konzertvorschau + radio-tipps
april –juni
2012
02 03
Christophe Schweizer’s Moonsun
Lars Danielsson New Quartet plays Liberetto
„Stories Untold“
Coltrane – The Super Years (1961 – 62)
„NDR Bigband feat. Nils Landgren“
„Inner Vibes Of Love“ – The Music Of Roger Hanschel
„Ceremony“ – Omar Sosa & NDR Bigband
CMS Trio
„100 Jahre Gil Evans“
„NDR Bigband feat. Kalle Kalima“
„Liliom“ Ballettlegende von John Neumeier frei nach Ferenc Molnár
„NDR Bigband & Stefano Bollani“
„Wolfgang Schlüter Quartet & NDR Bigband“
jazz auf NDR Info
Alle Konzerte auf einen Blick
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inhalt
juniapril -
2012
kalendarium
konzert info
radio tipps
04 05
Sacks zu den kreativsten Pianisten seiner Gene-
ration, ob im Quartett mit Paul Motian oder im Trio
mit Dan Weiss. Der seinerseits ist mit Rudresh
Mahanthappas „Indo-Pak Coalition“ und in der Band
des Saxofonisten David Binney bekannt geworden.
Der wiederum hat sich im Maria Schneider Orches-
tra und bei Chris Potter, McCaslin und Uri Caine
einen Namen gemacht. Hans Glawischnig schließ-
lich zählt zu den sogenannten „First Call“-Bassis ten.
Unter den Anrufern waren bisher: James Moody,
Joe Locke, Mark Murphy, Stefon Harris ... „Wenn
man mit Musikern zu tun hat, die alle selbst Band-
leader sind“, freut sich Christophe Schweizer über
seine Kollegen, „dann merkt man: was man aufs
Papier schreibt, ist eigentlich der unwichtige Teil
der Komposition.“ Die „Moonsun“-Stücke sind
Einladungen zur Mitwirkung, die gern angenommen
werden. „Dieses Problem des Jazz: wie kommt man
von A nach B – und nicht von A wieder nach A –,
das scheint bei uns gelöst.“
Tobias Richtsteig
Quintetts. Der Bandleader selbst gehörte einst zu
Michael Werthmüllers Punk-Jazz-Band „So Nicht!“
und zum Schweizer Jugend-Sinfonie-Orchester.
In Hamburg spielt er im expressiven Doppel-Trio
„Eisenrot“, seine Alben in New York nahm er mit
Donny McCaslin, Billy Hart und Jason Moran auf,
bis vor zwölf Jahren schließlich „Moonsun“ zu-
sammenfand. „Da hatte ich schon zwei Jahre mit
Jacob gespielt. Mir war immer klar: Er wird noch
viel zu sagen haben. Das ist bei Dan genauso
gewesen“, erzählt Schweizer. Heute gehört Jacob
„Um den Wert eines Klangs zu erfassen, beginne
die Messung bei null. Achte darauf, was ist, gerade
so, wie es ist.“ John Cage ist ein guter Ratgeber,
sagt Christophe Schweizer. Er selbst teilt die Auf-
geschlossenheit des Konzept-Komponisten. „Ich tue,
was ich kann, damit meine Musik einfach nur als
Musik wahrgenommen wird und nicht als irgend-
eine Form von Jazz.“ Sein Quintett nennt Schweizer
„Moonsun“: Mond und Sonne, ein ganzer Tageslauf,
eine ganze Welt steckt in diesem Namen. Gerade
die richtige Assoziation zum Klanguniversum des
christophe schweizer (tb) david binney (as) jacob sacks (p) hans glawischnig (b) dan weiss (dr)
christophe schweizer
12. + 13. April 2012 20.00 Uhr
Hamburg, Rolf-Liebermann-Studio, Oberstr. 120
NDR jazz Konzerte #2
1. Set
christophe schweizer’s moonsun
2. Set
lars danielsson new quartet
plays liberetto
Karten:
NDR Ticketshop im Levantehaus
Tel. 0180. 1787980* Fax 0180. 1787981*
* Bundesweit zum Ortstarif, maximal 42 Cent pro Minute
aus dem Mobilfunknetz
christophe schweizer’s
moonsun
m. öström, t. hamasyan, j. parricelli, l. danielsson
06 07
Bogen hinbekommst, ist das sehr hip“. Den Beweis
tritt Danielsson mit seinem neuen Quartett an.
Am Flügel sitzt hier ein Geistesverwandter: Der aus
Armenien stammende Tigran Hamasyan. Der Mitt-
zwanziger wohnt in New York und Paris. Dort traf
er im Trio mit dem Gitarristen Nguyen Lê erstmals
auf Lars Danielsson. Die zwei verstanden sich
sofort. „Ich sehe mich selbst ganz klar als armeni-
schen Musiker, nicht nur als Jazzer“, erzählt Tigran.
„Und tatsächlich ist die armenische Musik etwa
melodisch viel näher an schwedischer Folklore
als zum Beispiel an türkischer. Da gibt es direkte
Verbindungen.“ Eine gemeinsame Basis schafft
auch Magnus Öström, einst Schlagzeuger bei e.s.t.
„Er ist seit 2009 in meiner Band“, sagt Danielsson.
„Ich mag es, wie er Entwicklungen auf sehr lange
Sicht anlegt. Das ist ungeheuer anregend.“ Der
Gitarrist John Parricelli, einst Mitglied der Loose
Tubes, ist schließlich der Joker des Quartetts:
ein lyrischer Rocker, einfühlsamer Begleiter und
selbstbewusster Solist.
Tobias Richtsteig
Danielsson auch auftritt, seine Musik durchströmt
eine besondere Qualität: Sie atmet. Das habe er
schon als Jugendlicher gelernt, als er Kirchenmusik
spielte. „Von da kommt vieles, was ich schreibe.
Die Tonalität zum Beispiel.“ Dabei ist er kein be-
sonders spiritueller Mensch „und ich nehme auch
keine Drogen“, sagt er. „Aber wenn’s um Musik geht,
dann muss es eben im richtigen Fluss atmen.
Nicht nur die langsame, getragene Musik. Gerade
wenn es etwas aufgeregter wird, muss der Atem-
rhythmus ruhig bleiben. Wenn du da einen langen
„Ich bin kein Sänger“, sagt Lars Danielsson, „aber
auch wenn ich Bass oder Cello spiele, versuche
ich darauf immer, Melodien zu singen.“ Vermutlich
zählt der Schwede deshalb zu den gefragtesten
Sidemen für starke „Stimmen“ wie die Sängerin
Caecilie Norby oder der Gitarrist John Abercrombie.
Seine eigenen Bands überzeugen ebenso: vom
ersten Quartett mit David Liebman, Bobo Stenson
und Jon Christensen über das Trio mit Leszek
Mozdzer und Xavier Desandre Navarre bis zur neuen
„Liberetto“-Besetzung. In welchem Zusammenhang
lars danielsson (b, cello) tigran hamasyan (p) john parricelli (g) magnus öström (dr, perc)
lars danielsson new quartet plays liberetto
12. + 13. April 2012 20.00 Uhr
Hamburg, Rolf-Liebermann-Studio, Oberstr. 120
NDR jazz Konzerte #2
1. Set
christophe schweizer’s moonsun
2. Set
lars danielsson new quartet
plays liberetto
Karten:
NDR Ticketshop im Levantehaus
Tel. 0180. 1787980* Fax 0180. 1787981*
* Bundesweit zum Ortstarif, maximal 42 Cent pro Minute
aus dem Mobilfunknetz
08
Mit gerade mal Anfang dreißig hat er als Posaunist
schon mit so unterschiedlichen Kollegen wie Barry
Guy, Maria Schneider, Matthias Schubert, Nils
Wogram und nicht zuletzt der NDR Bigband gear-
beitet. Im Studio nahm er mit dem eigenen JMW
Quintett das Album „Morphing“ (2009) auf und
war im gleichen Jahr Gastmusiker der Pop-Band
„Wir Sind Helden“. Er leitet sein eigenes Trio
„Autoritäten“ mit dem Berliner Philipp Gropper und
dem NDR Bigband Posaunisten Ingo Lahme sowie
die Big Band „Fette Hupe Hannover“, für die er ge-
nauso komponiert wie für das „European Movement
Jazz Orchestra“. In jenem brilliert er auch als So-
list auf dem Album „Live in Coimbra“ (CleanFeed
2011). Die richtige Stimme für die Arbeit auch
„zwischen den Zeilen“ fand Marcussen-Wulff in der
Schweiz. Karin Meier studierte u. a. bei Lauren
Newton und ist Gründungsmitglied des Lucern
Jazz Orchestra. „Ich wollte in meinen Stücken nur
Gesang einsetzen, wenn der Text wirklich ent-
scheidende Elemente transportiert. Da ist Karin
Meier die perfekte Besetzung!“ Tobias Richtsteig
ganz ausdrücklich in den Mittelpunkt: So arran-
gier te er den Billy-Joel-Klassiker „And So It Goes“
und vertonte das Gedicht „The Road Not Taken“
von Robert Frost. Hier schätzt Marcussen-Wulff
„vor allem den großen Interpretationsspielraum,
den der Text bietet. Genau da beginnt für mich
der Einsatz von Sprache: ein Wort kann durch die
Wahl der Betonung und Sprachmelodie eine voll-
kommen andere Bedeutung bekommen – und
damit den ganzen Inhalt eines Textes verändern.“
Jörn Marcussen-Wulff selbst ist ähnlich vielseitig.
„Ich habe mich gefragt, wie viel ,Sprache‘ es be-
nötigt, um eine Geschichte zu erzählen“, sagt Jörn
Marcussen-Wulff und erklärt damit auch schon
den Titel seines Programms „Stories untold“. Als
Komponist stehen ihm verschiedene Möglichkei ten
zur Verfügung: Da gibt es rein instrumentale Musik,
die sich aber auf autobiografische Episoden be-
zieht, wie einer der Titel, „Busy Times“, verrät.
Konkreter wird es, wenn er als Rhythmus z. B. ein
Versmaß verwendet oder eine sprachähnliche
Melodie entwirft. An anderer Stelle rückt Sprache
karin meier (voc) NDR Bigband · jörn marcussen-wulff (arr/leitung)
„stories untold“
09jörn marcussen-wulff
14. April 2012 19.30 Uhr
Hannover, HMTM (Hochschule),
Richard Jakoby Saal
1. Set
studiobigband
(Big Band der HMTM Hannover;
Leitung: Jörn Marcussen-Wulff)
2. Set
„stories untold“
Karten: Tel. 0511. 3100333 (Mi. von 10 – 12 Uhr)
15. April 2012 19.00 Uhr
Brelingen, Konzertkirche St. Martini, Hauptstr. 33
„WinterJazz Brelingen“
„stories untold“
Karten: [email protected]
winterjazz-brelingen.de
NDR Bigband · george gruntz (arr, leitung) tom rainey (dr)
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scheinung. 1961 machte „My Favorite Things“ ihn
einem breiteren Publikum bekannt. Doch schon
Ende jenes Jahres sprengte Coltrane bei seinem
Gastspiel im Village Vanguard die engen Rahmen-
bedingungen der herkömmlichen Akkordschema ta
von „Softly As In A Morning Sunrise“. Die Spiritua-
lität des späteren Meisterwerks „A Love Supreme“
war hier schon angelegt, Coltranes legendäres
Quartett hatte sich gefunden. Wenn George Gruntz
jetzt Coltranes Musik aus dieser produktiven Zeit
für die NDR Bigband aufs Programm setzt, geht er
dabei auch dem Werdegang des einzigartigen
Genies nach. Da rumpelt „Blue Train“ irgendwo
zwischen Episcopal Church und Monk. „Lazy Bird“
wird auf der Klarinette vorgetragen – Coltranes
erstem Instrument aus Schulzeiten. Und „Chasin’
The Trane“ installiert einen Saxofonchor, anstatt
dem Uneinholbaren hinterherzujagen. Von fern
grüßt der elegante Schmelz von Johnny Hodges,
Coltranes Idol und Ex-Arbeitgeber. Und doch trägt
dieser Tribut unüberhörbar die Handschrift von
George Gruntz. Tobias Richtsteig
(1988) und „The Magic of a Flute“ (2003), die beide
in der Hamburger Kampnagelfabrik begeistert ge-
feiert wurden. Mit „Totally bemonked“ und „Magnus
Mingus Maximus“ warf der Schweizer Komponist
und Arrangeur seinen ganz persönlichen Blick auf
zwei Säulenheilige des modernen Jazz. Sein neus-
tes Programm mit der NDR Bigband führt diese
Reihe fort: Es geht um den John Coltrane der Jahre
1961 – 1962. Der Saxofonist hatte sich Ende der
1950er einen Namen im Miles Davis Quintett ge-
macht und trat dann auch als Bandleader in Er-
1958, quasi noch als „Amateur“-Jazzer, spielte
George Gruntz an der Seite von Louis Armstrong.
Als Profi arbeitete er später mit Roland Kirk, Chet
Baker, Gerry Mulligan und Don Cherry zusammen,
ebenso wie mit den klassischen Neutönern Rolf
Liebermann und Hans Werner Henze. Nach einer
Einladung zum NDR Jazzworkshop gründete er 1971
die „Concert Jazz Band“ – eines der interessan tes-
ten und langlebigsten Großensembles überhaupt.
Auch mit der NDR Bigband schuf Gruntz Bleiben-
des wie die Jazz-Opern „Cosmopolitain Greetings“
11george gruntz
21. April 2012 20.00 Uhr
Ratzeburg, Burgtheater, Theaterplatz 1
Karten: Burgtheater, Tel. 04541. 803080
26. April 2012 20.00 Uhr
Dillingen, Lokschuppen, Werderstr. 4
Karten: Kulturamt Stadt Dillingen/Saar,
Tel.: 06831-709247, lokschuppen-dillingen.de
28. April 2012 20.30 Uhr
Schwerin, Schelfkirche, Puschkinstraße 3
Karten: Ewert Reisen, Tel. 0385. 568705
30. April 2012 20.15 Uhr
Basel, Schauspielhaus des Theater Basel,
Off beat Jazzfestival Basel
Karten: jazzfestivalbasel.ch ticketcorner.ch
01. Mai 2012 20.30 Uhr
Lausanne, Radio Télévision Suisse, 40,
rue du Temple
Karten: Eintritt frei – Anmeldung unter
Tel. +41 58 236 19 99
02. Mai 2012 20.30 Uhr
Thun, Kultur- und Kongresszentrum Thun,
Seestrasse 68 Karten: kkthun.ch
28. Mai 2012 19.00 Uhr
Solothurn, Rythalle
TAKTO Musikfestival
Karten: rythalle.ch [email protected]
coltranethe super years (1961 – 62)
20. April 2012 19.30 Uhr
Neumünster, Stadthalle, Kleinfl ecken 1
Vorgruppe: Big Band der Immanuel-Kant-Schule
Karten: TRIO, Tel. 04321. 42392
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dass ich meine Funk Unit gründete“, bedankt sich
Nils Landgren für die frühe Prägung, die die Soul-
Jazz-Ära bei ihm hinterließ. Und als die Funk Unit
auf Tournee war, um unter dem Motto „Funk For
Life“ Spenden für ein Musikschulprojekt im Slum
Kibera bei Nairobi zu sammeln, stimmte die NDR
Bigband gerne mit ein, als man sich bei einem
Festival traf. Das Ergebnis: „Big Funk“ aus allen
Rohren. Zuletzt reiste die NDR Bigband zum Jazz-
Fest Berlin 2011, um dort „Children Of The Sun“
vorzustellen: eine Suite von und mit Nils Landgrens
Freund und Kollegen Joe Sample. Und weil Landgren
am gleichen Abend seinen Abschied als künstle-
rischer Leiter vom JazzFest feierte, trafen sich alle
zum gemeinsamen Ständchen auf der Bühne.
„Wenn Sie glauben, alle Big Bands klingen gleich –
warten Sie, bis Sie die NDR Bigband hören. Dieses
Jazzorchester steckt voller Überraschungen“,
schrieb einmal das Magazin „All About Jazz“.
Also: Ohren auf!
Tobias Richtsteig
Horn“ mit der NDR Bigband anreist. Seit 1998 ist
er mit diesem außergewöhnlichen Großensemble
verbandelt: Er spielte einige Zeit im Posaunensatz,
ist künstlerischer Berater und nach wie vor ein
enger Freund der Band. Gemeinsam haben sie
schon so manche Feier-Abende verbracht. „It’s got
to be funky!“, hieß beispielsweise das Motto, als
sie dem elektrisierenden Herbie Hancock der
60-er Jahre Tribut zollten, eine andere Hommage
lautete: „like a cannonball“: „Ohne die Seele von
Cannonball (Adderley) wäre es nie dazu gekommen,
Als Nils Landgren 1994 mit seiner Funk Unit (und
Stargast Maceo Parker) die Bühne des JazzBaltica-
Festivals stürmte, trug er einen knallbunten, weit
geschnittenen Arbeitsoverall. Er war angetreten,
eine heiße Party zu feiern, ein Funk-Feuerwerk
abzubrennen. Heute geht er in Jeans und weißem
Hemd auf die Bühne, doch ruhiger ist er auch mit
Mitte fünfzig nicht geworden: „Ich finde es toll,
wenn es Körpermusik ist, die einfach in die Beine
geht. Das will ich immer noch spielen.“ Und genau
das steht auch auf dem Programm, wenn „Mr. Red
nils landgren
05. Mai 2012 20.00 Uhr
Greifswald, Theater Greifswald
Nordischer Klang
„NDR Bigband feat. nils landgren“
Karten:
nordischerklang.de
nils landgren (voc, tb) NDR Bigband · jörg achim keller (leitung) jonas kihlberg (dr)
feat. nils landgren“
„NDR Bigband
roger hanschel (comp, arr, as) NDR Bigband · steffen schorn (arr, leitung, sax) bodek janke (dr)
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zu leiten. „Weil“, wie Schorn sagt, „ich sie gut kenne,
ich hab ja selbst lange dort gespielt. Roger wollte
sich mehr aufs Spielen kon zen trieren. Die Stücke
sind schon ein bisschen an spruchsvoll.“ „Inner
Vibes Of Love“ zum Beispiel, eine Art Erkennungs-
melodie aus Hanschels viel sei tigem Repertoire,
verschachtelt mehrere Rhythmus- ebenen in 7/8-tel
und 17/8-tel zu einer „polymetrischen Orgie“, wie
Michael Rüsenberg in einer Plattenkritik zum Album
„Heavy Rotation“ analysierte. Erstmals sind diese
und andere Kompositionen von Roger Hanschel
jetzt im Big Band-Format zu hören. „Gerade die
Übersetzung auf den großen Klangkörper ist ein
Novum“, plaudert Steffen Schorn aus dem gemein-
samen Nähkästchen. „Natürlich spielen wir auch
über Harmonien und Grooves, manchmal haben
wir aber auch harmolodische Konzepte und Mate-
rial, das man nicht einfach vom Blatt spielen kann,
egal wie gut die Leute sind. Das muss man zu-
sammen erarbeiten, das ist sehr persönlich.“
Tobias Richtsteig
Tubax (einem kompakten Kontrabass-Saxofon).
Sie gründeten gemeinsam verschiedene Be setz-
un gen: die Band „Triosphere“ oder das Steffen
Schorn Septett. Und auch die Formation „Universe
of Possibilities“, die im vergangenen Jahr im
Rolf-Liebermann- Studio gastierte, ist „eigentlich
in Zusammenarbeit mit Roger entstanden“, erzählt
der Tieftöner Schorn nicht ohne Stolz. Jetzt hat
Roger Hanschel ihn wieder für ein besonderes
Projekt ausgewählt: Die NDR Bigband spielt
Hanschels Musik, und der bat Schorn, die Band
„Als ich ihn zum ersten Mal gehört habe, da war
ich so geschockt von seinem virtuosen Spiel, dass
ich ihn erst mal vergessen, sozusagen verdrängt
habe.“ Vor Kurzem erzählte Steffen Schorn dem
TV-Sender arte von seiner ersten Begegnung mit
Roger Hanschel. Glücklicherweise traf er den Vir-
tuosen schon bald wieder – als Kollegen in der
Kölner Saxophon Mafia. Schnell fanden die beiden
Ausnahmemusiker eine gemeinsame Wellenlänge:
Hanschel auf Alt- und Sopransaxofonen, Schorn in
den unteren Lagen – vom Baritonsaxofon bis zum
roger hanschel
„inner vibes of love“
the music of roger hanschel11. Mai 2012 20.00 Uhr
Hamburg, Studio 1 des NDR,
Rothenbaumchaussee 132
das studio eins konzert
„inner vibes of love“
the music of roger hanschel
Karten:
NDR Ticketshop im Levantehaus
Tel. 0180. 1787980* Fax 0180. 1787981*
* Bundesweit zum Ortstarif, maximal 42 Cent pro Minute
aus dem Mobilfunknetz
echo jazz preisträger 2011
16 17
25. Mai 2012 19.30 Uhr
Hamburg, Blohm & Voss, Open Air
Elbjazz Festival
„ceremony“
Karten:
01805. 853852 und 01805. 626280
Elbjazz.de
Konzerterlebnis (in einer langen Reihe): „Er hatte
einen Jazzdrummer dabei, einen Percussionisten
aus Venezuela und einen US-Rapper. Ich war be-
eindruckt, wie die universelle Vision seiner Musik
sie alle verband.“ Dass Jaques Morelenbaum jetzt
mit Omar Sosa an einem gemeinsamen Projekt
arbeiten konnte, ist für beide die Erfüllung eines
lang gehegten Traums – und eine Herausforderung.
Denn – obwohl Morelenbaum zu den begehrtesten
Arrangeuren der Welt gehört und Omar Sosa für
seine Experimentierfreude berühmt ist – mit einer
Big Band hatte bisher keiner der beiden zu tun.
Da traf es sich gut, dass die Redaktion der
NDR Bigband Omar Sosa zu einem gemeinsamen
Projekt einlud und begeistert zustimmte, als er
Jaques Morelenbaum als Arrangeur vorschlug.
„Ich bin so glücklich, wie sich dieses Projekt
entwickelt hat“ freut sich Omar Sosa. „Wie diese
deutschen zeitgenössischen Jazzmusiker kom-
plexe Avantgarde-Latin-Musik spielen, ist wirklich
etwas Neues – für beide Seiten.“
Tobias Richtsteig
spricht von „Afreecanos“. So fühlte er sich dem
brasilianischen Cellisten Jaques Morelenbaum
sofort verbunden, den er vor einigen Jahren in
Paris kennenlernte. „Ich bin ein Fan von Jaques.
Er ist einer der besten Musiker, die ich je traf!“,
schwärmt Sosa von Morelenbaum, der schon eng
mit A. C. Jobim zusammenarbeitete, mit Caetano
Veloso ebenso wie mit David Byrne, Sting und
Riyuichi Sakamoto. Morelenbaum selbst bezeich-
net sich seinerseits als Fan des kubanischen
Pianisten und berichtet von seinem ersten Sosa-
„Alles, was ich tue, wurzelt in der afrikanischen
Tradition, sie durchzieht mein Leben wie ein Leit-
motiv“, erklärt Omar Sosa. Sein Projekt mit der
NDR Bigband macht da keine Ausnahme: „Ich
nenne es ‚Ceremony‘ – denn die Musik basiert auf
alten Melodien, mit denen wir die Orishas feiern.
Das sind die Götter und Heiligen in der Yoruba-
Tradition.“ Heute verbindet diese alte Tradition
Menschen in Nord- und Südamerika und der Karibik.
Omar Sosa – der selbst in Kuba aufwuchs, in
Ecuador heiratete und heute in Barcelona lebt –
omar sosa (p) horacio hernandez (dr) childo tomas (b) marcos ilukán (afro-cuban perc)
NDR Bigband · jörg achim keller (leitung)
„ceremony“
omar sosa
omar sosa & NDR Bigband
18 19
javier colina (b) marc miralta (dr) perico sambeat (sax)
Colina mit Flamencogrößen wie Tomatito oder
Joaquín Cortés auf – und mit der Flamenco-Big
Band von Perico Sambeat. Der entwickelte auto-
didaktisch seinen warmen Ton und sein elegantes
Altsaxofon-Spiel, mit dem er in New York, u. a. an
der Seite von Lee Konitz, Joe Chambers und Jimmy
Cobb, viel Anerkennung erntete. Wieder in Spanien,
lud er als Leader Wallace Rooney zu Aufnahmen
ein und war Teil des Brad Mehldau-Quartetts in
Barcelona. Mit Mehldau und Kurt Rosenwinkel
entstand auch das Album „Friendship“ und auf
Diese drei sind eine Supergroup des spanischen
Jazz: Javier Colina wurde im Jahr 2000 weltweit
durch den Film „Calle 54“ bekannt. Doch Colina
war nicht nur in der Latin-Szene der 54sten Straße
in New York unterwegs, auch George Cables und
Hank Jones vertrauten auf seinen solide swingen-
den Bass. Zurück nach Spanien kam Colina zusam-
men mit Bebo Valdés, den er bei der Premiere von
„Calle 54“ traf. Gemeinsam mit dem Flamenco-
sänger Diego „El Cigala“ nahmen sie in Madrid das
Album „Lagrimas Negras“ auf. Schon bald trat
javier colina, perico sambeat, marc miralta
Bereits in den 1980er-Jahren, als gefeiertes Wun-
derkind, hatte er Perico Sambeat kennengelernt,
mit dem er – oft in Kombination mit Javier Colina –
in diversen Bands zusammenspielt. Die interes-
santeste darunter ist das gemeinsame Trio CMS:
Mit vollen Händen schöpfen die drei aus ihrem
vielfältigen Erfahrungsschatz aus Jazz, Latin und
Flamenco und reduzieren ihren wahrhaft moder-
nen Jazz auf die Grundelemente: Melodie, Bass
und Rhythmus.
Tobias Richtsteig
„Jazzpaña 2“ war er im Duett mit Michael Brecker
zu hören. Nach einem Gastspiel im Maria Schneider
Orchestra gründete Sambeat eine Big Band und
lud den Flamencogitarristen Gerardo Nuñez dazu.
Marc Miralta, als Schlagzeuger in Barcelona auf-
gewachsen, lernte schon früh das Spiel auf der
Cajon, jener schnarrenden Holzkiste, die als Import
aus Übersee mittlerweile fest zum Flamenco -
ins trumentarium gehört. Zum Jazzstudium ging er
nach Boston und trat bald mit Wynton Marsalis,
Steve Lacy, Pat Metheny und vielen anderen auf.
07. + 08. Juni 2012 20.00 Uhr
Hamburg, Rolf-Liebermann-Studio, Oberstr. 120
NDR jazz Konzerte #3
1. Set
cms trio
2. Set
„100 jahre gil evans“
Karten:
NDR Ticketshop im Levantehaus
Tel. 0180. 1787980* Fax 0180. 1787981*
cms trio
* Bundesweit zum Ortstarif, maximal 42 Cent pro Minute
aus dem Mobilfunknetz
20 21
NDR Bigband · maria schneider (leitung) gary husband (dr)
den Klang einer ganzen Epoche, seine Partituren
für „Porgy and Bess“, „Sketches of Spain“ oder
„Miles Ahead“ definierten gleichsam den Big Band-
Sound neu. „Wenn die Leute über Gil Evans reden,
erwähnen sie meist seine wunderbaren ,Voicings‘,
seine Akkord-Klänge“, sagt Maria Schneider. „Seine
Magie reicht aber so viel weiter, bis in die einzel-
nen Stimmen.“ Sie erläutert dies am Beispiel von
„Sketches of Spain“, dessen Originalpartituren
sie kennengelernt hat: „Ich konnte darin all diese
Details sehen und mir wurde klar: Diese Musik ist
„Sie haben davon gehört, wie Armani es schafft,
eine Frau einzukleiden, so dass sie einfach un-
glaublich aussieht?“, fragte Maria Schneider einmal
den Jazzkritiker der New York Times. „Genauso
verstand Gil Evans es, seine Solisten einzukleiden –
mit Tönen.“ Diese Kunst hatte Evans vermutlich
Duke Ellington abgeschaut, den er 1927 in San
Francisco zum ersten Mal mit dessen Orchester
erlebte. Heute zählt Gil Evans (1912 – 1988) neben
Ellington zu den bedeutendsten Arrangeuren der
Jazzgeschichte. Mit „Birth Of The Cool“ prägte er
maria schneider
Aber immer, wenn ich seine Stücke höre, bekom me
ich eine neue Chance, etwas über Musik zu lernen –
inklusive meine eigene.“ Die NDR Bigband hat
Maria Schneider eingeladen, den einhundertsten
Geburtstag des Komponisten Gil Evans mit einem
Konzert seiner schönsten Stücke in Originalarran-
gements zu feiern. Am Schlagzeug sitzt dabei Gary
Husband: Der Brite ist selbst auch Keyboarder
und Bandleader – und seit Langem ein Fan des
Jahrhundert-Musikers Evans.
Tobias Richtsteig
wie das Werk einer feinen Uhr, wo selbst die win-
zigsten Teile ineinandergreifen. Das Stück und
der Solist werden eine unzertrennliche Einheit.“
Maria Schneider weiß, wovon sie spricht. In den
letzten Jahren vor Evans’ Tod war sie dessen Assis-
tentin, arbeitete mit ihm u. a. an der Filmmusik für
„Die Farbe des Geldes“ und an den Arrangements
für das Konzert mit dem Sänger Sting. „Eines Tages
lud Gil mich ein, er wollte einmal über meine
Kompositionen sprechen. Doch bevor es dazu kam,
starb er. Ich werde das mein Leben lang bedauern.
07. + 08. Juni 2012 20.00 Uhr
Hamburg, Rolf-Liebermann-Studio, Oberstr. 120
NDR jazz Konzerte #3
1. Set
cms trio
2. Set
„100 jahre gil evans“
Karten:
NDR Ticketshop im Levantehaus
Tel. 0180. 1787980* Fax 0180. 1787981*
„100 jahre gil evans“
* Bundesweit zum Ortstarif, maximal 42 Cent pro Minute
aus dem Mobilfunknetz
kalle kalima (g) jim black (dr) NDR Bigband · hari heinilä (leitung)
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unsere Band: nicht überintellektuell, ihm passieren
aber komische Sachen. Der läuft auf der Straße
und plötzlich ist er auf einem anderen Planeten
gelandet. Das ist für ihn Alltag – er ist halt kein Ge-
winnertyp.“ Spätestens hier enden die Ähnlich-
keiten, denn Kalle Kalima ist durchaus erfolgreich.
Lange galt er als der Musiker mit den meisten
Bands in Berlin, spielte international mit Tomasz
Stanko, Marc Ducret, Simon Stockhausen und Jimi
Tenor. Zum Ausgleich schuf er sich das Soloprojekt
„Pentasonic“ für Gitarre und fünf Verstärker – und
Als er nach Berlin kam, wohnte er zunächst in
einem Studentenwohnheim, „wo alle zwei Mona te
der Kammerjäger vorbeikam“, erzählt Kalle Kalima.
„In Helsinki sind das die günstigsten Möglichkei ten
zu wohnen.“ Mit seiner Langhaarfrisur und dem
charmant finnischen Akzent konnte man ihn damals
für einen Bohemien aus einem Kaurismäki-Film
halten – oder für den Draufgänger „Johnny La
Marama“, eine Kunstfigur und zugleich der Band-
name eines Trios, in dem Kalima Gitarre spielt:
„Johnny ist ein imaginärer Charakter, der ist wie
ist. Die Leute haben da natürlich schon klare Vor-
stellungen, das macht es nicht gerade einfach.“
Leichte Lösungen sind ohnehin nicht Kalimas Mar-
kenzeichen: „In den letzten zehn, fünfzehn Jahren
hab ich hauptsächlich in kleinen Gruppen Erfah-
rungen gesammelt. Deshalb schreibe ich eher un-
gewöhnlich für Big Band, verwende die Musiker
mehr als Solisten oder in kleinen Gruppierungen.
Dabei ist für so eine gute Gruppe wie die NDR
Bigband zu schreiben eigentlich schon Heraus-
forderung genug.“ Tobias Richtsteig
wurde eingeladen, ein Werk für das UMO, Finnlands
einzige professionelle Big Band, zu schreiben.
Seine „Dance Suite For Domestic Animals“ fand
solchen Anklang, dass er sie 2011 beim Rantakala-
Festival in Hamburg auch mit der NDR Bigband
aufführen konnte. Jetzt präsentiert Kalima sein
neuestes Œuvre, das er exklusiv für die NDR Big-
band geschrieben hat. „Der Arbeitstitel ist: ‚Tribute
to Quentin Tarantino‘“, verrät der Komponist, „aber
es wird kein neuer Soundtrack zu seinen Filmen,
auch keine Neuvertonung der Musik, die da schon
23. Juni 2012
Hamburg, Planten un Blomen, Open Air
Jazz Open
„NDR Bigband feat. kalle kalima“
Karten:
Freier Eintritt
jazzbuero-hamburg.de
„NDR Bigbandfeat. kalle kalima“
kalle kalima
24 25
„In einer Welt, die vom Krieg bedroht ist, können wir
doch nicht junge Leute lediglich dazu ausbilden,
die Märchen des 19. Jahrhunderts zu tanzen.“ Für
Liliom hat das Hamburg Ballett einen wahrlich le-
gendären Musiker mit der Komposition beauftragt:
Michel Legrand. Der 79-Jährige beendete 1952
sein Studium bei Nadia Boulanger und arrangierte
noch im gleichen Jahr das Album „Dizzy Gillespie
with Strings“. 1958 konnte er für sein Album
„Legrand Jazz“ Sidemen wie Miles Davis, John
Coltrane und den Pianisten Bill Evans engagieren.
Seit er in den 1960er-Jahren in Kontakt mit den
Regisseuren der Nouvelle Vague kam, schuf er
über 200 Filmmusiken und erhielt seinen ersten
Oscar für den Titelsong zu „Thomas Crown ist
nicht zu fassen“. Weitere, wie z. B. für „Yentl“ mit
Barbra Streisand, sollten folgen. Neben der Film-
musik suchte Legrand immer neue Herausforde-
rungen. „Ich höre mir meine Aufnahmen nicht an.
Ich will nicht in Versuchung kommen, alte Erfolge
wiederholen zu wollen.“ Lieber arbeitet er daran,
etwas Neues gelingen zu lassen. Tobias Richtsteig
großen Erzählungen der Weltliteratur. Jetzt fügt
das Hamburg Ballett unter John Neumeier der
100-jährigen Inszenierungsgeschichte ein neues
Kapitel hinzu. „Tanz ist für mich immer eine Kunst-
form gewesen, die die Beziehungen zwischen den
Menschen zeigt, ihre Begegnungen, ihre Gegen-
sätze und die daraus entstehenden Spannungen“,
gab John Neumeier 2003 dem britischen
ballet magazine zu Protokoll. Und erklärte auch
seine Motivation, immer wieder neue Stoffe für
seine erzählenden Choreografien zu erschließen:
Die Liebe ist eine Himmelsmacht. Als sich Liliom
in Julie verliebt, lässt er alles hinter sich, am Ende
gar sein Leben. Ferenc Molnars „Vorstadtlegende“
fiel 1909, bei ihrer Uraufführung, beim Publikum
durch – man hatte ein heiteres Volkstheater er-
wartet. Und doch gehört die tragische Geschichte
des Rummelplatzhelden Liliom, der die Wucht
seiner Gefühle nicht fassen kann, in zahlreichen
Theaterinszenierungen, Verfilmungen (u. a. 1934,
Fritz Lang), sogar in einer Musical-Fassung
(„Carousel“, 1945, Rogers & Hammerstein) zu den
michel legrand (musik) john neumeier (choreografie, inszenierung, kostüme)
ferdinand wögerbauer (bühnenbild) simon hewett (dirigent) philharmonisches staatsorchester
NDR Bigband
john neumeier
„liliom“ ballettlegende von john neumeier
frei nach ferenc molnár 28. Juni 2012 19.30 Uhr
Hamburg, Staatsoper
„liliom“
ballettlegende von john neumeier
frei nach ferenc molnár
Karten:
hamburgische-staatsoper.de
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stefano bollani (p, comp) jeff ballard (dr) NDR Bigband · geir lysne (arr/leitung)
Rava sollte recht behalten – Bollani wurde an seiner
Seite als Jazzpianist bekannt, gründete schon bald
ein eigenes Quintett, das „Orchestra del Titanic“,
und erhielt neben vielen Auszeichnungen den
„Premio Carosone“, der nach seinem Idol, dem
gleichnami gen neapolitanischen Sänger, benannt
ist. Bollani hat seinen Kindheitstraum verwirklicht,
auch wenn er heute durch die Tasten des Klaviers
„singt“, als überwältigend virtuoser und humor-
voller Solist. „Ich versuche immer, Spaß an meiner
Musik zu haben“, erklärt Bollani. Den hat er bevor-
Der italienische Pianist Stefano Bollani hatte schon
als Sechsjähriger genaue Vorstellungen: Er wollte
ein berühmter Sänger werden. Ein paar Jahre spä-
ter nahm er eine Kassette auf und schickte sie dem
von ihm verehrten Renato Carosone. Der antwor-
tete, er solle viel Blues und Jazz hören, während er
sein Ziel verfolge. Bollani beherzigte den Rat und
wurde zunächst ein gefragter Sideman, u. a. beim
italienischen HipHop-Star Jovanotti, bis er den
Trompeter Enrico Rava traf. Der überzeugte ihn,
dass er seine eigene Stimme im Jazz finden werde.
stefano bollani
seiner Art. „Für meine Musik wollte ich aber keinen
Arrangeur aus Italien. Ich wünschte mir jemanden
aus einem ganz anderen Kulturkreis, der mich mit
meiner eigenen Musik überraschen kann.“ Und so
wurde für die zu erwartenden heißen italienisch-
deutschen Dialoge mit Geir Lysne ein Norweger
berufen. „Die Visionäre“ ist dieser Abend über-
schrieben – damit sind nicht die haltlosen Träumer
gemeint, sondern jene Utopisten, die uns einladen,
einen Blick über den Tellerrand hinaus zu werfen.
Tobias Richtsteig
zugt in unorthodoxen Zusammentreffen – z. B.
mit dem Pianisten-Kollegen Chick Corea, mit dem
Gewandhausorchester Leipzig oder dem brasilia-
nischen Singer-Songwriter Caetano Veloso. Stefano
Bollani spielt längst in der internationalen Liga des
Jazz: Er tritt in der Mailänder Scala auf, hat ein
Trio in Dänemark und nahm 2009 in Rio seine CD
„Carioca“ auf. Bei einem Gastspiel im NDR ent-
stand die Idee, zum ersten Mal mit einem richti gen
Jazzorchester zu spielen: mit der NDR Bigband,
einem der ex perimentierfreudigsten Ensembles
29. Juni 2012 19.30 Uhr
Timmendorfer Strand, Evers Werft,
An der Acht 2
JazzBaltica Festival (29.6.-01.07.2012)
„stefano bollani & NDR Bigband“
Karten:
Tel. 0431. 237070
jazzbaltica.de
NDR Bigband& stefano bollani
28 29
wolfgang schlüter quartet „four colours“:
wolfgang schlüter (vib) boris netsvetaev (p) philipp steen (b) kai bussenius (dr)
NDR Bigband · jörg achim keller (arr/leitung) wolf kerschek (arr)
Swing und Bebop von Lionel Hampton und Milt
Jackson verzaubern und stieg auf das Vibrafon
um. Für die aktuelle Studioproduktion bringt er
nun sein eigenes Quartett „Four Colours“ mit
der NDR Bigband zusammen. Seine kongenialen
Band-Kollegen Boris Netsvetaev, Philipp Steen und
Kai Bussenius hat Schlüter während seiner Zeit
als Professor an der Hochschule für Theater und
Musik in Hamburg „entdeckt“ und ausgebildet.
Auf dem Programm für die Aufnahmen mit der
NDR Bigband stehen Stücke mit lateinamerika-
Wenn Wolfgang Schlüter gemeinsam mit der
NDR Bigband ins Studio geht, trifft nicht nur eine
Vibra fonlegende auf ein Weltklasseorchester –
auch wenn das für sich genommen schon reizvoll
wäre. Es begegnen sich alte Weggefährten und
Freunde bei einer Art mehrere Generationen um-
fassenden musikalischen Klassentreffen. Denn der
heute 78-Jährige war selbst über dreißig Jahre lang
Mitglied der NDR Bigband. Ursprünglich hatte
Wolfgang Schlüter klassisches Schlagzeug studiert,
ließ sich aber Anfang der 50er-Jahre durch den
wolfgang schlüter
Für ihn war Schlüter nicht nur ein Lehrer, sondern
regelrecht ein Lehrmeister: „Die körperliche Erfah-
rung ihn am Instrument zu erleben, hat mir mehr
gebracht, als tausend Worte.“ Bis heute bewundere
er die „unfassbare Verbindung aus Musik und
Mensch-Sein“, die Schlüter vorlebe. Nach über
fünfzig Bühnenjahren zählt Wolfgang Schlüter noch
immer zu den begnadetsten Vibrafonisten der
europäi schen Jazzszene, obwohl er aufgrund eines
Augen leidens inzwischen fast völlig erblindet ist.
Jessica Schlage
nischen Einflüssen, klassischer Swing und auch
einige Balladen. Für die Arrangements, unter denen
auch einige neue Kompositionen sind, hat sich
Schlüter ausdrücklich die Zusammenarbeit mit
Jörg Achim Keller und Wolf Kerschek gewünscht.
Jörg Achim Keller schreibt seit über 25 Jahren für
Big Bands und Orchester im In- und Ausland und
kennt als Chefdirigent der NDR Bigband die Stärken
jedes einzelnen Musikers. Wolf Kerschek ist neben
seiner Arrangeurtätigkeit auch selbst Vibrafonist
und war lange Jahre Wolfgang Schlüters Schüler.
01. Juli 2012 14.30 Uhr
Timmendorfer Strand, Evers Werft,
An der Acht 2
JazzBaltica Festival (29.6.-01.07.2012)
„wolfgang schlüter quartet & NDR Bigband“
Karten:
Tel. 0431. 237070
jazzbaltica.de
„wolfgang schlüter quartet& NDR Bigband“
30 31
täglich 22.05 – 23.00 uhr
radio-tippsjazz auf NDR Info
Playlists finden Sie unter
ndr.de/jazz
samstags auch 20.15 – 21.00 uhr
storms/nocturnes
Tim Garland (sax) Joe Locke (vib)
Geoffrey Keezer (p)
Der NDR Mitschnitt dieser Konzerte wird
gesendet am:
Sa. 07.04.2012 (22.05 – 23.00 Uhr auf NDR Info)
das kapital
Daniel Erdmann (sax) Hasse Poulsen (g)
Edward Perraud (dr)
Der NDR Mitschnitt dieser Konzerte wird
gesendet am:
Sa. 31.03.2012 (22.05 – 23.00 Uhr auf NDR Info)
sendetermineNDR jazz konzerte im rolf-liebermann-studio 2012
NDR jazz konzerte #1 (08. + 09.03.2012)
32 33george gruntz
Als er so intensiv wie niemals zuvor und danach
im Rampenlicht stand, ging es zwar immer auch
um Musik, aber selten nur um den Musiker George
Gruntz – 1972 hatte er die künstlerische Leitung
der Berliner Jazztage übernommen; vorgeschlagen
vom Gründer des bedeutendsten Jazz-Festivals
in Deutschland, Joachim-Ernst Behrendt. Das war
hohe Ehre und schwere Last zugleich, und zwar
auch in ganz praktischem Sinn – im Jahr zuvor war
dem aus Basel stammenden Pianisten gerade die
Realisierung eines Traums gelungen: die Gründung
eines eigenen Orchesters, das nicht wirklich und
eine lupenreine Big Band war, aber allemal so klang,
sogar aufregender als viele andere. Die „George
Gruntz Concert Jazz Band“ blieb bis heute die
wichtigste Erfi ndung dieses Weltbürgers aus
der Schweiz.
Weltbürger ... das war er schon, als er (mit vierzig,
also – von heute aus gerechnet – auf halbem Lebens-
weg) das große Wendejahr erlebte. Denn er hatte
ja jetzt, nach der ersten Karriere als Pianist mit
zum 80. geburtstagvon george gruntzpianist, komponist, arrangeur und bigband-leiter
lars danielsson new quartet plays liberetto
Lars Danielsson (b, cello) Tigran Hamasyan (p)
John Parricelli (g) Magnus Öström (dr, perc)
Der NDR Mitschnitt dieser Konzerte wird
gesendet am:
Sa. 02.06.2012 (22.05 – 23.00 Uhr auf NDR Info)
christophe schweizer’s moonsun
Christophe Schweizer (tb) David Binney (as)
Jacob Sacks (p) Hans Glawischnig (b)
Dan Weiss (dr)
Der NDR Mitschnitt dieser Konzerte wird
gesendet am:
Sa. 26.05.2012 (22.05 – 23.00 Uhr auf NDR Info)
NDR jazz konzerte #2 (12. + 13.04.2012)
34 35
darüber hinaus brillante Hommage-Konzerte,
etwa für Thelonius Monk oder Charles Mingus.
Weitere sind in Arbeit, bis hier und bis heute ist
Gruntz unterwegs. Im vorigen Jahr hatte er in
Hamburg den Komponisten und Schweizer Lands-
mann Rolf Liebermann (mit dem 1988 in Hamburg
die legendäre Jazzoper „Cosmopolitan Greetings“
entstand) zum 100. Geburtstag geehrt. Jetzt ehrt
der NDR George Gruntz, den treuesten Begleiter
seiner Big Band, der achtzig Jahre alt geworden
ist – in zwei Sendungen: Ein „Jazz special“ zeichnet
seine musikalischen Lebenswege nach, und eine
„Big Band“-Sendung versammelt Highlights seiner
Arbeit mit den Orchestern des NDR.
Michael Laages
eigenem Trio, nicht nur das Orchester und leitete
ein Festival allererster Klasse, er war zudem noch
für die musikalische Arbeit am Schauspielhaus in
Zürich verantwortlich. Er schrieb auch schon für
die Orchester des NDR, für die NDR Radiophilhar-
monie und für die Big Band. Seine musikalische
Sprache als Arrangeur und Komponist war und
blieb dabei stets überreich an Klang und Farbe,
er war und blieb ein Stimmensammler. Und er
entdeckte so die Welt. Jazz, diese weithin improvi-
sierte, die fundamenta le Freiheit des Ausdrucks
beschwörende Musik sei die gemeinsame Grund-
sprache aller Kulturen der Welt – das blieb eine Art
musikologisches Mantra in der Arbeit von George
Gruntz. In verschiedens ten regionalen Projekten,
mit nordafrikanischen Musikern wie mit den tradi-
tionellen „Tambouren“, den Trommlern aus der
Basler Heimat, bis 1994 in den Programmen der
Jazztage, die sich zum „JazzFest“ gewandelt hat-
ten, in eigenen Kompositionen und Arrangements
hat er dieses Welt-Projekt zu realisieren versucht;
für die Big Bands von NDR und WDR entstanden
24. Juni 2012 22.05 – 23.00 Uhr
BIGBAND
george gruntz und die NDR Bigband
Am Mikrofon: Michael Laages
29. Juni 2012 22.05 – 23.00 Uhr
JAZZ SPECIAL
zum 80. geburtstag von george gruntz
Am Mikrofon: Michael Laages
jazz auf NDR Info
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Impressum
Herausgegeben vom
Norddeutschen Rundfunk
Programmdirektion Hörfunk
Orchester und Chor
Leitung
Rolf Beck
Leitung NDR jazz
Management NDR Bigband
Axel Dürr
Redaktion NDR jazz
Stefan Gerdes
Organisation NDR jazz
Hannelore Raukuttis
Organisation NDR Info
Jazzprogramm
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Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
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Redaktion Konzertvorschau
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E-Mail [email protected]
Organisation NDR Bigband
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Orchesterinspizient
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Produktionsleitung
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Fotos
Titel, S. 2 Klaus Westermann
NDR
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Seite 6 ACT/
Jan Söderström
Seite 8 Simon Schwinge
Seite 10 Tina Ruisinger/Visum
Seite 12 Steven Haberland
Seite 14 Florian Ross
Seite 16 David Sproule
Seite 18 Dena u. Jimmy Katz
Seite 20 Joan Cortès
Seite 22 Wolfgang Siesing
Seite 24 eventpress/mp
picture-alliance
Seite 26 Mario Guid
Seite 28 Steven Haberland
Seite 33 Heinz Stuckl SJ DRS
* Bundesweit zum Ortstarif, maximal 42 Cent pro Minute aus dem Mobilfunknetz
was sie noch
wissen wollten ...
zu den Konzertenim Rolf-Liebermann-Studio, Oberstraße 120
Die Tickets sind im NDR Ticketshop im
Levante haus, Mönckebergstr. 7 erhältlich.
Tel. 0180. 1787980*, Fax 0180. 1787981*,
E-Mail: [email protected]
Reservierungen telefonisch unter 0180. 1787980*.
Karten müssen bis 19.30 Uhr an der Abendkasse
abgeholt werden oder werden Ihnen durch den
Ticketshop nach Zahlung durch Überweisung zu -
gesandt. Die Abendkasse ist ab 19.00 Uhr geöffnet.
Die Gastronomie im Foyer bietet Snacks
und Getränke.
Alle Besucher können kostenlos die Parkplätze
auf dem NDR Gelände – auch in der Werderstraße
(soweit vorhanden) – oder den HVV-Gesamtbereich
benutzen.
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alle konzerte auf einen blickJuni07.06.2012 20.00 Uhr Hamburg, Rolf-Liebermann-Studio
08.06.2012 20.00 Uhr Hamburg, Rolf-Liebermann-Studio
23.06.2012 Hamburg, Planten un Blomen
28.06.2012 19.30 Uhr Hamburg, Staatsoper
29.06.2012 Timmendorfer Strand, Evers Werft
Juli01.07.2012 Timmendorfer Strand, Evers Werft
CMS Trio/100 Jahre Gil Evans
CMS Trio/100 Jahre Gil Evans
„NDR Bigband feat. Kalle Kalima“
„liliom“ – Ballettlegende von John Neumeier
„Stefano Bollani & NDR Bigband“
„Wolfgang Schlüter Quartet & NDR Bigband“
S. 18
S. 20
S. 22
S. 24
S. 26
S. 28
April12.04.2012 20.00 Uhr Hamburg, Rolf-Liebermann-Studio
13.04.2012 20.00 Uhr Hamburg, Rolf-Liebermann-Studio
14.04.2012 19.30 Uhr Hannover, HMTM (Hochschule)
15.04.2012 19.00 Uhr Brelingen, Konzertkirche St. Martini
20.04.2012 19.30 Uhr Neumünster, Stadthalle
21.04.2012 20.00 Uhr Ratzeburg, Burgtheater
28.04.2012 20.30 Uhr Schwerin, Schelfkirche
30.04.2012 20.15 Uhr Basel, Schauspielhaus des Theater Basel
Mai01.05.2012 20.30 Uhr Lausanne, Radio Télévision Suisse
02.05.2012 20.30 Uhr Thun, Kultur- und Kongresszentrum
05.05.2012 20.00 Uhr Greifswald, Theater Greifswald
11.05.2012 20.00 Uhr Hamburg, Studio Eins des NDR
25.05.2012 Hamburg, Elbjazz Festival
28.05.2012 19.00 Uhr Solothurn, Rythalle
Christophe Schweizer’s Moonsun/Lars Danielsson New Quartet plays Liberetto
Christophe Schweizer’s Moonsun/Lars Danielsson New Quartet plays Liberetto
Studiobigband/„Stories Untold“
„Stories Untold“
Coltrane – The Super Years (1961 – 62)
Coltrane – The Super Years (1961 – 62)
Coltrane – The Super Years (1961 – 62)
Coltrane – The Super Years (1961 – 62)
Coltrane – The Super Years (1961 – 62)
Coltrane – The Super Years (1961 – 62)
NDR Bigband feat. Nils Landgren
„Inner Vibes Of Love“ – The Music Of Roger Hanschel
„Ceremony“
„Coltrane, Mingus, Monk“
S. 04
S. 06
S. 08
S. 08
S. 10
S. 10
S. 10
S. 10
S. 10
S. 10
S. 12
S. 14
S. 16
S. 10
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jazz aufNDR Infotäglich 22.05 – 23.00 Uhrsamstags auch 20.15 – 21.00 Uhrmo.– do. Play Jazz!
fr. Special
sa. Klassiker (20.15 – 21.00 Uhr)
sa. Konzert (22.05 – 23.00 Uhr)
so. NDR Bigband
Wenn Sie regelmäßig über Konzerte der NDR Bigband, die NDR jazz Konzerte in Hamburg im
Rolf-Liebermann-Studio und das Jazzprogramm auf NDR Info informiert werden möchten, schick en
Sie uns eine Postkarte mit Ihrer Adresse: NDR jazz, Rothenbaumchaussee 132, 20149 Hamburg.
Schicken Sie uns eine Mail an [email protected] oder besuchen Sie
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