wissen und expertenrollen. eine untersuchung der wissenschaftlichen politikberatung im agrarbereich

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1 Wissen und Expertenrollen. Eine Untersuchung der wissenschaftlichen Politikberatung im Agrarbereich Cordula Kropp Der folgende Text setzt sich mit den Rollen auseinander, die politikberatende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an der Schnittstelle von Wissenschaft und Politik einnehmen, und mit den Formaten des Wissens und dem Umgang mit Wissensgrenzen, zu denen diese Rollen in der Reflexiven Moderne führen. Dazu werden zuerst die Bedingungen diskutiert, unter denen die Begegnungen von Wissenschaft und Politik stattfinden. Im Anschluss an diese theoretischen Überlegungen zur Interaktion von Expertise und Politik stelle ich die Expertenrollen vor, die wissenschaftliche Politikberater im von Risikoskandalen geschüttelten Agrarbereich in der Beratungspraxis einnehmen 1 (vgl. Kropp/Wagner 2008a). Dabei steht zur Diskussion, inwiefern diese beratungspraktischen Expertenrollen die Chancen der Ent- und Begrenzung von Wissen und Nichtwissen als je kontextabhängige Form der Produktion von pragmatischem Orientierungswissen bestimmen. Wissenschaft und Politik Wissenschaft und Politik sind bekanntermaßen zwei gesellschaftliche Bereiche, in denen Zustimmung und Legitimation über unterschiedliche Mechanismen gewonnen werden. Folgen wir den grundlegenden Überlegungen von Niklas Luhmann (1986, 1997, 2000), so zielen Operationen im Bereich der Politik auf (Wieder-) Wahl und Machtgewinn, im Bereich der Wissenschaft hingegen führt die Orientierung an »Wahrheit« zu anschlussfähigen Unterscheidungen. Deshalb, so lässt sich in aller Kürze die differenzierungstheoretische Perspektive zusammenfassen, werden Entscheidungen in der Politik am Machterhalt orientiert und mit dem durch Wählerstimmen gewonnenen Mandat legitimiert. In der Wissenschaft hingegen ist Zustimmung am Erkenntnisfortschritt orientiert und wird nicht per Abstimmung, sondern nach Sichtung der methodisch überprüfbaren Belege vergeben. Auch der empirische Einwand, weder folgten die sozialen Praktiken der Wissensproduktion und -sicherung in der Wissenschaft (allein) dieser idealtypischen Differenzierung (Latour/Woolgar 1979, Gieryn 1 Dies geschieht auf der Basis einer Untersuchung, die ich in enger Kooperation mit Peter Feindt und Jost Wagner im Rahmen des BMBF-finanzierten Projekts »Wissen für Entscheidungsprozesse: Ansätze zu einer dialogisch-reflexiven Schnittstellenkommunikation zwischen Wissenschaft und Politik« im Agrarbereich durchgeführt habe (vgl. Kropp/Wagner 2008b sowie Feindt/Freyer/Kropp/Wagner 2007).

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Wissen und Expertenrollen.

Eine Untersuchung der wissenschaftlichen Politikberatung im Agrarbereich

Cordula Kropp

Der folgende Text setzt sich mit den Rollen auseinander, die politikberatende

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an der Schnittstelle von Wissenschaft und Politik

einnehmen, und mit den Formaten des Wissens und dem Umgang mit Wissensgrenzen, zu

denen diese Rollen in der Reflexiven Moderne führen. Dazu werden zuerst die Bedingungen

diskutiert, unter denen die Begegnungen von Wissenschaft und Politik stattfinden. Im

Anschluss an diese theoretischen Überlegungen zur Interaktion von Expertise und Politik

stelle ich die Expertenrollen vor, die wissenschaftliche Politikberater im von Risikoskandalen

geschüttelten Agrarbereich in der Beratungspraxis einnehmen1 (vgl. Kropp/Wagner 2008a).

Dabei steht zur Diskussion, inwiefern diese beratungspraktischen Expertenrollen die Chancen

der Ent- und Begrenzung von Wissen und Nichtwissen als je kontextabhängige Form der

Produktion von pragmatischem Orientierungswissen bestimmen.

Wissenschaft und Politik

Wissenschaft und Politik sind bekanntermaßen zwei gesellschaftliche Bereiche, in denen

Zustimmung und Legitimation über unterschiedliche Mechanismen gewonnen werden.

Folgen wir den grundlegenden Überlegungen von Niklas Luhmann (1986, 1997, 2000), so

zielen Operationen im Bereich der Politik auf (Wieder-) Wahl und Machtgewinn, im Bereich

der Wissenschaft hingegen führt die Orientierung an »Wahrheit« zu anschlussfähigen

Unterscheidungen. Deshalb, so lässt sich in aller Kürze die differenzierungstheoretische

Perspektive zusammenfassen, werden Entscheidungen in der Politik am Machterhalt orientiert

und mit dem durch Wählerstimmen gewonnenen Mandat legitimiert. In der Wissenschaft

hingegen ist Zustimmung am Erkenntnisfortschritt orientiert und wird nicht per Abstimmung,

sondern nach Sichtung der methodisch überprüfbaren Belege vergeben. Auch der empirische

Einwand, weder folgten die sozialen Praktiken der Wissensproduktion und -sicherung in der

Wissenschaft (allein) dieser idealtypischen Differenzierung (Latour/Woolgar 1979, Gieryn

1 Dies geschieht auf der Basis einer Untersuchung, die ich in enger Kooperation mit Peter Feindt und Jost Wagner im Rahmen des BMBF-finanzierten Projekts »Wissen für Entscheidungsprozesse: Ansätze zu einer dialogisch-reflexiven Schnittstellenkommunikation zwischen Wissenschaft und Politik« im Agrarbereich durchgeführt habe (vgl. Kropp/Wagner 2008b sowie Feindt/Freyer/Kropp/Wagner 2007).

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1999) noch sei das politische Mandat in einer von issenschaftlichen Kommissionen und

Gutachten geleiteten Politik vor der Herrschaft der Experten gefeit (zur Diskussion vgl.

Jasanoff/Wynne 1998, Weingart 2001, Bogner/Torgersen 2005), vermag das theoretisch

fundierte Argument nicht zu entkräften: Denn die Anerkennung von Entscheidungen muss

sich im einen wie im anderen Fall doch auf die zugrunde gelegten Systemrationalitäten der

Wahrheitsfindung hier und des Wählerwillens da beziehen.

Zudem gilt in der Moderne die vorangetriebene Arbeitsteilung und damit Trennung in

spezialisierte Funktionsbereiche als Erfolgsmodell. Schließlich hat sie dazu beigetragen,

sowohl die Wissenschaft der ursprünglichen Kontrolle durch Glaubenssätze und weltliche

Herrscher zu entziehen, als auch parallel dazu einen politischen Bereich zu etablieren, in dem

Entscheidungen über Ressourcenverteilungen und Handlungsbefugnisse zumindest

legitimatorisch mit der Überzeugung von Mehrheiten, nicht mit Zwang gleich welchen

Ursprungs begründet werden. In der Folge konnten in beiden Teilsystemen je verschiedene

Rationalitätsideale, Selektionskriterien und operative Leitbilder entstehen, die eigenlogisch

durch Komplexitätsreduktion eine Leistungssteigerung erlauben, die kommunikative

Anschlussfähigkeit dieser beiden »getrennten Welten« aber erschweren.

Die moderne Institutionalisierung von Wissenschaft und Politik (»Staat«) als weitgehend

unabhängige und getrennte Gesellschaftsbereiche beruhte dabei auf einem doppeltem

Leistungsversprechen: Es bestand im Anspruch, gegenüber dem als vormodern und

interessengebunden beschriebenen Ineinandergreifen von Herrschaft, Macht, Glauben und

Wissen durch die moderne Trennung in eigenlogische Funktionsbereiche überlegene

Problemlösungsangebote bereitzustellen und das Gemeinwohl gerade durch die Entgrenzung

des einen Bereichs aus der Vormundschaft des jeweils anderen zu mehren2. Als geradezu

selbstverständlicher Erfolg dieser gesellschaftlichen Modernisierung winkten im wörtlichen

Sinne »bahn-brechende« Leistungen, wenn erst die wissenschaftlich-technische Rationalität

der Aufklärung und die industrielle Entfesselung der Produktivkräfte die natürlich und sozial

gesetzten Grenzen überwunden hätten. Nicht nur Fortschritt und massendemokratischer

Wohlstand (vgl. Parsons 1975, Zapf 1986), auch »immerwährende Prosperität« (kritisch: Lutz

1984) und sogar das »Ende der Geschichte« (Fukuyama 1992) rückten in Reichweite (vgl. zur

»Moderne als Sozialmythos« Wehling 1992). Diese für moderne Gesellschaften konstitutive

2 Luhmann spricht diesbezüglich nicht von einem »Leistungsversprechen«, sondern von einer »Durchsetzungssemantik« (1997: 707) und beschreibt die sie begünstigenden historischen Konstellationen (ebd. 708ff.).

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Vorstellung eines Siegeszugs unparteilicher Rationalität auf der Basis entgrenzter

Funktionssysteme des Erkennens und Entscheidens kritisiert insbesondere Bruno Latour

(1995, 2001, 2005) und macht darauf aufmerksam, dass die Darstellung funktionsspezifischer

Rationalitäten (talk) als Deckmantel für deren kontinuierliche Vermischung (action) diene.

Bruno Latour (1995) zeichnet damit ein Bild von der modernen Gesellschaft, in dem die

technopolitische Gesellschaftsgestaltung auf der Hinterbühne gerade dadurch erfolgreich

bewerkstelligt werden könne, weil auf der Vorderbühne die Verantwortung zwischen den

getrennten Funktionssystemen von Wissenschaft und Politik mit ihren jeweils nur intern

anschlussfähigen Begründungen hin-und hergeschoben werde. Damit stellt sich die Frage,

was in jenen Schnittstellenbegegnungen der wissenschaftlichen Politikberatung geschieht, in

der die beiden Funktionssysteme – nur vordergründig oder in Anerkennung der tatsächlichen

Verflochtenheit – das Gespräch suchen. Welche Prozesse der Abgrenzung oder Entgrenzung

von Wissen lassen sich erkennen? In welcher Weise wird ein Wissen um Grenzen – des

Wissens und des Umgangs mit Wissensgrenzen – bearbeitet? Lassen sich tatsächlich

Differenzen von talk und action, von Vorder-und Hinterbühne identifizieren und wie äußern

sich die Akteure dazu? Bevor die Prozesse der Schnittstellenkommunikation zwischen

Wissenschaft und Politik näher betrachtet werden, zeichne ich zunächst einige der

diesbezüglich bereits zu Klassikern gewordenen Überlegungen nach und diskutiere sie vor

dem Horizont gegenwärtiger Probleme im »Zeitalter der Ungewissheit« (Nowotny et al. 2004;

Nowotny 2005).

Die Kooperation von Wissenschaft und Politik im Zeitalter der Ungewissheit

Wissenschaft und Politik galten im modernen Weltbild als Produktionsstätten von

technischem Fortschritt hier und sozialer Ordnung und Sicherheit da – so zumindest die

überspitzte Darstellung industriemoderner Mythen (vgl. Lyotard 1979). Diese arbeitsteilige

Selbstverständlichkeit ist zunächst durch die Rede von der ökologischen Krise in den 1970er

Jahren, dann auch in anderen Bereichen durch die kontinuierliche Selbstkonfrontation der

Moderne mit den von ihr produzierten Selbstgefährdungen (Beck 1987, 2007) und schließlich

durch den weltweiten Austausch von nun gar nicht mehr eindeutigen und

selbstverständlichen, sondern unhintergehbar pluralen und kontextabhängigen Gewissheiten

und Begründungsformen (Beck 1997, Beck/Lau 2004) in die Krise gekommenen. Parallel

dazu wurde auch das zunächst umstandslos vorausgesetzte, komplementäre Zusammenspiel

von Wissenschaft und Politik nach dem Modell des »speaking truth to power« (bspw.

Schelsky 1965) in Frage gestellt, für »transscience questions« (Weinberg 1972)

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problematisiert und geriet unter den generellen Verdacht einer wechselseitigen Überformung

(Weingart 1983, 2001).

Demgegenüber brachte Jürgen Habermas (1969) im Rahmen seiner idealtypischen

Unterscheidung von drei Modellen der Politikberatung das synthetisierende, »pragmatistische

Modell« in die Diskussion, das bis heute die Debatte über die Expertenrolle in der

wissenschaftlichen Politikberatung strukturiert (vgl. Falk et al. 2006, Renn 2007 sowie May

in diesem Band). Während das »technokratische« Modell den politischen Bereich zur

Exekutive des wissenschaftlich-technischen Sachverstands mache, das »dezisionistische«

spiegelbildlich die Instrumentalisierung des Expertenwissens für politische

Entscheidungsprozesse konzeptualisiere, denkt das pragmatistische Modell einen iterativen,

dialogischen Prozess vor. In diesem entwickeln Entscheider und Experten in einem

voraussetzungsreichen »Übersetzungsprozess zwischen Wissenschaft und Politik« (Habermas

1969: 137) Antworten auf Entscheidungsprobleme. Und zwar geschehe dies, und dieser

insgesamt wenig rezipierte Hinweis erscheint unter der hier verfolgten Fragestellung

wesentlich, vor dem Hintergrund einer »Dauerkommunikation zwischen den politisch in

Anspruch genommenen Wissenschaften und einer informierten Öffentlichkeit« (Habermas

1969: 130). Habermas sensibilisiert also in seinen Ausführungen zum einen für die

schrittweise Sondierung, problemorientierte Weiterentwicklung und kontinuierlich an

teilsystemübergreifender Bearbeitung orientierte Entwicklung eines von den Vertretern des

politischen wie des wissenschaftlichen Bereichs mehr oder weniger geteilten

Problemverständnisses, das auf beiden Seiten erst im Zuge dieses Austauschs zur Artikulation

kommt. Zum anderen betont er die Rolle der Öffentlichkeit in diesem Prozess:

»Der Übersetzungsprozess zwischen Wissenschaft und Politik ist in letzter Instanz auf

öffentliche Meinung bezogen. Diese Beziehung ist ihm nicht, etwa mit Rücksicht auf die

geltenden Normen einer Verfassung, äußerlich; sie ergibt sich vielmehr immanent zwingend

aus den Erfordernissen der Konfrontation technischen Wissens und Könnens mit einem

traditionsabhängigen Selbstverständnis, aus dessen Horizont die Bedürfnisse als Ziele

interpretiert und die Ziele in Gestalt von Werten hypostasiert werden.« (Habermas 1969: 137,

Hervorh. im Original).

Erweitert man diesen richtungsweisenden Text um die 40 Jahre Erfahrung in der

Weltrisikogesellschaft, gerät insbesondere »die Suche nach der verlorenen Sicherheit« (Beck

2007) durch die öffentliche Anerkennung a) der Kontingenz von Gewissheiten und b) der

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dringenden Auseinandersetzung mit bis dato ausgeblendeten Alternativen der

Gesellschaftsentwicklung in den Fokus – und dies nicht erst in der gegenwärtigen Finanz-und

Wirtschaftskrise. Die Öffentlichkeit der späten 1960er und 1970er Jahre begann sich gerade

zu wandeln: Die ökologische Frage wurde virulent, aber auch andere ausgeblendete Dritte

gerieten in die Aufmerksamkeit einer zunächst vom Wirtschaftswachstum hypnotisierten

Öffentlichkeit, etwa die Produktivität weiblicher Hausarbeit, die Ausbeutung der

kolonialisierten Entwicklungsländer und die möglichen Vorwürfe zukünftiger Generationen.

»Die Gespräche der Staatsbürger untereinander« (Habermas ebd.) zersetzen seither sukzessive

den zunächst unhinterfragten Fortschrittskonsens und bereiteten der Entstehung einer neuen

regulativen Idee den Boden, die seit dem »Erdgipfel« in Rio de Janeiro 1992 (UNCED, UN

Conference on Environment and Development) weltweit unter der wenig anschlussfähigen

Etikette »Nachhaltige Entwicklung« an Bedeutung gewinnt.

Das Vertrauen in die Funktionalität der spezialisierten Teilbereiche, in die Legitimität ihrer

Ceteris-paribus-Prämissen und die nationalstaatlichen Scheuklappen ist unter

weltrisikogesellschaftlichen Bedingungen erodiert und öffnet in der entstehenden

»Weltbürgergesellschaft« (Beck 2007: 154) die öffentliche Meinung für Deutungsangebote,

die gerade das wissenschaftlich-technische Wissen und Können und das ihm zur Seite

gestellte politische Selbstverständnis mit anderen Bezugspunkten und Geltungskriterien

konfrontieren3. Die Pluralisierung der implizit zugrunde gelegten Geltungskriterien durch

verschiedene Ansätze der Erkenntniskritik, aber auch durch die vielfältigen Erfahrungen mit

nicht-intendierten Folgen beiderlei Leistungsversprechen untergraben in den Öffentlichkeiten

den auf Wissenschaft und Politik gerichteten Erkenntnis- und Steuerungsoptimismus. Der

davon in Gang gesetzte Prozess der Aushöhlung des wissenschaftlichen wie des politischen

Leistungsanspruchs unterwirft bis in die Prozesse der wissenschaftlichen Politikberatung

hinein den Modus Operandi der Beratung – und zwar vielfach noch vor der

gegenstandsbezogenen Auseinandersetzung – heftigen Debatten um die zugrunde gelegten

Spielregeln und Gesellschaftskonzepte. Diese neue Situation ließ sich zum

3 Es sei nicht verschwiegen, dass Habermas die Anwendung des pragmatistischen Modells aufgrund des von ihm ein Jahr zuvor beschriebenen »Strukturwandel[s] der Öffentlichkeit« (1968) pessimistisch einschätzte: »Die Entpolitisierung der Masse der Bevölkerung und der Zerfall einer politischen Öffentlichkeit sind Bestandteile eines Herrschaftssystems, das dazu tendiert, praktische Fragen aus der öffentlichen Diskussion auszuschließen. Der bürokratisierten Ausübung der Herrschaft entspricht vielmehr eine demonstrative Öffentlichkeit, die bei einer mediatisierten Bevölkerung für Zustimmung sorgt« (1969: 138f.).

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Jahrtausendwechsel im Anschluss an die Doppelkrise von »Rinderwahnsinn« (BSE) und

Maul-und-Klausenseuche besonders gut im Agrarbereich erforschen.

Das Misstrauen der Öffentlichkeit und der Medien in die Lösungskapazitäten von

Wissenschaft und Politik erreichte hier in der Folge der Krisen um BSE und Nitrofen im

Sommer 2001 einen neuen Höhepunkt. Insbesondere die apokalyptischen Bilder von

gewaltigen Scheiterhaufen, auf denen Rinder zu Abertausenden nach politischer Vorgabe

verbrannt wurden, weil sie durch die für den Menschen ungefährliche Maul-und Klauen-

Seuche von Ansteckung bedroht waren, stellten die Wissens- und Entscheidungskriterien in

Frage. Zur Debatte stand einmal mehr das Zusammenspiel von Wissenschaft und Politik in

den schwierigen Prozessen der Meinungsbildung und Entscheidungsfindung unter

Bedingungen von unübersehbarer Bewertungsambivalenz, aber auch von Komplexität und

wissenschaftlich nicht auszuräumender Unsicherheit. Zur Debatte stand aber auch, ob und wie

es in Wissenschaft und Politik zumindest künftig gelingen könne, die je eigenen

Binnenrationalitäten wie auch die Hegemonie marktwirtschaftlicher Überlegungen zu

überwinden, um neue natur-, tier- und verbrauchergerechte Entscheidungskriterien zu

entwickeln. Damit wurde öffentlich Kritik sowohl an der politischen Entscheidungspraxis als

auch am wissenschaftlichen Umgang mit Ungewissheit bzw. der Risikoproblematik geübt,

auch an der klientelistischen Agrarpolitik und vor allem an dem allzu betriebsblinden

Festhalten an nur einer Entwicklungsperspektive, nämlich der Sicherung der

Konkurrenzfähigkeit auf den Weltmärkten durch daran orientierte Produktivitätssteigerungen

und Standards. Auch wissenschaftliche Studien kamen zu dem Ergebnis, dass die

Agrarskandale der vergangenen Jahre die vielfach beschriebenen Missstände der

herkömmlichen Formen der Erzeugung und Kommunikation von wissenschaftlichem Wissen

noch einmal paradigmatisch vor Augen geführt haben (vgl. Adam 1998, Dressel 2002,

Böschen/Viehöver/Zinn 2002). Für diese Autoren zeigte sich an den Skandalen überdeutlich,

dass die Agrarforschung allzu spezialisierten, naturwissenschaftlichen Fragestellungen folge,

die sich vorwiegend an der Weiterentwicklung einzelner Technologien, an einem bestimmten

Entwicklungsparadigma und den damit verknüpften Interessen der Agrarlobby orientiere, die

damit verbundenen Folgeprobleme und Risiken aber ausblende.

Mit der Programmatik der »Agrarwende« hat die damalige rot-grüne Regierungspolitik die

mediale Skandalisierung der agrarpolitischen Praktiken als »window of opportunity« genutzt,

um eine entscheidende Kurskorrektur in Richtung auf eine multifunktionale, nachhaltige

Landwirtschaft einzuleiten. In der Konsequenz geriet der gesamte Bereich unter erheblichen

7

Veränderungs-und Legitimationsdruck. Institutionell wurde dies unter anderem durch die

Neugründung des Bundesinstituts für Risikobewertung und des Bundesamtes für

Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit dokumentiert, deren zentrale Aufgabe in der

Sensibilisierung für die Nebenfolgenproblematik und konkreter für den Verbraucherschutz

liegt. Diese »tief greifende Neuorientierung« wurde vom damaligen Bundeskanzler Gerhard

Schröder, seiner neuen Agrarministerin Renate Künast und dem Mediendiskurs im Rahmen

der gewählten Wende- Rhetorik als Abkehr von »industriellen Produktionsweisen« in der

Landwirtschaft gerahmt. Tatsächlich rief der Bundeskanzler nur sechs Tage, nachdem am 24.

November 2000 eine BSE-Erkrankung bei einem in Deutschland geborenen Kalb festgestellt

worden war, dazu auf, die Krise zu nutzen, »um eine Perspektive für eine andere,

verbraucherfreundliche Landwirtschaft zu entwickeln, also weg von den Agrarfabriken zu

kommen« (Plenarprotokoll des Dt. Bundestags 14/137, S. 13446). Der »vorsorgende

Verbraucherschutz« wurde zum politischen Primat erklärt (vgl. Künast 2001) und erzwang

auch in der politikberatenden Ressortforschung die Auseinandersetzung mit – bis dahin

weitgehend marginalisierten – Perspektiven aus dem Kontext des ökologischen Landbaus und

an Nachhaltigkeit orientierter Landnutzungssysteme. Während bisher die Forschung

maßgeblich die Industrialisierung und Intensivierung der Landwirtschaft unterstützt hatte,

wurde ihr nun der Auftrag zuteil, eine ökologisch ausgerichtete Landwirtschaft zu forcieren

und den Verbraucherschutz zu stärken (vgl. Nieberg 2006). Von Seiten der Forschung wurden

die neuen Schwerpunktsetzungen zum Teil massiv abgelehnt (Jahrbuch Ökologie 2002a),

zum Teil nachdrücklich begrüßt (Jahrbuch Ökologie 2002b). Die öffentlich ausgetragene

Kontroverse machte sichtbar, dass die wissenschaftliche Politikberatung schon vor der

Agrarwende über kein einheitliches Paradigma verfügte, sondern in ähnlicher Weise von

gegensätzlichen Problemwahrnehmungen und Werthaltungen geprägt war wie die politische

Arena selbst. Schon bald nach der politischen Neuausrichtung zentraler Organe der

politischen Entscheidungsfindung wurden gleichermaßen in den politischen Behörden wie in

den Ressortforschungseinrichtungen und insbesondere in den drei neuen wissenschaftlichen

Beiräten4 des umbenannten Bundesministeriums für Verbraucherschutz, Ernährung und

Landwirtschaft virulente Such- und Orientierungsprozesse sichtbar, in denen um neue

4 Im Laufe des Jahres 2003 wurden drei neue wissenschaftliche Beiräte im Landwirtschaftsministerium etabliert: Neben einem Beirat für Agrarpolitik, Nachhaltigen Landbewirtschaftung und der Entwicklung ländlicher Räume wurden ein Beirat für Verbraucher- und Ernährungspolitik und ein Beirat für Biodiversität und Genetische Ressourcen eingerichtet. Die Beiräte sind gehalten, ihre Arbeit miteinander abzustimmen. Zudem gab es zumindest bis 2006 personelle Überschneidungen.

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integrative Leitlinien und Rahmenlegungen für die gemeinsame Erarbeitung von Handlungs-

und Entscheidungswissen gerungen und gestritten wurde.

Ob die proklamierte »Agrarwende« und die davon ausgelösten Veränderungen in der

Agrarforschung wie in der Schnittstellenkommunikation von Wissenschaft und Politik nur

vorübergehende Phänomene, konjunkturelle Reaktionen auf öffentliche Skandaldiskurse

waren, oder ob die Verunsicherung von Wissenschaft, Politik und Öffentlichkeit zu einer

langfristigen Herausbildung neuer institutioneller Formen einer dialogisch-reflexiven

Wissenskommunikation führt, bleibt weiterhin eine offene Frage (vgl. Kropp/Schiller/Wagner

2007). Auf jeden Fall bot sich eine exemplarische Untersuchung von Expertenrollen in der

wissenschaftlichen Politikberatung unter Bedingungen der Reflexiven Moderne im

Agrarbereich an, weil in diesem Sektor beide Funktionsbereiche durch die von den

Risikoskandalen ausgelösten Funktions- und Legitimationskrisen (vgl. Kropp/Wagner 2005)

in besonderem Maße unter Druck standen, ihr Handeln und ihre Orientierungen neu zu

legitimieren und sich für neue Anforderungen und Leitbilder zu öffnen. Im Zuge der stärkeren

politischen Gewichtung von Umwelt-, Tier-und Verbraucherschutzinteressen stellten sich

insbesondere drei Fragen für die Schnittstellenkommunikation zwischen Wissenschaft und

Politik:

• Wie können sich der politische Prozess und die auf Politikberatung zielende Forschung für

ungewollte Nebenfolgen, Nichtwissen und Risiken sensibilisieren und die neuen

gesellschaftlichen Anforderungen an umfassendere Beurteilungsperspektiven integrieren?

• Inwieweit entstehen in den Prozessen der Wissenserzeugung und der

Wissenskommunikation stärker reflexive, dialogische und folgensensiblere Verfahren, die zu

einem bewussten Umgang mit den Grenzen des Wissens führen (vgl. Wagner/Kropp 2007)?

• Und in welchen Prozessen der Schnittstellenkommunikation können sich offenere Formen

der Wissenserzeugung und -kommunikation für einen reflexiven Umgang mit Unsicherheiten

und Bewertungsambivalenzen in der Politikgestaltung für ein so komplexes Handlungsfeld

wie das der Landwirtschaft entwickeln?

Dass nicht alleine der Agrarbereich mit den Problemen unauflösbar verschiedener

Perspektiven und Bewertungsmaßstäbe, erhöhter Komplexität und unabschließbarer

Nebenfolgen konfrontiert ist, sondern in pluralistischen Gesellschaften im globalen Zeitalter

generell besondere Anforderungen an die wissenschaftliche Politikberatung gestellt sind, zeigt

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die neu entflammte Debatte zur Expertise in der Politik (Heinrichs 2002, Bechmann/Hronsky

2003, Maasen/Weingart 2005, Mayntz et al. 2008 sowie Weingart/Lentsch 2008). Ein

Resultat dieser neuerlichen Betrachtung sind viele aktuelle Untersuchungen der Interaktion

von Wissenschaft und Politik, in denen die ambivalenten Folgen der verschiedenen

Orientierungsmuster und Selektionskriterien, aber auch der neue Charakter von Expertise

jenseits einer sich selbst verbietenden Haltung von Autorität und Objektivität deutlich werden

(Falk et al. 2006, Collins/Evans 2007, Pielke 2007, Kropp/Wagner 2008,

Bogner/Menz/Schumm 2008, Patzwald 2008, Buchholz 2008).

Dennoch gilt »Wissen« weiterhin als zentraler Bezugs- und Angelpunkt von Prozessen der

Entscheidungsfindung in modernen Gesellschaften – noch können »Werte« diesen Platz nicht

zurückerobern. Dabei ist es heute eine soziologische Binsenweisheit, dass – anders als es

noch Karl Mannheim oder Daniel Bell erwartet hatten – mit dem Mehr an Wissen keinesfalls

ein Mehr an »Gewissheit« und Entscheidungssicherheit gewonnen werden kann, sondern eher

das Nichtwissen deutlicher hervortritt (vgl. detailliert Wehling in diesem Band). Der

Einbezug von Expertenwissen in die Entwicklung und Begründung politischer

Entscheidungen ist aber nach wie vor zumindest legitimatorisch unverzichtbar – insbesondere

dort, wo weit reichende Entscheidungen zu komplexen Zusammenhängen unter

Veränderungsdruck anstehen. In der politischen Meinungsbildung und Entscheidungsfindung

wird wissenschaftliches Wissen daher trotz der Kritik und Relativierung seiner Erzeugungs-

und Geltungsansprüche als überlegene Grundlage der politischen Beurteilung und

Problemlösungsfindung markiert.

Zugleich stellt sich seine politische Verwendung im Zuge einer in der Reflexiven Moderne

auf die Wissenschaften übertragenen »Religionskritik« (Ulrich Wengenroth) nach einigen

stärker technokratisch orientierten Jahrzehnten und entgegen der These einer enger

werdenden Koppelung beider gesellschaftlichen Teilbereiche autonomer dar (Kropp/Wagner

2008a, Bogner/Menz/Schumm 2008 und auch Beck/Bonss 1984). So ist in Politik, Medizin,

Jedermanns Alltag und nun auch in den Finanzwelten bekannt, dass mit der Zahl der

befragten Experten auch die Zahl der zu berücksichtigenden Gesichtspunkte, der

Bewertungsperspektiven, möglichen Risiken und erkannten Nichtwissensbereiche, kurz die

Unsicherheit wächst. Empirisch wird daher schnell evident, dass eine wissenschaftliche

Politikberatung zum Scheitern verurteilt ist, die sich auf das Formulieren belastbarer Befunde

und das Referat über Fachwissen beschränkt. Der aktuell großen Nachfrage nach

wissenschaftlicher Politikberatung kann es schließlich nicht länger um den Transfer von

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offensichtlich plural und umstrittener gewordenen wissenschaftlichen Kenntnissen in die

Praxis gehen, sondern um das Aufzeigen von Handlungsperspektiven im Angesicht dieser

Vielstimmigkeit und um Orientierung in einer insgesamt als komplexer, dynamischer und

kontingenter erlebten Welt.

Expertenrollen aus der Sicht von Öffentlichkeit, Politik und Wissenschaft

Jedoch wird die Einschätzung, dass den Inhalt der Expertenrolle in der Reflexiven Moderne

daher die Perspektivenöffnung und die entscheidungsorientierte Sichtung weniger von Wissen

als von verschiedenen Wissensangeboten und Nichtwissenskenntnissen bestimmen müssten,

nicht von allen Beteiligten fraglos geteilt. So konstatieren auch Renate Martinsen und Dieter

Rehfeld sehr vorsichtig: »Die Frage, ob die ratsuchende Politik eher an substanziellen

Empfehlungen für anstehende Probleme oder an der Eröffnung alternativer Deutungsoptionen

interessiert sei, ist sicherlich in hohem Grade kontextbezogen zu beantworten, d.h. sie dürfte

abhängig sein von konkreten institutionellen Beratungssettings sowie von der Dynamik des

sozio-strukturellen Wandels« (Martinsen/Rehfeld 2006: 56).

Vor diesem Hintergrund habe ich gemeinsam mit Jost Wagner in den Jahren 2005 – 2007

verschiedene teilnehmende Beobachtungen, insgesamt 39 offene Interviews mit

wissenschaftlichen Politikberatern und Entscheidungsträgern aus Politik und Verwaltung

sowie eine von uns mit Vertretern dieser Bereiche durchgeführte Konferenz unter der

Fragestellung ausgewertet, unter welchen institutionellen Bedingungen (»Beratungssettings«)

und im Rahmen welcher Handlungsorientierungen wissenschaftliche Experten Wissen und

Nichtwissen in die Prozesse der politischen Willensbildung und Entscheidungsfindung

kommunizieren und inwiefern diese Expertise dort aufgegriffen wird. Dabei zeigten sich

deutliche Unterschiede in der Aufbereitung, Formulierung und Verwendung des von den

Wissenschaftlern und Experten in Kooperation mit dem politischen Bereich angebotenen

(Deutungs-) Wissens und Nichtwissens je nachdem, welche Funktionalität dem

Expertenwissen von der wissenschaftlichen und politischen Seite zugeschrieben wurde

(Kropp/Wagner 2008a). Auf der Grundlage unserer Auswertung konnten wir schließlich die

These formulieren, dass in den untersuchten Prozessen der Schnittstellenkommunikation die

Vertreter beider Bereiche in bestimmte »Rollen« mit dazugehörigen Handlungsorientierungen

und -erwartungen gedrängt werden, die den Austausch von »Wissen« und die Thematisierung

von »Grenzen des Wissens« in besonderer und vermutlich auch auf andere Bereiche

übertragbarer Weise bestimmen.

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In der Untersuchung zeigte sich die Rolle und Bedeutung von wissenschaftlicher Expertise als

»institutionelle Kompetenz der Konstruktion von Wirklichkeit« (Hitzler 1994) unter

risikogesellschaftlichen Bedingungen grundsätzlich in Frage gestellt: Politiker beurteilten sie

mitunter leichtfertig als »verzichtbar«, »beliebig« oder »generell wenig hilfreich« – nicht

selten, um im nächsten Satz zu berichten, wie sie demgegenüber im informellen Gespräch bei

ihnen persönlich bekannten Wissenschaftlern Erkundigungen einziehen (dazu später mehr).

Während bei den parteienpolitisch geprägten Befragten fast durchgängig eine große Distanz

zur Wissenschaft geäußert und auch verteidigt wird (»wenn ich den Koalitionsvertrag kenne,

brauche ich keine Wissenschaft«), arbeiten Vertreter der politischen Administration vielerorts

eng mit der Agrarwissenschaft zusammen. Die öffentliche Meinung zur Expertise in der

Politik mag differenzierter sein, als dies von den Medien repräsentiert werden kann. Dort aber

werden große Vorbehalte gegenüber der Zusammenarbeit von Wissenschaft und Politik

kolportiert. So befürchte die Öffentlichkeit insbesondere eine geheime Allianz der beratenden

Wissenschaftler wahlweise mit der Politik oder der Wirtschaft. Ihre Interessen des

Verbraucherschutzes und der an Zukunftsfähigkeit orientierten Gestaltung der Landwirtschaft

wähne sie – insbesondere in Zeiten der Krise – in dieser Kooperation verraten. Dabei wird

den kritischen Öffentlichkeiten eine deutliche Nähe zu »Gegenexperten« nachgesagt und sie

scheinen eher solchen Experten zu vertrauen, die nicht aus den großen Einrichtungen

stammen.

Die Experten selbst nehmen die »Legitimationskrise« der politikberatenden Wissenschaft

ebenfalls wahr, bewerten sie in unseren Interviews aber unterschiedlich. Zum einen werden

gestiegene Anforderungen an die Verbreitung ihrer Erkenntnisse unter dem nun auch in die

Wissenschaften übertragenen Diktat des Marktes beklagt. So müssten Wissenschaftler immer

häufiger als »Unternehmer ihrer Forschungsperspektive« auftreten. Zum anderen werden neue

Zumutungen der öffentlichkeitswirksamen Darstellung und Inszenierung von Expertise

betont, um unter Bedingungen stärker umkämpfter Aufmerksamkeit überhaupt Gehör zu

finden. Auch im Gespräch mit Politikern sei es häufig schwierig, das vorhandene Wissen mit

der notwendigen Umsicht aufzubereiten: »hier sind kleinere Brötchen gefragt« (Interview).

Schließlich berichten sie von einer die effektive Politikberatung erschwerenden

Perspektivenvielfalt und Konkurrenz mit weiteren Anbietern. Immerhin konkurrieren im

untersuchten Feld Vertreter der Universitäten, Fachhochschulen,

Ressortforschungseinrichtungen und freie »ThinkTanks« um knapper werdende Mittel und

schwindende Anerkennung eines historisch seit jeher stark auf Politik-und Praxisberatung

12

ausgerichteten Wissensangebots. Zudem, so unsere Informanten, drohten die verschiedenen

»Mutterdisziplinen« wie bspw. Biologie, Pflanzenzucht, Ökonomie die

anwendungsorientiertere »Agrarwissenschaft« schon wegen der hier schlechteren

Publikationschancen hinter sich zu lassen und erschwerten in ihrer dynamischen Entwicklung

den Blick auf größere Zusammenhänge, den die agrarwissenschaftliche Politikberatung aber

verlange. Schließlich käme die explosionsartige Vermehrung von auf die Landwirtschaft

bezogener Expertise im Europa der 25 hinzu.

Jenseits dieser ihrem eigenen Tun äußerlichen Rahmenbedingungen zeigen sich in der

Auswertung der Gespräche jedoch auch sehr verschiedene interne Selbstverständnisse bei den

wissenschaftlichen Beratern und Beraterinnen. Sie definieren ihre Expertenrolle verschieden

und sehen in der Konsequenz auch unterschiedliche Erwartungen an sie herangetragen. Die

vergleichende Auswertung erlaubte schließlich die Typisierung von drei verschiedenen

Interpretationsformen der auf die agrarwissenschaftliche Politikberatung zielenden

Expertenrolle (vgl. Kropp/Wagner 2008a: 182f.):

• »Experten als Dienstleister«: In dieser Haltung greifen politikberatende

Agrarwissenschaftler direkt politisch formulierte Zielvorstellungen und Handlungsvorgaben

auf und übersetzen sie im Selbstverständnis einer »Hilfstruppe der Politik« (Interview) in

wissenschaftlich bearbeitbare Forschungsfragen. Dabei geht es um die wissenschaftliche

Begleitung und Kommentierung politischer Konzepte sowie um die Untersuchung ihrer

Realisierungsbedingungen. Insbesondere in Ressortforschungseinrichtungen verstehen sich

die Befragten solchermaßen als »wissenschaftliche Dienstleister der Politik« (Interview) und

nehmen in der Folge politische Fragestellungen nicht nur auf, sondern antizipieren diese

bereits. Aber auch Experten aus den Universitäten zielen in der in ihrem Selbstverständnis

»per se anwendungsorientierten Querschnittsdisziplin« (Interview) durch die Vorbereitung

problemorientierter Antworten auf politische Entwicklungen und Fragestellungen auf

Legitimität im Fachkollegium und in der Öffentlichkeit. Im Ergebnis sind ihre

Forschungsentscheidungen stark darauf bezogen, Informationen und technisches Wissen zu

unterschiedlichen landwirtschaftlichen Fragen zu sammeln und im Rückgriff auf groß

angelegte Monitoringsysteme auch kurzfristig bereitstellen zu können. Viele

Entscheidungsträger aus Politik und Verwaltung honorieren diese analytischen

Beschreibungsleistungen. Zugleich beklagen sie, man sei vielfach zwar »gut informiert,

allerdings noch lange nicht beraten« (Interview). Zwar verfüge man über einen breiten

Beratungsapparat, im Ergebnis habe man aber ein recht unübersichtliches System der

13

Wissensproduktion, das die eigentliche politische Erwartung nach Übersicht und Orientierung

– gerade angesichts eines vor allem international nicht mehr überschaubaren

Deutungsangebots – nicht erfülle.

• »Wissenschaftler als Konzeptunternehmer«: Eine andere Interpretation der Expertenrolle

führt auf Seiten der Wissenschaft zu der handlungsleitenden Erwartung, gerade aus der

Distanz zu politischen Zielvorstellungen fruchtbare Beiträge leisten zu können. Die Vertreter

dieser Interpretation der Expertenrolle setzen die gegenwärtige Politikformulierung »zunächst

in Klammern« (Interview) und gehen demgegenüber stärker von in der Wissenschaft

formulierten Problemdefinitionen oder in der eigenen agrarischen Praxis gewonnenen

Relevanzsetzungen aus. Sie vergleichen diese Problemverständnisse mit den Diskursen der

politischen Arena und investieren vor allem in alternative Ideen und Konzepte, die noch nicht

auf der politischen Agenda stehen. Dabei hoffen sie, dass die Kenntnisse über Wissenslücken

und Risiken in der Zukunft von der Politik aufgegriffen werden und dann möglicherweise

auch der eigenen Karriere zugute kommen: »Ein Wissenschaftler ist wie ein Unternehmer, der

Produktlinien entwickelt, in der Hoffnung, dass sie irgendwann ein Renner werden, dass die

Zukunft das Problem wahrnimmt und Lösungen braucht.« (Interview)

Auf politischer Seite führt eine solche Positionierung unter Umständen dazu, dass der

jeweilige Wissenschaftler nur beauftragt wird, wenn Interesse an dem von ihm vertretenen

Konzept, nicht aber an einer generellen Einschätzung besteht: »Wenn ich weiß, da arbeitet ein

Wissenschaftler auf einem bestimmten Gebiet, der hat die und die Position und dem gebe ich

ein Gutachten, weiß ich auch ungefähr, was bei diesem Gutachten rauskommt.« (Interview)

Damit wird in den Augen der Politik die um ihrer vermeintlichen Unabhängigkeit

nachgefragte Expertise offensichtlich wählbar. Zum anderen liegt diesem Verständnis der

Expertenrolle auf Seiten der Wissenschaftler die Einschätzung zugrunde, dass

wissenschaftliche Berater »Politikkonzepte kreativ vorbereiten, ausgestalten und empfehlen

würden. In der Regel werden sie jedoch politisch motivierte strategische Neuausrichtungen

kommentieren müssen und Wege zu deren Realisierung erarbeiten, ohne die politischen

Vorgaben in jedem Fall als richtig zu erachten« (Köpke 2007: 117) – so ein erfahrener

Experte.

• »Wissenschaftler als Gegenexperten«: Schließlich lässt sich eine dritte Form der

Ausgestaltung der wissenschaftlichen Beraterrolle identifizieren, die explizit die Kritik am

herrschenden Paradigma betont und nach konzeptionellen Alternativen sucht – beispielsweise

14

zur vorherrschenden Weltmarktorientierung. Dieser Expertentypus stand in der Entwicklung

der Einsichten in die wissenspolitischen Dynamiken der Reflexiven Moderne Pate (vgl. Beck

1987 sowie van den Daele 1996). Insbesondere Dissidenten des wissenschaftlichen

Mainstreams verkörperten die neuen Spannungen in einer pluralisierten Wissenschaft. Dabei

wurde schon früh deutlich, dass es in dieser Expertenrolle, die heute auch der

wissenschaftliche Mainstream zulässt, nicht nur um (begrenztes) Fakten-, sondern auch um

(entgrenztes) Deutungswissen geht. So wird und wurde beispielsweise auch in den

Kerneinrichtungen der politikberatenden Agrarforschung längst zum ökologischen Landbau

geforscht – nicht zuletzt, um die dominanten Perspektiven anhand grundsätzlich anders

ausgerichteter landwirtschaftlicher Praktiken und Methoden fundiert kritisieren zu können.

Zur Aufgabendefinition solcher kritischen bzw. »eigenverantwortlich an

gesamtgesellschaftlichen Zielvorstellungen orientierte[n]« (Köpke 2007: 118) Politikberater

gehört, wie ein weiterer Befragter im Konferenzband ausführt, aus Verantwortung gegenüber

der Öffentlichkeit, »nicht nur eine konkrete Nachfrage von Seiten der Politik zu erfüllen, …

[sondern auch] Fehler auf der konstitutionellen Ebene aufzudecken, Anregungen für die

öffentliche Politikdebatte zu geben und auch Kritik am eingeengten Blickwinkel von

Interessengruppen oder auch vom Fachministerium zu üben« (Thoroe 2007: 105)

Dieses Selbstverständnis der Expertenrolle wird von der Vorstellung motiviert, durch die

eigene Expertise in der Politik Veränderungsprozesse anzustoßen. Dem entspricht, dass derlei

Gegenexpertise nicht nur von der politischen Administration, sondern häufig auch von

Opposition oder Nichtregierungsorganisationen nachgefragt wird. Die Befürchtung einer

»politischen Instrumentalisierung der Experten« wird dabei besonders häufig geäußert.

Die Typologie macht sichtbar, dass die verschiedenen Definitionen der Expertenrolle

gleichermaßen zu »Politisierung« und zu »Verwissenschaftlichung« von Expertise in je

unterschiedlichen »Mischungsverhältnissen« führen. Dementsprechend kommentiert ein

befragter Wissenschaftler seine Darstellung der problemorientierten Zuspitzung und

Aufbereitung wissenschaftlichen Wissens in beratender Intention mit den Worten: »Na ja, wir

sind da – nicht ein Zwischending, aber ein Beides-Ding. [...] Wir sind jetzt nicht rein

Wissenschaftler und auch nicht Politiker.« (Interview). Damit bestätigt er die Befunde von

Renate Mayntz: »Die Trennung von Wissenschaft und Politik, von wissenschaftlichem

Wissen und politischen Leitbildern (›facts and values‹), ist eine Konstellation, die in der

Beratungspraxis in Reinform kaum anzutreffen ist…« (Mayntz 1994: 17f.).

15

Überraschenderweise erweisen sich das Verständnis von »Expertise« und die daraus

abgeleiteten Erwartungen an das eigene Handeln bei den befragten Agrarexperten kaum von

deren institutionellen Hintergründen und den hier organisatorisch vorgegebenen Leitbildern

bestimmt. Vielmehr betonen die meisten Befragten, in der Themen- und Methodenwahl über

große Spielräume zu verfügen und nicht unter institutionellen Beschränkungen zu leiden. Es

sei aber schwierig, innerhalb der vielfach aufgegliederten Agrarforschung Überschneidungen

und Doppelforschungen zu vermeiden bzw. auch über Bundesländergrenzen hinweg das auf

Politikberatung zielende Forschungsgeschehen zu koordinieren.

Die Untersuchung macht damit bereits an dieser Stelle zweierlei deutlich: Erstens wird weder

das technokratische Modell einer verwissenschaftlichten Politik noch das einer politisierten

Wissenschaft den vielfältigen Interpretationen der Expertenrolle, ihrer gegenstandsbezogenen

Ausgestaltung und den zugrunde gelegten Möglichkeiten im untersuchten Feld gerecht.

Tatsächlich sind die Momente der Schnittstellenkommunikation von Wissenschaft und Politik

vielfältig: In einem mehr oder weniger diskontinuierlichen, iterativen Prozess werden dabei

auf beiden Seiten Gelegenheiten genutzt, um getreu dem eigenen Verständnis Einfluss auf die

Entwicklung von Politikkonzepten zu nehmen – sei es durch deren wissenschaftliche

Exploration im Sinne der politisch formulierten Interessen oder durch deren

eigenverantwortliche Kommentierung, Erweiterung oder Kritik. Welches Grundverständnis

der Beratungsrolle die Experten dabei an den Tag legen, ist empirisch weniger von

vorgegebenen Forschungsrahmenplänen, organisatorischen Strategien oder dem jeweiligen

Gegenstand abhängig als von biographisch-sozialisatorischen Erfahrungen. Wissenschaftler

und wissenschaftliche Berater zeigen sich dabei oftmals von frühen universitären Erfahrungen

und im Karriereverlauf verfestigten konzeptionellen Denkgebäuden geleitet, die als eine Art

»intellektuelle Ehe« die Aufmerksamkeitshorizonte, Bewertungsschemata und Netzwerke

prägen. Diese bestimmen nicht nur, welche Art von Wissen produziert wird, sondern auch,

nach welchen Kriterien die Wissenschaftler die gesellschaftliche Welt der Landwirtschaft

deuten und politische Empfehlungen erarbeiten.

Zweitens bestehen offensichtlich Spielräume der Ausgestaltung der Expertenrolle, in deren

Rahmen der politischen Entscheidungsfindung gleichermaßen »substanzielle[n]

Empfehlungen für anstehende Probleme« und die »Eröffnung alternativer Deutungsoptionen«

(vgl. Martinsen/Rehfeld 2006: 56) angeboten werden können. Ein genauerer Blick in die

Interaktionen der Schnittstellenkommunikation, der im nächsten Abschnitt folgt, lässt

16

allerdings erkennen, dass diese Spielräume wesentlich vom politischen Prozess und seinen

Notwendigkeiten geprägt sind.

Expertenrollen im politischen Prozess

Zunächst wird eine über weite Strecken inhaltlich überraschend unspezifische Nachfrage der

Politikberatung erkennbar, so dass die Politikkonzepte im Rahmen vielfältiger Interaktionen

von Politik, Öffentlichkeit und Wissenschaft durch Beiträge aller Seiten entwickelt,

sukzessive konkretisiert und erst nach und nach ausformuliert werden. Dies geschieht nicht in

einem luftleeren Raum, sondern in starker Prägung durch politische Pfadabhängigkeiten,

durch Bewegungen in der politischen Landschaft und nach Maßgabe von politischen

Gelegenheiten und politikexternen Impulsen, die im untersuchten Sektor niemals auf die

Nationalgesellschaft beschränkt gesehen werden können. Die zwar diskontinuierliche und auf

personeller und thematischer Ebene mitunter gebrochene Dauerkommunikation von

Agrarwissenschaft und Agrarpolitik, die nicht zuletzt von einer häufigen Kreuzung der

Biographien ihrer Vertreter geprägt ist, führt dabei nicht zu einer »Verwendung«

wissenschaftlicher Expertise, sondern zu einer typisierbaren »Verwandlung«

wissenschaftlichen Wissens (ähnlich Beck/Bonss 1984). In diesen Prozessen der

Meinungsbildung und Entscheidungsfindung ko-evoluieren die wechselseitigen Beiträge in

starker Abhängigkeit der institutionell definierten Beratungssettings und der von ihnen

bestimmten Leistungserwartungen. Im Rahmen gemeinsamer Anpassungs- und

Konstruktionsleistungen entsteht dabei »über die Köpfe der Beteiligten hinweg« ein Wissen

dritter Art, dessen Formulierungs- und Geltungsbedingungen je nach Setting unterschiedliche

Formen der Ent- und Begrenzung bedingen. So lassen sich die oben dargestellten

Verständnisse und Leitbilder der Expertenrollen und die mit ihnen einhergehenden

Wissensformate entlang der Rahmenbedingungen weiter differenzieren, die durch den

politischen Prozess gegeben sind.

Das Alltagsgeschäft wissenschaftlicher Politikberatung ist vielschichtig und umfasst

ineinander greifende Prozesse und Situationen des Austauschs. Diese lassen sich in der von

uns durchgeführten Untersuchung anhand der Begrifflichkeiten des idealtypischen Modells

vom »Politikzyklus« mit den Phasen des Agenda Settings, der Politikformulierung, der

Entscheidungsfindung, der Politikumsetzung und -bewertung beschreiben (zu dessen

Entwicklung und Kritik vgl. Jann/Wegrich 2003). Damit wird zwar konzeptionell die

Typisierung der Beratungshintergründe nach funktionsspezifischen Phasen im

17

Beratungsprozess genutzt, ohne zugleich jedoch die unterstellte zeitliche Ordnung oder die

funktionale Rationalität dieser Phasen als generalisierbares Muster zu bestätigen. Auch wenn

das Problemlösen im politischen Bereich darüber hinaus von einer großen Zahl weiterer

Umstände und Kontingenzen gezeichnet ist, verdeutlicht dieses holzschnittartige Modell als

Interpretationsfolie genutzt doch, dass die Beurteilung der »Brauchbarkeit« von Expertise

(»usable knowledge«) nicht nur davon abhängt, was in den Beratungsprozess von wem und

mit welchen Orientierungen eingespeist wird (Ravetz 1987), sondern ganz wesentlich auch

davon, unter welchen institutionellen Bedingungen es lanciert wird.

Die institutionellen Kontexte der wissenschaftlichen Politikberatung bilden keine neutrale

Bühne, sondern setzen rekonstruierbare Handlungsrestriktionen, aber auch Handlungsanreize

und öffnen Handlungsoptionen in bestimmter Weise. Als institutioneller Kontext legen sie der

Kooperation von Wissenschaft und Politik »Regelsysteme« in Form von Verfahrensnormen,

Ressourcen und Relationen zugrunde (Mayntz/Scharpf 1995). Sie strukturieren die

Handlungsverläufe derart, dass beispielsweise unter Bedingungen des »Agenda Setting« oder

der »Politikformulierung« andere Entscheidungen und Strategien erleichtert oder beschränkt

werden als in der »Politikumsetzung«. Je nach »Öffentlichkeit« und »Formalisierungsgrad«

des Beratungssettings, so ein deutliches Ergebnis der Untersuchung, erwarten die Beteiligten

entsprechend Verschiedenes von einander und sind in unterschiedlichem Maße bereit, die

Kontextabhängigkeit und den Konstruktionscharakter gleichermaßen des Expertenwissens

wie der Politikkonzepte zu offenbaren. Die Beratungshintergründe als institutionelle

Kontexte, die im Folgenden anhand der oben genannten Phasen des Politikzyklus typisierend

beschrieben werden, und die in ihnen je geltenden Regelsysteme definieren also

Handlungserwartungen, konstituieren die Akteure sowie deren Konstellationen zueinander

und prägen die wechselseitigen Wahrnehmungen. Durch sie sind verschiedene »Formate« des

Wissens und Deutens für die Interaktionen nahe gelegt, die in den unterschiedlichen

Konstellationen auch die Chancen eines reflexiven Dialogs bedingen.

Problemwahrnehmung und Agenda Setting

Viele Wissenschaftler begreifen die Sensibilisierung und frühzeitige Alarmierung vor

absehbaren Problemlagen und Schwierigkeiten als wichtige Aufgabe der Wissenschaft. In den

Augen von Politikern spielen sie aber gegenüber dem Votum von Lobbyisten im Agenda

Setting nur eine nachgeordnete Rolle. Tatsächlich gelingt es Wissenschaftlern – die Antennen

der Politik sind auf mächtige landwirtschaftliche Interessengruppen, die Medien und die

18

Öffentlichkeit ausgerichtet – höchst selten, mit ihren Einschätzungen und Prognosen zu

Entwicklungstrends und Risiken den politischen Prozess zu beeinflussen. Wo Wissenschaft

nicht als Verkünderin unumstößlicher Gesetzmäßigkeiten auftreten kann, sondern als

Anwältin umstrittener Deutungen (in den Rollen von »Konzeptunternehmern« und

»Gegenexperten«) spricht und öffentliche Diskurse aufgreift, fällt es ihr schwer, im medialen

Ringen um Aufmerksamkeit »Lufthoheit« (Interview) zu gewinnen. Wissenschaftler

übersehen zudem, dass im Agenda Setting ihr als »Prophezeiung« zugeschnittenes Wissen nur

dann von der Politik aufgenommen wird, wenn es an den politischen Diskurs anschlussfähig

ist und sich in die Ergebnisstruktur vorangegangener Verteilungskämpfe und Entscheidungen

fügt.

Die Wissenschaftler reagieren auf ihre geringen Erfolge im Agenda Setting damit, dass sie

einerseits die medialen Selektionskriterien beklagen und andererseits im Rahmen

strategischer Koalitionsbildung und öffentlichkeitsnaher Zuspitzung die Resonanz ihrer

Deutungen zu verbessern versuchen. So erklärt ein hochrangiger Experte: »Ich denke zwei bis

drei Institute, und ich selbst zähle meines auch zu dieser Gruppe, sehen einen gewissen

Ehrgeiz darin, Fragestellungen, die als entscheidend erkannt wurden, dann tatsächlich auch zu

transportieren und in einer Debatte die Lufthoheit zu gewinnen.« (Interview)

Indem die Wissenschaftler ihr Expertenwissen an politischer Relevanz orientiert entgrenzen

und (noch) unsichere Befunde und Einschätzungen in die öffentliche Debatte tragen, begeben

sie sich bis an den Rand des wissenschaftlichen Habitus und gelangen auf ein ihnen fremdes

Terrain, indem sie die weitere Verwendung ihrer Darstellungen kaum kontrollieren können,

nun da die »boundaries« (Gieryn 1999) eingerissen sind. Die angebotenen

Deutungsleistungen erfahren in der Verarbeitung durch die Medien eine weitere Anpassung

an die hier geltenden Kriterien (der Neuheit, der Skandalisierung und pop-politischen

Einbettung). In der Folge nehmen vielen Experten ihre Beziehungen zu Medien und

Öffentlichkeit als enttäuschend, erratisch und trügerisch wahr – und bleiben doch an deren

Erhalt und Aufbau interessiert!

Die Politik reagiert nur zurückhaltend auf wissenschaftlich lancierte Themen, weil jede neue

Fragestellung zunächst unbequem ist: Es müssen knappe Ressourcen mobilisiert und

umgeschichtet und in ihren noch unbekannten Wirkungen auf die Wählergunst ausgelotet

werden. Deshalb gelingt es bestenfalls herausragenden und charismatischen

Wissenschaftlerpersönlichkeiten neue Themen und alternative Sichtweisen auf die politische

19

Tagesordnung zu setzen – und dies nur, wenn sie die Sprachspiele von Medien und Politik

beherrschen und im Verbund mit Meinungsgleichen als (gesellschafts-) politischer Akteur

auftreten (vgl. »epistemic communities«, Haas 1992). Dabei zeigen auch weitere

Untersuchungen zur Schnittstelle von Wissenschaft und Politik (Rieder 2007), dass die

Konstruktion eines wissenschaftlichen »Konsenses« die Chancen eines Konzepts auf der

politischen Agenda erhöhen, so dass engagierte Wissenschaftler dazu neigen,

»Diskursallianzen« zu schmieden, durch die strittige Interpretationen nivelliert und

abweichende Deutungen marginalisiert werden.

Politikformulierung

Hat ein Thema den Sprung auf die politische Agenda geschafft oder erfährt es eine

Neurahmung, gilt die Phase der nun folgenden Politikformulierung als »große Stunde der

Wissenschaft« (Interview). Diese bleibt allerdings der medialen Öffentlichkeit im

Allgemeinen, den Politikern oft und manchmal selbst den einbezogenen Wissenschaftlern

verborgen, weil sie informell abläuft. Im Rahmen der entscheidungsvorbereitenden

Politikformulierung betätigen sich Wissenschaftler als »Politikflüsterer«, die in Gesprächen

mit Politikern oder Verwaltungsfachleuten in unterschiedlichen Kontexten um ihre Meinung

gebeten werden. Mit ihren Einschätzungen tragen sie dazu bei, den Rahmen des

Entscheidungsproblems für die weitere politische Debatte abzustecken (Framing). Sie nehmen

damit aktiv an der Definition der zukünftig als relevant betrachteten Wissensbestände teil,

jedoch jenseits offizieller politischer Prozesse. Oftmals können Wissenschaftler hierbei

Perspektiven zur Sprache bringen, für die in den anderen Formaten der Politikberatung kein

Ort gefunden werden kann. Inwieweit Wissensgrenzen berücksichtigt werden und wie mit

diesen im Weiteren umgegangen wird, entscheidet sich oft in diesen unscharfen Settings.

Die zugrundeliegenden Begegnungen von Wissenschaft und Politik zeigen sich in den

Prozessen der Politikformulierung meist nicht in der Form offizieller Anfragen an dafür

ausgewiesene Experten, sondern in Gesprächen am Rande von Veranstaltungen, in Momenten

der telefonischen Ratsuche bei persönlich bekannten Wissenschaftlern und in

Randgesprächen in inhaltlich definierten Arbeitsgruppen. Sie werden vielfach von den

Beteiligten selbst nicht zur wissenschaftlichen Politikberatung gezählt und profitieren ganz

wesentlich von der faktischen Absenz der Öffentlichkeit, die aber in ihren imaginierten

Erwartungen und Ansprüchen apräsentiert wird. Gerade die Unsichtbarkeit und von

Regelsystemen entlastete Ausgestaltung der Expertenrolle wird von beiden Seiten als Chance

20

wahrgenommen. »Die freie Politikberatung ist ein Feld für sich. Im Grunde läuft sie über

Weiterempfehlung, über Kontakte und sehr viel auch über Diskretion. Man kann viele Dinge

nur erarbeiten, wenn man auch wirklich an die relevanten Papiere rankommt. Wenn das nicht

der Fall ist, dann kann man es im Grunde fast schon lassen.« (Interview)

Die Untersuchung zeigt, dass sich informelle Anfragen aus dem politisch-administrativen

Bereich meist an bekannte oder vertraute Wissenschaftler richten, zu denen bereits Kontakte

aus gemeinsamen Studientagen oder früheren Arbeitszusammenhängen bestehen. Ziel ist es,

schnell und unkompliziert einen Überblick über die Themenlage zu bekommen. Die Wahl des

Gesprächspartners folgt dabei dem Gespür, welcher Experte die relevanten Fragen rasch und

verständlich beantworten kann und dabei Verständnis für die politische Verarbeitung von

Sachverstand aufbringt. Ob der ausgewählte Ansprechpartner die wissenschaftlich

einschlägige Expertise dabei angemessen repräsentiert oder seine Einschätzungen methodisch

absichert, bleibt bei dieser Auswahl nachrangig. Diese Art des Wissensaustauschs findet vor

allem mündlich und informell statt und erlaubt daher die Kommunikation auch ungesicherter

Einschätzungen und Beurteilungen auf beiden Seiten. Risiken und Ungewissheiten kommen

zur Sprache, da in diesen Begegnungen jenseits der Öffentlichkeit nicht mit de-

legitimierenden Konsequenzen gerechnet werden muss.

Dieser Austausch ist für die gesamte wissenschaftliche Politikberatung deshalb so wichtig,

weil hier der Rahmen für die weitere Behandlung des Themas gesetzt wird,

Bearbeitungsperspektiven und Konzepte selektiert und Sensibilitäten geschaffen werden.

Dazu werden Vor- und Nachteile abgewogen, Ansätze für gute Problemlösungen erörtert und

schlechte verworfen, mögliche Koalitionäre ins Auge gefasst und Gegner ins Visier

genommen. Wissen und Nichtwissen erscheinen nicht als distinkt und benennbar, sondern in

der Form tastender Orientierungsversuche vor noch unklarem Hintergrund. Vertraulichkeit ist

beiderseits Bedingung. Denn auch die Wissenschaftler äußern sich hierbei in einer Weise, die

nicht von wissenschaftlichen Standards angeleitet ist: Sie antworten im Verständnis

»privater« (Interview) Unterstützungsleistungen auf Fragen, für die sie unter Umständen

unzureichend vorbereitet sind, geben auch unsichere Einschätzungen ab und betten Fakten in

Kontexte und Hintergründe ein, die später in keinem Gutachten mehr auftauchen werden. Sie

übernehmen die Rolle von Interpreten und »Wegweisern« (Interview). Faktisch erhalten sie

über die informellen Gespräche eine einflussreichere Beratungsfunktion, als ihnen die spätere

Produktion von wissenschaftlichen Gutachten und Stellungnahmen bieten wird. So berichten

viele Befragte davon, wie sie erst in solchen Gesprächen ihren Erkenntnissen und

21

Interpretationen Gehör verschaffen konnten. Ihre Bedeutung bleibt aber weitgehend

unsichtbar und wird nicht personell zugerechnet.

Entscheidungsfindung

Ganz anders in der Phase der Entscheidungsfindung, in der die wissenschaftliche Beratung

formalisiert wird. Für die entscheidungsbezogenen Debatten erwartet die Politik von der

Wissenschaft unstrittige, harte Fakten zur Durchsetzung bereits entworfener Strategien.

Expertise wird zur Rationalisierung und zur Legitimation und Akzeptanzbeschaffung

politischer Entscheidungen (oder Nicht-Entscheidungen) instrumentalisiert, die Experten

müssen nun in eine autoritative Rolle schlüpfen. In der politischen Auseinandersetzung wird

Wissenschaft in öffenlichkeitsorientierten Debatten weniger für die Beratung als für die

Überzeugung benötigt, denn nun muss nicht Erkenntnisgewinn, sondern politische Macht

errungen werden. Dazu muss sie »wasserfest« (Interview) sein, darf ihren

Konstruktionscharakter nicht zeigen. Der Anspruch öffnet vor allem für quantitative,

aggregierte Ceteris-Paribus-Darstellungen von Wissen den Weg, die ihrerseits in der

sozialwissenschaftlichen Analyse als »Modus-1« und wenig »sozial robust« kritisiert werden

(Nowotny et al. 2001). Nichtwissen und Ungewissheit haben nun keinen Raum. Gerade die

mühsam hergestellte »Fraglosigkeit« von wissenschaftlichen Statements und Gutachten, die

oftmals nur durch mehrfache Überarbeitung und Rücknahme aller Konjunktive erreicht wird,

macht sie einerseits »brauchbar« und andererseits kritisierbar.

Wissenschaftliche Expertise findet ihren Weg in parlamentarische Anträge, Ausschüsse,

Anhörungen und Gesetzesentwürfe über Studien, Gutachten, Gegengutachten,

Stellungnahmen und Gegenexpertisen. Die mediale Berichterstattung sichert die öffentliche

Aufmerksamkeit. Diese nutzt die politische Opposition, um auch Politikalternativen ins

Gespräch zu bringen. Politischen Erfolg versprechen in dieser Phase wissenschaftlich

legitimierte Zahlen und empirische Daten. Sie munitionieren den öffentlichen

Schlagabtausch. Um unter diesen Bedingungen den wissenschaftlichen Ruf vor

Beschädigungen zu wahren, klammern die Experten möglichst all das aus ihren Aussagen aus,

was der gegnerischen Position als Quelle für den Nachweis von Unsicherheit oder

Missinterpretation dienen könnte. In der Phase der Entscheidungsfindung erlangen solche

Disziplinen leichter politisches Gehör, die mit quantifizierenden Erklärungsmodellen

aufwarten und über abschließbare Untersuchungsräume berichten können, wie z.B.

Agrarökonomie oder Molekularbiologie. Disziplinen aber, die eher qualifizierend

22

argumentieren und komplexe Wirkungszusammenhänge bearbeiten (z.B. Agrarsoziologie

oder Ökologie), haben es in diesen Beratungssettings schwerer.

Wissenschaft muss bei der Entscheidungsfindung als Exegetin von Sachzusammenhängen

auftreten und mit dem Gestus der Eindeutigkeit und Bestimmtheit sprechen. Ihre Aussagen

werden aber sogleich von Politik, Verwaltung und Öffentlichkeit einer wertenden

Interpretation unterzogen. Dies führt zu Irritationen auf Seiten der Wissenschaft wie der

Politik: Wissenschaftler beklagen den Missbrauch für politische Überzeugungszwecke,

Politiker bemängeln die Ausdeutbarkeit des präsentierten Wissens und beanstanden, dass eine

strittige Wissenschaft – »Wissenschaft ohne Wahrheit« – für die Politik an Nützlichkeit

verliere (vgl. Martinsen/Rehfeld 2006).

Das zeigt sich auch in den Interviews: »Bei Anhörungen beantragt jede Fraktion ihre

Wissenschaftler. Und ich könnte Ihnen schon, bevor die den Saal betreten haben, sagen, was

für eine Meinung sie vertreten. Bei dieser Gegenüberstellung lässt sich schon das eine oder

andere bloßlegen, da die Wissenschaftler die verschiedene Lehrmeinungen vertreten, sich

untereinander kennen und sich gegenseitig vorhalten können, wo jeweils die Lücken in der

Argumentation der anderen Seite sind.« (Politiker im Interview) »Im Gutachten zur Zukunft

der Nutztierhaltung hat der Beirat versucht, viele Aspekte einzubeziehen und nicht einseitig

zu argumentieren, sondern gerade dualistisch auch das »Sowohl-als-auch« immer mit zu

benennen. In der öffentlichen Debatte sucht sich dann aber jeder das raus, was er gebrauchen

kann, nutzt es für seine Zwecke und verkürzt damit den Ansatz. Damit verpufft die Wirkung

des Gutachtens auch ein Stück weit« (Wissenschaftler im Interview)

Politikumsetzung

Entscheidungen beenden weder den politischen Prozess noch dessen wissenschaftliche

Unterstützung und Begleitung. Sie müssen vielmehr politisch-administrativ umgesetzt und als

objektivierte »Sachzwänge« in bindenden Normen, Verfahrensvorschriften, Verordnungen

und Richtlinien verankert werden. Expertise übernimmt besonders hierbei die Funktion

unabhängig-neutraler und normierender Dienstleistung. Dabei verfügt der Agrarbereich über

einen besonders umfangreichen Apparat der Ressortforschung: So war die Herausbildung der

Agrarwissenschaften als eigenständiger Disziplin eng verwoben mit dem Ziel der

Industrialisierung und Modernisierung des landwirtschaftlichen Bereiches. Damit gingen

besondere Formen der Institutionalisierung von wissenschaftlichen Beratungseinrichtungen

einher und bis heute findet ein beachtlicher Teil der Forschung in den dem

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Landwirtschaftsministerium unterstellten Ressortforschungseinrichtungen statt. Deren

Aufgaben liegen neben Forschung in der Politikberatung und der Erbringung

forschungsbasierter Dienstleistungen, beispielsweise der Prüfung, Zulassung und

Regelsetzung. Wissenschaftlicher Expertenrat gilt im Agrarbereich zweifach als Ressource

von Autorität und Vernunft. Zum einen wird mit der Vokabel »wissenschaftlich« seit den

1950er Jahren vor allem ein solches Wissen als »objektiv« – das heißt »nicht ideologisch« –

und »überlegen« (Interview) markiert, durch dessen Inhalt und methodisch-systematische

Produktion sich die Beteiligten einen »modernen« Zugriff auf die Welt versprechen. Zum

anderen rechtfertigt die wissenschaftliche Beratung eine protektionistische Politik in ihren

Entscheidungen, die sonst als Lobbyismus wahrgenommen würde (vgl.

Henrichsmeyer/Witzke 1991). Beide Traditionen prägen die Rollenverständnisse der Experten

insbesondere in ihren Leistungen für die Politikumsetzung.

Dafür müssen die Rollen von Politik und Wissenschaft deutlich markiert und klar

unterschieden werden. In dieser vermeintlich »technischen« Phase werden die

Agrarverhältnisse neu geordnet, indem die Begründungen für Entscheidungen nachgeliefert,

Ansprüche definiert und beispielsweise über Richtwerte, Zuordnungen und Klassifikationen

knappe Güter verteilt werden. Wissenschaft wird dabei in doppelter Weise zur

Normenlieferantin: Zum einen begründet sie Höchst- und Grenzwerte, Klassen und

Unterscheidungen, zum anderen erledigt sie die Übersetzung der Politikentscheidungen in

ökonomische und untergesetzliche Normen, insbesondere in Ressortforschungseinrichtungen

und nachgeordneten Fachbehörden. Sie verfügt dabei de facto – insbesondere im

Agrarbereich – über eine erhebliche Gestaltungskraft (»regulatory science«, Jasanoff 1990).

Diese wird allenfalls in der Fachwelt debattiert, erfährt jedoch keine öffentliche

Aufmerksamkeit, die sich bereits anderen Themen zugewendet hat. »Wenn man sich in

Deutschland auf eine Prämienhöhe einigt, wird von mir erwartet, dass ich diese dann

wissenschaftlich belege. Dabei könnte ich in vielen Fällen sagen, dass auch viele andere

Prämienhöhen u.a. aufgrund unterschiedlicher Standortbedingungen gerechtfertigt sind und

belegt werden könnten. Ein Stück weit bin ich dann Dienstleister. Der Wert wurde aus

verschiedenen Gründen politisch so festgelegt und ich soll wissenschaftlich begründen,

warum dieser Wert gerechtfertigt ist.« (Interview)

Wenn in der Literatur kritisch nach der Legitimation von wissenschaftlicher Politikgestaltung

gefragt wird, so bezieht sich diese Sorge um die »Herrschaft der Experten« meist auf die

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politische Entscheidungsfindung. Unsere Studie legt jedoch nahe, dass sie bezüglich der meist

unbeachteten Politikumsetzung besonders berechtigt wäre.

Politikbewertung

Politikbewertung geschieht im Kreuzungspunkt divergierender Interessen. Deshalb sehen

Politik und Verwaltung es oft nicht gerne, wenn geschlossene Debatten wieder geöffnet

werden. Wissenschaft hingegen, insbesondere solche Disziplinen, die in die Politikberatung

kaum oder gar nicht involviert sind, kann sich relativ unbelastet mit Fragen der Politikgenese

und der Politikfolgen befassen. Sie nimmt bei der Politikbewertung die Rolle des distanziert-

kritischen Kommentators ein und bringt nun ein reiches Arsenal der Evaluations- und

Implementationsforschung zum Einsatz.

Die Bewertung des agrarpolitischen Handelns hat nicht zuletzt durch die Agrarkrisen und

Lebensmittelskandale in der Öffentlichkeit an Stellenwert gewonnen. In den Augen von

Politik und Verwaltung gilt politisches Handeln aber dann als erfolgreich, wenn politische

Themen »erledigt« und die Debatten darüber beendet sind. Der evaluierenden Wissenschaft

hingegen geht es darum, Auswirkungen unter verschiedenen Perspektiven zu beschreiben,

kritisch zu bewerten und sie unter Umständen erneut zur Debatte zu stellen. Dies greifen zwar

Lobbies und Agraropposition gerne auf, die Analysen zur Politikbewertung aufmerksam in

Fachorganen und auf Kongressen verfolgen, um gegebenenfalls die Politik zur Neubefassung

oder Neuausrichtung des Themas zu bewegen. Entscheidungsträger unterstellen hingegen

mitunter eigennützige Motive: Wissenschaft dränge mit abgeschlossenen Themen in die

Öffentlichkeit und fordere weitere Forschungsmittel ein.

Diese erneute Begegnung von Wissenschaft und Politik produziert wieder andere

Wissensformate, denn in der Politikevaluation werden gezielt gesellschaftliche Leitbilder und

Zielsetzungen aufgegriffen und sozio-kulturell begründete Maßstäbe herangezogen. Das im

Rahmen der Entscheidungsfindung auf Unstrittigkeit und in der Politikumsetzung auf

Kodifizierbarkeit begrenzte Wissen wird nun neuerlich entgrenzt, an Geltungskriterien

orientiert, die in den Expertisen unter Umständen keine oder nur eine untergeordnete Rolle

spielten, und eröffnet eventuell eine neue Runde des Agenda Setting. Auch diese

Horizonterweiterung macht es den Beteiligten vielfach schwer, das nun generierte Wissen in

seiner gesellschaftsorientierten Formulierung auf die bis dato zur Debatte gestellten Konzepte

zu beziehen.

25

An den situationsabhängigen Facetten der Expertenrolle im politischen Prozess lassen sich

somit die »Passagen des Sachverstands« (Kropp/Wagner 2008b) erkennen. In deren Rahmen

kommen Wissen und Nichtwissen in den Gewändern kontextabhängiger Anforderungen an

und Artikulationen von Expertise in unterschiedlichen Formaten zum Ausdruck. Die

dargestellten Formen der institutionellen Einbettungen wissenschaftlicher Politikberatung im

Agrarbereich und ihre Folgen für Prozesse der Be- und Entgrenzung von Wissen sowie für

dessen »Passung« zu den jeweiligen Handlungsorientierungen der interagierenden Akteure

zeigen, inwiefern die Verwandlung der erarbeiteten Wissensangebote den Expertenrollen im

politischen Prozess genüge tut. Je häufiger dieser Prozess allerdings medial vorgeführt und

kommentiert wird, desto fatalere Wirkungen hat er auf das industriemodern geprägte

Verständnis eines arbeitsteiligen Zusammenspiels von Wissenschaft und Politik mit

eindeutigen Rollenvorgaben und -unterscheidungen. Die Nutzung dieser Unterscheidung im

politischen Prozess und ihre faktische Überwindung zehrt sukzessive deren

legitimitätsspendende Wirkung auf und stellt die politische Rolle wissenschaftlicher Experten

fundamental zur Debatte.

Expertenrollen als Ausdruck von wissenschaftlichen Vorder- und Hinterbühnen?

Im öffentlichen Raum führt das politische Spiel mit verschiedenen Expertenrollen im

politischen Prozess langfristig zur Entstehung neuer Verständnisse von Wissenschaft, die

sowohl den modernistischen »Aufklärungsanspruch« als auch das postmoderne

»Interpretenbild« hinter sich lassen. Diente einst die Rolle des Gegenexperten dazu, auf neue

Konflikte und Spannungen in der Wissenschaft aufmerksam zu machen und eine Erosion von

deren autoritativer Legitimität im Angesicht von nicht-intendierten Nebenfolgen und Risiken

anzukündigen, so zeigt die heute vorzufindende Vielfalt von Expertenrollen und das

souveräne Spiel der Wissenschaftler mit diesen, dass sich in der Wissenschaft längst ein

reflexives Verständnis von Wissen, seiner Objektivität, Exklusivität und Politisierbarkeit,

verbreitet hat. Mit der Entzauberung des omnipotenten wissenschaftlichen Beraters ist eine

Praxis salonfähig geworden, in deren Rahmen in der wissenschaftlichen Politikberatung – je

nach Gebot der Stunde – nun recht umstandslos wissenschaftlicher Sachverstand mit

gesundem Menschenverstand und eigener Anschauung gepaart wird, Experten sich hier als

medienfähige Propheten und da als seriöse Gutachter präsentieren und im Gespräch mit der

informierten Öffentlichkeit zwischen dem Referat über Fakten und deren interpretierender

Deutung changieren. Dabei führt die Pluralisierung von Paradigmen (sei es der

Weltmarktorientierung, der Orientierung an Nachhaltigkeit, der Ökologisierung, der

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Internationalisierung, der Technisierung etc.) und je subdisziplinär konstituierten

Gegenstandswelten in der Agrarwissenschaft (vgl. DFG 2005), aber nicht nur hier, sondern

insbesondere im Gespräch mit Politik und Praxis zu einer kontinuierlichen Reorganisation

bislang handlungsleitender Unterscheidungen der Wissensproduktion. Dadurch werden die

Wissensgrenzen unschärfer, ihre Bedeutung kontextabhängiger und der Umgang mit diesen

autonomer.

In einer solchermaßen entgrenzten Wissenschaft scheint es als Resultat unserer Untersuchung

durchaus sinnvoll, zwischen wissenspolitischem talk und beratungspraktischer action zu

unterscheiden. So wie sich verschiedene Bühnen der Herstellung von Gewissheiten unter

Nutzung verschiedener Rollen und Requisiten abzeichnen, wird auch rekonstruierbar,

inwieweit die Prozesse der Abgrenzung von Expertise in ihren vielfältigen Formen zu immer

wieder neuen Strategien der Begrenzung, Begründung und Legitimation von durchaus

verschiedenen Wissensangeboten führen. Diese Pluralität der Wissensformate und der

zugrunde gelegten wissenschaftlichen Selbstverständnisse verdeutlicht das Reflexivwerden

von Expertise und die Entgrenzung von wissenschaftlichen Expertenrollen in der

Politikberatung: Die zur Beratung herangezogene Wissenschaft, die mitnichten einem

homogenen Gebäude mit integrativem Dach gleicht, hantiert gerade in ihren

grenzüberschreitenden Außenkontakten, in denen sich wissenschaftliche Experten einerseits

auf die Aura »der Wissenschaft« beziehen und diese Leitfiktion andererseits unmittelbar

nutzen, um auf den verschiedenen Hinterbühnen ihrer Beratungspraktiken – und vermutlich

nicht nur dort – höchst Unterschiedliches zu tun, mit einer neuen »post-epistemischen

Souveränität«5 (vgl. dazu Rouse ).

Mit Blick auf die Theorie der Reflexiven Moderne ergeben sich drei analytisch relevante

Konsequenzen: Erstens wird wissenschaftliches Wissen im Prozess der Politikberatung

gleichzeitig als legitimitätsspendende Ressource genutzt und als »Stimme unter vielen«

(Interview) wahrgenommen. Weit entfernt vom industriemodernen Anspruch der »ultima

ratio« oder der überlegenen Quelle moderner, und damit vernünftiger Entscheidungen, haben

sich die wissenschaftlichen Experten im untersuchten Bereich längst darauf eingelassen, ihre

5 Der Wissenschaftstheoretiker Joseph Rouse überträgt Foucaults Problematisierung des Souveränitätskonzeptes versuchsweise in die Naturwissenschaften und stellt zur Debatte, inwieweit auch die Generierung von wissenschaftlichem Wissen als dynamischer, strategischer und vor allem produktiver Prozess jenseits überkommener Souveränitätsmacht zu verstehen sei, der sowohl mit realistischen als auch mit relativistischen Verständnissen unvereinbar ist (vgl. Rouse 1993: 161).

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Perspektiven mit allen Wenn- und-Abers, aber ohne erstmodernen Anspruch der

Letztgültigkeit einzubringen. Wie auch Böhle und Porschen (2010 in diesem Band) zeigen,

geht das jedoch nicht zwangsläufig mit der Relativierung des Überlegenheitsanspruchs einher

und beinhaltet eben auch die Möglichkeit, in der Phase der Entscheidungsfindung – auf der

Vorderbühne – die Aura wissenschaftlicher Objektivität zum Einsatz zu bringen! Zugleich

scheint die Agrarwissenschaften zweitens eine Art neue Nüchternheit erfasst zu haben, in der

nicht nur ein epistemisches Sowohl-als-auch, sondern auch inhaltliche Richtungswechsel und

widersprüchliche Einschätzungen selbst aus ein und derselben Beratungseinrichtung den

Aufbruch in eine »säkularisierte« Wissenschaftlichkeit (vgl. Wengenroth in diesem Band:

Ms., S. 9) anzeigen, die ohne die Institution zu diskreditieren stärker auf pragmatisches

Orientierungswissen bezogen ist. Dabei zeigt sich insbesondere in Situationen der

wissenschaftlichen Vorbereitung der Politikumsetzung eine deutliche Portion vergleichsweise

flexiblen Wissenschaftspragmatismus’. Schließlich geht mit der in der Politikberatung

unwiderruflich sichtbar werdenden Pluralisierung und Politisierung von Wissen und, wie

Wehling (2010 in diesem Band) verdeutlicht, damit zugleich von Nichtwissen eine verbreitete

Einsicht in die Temporalität und nur kontextbezogene Akzeptanz von wissenschaftlichen

Urteilen einher. Experten verfügen eben nur dann über Wissensangebote, wenn sie Teil einer

epistemischen Praxis an der Schnittstelle von Wissenschaft und Politik sind. Ihre so situierten

Wissensangebote können in den Augen der Beteiligten dazu beitragen, vernünftige

Entscheidungen zu finden, aber niemand erwartet mehr, dass sie diese ersetzen.

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