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Wehrhahn Verlag Daniele Vecchiato Verhandlungen mit Schiller ISBN 978–3–86525–480–1 Daniele Vecchiato Verhandlungen mit Schiller Historische Reflexion und literarische Verarbeitung des Dreißigjährigen Kriegs im ausgehenden 18. Jahrhundert Wehrhahn Verlag E in Jahrzehnt lang bildete der Dreißigjährige Krieg das thematische Zentrum des schriftstellerischen Werks von Friedrich Schiller: 1790 bis 1792 erschien seine Geschichte des Dreyßigjährigen Kriegs als das zwei- te und letzte seiner großen historiographischen Werke und im Jahre 1800 konnte er nach langen Vorarbeiten die dramatische Trilogie Wallenstein ver- öentlichen. Beide Werke haben in der Forschung viel Beachtung erfahren, allerdings fehlte bisher eine Untersuchung des zeitgenössischen Interesses einer breiten Leserschaft am historischen Konikt, die eine Lektüre der einschlägigen Werke Schillers in ihrer Besonderheit, aber auch in ihren zeit- typischen Zügen bieten konnte. A usgehend von der Beobachtung, dass der Dreißigjährige Krieg als e- ma der Historiographie und der Literatur in Deutschland seit etwa 1770 eine breite Konjunktur erfuhr, in die sich Schillers Texte als ver- gleichsweise späte Zeugnisse einreihen, werden in der vorliegenden Studie die Gründe und die Konturen dieser unvermuteten Popularität des histo- rischen Ereignisses im ausgehenden 18. Jahrhundert illustriert. Durch eine systematische Analyse der zahlreichen Bearbeitungen, die der Krieg bei lite- raturgeschichtlich wenig prominenten Autoren fand, wird der epistemische Rahmen rekonstruiert, innerhalb dessen diese Schriften entstanden. Die herangezogenen Werke sogenannter auctores minores erönen interessante Einblicke in die Mentalitätsgeschichte des späten 18. Jahrhunderts und er- möglichen darüber hinaus einen Vergleich mit den thematisch benachbar- ten Werken Schillers, aus welchem der Komplexitätsgewinn sichtbar wird, den der Klassiker gegenüber seinen Zeitgenossen erreichte. S chiller, der in mehreren Schriften eine kritische Haltung gegenüber der Trivialliteratur äußerte, hatte in der dichterischen Praxis ein dialekti- sches Verhältnis zu den Bestsellern der Zeit. Sein ausgeprägter Sinn für die historisch-politische Kolportage und seine Neugierde für massenwirksame literarische Strategien spiegeln sich in einer gewissen Porosität seiner Wer- ke gegenüber emen, Figuren und Motiven nicht-kanonischer Texte, die bisher kaum erforscht wurden.

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Wehrhahn Verlag

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ISBN 978–3–86525–480–1

Daniele Vecchiato

Verhandlungen mit Schiller

Historische Reflexion und literarische Verarbeitung des Dreißigjährigen Kriegs im ausgehenden

18. Jahrhundert

Wehrhahn Verlag

Ein Jahrzehnt lang bildete der Dreißigjährige Krieg das thematische Zentrum des schriftstellerischen Werks von Friedrich Schiller: 1790

bis 1792 erschien seine Geschichte des Dreyßigjährigen Kriegs als das zwei-te und letzte seiner großen historiographischen Werke und im Jahre 1800 konnte er nach langen Vorarbeiten die dramatische Trilogie Wallenstein ver-ö!entlichen. Beide Werke haben in der Forschung viel Beachtung erfahren, allerdings fehlte bisher eine Untersuchung des zeitgenössischen Interesses einer breiten Leserschaft am historischen Kon"ikt, die eine Lektüre der einschlägigen Werke Schillers in ihrer Besonderheit, aber auch in ihren zeit-typischen Zügen bieten konnte.

Ausgehend von der Beobachtung, dass der Dreißigjährige Krieg als #e-ma der Historiographie und der Literatur in Deutschland seit etwa

1770 eine breite Konjunktur erfuhr, in die sich Schillers Texte als ver-gleichsweise späte Zeugnisse einreihen, werden in der vorliegenden Studie die Gründe und die Konturen dieser unvermuteten Popularität des histo-rischen Ereignisses im ausgehenden 18. Jahrhundert illustriert. Durch eine systematische Analyse der zahlreichen Bearbeitungen, die der Krieg bei lite-raturgeschichtlich wenig prominenten Autoren fand, wird der epistemische Rahmen rekonstruiert, innerhalb dessen diese Schriften entstanden. Die herangezogenen Werke sogenannter auctores minores erö!nen interessante Einblicke in die Mentalitätsgeschichte des späten 18. Jahrhunderts und er-möglichen darüber hinaus einen Vergleich mit den thematisch benachbar-ten Werken Schillers, aus welchem der Komplexitätsgewinn sichtbar wird, den der Klassiker gegenüber seinen Zeitgenossen erreichte.

Schiller, der in mehreren Schriften eine kritische Haltung gegenüber der Trivialliteratur äußerte, hatte in der dichterischen Praxis ein dialekti-

sches Verhältnis zu den Bestsellern der Zeit. Sein ausgeprägter Sinn für die historisch-politische Kolportage und seine Neugierde für massenwirksame literarische Strategien spiegeln sich in einer gewissen Porosität seiner Wer-ke gegenüber #emen, Figuren und Motiven nicht-kanonischer Texte, die bisher kaum erforscht wurden.

!Einleitung

Wehrhahn Verlag

Daniele Vecchiato

Verhandlungen mit Schiller

Historische Re"exion und literarische Verarbeitung des Dreißigjährigen Kriegs im ausgehenden

18. Jahrhundert

! Einleitung

Bibliogra"sche Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliogra"e; detaillierte bibliogra"sche Daten sind im

Internet über <http://dnb.ddb.de> abrufbar.

1. Au#age 2015Wehrhahn Verlag

www.wehrhahn-verlag.deSatz und Gestaltung: Wehrhahn Verlag

Umschlagabbildung: »Mars bricht den Öhlzweig; die Grazien, als Kinder, nehmen ihm seine kriegerische Kleidung ab«, Frontispiz des Historischen Calenders für Damen für das Jahr 1792, gestochen von Christian Gottlieb Geyser nach einer Vorlage von Johann Heinrich Ramberg

Druck und Bindung: Beltz Bad Langensalza GmbHAlle Rechte vorbehalten

Printed in Germany© by Wehrhahn Verlag, Hannover

ISBN 978–3–86525–480–1

Gedruckt mit freundlicher Unterstützung der Geschwister Boehringer Ingelheim Stiftung für Geisteswissenschaften

und der Associazione Italiana di Germanistica

!Einleitung

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E,"%),&."/ ............................................................................................. 13

E*'&)' K$0,&)% Schillers Geschichte des Dreyßigjährigen Kriegs (1790–1792) im zeitgenössischen historiographischen Diskurs ...................................... 33

1.1. Der Dreißigjährige Krieg und die deutsche Geschichtsschreibung Ende des 18. Jahrhunderts ............................ 33

1.2. Von der Aufklärungshistorie zum Historismus ................................ 39 1.2.1. Die Debatte um das System ›Geschichte‹ in den 1770er und 80er Jahren .............................................................................. 39 1.2.2. Schillers Antrittsvorlesung als geschichtstheoretisches Programm ...................................................................................... 45

1.3. Schillers Geschichte des Dreyßigjährigen Kriegs im Kontext ............... 52 1.3.1. Schiller als Historiker und die schwierige Entstehung der Geschichte ............................................................... 54 1.3.2. Gewollte Disproportion. Zur Struktur und thematischen Entfaltung der Geschichte des Dreyßigjährigen Kriegs ........................ 60 1.3.3. Dramatische Spuren in der Geschichtsschreibung ................. 64

1.3.4. Der Mensch in der Geschichte. Die Ambivalenz des historischen Charakters am Beispiel von Wallenstein und Gustav Adolf ............................... 68 1.3.5. Ästhetische Teleologie? Die Verbindung von Wissenschaft und Kunst in der Geschichtsschreibung .......................................... 75

Z1),&)' K$0,&)%Der Dreißigjährige Krieg im Unterhaltungsroman des späten 18. Jahrhunderts. Der Fall Benedikte Naubert .......................................... 83

2.1. »Romanisirte[] Geschichten«. Schiller versus Naubert ..................... 83

2.2. Die Geburt des historischen Romans aus dem Geiste der Trivialliteratur ................................................................ 88

!" Einleitung

2.2.1. Leserevolution und Unterhaltungsliteratur im späten 18. Jahrhundert ............................................................... 89 2.2.2. Formen der Geschichtsverarbeitung in der Unterhaltungsliteratur. Zur Entwicklung des historischen Romans ....................................................................... 97 2.2.3. Wiederkehrende #emen und Motive historischer Unterhaltungsliteratur ............................................... 103

2.3. Benedikte Naubert als Erzählerin des Dreißigjährigen Kriegs ....... 106 2.3.1. Anonymität und Produktivität. Ein biographischer Abriss ............................................................. 108 2.3.2. Matrone oder Dirne? Zum Verhältnis von historischer Wahrheit und Fiktion bei Naubert ............................. 111 2.3.3. !ekla von !urn (1788). Der paradigmatische Zweischichtenroman .................................................................... 117 2.3.3.1. »[A]m Ufer einer stürmischen See«. Die Handlung des Romans ................................................ 119 2.3.3.2. Geballte Geschichte. Figurengestaltung, Stil, Perspektive .................................... 125 2.3.3.3. »Sey ruhig! kümmre dich um nichts!«

Die Rolle der Frau in der Geschichte ................................. 127 2.3.3.4. Die Bildung der Frau durch die Geschichte .......... 130 2.3.3.5. Exkurs: Johann Nepomuk Komarecks

Graf von !urn (1793). Der Böhmische Aufstand als »Spiegel« der Französischen Revolution ......................... 134 2.3.4. Graf Rosenberg (1791). Eine importierte Geschichte ........... 141 2.3.5. Die Warnerin (1807). Wenn Geschichte das Übernatürliche tri$t .................................................... 151

D%&''() K*+&'(,Gustav Adolf als germanischer Nationalheld. Diskurse und Dichtungen aus dem späten 18. Jahrhundert .................... 159

3.1. Der »Schutzengel Teutschlands und Europens«. Porträt eines Helden ..................................................................... 159

3.2. Die Anfänge des Gustav-Adolf-Kults im späten 18. Jahrhundert ............................................................ 165

!!Einleitung

3.3. Niklas Vogts Beitrag zur Herausbildung des Gustav-Adolf-Mythos ................................................................... 174 3.3.1. Zwischen Mainz und Europa. Vogts Leben und Werk ........ 176 3.3.2. Gustav Adolph (1790). Ein politisches Stück über Europa ... 178 3.3.2.1. Zu Struktur und Inhalt der Dichtung ................... 180 3.3.2.2. Gustav Adolf als Held der deutschen Freiheit und des europäischen Gleichgewichts ................................ 185 3.3.3. Exkurs: Vogts Wallenstein-Aufsatz (1805). Der Friedländer als Erbe der politischen Pläne Gustav Adolfs ....... 190 V"#$%#& K'("%#)Wallenstein-Dichtungen vor Schiller im kulturgeschichtlichen Kontext ... 193

4.1. »Von der Partheyen Gunst und Haß verwirrt«. Wallensteins Charakterbild zwischen Geschichte und Mythos ...... 1934.2. Kontextualisierung der Wallenstein-Dichtungen und Bemerkungen zum Verhältnis ihrer Autoren zu Schiller ....................................... 201 4.2.1. Gerhard Anton von Halems Wallenstein (1786) .................. 201 4.2.2. Johann Nepomuk Komarecks Albrecht Waldstein (1789) ..... 208 4.2.3. Andreas Georg Friedrich von Rebmanns Hochverräther durch Cabale (1794) ............................................... 210

4.3. Verräter aus verlorener Ehre? Apologie durch psychologische Verfeinerung ......................................................... 217 4.3.1. Erfahrungsseelenkunde und Kausalpsychologie im späten 18. Jahrhundert ............................................................ 221 4.3.2. Schillers Verbrecher aus verlorener Ehre (1786) ..................... 225 4.3.3. Die verlorene Ehre des Albrecht Wallenstein ....................... 230

4.4. Wallenstein als christologische Figur. Rehabilitierung und Hypostasierung des politischen Helden ........................................ 240 4.4.1. Christologische Motive in den Wallenstein-Dichtungen ..... 242 4.4.2. Zur Funktion der biblischen Anklänge ............................... 246 4.5. Ein Aufklärer ante litteram? Wallenstein als Friedensstifter, Freiheitskämpfer und Verfechter des Gemeinwohls ....................... 248 4.5.1. Halems Wallenstein und die volonté générale ....................... 249

!" Einleitung

4.5.2. Die »mißlungene[] Revolution« von Rebmanns Wallenstein .................................................................. 258 4.5.3. Despotismus der Ideale. Rebmanns Wallenstein und der Marquis Posa ................................ 262 4.5.4. Des Volkes Glück? Zur spätaufklärerischen Kritik des Eudämonismus ............................................................ 267

4.6. Der Aufklärer und die Obskurantisten. Wallenstein als Opfer einer jesuitischen Verschwörung ................. 271 4.6.1. Die historischen Wurzeln des Antijesuitismus und seine Entwicklung in der Zeit des Dreißigjährigen Kriegs ...... 272 4.6.2. Die Krise der Aufklärung? Jesuitenfeindlichkeit im späten 18. Jahrhundert ............................................................ 278 4.6.3. Antijesuitismus in den Wallenstein-Dichtungen Halems und Rebmanns ................................................................ 284

F#$%&'( K)*+&',Schillers Wallenstein (1800) im Schnittfeld zeitgenössischer Diskurse ..... 291

5.1. Die Entstehung der Trilogie und der Umgang mit dem historischen Sto- ............................................. 291

5.2. Schiller und die anderen. Die Wallenstein-Trilogie im Dialog mit den Texten der minores .......................................... 300 5.2.1. »Kennst du mich so gut?« Schillers Wallenstein als Verräter aus verlorener Ehre .......................................................... 303

5.2.2. Problematisierung des Helden statt Heiligsprechung .......... 315 5.2.3. Ideal und Realität. Schillers Wallenstein und die Politik ..... 317 5.2.4. »Ich hasse die Jesuiten«. Spuren des antijesuitischen Diskurses in Schillers Wallenstein ....... 328 5.2.5. Die Figur Heinrichs IV. bei Schiller, Komareck und Vogt ... 338 5.2.6. .ekla, Max und… Rosenberg. Mögliche Anspielungen auf die naubertschen Romane ....................................................... 343

S/0,1((2'3'451$6'$ .......................................................................... 351S+6,'$7'48'+/0$+( ............................................................................... 361L+&'4)&147'48'+/0$+( ....................................................................... 363P'4(9$'$4'6+(&'4 ............................................................................... 389