst und Holz ist facettenreich.
Simulationen zur Waldentwicklung Das Institut für Waldbau ist eines der ältesten In-
stitute der BOKU. Es wurde 1875 als Institut für Pro-
duktionslehre gegründet. Der frühere Institutsname
spiegelt die Bedeutung der Holzproduktion zu Grün-
dungszeiten wider. Im Laufe der Zeit sind vielfältige
Nutzungen von Wald und damit Anforderungen an
die Beschaffenheit der Wälder hinzugekommen. Die-
se müssen in waldbaulichen Bewirtschaftungskon-
zepten Berücksichtigung finden. Um dieser Heraus-
forderung gerecht zu werden, entwickelte das Institut
für Waldbau vor rund zehn Jahren dynamische Wald-
ökosystemmodelle mit der Bezeichnung PICUS.
Die PICUS-Modellfamilie besteht mittlerweile aus
drei Versionen, die sich hinsichtlich des physiologi-
schen Detailgrades unterscheiden. Die dynamische
Simulation über einen langen Zeitraum hinweg er-
möglicht, geänderte Kohlenstoff-, Sauerstoff- und
Wasserkreisläufe abzubilden. Eine Abschätzung von
biotischen Störungseinflüssen wie Borkenkäferka-
lamitäten und die Quantifizierung der Steinschlag-
schutzwirkung unterschiedlich bewirtschafteter
Waldbestände sind ebenso möglich. Das Besonde-
re an PICUS ist, dass sich mit dem Modell Auswir-
kungen von Klimaveränderung auf Wachstum und
Walddynamik abschätzen lassen. Dadurch können
heute mehr denn je nachhaltige und wirtschaftlich
sinnvolle Empfehlungen für Waldbewirtschaftungs-
maßnahmen gegeben werden. Durch die Entwick-
lung dieser Modelle trug das Institut international zur
Entwicklung des Waldbaus von einer deskriptiven zu
einer experimentierenden sowie analytischen Natur-
wissenschaft bei.
Zwischen Geschichte und Innovation
Schnittholzwaggons
Wald und Holz an der BOKU
Foto: BMLFUW/Rita Newman
BOKU INSIGHT 1/20118
Agroforestry als neues Produktionssystem Die PICUS-Modellfamilie ist mittlerweile auch
am Institut für Waldökologie der ETH Zürich in Ver-
wendung. Am gleichnamigen BOKU-Institut trugen
BOKU-Forscher wie Franz Hartmann, Heinrich Rit-
ter Lorenz von Liburnau und Wilhelm Graf zu Lei-
ningen-Westerburg wesentlich zur Aufklärung des
Stoffhaushalts und der Walddynamik bei. Sie prägten
maßgeblich die heutige forstwirtschaftliche Standort-
lehre. In den letzten Jahren etablierte sich ein neues
Forschungsgebiet am Institut für Waldökologie: Agro-
forestry – damit wird ein Produktionssystem bezeich-
net, welches Elemente der Landwirtschaft mit Ele-
menten der Forstwirtschaft kombiniert. Denn gerade
in Entwicklungsländern stehen Landnutzungsformen
in Konkurrenz: Angesichts der Bevölkerungszunah-
me wird die Ernährungsbasis durch Waldrodung
und Ausdehnung der landwirtschaftlichen Anbauflä-
chen vergrößert. Gleichzeitig bedeutet der laufen-
de Schwund an Waldflächen eine Verknappung der
Ressource Holz. Georg Gratzer forscht derzeit an ei-
nem Projekt in Uganda. Dort sind Bananen-Heimgär-
ten eine wichtige Ernährungsbasis. Durch die Um-
widmung von Weideflächen in Anbauflächen wurde
die Bananenproduktion zunehmend marktorientiert.
Folgeerscheinungen sind die abnehmende Boden-
fruchtbarkeit und starker Nährstoffentzug. Projektziel
ist, Ernährungssicherheit, Einkommen und Ressour-
cenqualität durch die Etablierung von Bananen-
Agroforestry-Systemen zu verbessern. In Zusam-
menarbeit mit NROs und anderen Universitäten wird
auch hier versucht, einen Weg zu finden, der öko-
nomische, ökologische und soziale Anforderungen in
Einklang bringt.
Holz erfährt eine RenaissanceWährend Wald als Lebensraum, Lebensgrundlage
und Kulturgut eine relativ gleichbleibend bedeutende
Rolle in Österreich einnimmt, hat Holz als Baustoff in
der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zunehmend
an Bedeutung verloren. Seit Anfang der 90er Jahre
ist Holz als Bau- und Werkstoff wieder in Mode. Im
Rahmen eines COMET K- Projektes forscht man am
Institut für Holzforschung als Projektpartner an Holz-
konstruktionen für den Leichtbau. „Ziel ist, einen neu-
en Gebäudetyp zu entwickeln. Vor dem Hintergrund
der alternden Bevölkerung gewinnen Mehrgenerati-
onenhäuser, die – ähnlich einem Baukastensystem
– ergänzt und angepasst werden können, an Bedeu-
tung“, so Robert Stingl vom Institut für Holzforschung.
Das Baukastensystem soll auch die Wiederverwen-
dung oder zumindest eine energetische Nutzung des
Holzes im Falle eines Abrisses ermöglichen. Gene-
rell weisen Holzhäuser eine positive CO2-Bilanz auf.
Das Institut für Holzforschung entwickelt schon heute
Gebäudetypen der Zukunft, die einerseits Ansprüche
verschiedener Generationen miteinander verbinden
und andererseits den ökologischen Ansprüchen der
heutigen Zeit gerecht werden.
Moderne Materialien aus HolzHolz erfährt nicht nur als Baustoff eine Renais-
sance, sondern dringt auch in bis vor kurzem noch
holzfremde Anwendungsbereiche ein – vorwiegend
mit dem Ziel, nicht nachwachsende Ressourcen
durch Holz zu ersetzen. So entwickelte das Institut
für Naturstofftechnik einen Holz-Verbundstoff mit der
Bezeichnung Fasal. Fasal ist ein Granulat mit einem
Holzanteil von ungefähr 50 Prozent. Die restlichen
Stoffe wie Harz sind ebenfalls natürlichen Ursprungs.
Da Fasal die Eigenschaft hat, auch bei extremer Hit-
ze seine Form beizubehalten, bietet sich der Einsatz
in der Automobilindustrie als nicht sichtbare Innen-
raumverkleidung an.
Aufgrund der Ressourcenverfügbarkeit bietet der
Verbundstoff angesichts steigender Kunststoffpreise
finanzielle Vorteile. Derzeit sind diese Granulate je-
doch noch nicht konkurrenzfähig – weitere Forschung
an der BOKU soll helfen, die Markteintrittsbarrieren
zu überwinden. Um diese Hürden zu identifizieren
und in Folge Empfehlungen für weitere Forschung
zu geben, führt das Institut für Marketing und Inno-
vation Marktstudien durch. Aktuell werden etwa die
Markteintrittsbarrieren der Stoffgruppe Polyphenole
in der Kosmetikindustrie identifiziert. Als Polyphenole
wird eine Stoffgruppe bezeichnet, die durch Extrakti-
on aus Pflanzen, vorwiegend Holz, gewonnen wird.
Ihnen wird eine gesundheitsfördernde Wirkung zuge-
schrieben. Eine Umfrage des Instituts zeigt, dass un-
ter anderem der ungünstige Farbton der Polypheno-
le die vermehrte Verwendung des nachwachsenden
Rohstoffs hemmt. Diese Ergebnisse bestimmen die
Richtung weiterer Forschung.
Ausstellungsreihe „Wald und Holz“Polyphenole sind keine neue Entdeckung – sie
wurden schon früh unter dem Namen Tannine oder
Gerbstoffe in der Lederproduktion verwendet. Dass
viel Wissen über handwerkliche Anfertigung von
Holzprodukten bereits verloren gegangen ist und
historische Holzverwendungen in Vergessenheit
geraten, ist kein Einzelfall: Funde 3.000 Jahre alter
Leuchtspäne aus dem prähistorischen Salzbergbau
in Hallstatt zeigen, dass diese bereits vor Erfindung
der Glühbirne als dauerhafte Lichtquelle fungierten.
Das Wissen darüber, wie ein solcher Span stunden-
lang brannte, ist jedoch verloren gegangen.
„Das internationale Jahr des Waldes 2011 stellt
eine hervorragende Möglichkeit dar, einerseits hist-
orische Holzverwendungen aufzuzeigen und deren
Verwendungsmöglichkeiten in der heutigen Zeit“, er-
klärt Michael Grabner vom Institut für Holzforschung.
„Andererseits bietet es Raum, um Wald und Holz in
Thema
Links:www.jahrdeswaldes.at
www.un.org/en/events/iyof2011/
www.wabo.boku.ac.at/waldbau.
html
Ausstellung„HOLZ – Hightech, BOKU,
Leben, Zukunft“
23. 5. bis 17. 6. 2011
Schwackhöferhaus, Aula
Peter-Jordan-Straße 82
1190 Wien
Agroforestry ist ein neues Produktionssystem, das Elemente der Land- mit jenen der Forstwirtschaft verbindet.
BOKU INSIGHT 1/2011 9
übersichtlicher Form einem breiten Publikum näher
zu bringen“, so Grabner weiter, der in Zusammenar-
beit mit dem Lebensministerium eine Veranstaltungs-
reihe „Wald und Holz – ein unschätzbarer Wert“ initi-
iert und leitet. Im Jahr 2011 gibt es in ganz Österreich
umfangreiche Möglichkeiten Ausstellungen, Museen
und Führungen zu diesen Themen zu besuchen. Un-
ter anderem findet von 23. 5. 2011 bis 17. 6. 2011 im
Schwackhöfer-Haus die Ausstellung „HOLZ – High-
tech, BOKU, Leben, Zukunft“ statt.
Die Wiederentdeckung historischer Holzverwen-
dungen, die Simulation von Waldökosystemen, die
Entwicklung von Häusern der Zukunft und die For-
schung an neuartigen Holzverbundstoffen sind nur
Auszüge aus der 140-jährigen Forschungsgeschich-
te der BOKU. Seit Bestehen der BOKU prägt diese
mit ihrer Forschung den Bestand des gesunden, wirt-
schaftlichen und nachhaltigen Waldes in Österreich.
Die Forschungsergebnisse der BOKU tragen dazu
Thema
Kontakt:
DI Dr. Michael Grabner
+43 1 47654-4268
Ing. Robert Stingl
+43 1 47654-4259
Beide:
Department für Wald- und
Bodenwissenschaften
Institut für Holzforschung
Peter-Jordan-Straße 82
1190 Wien
Ao.Univ.Prof. DI Dr.
Peter Schwarzbauer
Department für Wirtschafts- und
Sozialwissenschaften
Institut für Innovation und
Marketing
Feistmantelstraße 4
1180 Wien
+43 1 47654-4416
Leuchtspan
Kompetenzzentrum Holz GmbH
BOKU: www.boku.ac.at
Department für Materialwissenschaften und Prozesstechnik
Department für Chemie
Institut für Physik und Materialwissenschaft
Institut für Holzforschung
A. Teischinger / M.L. Zukal, 03/2011
AG „Chemie nach-wachsender Rohstoffe“
CD-Labor für moderne Cellulosechemie und -analytik
Department für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften
Institut für Marketing und Innovation
Institut für Produktionswirt-schaft und Logistik
Institut für Wald-, Umwelt und Ressourcenpolitik
Department für Bautechnick und Naturgefahren
Institut für konstruktiven Ingenieurbau
Department für Wald- und Bodenwissenschaften
Institut für Waldbau
Institut für Waldwachstum
Institut für Forsttechnik
Institut für Forstentomologie
Interuniversitäres Department für Agrarbiotechnologie, IFA Tulln, Institut für Naturstofftechnik
Plattform
BOKUHolz an der
Die Plattform Holz beschäftigt sich departmentübergreifend und in Zusammenarbeit mit der Wirtschaft mit der vielseitigen Ressource „Holz“.
Moderne Verbundstoffe und -elemente aus Holz eröffnen neue Mög-lichkeiten in der Bauwirtschaft.
bei, dass herkömmliche Herstellungsmethoden sowie
Bauweisen revolutioniert werden und konventionelle
Stoffe durch nachhaltige, ressourcenschonende er-
setzt werden können. In dieser Zeit knapper finanzi-
eller Ressourcen für Forschung und Entwicklung das
Jahr des Waldes die Möglichkeit aufzeigt, wie wichtig
die Weiterentwicklung und Erhaltung unserer Wälder
und deren nachhaltige Bewirtschaftung ist, die durch
die Forschung an der BOKU ermöglicht und ständig
weiterentwickelt wird.
Nachhaltige Nutzungskette: Hackschnitzel als Energieträger
BOKU INSIGHT 1/201110
Gemeinsam mit Tanja Valenta berät sie BOKU-ForscherInnen bei juristischen Fragen rund um Forschungsprojekte. Der Schwerpunkt liegt auf Vertragsprüfung und Vertragsgestaltung von Drittmittel-verträgen.
„Was ich besonders mag, ist der direkte Kontakt zu
den ForscherInnen“, beginnt Anna-Franziska Mühl-
berger das Interview mit der Schilderung der ersten
Eindrücke ihrer Tätigkeit an der BOKU. Sie schätzt
das angenehme Klima an der Universität, ebenso wie
das wissenschaftliche Umfeld. Vor allem aber kann
sie an der BOKU ihrem Spezialgebiet nachgehen:
dem Immaterialgüterrecht.
Immaterialgüter- und Technologierecht Schon während ihres Jusstudiums in Wien intere-
ssierte sich die Niederösterreicherin für Immaterial-
güterrecht und Technologierecht, dabei vor allem für
Urheberrecht und Patentrecht. Ihre Entscheidung,
sich in diesen Bereichen zu spezialisieren, hat sie
bisher nicht bereut. Die ersten theoretischen Kennt-
nisse im Wirtschaftsrecht vertiefte sie noch während
des Studiums bei zwei renommierten Anwaltskanz-
leien; eine davon war im Immaterialgüterrecht tätig.
Nach dem Studienabschluss heuerte Sie für weitere
zwei Jahre bei einer auf Wirtschaftsrecht speziali-
sierten, international tätigen Rechtsanwaltskanzlei
in Wien an. Im Anschluss daran absolvierte sie das
Gerichtsjahr in Wien. Sowohl ihre Tätigkeit in der An-
waltskanzlei als auch bei Gericht bezeichnet Mühl-
berger als sehr wertvoll, vor allem was den Umgang
mit Menschen und die Lösung komplexer juristischer
Fragestellungen betrifft.
Vertragsprüfung und -gestaltung BOKU-ForscherInnen, die Verträge in Zusam-
menhang mit Forschungsprojekten erstellen oder
prüfen lassen möchten, sind bei Anna-Franziska
Mühlberger genau richtig. Gemeinsam mit ihrer Kol-
legin Tanja Valenta bietet sie Beratung und juristische
Prüfung insbesondere bei Konsortialverträgen, Ma-
terialtransfer- und Geheimhaltungsvereinbarungen,
Forschungsaufträgen oder auch Förderverträgen.
„Prinzipiell sind die ForscherInnen verpflichtet, alle
Drittelmittelverträge vor Unterfertigung an den For-
schungsservice zur Prüfung zu schicken, auch För-
derverträge“, weist Mühlberger auf die Richtlinie der
Universität für Bodenkultur Wien zu § 27 Universitäts-
gesetz 2002 hin. Betrachtet man die möglichen Kon-
sequenzen eines ungeprüften Vertrages im Detail,
zahlt sich ein Termin beim FoS auf jeden Fall aus:
„Ein Dauerbrenner ist das Thema Geheimhaltung“,
so die Juristin. „Die FirmenpartnerInnen möchten oft
eine immerwährende Geheimhaltung vereinbaren,
Angehörige der Universität müssen aber publizieren.
Wird dies im Vertrag nicht entsprechend vereinbart,
kann im schlimmsten Fall die BOKU schadenersatz-
pflichtig werden.“ In der Regel überprüfen die bei-
den Juristinnen, ob die Verträge im Einklang mit den
rechtlichen Standardbedingungen der BOKU stehen,
ob die gesetzlichen Rahmenbedingungen eingehal-
ten werden – und ob für die Universität bzw. die jewei-
lige Projektleitung ungünstige Regelungen enthalten
sind. Werden sie fündig, zeigen sie Alternativen auf
und unterstützen bei Vertragsverhandlungen.
Erfindungsberatung und Patentmonitoring Auch der Bereich Erfindungen und Patente gehört
zu ihrem Aufgabenbereich, müssen doch alle Diens-
terfindungen über den Forschungsservice abgewi-
ckelt werden. Gemeinsam mit Tanja Valenta bildet
die Juristin die Schnittstelle zu Patentanwält-Innen
und externen Verwertungsagenturen, macht das Mo-
nitoring von Patentanmeldungen der BOKU und un-
terstützt die ForscherInnen bei der Verwertung von
Patenten. Einen großen Informationsbedarf sieht
Mühlberger generell bei der Abgeltung von schutz-
rechtsfähigen Forschungsergebnissen: „Ergibt sich
bei einer Forschungskooperation z.B. eine patentfä-
hige Erfindung, und soll diese an den Firmenpartner
übertragen werden, muss nach dem EU-Beihilfen-
recht ein marktübliches Entgelt bezahlt werden. Pas-
siert dies nicht, liegt eine verbotene mittelbare staat-
liche Beihilfe vor. Der Vertrag könnte im schlimmsten
Fall für nichtig erklärt werden und müsste im Grunde
rückabgewickelt werden.“ Deshalb ist es wichtig, die-
ses Thema im Vorfeld zu diskutieren und eine ent-
sprechende Klausel in den Vertrag aufzunehmen.
Dass die juristische Beratungsleistung des FoS gut
angenommen wird, zeigt die Verdoppelung der Zahl
an Vertragsprüfungen seit dem Jahre 2008.
Text: Anita Knabl-Plöckinger
Menschen
Mag. Anna-Franziska Mühlbergerunterstützt seit Juli 2010 BOKU-ForscherIn-nen bei der VertragsabwicklungFoto: R. Ressmann/BOKU
Kontakt:Mag. Anna-Franziska
Mühlberger
Forschungsservice
Gregor-Mendel-Straße 33
1180 Wien
+43 1 47654-1304
Juristische Unterstützung fürBOKU-ForscherInnen
„Die Kombination aus Immaterialgü-terrecht und For-schung ist für mich extrem spannend.“
Anna-Franziska Mühlberger im Gespräch
BOKU INSIGHT 1/2011 11
Menschen
Neue Gefahren für unsere Wälder Thomas Kirisits im Gespräch
Nach den Ulmen, Edelkastanien und Erlen ist nun die Esche durch eine neuartige Pilzkrankheit bedroht. Thomas Kirisits und seine MitarbeiterInnen sowie DiplomandInnen forschen intensiv an die-sem neuen Forstschutzproblem.
Hymenoscyphus pseudoalbidus
Die Esche galt bis vor kurzem als stabile, be-
triebssichere Baumart, die für eine naturnahe Wald-
bewirtschaftung und als Alternative zu Nadelbäumen
großes Interesse hervorrief. Mittlerweile ist die Sorge
um diese Baumart in den Vordergrund gerückt: Das
Eschentriebsterben könnte die Zukunft der Esche in
Frage stellen. Jüngere Bäume sterben häufig ab, äl-
tere Eschen werden geschwächt und können dann
leichter anderen Schadfaktoren zum Opfer fallen.
Das Eschentriebsterben wurde erstmals 1992 in Po-
len beobachtet und hat sich seither auf 24 europäi-
sche Länder ausgebreitet. Vor kurzem wurde geklärt,
dass es sich um eine neue Infektionskrankheit han-
delt, die von einem kleinen Schlauchpilz, dem Fal-
schen Weißen Stengelbecherchen (Hymenoscyphus pseudoalbidus), hervorgerufen wird.
Eingeschleppter Krankheitserreger Thomas Kirisits, Forstpathologe am Institut für
Forstentomologie, Forstpathologie und Forstschutz,
forscht seit 2007 an der Verbreitung und den Ursa-
chen des Eschentriebsterbens in Österreich. Die
Krankheit tritt seit 2005 in Österreich auf und ist mitt-
lerweile nahezu flächendeckend verbreitet.
„Vermutlich handelt es sich beim Erreger um ei-
nen Pilz, der nach Europa eingeschleppt wurde und
gegen den die Eschen keine Abwehrmechanismen
entwickeln konnten“, erklärt Kirisits. „Die Einschlep-
pung gebietsfremder Krankheitserreger ist eine wich-
tige Komponente des globalen Wandels – neue,
überraschend auftretende Baumkrankheiten sind
die Folge.“ Besorgniserregend ist, dass solche Ein-
schleppungen kaum vorhergesagt werden können.
„Hymenoscyphus pseudoalbidus wurde erst vor kur-
zem als neue Pilzart beschrieben und war vor dem
Auftreten des Eschentriebsterbens nicht bekannt“,
erläutert Kirisits.
Wenn neue Forstschutzprobleme im Wald auftre-
ten, ist die Frustration in der Praxis groß. „Leider sind
die Möglichkeiten wirksamer Maßnahmen gegen
Baumkrankheiten, die von nicht heimischen oder neu
entstandenen Erregern hervorgerufen werden, sehr
eingeschränkt“, räumt Kirisits ein. „Es besteht aber
die Hoffnung, dass es resistente Eschen gibt. Dieser
Möglichkeit wird derzeit im Rahmen einer Masterar-
beit nachgegangen“, zeigt sich Kirisits optimistisch.
Die thematische Einbindung von Masterarbeiten
in aktuelle Forschungsvorhaben ist Kirisits ebenso
wichtig wie Studierende bereits im Bachelorstudium
für sein Fachgebiet zu interessieren und mitunter in
Forschungsarbeiten einzubeziehen. „ForstwirtInnen
sollten ein profundes Wissen im Bereich Forstpatho-
logie und Forstschutz besitzen. Denn – um Professor
Edwin Donaubauer zu zitieren – Forstschutz ist die in
schwarz gekleidete Schwester des Waldbaus“, so Kiri-
sits. Das bringt zum Ausdruck, dass die Ziele und Stra-
tegien der Waldbewirtschaftung durch forstpathologi-
sche Probleme völlig in Frage gestellt werden können.
25 Jahre an der BOKU Thomas Kirisits ist mehr als sein halbes Leben mit
der BOKU verbunden – zuerst als Student, später als
Tutor sowie studentischer Mitarbeiter, Projekt- und
Universitätsassistent und jetzt als Privatdozent. Seit
rund zehn Jahren ist er in die universitäre Lehre ein-
gebunden. „Ich gehöre zu den Glücklichen, die Lei-
denschaft und Beruf miteinander verbinden können“,
freut sich Kirisits. Dass ein gebürtiger Wiener sich für
Forstwirtschaft interessiert, ist eher selten. „Als Kind
verbrachte ich oft viele Stunden alleine im 0,5 Hektar
großen Wald meines Vaters im Burgenland. Vermut-
lich habe ich aus einer romantischen Naturvorstel-
lung heraus Forstwirtschaft studiert“, erzählt Kirisits.
Trotz der immer unsicherer werdenden Zukunft für
WissenschaftlerInnen war die universitäre Laufbahn
der richtige Weg für ihn: „Ich forsche nicht wegen des
Geldes. Ich bin von der Leidenschaft getrieben – die
endet auch nicht um 16 Uhr.“
Text: Anna Schwarzbauer
Fotos: Kirisits/BOKU
„Forstschutz ist die in schwarz gekleidete Schwester des Waldbaus.“ Edwin Donaubauer
Ein unscheinbarer Pilz bedroht den Eschen-bestand, indem er die Triebe der Bäume absterben lässt.
Kontakt: DI Dr. Thomas Kirisits
Department für Wald- und
Bodenwissenschaften
Institut für Forstentomologie,
Forstpathologie und Forstschutz
Billrothstraße 53/1/4
1190 Wien
+43 1 3682433
BOKU INSIGHT 1/201112
Forschung
Die budgetäre Ausgestaltung als „Stresstest“ FTI-Strategie der Bundesregierung
O.Univ.Prof. Dr. Josef GlößlVizerektor für Forschung und Internationale Forschungskooperation
Forschung FAQForschungsinformationssystem (FIS)
Kontakt:Mag. Elke Hanser
Forschungsservice
Gregor-Mendel-Straße 33
1180 Wien
+43 1 47654-1303
Adresse & Links:FIS-Team [email protected]
Forschungsinformationssystem
(FIS) https://forschung.boku.ac.at/
fis/suchen.startseite
Facility Management-System der
BOKU www.boku.ac.at/zid-
pro-telefone-2010.html
EDV-Verantwortliche
www.boku.ac.at/zid-mu-liste.html
BOKUonline-Visitenkarte www.
boku.ac.at/zid-boo-mail-man.html
Telefondurchwahl www.boku.
ac.at/zid-boo-tel-verwaltung.html
DI Horst Mayr Mag. Elke Hanser
Fotos: R. Ressmann/ BOKU
- Die Telefondurchwahlen kommen aus dem Faci-
lity-Management-System der BOKU und werden
automatisiert ins BOKUonline importiert. Das FIS
bezieht dann tagesaktuell diese Daten von BOKU-
online. Wollen Sie eine Korrektur der Telefondurch-
wahl vornehmen, ist ihr Sekretariat oder ihr(e) EDV-
Verantwortliche(r) die richtige Anlaufstelle.
- Die E-Mail-Adressen werden ebenfalls von BOKU-
online bezogen (sie entsprechen der Haupt-E-Mail-
Adresse, die auch auf der BOKUonline-Visitenkarte
aufscheint). Diese Änderungen können Sie selbst
vornehmen oder Unterstützung von ihrer/m EDV-Ver-
antwortlichen holen.
Wie kann ich ein Foto zu meiner Person im FIS zur Anzeige bringen?Loggen Sie sich in BOKUonline ein und klicken Sie
auf „Bearbeitung“ (rechts oben). Dort können Sie
Informationen zu Ihrer Person erfassen und ändern
bzw. eben auch ein Visitenkartenbild hochladen. Die-
ses wird ab dem darauffolgenden Tag im FIS ange-
zeigt.
Kann ich fehlende oder fehlerhafte Einträge zu meiner Person wie den akademischen Titel, die E-Mail-Adresse oder meine Telefondurchwahl im FIS direkt ändern?
Nein, da Personenstammdaten, aber auch E-Mail-
und Telefonangaben aus vorgelagerten Datensys-
temen (BOKUonline, SAP-HR) in das FIS importiert
werden und die Daten im Ursprungssystem korrigiert
werden müssen.
Im Herbst 2009 wurde die Schnittstelle für Personen-
stammdaten im Forschungsportal FIS dahingehend
geändert, dass Angaben zur Person (aber auch Ver-
tragsinformationen) ausschließlich aus dem Quell-
system SAP-HR stammen. Diese Daten werden
automatisiert ins BOKUonline importiert und dann
tagesaktuell ins FIS transferiert.
- Bei Änderungswünschen zum akademischen Titel
wenden Sie sich bitte unter Vorlage eines entspre-
chenden Nachweises an die Personalabteilung, da
die diesbezüglichen Daten im Forschungsportal FIS
von SAP-HR stammen.
Anfang März ist nun die lange und mit Spannung
erwartete „Strategie der Bundesregierung für For-
schung, Technologie und Innovation“ (FTI-Strategie)
erschienen. Als Leitmotiv hat sich die Bundesregie-
rung vorgenommen, Österreich von der Gruppe der Innovation Follower in die Gruppe der Innovation Lea-der, also der innovativsten Länder der EU, zu führen.
Im Strategiepapier wird ein Bündel an Maßnahmen
skizziert, welches das Erreichen dieses ehrgeizigen
Zieles bis 2020 gewährleisten soll. Die Festlegung
des Finanzrahmens für die kommenden vier Jahre
wird nun der erste Offenbarungseid der Bundesregie-
rung für die Umsetzung der FTI-Strategie sein.
Es ist unbestritten, dass Grundlagenforschung die
wichtigste Quelle von Innovation und damit für die
langfristige wirtschaftliche Entwicklung eines Landes
ist. In Österreich sind die Universitäten die Hauptakt-
eurinnen in der Grundlagenforschung und sie bilden
zugleich den wissenschaftlichen Nachwuchs durch
forschungsgeleitete Lehre aus. Daher kommt für die
Erreichung der Ziele der FTI-Strategie einer ausrei-
chenden Universitätsfinanzierung sowie auch einem
ausgewogenen Mix der Finanzierungsinstrumente
für das gesamte Innovationssystem entscheidende
Bedeutung zu.
Im angekündigten „österreichischen Modell“ für
eine geteilte Universitätsfinanzierung nach Lehre und
Forschung wird es im Sinne einer forschungsgeleite-
ten Lehre essentiell sein, bei den studienbezogenen
Mitteln jeweils angemessene Anteile zusätzlich für
die Forschung einzurechnen.
Sehr zu begrüßen ist die Wiedereinführung von
20 % Overheads für FWF-Einzelprojekte, um einen
ersten Schritt in Richtung Vollkostenfinanzierung von
FWF-Projekten zu setzen; dass Overheadmittel ins-
besondere auch für Schwerpunktprojekte notwendig
wären, liegt auf der Hand.
Es ist erfreulich, dass auch im vorliegenden Heft
wieder BOKU-ForscherInnen präsentiert werden
können, die sowohl in der Grundlagenforschung wie
auch in den nachfolgenden Schritten des Innovati-
onssystems höchst erfolgreich sind.
BOKU INSIGHT 1/2011 13
Beyond CoReTech Cross-border Co-operation in Research and Technology Transfer
Support Services
Universitäten spielen eine Schlüsselrolle im In-
novationsprozess und dem Transfer von Wissen und
Technologie hin zur Anwendung. Viele Studien zei-
gen, dass die Qualität der Forschung und eine funk-
tionierende Zusammenarbeit zwischen Forschungs-
einrichtungen und Unternehmen für die erfolgreiche
Anwendung und Umsetzung von neuem Wissen
und Technologien in der Entwicklung in Richtung
einer wettbewerbsfähigen, regionalen „Knowledge
Based Economy“ ausschlaggebend sind.
Vor diesem Hintergrund initiierten der BOKU-
Forschungsservice und das TechTransfer Office der
Masaryk Universität Brno, das Projekt CoReTech,
gefördert aus Mitteln der „ETZ Österreich-Tsche-
chische Republik“. Ein Projektziel war die kritische
Analyse der angebotenen Serviceleistungen in den
Bereichen Projektsupport und Technologietransfer
sowie die Entwicklung von Strategien zur weiteren
Stärkung und Verbesserung der Qualität in diesem
wichtigen Bereich.
Texte: Elisabeth Denk
Foto: R. Ressmann/BOKU
Forschung
Kontakt:DI Elisabeth Denk
Forschungsservice
Gregor-Mendel-Straße 33
1180 Wien
+43 1 47654-1018
Links:Europa-Tagung
www.era.gv.at/space/11442/direc-
tory/15241/message/21223.html
PROVISO
http://bmwf.gv.at/startseite/for-
schung/europaeisch/proviso/
Innovationsunion
http://ec.europa.eu/research/
innovation-union/index_en.cfm
DI Elisabeth Denk, FoS
Österreich in Zeiten der „Innovationsunion“: Was
bringt Europa in der Forschung? Unter diesem Motto
versammelten sich zahlreiche AkteurInnen der öster-
reichischen Forschungslandschaft am 7. Dezember
2010 im Museum of Young Arts zur Jahrestagung
des BM:WF.
Auf dem Programm standen Impulsvorträge zu ak-
tuellen Entwicklungen und hochkarätig besetzte Po-
diums- und Plenardiskussionen. Den Beginn machte
Wolfgang Burtscher, stellvertretender Generaldirek-
tor der Generaldirektion (GD) Forschung und Inno-
vation, mit einer Vorstellung der „Innovationsunion“,
einer Leitinitiative der Europa 2020 Strategie. Dieses
strategische Konzept zielt auf die Stärkung der Wett-
bewerbsfähigkeit Europas durch mehr Innovation ab.
Grundlage ist ein breites Innovationsverständnis, das
den gesamten Zyklus von der Grundlagenforschung
bis zum Markt abdecken soll. Im Anschluss diskutier-
ten u. a. Helga Nowotny (ERC), Rudolf Lichtmann-
Links:CoReTech Foto-Report
www.boku.ac.at/uploads/media/
FOTO-Report.pdf
centrope_tt
www.xing.com/net/CTT/
Masaryk Universität Brno
www.muni.cz/
Europa-Tagung 2010 Eine Nachlese
Ein zweiter wichtiger Aspekt des Projekts war die
Verstärkung der regionalen Vernetzung im Raum
Wien-Brünn – nicht nur für ForscherInnenn, sondern
auch für regionale Behörden, Unternehmen und ande-
re AkteurInnen im Technologietransfer. Neben diversen
Workshops und Konferenzen verfolgte das Projektteam
einen innovativen Ansatz – die Nutzung eines Social
Mediums: die Gruppe „centrope_tt“ auf der Netzwerk-
plattform „Xing“ bringt TechTransfer-Interessierte weit
über den Projektraum hinaus zusammen.
Das rege Interesse an dieser Initiative bestätigt,
dass der BOKU-Forschungsservice einen Mehrwert
für den BOKU Techtransfer, unsere Stakeholder
und damit wieder für unsere ForscherInnen schaf-
fen konnte. Die neue Herausforderung besteht nun
– nach Projektende – in der Aufrechterhaltung der er-
folgreichen Aktivitäten mit den derzeit äußerst knap-
pen Ressourcen.
egger (WKO) und das Publikum Chancen, Risken
und Notwendigkeiten dieser Initiative auf nationaler,
europäischer und internationaler Ebene.
Die Nachmittagssession stand im Zeichen der
Evaluierung: Alfred Radauer (Technopolis) präsen-
tierte erste Ergebnisse einer Studie über die Wir-
kung europäischer FTI (Forschung, Technologie und
Information)-Initiativen auf das österreichische Inno-
vationssystem, Margit Ehardt-Schmiederer (PROVI-
SO) berichtete über den aktuellen Stand der öster-
reichischen Beteiligung am 7. Rahmenprogramm.
VertreterInnen des BM:WF, BM:VIT, BM:WFJ und
BKA diskutierten danach unter reger Anteilnahme
des Plenums aktuelle Herausforderungen in der Teil-
nahme an RP7-Projekten, Möglichkeiten zur Verein-
fachung und Sinnhaftigkeit und Grenzen der Abstim-
mung zwischen europäischen Programmen wie den
Rahmen- und den Strukturfondsprogrammen.
Projektinformationen Förderprogramm: Europäische territorialen Zusam-
menarbeit Österreich-Tschechi-
sche Republik 2007-2013
PartnerInnen:BOKU/Forschungsservice,
Masaryk Universität Brno/
Technology Transfer Office
Dauer: Jänner 2009 - Mai 2010
BOKU INSIGHT 1/201114
Pilz für den Pflanzenschutz Charakterisierung des Biokontrollpilzes Trichoderma atroviride
Die Arbeitsgruppe um Rainer Schuhmacher am IFA Tulln geht der molekularen Wirkungsweise von biologischen Pflanzenschutz-
mitteln auf den Grund.
Die Anfälligkeit von Nutz- und Zierpflanzen gegen-
über Schadpilzen machen einen effizienten Pflan-
zenschutz unverzichtbar. Allerdings wird der intensive
Gebrauch synthetischer Fungizide mittlerweile allge-
mein als Gefährdung für Gesundheit und Umwelt be-
trachtet und führt auch häufig zur Entwicklung von
Resistenzen bei Schadpilzen. Als vielversprechende
Alternative zu synthetischen Fungiziden bieten sich
auf speziellen Mikroorganismen basierende, biolo-
gische Pflanzenschutzmittel an, da sie in der Regel
eine bessere Umweltverträglichkeit und ein sehr ge-
ringes Risiko der Resistenzbildung aufweisen.
Doppelte Schutzwirkung Die fungizide Wirkung biologischer Pflanzen-
schutzmittel zeichnet sich häufig durch zwei we-
sentliche Aspekte aus: Zum einen können die in
der Biokontrolle verwendeten Mikroorganismen das
Wachstum von Schadpilzen hemmen oder diese so-
gar angreifen und befallen (Mykoparasitismus); zum
anderen sind sie in der Lage, Resistenz in der Pflanze
gegen den Schadpilz auszulösen. Der positive Effekt
dieser Pilzstämme auf die Kulturpflanzen ist schon
seit längerem bekannt, der genaue Mechanismus ist
jedoch noch weitgehend unerforscht.
Die AnalytikexpertInnen der Arbeitsgruppe um
Rainer Schuhmacher vom Analytikzentrum des IFA-
Tulln haben sich daher der Aufklärung der moleku-
laren Grundlagen des biologischen Pflanzenschut-
zes verschrieben. Seit einigen Jahren wird in enger
Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe „Molekula-
re Biochemie der Pilze“ von Susanne Zeilinger (TU
Wien) intensiv an der molekularen Charakterisierung
des Biokontrollpilzes Trichoderma atroviride gearbei-
tet. Dieser im Boden vorkommende, filamentöse Pilz
lebt häufig mit Pflanzenwurzeln vergesellschaftet, wo
er seine Schutzwirkung gegenüber Schadpilzen ent-
falten kann. Schuhmacher und KollegInnen haben
in den letzten Jahren über 50 von Trichoderma aus-
geschiedene Substanzen nachgewiesen und deren
Molekülstrukturen charakterisiert. Dazu mussten erst
aufwändige gaschromatographische und massen-
spektrometrische Methoden etabliert werden.
Text: Rainer Schuhmacher
Foto: IFA / BOKU
Schützender Substanzencocktail Die bisherigen Arbeiten wurden hauptsächlich im
Rahmen der Dissertation von Norbert Stoppacher
sowie der Masterarbeit von Bernhard Kluger durch-
geführt und konzentrierten sich auf den Nachweis
spezieller, membranaktiver Peptide, die zur Gruppe
der antifungal wirksamen Peptaibole gehören. Wei-
ters wurde die Bildung flüchtiger Metaboliten unter-
sucht, die der Pilz unter anderem als Signalstoffe
zur Kommunikation mit seiner Umwelt einsetzt. Die
aktuellen Arbeiten umfassen darüber hinaus auch
die Untersuchung der sogenannten Siderophore. Bei
diesen Substanzen handelt es sich um nicht-riboso-
male Peptide, mit deren Hilfe der Pilz die Versorgung
mit dem in vielen Böden praktisch unlöslichen drei-
wertigen Eisen sicherstellt.
Ein Teil der laufenden Forschungsarbeiten wird im
Rahmen des vom Land Niederösterreich finanzierten
und von Marc Lemmens (Institut für Biotechnologie
in der Pflanzenproduktion, IFA-Tulln) geleiteten Pro-
jekts „Biologische Wirkstoffe“ durchgeführt. Die im
Projekt arbeitende Dissertantin Sylvia Lehner und
die am Analytikzentrum beschäftigte Alexandra Pa-
rich kümmern sich derzeit um die Aufreinigung der
kürzlich identifizierten und erstmals für Trichoderma
beschriebenen Trichoatrokontine.
Unterstützung für neue Wege im Pflanzenschutz Daneben bemüht sich Rainer Schuhmacher aber
auch um eine weitergehende Finanzierung. In einem
interdisziplinären Ansatz aus Analytischer Chemie,
Funktioneller Genomik und Phytopathologie soll die
molekulare Wirkungsweise der durch Trichoderma
gebildeten sekundären Stoffwechselprodukte im De-
tail erforscht werden.
Das vorrangige Ziel der geplanten Arbeiten be-
steht in der Untersuchung der Bedeutung dieser
Substanzen für die Pflanzen schützende Wirkung.
Die zu erwartenden Ergebnisse können mittel- bis
langfristig zur gezielten Entwicklung neuartiger bio-
logischer Pflanzenschutzmittel mit verbesserten Ei-
genschaften beitragen.
Forschung
Bestens ausgerüstet: Sylvia Lehner, Rainer Schuhmacher und Alexandra Parich vor dem hochauflösenden Massenspekrometer Orbitrap XL
Kontakt:Ao.Prof. Dipl.-Chem. Dr. Rainer
Schuhmacher
Interuniversitäres Department für
Agrarbiotechnologie, IFA-Tulln
Analytik-Zentrum
Konrad-Lorenz-Straße 20
3430 Tulln
+43 2272 66280-407
Veröffentlichungen: siehe FIS https://forschung.boku.
ac.at/fis/suchen.startseite
Das Projekt „Biologische
Wirkstoffe“ wird durch das Land
Niederösterreich mit Kofinanzie-
rung der Europäischen Union
(EFRE) unterstützt.
BOKU INSIGHT 1/2011 15
Forschung
BOKU-VIBT Imaging Center Spezialausstattung und Know-how für den Blick auf die Bausteine des Lebens
Text: Monika Debreczeny
Fotos: BOKU VIBT Imaging Center
Histologische Färbung von menschlichem Fibroblasten-Gewebe
Das im Oktober 2010 eröffnete Zentrum in der Muthgasse ermög-licht WissenschaftlerInnen und Studierenden einen neuen Blick auf den Mikrokosmos ihrer Arbeiten.
Obwohl wir die Welt hauptsächlich mit den Augen
wahrnehmen, vergessen wir die Tatsache, dass die-
se wie kleine Kameras arbeiten. Es sind lebende op-
tische Einheiten, deren Linsen Bilder auf die Retina
projizieren. Sie gehorchen denselben physikalischen
Gesetzen, die das Verhalten eines polierten Stückes
Glas, einer Sammellinse, beschreiben.
Es gibt wenig vergleichbare Entdeckungen der
Menschheit wie die Sammellinse. Sie bewirkte eine
Revolution, die das Verhältnis des Menschen zu sei-
ner Umwelt maßgeblich beeinflusste. Das unermess-
liche Universum genauso wie einzelne Moleküle
können durch Linsen untersucht werden. Gallileo er-
öffnete uns so den Weltraum und Leeuwenhoek ent-
deckte winzige, nur ein paar Mikrometer große Orga-
nismen. Mit Linsen eines Mikroskops können Details
in der Natur beobachtet werden, die uns sonst in un-
serem Alltag verborgen bleiben.
Fünf Spezialmikroskope am neuen Zentrum Zwei inverse Video-Mikroskope (eines um Auf-
nahmen von lebenden Zellen zu machen, das ande-
re für Totalreflexionsfluoreszenzmikroskopie), zwei
konfokale Laser-Rastermikroskope für eine bessere
räumliche Auflösung und ein Laser-Präparationsmi-
kroskop. Videomikroskope dienen als Kameras, um
lange Filmaufnahmen von flachen Objekten (z. B.
Zellkulturen) zu machen. Sie bieten eine ausgezeich-
nete zeitliche und strukturelle Auflösung, ohne dass
durch einen intensiven Laser lebende Zellen gestört
werden. Eines der beiden Videomikroskope ist spezi-
ell für Untersuchungen an Oberflächen geeignet, da
es ausschließlich Fluoreszenzsignale an Grenzflä-
chen im Nanometerbereich detektiert.
Das andere ist ein Hybridsystem, das man einer-
seits als Videomikroskop nutzen kann. Andererseits
kann es in ein konfokales Laser-Rastermikroskop
umgewandelt werden, indem man einen Laser-Scan-
kopf dazuschaltet. Dieses Modul, das im Ultraschall-
bereich über die Objekte saust, kann Filme von sich
rasch bewegenden Organellen oder Proteinkomple-
xen von dickeren Proben aufnehmen.
Eine Inkubationskammer wird die Arbeitseinheit in
den nächsten Wochen vervollständigen. So können
gewünschte Wachstumstemperaturen, der CO2-Ge-
halt und die Feuchtigkeit für lebende Proben optimiert
und konstant gehalten werden. Dieses System wird
vermutlich bei NeurologInnen und Entwicklungsbiolo-
gInnen besonders beliebt sein, da es Langzeitbeob-
achtungen unter natürlichen Bedingungen ermöglicht.
Ein anderes konfokales Laser-Rastermikroskop
steht für Routineanalysen zur Verfügung, bei denen
von dicken Proben optische Schnitte erzeugt werden
können, die dann mit einer Softwareunterstützung zu
3-D-Modellen zusammengesetzt werden. So können
zum Beispiel räumliche Verteilungen des Chromatins
in Zellkernen, Gewebe und Zellen in Pflanzenwurzeln
oder sogar ganze Organismen wie Würmer, Fisch-
und Insektenlarven untersucht werden.
Das fünfte Gerät im Zentrum ist ein Laser-Präpa-
rationsmikroskop. Mit diesem können Gewebe- bzw.
Zellteile aus mikroskopischen Schnitten für weitere
molekularbiologische Untersuchungen herausge-
schnitten werden. So können mikroskopisch definier-
te Teile aus Geweben – wie etwa Tumorzellen – ge-
sammelt und weitere molekularbiologische Analysen
von Einzelzellen durchgeführt werden.
Neues Bild von der Welt Mit dieser Ausstattung des Imaging Centers wer-
den Studierende und WissenschaftlerInnen in der
Lage sein, sich ein genaueres Bild von verschiedens-
ten – nicht nur biologischen – Proben und Materialien
zu machen, diese zu isolieren und deren feine Struk-
turen zu untersuchen.
Das Imaging Center hat bereits regelmäßige Nut-
zerInnen aus verschiedenen BOKU-Departments
für Projekte aus vielfältigen wissenschaftlichen For-
schungsgebieten. Neben der Nutzung der etablierten
Methoden sind auch Kooperationen mit innovativen
Ideen zur Austestung und Entwicklung neuer Mikros-
kopiermethoden jederzeit willkommen.
Dr. Monika Debreczeny Leiterin des VIBT-Imaging CenterPhysikerin (MD und PhD in Physik)20 Jahre Erfahrung in der wissenschaftli-chen Forschung und Betreuung von bildge-benden Einheiten in Ungarn und Frankreich
Kontakt:Dr. Monika Debreczeny
BOKU-VIBT Imaging Center
Muthgasse 11
1190 Wien
2. Untergeschoß (A-UG02-O9)
+43 1 47654-8031, -8032
Büro: Erdgeschoß (3-EG/30)
+43 1 47654-6951
Rinder-Endothelzellen aus der Lungenarterie. Färbung mit MitoTracker Red für Mitochon-drien (rot), Alexa Fluor 488-phalloidin für Actin-Filamente (grün) und mit DAPI für den Zellkern (magenta).
Link: BOKU-VIBT www.boku.ac.at/vibt.html
Laser-Präparationsmikroskop: Unter dem Mikroskop können mithilfe des Lasers einzelne Teile für weitere Untersuchungen ausgeschnitten werden.
BOKU INSIGHT 1/201116
Modular Antibody Engineering Finanzstärkste Kooperation in der österreichischen Bio-Tech-Szene
Die Arbeitsgruppe um Florian Rüker und Gordana Wozniak-Knopp entwickelte die Technologie des „Modular Antibody Engineering“. Nun kooperiert das CD-Labor für Antikörperengineering mit f-star an der Technologie zur Herstellung von therapeutischen Antikör-pern und Antikörperfragmenten.
Biotech-Deal Im November 2010 gelang dem BOKU-Spin-off-
Unternehmen f-star mit dem Pharma-Unternehmen
Boehringer-Ingelheim eine Kooperationsvereinba-
rung, die den größten Deal darstellt, der je von einer
österreichischen Biotech-Startup-Firma abgeschlos-
sen wurde.
Mittels Modular Antibody Engineering werden An-
tikörperfragmente bis zur Marktreife entwickelt, die
z. B. bei der Therapie von Krebs- oder Autoimmu-
nerkrankungen eingesetzt werden könnten. Die Be-
sonderheit liegt dabei in der Wirksamkeit von mono-
klonalen Antikörpern (mAks), die Krankheitserreger
spezifisch binden. Die Antikörperfragmente können
an Tumorzellen binden und sie gründlich und schnell
zerstören. Die Mini-mAks könnten zudem zwischen
Tumorzellen und gesundem Gewebe besser unter-
scheiden, denn das Medikament erkennt die Krebs-
zellen wie ein speziell angefertigter Schlüssel.
Kommerzielle VerwertungDie Kooperation zwischen BOKU und f-star ist ein
Musterbeispiel für die effiziente Umsetzung einer aka-
demischen Erfindung, die durch das gute Zusammen-
spiel sowie die Kreativität und Flexibilität von Univer-
sität, UnternehmensgründerInnen, FördergeberInnen
und InvestorInnen möglich wurde.
Sicherstellung und Klärung der Rechte an Intellectual Property
Bei jeder kommerziellen Verwertung von For-
schungsergebnissen ist die Sicherstellung und Klä-
rung der Intellectual Property Rights von entschei-
dender Bedeutung. In der Kooperationsvereinbarung
zwischen BOKU und f-star sind die gegenseitigen
Rechte bezüglich der Diensterfindungen von BOKU-
MitarbeiterInnen fair und transparent, sowie in Über-
einstimmung mit dem UG 2002 geregelt. Zudem wurde
eine enge Koordination betreffend zukünftiger Publi-
kationen vereinbart, die das Bedürfnis der Universität
nach zeitnaher Publikation neuer wissenschaftlicher
Text: Florian Rüker
Forschung
Erkenntnisse und das Bedürfnis der f-star GmbH nach
Vertraulichkeit und Patentierbarkeit gleichermaßen
berücksichtigt.
Organisation und Finanzierung kommerzieller F&E
Kommerzielle Forschung und Entwicklung erfor-
dert grundlegend andere Organisationsformen sowie
andere personelle und finanzielle Ressourcen als uni-
versitäre Grundlagenforschung. Durch die Gründung
der f-star GmbH wurde eine organisatorische Einheit
geschaffen, die hochkonzentriert und ausschließlich
an der kommerziellen Umsetzung der an der Universi-
tät konzipierten Modularen Antikörpertechnologie ar-
beitet. Unabhängig von Lehrverpflichtungen und Pub-
likationserfordernissen kann so wesentlich effizienter
an der kommerziellen Umsetzung gearbeitet werden.
Durch die Gründung der f-star GmbH als eigen-
ständige legal entity gelang es frühzeitig, ein Manage-
mentteam zusammenzustellen, das in Summe ein
wesentlich breiteres Fähigkeitenprofil abdeckt, als im
Rahmen einer universitären Arbeitsgruppe darstell-
bar ist. Fähigkeiten, die für die Grundlagenforschung
eine nachrangige Bedeutung haben wie zum Beispiel
langfristige Patentstrategie, Pharmazeutische Ent-
wicklung, Business Development und Finanzierung,
konnten somit für das Projekt schon frühzeitig gewon-
nen werden.
Die klare Rollenteilung zwischen Universität und
Unternehmen trägt zudem wesentlich zur Effizienz
beider Institutionen in ihrem jeweiligen Bereich bei.
Schließlich erfordert die kommerzielle Umsetzung,
insbesondere im Bereich der pharmazeutischen For-
schung und Entwicklung, finanzielle Ressourcen, die
die Möglichkeiten von universitären Forschungspro-
jekten weit übersteigen. Durch die Ausgliederung der
angewandten Forschung und Entwicklung in die f-star
GmbH wurde ein Vehikel geschaffen, das am Kapital-
markt von spezialisierten Investoren die nötigen Res-
sourcen einwerben kann.
Links: f-star www.f-star.com
Arbeitsgruppe Rüker www.
biotec.boku.ac.at/16102.html
Department für Biotechnologie
www.biotec.boku.ac.at
Dr. Gordana Wozniak-Knopp und Ao.Univ.Prof.DI Dr. Florian RükerFoto: © Siegfried Huss
Antikörperfragment© Florian Rüker
Presse Der Standard 29.12.10, 7.12.10
APA 2.12.10
Wiener Zeitung 1.12.10
Kurier Wien 25.11.10
Die Presse 23.11.10
BIOCOM – Life Science
aktuell 23.11.10
Pressemitteilung f-star 22.11.10
www.f-star.com/press_releases/f-
star-pr22112010.pdf
Kontakt: Ao.Univ.Prof.DI Dr. Florian Rüker
Department für Biotechnologie
Institut für angewandte
Mikrobiologie
Muthgasse 18
1190 Wien
+43 1 36006-6240
BOKU INSIGHT 1/2011 17
Das Land Niederösterreich unterstützt die Forschungsaktivitäten in einem Technopol Projekt zur Entwicklung neuer molekularer DNA-basierender Testmethoden für die Lebens- und Futtermittel-industrie.
Das Department IFA-Tulln Das Interuniversitäre Department für Agrarbio-
technologie (IFA-Tulln) wurde 1994 von der Uni-
versität für Bodenkultur Wien (BOKU), der Veteri-
närmedizinischen Universität Wien (VUW) und der
Technischen Universität Wien (TU Wien) als gemein-
same Forschungsstätte für landwirtschaftliche Bio-
technologie gegründet.
Mehr als 100 Wissenschaftlerinnen und Wissen-
schaftler arbeiten heute interdisziplinär in den Kom-
petenzfeldern „Nachhaltige Produktionssysteme“,
„Umweltbiotechnologie“, „Biologische Wirkstoffe“
und „Lebensmittelsicherheit“. Das Spektrum der Akti-
vitäten reicht von der anwendungsorientierten indust-
rienahen Forschung bis zur hin zur Spitzenforschung
im Grundlagenbereich.
Erfolgsgeschichte am Standort Tulln Auf der langen Liste der Erfolge des Departments
stehen hunderte wissenschaftliche Fachbeiträge, drei
Spin-off-Gründungen, Preise (darunter zwei hochdo-
tierte Dr. Wolfgang Houska Preise der B&C Privat-
stiftung), Patente, Beteiligung an zahlreichen Indust-
rieprojekten und eine der höchsten Drittmittelquoten
der BOKU. Zusammen mit dem Department für An-
gewandte Genetik und Zellbiologie (DAGZ) wird ein
FWF-Spezialforschungsbereich zur Untersuchung
von Fusarien betrieben. Der Start des bereits dritten
Christian-Doppler-Labors 2011 (zusammen mit den
Firmenpartnern Biomin und Nestlé) ist ein weiterer
Beweis dafür, dass am IFA-Tulln anwendungsorien-
tierte Grundlagenforschung auf höchstem internati-
onalen Niveau betrieben wird.
Das Gebäude des Departments in Tulln stellt den
Nukleus des Technopol-Standortes dar, der um den
Fachhochschullehrgang „Biotechnische Verfahren“
der FH Wiener Neustadt und das Technologiezent-
rum Tulln (TZT) ergänzt wurde. Im April 2011 eröff-
nete in direkter Nachbarschaft das Universitäts- und
Forschungszentrum Tulln (UFT), welches neben dem
Department Health & Environment des AIT weiteren
200 hervorragenden Forscherinnen und Forschern
der BOKU Platz für gemeinsame exzellente For-
schung bieten wird. Diese Erweiterung von Fach-
kräften ist ein Garant für einen weiteren stetigen
Anstieg des wissenschaftlichen Outputs am For-
schungsstandort Tulln.
Technopol-Projekt der BOKU und TU Wien am IFA-Tulln
Zahlreiche Methoden zum hochempfindlichen
Nachweis von Schimmelpilzgiften (Mykotoxine)
und allergener Bestandteile in Nahrung wurden
unter der Leitung von Rudolf Krska entwickelt. Die
Arbeitsgruppe von Robert Mach an der TU Wien
beschäftigt sich ebenfalls mit Lebensmittelanalytik
und weist Schimmelpilze in Getreideprodukten an-
hand ihres DNA-Fingerabdruckes nach. Mit dem
Ziel die internationale Wettbewerbsfähigkeit zu stär-
ken, wurden nun die Kräfte der beiden Forschungs-
gruppen von BOKU und TU Wien gebündelt. Um
die Qualität von Agrarprodukten auch in Zukunft für
Österreich sicherzustellen, sollen unter der Leitung
von Kurt Brunner und Rudolf Krska molekularbio-
logische und biochemische Analysemethoden zum
Nachweis von kleinsten Spuren unterschiedlichster
Schimmelpilzgifte sowie gentechnisch veränderter
Pflanzenbestandteile am IFA-Tulln weiterentwickelt
werden.
Hervorragende interuniversitäre Zusammenarbeit
Im Rahmen der interuniversitären Kooperation
der BOKU und der TU Wien wurde auch ein Dok-
toratskolleg mit dem Namen „Applied Bioscience
Technologies (AB-Tec)“ initiiert.
Zusätzlich zum regen Austausch der Universi-
täten untereinander gibt es ein Beratungsgremium,
den IFA-Tulln Beirat, welchem VertreterInnen der
drei Universitäten und des Landes Niederösterreich
angehören. So können die Interessen der anderen
beiden Partneruniversitäten im BOKU-Department
IFA-Tulln sichergestellt werden.
Text: Clemens Borkenstein
LebensmittelanalytikKooperationsprojekt BOKU-TU Wien
Forschung
Die Leiter des neuen Technopol-Projektes am Department IFA-Tulln, Dr. Kurt Brunner (links), TU Wien, und Univ.Prof. DI Dr. Rudolf Krska, BOKU Foto: © BOKU
Kontakt: Dr. Clemens Borkenstein
Forschungskoordinator Tulln
Konrad-Lorenz-Straße 20
3430 Tulln
+43 2272 66280-113
Foto: Walter Schneider/BOKU
BOKU INSIGHT 1/201118
Das European Forest Institute (EFI) ist eine internationale Organi-sation mit dem Ziel, ein paneuropäisches forstliches Netzwerk für waldrelevante Forschung und Politikberatung zu ermöglichen.
Das EFI wurde am 9. September 1993 ursprüng-
lich als Verein nach finnischem Recht gegründet.
Der Hauptsitz ist in Joensuu, Finnland, einer Stadt
ungefähr 500 km nordöstlich von Helsinki, direkt an
der russischen Grenze. Joensuu gilt als Zentrum der
forstlichen Forschung und Ausbildung in Finnland.
2003 wurde der Verein durch Schaffung des „Über-
einkommens über das Europäische Forstinstitut“ in
eine internationale Organisation umgewandelt. Der-
zeit umfasst das EFI 124 Mitgliedsorganisationen
aus 36 europäischen Staaten.
BOKU ist seit 1994 Mitglied des EFI Die Universität für Bodenkul-
tur Wien war mit Peter Glück und
Hubert Sterba, beides langjährige
Mitglieder des Wissenschafts-
beirates, in den Leitungsgremien
vertreten. Der derzeitige Vorsit-
zende des Wissenschaftsbeirates
des Europäischen Forstinstitu-
tes ist Hubert Hasenauer, Leiter
des Instituts für Waldbau an der
BOKU. Neben der Mitwirkung in
den Leitungsgremien hat sich die BOKU auch immer
an EFI-Aktivitäten beteiligt. So war die BOKU eine
der Gründungsorganisationen eines sogenannten
Regional-Projektzentrums zum Thema „Sekundäre
Nadelwälder in Europa“. Ebensolches gilt für das an
der BOKU gegründete und von BOKU-Wissenschaft-
lerInnen geleitete regionale Projektzentrum INNO-
FORCE, dass sich mit waldrelevanter Politikberatung
im mittel- und osteuropäischen Donauraum beschäf-
tigt hat.
Im Jahre 2008 hat das EFI die Einführung von Re-
gionalbüros beschlossen. Es wurde damit auf regio-
nal sehr unterschiedliche Problemstellungen reagiert
und man wollte die Mitglieder stärker in EFI-Aktivi-
täten einbinden. Ergebnis dieses Regionalisierungs-
prozesses ist die Etablierung von sechs Regionalbü-
ros verteilt über ganz Europa.
Regionalbüro EFI-CEEC Eines dieser sechs Regionalbüros – das Büro für
Zentral- und Osteuropa – wurde an der BOKU un-
Text: Hubert Hasenauer
Forschung
ter dem Namen EFI-CEEC etabliert. Am 12. April
2010 fand in einem feierlichen Festakt mit mehr als
60 internationalen Gästen die Eröffnung statt. Ziel ist
es, die Entwicklung von forstlichen Netzwerken, die
Forschung, die Informationsverbreitung und die Po-
litikberatung im Raum Zentral-Osteuropa zu fördern.
Es soll ein Zentrum für forstliche Forschung, Ent-
wicklung und insbesondere Netzwerkbildung in der
Region werden. Die BOKU, vertreten durch das De-
partment für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften
(Karl Hogl) und das Departement Wald- und Boden-
wissenschaften (Hubert Hasenauer), fungiert dabei
als „Hosting Organisation“; geleitet wird EFI-CEEC
von Bernhard Wolfslehner.
EFI-CEEC besteht derzeit aus einem Netzwerk
mit 28 Forschungsorganisationen aus 16 Ländern
in Mittel- und Osteuropa. Die Basisfinanzierung wird
für die erste Periode bis 2013 durch die BOKU, das
Lebensministerium, das Wissenschaftsministerium
und die Stadt Wien gestellt. Darüber hinaus stellen
KernpartnerInnen aus den PartnerInnenländern For-
schungspersonal und Infrastruktur in ihren Einrich-
tungen zur Verfügung.
Eine weitere Aufgabe, die derzeit auf das EFI zu-
kommt, ist die Durchführung von Politikberatungs-
aufträgen im Rahmen der sogenannten FLEGT-Ak-
tivitäten im Auftrag der Europäischen Kommission.
FLEGT ist die Abkürzung für Forest Law Enforce-
ment, Governance and Trade (Rechtsdurchsetzung,
Politikgestaltung und Handel im Forstsektor) und ist
die Antwort der Europäischen Union auf das globale
Problem illegalen Holzeinschlags und des Handels
mit Holz und Holzerzeugnissen illegaler Herkunft.
Illegaler Holzeinschlag und der damit verbundene
Handel führt zu verheerenden Umweltschäden in
Entwicklungsländern. Diese Aktivitäten haben sich
auf Grund der Tatsache, dass das EFI eine interna-
tionale durch viele Mitglieder gestützte Organisation
ist, ergeben.
Univ.Prof. Dr. Hubert HasenauerVorsitzender des Wissenschaftsbeirates des Europäischen Forstinstitutes Leiter des Institutes für Waldbau, BOKU
v.l.n.r.: Dr. Gerhard Weiß (EFI-CEEC), Univ.Prof. Dr. Hubert Hasenauer, Dr. Julius No-votny (Sektionschef, Landwirtschaftsminis-terium, Slowakei), Dr. Bernhard Wolfslehner (Leiter, EFI-CEEC), Dr. Risto Päivinen (Direktor, EFI), DI Gerhard Mannsberger (Sektionschef f. Forstwirtschaft, Lebens-ministerium), DI Florian Kraxner (IIASA), Univ.Prof. Dr. Martin H. Gerzabek (Rektor, BOKU), Univ.Prof. Dr. Karl Hogl (Leiter, Inst. f. Wald-, Umwelt- und Ressourcenpolitik, BOKU)
Kontakt: Univ.Prof. DI Dr.
Hubert Hasenauer
Department für Wald- und
Bodenwissenschaften
Institut für Waldbau
Peter-Jordan-Straße 82
1190 Wien
+43 1 47654-4051
Links: EFI www.efi.int
EFI-CEEC www.eficeec.efi.int
Regionalbüros binden die Mitglieder stärker in EFI-Aktivitäten ein
Das Europäische Forstinstitut Netzwerk für waldrelevante Forschung und Politikberatung
BOKU INSIGHT 1/2011 19
Forschung
BOKU goes Bruxelles Delegationsbesuch der BOKU-Forschung
und -Alumni im EU-Hauptquartier, 24.-25.11.2010
Das Programm der Forschungsdelegation be-
gann mit einem Besuch bei Wolfgang Burtscher, stell-
vertretender Generaldirektor der GD Forschung &
Innovation. Burtscher sprach über aktuelle Entwick-
lungen, z. B. die Innovationsunion. Die BOKU-Dele-
gationsteilnehmerInnen nutzen die Gelegenheit, die
besondere Wichtigkeit der europäischen Programme
für die Forschung an der BOKU zu betonen und – im
Lichte der laufenden Diskussionen rund um das FP8
– auf einige Herausforderungen für Projektteilneh-
merInnen hinzuweisen.
Im Anschluss standen bilaterale Gespräche mit
Scientific Officers aus den Bereichen Umwelt und
KBBE (Knowledge Based Bio Economy) sowie ein
Besuch beim European Research Council (ERC) auf
dem Programm. Letzte offizielle Station des Tages
war die Ständige Vertretung Österreichs, wo aktuelle
bildungspolitische Themen diskutiert wurden.
Die Alumni-Delegation, bestehend aus Absolven-
tInnen und Studierenden der BOKU, besuchte u.a.
News aus dem Forschungsservice Networking und noch mehr Service
Univ.Prof. DI Dr. Rudolf Krska mit Dr. Wolfgang Burtscher (stv. GD Forschung & Innovation)
Links:CASEE-Netzwerk www.ica-europe.info/ >Standing
Committees >CASEE
Umwelt http://cordis.europa.eu/fp7/environment/
home_en.html
KBBE http://cordis.europa.eu/fp7/kbbe/home_en.html
Noch mehr Service für BOKU- ForscherInnenSeit Herbst 2010 verstärken Romana Inger und
Alexandra Jesch mit 40 bzw. 20 Stunden den For-
schungsservice (FoS). Die beiden vertreten ihre Kol-
legen Bernhard Koch und Horst Mayr, die derzeit in
Elternteilzeit arbeiten.
Der Schwerpunkt von Romana Inger liegt im
Bereich Projektsupport: „Bei mir sind alle richtig,
die Beratung bei der Einreichung von Drittmittelpro-
jekten oder der Durchführung einer Projektmeldung
benötigen“, erläutert die studierte Ernährungswis-
senschaftlerin. Interessierten ForscherInnen gibt sie
telefonisch, per Mail oder auch bei einem persönli-
chen Gespräch Auskunft, welche Programme für
welches Projekt in Frage kommen, welche Leistun-
gen die einzelnen Förderschienen beinhalten – und
was dabei jeweils zu beachten ist.
Ein ebenso wichtiger Bereich ist die Abwicklung
von Projektmeldungen: „Nach Erhalt der Unterlagen
prüfen wir den Antrag auf formale Kriterien und kont-
rollieren die Kalkulation. Danach geben wir zum Pro-
jekt eine Stellungnahme ab und leiten den Antrag zur
Kontakt:Forschungsservice
Gregor-Mendel-Straße 33
1180 Wien
Mag. Romana Inger+43 1 [email protected]
DI Alexandra Jesch +43 1 [email protected]
einige europäische Institutionen wie Rat und Parla-
ment. Am Abend trafen die beiden Delegationen bei
einem Networking-Event im Haus Niederösterreich
mit BOKU-AbsolventInnen in Brüssel zusammen.
Beim Pressegespräch am 25.11.2010 informier-
ten ForscherInnen, Studierende und AbsolventInnen
die Medien über die dramatische finanzielle Lage der
BOKU. Weiters wurden die Aktivitäten des von der
BOKU ins Leben gerufenen CASEE (Central and
South Eastern Europe)-Netzwerkes mittel- und süd-
osteuropäischer Universitäten vorgestellt.
Im Rahmen dieser Reise konnten zahlreiche
wichtige Kontakte geknüpft werden – um diese weiter
zu vertiefen, ist ein neuerlicher Brüssel-Besuch im
Herbst 2011 geplant.
Text: Elisabeth Denk
Text & Fotos: Clemens Borkenstein
Freigabe an die Universitäts- bzw. Departmentleitung
weiter“, so Inger. Ziel ist es, dafür zu sorgen, dass
kein Projekt von BOKU-ForscherInnen z.B. an For-
malfehlern scheitert oder zu niedrig kalkuliert wurde.
Alexandra Jesch widmet einen Großteil ihrer Ar-
beitszeit dem Forschungsinformationssystem (FIS)
der BOKU. „Dazu gehören die Datenbankbetreuung
und das Einpflegen von Daten, ebenso wie die te-
lefonische Beratung von ForscherInnen bei der Do-
kumentation von Forschungsprojekten“, umreißt die
BOKU-Absolventin, die sich auf ökologische Land-
wirtschaft spezialisiert hat, ihren Aufgabenbereich.
Ergeben sich für ForscherInnen z.B. Fragen beim
Erfassen ihrer Publikationen im FIS, bringt ein An-
ruf bei Alexandra Jesch auf jeden Fall Klarheit. Zu
ihrem Verantwortungsbereich zählt auch die Siche-
rung der Datenqualität im System, wie z.B. die Suche
und Eliminierung von doppelten Datensätzen. An ih-
rer Tätigkeit schätzt sie vor allem die gute Teamar-
beit innerhalb des FIS-Teams – und, so wie auch ihre
Kollegin Romana Inger, den Kontakt zu den BOKU-
ForscherInnen.
Text: Anita Knabl-PlöckingerFotos: R. Ressmann/BOKU
Kontakt:DI Elisabeth Denk
+43 1 47654-1018
BOKU INSIGHT 1/201120
Lehre
Nach vorne schauen Wertschätzung: Tag der Lehre und BOKU Teaching Award 2011
2011 ist das Jahr des Waldes – lesen Sie dazu
den Artikel auf Seite 7. „Bei uns ist immer Jahr des
Waldes“ lautet der Nachsatz der E-Mails von Profes-
sor Karl Stampfer – und damit hat er recht, denn Wald
und Holz gehören zweifelsfrei zu den Kernkompeten-
zen der BOKU, in Forschung und Lehre. Um die Leh-
re, die Studien der BOKU interessierten, potentiellen
StudienanfängerInnen besser näher bringen zu kön-
nen, arbeiten wir intensiv an der Umsetzung der Idee
zur Interaktiven Studieninformation. Bestmögliche In-
formation über die Studien, die Anforderungen, die
nötigen Vorkenntnisse, und die Berufsbilder, das alles
soll ein möglichst realistisches Bild ergeben. Wie die
Umsetzung stattfindet, wie weit das Projekt gediehen
ist, darüber lesen Sie mehr in dieser Ausgabe.
Zusätzlich zu den sonstigen Verpflichtungen
brachten viele unserer Forscher und Forscherinnen
die Zeit auf, um im Rahmen der Lehrveranstaltung
„Forschungspool“ den Studierenden der BOKU ihre
Themenschwerpunkte vorzustellen.
Vor uns liegt der Tag der Lehre, am 11. Mai 2011
und damit die Verleihung des „BOKU Teaching Award
2011“. Die ersten Nominierungen sind bereits am
Zentrum für Lehre eingetroffen. Heuer wird erstmals
zusätzlich der Teaching Award für das Lebenswerk
vergeben. Dieser Tag ist zur Gänze der Lehre gewid-
met und startet mit einer Keynote von Barbara Scho-
ber (Institut für Psychologie, Uni Wien) und setzt mit
Workshops fort, gestaltet von der vorjährigen Preis-
trägerin Ika Darnhofer und von einer bekannten Ex-
pertin für die Didaktik der Naturwissenschaften, der
Chemikerin Christa Könne.
Über die Entstehung von Weiterbildungslehrgän-
gen lesen Sie auf Seite 24. Mit der Entwicklung eini-
ger Programme geht es zügig voran – natürlich un-
ter Berücksichtigung der an der BOKU entwickelten
Qualitätsstandards, die auch die Frage der BOKU-
Relevanz inkludieren.
Die Aktivitäten im Bereich KinderBOKU fokussie-
ren derzeit auf die KinderUni im Sommer – um zahl-
reiche Teilnahme wird gebeten. Alle bisherigen Leh-
renden der KinderUni BOKU bestätigen: Es macht
unglaublich Spaß!
Wie in jeder Ausgabe stellen wir auch diesmal ein
Studium der BOKU vor – ein Studium, das sehr ge-
fragt ist und das derzeit eine Umgestaltung erfährt:
Umwelt- und Bioressourcenmanagement. An der
BOKU arbeiten die FachStukos derzeit intensiv an
der Überarbeitung und teilweisen Neugestaltung der
Studien. An dieser Stelle bedanke ich mich sehr für
die geleistete Arbeit, vor allem die konstruktiven Vor-
schläge und die Zusammenarbeit aller Beteiligten,
die in Zeiten der großen Budgetknappheit ganz be-
sonders wichtig sind.
Das vorliegende BOKU INSIGHT zeigt, dass die
BOKU trotz der finanziellen Situation nicht still ver-
harrt, sondern ihren Weg nach vorne weitergeht,
dank des Engagements der Forschenden/Lehrenden,
der Studierenden und des administrativen Personals,
ohne deren Unterstützung die Umsetzung der vielen
Ideen unmöglich wäre.
Ao.Univ.Prof. Mag. Dr. Barbara Hinterstoisser,Vizerektorin für Lehre und Internationales
Die glücklichen GewinnerInnen des BOKU Teaching Award 2010: Wolfgang Josef Berger, Ika Darnhofer und Michael Ornetzeder (v. l. n. r.) Foto: C.R. Michalek/ZfL
BOKU INSIGHT 1/2011 21
Lehre
Wie können SchülerInnen, die sich für ein Studium an der BOKU interessieren, besser über dessen Anforderungen und -inhalte informiert werden? Die „Interaktive Studienreise“ stellt sich dieser Herausforderung und setzt auf vielfältige Online-Beratung.
Die „Interaktive Studienreise“ ist ein Projekt des
Zentrums für Lehre, das dabei mit unterschiedlichen
PartnerInnen an der BOKU kooperiert. Um eine im-
mer verfügbare und interaktive Beratung bei der
Studienwahl für SchülerInnen zielgruppengerecht
aufzubereiten, ist diese in die 2010 neu konzipier-
ten BOKU4YOU-Homepage eingebettet. Alles was
StudienwerberInnen über die BOKU und ihre Studi-
enrichtungen erfahren können wird an dieser Stelle
gebündelt.
Über verschiedene Tools werden Studienintere-
ssierte eingeladen, sich mit dem von ihnen angestreb-
ten Studium auseinandersetzen. Der Schwerpunkt
des Projektes liegt dabei klar in der Aufbereitung au-
thentischer Information. SchülerInnen sollen heraus-
finden können, ob die Inhalte einer Studienrichtung
an der BOKU ihrem Wunschstudium entsprechen.
Neugierige BesucherInnen der BOKU4YOU-Home-
page können ihre Mathematik-, Physik- und Chemie-
kenntnisse überprüfen, einen virtuellen Rundgang
durch die BOKU machen, sich über Facebook mit
Gleichgesinnten vernetzen, Fragen stellen und Kom-
mentare posten.
In der dazugehörigen Lehrveranstaltungsreihe „In-
teraktive Studienreise“ erarbeiten bereits Studierende
innovative Beratungskonzepte zu den einzelnen Stu-
dienrichtungen. Sie steuern den Einblick in die realen
Studienbedingungen bei. Die beteiligten BOKU-Leh-
renden garantieren die fachliche Richtigkeit und die
ebenfalls eingeladenen AHS- bzw. BHS-LehrerInnen
die Nähe zur Zielgruppe. Im Sommersemester 2011
haben Studierende der Kulturtechnik und Wasser-
wirtschaft und der Holz- und Naturfasertechnologie
bereits sehr motiviert begonnen. Im Winter 2011/12
folgen Studierende der Landschaftsplaunung und
-architektur, Lebensmittel- und Biotechnologie so-
wie des Umwelt- und Bioressourcenmanagements.
Für Sommer 2012 ist der Abschluss dieser Reihe mit
Agrarwissenschaften, Forstwirtschaft und Weinbar,
Önologie und Weinwirtschaft geplant. Ihre Konzep-
te werden die studienspezifische Beratung auf der
Homepage laufend verfeinern und ergänzen.
Mit aussagekräftigen Fotos lassen sich Botschaf-
ten und Inhalte rasch transportieren. Sie beeinflus-
sen die Bilder im Kopf und die damit verbundenen
Assoziationen. Durch den aktuell laufenden Foto-
und Videowettbewerb „Und wo studierst du?“ kann
hoffentlich eine Menge interessantes Material ge-
sammelt werden, um StudienwerberInnen auch auf
visuellem Wege zu erreichen. Die eingereichten Bei-
träge werden Ende Mai prämiert.
MaturantInnen bzw. SchülerInnen, die am Beginn
ihres persönlichen Entscheidungsprozesses – ob sie
sich für ein Bachelorstudium an der BOKU entschei-
den sollen – stehen, wird voraussichtlich ab Septem-
ber 2011 ein Self-Assessment zur Verfügung ste-
hen. Konzeptioniert ist ein zweiteiliger Online-Test,
der grundsätzliche Themen der BOKU, wie z.B. das
Drei-Säulen-Modell sowie studienspezifische Cha-
rakteristika behandelt. StudienwerberInnen erhalten
damit ein weiteres Instrument, sich intensiv mit der
BOKU, ihren Studienrichtungen sowie eigenen Inte-
ressen und Fähigkeiten auseinanderzusetzen. Au-
ßerdem wird es die zur Voranmeldung erforderliche
Beratung erfüllen, denn auch dieser Teil der „Inter-
aktiven Studienreise“ versteht sich als Beratungstool,
das hilft die Eigenreflexion der Studieninteressierten
zu verstärken.
Text: Daniela Fuchs
Kontakt:DI Hannelore Schopfhauser
Zentrum für Lehre
Gregor-Mendel-Straße 33
1180 Wien
+43 1 47654-1051
hannelore.schopfhauser@
boku.ac.at
Link:BOKU4YOU www.boku4you.at
Nach der Schule gut informiert an die BOKU
Ein virtueller Rundgang eröffnet ungewohnte Perspektiven auf die BOKU.Foto: ZID/BOKU
Fenster zur Außenwelt: Eine zeitgemäße Homepage mit interaktiven Inhalten
Interaktive Studienreise
BOKU INSIGHT 1/201122
BOKU ForschungspoolIn dieser Lehrveranstaltung präsentierten BO-
KU-Lehrende und -Forschende ihre aktuellen For-
schungsthemen für Studierende – oftmals gefolgt
von reger Diskussion. Intention war es, Studierende
für aktuelle Forschungsarbeiten an der BOKU zu be-
geistern. Dabei sollte ein Bewusstsein geschaffen
werden, warum und wofür bestimmte Fähigkeiten
während der Studienzeit angeeignet werden sollen.
Ein weiteres Ziel war die Vernetzung von Studieren-
den und Forschenden.
In sieben Einheiten gaben mehr als 30 Forschen-
de verschiedener Institute Einblick in ihre Tätigkeiten.
Die präsentierten Themen waren bunt gemischt und
reichten von „maskierten Mykotoxinen“ bis hin zur
„Bewertung von Naturgefahren in ausgewählten Ge-
birgsregionen Zentralasiens“.
An manchen Universitäten gehört der regelmä-
ßige Einblick in aktuelle Forschungsarbeit zum fixen
Programm. Das Referat für Bildung und Politik der
ÖH-BOKU hat diese Idee aufgegriffen und somit den
Anstoß zum Forschungspool gegeben. Der Kontakt
zu den Lehrenden und Forschenden sowie Termin-
planung und Bewerbung oblagen den ÖH-Mitarbei-
terInnen. Eveline Christof vom Zentrum für Lehre
übernahm die Leitung und Koordination der Lehrver-
anstaltung.
Der BOKU Forschungspool war eine Bereiche-
rung für Studierende und Lehrende, was nicht zuletzt
an den vielen BesucherInnen zu bemerken war, die
bis zu später Stunde zahlreich den Ausführungen der
Forschenden lauschten. Aufgrund des Erfolgs und
der vielen positiven Rückmeldungen wird der For-
schungspool eventuell bald wiederholt.
Text: Birgit Gradinger
Projekte mit Studierenden Wiederbelebung des Humboldt’schen Prinzips: Einheit von Forschung und Lehre
Lehre
Weitere Informationen:Summer University Vienna:
www.summer-university.com
Highlights der Ergebnisse vom Arbeitsmarkt:Im Wirtschaftsbereich sind GeneralistInnen ge-•
fragt: Flexibilität enorm wichtig, Auseinanderset-
zung mit breitgefächerten Themenbereichen
Im naturwissenschaftlichen Bereich sind Spezia-•
listInnen gefragt: Fähigkeit, sich in sehr spezielle
Themenbereiche einzuarbeiten
Internationalität unerlässlich•
Mangelnde Kenntnisse der AW- AbsolventInnen im •
Bereich Wirtschaft
Berufsfelder der AW-AbsolventInnen sollten •
besser aufgezeigt und höher positioniert werden
Text: Eveline Christof
BOKU-Lehrende präsentieren ihre Forschungsergebnisse
Agrarwissenschaften: Studierende, Lehrende und PraktikerInnen gestalten zukunftsfähige Studien
Foto: OeAD Wohnraumverwaltungs GmbH
Summer University ViennaIm Rahmen der Green. Building. Solutions.
vermitteln sechs österreichische Universitäten,
das AIT und die IG Passivhaus in interdiszi-
plinärer Arbeitsweise neueste Erkenntnisse
zum Thema nachhaltiges Bauen und Planen.
Exkursionen zu Best-Practice-Beispielen und
ein kulturelles Rahmenprogramm runden das
dreiwöchige Lehrangebot ab, das für Studie-
rende auf Masterlevel zugeschnitten ist. Die
Summer University findet von 24. Juli bis 14.
August in Wien statt.
Studien eingeladen wurden. Der Projektbericht wird
der Fachstudienkommission AW zur Verfügung gestellt.
Agrarwissenschaften (AW) – ein zukunftsfähiges Studienangebot gestalten
Im Wintersemester 2010/2011 kam durch die Initi-
ative von Studierenden aus dem Fachbereich Agrar-
wissenschaften eine Kooperation des Zentrums für
Lehre und dem Büro des Senats zu einer Erhebung
des Ist-Standes der Studien im diesem Fachbereich
zustande. An der BOKU sollen in allen Studienberei-
chen Mustercurricula umgesetzt werden. Nun stellt
sich die Frage, in welche Richtung die Studienplä-
ne im Bereich der Agrarwissenschaften überarbei-
tet bzw. verändert werden sollen. Das Rektorat un-
terstützte das Projekt durch die Bereitstellung einer
zweistündigen Lehrveranstaltung.
Ziel dieser Projektlehrveranstaltung, die durch
einen externen Regionalberater geleitet wurde, war
eine Evaluation der bestehenden Studiengänge –
aus Sicht der Studierenden, Lehrenden, Absolven-
tInnen und potenziellen ArbeitgeberInnen. Gefragt
wurde nach Aktualität, bzw. Relevanz der Inhalte,
Studierbarkeit und Struktur der Studien, sowie nach
der Einschätzung von zukünftigen Berufschancen.
Diese Ergebnisse sollten in ein Konzept zur Überar-
beitung der Studienpläne einfließen.
Drei Gruppen an Studierenden widmeten sich
diesen Fragen mit verschiedenen Methoden, einer
Sekundäranalyse bereits bestehender Studierenden-
erhebungen über Agrarwisschenschaften-Studien,
ExpertInneninterviews mit AbsolventInnen bzw. po-
tenziellen ArbeitgeberInnen und einem Round Table,
zu dem alle Lehrenden und Studierenden der AW-
BOKU INSIGHT 1/2011 23
Kontakt:DI Hannelore Schopfhauser
Zentrum für Lehre
Gregor-Mendel-Straße 33
1180 Wien
+43 1 47654-1051
hannelore.schopfhauser@
boku.ac.at
Links:BOKU Teaching Award
www.boku.ac.at/teachingaward.
html
Tag der Lehre
www.boku.ac.at/tag-der-
lehre-2011.html
Sichtbare Qualität in der Hochschullehre Tag der Lehre, BOKU Teaching Award 2011 und Auszeichnung des „Lehr-Lebenswerks“
Am 11. Mai wird im Rahmen des Tages der Lehre an der BOKU der zweite BOKU Teaching Award verliehen, der mit insgesamt 6.000 Euro dotiert ist. Erstmals gibt es auch einen Preis für das „BOKU-Lehr-Lebenswerk“.
Der Bologna-Prozess bewirkte in den letzten Jah-
ren nicht nur curriculare Umstellungen an den Uni-
versitäten, sondern er brachte auch für die Hoch-
schullehre Akzentverschiebungen mit sich, die ein
Spannungsfeld zwischen „ausgezeichneter For-
schung“ und „Studierendenzentrierung in der Lehre“
erzeugen. Die Qualität von Hochschullehre ist dabei
vermehrt in den Fokus des öffentlichen Interesses
gerückt. Aber was meint gute, qualitätsvolle Lehre an
einer Universität?
Eine eindeutige Definition der Qualität guter Hoch-
schullehre ist nicht möglich. Es kann keine interes-
senunabhängige Qualitätsdefinition geben; das er-
reichbare Optimum im Qualitätsdiskurs besteht darin,
so klar und präzise wie möglich zu definieren, welche
Kriterien angewendet werden, um Qualität in einer
bestimmten Hinsicht zu beurteilen und welche unter-
schiedlichen Sichtweisen dabei zum Zug kommen.
Mit der Vergabe von Lehrpreisen wird auch eine
erhöhte Sichtbarkeit der Hochschullehre angestrebt.
Zum einen geht es darum die Lehre, die an einer
Universität geleistet wird, sichtbar zu machen. Zum
anderen soll dies zum Dialog über Lehre beitragen,
deren Qualität verbessern und zugleich Lehrkompe-
tenzen belegen. So zielt auch der BOKU Teaching
Award auf den Dialog nach außen, honoriert Lehr-
anstrengungen und ist, zumindest für die Preisträ-
gerInnen, ein Kompetenznachweis. Darüber hinaus
bildet ein Lehrpreis nicht nur herausragende, von
ihren StifterInnen definierte Qualität ab, sondern er-
zeugt Sinnhorizonte für Qualitätserwägungen. Damit
werden Maßstäbe gesetzt und eine Richtung vorge-
geben, in die sich die Lehre im Zeichen von Qualität
entwickeln soll.
Der Vergabe des BOKU Teaching Award liegen
feste Kriterien zugrunde. Sie werden je nach Ein-
reichung – es gibt spezielle Vorgaben für Lehrende
bzw. Studierende – gewichtet: Fachliche und didak-
tische Qualität der Lehre, innovative Lehrmethoden
und -materialien, Qualitätssicherung, Reflexion der
Lernprozesse, Motivation der Studierenden, Lear-
ning-Outcome-Orientierung, Wissenstransfer, so-
wie Praxisbezug und Interdisziplinarität. Eine Jury
– zusammengesetzt aus Mitgliedern des Senats,
Rektorats, Studierenden und Hochschuldidaktikex-
pertInnen – bewertet die Einreichungen. Zehn Nomi-
nierungen werden am Tag der Lehre vorgestellt und
drei Preise an die besten Lehrenden vergeben. Das
Rektorat der BOKU stellt dafür insgesamt 6.000 Euro
Preisgeld zur Verfügung.
In diesem Jahr wird auch zum ersten Mal ein Eh-
renpreis für das „BOKU-Lehr-Lebenswerk“ auf Vor-
schlag des Rektorats verliehen.
2. Tag der Lehre an der BOKU Am 11. Mai 2011 findet an der BOKU bereits der
zweite Tag der Lehre zum Thema „Aktives Studie-
ren – Kompetenzen aufbauen“ statt. Das Programm
umfasst Vorträge und Workshops zu den Themen
Motivation, selbstreguliertes Lernen und Kompetenz-
aufbau. Was gesellschaftliche Veränderungen für
Lernen und Lehren bedeuten wird ebenso beleuchtet
wie neue Lehr- und Lernformen. Weiters steht eine
interaktive ExpertInnendiskussion zum Thema „Qua-
litätssteigerung in Sparzeiten? Wie ist es möglich,
trotz sinkendem Uni-Budget die Zahl der Absolven-
tInnen zu erhöhen und die Qualität in der Lehre zu
steigern?“ am Programm, in welcher Personen der
BOKU und externe BildungsexpertInnen vertreten
sind. Danach werden die diesjährigen Nominierun-
gen für den BOKU Teaching Award vorgestellt und
die Preise durch den Vertreter des Bundesministers
Karlheinz Töchterle, Ministerialrat Thomas Weld-
schek, vergeben.
Text: Eveline Christof
Lehre
ZEIT UND ORT DER VERANSTALTUNG:11.05.2011, ab 09:30 Uhr
Festsaal der Universität für Bodenkultur WienGregor-Mendel-Straße 331180 Wien3. Stock
Begrenzte TeilnehmerInnenzahl, Anmeldung bis zum 29.4.2011 erforderlich.E-Mail: [email protected]
IMPRESSUM:Veranstalter: Rektorat der Universität für Bodenkultur WienOrganisation: Zentrum für LehreGregor-Mendel-Straße 33, 1180 Wien
TAG DER LEHRE AN DER BOKUVERLEIHUNG 2. BOKU TEACHING AWARD11.05.2011
EINLADUNG ZUM
Vielfalt des Lehrens und Lernens an der BOKU
BOKU INSIGHT 1/201124
Lehre
Wie ein Universitätslehrgang entsteht Am Beispiel „Ländliches Liegenschaftsmanagement (LLM)“
Wie ein Universitätslehrgang an der BOKU ins Leben gerufen werden kann und was dazu alles nötig ist – von der Motivation, den Rahmenbedingungen, der Zusammensetzung des Teams bis zur Umsetzung – beschreibt Reinfried Mansberger aus seiner persönli-chen Erfahrung.
Am Anfang war die E-Mail In einer E-Mail vom 6.6.2010 fragte mich Rektor
Gerzabek, ob ich mir vorstellen könnte, an der BOKU
einen – von den Land&Forst Betrieben Österreichs
schon mehrmals nachgefragten – Weiterbildungskurs
zum Thema „Real Estate Management“ (Arbeitstitel)
gemeinsam mit KollegInnen von der BOKU und aus
der Praxis auf die Beine zu stellen. Rektor Gerzabek
erinnerte sich an ein gemeinsames Gespräch an der
BOKU mit VertreterInnen der Wirtschaftsuniversität
Moskau, in dem ich mit einer Gruppe von BOKU-
SpezialistInnen eine mögliche Unterstützung bei der
Einrichtung eines solchen Lehrganges in der russi-
schen Hauptstadt diskutierte. Das Projekt wurde von
russischer Seite aus Kapazitätsgründen auf Eis ge-
legt, aber ich war damit für die Universitätsleitung ein
Ansprechpartner für das Thema.
Die Motivation Die Antwort auf die Anfrage des Rektors habe ich
mir nicht leicht gemacht. Das Thema selbst, eine Bot-
tom-up Curriculum-Entwicklung sowie die Möglich-
keit einer Zusammenarbeit mit anderen BOKU-De-
partments, der land- und forstwirtschaftlichen Praxis
und anderen facheinschlägigen Bildungseinrichtun-
gen waren die Motivationspunkte. Hemmend war vor
allem der mit der Einrichtung eines solchen Kurses
notwendige Zeitaufwand. Das endgültige „Ja“ erfolgte
nach mehreren Gesprächen mit Michael Bubna-Litic
von den Land&Forst Betrieben Österreichs und mit
Christina Paulus vom Zentrum für Lehre. In diesen
Treffen skizzierten wir die Zielgruppen, die fachliche
Ausrichtung, die administrativen Rahmenbedingun-
gen und das Grobkonzept.
Der Rahmen Die Zielgruppe für den Universitätslehrgang
(ULG) „Ländliches Liegenschaftsmanagement“ sind
LandbesitzerInnen und LandverwalterInnen, aber
auch führende Angestellte öffentlicher Institutionen
mit Bezug zum ländlichen Liegenschaftsmanage-
ment ebenso wie Führungskräfte und FachexpertIn-
nen von größeren Konzernen mit Bezug zum Liegen-
schaftsmanagement.
Der Kurs ist als ULG der Kategorie II (lt. BOKU-
Richtlinie zur universitären Weiterbildung) mit einem
Ausbildungsumfang von 60 ECTS und einer Dauer
von zwei Jahren geplant. Die Präsenzphasen des
nach dem Blended-Learning-Konzept auszurichten-
den Kurses sind in Blöcken zwischen drei und fünf
Tagen vorgesehen.
Der ULG „Ländliches Liegenschaftsmanagement“
soll den AbsolventInnen ein erweitertes und vertief-
tes Verständnis sowie die Kompetenz in den vier
Hauptaktivitäten des Managements von „Grund und
Boden“ vermitteln: Verwalten & Dokumentieren, Nut-
zen & Bewirtschaften, Beurteilen & Bewerten sowie
Gestalten & Entwickeln.
Text: Reinfried Mansberger
Lößterassen eignen sich besonders für den WeinbauFoto: BMLFUW
Das TeamZur Abdeckung des breiten fachlichen Spekt-
rums der Lehr- und Lerninhalte (unter Berück-
sichtigung des BOKU-3-Säulenmodells) und
zur Einbeziehung der beruflichen Praxis sind
mit mir derzeit folgende Personen in die Curri-
culum-Entwicklung des „ULG LLM“ involviert:
Ing. Michael Bubna-Litic (Land&Forst Betriebe
Österreich), Ass.Prof. Dr. Otto Eckmüllner,
Ao.Univ.Prof. Dr. Helmut Gatterbauer, Rektor
Univ.Prof. Dr. Martin Gerzabek, Ao.Univ.Prof.
Dr. Eduard Hochbichler, Univ.Prof. Dr. Jochen
Kantelhardt, DI Felix Montecucolli (Land&Forst
Betriebe Österreich), Mag. Christina Paulus,
DDr. M. Peyerl, Univ.Prof. Dr. Erwin Schmid,
Ass. Prof. Dr. Walter Seher, Ao.Univ.Prof. Dr.
Werner Sekot, Ao.Univ.Prof. Dr. Karl Stampfer,
Ao.Univ.Prof. Dr. Herbert Weingartmann, DI Dr.
Gerhard Weiß und Ao.Univ.Prof. Dr. Hans Karl
Wytrzens. Die Erweiterung des ExpertInnen-
kreises ist angedacht.
Ass.Prof. DI Dr. Reinfried Mansberger machte sich die Entscheidung für einen ULG nicht leicht: Trotz der Unterstützung durch das Zentrum für Lehre bedeutet das viel Engagement seitens des Wissenschaftlers
BOKU INSIGHT 1/2011 25
Lehre
Link:Richtlinie zur universitären
Weiterbildung an der BOKU
www.boku.ac.at/2127.html
Umsetzung I:Gestaltung eines Vorkonzepts mit Finanzierungs-•
plan
Einrichtung einer Arbeitsgruppe zur Curriculum-•
Gestaltung
Festlegung der Zielgruppe•
Festlegung von potentiellen Arbeits- und Kompe-•
tenzbereichen der Zielgruppe
Definition von Learning Outcomes•
Umsetzung II: Bis zur endgültigen Implementierung des ULG
„Ländliches Liegenschaftsmanagement“ ist es noch
ein weiter Weg:
Verfeinerung der Learning Outcomes•
Bedarfs- und Akzeptanzanalyse auf Basis qualita-•
tiver Interviews
Einbindung strategischer PartnerInnen (Gebiets-•
körperschaften, Kammern, Berufsverbände, land-
und forstwirtschaftliche Ausbildungsstätten, etc.)
Fixierung der Grobstruktur des Kurses•
Ausarbeitung von Lehr- und Lehrinhalten•
Abbildung der Lehr- und Lerninhalte in Lehrmodu-•
le/ Lehrveranstaltungen (inkl. Festlegung der Lehr-
und Lehrmethoden)
Akquisition von Lehrenden•
Vorbereiten von Kursunterlagen•
Bewerbung des Kurses•
Fixierung des detaillierten zeitlichen Ablaufes des •
Kurses
Beratung und Aufnahmegespräche•
Administrative und organisatorische Vorbereitung •
der Kurseinheiten
Aus der Weiterbildungsricht- linie des Senats:
Universitäre Weiterbildung an der BOKU umfasst
- berufliche bzw. berufsbezogene
Weiterbildung sowie
- gesellschaftsrelevante Weiterbildung,
wobei das Weiterbildungsangebot dem fach-
lichen und didaktischen Niveau der Universität
entspricht.
Universitäre Weiterbildung an der BOKU wird in verschiedenen Veranstaltungstypen vermittelt:Kategorie 1: Universitätslehrgänge mit mindes-
tens 90 ECTS und mit Abschlussbezeichnung
„Master of .....“, z.B. Master of Business Adminis-
tration (Regional Management)
Kategorie 2: Universitätslehrgänge mit mindes-
tens 60 ECTS und Abschlussbezeichnung
„Akademische/r .....“ mit einem die Inhalte des je-
weiligen Universitätslehrganges charakterisieren-
den Zusatz, z.B. Akademische/r KonsulentIn für
Naturschutz- und Kulturlandschaftsmanagement
Kategorie 3: Universitätslehrgänge mit weniger
als 60 ECTS (Seminare, Sommerakademien
etc.), Curriculum, Prüfungsordnung und Leis-
tungsnachweis
Kategorie 4: Universitätskurse (Seminare,
Sommerakademien etc.) mit Teilnahmezertifikat
ohne Leistungsnachweis
Österreichische Kulturlandschaft: Die Verwaltung ländlicher Liegenschaften im Dschungel der (Landes-) Gesetzgebung ist keine triviale Aufgabe. Wie sie gelöst werden kann, vermittelt der neue ULG. Foto: Ferry Ofner
Kontakt:Mag. Christina Paulus
Zentrum für Lehre
Weiterbildung
Gregor-Mendel-Straße 33
1180 Wien
+43 1 47654-1038
Ass.Prof. DI Dr.
Reinfried Mansberger
Department für Raum,
Landschaft und Infrastruktur
Institut für Vermessung, Ferner-
kundung und Landinformation
Peter-Jordan-Straße 82
1190 Wien
+43 1 47654-5115
BOKU INSIGHT 1/201126
BOKU-Studien Bachelorstudium Umwelt- und Bioressourcenmanagement
Das Bachelorstudium der BOKU mit den meisten Studierenden trifft offenbar auf einen starken Bedarf unserer Zeit, Wirtschafts-entwicklungen von einer betont nachhaltigen Seite zu betrachten. Die zahlreichen ingenieur- und naturwissenschaftlichen Fächer versetzen die AbsolventInnen – der im Dreisäulenmodell veran-kerten Grundidee aller BOKU-Studien entsprechend – in die Lage, zwischen Disziplinen zu vermitteln.
Was die AbsolventInnen können Durch das Studium „Umwelt- und Bioressourcen-
management“ erlangen Studierende Fachwissen,
das es ihnen ermöglicht, die Prinzipien der nach-
haltigen Entwicklung auf unser wirtschaftliches und
gesellschaftliches Handeln anzuwenden. So soll ein
bewusster Umgang mit den natürlichen Ressourcen
garantiert werden. Dazu erwerben UBRM-Studie-
rende während ihres Studiums jene Kompetenzen,
die zur Lösung komplexer Problemstellungen im
Spannungsfeld zwischen natürlichen Systemen und
menschlichen Handlungsweisen notwendig sind.
Angeboten wird ein Überblick über Disziplinen,
die zur Entwicklung einer zukunftsfähigen, nachhal-
tigen Gesellschaft notwendig sind. Neben umfang-
reichem Wissen über verschiedene umweltrelevante
Themengebiete zeichnen sich die AbsolventInnen
durch vernetztes Denkvermögen, Projektmanage-
mentkompetenzen und Teamfähigkeit aus – wichtige
Voraussetzungen für die Problemlösungskompetenz
im Bereich Umwelt- und Bioressourcenmanagement.
Die Summe dieser Qualifikationen macht sie somit
zu zentralen, koordinierenden Bestandteilen interdis-
ziplinärer Teams und zu bedeutenden Ansprechpart-
nerInnen für SpezialistInnen verschiedener Diszipli-
nen. Eine hoch spezialisierte Gesellschaft braucht
Menschen, die den Überblick über jene Disziplinen
haben, welche zur Entwicklung einer zukunftsfähi-
gen, nachhaltigen Gesellschaft benötigt werden.
Studieninhalte Die wirtschaftlichen, rechtlichen und sozialwis-
senschaftlichen Grundlagen werden mit naturwissen-
schaftlichen und technischen Inhalten vervollständigt,
um ein besseres Verständnis für Abhängigkeiten und
Wechselwirkungen zwischen Mensch, Technik und
Umwelt zu erlangen. Dies bedeutet, dass sich Stu-
dierende vom ersten Semester an mit verschiedenen
Fachdisziplinen auseinandersetzen, wobei die Viel-
seitigkeit der Fächer bis zum Ende des Studiums bei-
behalten wird. Ein wichtiger Unterschied zu anderen
BOKU-Studien liegt am erweiterten Umfang an wirt-
schafts- und sozialwissenschaftlichen Fächern.
Das Bachelorstudium konzentriert sich nicht nur
auf einzelne Ressourcen, sondern bietet einen Quer-
schnitt über die wichtigsten disziplinären Grundlagen.
Fachliche Spezialisierungen werden in Form von frei-
en Wahlfächern und über das aufbauende Master-
studium erreicht.
Angeführt sind einige Beispiele an Lehrveranstal-
tungen, um die Vielfalt und Interdisziplinarität des
Studiums „Umwelt- und Bioressourcenmanagement“
zu verdeutlichen:
•NaturwissenschaftlicheGrundlagen:
Mathematik, Chemie, Physik, Ökologie, Standort-
kunde, Abfallwirtschaft, u. a.
• Wirtschafts- und sozialwissenschaftlicher Grund-
lagen: Betriebswirtschaftslehre, Volkswirtschafts-
lehre, Rechnungswesen, Ressourcen- und Um-
weltökonomik, Ressourcenmärkte, Umweltrecht,
Umweltpolitik, Umweltsoziologie, Umweltethik, u. a.
• MethodischeGrundlagenundWerkzeuge:Statis-
tik, Datenstrukturierung, Geoinformationssysteme,
Projektmanagement, u. a.
PraxiserfahrungAuch der Studienplan für Umwelt- und Biores-
sourcenmanagement schreibt – wie in anderen BO-
KU-Bachelorstudien – ein verpflichtendes Praktikum
in einem Unternehmen im Ausmaß von vier Wochen
vor. Damit können die Studierenden bereits während
ihres Studiums dessen praktische Anwendung ken-
nenlernen, dabei Schwerpunkte in ihren Interessen
erkennen und frühzeitig Kontakte zu potenziellen Ar-
beitgeberInnen knüpfen.
Text: Hannelore Schopfhauser
Fotos: © Lebensministerium
Lehre
BOKU INSIGHT 1/2011 27
Bachelor in UBRM – was nun? Das Bachelorstudium Umwelt- und Bioressour-
cenmanagement schließt mit dem akademischen
Grad Bakkalaureus bzw. Bakkalaurea der techni-
schen Wissenschaften (abgekürzt Bakk. techn.) ab.
Damit bieten sich den AbsolventInnen unterschiedli-
che Möglichkeiten, die sich durch individuelle Fortbil-
dung noch erweitern lassen.
Weiterführendes Masterstudium Für vertiefende Einblicke in ihre persönlichen In-
teressen und entsprechende fachliche Spezialisie-
rung nach Abschluss des Bachelorstudiums bietet
die BOKU das Masterstudium Umwelt- und Biores-
sourcenmanagement an, das mit dem akademischen
Grad Diplomingenieur bzw. Diplomingenieurin ab-
schließt.
Jobaussichten Eine hoch spezialisierte Gesellschaft braucht Ex-
pertInnen, die interdisziplinäre Kompetenzen im Ma-
nagement von Umwelt- und Bioressourcen haben
und diese in den verschiedenen Tätigkeitsfeldern
verantwortungsvoll einbringen.
Die breite Fächerung des Studiums eröffnet den
AbsolventInnen eine Vielzahl an Tätigkeitsfeldern. Im
Dienstleistungsbereich können sie in der Beratung
Lehre
(Consulting) ebenso tätig werden wie im Qualitäts-
management und finden Aufgaben in der Entwick-
lungszusammenarbeit oder als Umweltbeauftragte
in Unternehmen. Das Studium befähigt sie auch zur
Erstellung von Umwelt- und Nachhaltigkeitsberichten
wie zur Tätigkeit im Bereich der Normung und Zerti-
fizierung.
Im öffentlichen Sektor finden die UBRM-Absol-
ventInnen Aufgaben in der Verwaltung, von der In-
frastrukturplanung bis zur Umweltpädagogik sowie
allgemein im Bereich des Natur- und Umweltschut-
zes. Aber auch Tätigkeiten in der Finanzdienstleis-
tung oder in der Forschung stehen ihnen offen. Ne-
ben nationalen regierungsnahen Institutionen und
Einrichtungen der lokalen Verwaltung sind sie auch
gut für Karrieren in internationalen Organisationen
oder Nicht-Regierungs-Organisationen (NGOs) vor-
bereitet.
Wer eine selbstständige Tätigkeit anstrebt, kann als
Sachverständige/r in der Umweltberatung, Mediation
und verwandten Feldern ihren oder seinen Platz finden.
In der gewerblichen Wirtschaft eröffnen sich den
AbsolventInnen Möglichkeiten in der Abwasser- und
Abfallwirtschaft ebenso wie in der Energiewirtschaft
aber auch in der Land- und Forstwirtschaft.
Links:Österreichische Hochschüle-
rInnenschaft an der BOKU (ÖH
BOKU)
http://oeh.boku.ac.at
Alumni (AbsolventInnenverband
der BOKU)
http://alumni.boku.ac.at
Beratung:MaturantInnenberatung:
Boku4You
+43 1 47654-2608
www.boku.ac.at/boku4you
Beratung für den Einstieg:
Studienvertretung (StV) ÖH
+43 1 47654-2005
www.oehboku.at/index.php?id=21
Programmbegleiter:
DI Bernhard Henning
Department für Wirtschafts- und
Sozialwissenschaften
+43 1 47654-4422
Vorsitzender der Fachstuko:
Univ.Prof. DI Dr. Erwin Schmid
Department für Wirtschafts- und
Sozialwissenschaften
Institut für Nachhaltige
Wirtschaftsentwicklung
Feistmantelstraße 4
1180 Wien
+43 1 47654-3653
Facts & Figures Wintersemester 2010/11
(Frauenanteil in Klammer)
StudienanfängerInnen:
408 (53,9 %)
Studierende gesamt:
1.564 (47,6 %)
AbsolventInnen (bisher):
472 (49,8 %)
Im Bachelorstudium UBRM erhalten die Studierenden auch Einblick in die Holzindustrie und -wirtschaft.
Die Betätigungsfelder für UBRM-AbsolventInnen sind vielfältig (im Bild: Innsbrucker Kommunalbetriebe).
BOKU INSIGHT 1/201128
Kostbare Ressource oder Armutsfalle Wälder in Entwicklungsländern
In Entwicklungsländern ist der Wald oft Grundlage des Über-lebens. Er ist eng mit ländlicher Armut verknüpft, bietet aber auch Auswege.
Wald und menschliches Wirtschaften waren über
Jahrtausende hinweg eng verflochten – die Beziehung
war allerdings nicht immer eine „freundschaftliche“:
Wald war eine Flächenreserve für die temporäre oder
dauernde Umwandlung in landwirtschaftliche Flächen.
Zwischen 1700 und 1980 haben sich landwirtschaft-
liche Flächen global mehr als vervierfacht, während
die Waldfläche um etwa ein Fünftel abgenommen hat.
Wald lieferte und liefert notwendige Nährstoffe für die
landwirtschaftliche Produktion. Ohne Nährstofftrans-
fers aus dem Wald in landwirtschaftliche Systeme
durch Streunutzung, Waldweide und Schneitelung sind
in vielen, vorwiegend armen Regionen keine ausrei-
chenden Ernten möglich.
Während sich in entwickelten Ländern landwirt-
schaftliche Nutzungen von Wald im Rahmen der wirt-
schaftlichen Entwicklung entkoppelt haben, ist Wald in
vielen Regionen von Entwicklungsländern nach wie vor
eine Grundlage des Überlebens. Die Weltbank schätzt,
dass etwa 1,6 Milliarden Menschen in verschiedenem
Ausmaß von Wald abhängen (Weltbank 2004). Ein-
kommen, das aus Wald in armen, ländlichen Regionen
gewonnen wird, hat verschiedene Funktionen (Vedeld
et al. 2007): (1) die „Sicherheitsnetz- Funktion“ die
es WaldnutzerInnen erlaubt, kurzfristige Engpässe in
Einkommen, verfügbaren Geldmitteln oder auch Nah-
rungsmitteln zu überwinden, (2) eine „Unterstützungs-
funktion“, die es ermöglicht, das derzeitige Einkommen
zu erhalten und nicht tiefer in Armut zu fallen und (3)
„Pfade aus der Armut“, bei denen es durch Verkauf
von Waldproduktion gelingt, Armut nachhaltig zu über-
winden.
Wald ist nicht nur eine wichtige Ressource für von
ländlicher Armut Betroffene. Ländliche Armut und das
Vorkommen von Wald sind eng aneinander gebunden.
Was bislang anekdotisch diskutiert wurde, erhält zu-
nehmend quantitative Unterstützung: Die Gebiete, in
denen sich größere und relativ naturnahe Wälder fin-
den, sind jene, in denen hohe Raten von Armut zu ver-
zeichnen sind (Sunderlin et al. 2008). In abgelegenen
Gebieten ist chronische Armut besonders groß, solche
Gebiete werden oft als „Armutsfallen“ bezeichnet. Wa-
rum aber sind Wald und Armut in Entwicklungsländern
so stark korreliert?
Günstige Lagen, die gut geeignet sind für Landwirt-
schaft und eine gute Anbindung an Zentren und Märk-
te haben, wurden zuerst gerodet. Menschen, die in den
„übriggebliebenen“ Gebieten leben, haben schlechte-
re Einkommensmöglichkeiten und damit ebenso wie
aufgrund der Abgelegenheit eine schlechtere Teilhabe
an politischen Prozessen. Verstärkt wird dieser Trend
durch die Besitzverhältnisse in diesen verbliebenen
Wäldern: Während für landwirtschaftliche Flächen die
Besitzrechte für LandnutzerInnen stärker sind, gehö-
ren die Wälder in Entwicklungsländern meist den Re-
gierungen (White und Martin 2002). Das macht es für
die lokalen LandnutzerInnen schwieriger, konstantes
Einkommen aus dem Wald zu beziehen.
Eher zögerlich geben die Regierungen hier ihre
alleinige Verfügungsgewalt auf und ermöglichen Ge-
meinschaftswaldbewirtschaftung oder individuelle Be-
sitzrechte. Neue Bedeutung haben die abgelegenen
Wälder durch meist globale Anliegen der Biodiversi-
tätserhaltung bekommen. Oft bringt der gutgemeinte
Schutz des Waldes zusätzliche Beschränkungen im
Zugang zu Ressourcen für die chronisch arme Bevölke-
rung solcher Gebiete. Eine weitere, aktuelle Herausfor-
derung sind Anliegen zur Erhaltung bzw. Verbesserung
der Senkenfunktion solcher Wälder für Kohlenstoff. Die
Einbindung der lokalen Bevölkerung in Planung und
Partizipation am konkreten Nutzen bei derartigen Vor-
haben sind Grundvoraussetzungen für Akzeptanz und
damit auch längerfristigen Erfolg.
Wo sind nun Ansatzpunkte für waldbasierte Ar-
mutsbekämpfung? Grundsätzlich geht es hier um
einen veränderten Fokus: Bei sogenannter „people
centered forestry“ geht es um partizipative Waldbewirt-
schaftung und um verbesserten Zugang der von Armut
betroffenen lokalen Bevölkerung zu Holz- und Nicht-
holz-Ressourcen. In Bereichen, in denen der Druck
auf die Ressource Wald bereits sehr groß ist, kann
Agroforestry, die Einbindung von Bäumen in landwirt-
schaftliche Produktionssysteme, die Gesamtleistung
der kleinbäuerlichen Produktion erheblich erhöhen.
In all diesen Bereichen sind BOKU-ForscherInnen der
CDR-PartnerInnengemeinschaft tätig. Die meisten der
waldrelevanten Projekte in diesem Kontext werden,
wenig überraschend, am Department für Wald- und
Bodenwissenschaften durchgeführt, hier vor allem am
Institut für Waldökologie und am Institut für Waldbau.
Text: Georg Gratzer
Fotos: CDR
Entwicklung
Kontakt: Ao.Univ.Prof. DI Dr. Georg Gratzer
Department für Wald- und
Bodenwissenschaften
Institut für Waldökologie
Peter-Jordan-Straße 82
1190 Wien
+43 1 47654-4105
Pfade aus der Armut: Durch den Verkauf von Waldproduktion sollte es gelingen, Armut nachhaltig zu überwinden.
BOKU INSIGHT 1/2011 29
Entwicklung
R4D UPDATEKampf ums Land
Es war vor etwa zehn Jahren, als uns an der BOKU
der Anruf eines österreichischen Unternehmens er-
reichte: In Ghana gäbe es günstig Agrarland zu er-
werben. Die kolportierte Fläche war halb so groß wie
Wien, die wenigen dort lebenden Menschen wolle
man als gute Arbeitskräfte nicht umsiedeln, die not-
wendigen politischen Kontakte zur politischen Elite
Ghanas waren vorhanden. Die fehlende landwirt-
schaftliche Expertise erhoffte man sich von der BOKU.
Zu dieser Kooperation ist es verständlicherweise nicht
gekommen.
Das International Institute for Environment and De-
velopment in London errechnet, dass zwischen 2004
und 2009 allein in Ghana, Äthiopien, Madagaskar und
Mali rund 1,4 Mio. Hektar Land durch internationale
Investoren übernommen wurden. Segen oder neoko-
lonialer Fluch? Dokumente der Weltbank bezeichnen
die Allokation von Agrarflächen in Entwicklungslän-
dern an internationale Akteure als mitunter sinnvolle
Investition in einen vernachlässigten Sektor. Zivilge-
sellschaftliche Organisationen nennen es schlichtweg
Landraub.
Doch für einige afrikanische Regierungen sind
internationale Investoren sehr willkommen. Es gelte
landwirtschaftliche Entwicklung aufzuholen, ist zu hö-
ren. Doch das Problem ist hausgemacht. Weder afri-
kanische Regierungen noch die internationale Staa-
tengemeinschaft interessierten sich ernsthaft für das
Thema; kaum ein Bereich in Afrika wurde so vernach-
lässigt wie Landwirtschaft und ländliche Entwicklung.
Zwischen 1975 und 2004 sanken die Ausgaben der
öffentlichen Entwicklungszusammenarbeit für den
Sektor von 17 auf 3,7 Prozent. Die wenigen verfüg-
baren Finanzmittel flossen in ressourcenzehrende
Formen der Landbewirtschaftung. Lokales Wissen
der Bäuerinnen und Bauern wurde ebenso diskredi-
tiert wie ökologisch nachhaltige Landwirtschaft. Heute
steht Afrika vor den Ergebnissen einer verfehlten Ent-
wicklungspolitik.
Für ausländische Agrarinvestoren und ihre natio-
nalen Befürworter ist das hinterlassene Vakuum ein
willkommenes Argument, deren Expansion zu forcie-
ren. Devisen erwarten sich die afrikanischen Regie-
rungen, und Nahrungsmittel für die wachsende Bevöl-
kerung. Technologietransfer erhoffen sie sich für die
Kleinbauern Afrikas. Empirische Befunde hierzu gibt
es wenig. Dieser Umstand verwendet die Politik ger-
ne dafür, dem Thema positionslos gegenüberzutreten.
Angesichts der wachsenden Verteilungsungerechtig-
keit wäre angebracht, sich auch in Österreich mit dem
Thema wissenschaftlich und politisch zu befassen.
Der Kampf ums Land hat gerade erst begonnen.
Kontakt:Centre for Development
Research
Gregor-Mendel-Straße 33
1180 Wien,
www.cdr.boku.ac.at
Derzeit relevante Projekte aus der CDR-Part-nerInnengemeinschaft FORED, Forest Research for Development Part-
nership, Bhutan (ADA, A. Darabant, G. Gratzer,
2009-2012)
The role of enclosures on the diversity and
productivity of rural landscapes in North Gondar,
Ethiopia (KEF, ÖAD, Abrham Abiyu Hailu, G.
Gratzer 2009-2011)
Knowledge based decision making in communi-
ty forestry management, Nepal (Chiranjeewee
Khadka, H. Vacik, OEAD 2008-2011)
Smallholder agroforestry in Uganda: above- and
belowground interactions of bananas and trees
(Bioversity, G. Gratzer, H. Schume 2011-2013)
Sustaining forest resources for people and the
environment in the Niassa National Reserve
in Mozambique (Bioversity, G. Gratzer, C. Vogl
2011-2013)
Livestock carrying capacity of conifer forests in
Bhutan (ÖAD, K. Wangchuk, W. Zollitsch, G. Gratzer
2010-2013)
Agroforestry as a tool for integrated land
management: improving the livelihood of rural
communities in Ethiopia (ÖAD, L. Duguma, H.
Hager, 2009-2011)
Evaluating management strategies for forest bio-
diversity in the walnut fruit forests in Kyrgyzstan
(Gulnaz Jalilova, H. Vacik OEAD 2008-2011)
DI Dr. Michael Hauser, Direktor des CDR
Die Weltbank schätzt, dass etwa 1,6 Milliarden Menschen vom Wald abhängig sind.
BOKU INSIGHT 1/201130
Text & Fotos: Ingeborg Sperl
International
Kein Profit, nur Risiko
Vor über 30 Jahren sagten die ÖsterreicherInnen nachhaltig nein zur Atomkraft, doch über die Grenzen unseres Landes hat es diese Politik nie geschafft. Die furchtbaren Ereignisse in Japan bringen nun das Thema wieder ans Licht – und damit seine Protagonist-Innen, die RisikoforscherInnen.
Wer in den letzten Tagen und Wochen Wolfgang
Kromp anrufen wollte, erhielt die Meldung „Die Mail-
box ist voll.“ Wer Emmerich Seidelberger erreichen
wollte, erhielt die Auskunft „Herr Seidelberger ist ge-
rade bei einem Interview“. Kein Zweifel: Das Institut
für Sicherheits- und Risikoforschung an der BOKU
ist gefragt wie nie, auch wenn man angesichts der
furchtbaren Ereignisse in Japan auf diese besondere
PR gern verzichtet hätte. Die wichtigsten inländischen
Printmedien waren da, die Radiosender, der ORF
und zahlreiche deutsche TV-Sender; die ZEIT wid-
mete Wolfgang Kromp einen langen Artikel. Kromp,
Seidelberger und der Geologe Roman Lahodynsky
waren im Dauereinsatz. Ein engagiertes Team jun-
ger MitarbeiterInnen versorgte sie rund um die Uhr
mit den neuesten Nachrichten; alle verfügbaren Infor-
mationen wurden unmittelbar über die Webpage des
Instituts an die Öffentlichkeit weitergegeben.
In ruhigeren Zeiten fristet man ein eher unauffälli-
ges Dasein; etwa ein Dutzend WissenschaftlerInnen
hantelt sich von Drittmittel- zu Drittmitteljob, die meist
vom Umweltministerium finanziert wurden. Nun hat
Umweltminister Nikolaus Berlakovich u. a. Kromp,
Seidelberger und Lahodynsky gebeten, konkreten
Input für den Begriff „Stresstest“ einzubringen. Eine
umfassende Sicherheitsüberprüfung als Aufgabe der
EU steht an – fragt sich nur, wo die unabhängigen
ExpertInnen herkommen sollen.
Auch wenn in Österreich kein Kernkraftwerk steht,
sind wir doch von Anlagen umgeben, die schon in
den 70er und 80er Jahren gebaut wurden und ent-
sprechende Risiken bergen. „In Österreich haben wir
keinen Profit aus der Atomenergie, wir tragen nur das
Risiko“, bemerkt Kromp. „Die Ereignisse von Fuku-
shima haben gesellschaftspolitisch schon einen an-
deren Effekt als Tschernobyl. In Russland hat man
irgendwie mit Schlamperei und veralteter Technik
gerechnet, aber dass ein hochtechnisiertes Land
wie Japan einen nuklearen Unfall dieser Art erleidet,
kann man nicht so leicht negieren. Wobei allen klar
ist: Es wird genug Stimmen geben, die das herunter-
spielen werden“.
Apropos Gesellschaft: Das BOKU-Institut für Si-
cherheits- und Risikowissenschaften hat den Auftrag,
sich nicht nur um das leider aktuelle Thema nuklea-
re Sicherheit zu kümmern, sondern um weitere, die
Gesellschaft als Ganzes oder in größeren Teilen be-
treffende Risiken. Das inkludiert die Erhaltung von
Biodiversität genauso wie etwa Klimawandel, globale
Urbanisierung, oder Energiekrisen. „Bei Bedarf müs-
sen wir KonsulentInnen hinzuziehen; sofern sie un-
abhängig sind, können das durchaus auch Atombe-
fürworterInnen sein“, so Kromp.
Roman Lahodynsky, der bis vor kurzem zwei Jah-
re lang in Pakistan bei einem Tunnelbau beschäftigt
war, befasst sich mit einem in unseren Breiten un-
terschätzten Thema, weil das historische Gedächtnis
nicht weit zurückreicht: „Die Paläoseismologie unter-
sucht Versetzungen von Sedimenten und kann so
Kontakt:Ao.Univ.Prof. Wolfgang Kromp
Department für Bautechnik und
Naturgefahren
Institut für Sicherheits- und
Risikowissenschaften
Borkowskigasse 4
1190 Wien
+43 147654-7701
www.baunat.boku.ac.at/15975.
html
Wolfgang Kromp, Emmerich Seidelberger und Roman Lahodynsky (v.l.) – Risikoforschergeneration 60+: „In der Forschung fehlt uns die komplette Generation der 40-Jährigen.“
Österreichs Beziehung zur Atomenergie
BOKU INSIGHT 1/2011 31
International
Aufschluss über vergangene Erdbeben geben. Aber
so eine Untersuchung dauert ein bis zwei Jahre und
wenn man nicht an der richtigen Stelle gräbt, findet
man sie nicht. Das Fatale ist, dass sich durch Ös-
terreich zwei Bruchlinien ziehen. Die eine durch die
Mur-Mürz-Furche ins Wiener Becken und leider auch
genau dorthin, wo Bohunice erbaut wurde. Die zweite
Bruchlinie, die Raab-Störung, zieht sich durch Wes-
tungarn über Mohovce. Hier gab es in historischen
Zeiten schwere Beben“. Bei einem ernstgemeinten
Stresstest sollte man das nicht ignorieren.
Der gelernte Maschinenbauingenieur Emmerich
Seidelberger war von 1969 bis 1981 bei Siemens be-
schäftigt und für die Auslegung von Kernnotkühlsys-
temen zuständig. „Am Anfang war die Atomtechnik
sehr faszinierend für einen jungen Maschinenbauer.
Nukleare Risiken waren kein Thema. Wir haben mög-
liche Szenarios noch mit Rechenschiebern berech-
net. Ein GAU war erst mit Computern darstellbar und
man ist immer von einer Monokausalität ausgegan-
gen. Modelle sind immer eine Reduktion – keiner hät-
te angenommen, dass einmal der Strom für Kühlag-
gregate ausfallen könnte. Auch dass Abklingbecken
in Brand geraten könnten, hat niemanden beschäf-
tigt.“ Irgendwann wurde Seidelberger – er war auch
in der vom damaligen Bundeskanzler Vranitzky ein-
berufenen Bohunice-Kommission tätig – vom Saulus
zum Paulus. Nach einem zusätzlichen Pädagogikstu-
dium fühlte er sich für bessere Bildung verantwortlich
und wollte etwas für die Sicherheit bewirken.
Sowohl Kromp als auch Seidelberger sind eigent-
lich schon in Pension. „Wir wollen noch mithelfen,
das Institut zu konsolidieren. Die Popularität unserer
Arbeitsgebiete ist ja leider anlassbezogen.“ Nachhal-
tigkeit wäre auch hier vonnöten. „In der Forschung
fehlt uns die komplette Generation der 40-Jährigen“,
so das besorgte Resümee. „Da das Prestige der Nu-
kleartechnologie durch Unfälle wie Three Mile Island
und Tschernobyl schwer angeschlagen war, ging das
Interesse an einschlägiger Ausbildung stark zurück
– sowohl Industrie wie Aufsichtsbehörden beklagen
erheblichen Mangel an Fachkräften. Das gilt für alle
westlichen Industrienationen.
Daten für den Ernstfall „Das ist das am besten abgeschirmte Labor in
Österreich“, sagt Franz Josef Maringer. Der studierte
Physiker arbeitet als Forscher und Lehrender seit 2004
an der BOKU – allerdings nicht an unseren üblichen
Standorten, sondern im Arsenal. Das unspektakulär
wirkende LLC-Labor (Low Level Counting) dient zur
Messung niedrigster Radioaktivität und Strahlung und
besitzt die empfindlichsten Messgeräte des Landes.
Es ist von einer 1,60 Meter dicken Betonwand und ei-
nem zusätzlichen, drei Zentimeter dicken Bleimantel
umschlossen. Optimal von äußeren Strahlungsein-
flüssen abgeschirmt, wird das Labor in Kooperation
vom Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen,
der BOKU und dem AIT gemeinsam genutzt.
Maringer ist kein Apokalyptiker. Er erwartet in Ös-
terreich keine besorgniserregenden Messergebnisse
wegen des Nukleardesasters in Fukushima. Tscher-
nobyl war weitaus folgenreicher: Gleich im zweiten
Jahr seines Bestehens wurde im LLC-Labor die ra-
dioaktive Kontamination von tausenden Lebens-
mittel- und Trinkwasserproben nach der russischen
Katastrophe gemessen und Maringer gibt zu, dass
er dabei nicht besonders gelassen gewesen sei. In
Europa wird das Desaster von Fukushima weitaus
geringere Spuren hinterlassen als Tschernobyl. Als
Wissenschaftler, der täglich mit – wenn auch mini-
malen – Strahlendosen zu tun hat, registriert er eine
„starke Diskrepanz zwischen meiner Einschätzung
und den Besorgnissen der Bevölkerung in Europa“.
Aber dennoch ist die Lage schlimm genug. „Ich kann
es nicht fassen, dass in Fukushima die Notstromver-
sorgung für die Kühlung nicht besser geschützt wur-
de“, fasst Maringer seine Betroffenheit zum aktuellen
Desaster in Japan zusammen.
Die BOKU besitzt einen Datenschatz: die Messer-
gebnisse von Boden-, Pflanzen- und Umweltproben
vor, während und nach Tschernobyl. Zahlreiche Un-
tersuchungen wurden gemeinsam mit Martin Gerz-
abek in seiner Funktion als Bodenwissenschaftler
durchgeführt. 25 Jahre nach der russischen Katas-
trophe und bevor die Auswirkungen von Fukushima
bei uns registrierbar sind, werden erneut Daten im
Osten Österreichs erhoben. Boden und Pflanzen –
derzeit Bärlauch und Weidebewuchs – werden aktu-
ell untersucht. So wird man objektive Vergleichsmög-
lichkeiten erhalten, wenn in Fukushima freigesetzte
Radionuklide Österreich erreichen. Generell meint
Maringer „sind im Falle einer Kontamination Produkte
aus dem Wald eher zu meiden. Hier handelt es sich
um geschlossene Kreisläufe, wo zum Beispiel Pilze
Radio-Cäsium akkumulieren. Das kann man jetzt –
25 Jahre nach Tschernobyl – immer noch z.B. in Pil-
zen nachweisen“. Eine gewisse Vorsicht ist auch bei
Beeren und Wild angebracht.
Maringer schätzt, dass das Land im Umkreis von
einigen zehn bis einigen hundert km um Fukushima
auf Jahrhunderte landwirtschaftlich unbenutzbar
bleiben wird. Sicherheit für Österreich sieht Maringer
nur dann gewährleistet, wenn „die AKWs mit veralte-
ter Sicherheitstechnologie rund um uns abgeschaltet
werden“. Bis es hoffentlich einmal so weit sein wird,
ist es notwendig, die Forschungskapazitäten auf dem
Gebiet der Radioökologie und des Strahlenschutzes
zu erhalten und auszubauen. „Eine Dissertation in
diesem Fachgebiet dauert rund vier Jahre. Wir brau-
chen den wissenschaftlichen Nachwuchs unbedingt
– im Ernstfall Expertise schnell zuzukaufen, kann in
so einem komplexen Fachgebiet nicht funktionieren“.
Univ.Doz. DI Dr. Franz Josef Maringer, Pro-jektgruppe LLC-Labor Arsenal: „Wir brau-chen den wissenschaftlichen Nachwuchs.“
Veranstaltung: Franz-Josef Maringer wird aus aktuellem Anlass in
der Reihe „Fragen des Alltags – Antworten der Wis-
senschaft“ am 16. Mai 2011 über Umweltradioaktivi-
tät und Strahlenschutz bei nuklearen Katastrophen
sprechen.
(Bibliothek am Urban-Loritz-Platz, 17 Uhr)
Kontakt:Univ.Doz. DI Dr. Franz-Josef
Maringer
Department für Wald- und
Bodenwissenschaften
c/o Faradaygasse 3, Arsenal 214
1030 Wien
+43 1 7981024-10
Im Wiener Arsenal befindet sich das am besten abgeschirmte Labor Österreichs.
BOKU INSIGHT 1/201132
Das von der FFG finanzierte erste Frauenförderprogramm an der BOKU ist nach zweijähriger Laufzeit zu Ende gegangen. Das Pilot-projekt, das 21 Studentinnen eine Zusatzqualifizierung sowie frühe Unternehmenskontakte ermöglichte, wurde am 10.November 2010 mit einer feierlichen Veranstaltung abgeschlossen.
Text: Sonja Schiehser
Diversity
Links:BOKUfirst www.boku.ac.at/bokufirst.html
Bestellung Laborjournal
https://fm-helpdesk.boku.ac.at/boku/html/index.html
Erfolgreiches PilotprojektBOKUfirst
Vorrangiges Ziel dieses Programms im Rahmen
der FFG-Förderschiene FEMtech Karrierewege war
die gezielte Zusatzqualifikation der Studentinnen zur
Vorbereitung auf eine Karriere in F&E sowie tech-
nologieintensiven Unternehmen. Die angebotenen
Workshops zu den Themen Selbstkompetenz, Wis-
senschaftskompetenz, Kommunikation und Präsen-
tation sowie Projektmanagement gingen weit über
das herkömmliche Ausbildungsangebot im Rahmen
eines Studiums hinaus und trugen auch dazu bei, die
Attraktivität der Studien für Frauen an der BOKU zu
erhöhen. Durch intensive Kontakte zu den Partner-
unternehmen Austrian Institute of Technology, Bax-
ter, Österreichische Bundesforste und Umweltbun-
desamt wurden die Studentinnen frühzeitig in diese
Forschungsunternehmen integriert. Es wurden Prak-
tika absolviert, Bildungschecks eingelöst sowie acht
Diplomarbeiten durchgeführt und abgeschlossen. An
den beiden Dissertationen, die bei Baxter und dem
Umweltbundesamt laufen, wird noch gearbeitet. Ex-
kursionen, Infotage und ein „Get Together“ gaben
den Studentinnen im Laufe der beiden Jahre die
Möglichkeit, Einsicht in andere Fachrichtungen und
Unternehmensgebiete zu bekommen.
Da Studentinnen aus unterschiedlichen Studi-
enrichtungen, zwei von ihnen auch von der Veteri-
närmedizinischen Universität, ins Programm aufge-
nommen waren, wurde in BOKUlearn eine Plattform
eingerichtet, die die Kommunikation innerhalb der
Gruppe verbesserte und es ermöglichte, Termine,
Nachrichten und Feedback schnell und unkompliziert
an alle weiter zu geben. In der Zwischenzeit sind na-
türlich Freundschaften entstanden und man kommu-
niziert auch intensiv über private Netzwerke.
Die gute Zusammenarbeit mit der Koordinations-
stelle für Gleichstellung und Gender Studies äußerte
sich in der gemeinsam organisierten Veranstaltungs-
reihe „Frauen in der Forschung: Fakten – Meinungen
– Gesichter“. Vorträge und Podiumsdiskussionen,
zum Teil in englischer Sprache, erweiterten den Ho-
rizont aller TeilnehmerInnen und stärkten unser Gen-
der-Bewusstsein. Bei der FEMtech Winterschool im
Februar 2010 konnten sich die BOKUfirst Studentin-
nen mit den Teilnehmerinnen der anderen FEMtech
Karrierewege-Projekte (ErFIndERIn, FAMOS, FINCA
und WOMAN) austauschen und karriererelevante
Kompetenzen stärken. Als ein Highlight wurde von
den teilnehmenden Studentinnen das Thema „Ge-
haltsverhandlungen“ gesehen.
Leider hatte BOKUfirst mit unerwarteten Termin-
verschiebungen, krankheitsbedingten Workshop-
Absagen und Personalrochaden innerhalb des Pro-
jektteams zu kämpfen. Daher wurde die Organisation
und Kommunikation in diesem Pilotprojekt von den
Studentinnen bei der internen Evaluierung als ver-
besserungswürdig klassifiziert.
Im Allgemeinen war das Feedback jedoch durch-
aus positiv: Es konnten Vorurteile und Konkurrenz-
denken abgebaut werden, die Studentinnen sind
nun Gender-bewusst und bezüglich Gleichstellung
im Beruf sensibilisiert. Aussagen wie „Jeder Work-
shop hat mich auf eine gewisse Art bereichert“,
„Ich sehe vieles nun mit kritischeren Augen“ oder
„Ich habe viel dazugelernt und nützliche Tipps be-
kommen“ wurden bei der Abschlussveranstaltung
geäußert. Auch von den FirmenvertreterInnen ka-
men sehr erfreuliche Rückmeldungen, die das En-
gagement der Studentinnen und die gute Zusam-
menarbeit mit der BOKU besonders betonten.
Bei der Abschlussveranstaltung wurde allen Studen-
tinnen ein aus Mitteln des Projektbudgets gestaltetes
Laborjournal mit überreicht. Das darauf befindliche
Projekt-Logo BOKUfirst wird für die BOKU nachhaltig
an dieses erste Frauenförderprogramm erinnern.
DI Dr. Sonja Schiehser leitete zuletzt das Projekt BOKUfirstFoto: R. Ressmann/BOKU
Labjournal im BOKU Corporate Design: Bestellung über den FM Helpdesk
Verleihung der Teilnahmezertifikate und La-borjournale bei der Abschlussveranstaltung: (v.l.n.r.) Emma Blackwell, dahinter verdeckt Sonja Schiehser, Ao.Univ.Prof. Dr. Barbara Hinterstoisser (Vizerektorin für Lehre), O.Univ.Prof. Dr. Josef Glößl (Vizerektor für Forschung)
BOKU females in research, science and technology
BOKU INSIGHT 1/2011 33
Die BOKU von außen
Veranstalter:Institut für Interaktive Raumpro-
jekte in Zusammenarbeit mit der
Universität für Bodenkultur Wien
Konzept/Kuratorin:
Gertrude Moser-Wagner
Projektorganisation:
Claudia Mongini
Koordination: Markus Fiebig
Moderation: Monika Mokre
Universitätsbibliothek und Univer-
sitätsarchiv Bodenkultur Wien
Peter-Jordan-Straße 82
1190 Wien
+ 43 1 47654-2060
www.boku.ac.at/bib.html
Univ.Prof. Dr. Markus Fiebig
Department für Bautechnik und
Naturgefahren
Institut für Angewandte Geologie
Peter Jordan-Str. 70
1190 Wien
+43 1 47654 5402
Link:HALLO IRRGAST
www.taste.at/hallorirrgast
Im Oktober 2010 fand im Rahmen der Ausstellung an der Universitätsbibliothek BOKU ein Symposium unter dem Titel „Ausnahmegäste in Wissenschaft, Kunst und Gesellschaft“ statt.
Das Symposium am 28.10.2010 ging von der Idee
des Vogelzugs aus, der gelegentlich auch in die Irre
führen kann: Irrgast ist ein Begriff aus der Ornitholo-
gie und bezeichnet einen verflogenen Vogel. Dieses
Symposium reflektierte und praktizierte erfolgreich
die Frage der gegenseitigen Einmischung von Kunst
und Wissenschaft.
Den Beginn machten Vorträge von Markus Fiebig
und Helga Kromp-Kolb. Die Verletzlichkeit und Verän-
derlichkeit der physischen Welt und die Verantwort-
lichkeit für eine lebbare Zukunft standen im Raum,
einmal durch den eindringlichen Vortrag zur Klima-
veränderung und dann durch das Projekt TO|YS ON
TOUR (Künstlerin Eva Ursprung und Garbologe Jo-
achim Hainzl), eine differenzierte Müll-Recherche in
Afrika, die von Europa kommenden Müll sondierte und
die globale Waren- und Abfallproduktion eindrücklich
ins Bild brachte, auch in der Ausstellung von vier
KünstlerInnen dieser Grazer Müll-Forschungsreise.
Am Nachmittag vermittelten zwei Ornithologen
sehr anschaulich Methoden und Fragen ihrer Diszi-
plin: am Beispiel der Rauchschwalbe, einer sich de-
zimierenden Spezies (Fernando Spina, ISPRA Bo-
logna) und an der Mondbeobachtungs-Methode bei
der Zugvogel-Bestimmung/Zählung (Martin Rössler).
Solchen visuellen Schwung behielt die Petrologin Sa-
bine Grupe bei, deren computeranimierte Spirale in
die Tiefenschicht eines Stücks Bodens in Unterlaa/
Wien hinab führte. Die Landschaft und ihre kunstspe-
zifische Verwendung im Zusammenspiel mit urbanen
BenützerInnen war Thema der Landschaftsarchitek-
tin Lilli Lička. Thematisch endete das Künstler- und
Architektenduo Michael Zinganel/Michael Hieslmair
mit Mobilität/Migration und zwei Beispielen: der Mo-
dellinstallation einer Autobahnkreuzung/Raststätte
und dem Diagramm wiederkehrender Saisonarbeit
von Ostdeutschen in Tirol und dem beiderseitigen
kulturellen Einfluss.
Nach einer Podiumsdiskussion, moderiert von
Monika Mokre, gab es die Videopräsentation „ZUG-
UNRUHE. Zwei Vögel und vier Menschen“ und die
Buchvorstellung „ZUGUNRUHE“, beides als Ergeb-
nisse eines zweijährigen Kunstprojekts von Gertru-
de Moser-Wagner. Die anwesenden Vertreterinnen
vom BMWF, Karolina Begusch-Pfefferkorn und vom
BMUKK, Gabriele Kreidl-Kala, betonten nochmals ihr
Interesse und ihre Absicht, interdisziplinäre Projekte
wie HALLO IRRGAST in Zukunft zu unterstützen.
Sowohl Rektor Martin Gerzabek, der am Vormit-
tag das Symposium, wie auch Vizerektor Josef Glößl,
der am Abend die Ausstellung in der Bibliothek eröff-
nete, waren überzeugt, dass Kunst und Wissenschaft
vieles gemeinsam haben und dass HALLO IRRGAST
am Ort BOKU genau richtig sei – trage doch die Uni-
versität für Bodenkultur schon „Kultur“ in ihrem Na-
men (Glößl).
Die anschließende Ausstellungsbesichtigung mit
dem Kunsthistoriker Lukas Gehrmann erfreute sich
regen Interesses und eines globalen Rahmens durch
drei diplomatische Vertreter außereuropäischer Län-
der. Dies hing mit „Foreign-Affairs“, dem Ausstel-
lungsteil von Isabel Czerwenka-Wenkstetten und
ihrem Dialog-Kunstprojekt zusammen. Migrations-
pflanzen wie der Große Bärenklau gaben dem Künst-
ler/Soziologen Bernhard Kathan den Anlass, in einer
seinem Ausstellungteil beigelegten Broschüre über
Eugenik nachzudenken. Sämtliche Computerbild-
schirme in der Bibliothek waren mit dem Bildschoner
„Zentrifuge“, dem Video einer abstrakt-performativen
Gleichgewichtsstudie von Cynthia Schwertsik be-
spielt. Auch die minutiös auf eine Wand im Lesesaal
applizierte Ameisenstraße „Atta cephalotes“ von Ju-
dith Egger eroberte sofort die Herzen der StudentIn-
nen und ist weiterhin in der Bibliothek zu sehen, zeigt
sie doch die alles überwindende, subversive Kraft le-
bendiger Natur. Die Installation von Claudia Mongini
beschäftigte sich am Beispiel von Lise Meitner und
ihrer Zeit mit der fehlenden Darstellung und Sichtbar-
keit von Frauen in der Wissenschaft.
Der wertvolle Eindruck bleibt jedenfalls bestehen,
dass künstlerisches Probehandeln und mehrdimen-
sional forschendes Arbeiten außerhalb von Galerien
und Museen sinnvoll ist, und dass eine Intervention
beispielhaft vermischter Diskurse greift.
Text: Gertrude Moser-Wagner
Foto: Sabine Maier
„Wall Flowers“, ein markant aufragendes, klingendes, blinkendes Kunstobjekt von Red White, stand drei Wochen unübersehbar in der Aula des Schwackhöfer-Hauses.
BOKU INSIGHT 1/201134
Forschung in Kürze
P.S.: BOKU-Forschung zum Angreifen Leider wurde in der Auflistung der Departments,
die großzügigst Texte und Fotos zu den beiden Ver-
anstaltungen zur Verfügung gestellt haben (Beitrag
in INSIGHT 6/10, S. 30-31), zwei Details übersehen.
Bitte entschuldigen Sie diese Panne!
BOKU intern
Em.O.Univ.Prof. Dr. Johann Fischer
Ao.Univ.Prof. Dr.-Ing. Martin Wendland
Foto: © BOKU/PBU
Foto: © BOKU/PBU
Die junge Dame war von den Pflanzenschutzmitteln auf bakterieller Basis, präsentiert vom Institut für Umweltbiotechnologie, fasziniert.
Bei Markus Puschenreiter, Institut für Bodenforschung, landeten Regenwürmer und Bodenkäfer unter dem Mikroskop.
Link: Arbeitsgruppe Phyto-/Plant-Bio-
technology (PBU)
des Instituts für angewandte
Mikrobiologie (IAM)
www.biotec.boku.ac.at/pbu.html
Kontakt:Ao.Univ.Prof. Dr. Margit Laimer
Department für Biotechnologie
Institut für angewandte Mikrobiologie
Muthgasse 18
1190 Wien
+43 1 47654-6560
www.biotec.boku.ac.at/333.html
Kontakt: DI Dr. Clemens Borkenstein
Forschungskoordinator Interuniversitäres
Department für Agrarbiotechnologie, IFA-Tulln
Konrad Lorenz Strasse 20
3430 Tulln
+43 2272 66280-113,
www.ifa-tulln.boku.ac.at/122.html
Kontakt: Em.O.Univ.Prof. Dr.
Johann Fischer
Institut für Verfahrens- und
Energietechnik
+43 1 3709726-201
mit Maximaltemperaturen von 100°C untersucht und
gezeigt, dass mit dem Kältemittel R143a bei einer
Prozessführung mit überkritischem Druck die größte
Leistung für einen vorgegebenen Wärmeträgerstrom
erzielt werden kann. Diese Arbeit ist die derzeit inter-
national meistzitierte ORC-Arbeit und Top 2 Cited in
der Zeitschrift Energy (Impact factor 2.952).
Link: Energy: www.elsevier.com/wps/find/journaldescripti-
on.cws_home/483/description#description
Publikation: B. Saleh, G. Koglbauer, M. Wendland, J. Fischer,
Working fluids for low temperature ORC-processes.
Energy 32, 1210-1221 (2007)
Abbildung des Links zur Arbeitsgruppe Phyto-/Plant-Biotechnology (PBU)In der lebenden Genbank der BOKU werden seit den
1980er Jahren Obst- und Energiepflanzen bewahrt
– derzeit einige Tausend. In jedem Stück Pflanzen-
gewebe, also in jedem Zweig, ist die genetische In-
formation einer Pflanze gespeichert, die sich im
Obstgarten oder auf dem Feld bereits bewährt hat.
Abbildung des Department-Icon IFA TullnDas IFA Tulln präsentierte sich in zehn Stationen mit
Aktivitäten des Departments sowie einiger KollegInnen
aus Wien am zukünftigen Universitäts- und Forschungs-
zentrum Tulln (UFT) der interessierten Öffentlichkeit.
Arbeitsfluide für ORC-ProzesseBOKU-Publikation ist Top 2 Cited in Energy
Weltweit werden mehr als 80% des elektrischen
Stroms in Dampfkraftwerken erzeugt. In diesen wird
ein Wärmestrom mit sehr hoher Temperatur, der durch
Kohle, Erdgas, Kernenergie oder Erdöl bereitgestellt
wird, in einem Clausius-Rankine-Prozess teilweise in
mechanische Leistung umgewandelt. Als Arbeitsfluid
wird in diesem Prozess Wasser als Flüssigkeit und
Dampf verwendet, der auf etwa 600°C erhitzt wird.
Thermodynamische Berechnungen zeigen aller-
dings, dass man für niedrigere Temperaturen besser
organische Fluide verwendet. Man spricht dann von
einem Organic Rankine Cycle oder ORC-Prozess.
Daraus ergab sich als Forschungsthema die Identi-
fizierung geeigneter Arbeitsfluide und die Optimie-
rung der ORC-Prozesse. Es wurden 31 Arbeitsfluide
BOKU INSIGHT 1/2011 35
Die letzte Seite
Liebe Leserinnen und Leser!
Das Jahr 2011 hat mit tragischen Ereignissen be-
gonnen – es wird auch in Erinnerung bleiben als
jenes Jahr, in dem Naturkatastrophen uns die Kehr-
seite unserer Möglichkeiten, die Welt zu gestalten,
drastisch vor Augen führten. Doch jede Katastrophe
trägt in sich auch die Chance auf Veränderung zum
Besseren. So hat der schreckliche Unfall im AKW
von Fukushima in Japan die weltweite Debatte über
die nukleare Energiegewinnung wieder in Gang
gesetzt, die Rufe nach dem Ausstieg und nach Al-
ternativen werden wieder lauter. Zu den Risiken der
Atomkraft und deren gesellschaftspolitischen Impli-
kationen lesen Sie das Interview auf S. 30 mit Wolf-
gang Kromp, Emmerich Seidelberger und Roman
Lahodynsky von Ingeborg Sperl.
Die BOKU leistet aber auch auf anderen Gebieten
ihren Beitrag dazu, unsere Zukunft sicherer und für
kommende Generationen lebenswerter zu gestal-
ten: Nicht nur im internationalen Jahr des Waldes
2011 sorgen BOKU-ForscherInnen für ein besseres
Verständnis dieser natürlichen Ressource und de-
ren vielfältiger Funktionen. Lesen Sie dazu mehr in
den Beiträgen von Anna Schwarzbauer auf Seite 7
und von Georg Gratzer auf Seite 28.
Es gibt aber noch mehr Veränderungen an der
BOKU, und es bedurfte keiner Katastrophen, um
sie in Gang zu setzen: etwa die Übersiedelung zahl-
reicher Institute und Arbeitsgruppen an den neuen
Standort in Tulln. Wie es dort kurz vor der Fertigstel-
lung Ende März ausgesehen hat, verrät Ingeborg
Sperl auf Seite 4.
Und auch für das BOKU-Magazin bricht eine neue
Zeit an: Mit dieser Ausgabe von BOKU INSIGHT
verabschieden wir uns von Ihnen – ab Herbst 2011
wird es ein neues Magazin geben, das in völlig neuer
Aufmachung BOKU INSIGHT und BOKUlumni, das
AbsolventInnenmagazin, in einem Format vereint.
Selbstverständlich werden wir auch dann weiterhin
für Sie da sein, um Ihnen Spannendes und Wis-
senswertes rund um die BOKU zu präsentieren.
Ihre Redaktion
Die von BOKU und Umweltbundesamt gemein-
sam geschaffene Koordinierungsstelle gibt es seit
Mai letzten Jahres. Gespräche mit Departmentleite-
rInnen an der BOKU und AbteilungsleiterInnen am
Umweltbundesamt zeigten, dass Interesse an der
gemeinsamen Nutzung und wissenschaftlichen Aus-
wertung der vielfältigen Datenbanken am Umwelt-
bundesamt besteht.
Im Rahmen der Kooperation wird ein Konzept zur
weitergehenden Nutzung dieser Daten erarbeitet. In
diesem Rahmen soll die Bedeutung der Daten
- für aktuelle Fragestellungen in Wissenschaft,
Politikberatung und Praxis
- ihre ggf. erweiterte und verbesserte Nutzung
durch Vernetzungen, Verschneidungen und innova-
tive neue methodische Ansätze in Auswertung und
Verwertung
- ihre Einsatzmöglichkeit und potenzieller Mehrwert
diskutiert werden. Ein Teil dieses Konzeptes ist eine
BOKU-U-Doktoratsinitiative, die auf diesem Allein-
stellungsmerkmal der Kooperation aufbaut.
Nachdem Datenerhebung und Monitoring zuneh-
mend durch Einsparungen bzw. durch die Kürzung
von Finanzmitteln bedroht sind, kommt diesem An-
satz derzeit eine besondere Bedeutung zu.
Hierzu sind in geeigneten Themenfeldern der
Datenbanken Workshops mit TeilnehmerInnen von
BOKU und Umweltbundesamt geplant, um gemein-
same Forschungs- und Arbeitsschwerpunkte zu er-
arbeiten. Ziel ist es, Potenzial für gemeinsame Pro-
jektanträge und Dissertationen zu eruieren und somit
auch die Bedeutung dieser Daten herauszustellen
und zu ihrer langfristigen Sicherung beizutragen.
www.boku.ac.at/insight.html
Kontakt:
DI Dr. Veronika Wirth
+43 1 47654-7214
www.boku.ac.at/fos-koopboku-
umweltbundesamt.html
Gut zu wissen: Kooperation BOKU-Umweltbundesamt 2011
Hermine RothForschungsredakteurin
Mag. Anita Knabl-Plöckinger MASRedakteurin
DI Hannelore SchopfhauserChefredakteurin
Link:Strategische Kooperation
BOKU-Umweltbundesamt
www.boku.ac.at/fos-
koopbokuumweltbundesamt.html