was uns die toten über das steinzeitliche leben erzählen können - die bestattungen aus schwanfeld

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' Es liandelt sich uin folgende Staaten: Belgien, Deutscliland. Frankreich, Luxeinburg, Molda- wien, Niederlande, Osterreich. Polen, Rurnä- nien. Scliweiz, Slowaltei, Tschecliien, Ukraine, Ungarn. Beclter, Valeska: Figürliche Darstellungen der Linearbandlteraniik. Vorträge des 28. Nieder- bayerischeii Arcliäologentages. RahdenlWestf. 2010, S. 28. ' Haiisen, Svend: Bilder vom Menschen der Steinzeit. Untersuchungen zur antliroponior- phen Plastik der Jungsteinzeit und Kupferzeit in Siidosteuropa. Archäologie in Eurasjen 20. Mainz 2007, S. 302. " Becker: Figürliche Darstellungen (wie Anm. 4). S. 28. ' Ebd. "Lüning, Jens: Die „Idole" - Kleinplastische Kunst der Bandkeramik. in: Lüning, Jens (Hrsg.): Die Bandkeramikei. Erste Steinzeit- bauern in Deutsclilaiid. RalidenIWestf. 2005. S. 208. " Nebelsick, Louis D./Schulze-Forster, JenclStäu- ble, Harald: Adonis von Zersclinitz - Die I<unst der ersten Bauern. Archaeonaut 4. Dresden 2004, S. 4-6. "' Scliade-Lindig. SabinelSchade, Cliristopli: Vor 7500 Jahren - die ersten Ackerbauern in Mes- sen. Themen der hessenArchäologie 7. Wiesba- den 2006, S. 23. " Lüning, Jens: Frisuren: Ihr Hauptsclim~ick ist ihr Ha~iptscliinuck. in: Lüning: Bandkeramiker (wie Anm. 8). S. 221-231. Schade-LindigIScliade: Vor 7500 Jahren (wie Anm. 10). S. 23. " NebelsicklSchulz-Forcierlstäuble: Adonis (wie Anrn. 9). S. 14. Beclter: Zoomorphe Funde (wie Anm. 1). S. 9. Ii Becker: Figürliche Darstellungen (wie Anrn. 4). S. 28. '"bd. l7 Becker: Zoomorphe Funde (wie Anrn. l), S .22-27. '"odderman. Pieter J. R.: Neolithische und W h - bronzezeitliche Siedl~ingsspuren a~is Hienheirn. Ldkr. Kelheim. Analecta Praehistorica Leiden- sia4.Leiden 1971,S.5. '' Becker: Zoomorphe Funde (wie Anin. 1 ), S. 33. '" Lüning: Idole (wie Anm. X), S. 2 11. " Becker: Zoomorplie Funde (wie Anm. 1). S. 37f. " Cladders. Maria: Die Tonware der Altesten Bandkeramik. Untersuchungen zur zeitliclien und räumlichen Gliederung. Universitätsfor- schungen zur prähistorischen Arcliäologie 72. Bonn 2001, Taf. 60,7710. '? Die Originale der Schwanfelder Idole werden im Bandkeramik-Museum Schwanfeld gezeigt. '' Becker: Figürliche Darstellungen (wie Anm. 4), S.29,S.32,Abb.3,1. " Dieses Idol ist im Original im Bandkeramik- Museum Schwanfeld ausgestellt. '"ecker: Figürliche Darstellungen (wie Anm. 4), S. 28F. " Ernstson, TillITillmann, Andreas: Ein bandke- ramischer Widderkopf von Mühlhausen: Wer ist der schönste irn ganzen Land'? Das archäologi- sche Jahr in Bayern 2007. Stuttgart 2008, S. 13- 15. '"ecker: Zooiiiorplie Funde (wie Anm. I), S. 84, Taf. 19.6. Was uns die Toten über das steinzeitliche Leben erzählen können - Die Bestattungen aus Schwanfeld 1,011 Frnuke Jncabi Seit es den modernen Menschen (Homo sn- dem Kopf im Osten und den Füßen im We- piens) gibt, hat dieser seine Toten in pietät- sten, der Blick war somit nach Süden gerich- voller oder doch wenigstens in zumeist re- tet. Allerdings existierten durcliaus aucli zalil- glementiester Weise bestattet. Bereits für den reiche lokale Variationen! Lediglich die Bei- Neandertaler (Homo r7eaizderthalensis) wer- gaben unterschieden sich bei den Gescl-ilech- den entsprechende Bräuche ange11omrnen.l tern: Männer erhielten vor allem Waffen oder Seit dem Beginn der Jungsteinzeit. die in Mitleleuropa mit der Bandkerarnisclien Kul- tur um 5.500 v.Clir. einsetzt, haben sich die Bestattungssitten vielfach gewandelt. Beson- ders häufig traten in diesem Abschnitt der Vorgeschichte Hockerbestattungen auf. das heißt, die Toten wurden auf der Seite liegend mit angezogenen Armen und Beinen in einer Art Schlafhaltung beerdigt. Aber auch die ge- streckte Rückenlage wurde zum Teil urakti- ziert, beispielsweise in der mittelneolithischen ,Hinkelstein-Kultur' .' Einen besonderen Stel- lenwert schien das Bestattungswesen in der auch als Kupferzeit bezeichneten letzten Phase der Jungsteinzeit gehabt zu haben: Die allem Anschein nach gleichzeitig und neben- einander auftretenden Kulturen mit Scl-inur- keramik sowie die sog. ,Glockenbecherkult~ir' wiesen einen geradezu antithetischen Grab- brauch auf: In ersterer wurde in Ost-West bzw. West-Ost-Ausrichtung, in letzterer hin- gegen in Nord-Süd bzw. Süd-Nord- Ausrichtung bestattet, jeweils nach Ge- schlecht ~~nterschieden.~ Bei all diesen Unter- schieden gab es jedoch stets einen gemeinsa- men Nenner: Die Toten wurden in mehr oder weniger unmittelbarer Nähe zueinander be- graben, äl-inlich den heutigen Friedhöfen. Grä- ber, die außerhalb solcher Bereiche liegen (beispielsweise innerhalb von Siedlungen) oder von den für die jeweils zugehörige Kul- tur vorherrschenden Bestattungssitten abwei- chen, werden daher als „Sonderbestattungen" . .. Werkzeuge, Frauen eher Schmuck oder ,,Haushaltsgegenstände" wie zum Beispiel Mahlsteine. Daneben bekamen beide Ge- schlechter Gefäße undloder Feuersteingcräte mi~egeben.~ Diese Tradition belegt, daß die Menschen damals eine wie auch immer gear- tete Vorstellung von einem Leben nach dem Tod gehabt liaben müssen. Deren tatsächli- ches Aussehen jedoch entzieht sich unsercr heutigen Kenntnis. Das gilt um so mehr, wenn die Bestattungen wie im vorliegenden Fall der beiden Gräber aus der bandkeramischen Siedlung von Schwanfeld anscheinend Teil eines komple- xen Rituals gewesen sind.6Allerdings können diese Vorgänge nicht Thema des vorliegenden Beitrags sein. der sich rein auf die Anthropo- logie beziehen soll, um die entsprechenden Ergebnisse der vergangenen Jahre zusam- menzufassen. Für beide Skelette gilt. daß ihre Knochen g ~ t er-halten und weitgehend voll- ständig überliefert sind, so daß repräsenta- tive Aussagen zu Alter, Geschlecht und Kör- perhöhe sowie zu Krankheitsersclieinungen möglich sind. Das erste Skelett aus Schwanfeld ist das eines Mannes, der im Bereich der westlichen Längsgsube von Haus 16 aufgefunden wurde (Abb. 1). Die antliropologische Bearbeitung von Karl-Georg Beck ergab ein Alter von 23 bis 25 Jahren.' Beigesetzt wurde der Mann, abgesehen von seiner Position außerhalb eines Gräberfeldes, nach den zu iener Zeit herr- bezeichnet. scl-ienden Sitten, also als linker Hocker mit In der Bandkeramik war das Bestattungsri- dem Kopf im Osten und Blick nach Süden. Im tual für Männer und Fra~len größtenteils ein- Grab fanden sich eine Dechselklinge aus Am- heitlich: Die meisten Toten wurden auf der phibolit sowie fünf Pfeilspitzen aus Feuer- linken Körperseite liegend beigesetzt, mit stein (Abb. 2).

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' Es liandelt sich uin folgende Staaten: Belgien, Deutscliland. Frankreich, Luxeinburg, Molda- wien, Niederlande, Osterreich. Polen, Rurnä- nien. Scliweiz, Slowaltei, Tschecliien, Ukraine, Ungarn.

Beclter, Valeska: Figürliche Darstellungen der Linearbandlteraniik. Vorträge des 28. Nieder- bayerischeii Arcliäologentages. RahdenlWestf. 2010, S. 28.

' Haiisen, Svend: Bilder vom Menschen der Steinzeit. Untersuchungen zur antliroponior- phen Plastik der Jungsteinzeit und Kupferzeit in Siidosteuropa. Archäologie in Eurasjen 20. Mainz 2007, S. 302.

" Becker: Figürliche Darstellungen (wie Anm. 4). S. 28.

' Ebd.

"Lüning, Jens: Die „Idole" - Kleinplastische Kunst der Bandkeramik. in: Lüning, Jens (Hrsg.): Die Bandkeramikei. Erste Steinzeit- bauern in Deutsclilaiid. RalidenIWestf. 2005. S. 208.

" Nebelsick, Louis D./Schulze-Forster, JenclStäu- ble, Harald: Adonis von Zersclinitz - Die I<unst der ersten Bauern. Archaeonaut 4. Dresden 2004, S. 4-6.

"' Scliade-Lindig. SabinelSchade, Cliristopli: Vor 7500 Jahren - die ersten Ackerbauern in Mes- sen. Themen der hessenArchäologie 7. Wiesba- den 2006, S. 23.

" Lüning, Jens: Frisuren: Ihr Hauptsclim~ick ist ihr Ha~iptscliinuck. in: Lüning: Bandkeramiker (wie Anm. 8). S . 221-231.

Schade-LindigIScliade: Vor 7500 Jahren (wie Anm. 10). S. 23.

" NebelsicklSchulz-Forcierlstäuble: Adonis (wie Anrn. 9). S. 14.

Beclter: Zoomorphe Funde (wie Anm. 1). S. 9.

Ii Becker: Figürliche Darstellungen (wie Anrn. 4). S. 28.

'"bd.

l 7 Becker: Zoomorphe Funde (wie Anrn. l ) , S .22-27.

'"odderman. Pieter J . R.: Neolithische und Wh- bronzezeitliche Siedl~ingsspuren a~ i s Hienheirn. Ldkr. Kelheim. Analecta Praehistorica Leiden- sia4.Leiden 1971,S.5.

'' Becker: Zoomorphe Funde (wie Anin. 1 ), S. 33.

'" Lüning: Idole (wie Anm. X), S. 2 11.

" Becker: Zoomorplie Funde (wie Anm. 1). S. 37f.

" Cladders. Maria: Die Tonware der Altesten Bandkeramik. Untersuchungen zur zeitliclien und räumlichen Gliederung. Universitätsfor- schungen zur prähistorischen Arcliäologie 72. Bonn 2001, Taf. 60,7710.

'? Die Originale der Schwanfelder Idole werden im Bandkeramik-Museum Schwanfeld gezeigt.

'' Becker: Figürliche Darstellungen (wie Anm. 4), S.29,S.32,Abb.3,1 .

" Dieses Idol ist im Original im Bandkeramik- Museum Schwanfeld ausgestellt.

'"ecker: Figürliche Darstellungen (wie Anm. 4), S. 28F.

" Ernstson, TillITillmann, Andreas: Ein bandke- ramischer Widderkopf von Mühlhausen: Wer ist der schönste irn ganzen Land'? Das archäologi- sche Jahr in Bayern 2007. Stuttgart 2008, S. 13- 15.

'"ecker: Zooiiiorplie Funde (wie Anm. I ) , S. 84, Taf. 19.6.

Was uns die Toten über das steinzeitliche Leben erzählen können - Die Bestattungen aus Schwanfeld

1,011

Frnuke Jncabi

Seit es den modernen Menschen (Homo sn- dem Kopf im Osten und den Füßen im We- piens) gibt, hat dieser seine Toten in pietät- sten, der Blick war somit nach Süden gerich- voller oder doch wenigstens in zumeist re- tet. Allerdings existierten durcliaus aucli zalil- glementiester Weise bestattet. Bereits für den reiche lokale Variationen! Lediglich die Bei- Neandertaler (Homo r7eaizderthalensis) wer- gaben unterschieden sich bei den Gescl-ilech- den entsprechende Bräuche ange11omrnen.l tern: Männer erhielten vor allem Waffen oder

Seit dem Beginn der Jungsteinzeit. die in Mitleleuropa mit der Bandkerarnisclien Kul- tur um 5.500 v.Clir. einsetzt, haben sich die Bestattungssitten vielfach gewandelt. Beson- ders häufig traten in diesem Abschnitt der Vorgeschichte Hockerbestattungen auf. das heißt, die Toten wurden auf der Seite liegend mit angezogenen Armen und Beinen in einer Art Schlafhaltung beerdigt. Aber auch die ge- streckte Rückenlage wurde zum Teil urakti- ziert, beispielsweise in der mittelneolithischen ,Hinkelstein-Kultur' .' Einen besonderen Stel- lenwert schien das Bestattungswesen in der auch als Kupferzeit bezeichneten letzten Phase der Jungsteinzeit gehabt zu haben: Die allem Anschein nach gleichzeitig und neben- einander auftretenden Kulturen mit Scl-inur- keramik sowie die sog. ,Glockenbecherkult~ir' wiesen einen geradezu antithetischen Grab- brauch auf: In ersterer wurde in Ost-West bzw. West-Ost-Ausrichtung, in letzterer hin- gegen in Nord-Süd bzw. Süd-Nord- Ausrichtung bestattet, jeweils nach Ge- schlecht ~~nterschieden.~ Bei all diesen Unter- schieden gab es jedoch stets einen gemeinsa- men Nenner: Die Toten wurden in mehr oder weniger unmittelbarer Nähe zueinander be- graben, äl-inlich den heutigen Friedhöfen. Grä- ber, die außerhalb solcher Bereiche liegen (beispielsweise innerhalb von Siedlungen) oder von den für die jeweils zugehörige Kul- tur vorherrschenden Bestattungssitten abwei- chen, werden daher als „Sonderbestattungen" . . .

Werkzeuge, Frauen eher Schmuck oder ,,Haushaltsgegenstände" wie zum Beispiel Mahlsteine. Daneben bekamen beide Ge- schlechter Gefäße undloder Feuersteingcräte m i ~ e g e b e n . ~ Diese Tradition belegt, daß die Menschen damals eine wie auch immer gear- tete Vorstellung von einem Leben nach dem Tod gehabt liaben müssen. Deren tatsächli- ches Aussehen jedoch entzieht sich unsercr heutigen Kenntnis.

Das gilt um so mehr, wenn die Bestattungen wie im vorliegenden Fall der beiden Gräber aus der bandkeramischen Siedlung von Schwanfeld anscheinend Teil eines komple- xen Rituals gewesen sind.6 Allerdings können diese Vorgänge nicht Thema des vorliegenden Beitrags sein. der sich rein auf die Anthropo- logie beziehen soll, um die entsprechenden Ergebnisse der vergangenen Jahre zusam- menzufassen. Für beide Skelette gilt. daß ihre Knochen g ~ t er-halten und weitgehend voll- ständig überliefert sind, so daß repräsenta- tive Aussagen zu Alter, Geschlecht und Kör- perhöhe sowie zu Krankheitsersclieinungen möglich sind.

Das erste Skelett aus Schwanfeld ist das eines Mannes, der im Bereich der westlichen Längsgsube von Haus 16 aufgefunden wurde (Abb. 1). Die antliropologische Bearbeitung von Karl-Georg Beck ergab ein Alter von 23 bis 25 Jahren.' Beigesetzt wurde der Mann, abgesehen von seiner Position außerhalb eines Gräberfeldes, nach den zu iener Zeit herr-

bezeichnet. scl-ienden Sitten, also als linker Hocker mit In der Bandkeramik war das Bestattungsri- dem Kopf im Osten und Blick nach Süden. Im

tual für Männer und Fra~len größtenteils ein- Grab fanden sich eine Dechselklinge aus Am- heitlich: Die meisten Toten wurden auf der phibolit sowie fünf Pfeilspitzen aus Feuer- linken Körperseite liegend beigesetzt, mit stein (Abb. 2).

werden, vielmehr erscheint ein etwas höheres Alter von ca. 28 bis 33 Jahren plausi- bel.

An krankhaften Verände- rungen konnten durch Beck lediglich Karies an einem Backenzahn des linken Un- terkiefers sowie Schmorl' sche Knorpelknötchen fest- gestellt werden. Hierbei han- delt es sich um Veränderun- gen der Wirbelkörper, die von leichten Einbrüchen der Bandscheiben verursacht werden und im Jugendalter entstehen. Sie können als Hinweise auf körperliche Be- lastungen gewertet werden. Beide Befunde konnten bei der Neubearbeitung nicht ve- rifiziert werden, da die be- treffenden Stellen aufgnind der Montage des Skeletts in

21 LL

t I der Ausstellung des Archäo- I

I. logischen Museums Bad Kö- I I nigshofen nicht zugänglich

Abb. I : Lage der Gräber aufder17 Siedlurzgsplatz von Schwar.r- waren. Allerdings konnte am j'eld. Aus: Lüning: Gründergrab (wie Anm. 6) , S . 13, Abb. 1 . rechten Oberschenkelkno-

chen eine kleinräumige hell- graue Auflagerung erkannt

Es darf davon ausgegangen werden, daß all werden, die auf ein entzünd- diese ursprünglich in Holz geschäftet waren, liches Geschehen im Bereich des dort liegen- das inzwischen restlos vergangen ist. Diese den Gewebes schließen Iäßt. Bewaffnung wurde als Ausrüstung eines „Jä- Alle hier genannten Erkrankungen sind für gersJKriegers" um einen -eben- vor- und frühgeschichtliche Skelette kein un-

inzwischen gewöhnlicher Befund. Das aucll für das einen Köcher ergänzt8 und entsprechend für inSgesmt eher „gesunde" Aussehen des Ske- die Ausstellung im Bandkeramik-Museum letts: Da sich die meisten Krankheiten nicht Schwanfeld rekonstruiert (Abb. 3). auf die Struktur der Knochen auswirken, kann

Der Mann war zu Lebzeiten etwa 163 cm9 nur ein geringer Prozentsatz an Erkrankungen bzw. 159 cm'" groß, auffällig ist jedoch seine im Nachhinein am Skelett diagnostiziert wer- besondere Grazilität, die bereits von Beck den. Hinzu kommt, daß eine Krankheit über festgestellt wurde." Diese bedingt auch, daß einen gewissen Zeitraum hinweg bestehen trotz einiger eher weiblicher Merkmale an (also auch überlebt werden) muß, bevor sie Schädel und Becken das Skelett insgesamt sich am Knochen manifestieren kann. Bei ei- als männlich zu bestimmen ist. Dieser Ein- ner schweren (und somit damals meist tödli- druck bestätigte sich bei einer erneuten Bear- chen) Krankheit ist dies jedoch nicht gegeben. beitung des Skeletts durch die Autorin. Die ur- Dies führt dazu, daß für die meisten vorge- sprünglich von Beck angegebene Alters- schichtlichen Skelette die Frage nach der To- schätzung konnte hingegen nicht bestätigt desursache nicht beantwortet werden kann.

Abb. 2: Grab 1: Lage des Mcinnerskeletts in situ und Rekor1struktionszeicI711urzg. Aus: Lüning: Grunclergrab (wie Anm. 6) , S. 24, Abb. 4.

Eine der Ausnahmen findet sich mögli- cherweise in dem zweiten Individuum aus Schwanfeld. In der Längsgrube des Hauses 19 fand sich das Skelett eines etwa 6jährigen Kindes (Abb. 1 ) . Aufgrund des charakteristi- schen Musters des Zahndurchbruchs Iäßt sich in diesem Fall das Alter relativ präzise ein- grenzen. Das Geschlecht hingegen ist bei Kin- dern nur schwer zu bestimmen, da die meisten Merkmale erst im Laufe der Pubertät ihre charakteristische Ausprägung erhalten. Im vorliegenden Fall weist das Kind jedoch eine so markante Kinnregion auf, daß eine Inter- pretation als männlich plausibel erscheint." Die Beigaben sind in diesem Fall nicht ganz so eindeutig mit dem Geschlecht verbunden,

was jedoch durch das Alter des Bestatteten be- dingt sein dürfte: Ein Mahlsteinfragment, zwei zylindrische Knochenperlen und eine Steinperle wurden ihm mitgegeben. In der linken Hocklage und der Ost-West-Aus- richtung entspricht auch dieses Grab ganz dem bandkeramischen Ritus. Die in der Aus- stellung gewählte Form der Beisetzung in ei- nem Baumsarg (Abb. 4) Iäßt sich zwar durch den Grabungsbefund nicht belegen, trat im Kulturraum der Bandkeramik jedoch durch- aus auf.

Auffällig sind in diesem Fall dagegen die Befunde, die bei der Nachuntersuchung durch Stefan Flohr und Michael Schultz 201 1 erho-

Al~l?. 3: G~.cib I: K ( ~ ~ , O I I . S ~ I . I I ~ ; ~ I O ~ ~ do- n / I i r ~ i r ~ e i . / ~ c ~ s r c ~ r l ~ ~ ~ ~ iiii B C I I I ~ / / ~ I . ( ~ - riiik-M~~seilnl, Sc~li~~crrlfelcl. Photo: Heiric Peks, Schii%tr~?fkld.

ben werden konnten: Neben einer chronischen Entzündung des linken Mittelohrs fanden sich Spuren eines vermutliclien Vitamin-C- Mangels am Skelett des Jungen. Dieser wird bei Erwachsenen als Skorbut, bei Kindern hingegen nach den Erstbeschreibern .Möller- Barlow-Krankheit' genannt." Vitamin C muß

Mangel führt zu einer Schwächung des Bin- degewebes, durch die es verstärkt zu Blutun- gen kommen kann. Diese können bereits durch kleinste Trau- rnen wie Kauen oder die Bewegung der Au- gen verursacht wer- d e n . ' V n Folge der Blutungen können, wie im vorliegenden Fall, Auflagerungen oder Porositäten am Knochen erkannt wer- den.I5 Allerdings ist für die Diagnose von Skorbut für gewöhn- lich eine Ast „Musterg' von Verändesungen an verschiedenen Stellen des Skeletts charakte- ristisch, das bei dem Jungen aus Schwan- feld in dieser Form nicht vorgefunden wurde. Dies könnte verschiedene Ursa- chen haben: Neben ei- ner schwachen Aus- prägung der Krankheit ist auch das genaue Gegenteil möglich, nänilicl-i ein schneller und tödlicher Kranlc- heitsverlauf, der keine weiteren Spuren am Knochen hinterlassen hat. Durch den Vit- amin-C-Mangel wird das Imm~insystem ge-

schwächt, wodurch an sich eher ungefährliche Infektionskrankheiten tödlich enden können - wie beispielsweise die hier festgestellte Mit- telohrentzündung. Diese muß nicht die To- desursache des Jungen darstellen, sie liegt je- doch im Bereich des Möglichen.

aus der Nalirun~ aufcenornmen werden, kann Neben den allgemeinen Aussagen zu Alter. L L

jedoch über einen Zeitraum von etwa sechs Gesclilecht, Körpergröl3e und Kranklieitsbe- Monaten im Körper gespeichert werden. Ein lastungen von einzelnen Individuen kann die

Anthropologie jedoch auch weiterführende Hinweise auf das Le- ben der Betroffenen gc- ben, beispielsweise durch genetische Ana- lysen über ihre Ver- wandtschaft oder durch Isotopenanalysen über ihre Ernährung oder Herkunft.

Letzteres war im Fall ~ der Schwanfelder Be- stattungen von beson- i derem Interesse, so daß beide Skelette für die Auswertung der Stron- tium-Isotope beprobt wurden. Strontium ist i ein u.a. in Gesteinen vorkoii-imendes Spu- renelement mit ver- scliiedenen Isotopen. :

Gemessen wird das 1 Verhältnis der beiden 1 stabilen Isotopen "Si- 1 und "Sr, das für bestimmte geologische Regionen jeweils cha-

'

rakteristisch ist. Das Strontium gelangt durch die Verwitterung 1 des Gesteins in das Grundwasser und von dort entweder direkt durch das Trinkwasser oder indirekt über die Aufnahme tierischer

i und pflanzlicher Nah- ~ rung in den menschli- I chen Körper. Dort wird 1

es zum Teil anstelle von Kalzium in Kno- , chen und Zäline einge- Abh. 4: G'i.c/h 2: l<rkoi~.c~-oici.ic. L</,:(> (/es Kiii(i<,i..\iicjictl,~ / I / / H( i~ / t l i i~ / ( I -

baut und so das v~ili-M~r,c.e~ri?r, Sc/ni 'n~!fi ld. Pl7oto: Heirr: Peks. Sc/~i.i'o~ifi.lcl. lokale Isotopenverhält- nis zum Zeitpunkt ihrer Bildung wider.lh Dies gilt allerdings nur ein- so im Laufe der Zeit das Isotopensignal des geschränkt für Knochen: Aufgsund ihrer po- Bestattungsortes an. Zalinschmelz hingegen rösen Substanz werden diese irn Erdboden ist ein sehr hartes und kompaktes Material, vom Regenwasser durchdrungen und nehmen hier finden nach der Bildung keinerlei Ände-

Schwanfeld

0,7100

0,7090

L-

U) ÜI (0 - L- 0,7080 cn

C- e,

0,7070

(23-25 Jahre)

0,7060 1 I j I I 5 I

0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 Knochen Schwein Mineralisationsalter (Zahnschmelz) (Zahn-

schmelz)

Abb. 5: Ergebnis der Isotopennnalyse. Aus: KnipperIPrice: Analysen (wie Annz. 16), S. 113, Abb. I .

rungen der Zusammensetzung mehr statt. Der Zeitpunkt der Zahnbildung ist dabei zwar von Zahn zu Zahn verschieden - so wird bei- spielsweise der erste bleibende Backenzahn im Alter von 0 bis 3 Jahren, der sog. Weis- heitszahn hingegen frühestens zwischen dem 10. und 14. Lebensjahr angelegt," manchmal sogar erst deutlich später. Diese Zeitpunkte wiederum sind jedoch bekannt und bei jedem Menschen ungefähr gleich. Auf diese Weise können Aussagen über den ungefahren Auf- enthaltsort eines Menschen im Zeitraum der jeweiligen Zahnbildung getroffen werden, al- lerdings naturgemäß nur für seine Kindheit, da der Weisheitszahn (sofern überhaupt vor- handen) die letzte Zahnbildung jedes Men- schen darstellt.

Untersucht werden neben Zähnen des zu erforschenden Individuums auch eine Probe seiner Knochen sowie nach Möglichkeit ei- nige Tierzähne von der Fundstelle; beides

dient als Referenz zur Feststellung der loka- len Variationsbreite des Strontiumverhältnis- Ses. Bevorzugt werden hierbei lokal gehal- tene Haustiere wie z.B. Schweine, die keinen jahreszeitlich bedingten Weidetrieben (Trans- humanz) unterliegen, im Gegensatz bei- spielsweise zu Kühen.

So auch im Fall der beiden Schwanfelder Bestattungen: Jeweils eine Probe aus einem Oberschenkelknochen beider Individuen (Abb. 5 , Punkte) sowie einige Schweinezähne (Sterne) bilden den lokalen Variationsbereich, der dem örtlichen Lößboden entspricht. Klar innerhalb dieses Bereiches liegt das Stronti- umverhältnis aus dem Backenzahn (M 1) des Jungen (Abb. 5 , oberer Balken), dieser hat sich also während seiner ersten drei Lebens- jahre auf Lößboden aufgehalten. Allerdings kann mit der Strontiumisotopie jeweils nur ein bestimmter geologischer Untergrund be- stimmt werden, niemals jedoch eine exakte

ceographische Region. Der Junge könnte so- topenanalyse ist dies nach wie vor nur eine mit theoretisch auch an einem anderen Ort mit von vielen Mögliclikeiten - denkbar wären gleichem Boden geboren worden sein, eine 10- auch eine näher gelegene, noch unbekannte kale Herkunft bleibt dennoch wahrscheinlich. ältestbandkerainische Siedlungskamincr auf

~~d~~~ sieht es bei dem erwachsenen einem von geologisch jungem Vulkanismus

aus. Dessen Eckzahn (Caninus), der zwischen geprägten Untergrund und ein lm~O1- t des dem 4. bis 5 , ~~b~~~~~~~~ und dem 5 , bis 7 . Dechsels ohne eigentlich persönliche Bin- Lebensjahr gebildet wird,I8 weist ein deutlich dung des Trägers. abweichendes Verhältnis auf (Abb. 5 , unterer um nun auch über eine mögliche Ver- Balken). Dieses ist typisch für eine -Regiol-i wandtschaft der beiden Schwanfelder Bestat- mit tertiärzeitlichem Vulkanismus",'" in der tungen näheres zu erfahren, wurden von bei- der Mann also seine frühe Kindheit verbracht den skeletten proben für die D N A - A ~ ~ ~ ~ ~ ~ haben muß. Das Ergebnis der zweiten Probe gewonnen. Die Bearbeitung, die derzeit durch des Mannes (Abb. 5 , mittlerer Balken) stammt die „kbeitsgruppe palaeogenetiy in ~~i~~ von Weisheitszahn (M 31, der wie erläutert durchgeführt wird, könnte dailn durcllaus die erst relativ spät gebildet wird. Auffällig ist Frage klären, ob es sich bei seine La&e lrnapp außerhalb des lokalen Iso- geri' tatsächlich um den Urahn des Jungen topenverhältnisses. Dies kann man als eine gehandelt hat, Art „Mischsignal" interpretieren: Da die Ent- wicklung eines Zahnes über mehrere Jahre Anmerkungen: verläuft, können sich die Signale Unter- 1 Terberger, T.: Der Mensch irn Eiszeitalter, in: schiedlicher geologischer Untergründe ge- Freeden, U. voni Sclinurbein. S . von (Hrsg.): wissermaßen ,,vern~ischen". wenn sich der Spuren der Jahrtausende. Fraiikfui-t 2002, S . 60- Mensch während dieses Zeitraumes in ver- 93, hier: S . 73. schiedenen Lebensräumen längerfristig auf- 1 Lüning, Jens: Grundlagen seßllaften Lebens, in: hält. Es ist also wahrscheinlich, daß der Mann FreedeniSchnurbein: Spure11 (wie Anm. I ) , S. zwischen seinem 12. und 18. Lebensjahr von I 10-138, hier S . 1 19. einer Region mit tertiärzeitlichem Vulkanis-

i ~ b d , , S, 133, mus in eine Region mit Lößboden migriert ist.

Wilhelm-Schramm, M.: Das Totenritual der Li- Eine Kartierung entsprechender vulkani- nearbandkeramik östlich des Rheins. Urge-

scher Böden ergibt, daß solche an einigen schichtliclie Studien 111. Remslialden 2009, S . Stellen irn näheren und weiteren Umfeld 52. Schwanfelds vorkommen. Selten sind hinge- EL,~,. S, 103, gen an gleicher Stelle gefundene ältestband- , Lüning, Jens: Gründergrab und Opfergrab: keramische - also mit der Bestattung gleich- Zwei Bestattungen in der äItestbandkerami. zeitige - Siedlungen. Solche finden sich le- sehen Siedlung Schwanfeld. in: ders, (Hrsg.): diglich in der Wetterau (Vogelsberg) sowie in Schwanfeldstudien zur Altesten Bandkeramik. den böhmischen Mittelgebirgen. Bonn 201 1 .

Einen weiteren Hinweis darauf, aus welcher Ebd., S . 54. von diesen beiden Regionen der Mann Stam- 8 Gronenborn, D,: Der , ~ ä ~ ~ ~ / ~ ~ i ~ ~ ~ ~ ~ aus men könnte, gibt möglicherweise die in sei- Schwanfeld, Einige Aspekte der politisch-so- nem Grab gefundene Dechselklinge. Ver- zialen Geschichte des mitteleuropäischen Alt- gleichbare Funde aus der Siedlung stammen neolithikums. in: Eckert. J.IEisenhauer, laut mineralogischer Untersuchungen aus U.iZiinrnermann, A. (Hrsg.): Archäologisclie N~rdböhmen.'~' Diese Fernbeziehungen könn- Perspektiven. Analysen und Interpretationen im ten dafür sprechen, daß die Herkunft des Man- Wandel. Festschrift für Jens Lüning zum 65. nes tatsächlich in den böhmischen Mittelge- Geburtstag. Internat. Arch. Studia honoraria 20. birgen zu suchen ist, von denen aus er im Ju- Ral-idenIWestf. 2003, S. 35-48. gendalter nach Schwanfeld kam. Aufgrund Nach Breitinger; Lüning: Gründergrab (wie der methodischen Einschränkungen der Tso- Anrn. 6), S . 54.

"' Nach Pearson 1899, Umrechnung anhand der " Flohr/Sch~iltz: Anthropologische Untersuchung von Beck angegebenen Maße. (wie Anm. 12).

- -

' I Lüning: Gründergrab (wie Anm. 6), S. 54. I

I ? Flohr, S./Schult~, M.: Anthropologische und pa- Iäopathologische (Neu-)Untersuchung des bandkeramischen Kinderskelettes aus Schwan- feld, Ldkr. Schweinfiirt, Unterfranken, in: Lü- , ning: Schwanfeldstudien (wie Anm. 6), S. 102.

"nipper, C./ Price, T. D.: Strontium-Isotopen- analysen an den menschlichen Skelettresten aus der ältestbandkeramischen Siedlung Schwan- feld, Ldkr. Scl-iweinfiii-t, Unterfranken, in: Lü- ning: Scliwanfeldstudien (wie Anm. 6).

Tütken, T.: Die Isotopenanalyse fossiler Skelett- reste - Bestimmuno der Herk~inft und Mobilität . . ~ - - ~~

U

'' Herrmann, B.lGixpe, G./ Hummel, S./Piepen- von Menschen und Tieren, in: Meller, H.IAlt, brink, H./Schutkowski, H.: Prähistorische An- K . W. (Hrsg.): Anthropologie, Isotopie und thropologie. Leitfaden der Feld- und DNA - biografische Annäherung an nameniosc Labormethoden. Berlin 1990, S. 168. vorgeschichtliche Skelette? Tagungen des Lan-

desmuseums für Vorgeschichte 3 (2010), S. 33- l4 Ortner, D.J./Ericksen, M.F.: Bone Changes in 52, Abb. 2.

the Human Skull Probably Resulting from Scurvy in Infancy and Childhood. Internat.

I n KnipperPrice: Analysen (wie Anm. 16), S. 1 10.

Joiirnal Ostcoarch. 7 (1997), S. 212-220, hier: l 9 Ebd.. S. 112.

S. 213. ?" Ebd., S. 113.

Frankenbund intern

Bericht über den 1. Fränkischen Thementag am 3. Oktober 20 11 in Schwanfeld

V011

Peter A. Si$

Am „Tag der Deutschen Einlieit", den 3. Oktober 201 1, fand im unterfränkischen

I Schwanfeld der 1 . Frankische Thementag d e ~

i , FRANKENBUNDES al\ neues Programm- angebot statt. Petrus meinte es überaus gut mit

1 uraerzen!ra den Frankenbündlern, und so war es ein Tag b

. . voll herrlichen Sonnenscheins und mit ange-

I \ !ndkenmik~useum / nehmen spätsommerliclien Temperaturen, ge-

P-------- radezu ideal für alle Arten von Aktivitaten E drinnen und draußen. Dank der hervorragen-

den Organisation durch die Gemeinde ll. Schwanfeld und die Bundesgeschjftsstelle

1 I / / I 1 , Sc I 1 1 I , ' I 1 1 1 1 1 1 e 1 die Veranstaltung, die rund 200 Gäste acifcle~l ,,I-ecl~terl Weg " aus nah und fern angelockt hatte, zu einem

Plzoto: Geinernde Sclzwonfelcl. vollen Erfolg werden.

* -

Abb. 2: Der „ FRANKENBUND" speist in der Airln der Verbo~~cl~rci~irle zir Mrttog. Pizoto. Genlernde Scl~wni~feld.

Ritzlinien, alinlich einein Giirtel, angebracht." Es gibt aber auch eine Vielzahl an Figuren, bei denen keine Gesclilechtsmerkmale dargestellt

I sind.

Die Idole zeigen zwei unterschiedliche Va- rianten von Körperhaltungen - stehend oder sitzend. Hierbei fand als Sitzmöbel eine Art Thron oder Hocker Verwendung (siehe Abb. 12 Beitrag Liining). Auch die Armhaltung folgt zwei Mustern. Entweder sind sie in die Hüfte gestemmt (Abb. 1 ) oder die Arme Iial- ten mit nach vorne gestreckten Händen ein Gefäß.

Genau wie die Gefäße hat man auch die ' kleinen Figuren mit Ritzlinien und Einstichen verziert, in denen zum Teil noch Farbreste nachgewiesen werden konnten. Die Bedeu- tung der Verzierungen der Idole wird in der Forschung kontrovers diskutiert. So wird für einige Idole angenommen, daß eine Haar- tracht dargestellt ist. Beispielsweise zeigen sieben Idole aus Niedereschbach (Wetterau- kreis), Eitzum (Ldkr. Wolfenbüttel), Eilsleben (Ldkr. Börde) (Abb. I), der Slowakei (Vel'ki Grob) und Westungam (Bicske, Aba, Komitat Fejkr) Locken, die bei einigen Figuren rot ge- färbt sind. Sabine Schade-Lindig vermutet,

I daß es sich bei den Figuren mit Lockenfrisur 1 um Klanabzeichen einer frühest-bandkerami-

schen Sippe handelt."' Über die Idole lassen sich so Beziehungen über weite Entfernungen nachweisen. Neben Lockenfrisuren gibt es Haartrachten, die sich als Zöpfe (z.B. Nidder- au, Main-Kinzig-Kreis) oder auch als mu- schelbesetzte Haarnetze (z.B . Rockenberg, Wetteraukreis) interpretieren lassen." Bei ei- nigen Idolen mit walzenföimigem Torso sind die Hinterkopfpartien rund, dreieckig oder oval herausmodelliert. Dies wird nicht als

Ahb. 1: Bar~dkeramik-M~tsec~ri~ Sclnvanfeld. Re- Haartracht sondern als hutartige Kopfbedek- konstrcrktion eines steherzden. weiblichen Idols. A l kung Die Ritzlinien auf den Vorbild für den Kopf diente &s I&/ 0 l . l ~ Eilsleben, Figuren selbst werden unterschiedlich gedeu- L&. Börde. Photo: WieRke H ~ I ~ I I ~ , Bonn. tet, beispielsweise als Bemalung, Tätowie-

rung, Kleidung undloder Schmuck.I3

terfranken).x Bislang gibt es nur eine eindeu- t i ~ als männlich anzus~rechende Figur. der so- 3. Zoomorphe Figuren und Gefa$e

0 L

genannte Adonis von Zschernitz, Ldkr. Nord- Im Gegensatz zu den Tierfiguren der Jäger sachsen. Bei der 25 bis 30 cm hohen Figur und Sammler sind die bandkeramischen Tier- sind Penis, Eichel, Hodensack und Ober- darstellungen weniger nat~~ralistisch~~und zei- schenke1 erhalten. An der Hüfte sind zwei gen vor allem Haustiere wie Rinder (Abb. 2)

FRANKENLAND Zeitschrift für fränkische Landeskunde und Kulturpflege

63. Jahrgang 20 11

I N H A L T

I . Aufsätze

Albert, Reinlzold „Du edler Saft der Beeren, bring' uns 're Rhön zu Ehren! " - Der Weinbau in der Rhön und dem Grabfeld war einst

................................................................... weit verbreitet 105

Alzheimer, Heidrun Ein ,heiliger Krieg'? Zum Kriegsbild 19 14- 19 18 in

... Zeugnissen fränkischer Geistlicher und in Feldpostkarten 3

Benkert, Lirdwig Bad Neustadt an der Saale - ein Gang durch seine Geschichte ................................................................... (1. Teil). 307

Blessing, Werner K. Nach der ,Urkatastrophe' des 20. Jahrhunderts - Politische Kultur in Franken zwischen Erstem Weltkrieg

............................................................ und Krisenjahr 1923 14

Ders. Schwabach - eine Gewerbestadt im ,langen 19. Jahrhundert' 157 .................................. Brutsche, Christin Die Geschichte des Drei-S-Werks.. 185

Biittner, ThoniaslRöhrer, Armin Im Buch der Landschaft lesen. Von der Erfassung historischer

.... Kulturlandschaftselemente im Biosphärenreservat Rhön.. 125

..... Dippold, Giinter Die Anfänge des Colloquium Historicum Wirsbergense 35

Ettel, PeterlWertlzer, Lukas Archäologische Forschungen im frühmittelalterlichen Siedlungskomplex Salz an der Fränkischen Saale ................. 79

Haas, Heribert Kräftiger Beginn: Die Gruppe Bamberg.. ......................... 52

Hanzbrecht, Rainer Bedrohte Republik: Politische Kultur in Franken ..................................................... von 1924 bis 1933 22

........................ Hoppe, Wiebke Idole - Kleine Kunstwerke der Bandkeramik 409

Humpenöder, Melanie Umgang mit der jüdischen Geschichte in Schwabach - ..... Aufarbeitung der nationalsozialistischen Vergangenheit 201

Jacobi, Frauke Die Gründer von Schwanfeld und andere bandkeramische Bestattungen -Was uns die Toten über das steinzeitliche

........................................................ Leben erzählen können 4 15

Lüning, Jens Die lange und dramatische Geschichte des bandkeramischen Dorfes in Schwanfeld ...................................................... 380

Maletschek, Tessa Kümpfe, Schalen, Flaschen - die Keramik der Bandkeramiker 394 I ...........................................