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TIMKEHET TEFFERA Habilitationsschrift AEROPHONE IM INSTRUMENTARIUM DER VÖLKER OSTAFRIKAS

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TIMKEHET TEFFERA Habilitationsschrift

AEROPHONE IM INSTRUMENTARIUM

DER VÖLKER OSTAFRIKAS

Danksagung

Während der gesamten Zeit meiner Forschungstätigkeit zwischen 2004 und 2007 hatte ich das

Privileg, Zugang zu zahlreichen Menschen zu bekommen, mit denen ich viele Kenntnisse und

Erfahrungen austauschen konnte. Daher möchte ich hiermit all denen herzlich danken, die mich zur

Umsetzung dieser wissenschaftlichen Arbeit motiviert und unterstützt haben.

Besonders danken möchte ich Herrn Professor Dr. Wolfgang Auhagen, Dr. Gisa Jähnichen, Professor

Dr. Jürgen Elsner, Professor Dr. Gerhard Kubik und Professor Peter Cooke, deren professionellen

Ratschläge und Konsultationen eine wesentliche Rolle in der Realisierung meines

Forschungsvorhabens gespielt haben.

Mein Dank gilt auch allen Universitäten, Forschungsinstituten und Museen, die mir wichtige

Quellenmaterialien zur Verfügung gestellt haben. Diese sind die staatlichen Museen in Uganda

[Uganda National Museum, Kampala], Kenia [National Museum of Kenia, Nairobi und Mombassa]

und Tansania [Dar Es Salaam National Museum, Tanzania], das Tonarchiv der Universität von

Khartum im Sudan [TRAMA = Traditional Archives of Music], das Institut für Äthiopische Studien

[IES = Institute of Ethiopian Studies] und die Yared Hochschule für Musik [YMS = Yared School of

Music] der Universität Addis Abeba, das Süd-Omo Forschungszentrum [SORC = South Omo

Research Centre] in Südäthiopien, das Völkerkunde-Museum und das Phonogrammarchiv der

Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien, das Ethnologische Museum der Staatlichen

Museen zu Berlin/Abteilung Musikethnologie und das Berliner Phonogramm-Archiv.

Großen Dank schulde ich letztendlich auch den Angehörigen der Volksgruppen, die ich während

meiner Feldforschung in Ostafrika besuchte. Diese sind der Reihe nach die Berta-, Mao-, Komo-, Ari-

und Maale-Volksgruppen aus West- und Südäthiopien; die Nymang aus Zentralsudan; die Baganda

und Basoga aus Zentral- und Südostuganda; die Wasambaa aus Nordtansania und die Giriama- und

Digo-Gemeinschaften aus der kenianischen Küstenregion. Bei all diesen Volksgruppen konnte ich

nicht nur meine musikethnologischen Feldforschungen vor Ort durchführen, sondern auch ihre

Gastfreundlichkeit genießen und an ihrem kulturellen Alltag aktiv teilnehmen. Außer den Musikern

(Sänger, Tänzer, Instrumentenspieler) waren es auch Kontaktpersonen, Interviewpartner, Dolmetcher

und Reisebegleiter, die für eine reibungslosen Durchführung meiner Feldforschung einen wesentlichen

Beitrag geleitet haben. April 2008 Timkehet Teffera

I N H A L T S V E R Z E I C H N I S

I Einführung 1

1.1. Themenwahl 1

1.2. Ostafrika 2

1.3. Eingrenzung des Untersuchungsgebietes 7

1.4. Feldforschung 9

1.5. Eigene Vorarbeiten und Untersuchungsmethoden 10

1.6. Forschungsstand 13

1.6.1 Phonogrammarchiv der Österreichischen Akademie der Wissenschaften / Wien

13

1.6.2 Phonogramm-Archiv der Abteilung Musikethnologie des Museums für Völkerkunde/Berlin

20

1.6.3 Bestandsaufnahme von weiteren zugänglichen Musikinstrumentensammlun-gen (Afrika/Ostafrika)

25

1.6.4 Sammlungen von Tonmaterialien 29

1.7. Quellenlage und Literatur 30

1.8. Musikalisches Verstehen: Interpretation und Hinweise zu den Transkriptionen 34 II Die Aerophone 39

2.1. Klassifikation 40

2.2. Freie Aerophone 41

Eigentliche Blasinstrumente 42

2.3. Flöten 42

2.3.1. Offene Längsflöten ohne Grifflöcher 46

Das Embilta–Ensemble der Amara und Tigray –Äthiopien 47 Die Hindeeru der Arbore–Äthiopien 55 Das Kumia-Surma-, Kome–Mdinga-Ensembles der Gumuz–Äthiopien, Sudan 56 Die Nsegu der Nyoro, Toro und Nkole–Uganda 63 Das Nsegu–Ensemble der Hima und Iru–Uganda 64 Die Nsegu der Amba und Konjo–Uganda 65 Die Ecoc, Echoic und Muserule der Lango, Acholi, Karamojong,Banyoro–Uganda 66 Die Lalipe und Liri der Lango und Didinga–Sudan 68 Die Mala-, Oliko- bzw. Gbere-Flöten der Madi und Acholi–Uganda 69

2.3.2. Offene Längsflöten mit Grifflöchern 70

Die Alamoru der Turkana und Teso–Kenia 71 Die Biringi oder Mutururu der Kikuyu–Kenia 72 Die Ebune der Turkana–Kenia 73 Die Ekinimba der Kiga–Kenia 74 Die Endere-Ensemble der Baganda–Uganda 78 Die Fodima der Afar–Äthiopien 88 Die Foodhin der Bajuni–Somalia 90 Die Forimo und Gobais–Somalia 91 Die Lalego und Pelo der Lango und Larim–Sudan 92 Die Kumurere der Gishu–Uganda 94 Die Mlele, Mulele, Khumulele der Luhiya–Kenia 94 Die Muturiru der Gikuyu–Kenia 97

II

Die Nyamulere, Nyamulero, Oluett der Madi, Lango, Acholi, Bakonzo–Uganda 97 Die Odundu der Luo–Kenia 101 Die Olera, Olete der Acholi und Madi–Uganda 101 Die Omukuri der Nkole, Kiga und Hima–Uganda 104 Die Shulungo der Maale–Äthiopien 108 Die Shungul der Ari–Äthiopien 110 Die Sorror der Nymang–Sudan 114 Die Washint der Amara–Äthiopien 116 Die Woissa der Hamar, Banna, Bashada–Äthiopien 123 Die Zumbara der Nomadenvölker (?) 126

2.3.3. Gedackte Längsflöten ohne Grifflöcher 127

Das Abbi-Birare-Ensemble der Berta–Äthiopien 130 Das Afyanza-Esnemble der Komo–Äthiopien 133 Das Andinga-Ensemble der Gumuz–Sudan 135 Das Bal-Ensemble der Ingessana–Sudan 136 Das Bol-Negero-Ensemble der Berta–Äthiopien 141 Das Bol-Tsitsim-Ensemble der Berta–Äthiopien 153 Das Bulhu-Ensemble der Berta–Sudan 157 Das Eruma-Ensemble der Amba und Konjo–Uganda 160 Das Fila-Ensemble der Gidole–Äthiopien 161 Das Mbasi-Ensemble der Wasangu–Tansania 163 Das Osegu-Ensemble der Madi–Uganda 165 Das Pile-Ensemble der Maale–Äthiopien 168 Das Woissa-Ensemble der Ari–Äthiopien 176 Das Vylanzi-Ensemble der Zaramo–Tansania 179

2.3.4. Gedackte Längsflöten mit Grifflöchern 181

Flöte n.n. der Bongo und Idio–Sudan 182 Flöte n.n. der Bamum und Dupa–Kamerun 184 Die Kiluka, Kalur, Kilu der Alur, Acholi–Uganda 186 Das Otule-Ensemble Lango–Uganda 186

2.3.5. Querflöten: Allgemeines 191

2.3.5.1. Querflöten mit Grifflöchern: Allgemeines 193 Die Chivoti der Giriama und Digo–Kenia 193 Die Ekibiswi der Kuria–Kenia 203 Die Emborogo der Kikuyu–Kenia 206 Die Kilanzi, Mwanzi und Npeta der Hehe, Makonde und Makua–Tansania 207 Die Mlanzi der Wagogo–Tansania 208 Querflöte n.n. der Ngorima und Shashi–Tansania 209

2.3.6. Querflöten ohne Grifflöcher 210

Die Filulu der Sukuma–Tansania 210 Die Ludaya der Gishu–Uganda 213

2.3.7. Gedackte Querflöten mit Grifflöchern 217

Die Ekerongwe der Kuria–Kenia 217 Die Ikere der Kuria–Kenia 218 Die Umwere der Kuria–Kenia 221 Querflöte n.n. der Ngorime und Shashi–Tansania 223

2.3.8. Doppelquerflöten 224

III

2.3.9. Spaltflöten: Allgemeines 227

Das Ngoma-Ya-Kidembwa-Ensemble der Wasamba–Tansania 230 Das Ngoma-Dumange-Ensemble der Wasamba–Tansania 233

2.3.10. Gefäßflöten: Allgemeines 237

Die Ebundi, Kigwara und Kigwari der Nyole, Gwere und Gishu–Uganda 240 Die Mwarutu und Mpiluli der Digo und Iramba–Kenia und Tansania 243 Die Ndaku der Lugbara–Uganda 243

2.3.11. Panflöten 244

Die Fanfa der Konso–Äthiopien 248 Die Enkwanzi oder Obulere-Ensemble der Busoga–Uganda 249 Die Malko der Maale–Äthiopien 254 Die Oseke der Alu–Uganda 255

2.4. Schalmeien (Oboen und Klarinetten): Allgemeines 257

Blattoboe n.n. Digo–Kenia 267 Die Bungo der Giriama–Kenia 269 Die Keiyta der Haussa–Sudan 270 Die Zomari, Zumari Nzumari usw. Der Swahili, Digo, Rabai–Kenia und Tansania 270

2.5. Trompeten und Hörner: Allgemeines 273

2.5.1 Schneckentrompeten und –hörner: Allgemeines 276

Schneckentrompeten aus der ostafrikanischen Küstenregion 278

2.5.2 Längstrompeten 279

Die Abu der Luo–Kenia 280 Die Bonder Balla und die Bondoro Dāñe der Berta–Äthiopien 280 Das Dussul Ensemble der Nymang–Sudan 281 Die Egwara und Kawunde der Baganda–Uganda 285 Die Kanga oder Akanga Dajo, Lotuko der Buri–Sudan 286 Die Lilandi, Ntandara und Ntanduka der Kabwa und Ukerewe–Tansania 286 Das Penah-Ensemble der Gumuz–Sudan 287 Die Pororesa der Welayitta–Äthiopien 288 Die Rango der Tigray–Äthiopien 289 Die Sinr der Ingessana–Sudan 291 Die Turumba, Trumba–Äthiopien 291 Die Uluru oder Luru der Madi–Uganda 294 Das Waza- Ensemble der Berta–Äthiopien und Sudan 296

2.5.3 Längstuben 303

Die Aporo, Asukusuk und Meleket der Labwor, Teso, Amara–Uganda, Äthiopien 303

2.5.4 Längshörner 306

Das Olwet, Rirandi, Singar, Karumbeta, Kurumbe und Humbu der Acholi Gusii Ingessana, Kikuyu, Mao und Komo–Uganda, Kenia, Sudan und Äthiopien

306

2.5.5 Quertrompeten 309 Die Agwara-Ensemble Alur–Uganda 309 Das Amakondere-Ensemble der Banganda, Banyoro, Batoro, Bayankole–Uganda 310 Die Dinke Welayitta, Kembatta, Hadiyya–Äthiopien 318 Die Ebigwala-Ensemble Basoga–Uganda 322 Die Hura der Welayitta, Kefficho und Kembatta–Äthiopien 326

IV

Die Limba Yuge und Mare der Madi, Kakwa und Lugbara–Uganda 328 Die Nkaanga, Kanga und Likhaanga der Banyoro, Batoro, Alur, Luhiya–Uganda 329 Die Omwomba der Kerebe–Tansania 330

2.5.6 Querhörner: Allgemein 331

Das Angari der Berta–Äthiopien 333 Das Bulu der Berta–Äthiopien 334 Die Borsher und Diederi der Nymang–Sudan 334 Das Obute der Acholi–Uganda 334 Das Engombe der Baganda–Uganda 335 Das Enzomba der Kerebe–Tansania 336 Das Gaferi-Gurani der Maale–Äthiopien 336 Die Ture-Angwa, Guke und Aluut der Madi, Lugbara, Karamojong–Uganda 336 Das Gees-Oogoodir–Somalia 336 Das Gunda der Wasamba u.a.–Tansania 336 Das Tung der Anuak–Sudan 337 Das Adalo der Shilluk –Sudan 339 Das Muong der Dinka–Sudan 339 Das Huldudwa der Gidole u.a.–Äthiopien 339 Mehrfach gewundene Querhörner 340 Das Baragumu, Bangare und Kangdur der Swahili–Kenia, Tansania und Azande, Shilluk–Sudan

340

Das Emouo der Maasai–Kenia 341 Das Olukia der Luhiya–Kenia 341 Querhörner n.n. der Sukuma, Shashi–Tansania 343 Querhörner n.n. der Kamba, Madi und Bari–Kenia, Uganda, Sudan 344 Das Tori der Bari–Uganda und Sudan 345 Das Zumbe der Swahili–Tansania 345 Querhörner aus Elefantenstoßzahn, Metall und Holz 346 Das Siwa aus Lamu–Kenia und Tansania (?)

346

Schlussbemerkungen

348

Anhang 353 Verzeichnis der Abbildungen 353 Verzeichnis der Tabellen 358 Verzeichnis der Notenbeispiele 359 Liste der Klangbeispiele (Begleit–CD) 361 Literatur 363 Internetquellen 375 Diskographie, Audioquellen (Schallplatten, Tonbänder) 376 CDs und DVDs 377 Interviews und persönliche Gespräche 378 Glossar 380

1

I. Einführung

1.1. Themenauswahl Das traditionelle Instrumentarium der Musikkulturen Ostafrikas be-schränkt sich nicht auf den Gebrauch von Trommeln151 (Chernoff 1979:27; Kubik 1982: 6; Wachsmann 1988: 78f.; Bebey 1975: 92 und 116), mit dem der afrikanische Kontinent häufig identifiziert wird. Es umfasst im Gegenteil alle vier Hauptinstrumentengruppen. Sicher gibt es in einigen Musikkulturen Unterschiede in Anzahl und Auswahl der Ver-wendungen von Instrumenten, die überwiegend mit den Siedlungsgebie-ten, mit der Lebensweise und mit der historischen Entwicklung der betreffenden Volksgruppen zusammenhängen. Herstellungsmethoden von Musikinstrumenten, ihre Formen, Materialien, Spielweisen und Spiel-techniken, Stimmungen, musikalische und außermusikalische Funktionen und Bedeutungen im Zusammenhang mit den historischen, politischen, sozialökonomischen, kulturellen und religiösen Gegebenheiten weisen sowohl Differenzen als auch Gemeinsamkeiten auf. Die dieser Arbeit zugrunde liegende musikethnologische Feldforschung widmet sich der Untersuchung von Aerophonen aus Ostafrika. Bei dem bisher erreichten Stand der musikethnologischen Erforschung kann man davon ausgehen, dass die Aerophone auf dem gesamten Konti-nent sehr wenig studiert worden sind. Den Kern dieser Arbeit bildet daher die aus einer umfassenden Sichtung hervorgegangene explizite Gesamtdarstellung der Aerophone, ihre Eintei-lung in Typen und Subtypen und die Untersuchung ihrer musikalischen bzw. instrumentalen Stilgebiete. Die Stilgebietsforschung wird durch intra– und interkulturelle Zuordnungen ergänzt, sodass der daraus resul-tierende systematische Überblick eine überschaubare Auskunft über a) die ethnisch–kulturelle Verankerung bzw. die historische Herkunft b) die instrumentenkundliche Klassifizierung und die intrakulturelle

Zuordnung c) die Spielweise und Spieltechnik d) das damit verbundene Repertoire und dessen musikalisch funktionale

Bedeutung (auch im Zusammenhang mit anderen Musikinstru–mentengruppen, die bereits repräsentativer untersucht wurden)

e) die technologische Vielfalt f) die soziokulturelle Rolle eines jeden Musikinstruments, dessen mög-

liche außermusikalische Bedeutung und nicht zuletzt g) die geschlechtsspezifische Zuordnung.

151 Im Vergleich zu anderen Regionen Afrikas, wo die Trommel als Rhythmusinstrument

eine zentrale Rolle spielt (z.B. Westafrika), dienen Trommeln in ostafrikanischen Kul-turen überwiegend zur Darstellung von Ritualen und des sozialen Ranges und spielen daher eine untergeordnete Rolle als Begleitinstrumente für Gesänge und Tänze.

2

1.2. Ostafrika Bei der Untersuchung der ostafrikanischen Musikkulturen ist es von Be-deutung, die hier beheimateten Volksgruppen, ihre Verbreitungsgebiete im Zusammenhang mit ihren Lebensweisen und ihre ethnischen, sprach-lichen, kulturellen und religiösen Klassifikationen im Vorfeld möglichst genau zu erfassen, da anhand dieser wichtigen Anhaltspunkte auch ihre musikalischen Traditionen besser begründet werden können. Die Völker Ostafrikas setzen sich aus Bantu, Niloten, Semiten, Kuschiten und Omoten zusammen, die unter den afroasiatischen, den nilo–saharischen und den Niger–Kongo– Sprachfamilien klassifiziert werden. Diese Völ-ker bewohnen entweder fruchtbare Regionen als sesshafte Ackerbauern oder, als Pastoralisten und Nomaden, überwiegend trockene Regionen152. Eine detaillierte Darlegung von aktuellen Kenntnissen zur Geschichte, Bevölkerung und Sprachverteilung Ostafrikas würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen. Daher ist mit den soweit zur Verfügung stehenden Da-ten der Versuch gemacht worden, die an dieser Stelle zusammenfassend erwähnten Volksgruppen Ostafrikas soweit wie möglich einzeln im An-hang aufzulisten. Diese nach den Namen der jeweiligen Gemeinschaften alphabetisch geordnete Auflistung gibt jeweils Informationen über Spra-che/Sprachgruppe, Bevölkerungszahl, Glaubensrichtung sowie Land/ Siedlungsgebiet. Basierend auf archäologischen Funden, die für eine Erforschung dieses Kulturraumes bislang nur marginal eine Rolle spielten, stellen Historiker fest, dass der Anfang der afrikanischen Geschichte höchstwahrscheinlich mit der Menschwerdung des Vormenschen in Zusammenhang steht153. Dennoch bestehen immer noch Zweifel über die Rekonstruktion dieses Zeitabschnittes. Ein konkreter Anfangszeitraum lässt sich mithin nicht definieren (Davidson 1969: 4; Wachsmann 1988: 81f.). Aus anderen Disziplinen, etwa aus der Geschichte, der Archäologie, der Ethnologie, der Soziologie, der Anthropologie und der Sprachwissen-

152 Über die Geschichte, Sprache und Verbreitungsgebiete der in Ostafrika beheimateten

Volksgruppen steht uns eine Reihe von wissenschaftlichen Arbeiten zur Verfügung. Darunter sind die Arbeiten von Roland Oliver The Problem of the Bantu Expansion, in Journal of African History 1966; Jean Hiernaux Bantu Expansion: The Evidence from Physical Anthropology Confronted with Linguistic and Archaeological Evidence 1968; E.R. Turton Bantu, Galla and Somali Migrations  in  the Horn of Africa: A Reassess‐ment of the Juba/Tana Area 1975; Jan Vansina Bantu in the Crystal Ball, II, in History in Africa 1980; Andrew Fedders und Cynthia Salvadori Peoples and Cultures of Kenya 1994, Nzita/Niwampa Peoples  and Cultures  of Uganda 1998 und Basil Davidson A History of East and Central Africa to the late 19th Century 1969, Ehrlich Haggai E‐thiopia and the Middle East 1994, Georg Lipsky Ethiopia: Its People its Society and its Culture 1962, Donald Levine Greater Ethiopia: The Evolution of a Multi–Ethnic So‐ciety 1974, John Spencer Trimingham Islam in Ethiopia 1952 und Islam in East Africa 1964 und Mohamed Hassan Fadalla Short History of Sudan 2004 zu empfehlen.

153 Im Hinblick auf die Verwendung des Begriffs „Vorgeschichte“ warnt Schneider (1986: 224) auf das sich daraus resultierende Missverständnis wie folgt:

„The term ‚prehistory’ is the product of questionable value judgments saying that history is only where we have written sources as a “proof” that there has already been specific awareness of history. Thus, non–European people were denied in many cases to have “history” as they do not keep written records. Perhaps the only reason not to abandon this misleading and outdated term is that in archaeological terminology “prehistory” is an established concept”.

ostafrikanische Völker Verbreitungsgebiete Lebensweisen

Musikgeschichte: Ostafrika

3

schaft steht uns zwar eine Vielzahl von wissenschaftlichen Quellenmate-rialien zur Verfügung, die sowohl auf mündlich überlieferte, autochthone Traditionen Afrikas als auch auf den erst in jüngeren Epochen entstande-nen Schriftquellen beruhen. Doch sind die Methoden der wissenschaftli-chen Untersuchungen und Herangehensweisen für den vorliegenden Zweck unterschiedlich zu bewerten. Ihre Inhalte besitzen je nach Quel-lenmaterialien eine unterschiedliche Gewichtung: mündliche Traditionen, schriftliche Zeugnisse, archäologische oder linguistische Berichte, die für die jeweilige Forschung von Belang sind und für den entsprechenden Themenbereich näher in Betracht gezogen wurden. Ungeachtet dessen ist die Verwendung von zur Verfügung stehenden Quellen selbstverständlich von großer Bedeutung für jede wissenschaftliche Untersuchung. Die hier angestrebte musikethnologische Forschung ist daher auch auf all diese Quellenmaterialien angewiesen, um das zu untersuchende Thema im Zusammenhang mit den verschiedenen Aspekten der Menschheitsge-schichte wahrzunehmen und sie entsprechend abwägen zu können. Auch wenn das größte Teil dieser Quellen sich in der einen oder anderen Form gegenseitig ergänzt, wurde in dieser Arbeit versucht, das Material in sei-ner Individualität sowohl effektiv als auch möglichst genau zu studieren. Es ist unabwendbar, sich mit der Geschichte dieser Region auseinander-zusetzen, weil sie uns den Weg weist, das gegenwärtige Bild der sozial-kulturellen und schließlich auch politischen Konstellationen von ver-schiedenen Gesichtspunkten her zu erfassen und diese zu ergründen. Die politische und kulturelle Vergangenheit Ostafrikas wurde vor allem durch Völkerwanderungen, Verstreuungen, Invasionen, aber auch durch friedliches Durch– und Eindringen geprägt, welches sich sowohl inner-halb des ostafrikanischen Territoriums als auch in Interaktion mit anderen afrikanischen Regionen und mit Asien und Europa etappenweise über mehrere Jahrzehnte und Jahrhunderte vollzog (Cooke 1998: 598; David-son 1969: 25ff.). Hauptursachen für die Migrationsbewegungen in Ostafrika waren die Suche nach besseren und fruchtbareren Gegenden (z.B. Ackerland und Grasland), Vertreibungen aufgrund von Konflikten und Kriegen, Klima-katastrophen, Hungersnöte, Epidemien und Überbevölkerung. Diese Phä-nomene lösten nicht nur uneinheitliche Entwicklungen in dieser Region aus, sondern sorgten auch für gravierende Veränderungen und Verschie-bungen der sozialen und kulturellen Werte von Gesellschaften und ihren musikalischen Gewohnheiten wie Gesang, Tanz, Stil, Repertoire und Musikinstrumenten (Nketia 2000: 14). Oft waren nur einzelne Teile der Völker von den Völkerwanderungen Ostafrikas betroffen. Diese Bewegungen verursachten Zersplitterungen von ursprünglich einheitlichen Völkern und lösten wiederum unterschied-liche Entwicklungen aus. Am jeweils neuen Siedlungsgebiet vermischten sich diese Einwanderungsgruppen mit bereits bestehenden Gruppen oder eigneten sich teilweise neue Kulturen, also auch neue Musikkulturen an (Nketia 2000: 15; Kubik 1988: 16, 40f. und 53). Hinsichtlich musikalischer Quellen liegen uns seit Beginn des 20. Jahr-hunderts Schallquellen auf Wachszylindern vor, die zu einer wesentlichen Verbesserung systematischer Musikforschungen und Analysen im Ver-gleich zu früheren Zeiträumen führten (Kubik 1982: 116; 2001b: 196).

Migrationsbe- wegungen und Ver-

schiebungen sozial-kultureller Werte

4

In diesem Zusammenhang sei auch die Geschichte der ostafrikanischen Küstenregion (Kenia und Tansania einschließlich der Inseln Sansibar und Pemba) erwähnt, die insbesondere seit dem 19. Jahrhundert schriftlich dokumentiert worden ist. Es ist eine Geschichte zahlreicher Invasionen und Kriege sowie Handelsbeziehungen, die durch rege wirtschaftliche und kulturelle Interaktionen mit der Außenwelt154 gekennzeichnet ist. Dazu gehören die musikkulturellen Kontakte mit Asien und dem Nahen Osten. Letzteres geschah hauptsächlich im Zuge der Islamisierung (Kubik 2001a: 83), die seit dem 7. Jahrhundert unserer Zeit weite Teile Ostafri-kas betraf. Außer den Bewohnern des ostafrikanischen Küstenstreifens kamen auch die Völker Äthiopiens, Eritreas, Djibutis, Somalias und des Sudans mit dem Islam in Berührung, sodass die hier praktizierten musika-lischen Traditionen mitunter auch im Prozess der Islamisierung zu dem geformt wurden, was sie heute sind. Diese musikalische Akkulturation hatte somit Auswirkungen auf die bereits seit Jahrhunderten bestehenden autochthonen Musikkulturen. Als Resultat dieses historischen Werde-gangs entstand beispielsweise die sogenannte Swahili–Kultur in Kenia und Tansania, die nicht nur im sozialpolitischen und religiösen, sondern auch im musikalischen Bereich eine besondere Eigenart tief verwurzelter afrikanischer sowie fremder Einzelelemente in sich birgt. Trotz dieses starken Drucks zur Veränderung legten die Swahili dennoch stets einen großen Wert darauf, die über Jahrhunderte verwurzelten inhaltlichen, formalen und sozialen Aspekte der afrikanischen Musikkultur zum größ-ten Teil aufrecht zu erhalten. Bei der Volksgruppe Zaramo aus dem Küs-tengebiet Tansanias, begegnet uns z.B. heute noch das Viyanzi–Flötenensemble, das von Trommeln, Perkussionsstöcken und Rasseln begleitet wird (Kubik 2001a: 85). Auch wenn man einerseits gewiss davon ausgehen kann, dass die Expan-sion des Islams die Einführung neuer Musikformen und Musikinstru-mente nach Ostafrika ermöglicht hat, muss man andererseits auch die restriktive Reaktion, ja bisweilen sogar die „fanatische“ und „feindli‐che“ Haltung einiger islamischer Gelehrter gegenüber der weltlichen Musik ins Auge fassen, die für die Unterbrechung bestimmter Musizier-praktiken gesorgt hat (Nketia 2000: 20; Simon 1983: 299f., Kubik 2001b: 192; Herzka 2003: 138–142). Der Gebrauch weltlicher Musikinstrumen-te, Gesänge und Tänze war beispielsweise unter der Herrschaftszeit der 72 sukzessiven Sultanate der Stadt Harar in Südostäthiopien meistens streng verboten, weil sie als profan und unreligiös galten. Bisweilen wur-den sie jedoch von einigen der Sultanate bis zu einer gewissen Grenze zugelassen. Die Entscheidung über Pro und Kontra der weltlichen Mu-sikausübung basierte also auf der subjektiven Betrachtung eines jeden Herrschers, der den Koran ebenso unterschiedlich interpretierte. Infolge-dessen verwenden die Harare heute eine wesentlich beschränkte Anzahl von Musikinstrumenten für die Begleitung ihrer weltlichen Gesänge (Abdu–Nasser 2000155).

154 Seit dem 16. Jahrhundert wurde das heutige Swahili–Gebiet auch von Portugiesen,

Arabern, Holländern, Franzosen, Engländern und Deutschen stark beeinflusst, die sich oft in der kolonialen Machterhaltung abwechselten (Davidson 1969: 133–144; Nzi-ta/Niwampa 1998: 147 – 159).

155 Informant während meiner Feldforschung in Harar, November 2000.

Geschichte der ostafrikanischen Küstenregion

Expansion des Islams in Ostafrika und Auswirkungen auf bestehende Musikpraktiken

5

Als Ergebnis der historischen Prozesse, die in Ostafrika stattfanden, sind heute neben den Unterschieden auch auffällige Gemeinsamkeiten in den Musikdarbietungen sowohl unmittelbar benachbarter als auch weit aus-einander liegender Gebiete Ostafrikas feststellbar (Nketia 2000: 16f.; 90; Kubik 1988: 22). Dabei handelt es sich nicht nur um den Gebrauch von Musikinstrumenten, ihrer Spielweisen und –techniken, Konstruktionsme-thoden und Materialien, sondern auch um die Gesang– und Tanzreper-toires und die Musizierstile. Diese können entweder einen lokalen Ur-sprung besitzen oder aus anderen Gebieten eingeführt und im Laufe der Zeit allmählich in den musikkulturellen Alltag der jeweiligen Bevölke-rung integriert worden sein. Je nach dem Siedlungsgebiet und der Lebensweise einer jeden Volks-gruppe kann man auch teilweise bestimmte Musizierpraktiken wie z.B. Gesang und Tanz und die Auswahl verwendeter Musikinstrumente unge-fähr einschätzen. Beispielsweise sind bei Nomadenvölkern wie die Maa-sai aus Kenia wenig bzw. kaum Musikinstrumente in Gebrauch, weil sie ständig auf der Suche nach fruchtbarem Grasland für ihr Vieh umherzie-hen müssen. Deshalb wären sie nicht in der Lage, schwere Musikinstru-mente von einem Ort zum anderen zu befördern. Dennoch wird die Ab-wesenheit von Musikinstrumenten traditionsgemäß durch menschliche Laute, emphatische Schreie, geräuschvolle Körperbewegungen wie Fuß-stampfen und Händeklatschen ergänzt, die sie zur Begleitung ihrer Ge-sänge nutzen. Sehr selten sorgen Tierhörner oder zeitweilig auch Längs-flöten in den Gemeinschaftstänzen der nomadischen Karamojong, Jie, Tepeth und Pokot aus Nordostuganda für zusätzliche Stimmung (Kubik 1997: 1170; Nketia 2000: 90; Ankermann 1901: 75; Mohamed 1988: 25; Anderson / Wachsmann 2001: 36). Im Vergleich zu Nomadenvölkern sind bei den sesshaften und Ackerbau betreibenden Volksgruppen Ostafrikas Ähnlichkeiten in den Musizier-praktiken, wie etwa in den Melodien und Rhythmen, sowie in der Zu-sammenstellung von Musikinstrumenten wie z.B. Trommeln156, Leiern und Harfen157, Trompeten und Flöten, Röhrengeigen oder Kastenspieß-lauten158 und Xylophone159 festzustellen. Der Klang einer Musik soll ferner nicht nur von seinem musikalischen, sondern auch von seinem außermusikalischen Aspekt her untersucht wer-den, dieser Ansatz gilt genauso für Musikinstrumente, die in beiden Be-reichen bedeutungsvoll sein können. Das Querhorn Gunda der Wasamba in Nordtansania, das für die Signalgebung, d.h. für die gegenseitige Ver-ständigung zwischen allen an der Jagd auf Vögel und Affen auf den zu schützenden Feldern beteiligten Männern geblasen wird, ist nur ein Bei-spiel von vielen. Dieses Querhorn wird, soweit bekannt, zu keinem musi-kalisch–unterhaltsamen Zweck gespielt160. Es sind schließlich die Träger 156 Da im Allgemeinen nicht nur die ostafrikanische Region, sondern auch der gesamte

Kontinent Afrikas sich durch die große Vielfalt von Trommeln kennzeichnet, wäre es überflüssig, hier Trommelarten und –typen aus Ostafrika zu benennen.

157 Viele Typen von Leiern und Harfen sind in weiten Teilen Afrikas verbreitet. Es beste-hen regionale und lokale Abweichungen in der Materialauswahl, Dimension, Saitenan-zahl, Stimmung usw. (Kubik 1982: 28–32; Kebede 1967: 154–161 und 1982: 80–88).

158 Die Masinqo aus Zentraläthiopien, die Akanyembe aus Tansania und die Endingidi aus Uganda u. a..

159 Das Xylophon Amadinda der Baganda und das Embaire der Basoga aus Uganda u. a.. 160 Feldforschung Tansania, Juni 2005: Beobachtungen und Interviews.

Unterschiede und Gemeinsamkeiten

musikalischer Darbietungen in

Ostafrika

Siedlungsgebiete Lebensweisen und

Musikpraktiken ostafrikanischer

Völker

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der jeweiligen Musikkultur, die im Mittelpunkt der Untersuchung stehen sollen, da die Musik ohne ihre Träger nicht existieren kann. Sprache ist ein wesentlicher Bestandteil der Musik, der eine wichtige Rolle im Prozess der Wahrnehmung und Beschreibung einer Musiktradi-tion und der damit verbundenen Erscheinungen wie Musikinstrumente, Tanz– und Bewegungsformen und ihrer besonderen Merkmale spielt (Anderson/Wachsmann 1980: 35; Kubik 1994: 52). Es ist wichtig, Ver-änderungen jeglicher Art in der Geschichte gleichzeitig in Bezug auf ihre sprachlichen Aspekte näher in Betracht zu nehmen (Kubik 1994: 53; Sachs 1974: 12). Angesichts des als besonders apostrophierten engen Verhältnisses zwi-schen Musik und Sprache in Afrika ist eine Reihe von Forschungen durchgeführt worden. In diesem Zusammenhang sind die Tonsprachen zu nennen, die in Afrika weit verbreitet sind. Als Beispiel seien die wissen-schaftlichen Untersuchungen von Kubik über die Sprechtrommeln der Yoruba aus Südnigeria (1983b: 49–57), Wängler im Hinblick auf den engen Zusammenhang gesprochener und gesungener Tonhöhen am Bei-spiel der Gesänge der Hausa (1983: 58–65) und Jungraithmayr über Funktion und Bedeutung musikalischer Tonhöhen am Beispiel der Angas, Yoruba und Ewe aus Nigeria, Togo und Ghana (1983: 66–71) genannt. Die obigen Untersuchungen stellen fest, dass eine Missachtung von Ton-höhenunterschieden in Tonsprachenkulturen zu gravierenden Missver-ständnissen führen kann. Als eine Besonderheit der mit Tonsprachen verbundenen Musizierpraktiken gilt zum Beispiel, dass durch das Spiel von Musikinstrumenten bestimmte Ideen, Sätze oder Wortkombinationen wiedergegeben werden. Diese finden allerdings nicht nur zum Spaß statt, sondern sie sind an bestimmte, mitunter wichtige, musikalische Funktio-nen gebunden. Unter anderem dienen sie der Übermittlung von Nachrich-ten, Signalen oder Befehlen. Die zu vorgegebenen Zeiten im Verlauf eines Tages erklingenden königlichen Trommeln des ehemaligen bugandischen Hofes aus Zentraluganda, erfüllten zum Beispiel einen ähnlichen Zweck. Durch den Trommelschlag wurden die Einwohner ständig über die einzelnen Aktivitäten des Kabaka (König) und seines Hofes informiert. Die zu den afrikanischen Tonsprachen gehörende Luganda–Sprache der Baganda spielte also eine wichtige Rolle in der Übermittlung dieser Nachrichten und der Verständigung zwischen dem Königshof und der Bevölkerung. Es gaben verschiedene Typen von Schlagmustern, die entsprechend unterschiedlichen Bedeutungen inne hatten (Kubik 1982: 14–21; Cooke 1996: 442f.). Daher ist es wichtig, die Mannigfaltigkeit der Sprachen zu beachten161 und musikethnologische Erforschungen mit sprachhistorischen Kontexten zu verknüpfen (Ku-bik/Simon 1994: 121–169).

161 Beispielsweise werden allein in Äthiopien und im Sudan mehr als 200 Sprachen und

zahlreiche Dialekte gesprochen (Schubert 1991: 5; Richter 1987: 23).

Sprache: wesentlicher Bestandteil der Musik

afrikanische Tonspra-chen und ihre Rolle in Sprache und Musik

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Abbildung 1: Physische Karte Ostafrika Microsoft Encarta 2007, Enzyklopädie

1.3. Eingrenzung des Untersuchungsgebietes Mit dem geographischen Begriff Ostafrika wird generell das zwischen dem Westlichen Afrikanischen Grabenbruch und dem Indischen Ozean liegende Gebiet bezeichnet, welches sich vom „tiefen Süden des Konti-nents über mehr als 5000 Kilometer hinauf zu den großen Seen und noch darüber hinaus“ erstreckt (Wachsmann 1988: 78). Der geographische Raum des heutigen Ostafrikas schließt die politisch zum Horn von Afrika gehörenden Länder Djibuti, Eritrea, Äthiopien und Somalia, die in der Küstenregion, in zentralen und südlichen Gebieten liegenden Länder Kenia, Uganda, Ruanda, Burundi und Tansania sowie den zentralen und den südlichen Sudan162 und Teile Nordmosambiks, Sambias und Malawis ein (Barz 2004: 1ff.; Hickmann 1988: 91; siehe Abb. 1) Die hier in den Mittelpunkt gestellte Gesamt-dokumentation der Aerophone Ostafrikas und die gründliche Analyse ihrer sozialen Einbindung mussten faktologisch eingegrenzt werden, da zu umfangreiche Absichten letztendlich nur unbefriedigende Resultate erbringen können. Aufgrund dessen beruht diese Arbeit auf Fallstudien und Fakten, die vorwiegend aus einer sechsmonatigen Feldforschung in fünf ostafrikanischen Ländern ge-wonnen wurden. Es handelt sich um die Länder Sudan, Uganda, Kenia, Tansania und Äthiopien, die vor allem durch ihre engen historischen und kulturellen Bin-dungen bekannt sind. Eine komplette Untersuchung der gesamten Region Ostafrikas wäre in der vorgegebenen Zeit logistisch keineswegs durchführbar, ebenso wäre eine vollständige und detaillierte Beobachtung aller vorhandenen Musiktraditionen eines einzigen Landes in der zur Verfügung stehenden Zeitspanne undenkbar. Daher wurden diese Länder für die thematisch begrenzte Forschungsreise ausgewählt und somit die zu untersuchende Region abgesteckt. Im Ver-lauf der Forschungsaufenthalte in den jeweiligen Ländern wurde gezielt versucht, mindestens eine Volksgruppe zu besuchen und ihre traditionelle Musik vor Ort aufzunehmen. Als Ergebnis der Feldforschung wurden somit die Musikkulturen der unten aufgelisteten Volksgruppen untersucht (siehe auch Reiseroute in Abb. 2): – Die Berta–163, Mao– und Komo–Volksgruppen des Benishangul–

Gumuz–National–Regional–Staates (BGNRS) in Westäthiopien. Ande-

162 Das nördliche Gebiet des Sudans war in der Geschichte von einem dauerhaften Ein-

dringen der Araber bestimmt. Südsudan dagegen war vor allem aufgrund seines natürli-chen Raumes, der ausgedehnten Sumpfgebiete, unzugänglich. Andererseits haben die Südsudanesen einen stetigen Widerstand gegen Fremdmächte und Expansionsversuche (z.B. Türken, Ägypter, Mahadisten, Araber und Europäer) geleistet (Mohamed 1988: 19f.). Die Araber waren viel mehr am Sklavenhandel interessiert als an der Verbreitung ihrer Religion. Im Unterschied zum Nordsudan bekennt sich daher ein Großteil des Südsudans zum Christentum und zahlreichen traditionellen Religionen.

163 Auch Berta, Bartha, Bεrta genannt.

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Abbildung 2: Feldforschung 2005

Reiseroute: siehe Nr. 1 – 8 Microsoft Encarta 2007 Enzyklopädie

re hier lebende Gemeinschaften sind die Gumuz und Shinasha. Hierbei soll erwähnt werden, dass weitere Gruppen der Berta und Gumuz auch im Sudan leben. Trotz der unterschiedlichen Siedlungsgebiete teilen die Berta und die Gumuz eine gemeinsame historische, kulturelle und reli-giöse Herkunft.

– Die Ari und Maale aus Südäthiopien. Diese Region ist außerordentlich reich an Sprachen und Dialekten, die von unzähligen Völkern etwa die Bodi, Bumi, Dasanech, Dizi, Hamar, Mursi und Surma dieses Gebietes gesprochen werden.

– Die Nymang164, die in den sechs kleinen Dörfern Nitill, Kurmutti, Kellara, Tunir, Sellara, Foyin sowie Kakara verstreut in den Nuba–Bergen der Region Kordofan165 im Zentralsudan leben. – Die bantusprachigen Baganda, eine der größten Bevölkerungsgruppen Zentralugandas, die in den Distrikten Kampala, Mpigi, Mukono, Masaka u. a. lebt. – Die Basoga, die in Südostuganda die Regionen zwischen dem Viktoria– und dem Kioga–Fluss die Distrikte Jinja, Kamuli und Iganga bewohnen. Die Forschungsarbeit fand in diesem Fall bei den Baganda aus dem Distrikt Kampala und den Basoga aus Jinja statt. – Die nordtansanischen Wasambaa aus Vuga, einem kleinen Ort in den ungefähr 1.800 Meter über dem Meeresspiegel liegenden Usambara Bergen. Die ethnische Gemeinschaft der Wasambaa bewohnt ein ebenso großes Gebiet, welches sich von der nordtansanischen Provinz Tanga aus in nordöstlicher Richtung erstreckt.

– Die Digo aus dem kenianischen Küstenstreifen südlich von Mombasa. – Die Giriama ebenfalls aus der kenianischen Küstenregion. Sie bewoh-nen überwiegend das nördlich von Mombasa gelegene Gebiet im Landes-inneren. Sowohl die Digo als auch die Giriama gehören zu den insgesamt neun eng verwandten Mijikenda–Gruppen. Die Informationen der hier nicht aufgelisteten Regionen bzw. Volksgrup-pen Ostafrikas wurden durch sekundäre Quellen ergänzt. Dabei handelt es sich vor allem um wissenschaftliche Arbeiten und Enzyklopädien so-wie Bestandsaufnahmen in öffentlich zugänglichen Phonogrammarchiven und Museen mit Musikinstrumentensammlungen aus Afrika. Bei der Durchführung der Untersuchungen und der darauf aufbauenden Analyse wurde daher auch versucht, die bislang nur vereinzelt und am Rande musikethnologischer Forschungen in Betracht genommenen Ae-rophone, in Bezug auf Repertoires, Spielweisen, geschlechterspezifischen Gebrauch und außermusikalische Bedeutungen so weit wie möglich ge-nauer zu beschreiben und letztendlich anschauliche wissenschaftliche Ergebnisse zu erzielen.   164 Auch Nyima, Nima und Ama genannt. 165 Auch Kurdufan genannt.

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1.4. Feldforschung Meine musikethnologische Feldforschung in Ostafrika war eine schwieri-ge Angelegenheit, die von ständigen Überraschungen, Abenteuern und Risiken begleitet war. Gleichzeitig war sie sehr nützlich, instruktiv, ermu-tigend und besonders lehrreich. Laut Reiseplan dauerte der Aufenthalt in jedem der oben genannten fünf Länder im Durchschnitt vier Wochen, mit Ausnahme der acht Wochen in Äthiopien. Die physischen und mentalen Vorbereitungen, gefolgt von den Reisen in diesen Ländern, die Erledigung administrativer Prozeduren jeweils vor Ort, das Arrangieren zweckvoller Forschungsbedingungen, die Suche nach geeigneten Informanten, Begleitpersonen und Kontaktinstitutionen wie Universitäten, Archiven und Museen erforderten relativ viel Zeit und Energie, aber vor allem unendliche Geduld. Nach Erledigung dieser Vorarbeiten bestand die Realisierung der weite-ren Schritte zunächst in der gezielten Auswahl von Binnenreisen und in der Begegnung mit der zu untersuchenden Volksgruppe. Diese Phase stellte, zusammen mit der endgültigen Realisierung des Forschungsziels, der Sammlung aktueller Daten durch Musikaufnahmen, den Kern der Forschungsarbeit dar. Dazu gehören auch Interviews und Befragungen von einheimischen Musikern und Informanten. Wichtige Aspekte, wie zum Beispiel Herkunft, Entwicklung, Stil, soziale und kulturelle Funktio-nen der vor Ort untersuchten Musik und der Musikinstrumente standen im Mittelpunkt dieser Interviews und Befragungen. Die traditionelle Musik vieler ostafrikanischer Gemeinschaften ist mit dem Tages– und Jahreskreis und mit der sozialen Organisation eng ver-knüpft. Musik ist ein Bestandteil aller wesentlichen Anlässe des sozialen, politischen, religiösen und kulturellen Lebens. Der Großteil meiner Musikaufnahmen fand allerdings selten im Zusam-menhang mit solchen besonderen sozialen Ereignissen, beispielsweise Hochzeit oder Erntefest, statt. Vielmehr entstanden sie durch meine ge-zielten Anfragen, die durch freiwillige Kooperation musikalisch beant-wortet wurden und so von mir analog bzw. digital konserviert werden konnten. Dennoch soll das nicht heißen, dass die aufgeführte Musik des-wegen zwangsläufig anders klingt oder dass die Menschen eine „un‐brauchbare Musik“ darbieten würden, sondern dass die Vorstellung einer im realen Zusammenhang stattfindenden Musikaufführung, etwa auf einer traditionellen Hochzeit, wesentlich anders wahrzunehmen ge-wesen wäre. Aus meiner eigenen kulturellen Erfahrung ist es durchaus möglich, dass die gesamte Situation bei einer religiösen oder einer Hoch-zeits–, einer Initiations– oder einer Begräbniszeremonie wesentlich an-ders ausgesehen hätte. All diese Erfahrungen haben mir eine wichtige Grundlage zum prakti-schen Verstehen der Gegenstände meiner Forschungen geliefert. Es sei an dieser Stelle bemerkt, dass es für Musikethnologen generell nützlich ist, eine entsprechende Dauer an einem Ort zu verbringen und am Alltagsle-ben der jeweiligen Gemeinschaft möglichst aktiv teilzunehmen, um die jeweilige Kultur und deren Träger besser zu verstehen, ihnen gegenüber Vertrauen aufzubauen und so schließlich relevantes Material zu sammeln.

Zeitmanagement

Feldforschungs-methoden

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Im Zuge musikethnologischer Feldforschungen in Afrika ist die Bezah-lung von Musikern, Informanten und Kontaktpersonen heute zu einem Faktor von zunehmender Wichtigkeit geworden. Dieses Problem hat auch meine Forschungstätigkeit in einigen Gebieten insofern beeinflusst und bisweilen sogar erschwert, dass ich mich gezwungen fühlte, über das Entgelt bereits im Voraus Abmachungen treffen zu müssen, ohne gar eine Aufnahme zu machen. Auch aus den Erfahrungen anderer Musikethnolo-gen wird zunehmend berichtet, dass die Realisierung von Musikaufnah-men gegen entsprechende Entgelte zu einer Selbstverständlichkeit ge-worden ist. Zu seinen Feldforschungserfahrungen in Nordsudan berichtet Mohamed (1988: 18) ebenfalls über die Bezahlung von Informanten und Musikproduzenten, als eine Erscheinung, die

„….von Feldforschern bewusst oder unbewusst in die Feldarbeit integriert wurde. …In der letzten Zeit sind Musikaufnahmen und Informationen über Musikleben einer bestimmten Gesellschaft ohne eine entsprechende Bezahlung undenkbar geworden. Mit Bezahlungen und Geschenken an die Leute kann man zwar Informationen und Auskünfte erhalten und Musikaufnahmen machen, zugleich werden aber wesentliche Komponente verloren gehen – nämlich die Spontaneität und die Glaubwürdigkeit der Musikinterpretation.“

Um mögliche Spontaneitäten bzw. unvorhersehbare Missverständnisse zu vermeiden, habe ich mich in solchen Momenten stets bemüht, zunächst die an den Aufnahmen beteiligten Einzelpersonen oder Gruppen über mein Forschungsvorhaben aufzuklären und sie sich ihrer eigenen Musik-kultur bewusst zu machen. Solche geduldigen und konsequenten Vorge-spräche schafften letzten Endes doch eine günstige Atmosphäre zwischen mir und den Musikern und/oder Informanten. Aus der Erfahrung meiner Feldforschung konnte ich daher auch feststellen, dass die Einheimischen voller Stolz und Überzeugung ihre Aufführungen gestalteten, und zwar nicht lediglich wegen der anschließenden Bezahlung. Auch aus den rela-tiv gut verlaufenden und vertrauensvollen Interviews und Gesprächen konnte demzufolge relevantes Material gewonnen werden. Nach Klärung solcher Fragen und der Vermeidung eventueller Missver-ständnisse im Vorfeld waren die wichtigsten Schritte: das Aufnehmen von Musik (Audio, Video und Foto), Befragungen, Diskussionen, Dialo-ge und Interviews mit Individuen und Gruppen u. a. über Herkunft, Ent-wicklung, Stil, Besonderheiten, Funktionen und Rollen von Musikaus-übungen in Zusammenhang mit Musik und Gesellschaft. Durch die Ein-haltung der geplanten Arbeitsschritte und eine zielstrebige Herangehens-weise war es möglich, in einem relativ kurzen Zeitraum erfolgreich Er-fahrungen und Daten über die jeweilige Kultur zu sammeln.    

1.5. Eigene Vorarbeiten und Untersuchungsmethoden Für die Vorarbeiten war die Durchsicht vorhandener Quellenmaterialien über Ostafrika im Besonderen und über den afrikanischen Kontinent im Allgemeinen unvermeidlich. Die Untersuchungen dieser Quellenmateria-lien fanden sowohl vor der sechsmonatigen Feldforschung in Ostafrika als auch nach ihrer Beendigung statt.

Bezahlung von Musikern

Verständnis und Missverständnis

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Zu den Untersuchungsmethoden zählen Quellenstudium und Be-standsaufnahmen von bereits dokumentierten Bild– und Tonsammlungen von traditioneller Musik und Musikinstrumenten in Phonogrammarchiven und Museen. Diese Bestandsaufnahmen wurden in den Phonogrammar-chiven und Völkerkundemuseen Berlins und Wiens, im Institut für Äthi-opische Studien [IES = Institute  of Ethiopian  Studies], an der Yared–Hochschule für Musik [YMS = Yared School of Music] der Universität Addis Abeba, in den staatlichen Museen von Uganda [Uganda National Museum,  Kampala], Kenia [National Museum  of  Kenia, Nairobi  und Mombasa], Tansania [Dar Es Salaam National Museum, Tanzania] und vom Sudan, dem Tonarchiv der Universität von Khartum [TRAMA  = Traditional  Archives  of Music], durchgeführt. Weitere Informationen, Schriftquellen und relevante Daten stammen aus diesen und anderen In-stitutionen, universitären Bibliotheken und Archiven unterschiedlicher Disziplinen, wie etwa Ethnographie, Archäologie und Geschichte. Zum Quellenstudium gehören die Beschäftigung mit der Organologie der Aerophone, d.h. die instrumentenkundliche und –klassifikatorische Ana-lyse sowie Klanguntersuchungen, die auf die Musikpraxis bezogene For-schung und die damit verbundenen Einzelheiten, wie psychologische, kognitive und kulturelle Zusammenhänge, die Funktion, der Inhalt und die Bedeutung der dargestellten Musik. Hinzu kommt die geschlechter-spezifische Bedeutung, d.h. die Rollen von Frauen und Männern sowie unterschiedlichen Altersgruppen in der zu untersuchenden Musikkultur. Darüber hinaus ist auch die Auswertung von Audio–, Video– und Bild-materialien, die sowohl aus vorherigen als auch aus neuen Feldforschun-gen in Äthiopien (1997166 und 2000167 sowie 1993, 2005 und 2006168) stammen, Bestandteil des Quellenstudiums. In der wissenschaftlichen Gesamtdokumentation der Aerophone wurde so weit wie möglich versucht, terminologisch mit den jeweiligen Original-bezeichnungen zu arbeiten. Die Klassifizierung der untersuchten Aerophone, die unter Punkt 2.1 ausführlich erläutert wird, basiert auf der von Kurt Sachs und Erich von Hornbostel (1914). Diese wurde aus einer Vielzahl konkreter Beschreibungen in einschlägigen Enzyklopädien und Einzelstudien ergänzt und erweitert. Neben den empirisch systematischen Analysen der hier im Einzelnen dokumentierten und vom instrumentenkundlichen und musikethnologi-schen Aspekt untersuchten Aerophone wurden während der Feldfor-schung methodische Untersuchungen im Hinblick auf historische, ge-genwartsbezogene und zukunftsorientierte Perspektiven ausgearbeitet. Hierzu gehören intensive Beobachtungen des musikalischen Geschehens, Protokollierungen von Ton– und Bildaufnahmen möglichst vor Ort, Füh- 166 Die Aufnahmen sind im Phonogrammarchiv der Abteilung Musikethnologie des Mu-

seums für Völkerkunde, Berlin, unter Sammlung  Teffera  Äthiopien  1997: DAT–Aufnahmenummer: von Ä1997–D–1, Signatur 0345.001 bis Ä1997–D–18, Signatur 0345.018; Videoaufnahmen Nr. Ä1997 SV–02 bis Ä1997–SV–13 sowie Ä1997 V8–01 bis Ä1997 V8–02 zugänglich.

167 Die Aufnahmen sind im Phonogrammarchiv der Abteilung Musikethnologie des Mu-seums für Völkerkunde, Berlin unter Sammlung  Teffera  Äthiopien  2000: DAT–Aufnahmenummer: von Ä 2000–D–01/0397.001 bis Ä 2000–D–03/0397.003; Video-aufnahmen Nr. Ä2000–VHS–01, Signatur 075.01 bis Ä2000–VHS–05, Signatur 075.05 zugänglich.

168 Die Aufnahmen aus den Jahren 1993, 2005 und 2006 sind Privatsammlungen.

Organologie der Aerophone

Instrumentenklassifi-zierung nach

Hornbostel und Sachs

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rung von gezielten, themenbezogenen Interviews, Gespräche mit den Hauptakteuren, also den Trägern der jeweiligen Kultur, den Instrumenta-listen und weiteren wichtigen Informanten, die zum besseren Verständnis der untersuchten Musik und der Musikinstrumente einen außerordentlich wichtigen Beitrag geleistet haben. All diese Untersuchungsmethoden unterscheiden sich zwar voneinander, dennoch sind sie letztendlich unmittelbar miteinander verbunden und daher parallel zueinander ausgeführt worden. Einen weiteren Untersuchungsaspekt stellt die Verflechtung technologi-scher, ökonomischer und ideeller Ursachen für den Gebrauch von be-stimmten Musikinstrumenten bzw. deren Nichtverwendung dar. Obwohl die Vielfalt ostafrikanischer Musikinstrumente sehr groß ist, bevorzugen manche Kulturen eine beschränkte Anzahl von Musikinstrumenten, vor allem aufgrund ihrer zweckmäßigen Konstruktionen. Die Einbeziehung archäologischer Funde (unter anderem Felsmalereien und –gravuren), die die zahlreichen Musiktraditionen Ostafrikas reflektie-ren, war ebenso wichtig. Es stehen uns bisweilen sehr alte Funde und Quellenmaterialien, ja sogar bis in historische Zeitabschnitte, die vor dem Beginn der Zeitrechnung liegen, zur Verfügung. Informationen wurden unter anderem durch Ausgrabungen von Stein– oder Terrakotta–Artefakten gewonnen, auf denen Musikinstrumente oder gewisse Szenen von musikalischen Aktivitäten abgebildet sind169. Alle in dieser Arbeit verwendeten Fremdwörter bzw. Termini, wie etwa Instrumentennamen, Bezeichnungen von Volksgruppen bzw. Gemein-schaften wurden einheitlich groß geschrieben und kursiv markiert. Auch im laufenden Text wird diesen Schlüsselbegriffen Vorrang gegeben, da sie für die Erläuterung und Darstellung dieser Arbeit am besten geeignet sind. Daher wurde die Suche nach äquivalenten europäischen Begriffen, die eventuell sogar zu Missverständnissen hätten führen können, bewusst vermieden. Schließlich sei bemerkt, dass in der hier vorliegenden Arbeit gewiss nicht alle ostafrikanischen Aerophone komplett erfasst werden können. Diese Arbeit schafft lediglich eine Basis für weiterführende Untersuchungen und Komplettierungen von Daten. Einige der hier untersuchten Aeropho-ne konnten aufgrund der dürftigen Materiallage nicht so ausführlich und vollständig beschrieben werden wie andere, für welche ausreichende Quellenmaterialien aus Feldforschungen oder aus weiteren Quellen zur Verfügung standen. Trotz ihrer unzureichenden bzw. sehr wenigen In-formationen kommen aber auch diese Aerophone gemeinsam mit den „vollständig“ bearbeiteten Instrumenten in alphabetischer Reihenfolge vor. Eine Ausnahme stellen allerdings diejenigen Aerophone dar, für die – außer Volksgruppe, Verbreitungsgebiet, Instrumentenbezeichnung und Instrumententyp – sonst überhaupt keine Angaben zu ihren musikalisch–technischen Eigenschaften und soziokulturellen Funktionen vorliegen. Diese Instrumente wurden im laufenden Text nicht mit berücksichtigt, sondern entsprechend der alphabetischen Ordnung im Glossar aufgelistet, z.B. Kurumbe = Quertrompete oder –horn (?) der Komo / Westäthiopien.

169 Auch in anderen afrikanischen Gebieten wurden archäologische Funde von Wissen-

schaftlern untersucht (Kubik 1994: 55–58 und 2001b: 194ff).

archäologische Funde in Ostafrika

Fremdwörter und Termini

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1.6. Forschungsstand 1.6.1. Phonogrammarchiv der Österreichischen Akademie der

Wissenschaften/Wien Im Folgenden seien die Bestandsaufnahmen im Phonogrammarchiv Wien und in der Abteilung Musikethnologie des Völkerkundemuseum in Berlin dokumentiert. Die Bestandsaufnahme im Phonogrammarchiv Wien fand im November 2004 statt. Der Bestand dieses Archivs ist das Ergebnis einer Sammeltä-tigkeit von fast einem Jahrhundert (seit etwa 1920). Unter den analogen und digitalen Aufnahmeformaten sind Walzen, Schallplatten, Magnet-bänder, DAT und Videokassetten enthalten. Für die Durchführung wissenschaftlicher Untersuchungen über die au-diovisuellen Sammlungen und weitere Bestände stehen ein vierbändiger Katalog170 mit detaillierten Auflistungen der Tonbandaufnahmen (von ca. 1950 - 1970) sowie eine Datenbank zur Verfügung. In der letzteren sind fast alle Sammlungen – einschließlich der Kataloge – erfasst. Der Inhalt des riesigen Bestandes umfasst nahezu alle Länder der Erde. Über den gesamten Kontinent Afrikas existieren ungefähr 2.200 Eintra-gungen in der Datenbank, die zahlreiche Expeditionen und Forschungs-reisen referieren. Ebenso haben viele Wissenschaftler und Fachleute den Kontinent sowohl individuell als auch in Gruppen bereist und zweckdien-liches Material in einem beträchtlichen Umfang zusammengetragen. Zu den ältesten Walzensammlungen gehören jene aus Äthiopien (ehemals bekannt als Abessinien) aus den Jahren 1906171, 1911172 und 1912173 und aus Uganda174 mit 3 Walzen aus den Jahren 1912, 1913 und 1914175. Im Unterschied zu anderen Regionen Afrikas existiert relativ wenig Ma-terial über das ostafrikanische Gebiet. Ostafrika ist überwiegend durch Aufnahmen aus Kenia, Malawi, Uganda und Tansania und teilweise aus den zu Ostafrika gehörenden Teilen von Sambia und Mosambik vertre-ten. Davon sind die aus Äthiopien, Eritrea und aus dem Sudan gesammel-ten Quellen verhältnismäßig wenig umfangreich. Von diesen drei Län-dern gibt es nur zum Sudan Eintragungen zu Aerophonen. Hinsichtlich der Länder Djibuti, Somalia, Ruanda und Burundi liegen überhaupt keine Tonsammlungen vor.

170 Band 1 = Archivnrn.: B 1 – B 3000; Band 2 = Archivnrn.: B 3001 – 7000; Band 3 =

Archivnrn.: B 7001 – B 10000 und Band 4 = Archivnrn.: B 10001 – 13000. 171 Sammler: Erich Kaschke, Signaturen: PH 980–999. Diese Sammlung ist eine Kopie,

deren Original im Phonogrammarchiv der Abteilung Musikethnologie des Museums für Völkerkunde in Berlin aufbewahrt ist. Sie beinhaltet etwa 37 Gesänge der Tigray und Amara aus Zentraläthiopien, wie zum Beispiel Liebes–, Kriegs– und Unterhaltungsge-sänge.

172 Sammler: Abraham Zwi Idelsohn: Signaturen: PH 1175. 173 Sammler: Gustav Klameth, Signaturen: PH 1918–1920. Die Tonaufnahmen wurden in

den Jahren 1911 und 1912 in Israel durchgeführt. Sie beinhalten Gebete, Rezitationen und Gesänge der Juden, Falaschas aus Fengïa, Abessinien (heutiges Äthiopien).

174 Die Aufnahmen wurden nicht in Uganda, sondern in dem Phonogrammarchiv in Wien durchgeführt. Die Musiker sind Angehörige der Baganda– und Kavirondo–Gemeinschaften, während der Inhalt der Sammlung sich aus freien Reden (vermutlich Interviews und Erzählungen?) und Gesängen ohne Instrumentalbegleitung zusammen-setzt.

175 Sammler: Robert Stiegler und Hans Pollak, Signaturen: Ph 1208–1287.

Bestandaufnahme: Tonsammlungen /

Afrika

Bestandsaufnahme ostafrikanischer

Aerophone

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Da diese Arbeit sich auf die Erforschung der Aerophone Ostafrikas kon-zentriert, wurde die Untersuchung der Afrikasammlung als Ganzes für spätere Vergleiche angestrebt, jedoch wurde der Region Ostafrikas eine besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Als Ergebnis entstand eine zweckmäßige, systematische Bestandsaufnahme mit wesentlichen Infor-mationen. Die aus dem Phonogrammarchiv in Wien gewonnenen Informationen aus Tonaufnahmen von Aerophonen in Ostafrika werden tabellarisch darge-stellt. Dabei handelt es sich um traditionelle Gesänge und Instrumental-stücke aus den verschiedenen Musikkulturen dieses Gebietes, in denen Aerophone vorkommen, sowohl reine Instrumentalstücke von Solo– und Ensembleinstrumenten als auch solche, die zur Begleitung von Gesängen und Tänzen genutzt worden sind. Die Tabellen sind alphabetisch nach Ländern gegliedert: Spalten 1-4 sind nach den Archivnummer/n, Volksgruppe, Sammler und Jahr aufgegliedert, während die letzte Spalte die ausgewählte Tonauf-nahme näher erläutert176. Diese Angaben betreffen die an der/den Auf-nahme/n beteiligte/n Volksgruppe/n, z.B. die Alur aus Uganda oder die Taita aus Kenia, die Musikgattung z.B. Begräbnislied (oft aber auch nur als Gesang/Gesänge angegeben) und die für die Begleitung eingesetzten Musikinstrumente, insbesondere die Aerophone. Zum größten Teil wurden die Musikinstrumente von den Sammlern in ihren Originalnamen angegeben, gefolgt von einer näher bestimmten Bezeichnung in Klammern, z.B. Kiseleva (=Antilopenhorn). Um einen besseren optischen Überblick zu ermöglichen, wurden alle fremden Ter-mini kursiv angegeben und die vorkommenden Aerophone mit einer zu-sätzlichen Fettmarkierung besonders hervorgehoben. Über den Aufbau und die Struktur von Gesängen wie Solo– oder Gruppengesänge, die Rollenverteilung der daran beteiligten Personen bzw. Gruppen wie z.B. Solosänger und Begleitgruppe, die alters– und geschlechterspezifischen Unterteilungen wie z.B. Frauen–, Kinder–, Knaben–, Mädchen– und Männergesänge sowie die Gesangsstile, z.B. ein– oder mehrstimmiger Chorgesang, wurden keine näheren Untersuchungen durchgeführt177. Für einen besseren Überblick wurden stets vor Beginn der tabellarischen Auflistung der Daten eine Zusammenfassung über das gewonnene Mate-rial, der Zeitraum der Aufnahmen, die Anzahl der Sammlungstitel, der Name des Forschers mit Jahresangabe der stattgefundenen Forschungs-reise/n und Angaben der verwendeten Musikinstrumente (hier nur Ae-rophone aufgelistet) dargestellt. Nicht zuletzt sind unter der Angabe "Aufnahmeformat/e", die für die entsprechenden Aufnahmen verwende-ten Formate z.B. Magnettonbänder, DAT oder Video, vermerkt. In den Tabellen 1–4 werden zunächst die ausgewählten Tonsammlungen aus Kenia, Uganda, dem Sudan und Tansania mit den dazu gehörenden Informationen aus der Datenbank des Wiener Phonogrammarchivs aufge-

176 Alle Informationen sind aus der Datenbank sowie aus den Katalogen entnommen. 177 Aus diesen Angaben geht lediglich hervor, ob die Gesänge mit oder ohne Instru-

mentalbegleitung ausgeführt wurden. Abgesehen davon beinhalten die Aufnahmen nicht nur Gesänge oder Instrumentalstücke, sondern auch Reden, Stimmporträts, Inter-views etwa über Musikinstrumente, ihre Beschaffenheit, Spielweise, Musikrepertoire, Gesangsstile, Gattungen und andere Themen, z.B. Märchenerzählungen, Sprachproben sowie analytische Aufnahmen, z.B. Instrumentenstimmung.

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listet. Diese werden gefolgt von den geographisch teilweise zum ostafri-kanischen Gebiet gehörenden Ländern Sambia, Mosambik und Malawi (Tabellen 5–7). Um möglichen Missverständnissen vorzubeugen, wurden kleine Veränderungen und Verbesserungen in den Beschreibungen der verwendeten Instrumente vorgenommen. Die beispielsweise oft benutzte Bezeichnung „europäische Pfeifen“ wurden generell in Schrillpfeifen bzw. „Zumari Blasinstrument“ in Zumari–Oboe umgeändert. Tabelle 1: Kenia Allgemeine Informationen über den Bestand/Kenia 

Sammlung/Jahr  6 Sammlungen aus den Jahren 1957 – 1995 Sammler Max Lersch (1957/59), Herbert Prasch (1958), Gerhard Kubik (1960, 61/63, 72, 76), Eva und

Wolfgang Ptak (1976 und 77) und Andreas Szabo (1995) Aerophone Schrillpfeifen (?), Flöten, Tsinzika– Limuka– und Kiseleva–Hörner (wahrscheinlich

Querhörner), Trompeten und Zumari–Oboe Aufnahmeformat/e Magnettonband

Signatur Volksgruppe Sammler Jahr Aufnahmeinhalt

B 5541 – 43 Taita M. Lersch 1957–1959 Gesänge, Instrumente: Trommeln und

Schrillpfeifen B 5552 Kamba M. Lersch 1957–1959 Frauentanzlied und Frauentriller, Instrumente:

Schrillpfeifen B 5564 – 65 Taweta M. Lersch 1957–1959 Instrumentalstück: Musikbogen und Flöte B 5570 Girjana M. Lersch 1957–1959 Gesang, Instrumente: Rassel und Flöte B 7430 – 37 Abaluhya G. Kubik 1961/63 Gesänge, Instrumente: Bukhuli–Beinschellen,

Suhudi–Trommeln, Kiseleva–Horn B 7458 Abaluhya G. Kubik 1961/63 Begräbnismusik, Instrumente: Tsinzika–Hörner

(Ensemble?) B 7459 – 61 Abaluhya G. Kubik 1961/63 Begräbnismusik: Wechselgesang, Instrumente:

Tsinzika–Hörner (Ensemble?) B 7462 Abaluhya G. Kubik 1961/63 Begräbnismusik: Gesänge, Instrumente: Bukhuli–

Beinschellen und Tsinzika–Hörner B 7463 Abaluhya G. Kubik 1961/63 Instrumentalstück: Limuka–Horn B 24566 – 68 G. Kubik 1976 Maskentänze, Instrumente: Trommeln, Flöten,

Horn, Fußrasseln B 28083 – 85 Lamu

Bajuni Pokomo

E.+ W. Ptak 1976 Gesänge, Instrumente: Mshindiyo–, Goma–, Debe– und Chapua–Trommeln, Flöte und Klatschen

B 28096 Lamu E.+ W. Ptak 1976 Vorführung der Zumari–Oboe B 28101 – 09 Lamu Swahili

Bajuni und Boni

E.+ W. Ptak 1976 Kirumbiz–Stocktanz, Taarab–Musik zu Hochzeit, Instrumente: Zumari–Oboe, Shindiyo– und Chapua–Trommel, Utasa–Blechteller, Vibojolo, Harmoni (Harmonium)

B 28110 – 12 Lamu E.+ W. Ptak 1976 Hochzeitsgesänge, Instrumente: Tabla–Rahmen–trommel und andere Trommeln, Trompete, Rinderhorn (geschlagen)

B 28113 – 14 Swahili E.+ W. Ptak 1976 Vugo–,Tanz– und Hochzeitmusik, Instrumente: Zumari–Oboe, Trommel, Rinderhorn (geschlagen)

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Tabelle 2: Uganda Allgemeine Informationen über den Bestand/Uganda 

Sammlung/Jahr  ca. 11 Sammlungen von 1912 bis 1996 Sammler Robert Stigler und Hans Pollak178 (1912, 13 und 1914), Gerhard Kubik (1958, 59, 60, 61, 63, 68,

72 und 1976), Clemens Gütl (1996). Aerophone Esos– und Bilu–Schrillpfeifen, offene Längsflöte Enderre, Oluett und Olure aus Bambusröhren

mit Grifflöchern, Enkwanzi–Panflöten aus Bambus– oder Schilfröhren, Tu’um–Quertrompete aus Holz, Amgwara–Tuben, Amakondere–Querhörner179 aus länglichen, ineinander geschobenen Kalebassenstücken

Aufnahmeformat/e Walze, Magnettonband  

Signatur Volksgruppe Sammler Jahr Aufnahmeinhalt

B 4865 Baganda G. Kubik 1959/60 Gesang auf Muwanga (Erfinder der Trommelmu-sik), Instrument/e: Schrillpfeife/n

B 4867 Baganda G. Kubik 1959/60 Preislied auf den Häuptling Ndawula, Instru-ment/e: Schrillpfeife/n

B 4877, 4883 Baganda G. Kubik 1959/60 Instrumentalstück: Längsflöte Endere B 4897 – 98 Salama G. Kubik 1959/60 Gesänge, Instrument: Endingidi–Röhrengeige B 4939 – 40 Salama G. Kubik 1959/60 Gesänge, Instrument: Endere B 5055 Kakwa G. Kubik 1959/60 Klangdemonstration auf einer Holztrompete B 4972 – 74 Teso G. Kubik 1959/60 Instrumentalmusik: Esos–Schrillpfeife B 5008

Alur G. Kubik 1959/60 Gesänge, Tänze, Instrumente: 5 Amagwara–Tuben (Ensemble), 1 Bil– Schrillpfeife und 1 Trommel

B 5010 Alur G. Kubik 1959/60 Gesänge begleitet von Schrillpfeifen B 5011–12 Alur G. Kubik 1959/60 Gesänge, Instrumente: 2 Bierflaschen (zum

Stampfen und als tiefe Pfeife), Adungu–Harfe und Oluduru–Schlagbalken

B 5020 Alur G. Kubik 1959/60 Bawo–Gesang, Instrument: Bilu–Schrillpfeife und eine geblasene Bierflasche

B 5042 Alur G. Kubik 1959/60 Begräbnisgesänge, Instrumente: Bilu–Schrillpfeife und Trommel aus Blechkanister

B 5050 Alur G. Kubik 1959/60 Gesänge, Instrumente: Bilu–Schrillpfeife und Trommel aus Blechkanister

B 5052 Alur G. Kubik 1959/60 Gesang von Schulkindern, Instrumente: Trom-meln und europäische Trompeten (?)

B 5055 Kakwa G. Kubik 1959/60 Klangdemonstration auf einer Holztrompete B 5064 Acholi G. Kubik 1959/60 Klangdemonstration auf der Quertrompete

Tu’um B 5068 Acholi G. Kubik 1959/60 Instrumentalstück (Solo): Flöte Oluett– bzw.

Nyamulero– B 5070 Acholi G. Kubik 1959/60 Skala gespielt auf der Flöte Oluett B 7124, 7129 B 7133, 7135

Basoga G. Kubik 1961/63 Gesänge, Instrumente: 3 Budongo–Lamellophone und Längsflöte Enderre

B 7184 – 86 Alur Acholi G. Kubik 1961/63 Gesänge, Instrumente: Rasseln, Schrillpfeife und Adungu–Bogenharfe

B 7207 – 09 Acholi G. Kubik 1961/63 Gesänge, Instrument: Schrillpfeife Bilu B 7225 Baganda G. Kubik 1961/63 Instrumentalstück: Ensasi–Rassel, Embutu–,

Empunyi–, Nankasa–Trommeln, 6 Amakondere–Querhörner (Ensemble)

B 7226 – 28 Baganda G. Kubik 1961/63 Instrumentalstücke: Ensasi–Rassel, Amadinda–Xylophon, Embutu–, Empunyi– und Nankasa–Trommeln und Endere

178 Die von Robert Stiegler und Hans Pollak gesammelten ersten und ältesten 3 Walzen stammen aus den Jahren 1912, 1913

und 1914 (siehe Signaturen: Ph 1208–1287). Die Musikaufnahmen fanden im Phonogrammarchiv Wien statt. Die Musiker sind Angehörige der Baganda– und Kavirondo–Gemeinschaften aus Uganda. Die Aufnahmen beinhalten Gesänge, die ohne Instrumentalbegleitungen ausgeführt wurden. Im Vergleich zu den anderen Tonsammlungen aus Ostafrika (Kenia, Tansania und dem Sudan) stellen die Uganda–Aufnahmen eine Reihe traditioneller Musikinstrumente, darunter auch Aerophone, dar.

179 Es gibt auch Amakondere–Trompeten, die aus Kante an Kante zusammengepressten Holztrögen hergestellt werden.

17

Signatur Volksgruppe Sammler Jahr Aufnahmeinhalt

B 12334 – 37 und 40–43

Basoga G. Kubik 1967/68 Instrumentalstück: Xylophon und Endere

B 12344 – 45 Basoga G. Kubik 1967/68 Gesänge, Instrumente: 3 Budongo–Lamellophone, Endingidi–Röhrengeige, Endere und Xylophon

B 12347 Basoga G. Kubik 1967/68 Instrumentalmusik: Endere–Flöte B 12350 Salama 1967/68 Gesänge, Instrumente: Akandinda–Xylophon, 2

Ensaasi–Rasseln, 2 Trommeln und Endere B 12462–63 Baganda G. Kubik 1967/68 Gesänge begleitet von der Endere B 12475 – 78 Basoga G. Kubik 1967/68 Gesänge, Instrumente: Kadong–, Endonge–,

Ndumi–, Ivumi– und Kabaire–Lamellophone Endingidi–Röhrengeige, Endere

B 12479 – 84 Basoga G. Kubik 1967/68 Gesänge, Instrumente: 2 Budongo–Lamellophone und Endere

B 12485–87 Acholi G. Kubik 1967/68 Instrumentalstück: Olure–Flöte B 12488 – 89 Acholi G. Kubik 1967/68 Instrumentalmusik: 2 Aja–Kugelrasseln, 3 Bul–

Trommeln und Olure–Flöte B 12492–94 Baganda G. Kubik 1967/68 Jagdlied, Instrumente: Engalabi–, Empunyi– und

Bakisimba–Trommeln und Endere B 12547 – 57 Basoga G. Kubik 1967/68 Sologesänge, Instrumente: Embaire– und

Akadinda–Xylophone und Endere B 12558 – 75 Basoga G. Kubik 1967/68 Instrumentalstücke: Embaire– und Akadinda–

Xylophone, Endere und Endingidi–Röhrengeige B 12595–98 Basoga G. Kubik 1967/68 Instrumentalstücke: Enkwanzi–Panflöten–

ensemble B 12599 Basoga G. Kubik 1967/68 Instrumentalstück: Enkwanzi–Panflöten–

ensemble und Embaire–Holmxylophon B 12600 Basoga G. Kubik 1967/68 Hochzeitslied: Enkwanzi–Panflöten-ensemble

und Embaire–Xylophon B 12601 – 04 Basoga G. Kubik 1967/68 Sologesänge, Instrumente: Mugabe– und andere

Trommeln, 8 Querhörner Amagwala (Ensemble) B 12605 – 08 Basoga G. Kubik 1967/68 Gesänge, Instrumente: Endongo–, Kadongo–

Lamellophone, Endingidi–Röhrengeige und Endere

B 12612 Basoga G. Kubik 1967/68 Instrumentalstück: Rasseln, Trommeln, Embaire–Xylophon und Panflöte Enkwanzi

B 12613 – 14 Basoga G. Kubik 1967/68 Gesänge, Instrumente: 2 Budongo–Lamellophone, Endingidi–Röhrengeige und Endere

B 20059 Baganda G. Kubik 1972 Gesang, Interview über Budongo und Erscheinen der ersten Grammophone in Buganda

Tabelle 3: Sudan Allgemeine Informationen über den Bestand/Sudan 

Sammlung/Jahr  3 Sammlungen aus den Jahren 1957 und 1959 Sammler Andreas Kronenberger180 (1957), Peter Fuchs (1959) und Gerhard Kubik (1959) Aerophone Querhorn Dideri, offene Längsflöte Soror aus Metall mit 2 Grifflöchern, offene Längsflöte

Sufara mit Grifflöchern, Dadaliang–Blattpfeife, Kwoyl– und Digdol–Kürbistrompeten (wahr-scheinlich längs geblasene Trompeten)

Aufnahmeformat/e Magnettonband

Signatur Volksgruppe Sammler Jahr Aufnahmeinhalt

B 2258 Nyimang A. Kronenberg 1957 Instrumentalstück: Diederi–Gazellenhorn B 2318 – 19 Nyimang 1957 Instrumentalstück: Längsflöte Soror, Blattpfeife

Dadaliang B 2332 Djulud A. Kronenberg 1957 Instrumentalstück: Kürbistrompete Kwoyl B 2352 – 60 Tibasani A. Kronenberg 1957 Gespräch und Gesänge, Instrumente: Kisidi–Leier,

Kürbistrompete Digdo B 3474 Dinka P. Fuchs 1959 Instrumentalstück: Längsflöte Sufara

180 Die Aufnahmen von Andreas Kronberger sind am umfangreichsten. Musikaufnahmen,

in denen Aerophone vorkommen, sind sehr selten.

18

Tabelle 4: Tansania

Allgemeine Informationen über den Bestand/Tansania Sammlung/Jahr  6 Sammlungen aus den Jahren 1959, 1960, 1963, 1967, 1991 sowie 1992 Sammler Gerhard Kubik (1959, 60, 61, 63), Georg Béres (1963), Emo Gotsbachner (1991 und 92) Aerophone Hirtenhorn, Kernspaltflöte aus Blech (?), Blockflöte aus Blech (?), offene Längsflöte aus Bam-

busrohr, Schrillpfeifen, Querhorn Ndulele, Querflöte Mlanzi Aufnahmeformat/e Magnettonband

 Signatur Volksgruppe Sammler Jahr Aufnahmeinhalt

B 4829 – 47 Wamanda G. Kubik 1960 Gesänge mit und ohne Instrumental–begleitungen, Instru-

mente: Kernspaltflöte aus Blech, Blockflöte, Trommel, Klatschen

B 4856 Wapangwa G. Kubik 1959–60 Instrumentalstück: Hornsignal (Hirtenhorn) B 7250 Wagogo G. Kubik 1961/63 Ngoma–Tanzgesänge, Instrumente: Kayamba–Rassel,

Nyanyulua– Ngoma– und Fumbua–Sanduhrtrommeln, Schrillpfeifen

B 7251 Wagogo G. Kubik 1961/63 Tanzlieder und Gesänge, Instrumente: Beinrasseln, Quer-flöte Mlanzi, Querhorn Ndulele

B 7253 – 58 Wagogo G. Kubik 1961/63 Festgesänge, Instrumente: Kilumi–Laute, Nchinda–Beinrasseln, Querhorn Ndulele

B 7300 – 08 Wakisi G. Kubik 1961/63 Tanzgesänge, Instrumente: Schrillpfeifen und Blech-trommeln

B 7348 – 50 Wapangwa G. Kubik 1961/63 Tanzgesänge, Instrumente: Beinschellen, Sandurtrommeln und Schrillpfeifen

B 7361 Wapangwa G. Kubik 1961/63 Gesänge, Instrumente: Beinschellen, 3 Trommeln und Schrillpfeifen

B 11510 Waluguru G. Kubik 1961/63 Initiationsgesänge, Instrumente: Schrillpfeifen B 11515 Waluguru G. Béres 1963 Unterhaltungslied, Instrumente: Bango und Schrillpfeifen B 11519 Waluguru G. Béres 1963 Trinklied, Instrumente: Bango und Schrillpfeifen B 11629 – 31 Musik aus

Mgata G. Béres 1963 Gesänge, Instrument: Blockflöte aus Blech (?)

B 11734 Waluguru G. Béres 1963 Tanzlied, Instrumente: Handrasseln, Trommel und Schrillpfeifen

B 11864 – 67 Waluguru G. Béres 1963 Gesänge, Instrumente: Bugi– und andere Rasseln, Sanduhrtrommel und Schrillpfeifen

B 11915 Waluguru G. Béres 1963 Mädcheninitiationslied, Instrumente: Rassel und Schrillpfeife/n

B 11917 Waluguru G. Béres 1963 Liebesgesang, Instrumente: Rassel und Schrillpfeifen B 11919 – 20 Waluguru G. Béres 1963 Festgesänge, Instrumente: 3 Peku–Schrapern (Ensemble)

offene Längsflöten aus Bambus B 34009 – 12 Sukuma ? ? Gesänge, Instrumente: Rasseln und Ndulilo–Flöte B 34013 Sukuma E. Gots-

bachner 1992 Gesang, Instrumente: Flöte, Hacke als Schlagidiophon

Tabelle 5: Malawi

Allgemeine Informationen über den Bestand/Malawi Sammlung/Jahr  16 Sammlungen aus den Jahren 1967 – 1995 Sammler Gerhard Kubik181 1961/63, 67, 79, 81, 82, 83, 87, 88, 89, 90 und 92; Moya Aliya Malamusi

1995 Aerophone Flöte, Querhorn, Panflöten, Grashalmpfeifen (?), Signalhorn, Schrillpfeife Aufnahmeformat/e Magnettonband

181 Malawi stellt mit ca. 255 Eintragungen eine der größten Sammlungen in der Daten-

bank des Wiener Phonogrammarchivs dar. Der überwiegende Teil der Sammlung wur-de von Gerhard Kubik aus zahlreichen Forschungsreisen in verschiedenen Jahren zu-stande gebracht.

19

Signatur Volksgruppe Sammler Jahr Aufnahmeinhalt

B 13458 - 63 Amang'anja G. Kubik 1967 Nyanga-Tanz und Gesänge, Instrumente: 24 Panflöten,

Beinrasseln B 20041 - 58 Angoni Cewa G. Kubik 1967 Kachamba-Brüder Musikgruppe: Tanzlieder,

Instrumente: Rassel, Gitarre, 1-saitiger Bass, Flöte B 27193 - 97 Amang'anja

Achipete G. Kubik 1982 Nyau-Maskenfest, Gesänge, Instrumente: Trommel,

Flöte, Rassel und Händeklatschen B 28145 - 52 Kwela-Musik G. Kubik 1983 Instrumentalstücke: Flöte, Gitarre (5-saitig), Rassel,

Schlagzeug

B 28357 - 62 Ayao G. Kubik 1983 Gesänge, Instrumente: Rassel, Schrillpfeife

B 28398 – 401 Ayao G. Kubik 1983 Nsondo–Mädcheninitiationsfeiern, Gesänge, Instrumente: Flöte, Trommeln, Rasseln und Händeklatschen

B 30907 – 18 Takwani G. Kubik 1987 Arbeitsgesänge (christlich–religiös), Instrumente: Rassel, Eisenblatt einer Feldhaue, Schrillpfeife und Händeklatschen

B 30919–29 Amarenje G. Kubik 1987 Mazoka–Zeremonie, Gesänge, Instrumente: Trommeln, Schrillpfeife und Händeklatschen

B 31079 – 85 Yao, Mang'anja G. Kubik 1987 Gesänge der Initiation und der Maskentänze, Instrumente: Trommeln, Schrillpeife und Händeklatschen

B 31086 – 93 Yao, Amang'anja G. Kubik 1987 Chitsukulumwe–Spiel der Frauen, Gesänge, Instrumente: Gefäßrasseln, Schrillpfeife und Händeklatschen

B 31059 – 64 Yao G. Kubik 1987 Lupanda–Initiationszeremonie, Hochzeitsgesänge, Instrumente: Querhorn, Maisstampfen und Händeklatschen

B 31096 – 99 Yao G. Kubik 1987 Lupanda–Initiationszeremonie, Gesänge, Instrumente: Signalhorn und Händeklatschen

B 31130 – 41 Yao G. Kubik 1987 Lupanda–Initiationszeremonien für Knaben, Gesänge, Instrumente: Signalhorn, Querhorn, Schrillpfeife/n, Trommeln, Rassel und Händeklatschen

B 31419 – 22 Nchewa G. Kubik 1987 Gesang, Instrument: Flöte B 31464 – 79 Alomwe G. Kubik 1988 Samba–N'goma–Band, Gesänge, Instrumente:

8 Trommeln, Rasseln, Schrillpfeife B 31541 – 45 M'uyawo G. Kubik 1988 Gesänge, Instrumente: Trommeln, Schrillpfeife, Rassel B 31559 M'uyawo G. Kubik 1988 Gesänge, Instrumente: mehrere Grashalmpfeifen (?) B 31639 Amang'anja G. Kubik 1988 Gesang, Instrumente: Trommeln, Schrillpfeife und

Händeklatschen B 33647 Nyungwe G. Kubik 1990 Tanz und Gesang, Instrumente: Panflöten und Rasseln B 39972 – 73 Atonga M. Malamusi 1995 Gesänge und Militärtänze (Männer), Instrumente:

Trommel, Schrillpfeife Tabelle 6: Mosambik  Allgemeine Informationen über den Bestand / Mosambik 

Sammlung/Jahr  4 Sammlungen aus den Jahren 1962 – 1995 Sammler Gerhard Kubik 1962, Josef Pampalk 1983/84 und Moya–Aliya Malamusi 1995 Aerophone Lipalapanda (Antilopenhorn) Aufnahmeformat/e Magnettonband

Signatur Volksgruppe Sammler Jahr Aufnahmeinhalt

B 9023–25 Vamakonde G. Kubik 1962 Frauengesänge und –triller, Instrument: Lipalapanda

(Antilopenhorn, vermutlich ein Querhorn)

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Tabelle 7: Sambia

 Allgemeine Informationen über den Bestand / Sambia Sammlung/Jahr  8 Sammlungen aus den Jahren 1958 bis 2002 Sammler Herbert Prasch 1958; Gerhard Kubik 1971, 78, 79 und 1987; Eva Mahongo Rauter 1990 sowie

Cornelia Pesendorfer 2000, 2001 und 2002 (Sambia stellt ebenfalls eine der größten Sammlungen mit ca. 255 Eintragungen dar)

Aerophone Flöten, Schrillpfeife, quer geblasene (?) Hörner Nyeele aus Ziegenhorn, Oboe, Trillerpfeife; Blattblasen (Vintovi–Blätter des Muvulya–Baumes)

Aufnahmeformat/e Magnettonband, DAT und Video

Signatur Volksgruppe Sammler Jahr Aufnahmeinhalt

B 17428 Valuchazi G. Kubik 1971 Sprechen durch Mundpfeifen "kukumba muluzi" B 20147 – 61 Angoni G. Kubik 1973 Gesang und Instrumentalmusik: Flöte, Gitarre,

Mundharmonika, Rassel, Trommel B 24797 – 810 Vambunda

Valuchazi Valuvale

G. Kubik 1971 Maveve Jazz Band mit eingeschobenen, von den Zuhörern dargebotenen Liedern und Erzählungen, Instrumente: Metallstab, Trommel, Banjo, Händeklatschen, Schrillpfeifen

B 31240 – 45 Valuchazi Valuvale

G. Kubik 1987 Geisterzeremonie, Gesänge, Instrumente: Rasseln, Schrillpfeifen, Klatschen

B 31271 – 75 Valuvale G. Kubik 1987 Gesänge zum Maskentanz , Instrumente: Trommeln, Rasseln, Schrillpfeife und Händeklatschen

D 967 Tonga C. Pesendorfer 2000 Lieder zum Unabhängigkeitstag, Instrumente: Trommel, Schrillpfeife und Händeklatschen

D 982 – 84 Tonga C. Pesendorfer 2000 Begräbnis eines Mannes, Gesänge, Instrumente: Trommeln, Gitarre, Rassel, Glocke (?), Nyeele–Hörner, Stäbchenklopfen auf Trommelkörper und Händeklatschen

D 1021 – 24 und D 1033, 1057

Tonga C. Pesendorfer 2000 Mooye–Nkolola–Initiationsfeier für Mädchen: Tänze und Gesänge, Instrumente: Trommel, Beinrasseln, Schrillpfeife und Händeklatschen

1.6.2. Das Berliner Phonogramm–Archiv, Abteilung Musikethnologie des Museums für Völkerkunde/Berlin

Die Bestandsaufnahme im Berliner Phonogramm–Archiv fand im Januar 2005 noch einmal nach Beendigung der Forschungsreise in Ostafrika zwischen August 2005 und April 2006 statt. Ähnlich wie das Phono-grammarchiv Wien gehört auch die Berliner Abteilung für Musikethno-logie des Museums für Völkerkunde mitsamt seinem Phonogramm–Archiv, welches seit über 100 Jahren besteht, zu den weltweit bekannten und historisch wertvollen Institutionen dieser Art. Die Tonaufnahmen im Archiv erstrecken sich von alten Walzensammlungen bis hin zu digitalen Formaten der Gegenwart und wurden im Laufe des vergangenen Jahr-hunderts von zahlreichen Wissenschaftlern und Reisenden zusammenge-tragen. Die Aufnahmeformate sind Walzen, Schallplatten, Magnetton-bänder, DAT, Videokassetten und CD–Sammlungen. Zu der Tonsammlung Afrikas existieren 117 Sammlungen mit mehr als 4.600 Titeln. Zu den ältesten Sammlungen gehören Tonaufnahmen auf Walzen aus den Jahren 1900 bis 1954. Davon sind etwa 30 Sammlungen

Tonsammlung Ostafrika

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der ostafrikanischen Region gewidmet182. Für den gesamten afrikanischen Kontinent gibt es etwa 170 Sammlungen auf Tonband, Kassetten und DAT von ungefähr 1955 bis heute. Davon stammen ca. 48 Sammlungen aus verschiedenen Regionen Ostafrikas. Des Weiteren existieren 53 Vi-deosammlungen für den gesamten Kontinent Afrikas, wovon ca. 20 Ost-afrika repräsentieren. Die für diese Arbeit gezielt durchgeführte Be-standsaufnahme konzentrierte sich besonders auf die Länder Kenia, dem Sudan, Uganda, Äthiopien und Tansania. Für wissenschaftliche Untersuchungen des Bestandes des Archivs der Abteilung Musikethnologie des Museums für Völkerkunde Berlin steht ein Katalog mit detaillierten Auflistungen der Tonbandaufnahmen von etwa Mitte 1950 - 1970 zur Verfügung. Über die Inhalte einzelner Samm-lungen Ostafrikas fehlen leider konkrete Angaben, da die Datenbank für externe Benutzer kaum zugänglich ist. Dies betrifft vor allem die alten Walzensammlungen, die möglicherweise in der zentralen Datenbank bisher nicht erfasst worden sind. Daher ist es auch im Augenblick schwer zu ermitteln, inwieweit Aufnahmen von Aerophonen vorhanden sind. Außerdem sei auch der große Bestand von Schallplatten183 erwähnt. Der Großteil der hier enthaltenen Aufnahmen ist traditionellen Repertoires zahlreicher ostafrikanischer Völker zuzuordnen. Vorwiegend handelt es sich dabei um Solo– und Gruppengesänge (ein– und mehrstimmige sowie gemischte Chorgesänge, Wechselgesänge zwischen Gesangsleiter und Chor oder zwischen zwei Gesangsgruppen usw.). Die Repertoires bein-halten Hochzeits–, Begräbnis–, Klage–, Trink–, Kinder–, Tanz– und Re-zitationsgesänge, rituelle, religiöse, nostalgische und epische Gesänge, Märchenerzählungen usw., die von unterschiedlichen Musikinstrumenten begleitet werden. Es gibt aber auch Gesänge, die ohne jegliche Instru-mentalbegleitung ausgeführt werden. Aus der Gesamtheit der traditionel-len Repertoires ist festzustellen, dass die Musik alle Lebensbereiche um-fasst und zu fast jedem Anlass passende Gesänge oder Instrumentalstücke zur Verfügung stehen. Ein geringerer Teil der Tonsammlung bezieht sich auf „moderne“ bzw. „städtische Musik“, bei denen die Gesänge und/oder Instrumentalstücke hauptsächlich von europäischen Musikinstrumenten, z.B. Violine, Akkordeon, Gitarre und Saxophon begleitet werden. Unter den Aerophonen sind nahezu alle Familien, d.h. Flöten, Trompeten und Hörner repräsentiert, die sowohl solistisch als auch im Ensemble zu verschiedenen musikalischen Anlässen gespielt werden. Als Ensemblein-strumente werden sie auch mit anderen Melodie– und Rhythmusinstru-menten in unterschiedlicher Anzahl und unterschiedlichen Besetzungen zusammen gespielt. Dieser Bestand wurde gründlich untersucht und tabellarisch in ähnlicher Weise wie der des Phonogrammarchivs Wien aufgeführt.

182 Die Sammlungsnamen sind unterschiedlich, und zwar entweder allgemein unter Ostaf-

rika oder vereinzelt unter Sudan, Kenia, Abessinien (Äthiopien) usw. Daher wurden alle diese Gebiete zusammengezählt und angegeben. Unter den Sammlern sind bei-spielsweise Seyfried (1906–1907, 1909), Kaschke (1906), Weule (1906) und Barnes (1911) zu nennen.

183 Die Schallplatten wurden von verschiedenen Plattenfirmen wie etwa Real World Re-cords, World Circiut Ltd; OMA (Original Music) und AMA/ILAM [International Libra-ry of African Music, South Africa] vorwiegend zwischen den Jahren 1950 und 1989 veröffentlicht.

Der Schallplatten- bestand

22

In den Tabellen 8 bis 12 wurden die Schallplattensammlungen ostafrika-nischer Musikkulturen aufgelistet, die das Archiv der Abteilung Musik-ethnologie des Museums für Völkerkunde Berlin aufbewahrt. Dabei han-delt es sich lediglich um diejenigen Aufnahmen, in denen Aerophone vorkommen. In der ersten Spalte wurde der Titel der jeweiligen Tonauf-nahme zusammen mit der Seite der Schallplatte und der entsprechenden Titelnummer angegeben. Danach folgt die Spalte der jeweiligen Ae-rophone, während gefolgt von der Spalte der vorkommenden Gemein-schaft. Die letzte Spalte gibt den Hersteller der Schallplatte an. Soweit vorhanden, wurde auf möglichst genaue Angaben Wert gelegt. Bei einem Großteil der Tonträger sind nur der Produzent und die Seriennummer sowie der Haupttitel der jeweiligen Schallplatte angegeben. Bei einer geringen Anzahl der Schallplatten sind die aufnehmenden Personen so-wie das Aufnahmedatum vermerkt. Hierbei handelt es sich um Feldauf-nahmen. Solange solche Angaben existierten, wurden sie auch in der Tabelle mit angegeben. Letztendlich dient die Signatur des Archivs als Quelle.

Tabelle 8: Kenia

Titel der Aufnahme Aerophone Volksgr. Quelle Balozi na Upwanga Giriama Music of Africa Series Nr. 2, Kenya,

Aufnahme: Hugh Tracy DECCA LF 1121, London, Signatur P–418

Two dance with horns, drums, oboe (S. B, Nr. 5,6)

Horn Swahili AMA–The Sound of Africa – Arabic & Swahili, Kenya, TR–171 B, Signatur P–659

Umwere (S. A. Nr. 4) Querflöte Umwere Kuria 3 Pieces – Flute solo (S. A. Nr. 5 – 7) 5. Umwere, 6. Ikere und 7. Ikibiswi

Querflöten Umwere, Ikere und Ikibiswi

2 Pieces with Rirandi and Orogunchara (S. B. Nr. 7, 8)

Offene Längshorn Rirandi und Quertrompete

Gusii

Musik of The Kuria & Gusii of Western Kenya, Ethnic Folkways Records FE 4223, Aufnahme: John P. Varnum 1972, Signatur P–1753

Kenia: Percussion, voices and whistle

Pfeife Kenia: Ritmi e Strumenti Africani, Albatros VPA 8257, 1969, Signatur P–1829

Mourning Dances with rattle, horn, whistling 1) Nzumain Mwaya 2) Ndakapig Simu Kulwitu (S. A, Nr. 1 und 2)

Horn Giriama AMA–The Sound of Africa, ILAM 325–325 TR–163, Signatur P–3090

Wedding Song: Ngoma, Vugo horn (S. A, Nr. 1)

Horn Vugo Swahili Lamu

Kenya: Musique de Mariage á Lamu, SELAF Ostrom CETO 791, Signatur P. 2294

S. A bzw. S. B = Hinweis auf die Schallplattenseiten; Volksgr. = Volksgruppe

23

Tabelle 9: Tansania

Titel der Aufnahme Aerophone Volksgr. Quelle Nkete – Song to the Makondere horns (S. A, Nr. 4)

Hörner Makondere

? Music of Africa Series, Songs and Instrumental Music of Tanganyka, Aufnahme: Hugh Tracy, DECCA LF 1084, London, Signatur: P–419

Ilonge Flute tune played by Balekekebosa Kayala (S. A, Nr. 1–3)

Flöte Ilonge Nyakyusa

Mjnga Masikiyo (S. B, Nr. 1)

Zaramo

Chansi Cha Nzige (S. B, Nr. 2)

Honga Honga (S. B, Nr. 3) „

 AMA–The Sound of Africa, Tanzania Instruments: Tanganyika 1950, Aufnahme: Hugh Tracy, TR–158, ILAM 52/1/1, Signatur: P–656

Nindo a und b (S. A., Nr. 1) Pfeifen, Horn, Querflöte

Wagogo Music  from  Tansania, Caprice BAP 1089, Signatur: P–1827

Lockruf auf Lilandi (S. B, Nr. 10

Querhorn (?) Wakuria Ein Querhorn aus zusammengesetzten Kalebassen. Die Hirten blasen das Horn, um das Vieh zusammen zu treiben.

Tabelle 10: Sudan

Titel der Aufnahme Aerophone Volksgr. Quelle Komalia song (S. A, Nr. 2)

offene Längsflöten aus Kürbisgefäßen

Gumuz

Kome Scale (S. A, Nr. 5a) gedackte Längsflöten „ Wayya Kome–En’dinga ensemble (S. A, Nr. 5b)

„ „

Lawiya Kome–en’dinga–Ensemble (S. A, Nr. 6)

„ „

Sudan I: Music of the Blue Nile Province: The Gumuz Tribe, An Anthology of African Music, UNESCO Collection, Aufnahme, Kommentar und Fotos: Robert Gottlieb, Bärenreiter Musicaphon BM 30 SL 2312, Signatur: P–3428

Kamdin Bal ensemble (S.A, Nr. 4) „ Ingasana Kogder Bal ensemble (S.A, Nr. 5) „ „ Jen Anatai Bal ensemble (S.A, Nr. 6)

„ „

Al Shammasha Waza ensemble (S. B, Nr. 7)

Längstrompeten Berta

Sozea Gaita Waza ensemble (S. B, Nr. 8)

„ „

Wadaberi Waza ensemble (S. B, Nr. 9)

„ „

Afinandigi Waza ensemble (S. B, Nr. 10)

„ „

Gundi Aja Waza ensemble (S. B, Nr. 11)

„ „

Abba Musa Waza ensemble (S. B, Nr. 12)

„ „

Adodo Waza ensemble (S. B, Nr. 13)

„ „

Ya Musa Waza ensemble (S. B, Nr. 14)

„ „

Watana Numeiry Bulhu ensemble (S. B, Nr. 15)

gedackte Längsflöten

Watana Numeiry Bulhu ensemble (S. B, Nr. 16)

„ „

    Sudan II: Music of the Blue Nile Province: The Ingasana and Berta Tribes: An Anthology of African Music, UNESCO Collection, Aufnahme, Kommentar und Fotos: Robert Gottlieb 1980, Bärenreiter Musicaphon BM 30 SL 2313, Signatur P–3317

24

Bulhu scale (S. B, Nr. 17) „ „ Ania Bulhu ensemble (S. B, Nr. 18) „ „ Aferi Bulhu ensemble (S. B, Nr. 19) „ „

Deux ai s de flúte peul (S. B, Nr. 4a–c

Flöte Peul Au Coeur du Soudan, Le Chant du Monde LDS 8246, Aufnahme: J. Capron, Ch. Le Tanneur 1956, Signatur P–580

Tabelle 11: Äthiopien

Titel der Aufnahme Aerophone Volksgr. Quelle

Woisha cow horn (S. A, Nr. 1b) Längshorn Woisha Welayitta Embilta (S. A, Nr. 4) offene Längsflöte

Embilta Tigray

a) Horn Hanata, b) flute Fila, c) panpipes, d) Flute Fila, e) horn Lolata (S. B, Nr. 1a–e)

Längshorn Horn Hanata, gedackte Längsfllöte Fila, Panflöte (?)

Gidole

Gidole flutes (S. B, Nr. 3) gedackte Längsflöte „

Musica dell’ Ethiopiennes, Albatros VPA 8230, Octra OCR 75, Lin Lerner und Chet A. Wollner (Hrsg.), Signatur P–1831

Washint (S. B, Nr. 6) offene Längsflöte

Kullu

Flute ensemble (S. B, Nr. 1) gedackte Längsflöte Gidole

Musique Traditionelle de’ Ethiopie, Aufnahme: Jean Jennkins 1967: Vodue Collection Musée de L’home, CL VLX 164, Signatur P–1817

Galla song, Washint, Masenkos and drums (S. A, Nr. 3)

offene Längsflöte Washint

Oromo

Two Afar flutes184 (S. A, Nr. 5) Flöte Afar

Ethiopian Urban & Tribal Music – Mindanoo Mistiru, Vol. 1, Aufnahme und Kommentar: Rangar Johnson und Ralph Harrison Lyrichord LLST 7243, New York, Signatur 1567

Galla song. Washint and Masinqo (S. A, Nr. 5)

Längsflöte Washint

Oromo

Fila flute dance (S. B, Nr. 3) gedackte Längsflöte Fila

Gidole

Afar flute (S. B, Nr. 8) Längsflöte Afar

Ethiopian Urban & Tribal Music – Gold from Wax, Vol. 2, Aufnahme und Kommentar: Rangar Johnson und Ralph Harrison, Lyrichord LLST 7244, New York, Signatur P–1583

Afar flute, The hunting of the Oryx (S. B, Nr. 5)

„ „

Fila flute dance (S. B, Nr. 7) gedackte Längsflöte Fila

Gidole

Musiques Ethiopiennes, Aufnahme: Rangar Johnson: OCORA OCR 75, Signatur P–1852

Embilta Längsflöte Embilta

Tigray Musics of Many Cultures, Aufnahme: Elizabeth May, University of California Press Evanzone 93801–3, Signatur P–2408

Flötenochester (S. A, Nr. 2) gedackte Längsflöte Gidole Embilta (S. A, Nr. 5) offene Längsflöte

Embilta Tigray

An Anthology of African Music–Ethiopia II Cushites, Aufnahme und Kommentar: Jean Jennkins 1965, UNESCO Collection, Bärenreiter Musicaphon BM 30 L2305, Signatur P1024

Sheperds flute (S. A, Nr. 2) offene Längsflöte Gura Valley Eritrea

Embilta (S. A, Nr. 5) offene Längsflöte Embilta

Folk Music of Ethiopia, Hrsg.: Harold Coulander 1951, Ethnic Folkway Library P–405, New York, Signatur P–392

184 Obgleich in dem Plattenkommentar nicht genau beschrieben wurde, wie viele Grifflöcher die Bambusflöte hat, ist davon

auszugehen, dass es sich wohl um zwei bis vier Löcher handelt. Dieses Musikbeispiel erläutert Johnson wie folgt: „This is an illustration in sound of a story about a hunter and the oryx he pursues and kills. There are two qualities of sound present in this track. One is the sound of the movement of the oryx as it tries to escape and is killed. The other is the so und of the stealthy hunter who pursues the oryx and kills it with his gun.”

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Tabelle 12: Uganda Titel der Aufnahme Aerophone Volksgr. Quelle

Hirtenlied (S. B., Nr. 7) Flöte Omubanda Hima Tanzmusik (S. B., Nr. 8) “ Iru

 Ankole, Westuganda, Volksmusik Nr. 6, Aufnahme: P. van Thiel, Signatur P1429

Ivory trumpets, horn, flutes (S. B, Nr. 1

Agwara–Trompeten, Horn und Flöten aus Ton

Alur

Music in the World of Islam Part 4: Flutes and Trumpets, Aufnahme: Jean Jennkins und Paul Rovsing Olsen, Signatur P–1603

Four songs with flute and drums (S. A, Nr. 1–4)

Flöte Ganda

Tropical Song with Lutes, Flutes and Lyres (S. A, Nr. 7)

“ “

 AMA–The Sound of Africa – Ganda/Uganda, ILAM 273, Signatur P–650

Tropical song with flute a (S. B, Nr. 6)

“ Teso AMA–The Sound of Africa – Teso/Uganda, ILAM 260, Signatur P–645

Two circumcision dances with leg bells, whistles and horn (S. B, Nr. 2 und 3)

Flöten, Horn Gishu, Konjo

Three Flute Dances (S. B, Nr. 6, 7 und 8)

offene Längsflöte

  AMA– The Sound of Africa – Gishu, Konjo/Uganda, ILAM 262, Signatur P–646

Hororo Flute (S. B, Nr. 15) Flöte Hororo Uganda, Rwanda

Africa: South of the Sahara, Ethnic Folkways Library FE 4503, Signatur P–1226

1.6.3. Bestandsaufnahme von weiteren zugänglichen Musikinstrumenten-sammlungen: Afrika/Ostafrika

Zur Bestandsaufnahme gehörten auch Sammlungen von Musikinstrumen-ten aus den Völkerkundemuseen Berlins und Wiens. Unvorhersehbare Hindernisse haben die Bestandsaufnahme im Berliner Völkerkundemuseum (Abteilung Afrika) erheblich erschwert. Ein zeitlich unbefristeter Zugang zu den Magazinräumen war leider nicht möglich. Da im Ergebnis nur wenige Fotografien von geringer Qualität entstanden, musste eine umfassende Auswertung der Sammlung auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden. Im Völkerkundemuseum in Wien gab es hingegen keine Zugangsproble-me. Hier war die Durchführung der Bestandsaufnahme mit allen notwen-digen Details im vollen Umfang möglich. Es entstanden mehr als 1.900 Fotos mit etwa 600 Musikinstrumenten aus dem gesamten afrikanischen Kontinent, die alle vier Hauptinstrumentengruppen repräsentieren. Zu der Familie der Aerophone gehören ungefähr 130 Musikinstrumente, wovon etwa die Hälfte den ostafrikanischen Ländern Uganda, Kenia, Somalia, Äthiopien und Tansania zugeordnet werden können. Bei diesen einzeln untersuchten und protokollierten ostafrikanischen Aerophonen handelt es sich um offene und gedackte Längs– und Querflö-ten, mit Grifflöchern oder teilweise auch ohne Grifflöcher, aus Bambus

26

und bisweilen auch aus Holz und Kalebasse, jedoch überwiegend Längs– und Quertrompeten und –hörner aus Holz, aus Kalebasse, aus Elfenbein oder aus Tierhörnern etwa Rinder–, Ziegen–, Antilopenhörner usw. Eini-ge der Instrumente weisen besonders auffällige Dekorationen auf. Zu den typischen Ausschmückungen gehören z.B. das Einritzen oder Einbrennen von Röhrenwände, vor allem bei Bambus– und Holzmaterialien, mit un-terschiedlichen Mustern, z.B. Rillen, Ringen, geometrischen Motiven, sowie das Behängen von Röhren mit Fransen aus Tierhaar, das Umwi-ckeln von Rohrwänden mit Metall– oder Kupferdrähten, Schlangen– und Eidechsenhaut, Rinder– oder Ziegenfell, Stoff, gedrehten bzw. geflochte-nen pflanzlichen und/oder ledernen Schnüren und mit Lederriemen oder Lederstreifen. Schalmeiinstrumente, Gefäß– und Panflöten sind in der Sammlung Ostafrika nicht enthalten. Abbildungen 3–20 zeigen einige ausgewählte Exemplare aus der Musik-instrumentensammlung des Völkerkundemuseums Wien. Die Instrumente kommen mit und ohne Dekoration vor und repräsentieren die fünf bereits genannten ostafrikanischen Länder. Es wurden selbstverständlich auch Aerophone aus den restlichen afrika-nischen Regionen sowie aus der arabisch islamischen Welt exemplarisch untersucht. Dieser Vorgang diente sowohl dazu, Unterschiede zwischen Ostafrika und den anderen Regionen, als auch dazu, mögliche kulturelle und historische Verbindungen und Gemeinsamkeiten (Beschaffenheit, Herstellungsmethoden, Materialien, Spielweisen und musikalische und außermusikalische Funktionen) festzustellen. Insgesamt hat somit die Bestandsaufnahme dieser Musikinstrumente eine wichtige Rolle in der Bearbeitung der Untersuchungen gespielt.

Uganda

Abb. 3

Abb. 4

Abb. 5

Abb. 6a

Abb. 6b

Abb. 7

Abbildung 3: Querhorn der Acholi (423.122.2), konisch, ovales Blasloch, Rohr mit Metallringen und mit Lederriemen umwickelt, Rohrende mit Fransen aus Tierhaar behängt, Anhänger aus geflochtenen Lederriemen, Inv.–Nr.: 010776, Sammler: Richard Buchta (1880) Abbildung 4: Längshörner (423.121.2) ohne Mundstück, konisch, Röhren teilweise mit Me-tallringen umwickelt, Inv.–Nr.: 138308 und 138306, Sammler: Stigler (1959) Abbildung 5: offene Längsflöte der Basoga, Bambus (421.111.12), zylindrisch, 4 vordere GF, scharfe Anblaskante, Rohrende mit Fransen aus Tierhaar behängt, Inv.–Nr.: 063817, Sammler: Max Schoeller (1899) Abbildungen 6a–b: Quertrompete aus Holz (423.122), konisch, vollständig mit Lederriemen umwickelt (vermutlich Reptilienhaut), ovales Blasloch, Inv.–Nr.: 014403 und 012985, Samm-ler: Martin Hansal (1882) und Marno Ernst (1881) Abbildung 7: Längshorn der Acholi ohne Mund-stück (423.121.21), konisch, breite Rohröffnung mit Lederriemen umwickelt, lederner Anhänger, Inv.–Nr.: 010778, Sammler: Buchta Richard (1880), Sammlung: VKM Wien, Fotos: T. Teffera 15.05.2006

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Tansania

Abb. 8

Abb. 9

Abb. 10

Abb. 11

Abb. 12

Abb. 13

Abbildungen 8/9: Querhörner der Haya und Songye aus Tierhörnern (423.122.2), konisch und gebogen, jeweils aus zwei zusammengefügten Teilen, Verbindungsstellen mit Leder überzogen, ovale Blaslöcher, Inv.–Nr.: 060799 und 060799, Sammler: Paul Kollmann (1897) / H. Köther (1902) Abbildung 10: Querhorn der Haya aus Kalebas-se (423.122.2), konisch, ovales Blasloch, Inv.–Nr.: 060854, Sammler: Paul Kollmann (1897)

Abbildung 11: offene Längsflöte der Haya aus Holz, 4 vordere GF (421.111.12), zylindrisch, v–förmiger Ausschnitt der Schneide, Rohrwand mit Leder überzogen und mit Perlen bestickt, Inv.–Nr.: 060830, Sammler: Paul Kollmann (1897) Abbildung 12: offene Längsflöte aus Bambus (421.111.12), zylindrisch, 4 vordere GF, v–förmige Einkerbung der Schneide, Rohrwand mit eingebrannten Mustern verziert, Karagwe–Region, Inv.–Nr.: 060784, Sammler: Paul Koll-mann (1897) Abbildung 13: Querflöte aus Bambus (421.121.12), zylindrisch, 4 vordere GF, ovales Anblasloch neben dem Nodium (aus Teer– oder Wachs), Inv.–Nr.: 049541; Sammler: H. Köther (1902), Sammlung: VKM Wien, Fotos: T. Teffera 15.05.2006

Sudan

Abb. 14

Abb. 15 Abb. 16

Abbildung 14: Querhorn der Lotuko (423.122.2) aus Horn oder Holz (?), konisch, ovales Blas-loch, Rohr mit Leder überzogen, Lederanhänger, Schallaustrittsloch mit passendem Lederdeckel verschließbar (vermutlich ein Staubschutz), Blasloch auch mit beweglicher Abdeckung aus Leder verschließbar, Inv.–Nr.: 014315, Sammler: Marno Ernst (1882)

Abbildung 15: Querhorn (423.122.2) aus Elfen-bein, konisch, ovales Blasloch, Rohrwand mit dekorativen Mustern eingeritzt, Anhänger aus Lederriemen und Lederfransen, Inv.–Nr.: 097812, Sammler: Johann Becker

Abbildung 16: Querhorn aus Horn (423.122.2), konisch, rechteckiges Blasloch, Rohr teilweise mit Leder umwickelt (vermutlich Reptilienhaut oder ähnliches Material), Anhänger aus Leder-riemen, Inv.–Nr.: 097814, Sammler: Buchta Richard (1880), Sammlung: VKM Wien, Fotos: T. Teffera 15.05.2006

28

Äthiopien

Abb. 17a

Abb. 17b

Abb. 18a

Abb. 18b

Abbildungen 17 a–b: zwei offene Längsflöten mit jeweils 4 GF (421.111.12), zylindrisch, Material: Bambus, Rohrwand mit eingebrannten Mustern verziert, Inv.–Nr.: 073252, Sammler: Paul Alexander Szanto (1905)

Abbildungen 18 a–b: Querhorn aus der Keffa–Region (423.122.2), konisch, ovales Blasloch, Material: Tierhorn, Inv.–Nr.: 136502, Sammler: Friedrich J. Bieber (1956), Sammlung: VKM Wien, Fotos: T. Teffera 15.05.2006

Kenia

Abb. 19a

Abb. 19b

Abb. 20a

Abb. 20b

Abbildungen 19a–b: mehrfach geschwungenes Querhorn der Kamba aus Tierhorn (423.122.2), konisch, rechteckiges Blasloch, Inv.–Nr.: 058985, Sammler: Kolb G. Säuerlich (1897), Sammlung: VKM Wien, Fotos: T. Teffera 15.05.2006

Abbildungen 20a–b: Querhörner der Kambe aus Tierhorn (423.122.2), konisch, rechteckiges Blasloch, Inv.–Nr.: 06017 und 06018, Sammler: Kolb G. Säuerlich (1901), Sammlung: VKM Wien, Fotos: T. Teffera 15.05.2006

Doch den wichtigsten Grundstoff dieser Arbeit bieten die aus der For-schungsreise in die fünf oben genannten ostafrikanischen Länder resultie-renden authentischen Materialien. Als Ergebnis dieser systematischen und technisch relativ gut vorbereiteten Forschungsarbeit sind mehr als 15 Stunden Video– und Tonaufnahmen (DAT) und mehr als 1.000 Fotos entstanden.

29

1.6.4. Sammlungen von Tonmaterialien

Für die musikethnologische Forschung einschließlich der Sammlung von Tonmaterialien afrikanischer Musik hat eine Reihe von Wissenschaftlern eine wichtige Rolle gespielt. Diese über mehrere Jahre und Jahrzehnte gesammelten Tonaufnahmen sind heute in verschiedenen Archiven der Welt zugänglich. Darunter seien die Smithonian Institution, Washington DC, das Musée Royal de la Afriqué in Tervuren, die Völkerkundemuseen in Berlin und Wien, das Uganda National Museum/ Kampala, die Samm-lungen der University of Edinburgh und des British Library National Sound Archives zu nennen. Unter den Tonsammlungen, die bei den Untersuchungen der verschiede-nen ostafrikanischen Aerophone als Quellenmaterial dienten, seien unter anderem die von Gerhard Kubik, Hugh Tracy, Arthur Simon, Robert Gottlieb, Peter Cooke, Klaus Wachsmann, David Fanshawe, Ivo Strecker, Gregory Barz, Jean Jennkins, Ranger Johnson, Ralph Harrison und John Varnum genannt185. Die Tonsammlungen einiger dieser Wissenschafter sind im Folgenden kurz beschrieben: Der Musikethnologe und Kulturanthropologe Gerhard Kubik unternimmt seit etwa 1959 Feldforschungen und Tonaufnahmen in Afrika und La-teinamerika. Ein Teil seiner Tonsammlungen ist ostafrikanischen Län-dern, etwa dem Sudan, Uganda, Kenia und Tansania gewidmet. Diese umfangreichen Tonmaterialien werden in den Phonogrammarchiven in Wien und Berlin aufbewahrt, wobei sich der überwiegende Teil der Sammlung in Wien befindet. Die umfassenden Tonaufnahmen von Peter Cooke entstanden zwischen 1960 und heute. Sie stammen aus verschiedenen Regionen Ugandas. Darin sind auch Aerophon-Aufnahmen, vorwiegend von Flöten, enthal-ten. Die Tonsammlungen sind zum größten Teil in den British Library National Sound Archives unter der Sammlung C23186 zugänglich. Die Kopien dieser Aufnahmen befinden sich zum Teil in den School of Scottish Studies Sound Archives und in der University of Edinburgh. Eine weitere Kopie dieser Aufnahmen und eine vollständige Kopie von Auf-nahmen älteren Datums bis zum Jahre 1993 sind in den Folklore Archives of Indiana University, Bloomington, Indiana/ USA archiviert. Die Tonsammlungen von Klaus Peter Wachsmann stammen überwiegend aus Uganda, wo er über mehrere Jahre als Kurator des Nationalmuseums in Kampala tätig war. Für die Entstehung dieses heute intakten Museums (vermutlich seit Anfang der 1950er Jahre) einschließlich der Musikin-strumentensammlung sowie des Tonarchivs leistete Wachsmann einen wichtigen Beitrag. Seine mindestens 1.500 Tonaufnahmen sind heute sowohl im Uganda National Museum als auch in den British Library National Sound Archives (hier unter der Sammlung C4) archiviert. Hugh Tracy nahm die traditionelle Musik, Musizierpraktiken und Musik-instrumente unterschiedlicher afrikanischer Völker in den 1950ern und 1960ern auf. Bis heute kann die musikethnologische Forschung in gro-

185 Für weitere Details siehe die diskographische Liste im Anhang. 186 Der Index mit Cookes Tonsammlungen ist auch auf der Webseite der British National Sound Library unter http://www.bl.uk/collections/ sound–archive/cat.html zugänglich

Arthur Simon Robert Gottlieb

David Fanshawe Ivo Strecker

Gregory Barz Jean Jennkins

Ranger Johnson Ralph Harrison

John Varnum

Hugh Tracy

Gerhard Kubik Peter Cooke

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ßem Maße vom Vorhandensein der in den AMA–Schalplattenserien Sound  of  Africa veröffentlichten Tonaufnahmen profitieren. Beispiels-weise beinhaltet die AMA–Ausgabe mit dem Titel Royal Court Music from Uganda 1950 & 1952 Musikaufführungen der Baganda–, Banyoro– und Bayankole–Gemeinschaften aus Uganda. Zu den Tonaufnahmen am bugandischen Hof gehören z.B. offene und in Sätzen gespielte Endere–Längsflöten und Amadinda– und Akadinda–Xylophone, während aus dem Königreich Bunyoro unter anderem in Sätzen geblasene Amakondere–Quertrompeten und Egwara–Querhörner sowie offene Nsegu–Längsflöten enthalten sind. Weitere historische Tonaufnahmen von Hugh Tracy sind zum Beispiel: At the Court of Mwami, Rwanda 1952, On the Edge of the Ituri Forest, Northeastern Belgian Congo 1952 und Kalimba and Kalumbu Songs, Northeastern Rhodesia 1952 & 1957. Von Analogformat in Digitalformat umgewandelt, stehen diese und viele andere Aufnahmen von Tracy interessierten Wissenschaftlern heute auch auf Compact Discs (CDs) zur Verfügung187.

1.7. Quellenlage und Literatur Anhand der zur Verfügung stehenden wissenschaftlichen Quellen ist es gewiss schwierig, sich eine umfassende Übersicht über die Aerophone Ostafrikas zu machen, weil die Aerophone bis zum heutigen Zeitpunkt kaum Gegenstand wissenschaftlicher Bearbeitung waren. Im Vergleich zu dieser Instrumentengruppe jedoch wurden Membranophone188, Chordophone189 und Idiophone190 relativ gut erforscht. Im Folgenden werden die wenigen wichtigen Quellen aufgelistet und kommentiert: Hyslop (1958, 1959, 1972 und 1975) bezieht sich auf traditionelle Musik-instrumente in Kenia, worunter sich auch Aerophone wie die Längsflöten Mlele und Chivoti, die Okarina Mwarutu, das Rohrblattinstrument Nzumari und das Horn Oluika befinden (1975). Eine weitere mit eher allgemeinen Informationen über die Musikinstrumente Kenias ausgestat-tete Arbeit ist Senoga–Zakes Publikation Folk Musik  of Kenia (1981). Außer seinen Untersuchungen über die unterschiedlichen musikalischen Traditionen der verschiedenen Volksgruppen Kenias, behandelt Senoga–Zake auch zahlreiche Musikinstrumente aus allen Instrumentengruppen. Dennoch sind einige seiner Angaben, besonders hinsichtlich der Instru-mentenstimmungen und deren Erläuterungen, mit Skepsis zu begegnen, weil Informationen über entscheidende Details fehlen. 187 Siehe Sharp Wood Production 007/HAT 01, SWP 008/HAT 02, SWP 009/HAT 03

und SWP 010/HAT 04. 188 Unter den Membranophonen wurden insbesondere die zahlreichen afrikanischen

Trommeln (überwiegend auf Zentral–, West– und Südafrika bezogen) von ausländi-schen sowie afrikanischen Wissenschaftlern erforscht und dokumentiert; siehe Meyer 1997; Carrington 1949; Dagan 1993; Branda–Lacerd 1988; Diallo 1989; Euba 1990; Locke 1987; Nketia 1963; Oyelami 1989; Woodson 1983; Kavyn 1986 und Brown 1987.

189 Siehe Ulrich Wegner 1984, Kebede 1967, 1977a, Kimberlin 1976 und 1978. 190 Siehe Laurenty 1960, Dje Dje 1978, Balfour 1902, Makubuya 1995, Plumley 1975,

Anderson 1968 und Cooke 1970b.

Graham Hyslop G. Senoga–Zake Kenia

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In ihrem Artikel über die Flöte Chivoti  der Giriama aus dem keniani-schen Küstenstreifen stellt Jähnichen (1998: 149–172) ausführliche Be-schreibungen und Analysen dar. Sie wertet Feldforschungsmaterialien aus und geht der Frage nach, warum das Chivoti–Spiel für die musikali-sche Identität der Giriama so wesentlich ist. Die Chivoti–Flöten, die auch von einigen anderen Mijikenda–Gruppen wie etwa den Kamba, Digo und Rabai gespielt werden, sind weder in ihrer Stimmung normiert noch ver-fügen sie über ein spezielles Repertoire. Offensichtlich findet die Identi-fikation auf der Ebene formaler Gruppierungen von melodischen Phrasen und deren spezieller Syntax statt, nicht jedoch auf der Ebene einer melo-dischen Intervallik. Als ein weiteres wichtiges Quellenmaterial zu den Aerophonen aus Kenia dienen John Varnums Tonaufnahmen191 von offenen und gedackten Ein-zelquerflöten, die als Ikibiswi, Ikere und Umwere bezeichnet werden und bei der ostkenianischen Kuria–Gemeinschaft in Gebrauch sind. Der 1970 erschienene Artikel The Ibirongwe of the Kuria von Varnum liefert wich-tige Erkenntnisse über die besonderen Eigenschaften dieser sonst in Ost-afrika sehr selten vorkommenden Querflöten der Kuria. Wachsmann und Trowell haben eine umfangreiche wissenschaftliche Arbeit mit dem Titel Tribal Crafts of Uganda (1953) geliefert. Das Buch behandelt zwar vorwiegend die materielle Kultur Ugandas, doch ein Ka-pitel ist den traditionellen Musikinstrumenten der hier lebenden Volks-gruppen gewidmet. Bei der Beschreibung der nach ihren besonderen Ei-genschaften klassifizierten Musikinstrumente fehlen Angaben über die Spielweisen, Stimmungen usw.. Allerdings wird diese Lücke auch von Wachsmann und Trowell gleich zu Beginn erwähnt. Weitere wichtige Arbeiten von Wachsmann über Uganda befassen sich hauptsächlich mit kulturellen, sozialen und historischen Aspekten der traditionellen Musik dieses Landes (siehe 1952 und 1971a). Zu den Musikethnologen, die ebenfalls etwa seit 1960 die traditionelle Musik Ugandas eingehend erforscht haben, zählen Lois Anderson (1968 und 1971) und Peter Cooke (1970 a–c, 1971, 1988, 1993, 2001a–e). Un-ter den wissenschaftlichen Veröffentlichungen von Cooke befinden sich auch gezielte Untersuchungen zu einigen Aerophonen, die für die vorlie-gende Arbeit wichtige Informationen lieferten, z.B. seine Darlegungen über die offene Längsflöte Ndere bzw. Endere (Plural) der Baganda aus Zentraluganda (1970a) und die offene Querflöte Ludaya der ostugandi-schen Gishu (1971). Im Hinblick auf die Musik des Sudans macht Artur Simon durch seine mehrfach unternommenen Feldforschungen und den danach veröffent-lichten Studien und Analyseergebnissen auf die traditionelle Musik und die Musikinstrumente der Berta aufmerksam. Die Berta–Gruppen, die das Grenzgebiet im Südsudan und in Westäthiopien bewohnen, gehören zu einer einheitlichen Volksgruppe. Sie sind vor allem durch ihre Flöten– und Trompetenensembles bekannt, die beispielsweise Bol–Negero, Bol–Tsitsim und Waza genannt werden. Diese von Musikern in unterschied-

191 LP Music of the Kuria and the Gusii of Western Kenya Ethnic Folkways Records FE

4223/1972, Signatur P–1753, Sammlung: Phonogramm–Archiv der Abteilung Musik-ethnologie des Museums für Völkerkunde Berlin.

Gisa Jähnichen Kenia

John Varnum Kenia

K. Peter Wachsmann Kathleen Margaret

Trowell Uganda

Lois Anderson Peter Cooke

Uganda

Artur Simon Yasien Seif Mohamed

Ali Al–Daw Sudan

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lich großen Sätzen gespielten Musikinstrumente dürfen zu besonderen zeremoniellen und zu unterhaltsamen Musikveranstaltungen dieser Ge-meinschaft nicht fehlen. Die wissenschaftlichen Arbeiten Trumpet  and Flute Ensembles of the Berta People in the Sudan (1989) und Zur Musik der Berta – Feldforschungen  im Sudan (1999) von Simon und die CD–Publikation der letzteren (2003) konnten als Vergleichmaterial mit den von mir bei den Berta in Westäthiopien erzielten Feldforschungsergeb-nissen verwendet werden. Aus den Untersuchungen geht hervor, dass lokale und regionale Differenzen nicht nur zwischen den Berta–Gruppen aus Äthiopien und aus dem Sudan, sondern auch innerhalb eines Dorfes bestehen. Diese lokalen und regionalen Eigenheiten beziehen sich vor allem auf die Instrumentalbesetzungen, d.h. die Anzahl eingesetzter In-strumente in einem Ensemble, auf ihre Namen und auf das Musikreper-toire. Mit der traditionellen Musikpraxis des Sudan einschließlich seiner Musikinstrumente, darunter einigen Aerophonen, haben sich ebenfalls Yasien Seif Mohamed (1988) und Ali Al–Daw (1985) beschäftigt. Gerhard Kubiks Publikationen, die auf seinen unzähligen Studien und Forschungsreisen in viele Gebiete Afrikas beruhen, dienten als Grundla-genwerke für die Fertigstellung dieser Arbeit. Seine Arbeit Africa (2001b) bietet einen Gesamtüberblick über die regional unterschiedlichen Musikkulturen dieses Kontinents. Doch es gibt auch eine Reihe von mu-sikethnologischen Studien, die sich auf einzelne ostafrikanische Länder wie Uganda, Tansania, Kenia und den Sudan beziehen. Einige seiner Publikationen sind Musikinstrumente  und  Tänze  der  Wapangwa  in Tanganyika (1961), The Traditional Music  of Tanzania (1967), Mehr‐stimmigkeit und Tonsystem in Zentral– und Ostafrika (1968), Ostafrika (1982 und 1997), Mehrstimmigkeit  in Zentral– und Ostafrika (1983d) und Zum Verstehen afrikanischer Musik (1988), worin er auch eine Rei-he von Aerophonen untersucht. Die Publikationen von Kwabena Nketia (1954, 1963, 1966, 1968, 2000 usw.), die als wesentliche Informations– und Wissensquelle bei der Er-forschung afrikanischer Musikkulturen fungieren, sollten bei den Unter-suchungen der Musik des afrikanischen Kontinents keinesfalls außer Acht gelassen werden. Neben seinem umfassenden Werk Die Musik Afri-kas (2000), bieten seine Artikel The  Problem  of Meaning  in  African Music (1962b), The  Interrelations  of African Music  and Dance (1965) und andere eine gute Möglichkeit, eingehende Kenntnisse über afrikani-sche Musikpraktiken zu gewinnen. Besonders seine wissenschaftlichen Artikel Multi–Part Organization  in  the Music of  the Gogo of Tansania (1967) und The Hocket Technique in African Music (1962a) dienten hier als Vergleichsmaterialien. Zu den Instrumenten Tansanias ist von Gnielinskis Magisterarbeit (1989) als Quelle zu nennen. Sie stellt fest, dass hier nur wenige Aerophone in Gebrauch sind, die einen lokalen Ursprung besitzen, wie etwa Hörner und Trompeten. Sie erwähnt u. a. das Doppelrohrblattinstrument Zumari, das durch religiöse Kontakte mit Arabien nach Tansania kam. Es ist meines Erachtens jedoch durchaus möglich, dass in Tansania in der Tat heute noch verschiedene Flöteninstrumente unter den zahlreichen Volksgrup-pen genutzt werden, die eine lokale Herkunft besitzen.

Gerhard Kubik Afrika

Anneliese v. Gnielinski Tansania

J.H. Kwabena Nketia Afrika

33

Powne (1968) hat sich überwiegend mit der traditionellen Musik Zentral-äthiopiens befasst. Der Schwerpunkt seiner Untersuchung konzentrierte sich auf Musikpraktiken, die er aus musikhistorischer Perspektive einge-hend untersucht. Unter den Musikinstrumenten, die er mit Abbildungen und Fotos veranschaulicht, befinden sich auch Aerophone, wie z.B. die offenen Längsflöten Washint und Embilta und die Längstube Meleket der Amara– und Tigray–Volksgruppen aus Zentraläthiopien. Mit seinen zahlreichen Publikationen gehört Kebede (u.a. 1967, 1971, 1977, 1980, 1989) zu den wenigen afrikanischen Musikethnologen, die in der Erforschung der traditionellen Musik der Amara aus Zentraläthiopien einen wichtigen Beitrag geleistet haben. In seiner Dissertation The Music of  Ethiopia:  Its  Development  and  Cultural  Setting (1971) behandelt Kebede, ähnlich wie Powne, geistliche und weltliche Musikpraktiken Zentraläthiopiens. Hinsichtlich der Aerophone analysiert er die zuvor von Powne untersuchten Musikinstrumente aus dieser Region. Allerdings fehlt eine eingehend untersuchte Organologie der in dieser Region vor-kommenden Musikinstrumente. Insgesamt liefern die wissenschaftlichen Arbeiten Pownes und Kebedes vom Zeitpunkt ihrer Veröffentlichungen an wichtige Informationen über die traditionelle Musikpraxis der in Zent-raläthiopien beheimateten Volksgruppen. Im Vergleich zu Powne und Kebede hat Lemma (1975) den Versuch unternommen, traditionelle Instrumente, insbesondere aus Südäthiopien, zu sammeln und eine Art Bestandsaufnahme anzufertigen, allerdings ohne eine organologisch–systematische Illustration. Trotz der vielen In-strumentenabbildungen kann diese Arbeit leider keinen Ausgangspunkt für eine instrumentenkundliche Forschung darstellen. Zu seiner Samm-lung gehören z.B. die Quertrompeten Pororessa und Dinke aus Südäthio-pien. Alle gesammelten Musikinstrumente übergab Lemma später der Yared Musikhochschule/der Universität Addis Abeba, wo sie heute in einer Dauerausstellung externen Besuchern zugänglich sind. Musikethnologische Feldforschungen wurden von Hugo Ferran bei den südäthiopischen Maale durchgeführt. Als Beispiel sei das Pilea–Flötenensemble dieser Gemeinschaft genannt, in dem 8 bis 9 gedackte Bambuslängsflöten im Hocketverfahren zusammenspielen (siehe Ferran 2002). In den vergangenen fünf bis zehn Jahren haben auch weitere Mu-sikethnologen und Anthropologen wie Thierry Fournell, Christina Gabert, Bastien Lagatta, Ilaria Satori und Simoné Tarsitani in verschiedenen Re-gionen Süd–, Südost– und Zentraläthiopiens u. a. die Volksgruppen Ari, Arbore, Mursi, Benna, Beshada, Harar, Oromo (Arsi) und Amara unter-sucht. Als Ergebnis wurde eine Reihe von wissenschaftlichen Artikeln, Diplomarbeiten und Dissertationen publiziert. Darunter wurden in den Arbeiten von Fournel Polyphonies  vocales  et  instrumentales  ari  (2001) und Ferran Les  orchestres  de  flûtes  chez  les  Maale  du  Sud–Ouest Éthiopien (2002) gedackte Flötenensembles der Ari– und Maale–Gemeinschaften aus Südäthiopien ausführlich dargestellt. Außer den soweit im einzelnen erwähnten Veröffentlichungen wurden in dieser Arbeit auch Artikel und Eintragungen aus den Enzyklopädien Die Musik  in  Geschichte  und  Gegenwart (MGG) und New  Groves Dictionary  of Music  and Musicians näher in Betracht genommen. Die direkt ostafrikanische Gebiete betreffenden Artikel sind z.B. Bantu

Michael Powne Äthiopien

Ashenafi Kebede Äthiopien

Tesfaye Lemma Äthiopien

Hugo Ferran Thierry Fournell Christina Gabert Bastien Lagatta

Ilaria Satori Simoné Tarsitani

Äthiopien

Enzyklopädien: MGG und New Groves

Dictionary of Music and Musicians

34

(Persival Kirby 1949/51), Ethiopia (Kimberlin/Shelemay 2001), Sudan (Simon 2001), Kenya (Umbima 2001), Somalia (Johnson: 2001), Tanzania (Kubik 2001a), Uganda (Cooke 2001a) und Ostafrika (Kubik 1997). Neben Ostafrika waren auch die Untersuchungsergebnisse anderer afrikanischer Regionen sehr nützlich. Darunter seien z.B. Zentralafrika (Collaer 1986), Südafrika (Geldenhuys 1998), Afrika südlich der Sahara und Africa (Kubik 1994 und 2001b) und Westafrika (Kubik 1998a) ge-nannt. Darüber hinaus wurden solche Eintragungen berücksichtigt, die spezifische Themen und Begriffe behandeln wie etwa Stopped  Flute Ensemble    und Ngoma (Cooke: 2001b und 2001d), Shawm (Baines 1995), Reed  Instruments (Wachsmann 1995), Schalmei (Berner 1986), Taarab (Farigon 2001), Flöten (Meyer und Betz 1995), Klarinetten (Els-ner 1996) und Doppelrohrblattinstrumente (Simon und Masel 1995). Hinzu kommen die wissenschaftlichen Artikel aus dem Handbuch  der Musikinstrumente, die sich mit Themen wie Musikinstrumente  in  au‐ßereuropäischen Kulturen (Jähnichen 2004), Blasinstrumente (Tremmel 2004) und Blechblasinstrumente (Ahrens 2004) befassen. Nicht zuletzt gehören die musikanthropologischen Werke von John Blacking (1959, 1967, 1973, 1995 usw.), A.P. Merriam (1957, 1964, 1969, 1982 a–b usw.) und Bruno Nettle ebenso zu den wichtigen Quellen.

1.8. Musikalisches Verstehen: Interpretation und Hinweise zu den Transkriptionen

Das Quellenmaterial der in dieser Arbeit untersuchten Musikbeispiele sind zunächst audiovisuelle Aufnahmen, die auf meiner sechsmonatigen Forschungsreise erstellt wurden. Einen weiteren Teil stellen diejenigen Quellen dar, die in öffentlich zugänglichen Phonogrammarchiven192 auf-bewahrt sind. Dabei handelt es sich vor allem um Schallplatten und Ton-bänder, die auf Feldaufnahmen zahlreicher Wissenschaftler, beispielswei-se Gerhard Kubik, Georg Béres, Robert Gottlieb, Rangar Johnson/Ralph Harrison, John P. Varnum, Hugh Tracy, Arthur Simon, Ivo Strecker und Peter Cooke zurückgehen. Diese Feldaufnahmen entstanden überwiegend zwischen 1960 und 1980, wovon ein Teil später auf einer Reihe von Schallplatten veröffentlicht wurde. Der dritte Teil der Klangbeispiele setzt sich aus käuflich erworbenen CDs und Musikkassetten zusammen. Auch hier geht es zum größten Teil um Feldaufnahmen, die ebenso in vielen Gebieten Ostafrikas durchgeführt wurden. Zusätzlich stellten mir auch einige Musikethnologen ausgewählte Klangbeispiele von Aeropho-naufnahmen aus ihren persönlichen Archiven zur Verfügung. Hier sei speziell der Musikethnologe Peter Cooke genannt, dessen jahrzehntelan-ge Forschungstätigkeit sich zum großen Teil auf die traditionelle Musik der verschiedenen Volksgruppen Ugandas konzentriert.

192 Das Berliner Phonogrammarchiv und das Phonogrammarchiv der Österreichischen

Akademie in Wien.

Quellenforschung

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Um Missverständnisse zu vermeiden, wurden alle in dieser Arbeit transk-ribierten Notenbeispiele auf dem europäischen Notensystem basierend angefertigt, welches bislang weltweit als sehr effektives Mittel zum Ver-stehen außereuropäischer Musik in Gebrauch ist. Taktstriche lassen sich keineswegs linear der europäischen Musikerfahrung unterordnen. Die in einigen Notenbeispielen verwendeten Taktstriche sind mittels eines kur-zen, vertikalen Striches auf die fünfte Notenlinie (von unten nach oben gezählt) angedeutet, wenn die Melodie nur aus einer Notenzeile besteht. Handelt es sich jedoch um mehrere zusammengehörende Notenzeilen, dann sind diese quasi–Taktstriche in den Zwischenräumen der Notenli-nien eingesetzt. Die Taktstriche sollen nicht unbedingt betonte und unbe-tonte Zählzeiten und melodische Akzente kennzeichnen, sondern viel-mehr ungefähre regelmäßige Zeiteinheiten. Eine Ausnahme stellen bereits transkribierte Notenbeispiele dar, die aus anderen wissenschaftlichen Arbeiten stammen und hier in ihrer Original- form ohne jegliche Veränderung wiedergegeben sind. Solche Beispiele dienen einerseits dazu, die verwendeten Tonhöhen eines nur theoretisch beschriebenen Musikinstruments zu veranschaulichen, für die keine au-thentischen Klangbeispiele zur Verfügung standen. Andererseits wurden diese Notationsbeispiele für eine Gegenüberstellung mit den von mir transkribierten Musikstücken herangezogen. Tonhöhen, die dem Höreindruck nach als kurze Vorschlagsnoten betrach-tet werden könnten, wurden generell vermieden. Stattdessen sind alle in der laufenden Melodie vorkommenden Noten als selbstständige Noten gleichermaßen behandelt und gemäß ihrer Werte notiert worden. Für die Niederschrift von Klangbeispielen in Noten wurde das Pro-gramm Music–Time verwendet, während zum Hören und Bearbeiten des jeweiligen Musikstücks das Programm Adobe Audition genutzt wurde. Durch die Spektraldarstellung ermöglicht dieses Programm unter ande-rem die Ermittlung einzelner Tonhöhen, ihrer mikrotonalen Schwankun-gen, ihrer möglichen Teiltöne und ihrer Bewegungen. Mit ihm lassen sich genaue akustische Messungen (Cent– und Hertzangaben) darstellen. Alle Tonhöhen und Cent–Angaben basieren auf der europäischen temperierten Skala, wobei der Referenzwert a’ = 440 Hz ist. Hinzu kommt, dass das jeweilige Klangbeispiel auf eine beliebige Ge-schwindigkeit reduziert werden kann. Die Anwendung dieser Methode war vor allem bei Musikstücken mit relativ schnellen Tempi äußerst hilf-reich, denn die bei normalen Geschwindigkeit akustisch kaum wahr-nehmbaren Schleif– und Verbindungstöne und mikromelodischen Verzie-rungen konnten so eindeutig wahrgenommen und entsprechend analysiert werden konnten. Anschließend wurden die zuvor in halber Geschwindig-keit untersuchten und niedergeschriebenen Musikstücke selbstverständ-lich auch in der normalen Geschwindigkeit noch einmal überprüft. Für die Bearbeitung der Klangbeispiele mit dem Programm Adobe Audition wurden außer den digitalen Musikstücken193 alle analogen Klangbeispiele in ein digitales Format umgewandelt, um ihre verbesserte und relativ einfache Wiedergabe und ihre Bearbeitung zu ermöglichen. 193 Hierzu gehören digitale Ton– und Videoaufnahmen, die während meiner Feldfor–

schungen entstanden. Hinzu kommen entweder käuflich erworbene oder in öffentli-chen Archiven zugängliche CDs.

Die abendländische Notation für die

Verschriftlichung außer-europäischer Musik

Umwandlung von analogen Formaten

in digitale Medien für die Vereinfachung

von Transkriptionen

Music–Time und Adobe Audition

für musikalische Analysezwecke

Transkriptionsregeln

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Dies betrifft vor allem Schallplatten, Tonbänder und bisweilen auch Mu-sikkassetten. Allerdings wurden hier keine Editierungen, Korrekturen oder ähnliche Veränderungen am Tonmaterial vorgenommen. Diese Umwandlungsarbeit fand ausschließlich in der Abteilung Musikethnolo-gie des Museums für Völkerkunde Berlin statt, wo dem Benutzer alle hierfür notwendigen Geräte zur Verfügung stehen. Bei jedem transkribierten Musikstück ist für die genaue Tempoangabe am Anfang der Metronomwert vermerkt. Ferner ist mit dem Gebrauch von Bindebögen lediglich die Verlängerung von Notenwerten gemeint. Nur in den Beispielen, insbesondere in freimetrischen Notationen, weisen sie auf phraseologische Zusammenhänge hin. Im Vergleich zu festmetrisch gestalteten Klangbeispielen ist es bei frei-metrischen Stücken wesentlich schwieriger, den vom Spieler beabsichtig-ten metrorhythmischen Verlauf zu bestimmen, da dies zu eventuellen Fehlinterpretationen bei der Transkription führt. Die Gründe liegen in der fehlenden Kenntnis von vielen Musiktraditionen Ostafrikas und in der dürftigen Materiallage. Für die optimale und übersichtliche Darstellung markanter melodisch–rhythmischer Bewegungen und Strukturen wurden alle freimetrischen Musikstücke in einzelne, Sinn tragende Zeilen transkribiert. Die Gliede-rung einer aufgeführten Melodie in selbstständige musikalische Zeilen basiert auf der subjektiven Wahrnehmung, die vor allem aus wiederhol-tem Hören gewonnen werden konnte und sich auch an objektiv markier-ten Einschnitten, etwa dem Luftholen und anderen deutlichen Pausen orientiert. Häufig sind solche Melodien von kurzen und langen zykli-schen Phrasen dominiert, sodass ihre Gliederung wesentlich einfacher wird. Als weitere Orientierung dienen aber auch markante Bewegungs-muster, die entweder am Anfang einer Zeile durch einen typischen Aus-gangston identifiziert werden konnten oder auch solche, die durch ihren Halbschluss– und/oder Schlusscharakter besonders auffallen. Gewiss existieren auch viele andere Prinzipien, die bei der Unterscheidung und Gliederung von Zeilenstrukturen eine wesentliche Rolle spielen können. In dieser Arbeit wurden keine Gesänge transkribiert, selbst wenn sie von einem zu untersuchenden Instrument begleitet wurden. Auch wenn der Hauptgrund dafür am ehesten in der mangelnden Sprachkenntnis liegt, sei den Instrumentalparts im Zuge der Transkription absichtlich mehr Auf-merksamkeit geschenkt. Allerdings wurden die melodisch–rhythmische Gestaltung, die Funktion und die Rolle eines jeden Gesangsparts in Zu-sammenhang mit dem Instrumentalteil im laufenden Text erläutert. Einige wenige Transkriptionen wurden in so genannte Abschnitte bzw. Melodieabschnitte unterteilt, um lediglich auf die quantitative Gliederung des Musikstückes hinzuweisen. Jeder Abschnitt deutet somit auf einen selbstständigen melodisch–rhythmischen Aufbau und auf eine ihm eigene Struktur hin. Eine adäquate Transkription schriftloser Musik ist stets mit Problemen behaftet, die hauptsächlich von den kulturellen und persönlichen Erfah-rungen eines jeden Betrachters abhängen. Die subjektive Wahrnehmung und Vorstellung „fremder“ Musik kann den Eindruck erwecken, dass sie uns meistens nicht das bietet, was wir zu hören erwarten. Im Prozess der Wahrnehmung besteht somit die Gefahr, dass Tonhöhen bewusst und

frei– und festmetrische Musikstücke und ihre Darstellung

Tempoangabe

Quantitative Gliederung von Musikstücken

37

unbewusst in einen für den jeweiligen Zuhörer geeigneten Rahmen ge-zwängt werden. Auch wenn mikrotonale Abweichungen wahrgenommen und möglicherweise sogar als wichtig betrachtet werden, sind diese Ton-höhen zwangsweise an die Darstellung in fünf Notenlinien gebunden. Daher wird häufig ausschließlich in Halbtonschritten gedacht und klassi-fiziert. Zwischen der emischen und ethischen Wahrnehmung und Vorstel-lung von musikalischer Sprache besteht ein großer Unterschied. Daher liegt das Problem der Transkription zumeist nicht in der Wiedergabe der jeweiligen Musik in Noten an sich, sondern in der Art ihrer Wahrneh-mung und ihrer Vorstellung (Ambrazevicius 2005: 31ff.). Bei den hier im Zusammenhang mit den ostafrikanischen Aerophonen exemplarisch dargestellten Musikbeispielen mit verschiedenen Tonrei-hen, wurde deshalb versucht, solche fehlerhaften Wahrnehmungen zu vermeiden und sie soweit wie möglich mit Sorgfalt zu transkribieren, zu analysieren und zu beschreiben. Dies bezieht sich vorwiegend auf traditi-onelle Tonreihen, die auf entsprechenden Musikinstrumenten demonst-riert wurden. Dieser wichtige Vorgang diente vor allem dazu, einen Ü-berblick über die in Ostafrika weitgehend gebräuchlichen Tonreihen zu bekommen.

38

39

II. Die Aerophone

Zu den Aerophonen gehören Musikinstrumente, bei denen die in Schwin-gung versetzte Luft grundsätzlich die zentrale Rolle spielt. Neben den Instrumenten, die eine begrenzte Luftsäule besitzen, ist noch die Gruppe der freien Aerophone zu nennen, bei denen die schwingende Luft nicht durch einen eingegrenzten Luftraum bestimmt ist. Hierzu gehören zum Beispiel Peitschen, Sirenen, Schwirrholz und Säbelklingen. Die eigentlichen Blasinstrumente werden in drei Hauptgruppen und zwar in Flöten, Schalmeien und Trompeten unterteilt. Diese Blasinstrumente können mehrfach gewundene, aber auch konische oder zylindrische Boh-rungen besitzen, mit Ausnahme der Gefäßflöte Okarina, die meistens eine kugel–, ei– oder rübenförmige Form aufweist und fast immer äußerst flach und stumpf erklingt (Sachs 1976: 308). Innerhalb dieser drei Hauptgruppen gibt es mehrere Untergruppen mit verschiedenen Instrumententypen, die nach ihren technischen Vorausset-zungen voneinander unterschieden werden können. So stößt bei Flötenin-strumenten die in das Korpus transportierte Luft gegen die scharfe Kante am Ende des Rohrs (Längsflöte) oder eine Lochkante in dessen Wand (Querflöte) und wird periodisch wechselnd nach innen und nach außen gelenkt (Sachs 1975: 20f., 96f., 1976: 144, 300f. und 308f.). Dabei ist es gleich, ob die Flöte einen scharfen Rand hat (wie bei Längs– oder Quer-flöten ohne Schnabel) oder, wie im Fall der Labialflöten, der Orgeln und der Schnabelflöten, einen Binnenkanal besitzt. Anders als bei den Flöten, bringen bei den Trompeteninstrumenten die gespannten Lippen des Spie-lers die Luft in periodischen Stößen zum Vibrieren. Die menschlichen Lippen fungieren somit als schwingungserregende Lammellen. Bedingt durch ihre Klangvielfalt und ihren Formenreichtum stellen Aerophone, im Unterschied zu Idiophonen, Membranophonen und Chordophonen, im Allgemeinen eine uneinheitliche Gruppe dar (Trem-mel 2004: 175). Ein Blick auf die ununterbrochene Weiterentwicklung der europäischen Instrumentengeschichte mit der damit eng verknüpften Musikgeschichte Europas (z.B. Renaissance, Barock und Klassik) zeigt, dass stets eingehende Erforschungen und Experimente durchgeführt wur-den und heute noch durchgeführt werden. Diese Entwicklungen stehen nicht nur mit der Verbesserung klanglicher Eigenschaften und den spiel-technischen Vereinfachungen von Musikinstrumenten in Verbindung, sondern auch mit der Erarbeitung neuer Methoden und Konzepte für die eingehende Unterteilung der Aerophone in eindeutig voneinander diffe-renzierten Gruppen. Ein Beispiel ist die fortwährend angewendete Klassi-fizierung nach Blech– und Holzblasinstrumenten, obgleich das Material für die musikalische Eigenschaft im Grunde eine geringfügige Rolle spielt (Tremmel ebd.: 175; Dickreiter 1994: 21–23). Somit ist es eindeutig, dass die Auswahl des zur Herstellung verwendeten Materials, wie Holz, Kalebasse, Kürbis, Metall, Plastik, Bambus, Tier-horn und Elfenbein, vielmehr mit der in der praktischen Verwendung der den Erwartungen entsprechenden Ton– und Klangqualität im Zusammen-hang steht (Tremmel 2004: 176). Das Experimentieren mit Musikinstrumenten hat sich allerdings nicht nur auf den europäischen Raum beschränkt, sondern ebenso in der außereu-

Hauptgruppen der Aerophone:

Flöten, Schalmeien und Trompeten

Der Instrumentenbau in der europäischen

und außereuropäi-schen Welt

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ropäischen Welt parallel und ununterbrochen stattgefunden. Durch ge-genseitige historische Kontakte menschlicher Gesellschaften haben mit-unter auch zahlreiche Instrumente ihre Ursprungsregionen verlassen und wurden in anderen Orten eingeführt, wo sie zunächst integriert und im Laufe der Zeit zahlreichen Erneuerungen bzw. Umgestaltungen unterwor-fen wurden, wenn auch die Einhaltung von gewissen lokal und regional bedingten Normen feststellbar sind. Diese Veränderungen betreffen je-doch nicht nur die vielfältigen Konstruktionsweisen, sie beziehen sich auch auf die späteren Funktionen und Verwendungen dieser Instrumente in den Repertoires der jeweiligen Musikkulturen (Jähnichen 2004: 351).

2.1. Klassifikation  

Freie Aerophone Ablenkungsaerophone Unterbrechungsaerophone

Eigentliche Blasinstrumente Flöten

Flöten ohne Kernspalte Spaltflöten

Schalmeien Oboen Klarinetten

Trompeten Im Unterschied zu der europäischen Entwicklung der Instrumentenkunde bieten die außereuropäischen Kulturen eine für uns bislang noch unsys-tematisierte und uneinheitliche Fülle von Aerophonen an. Hierzu gehören auch die Instrumente ostafrikanischer Musikkulturen, zu denen gegen-wärtig eine sehr spärliche Materialmenge vorliegt. Bedingt durch die schriftlose, mündlich überlieferte Tradition fehlen uns heute Beweise, die eine umfassende Studie der historischen, sozialen und musikalischen Aspekte der Aerophone, aber auch aller anderen traditionellen Musikin-strumente dieses geographischen Raumes erheblich erschweren (Jähnichen 2004: 351). Aufgrund der Tatsache, dass die verschiedenen Aerophone recht unter-schiedliche Herstellungsmethoden aufweisen, ist es abwegig, sie den systematisch klassifizierten und fast ausschließlich nach standardisierten Normen konstruierten europäischen Musikinstrumenten gegenüberzustel-len. Im Rahmen seiner Untersuchung der afrikanischen Musikinstrumente weist Ankermann (1901: 3) auf dieses besondere Problem hin:

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„Die Bezeichnungen Harfe, Gitarre, Mandoline, Laute, Zither usw., wie sie in unseren Museen und in der Lite-ratur Gang und Gäbe sind und meist wahllos durcheinander für die verschiedenartigsten Formen gebraucht werden, führen bei solcher Art der Verwendung nur zur Verwirrung und zeigen schon durch ihre regellose Anwendung die Schwierigkeit der Einordnung der afrikanischen Instrumente in unsere gewohnten Rubriken. Die Anwendung der einheimischen Namen steht außer unserer mangelhaften Kenntnis derselben der Umstand entgegen, dass nicht selten dasselbe Instrument bei verschiedenen Stämmen verschieden benannt wird, oder dasselbe Wort in einer Gegend auf dieses, in einer anderen auf ein anderes Instrument bezogen wird“. Ankermanns Untersuchungen wurden zu einem Zeitpunkt vorgenommen, als dem bedürftigen Wissenschaftler noch kein einheitliches System für die Klassifizierung der außereuropäischen Musikinstrumente zur Verfü-gung stand. Dank dem einige Jahre später zustande gebrachten Versuch von Hornbostel und Sachs (1914), die die Systematik der Musikinstru-mente erarbeitet und sie weiterentwickelt haben, können wir gegenwärtig das einst systemlose Durcheinander von Begriffen, Namen, Klassifizie-rungen und Beschreibungen außereuropäischer Musikinstrumente genau-er einsortieren und integrieren. Hornbostel und Sachs (1914: 553) bemer-ken dazu folgendes:

“Aus diesen Verhältnissen ergeben sich für den Systematiker die besonderen Schwierigkeiten, aber auch die besonderen Reize seiner Arbeit. Ziel muss sein, die Begriffe so durchzubilden und zu verfeinern, dass sie sich immer mehr der Fülle des Wirklichen anschmiegen und seine Übersicht sowie die Einordnung des Einzelfalls ins Ganze schnell und sicher ermöglichen.“

Diese weitgehend gängige und bis heute repräsentative Methode der In-strumentenklassifizierung ermöglicht Klarheit und Durchschaubarkeit der vorliegenden Arbeit und vermeidet Missverständnisse bereits im Vorfeld. Die Schaffung eines solchen Ausgangspunktes stärkt außerdem die ein-heitliche Zusammenarbeit, was wiederum bedeutet, dass durch musiketh-nologische und musikhistorische Untersuchungsergebnisse auch gegen-seitige Verständigungen gefördert werden können. Dennoch ist das Prob-lem des Durcheinanders auch heute nicht ganz behoben, solange uns noch immer irreführende Literatur und inhaltlich teilweise falsche Angaben und Beschreibungen der außereuropäischen Musikinstrumente die Unter-suchungen erheblich erschweren.

2.2. Freie Aerophone Die instrumentenkundlich als Ablenkungsaerophone klassifizierte Peit-sche begegnet uns nur in vereinzelten Musikkulturen Ostafrikas. Im Ge-gensatz zu traditionellen ostasiatischen Theateraufführungen, bei denen die knallende Peitsche und die geschwungene Säbelklinge für die Erfül-lung von musikalischen Funktionen eingesetzt werden (Jähnichen 2004: 384), dienen Peitschen in ostafrikanischen Gesellschaften vorwiegend außermusikalischen Zwecken. Einige Volksgruppen Zentraläthiopiens, die den Christlich–Orthodoxen Glauben praktizieren, benutzen die als Giraf bekannte knallende Peitsche. So wird sie z.B. in Vorbereitung auf das religiöse Fest Buhe194 bei den Amara–Knaben meist aus Pflanzenfa- 194 Die Herkunft dieses religiösen Feiertages ist nicht bekannt. Allerdings wird er jährlich

im Juli, dem 11. Monat laut äthiopischen Kalenders, gefeiert. Die Besonderheit dieser

Ablenkungs-aerophone

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sern oder Baumrinden hergestellt. Dabei versucht jeder Knabe, die beste und am lautesten knallende Peitsche anzufertigen, um in dem quasi wie ein „Wettbewerb“ gestalteten Spiel zu gewinnen. Ungefähr zwei Tage vor diesem religiösen Fest, werden die Peitschen eingesetzt. Jeden Abend erklingen die Peitschen aus allen Himmelsrichtungen und signalisieren somit das Näherrücken dieses christlichen Festtages. Auch im normalen Alltag benutzen Hirten und Viehzüchter Peitschen beim Führen ihrer Herde oder auch nur zum Spaß.

Eigentliche Blasinstrumente 2.3. Flöten

Die Flöte zählt zu den Musikinstrumenten der Welt, die uns die ältesten Quellen liefern. Eine aus dem Stoßzahn eines Mammuts195 hergestellte Flöte lässt sich beispielsweise auf 30.000 bis 37.000 Jahren zurück datie-ren. Anhand archäologischer Funde prähistorischer Epochen können auch Knochenflöten als Belege noch viel früher liegender Zeiträume genannt werden. Sachs (1979: 221) zweifelt zwar die musikalische Brauchbarkeit mancher Flöten an, dennoch steht es außer Frage, dass darunter auch Instrumente existierten, die für die Schallerzeugung bestimmten Zwecken gedient haben könnten. Weitere Funde belegen das Vorkommen offener Längsflöten aus Knochen vor über 8.000 Jahren in China mit bis zu sie-ben Grifflöchern (Jähnichen 2003: 388). Eine etwa 36.000 Jahre alte Knochenflöte – vermutlich aus einem Schwanenknochen hergestellt – mit ebenfalls sieben Grifflöchern fand man auch in der Höhle des Geissenklosters in Deutschland. Zu den am besten erhaltenen Exemplaren gehören allerdings Vogelknochenflöten mit variierter Grifflochanzahl. Aufgrund ihrer zumeist schrillen Töne mögen sie bisweilen als wichtige Musikinstrumente religiöser Kultzeremonien der Schamanen, Zauberer und der Medizinfrauen und –männer z.B. in Nord–, Süd– und Mittelame-rika und bei den südafrikanischen Zuluvölkern benutzt worden sein. Au-ßer den Vogelknochen galten auch Knochen erlegter Feinde, also sowohl menschliche Knochen als auch die von Tieren. Diese wurden vermutlich auch als Zauberinstrumente geblasen. Außer bei den Buschmännern und den Zuluvölkern Südafrikas kommen verschiedene Knochenflöten in einigen Musikkulturen Nord– und Ostafrikas heute noch vor. Als Verbreitungsgebiet der Knochenflöte in Ostafrika nennt Sachs (1965: 23) Deutsch–Ostafrika was soviel bedeutet, dass diese Musikinstrumente zumindest Ende bzw. Anfang des 19. Jahrhunderts in diesem Gebiet noch genutzt wurden. Besonders interessant sind auch die verschiedenen Anblasvorrichtungen der Knochenflöten, die im engen Zusammenhang mit der instrumentenkundlichen Entwicklung der Flöten stehen. Abgese-

Feier liegt vor allem darin, dass junge Knaben sowohl am Vorabend als auch an dem eigentlichen Feiertag Wechselgesänge ausführen, indem sie sich in kleinen Gruppen organisieren und von einem Haus zum anderen gehen.

195 Eine Gattung ausgestorbener Elefanten ungefähr aus der letzte Eiszeit.

Allgemeines

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hen von den längs oder quer geblasenen Knochenflöten und den später in Erscheinung getretenen Längsflöten aus anderen Materialien, weisen einige zum Beispiel in Tibet und Neuseeland entdeckte Knochenflöten Eigenschaften von Kernspalt-flöten auf (Sachs 1975: 23f; Montagu 2001: 27 und 29; Jähnichen 2004: 388f.). Rault (2000: 36) stellt Exemplare einiger Knochenflöten in den Abbil-dungen 21 und 22 vor.

Abbildung 21: Flöten aus Vogelknochen v.l.n.r.: Querflöte aus dem Knochen eines Stelzvogels, Parnass/Griechenland, L = 28 cm; Flöte aus Vogelkno-chen. Der Luftstrom wird durch einen Wachsblock, der im Inneren des Knochens befestigt ist, umgeleitet und gegen den Rand der runden Öffnung gelenkt; Cahco/ Argentinien, L = 21cm; Blockflöte–Byaglin = Vogelflöte aus Adlerknochen; Dolpo–Tal/ Nepal, L = 21 cm; Flöte mit Einkerbung aus einem tierischen Oberschenkelkno-chen, Brasilien, L = 22 cm (siehe Rault 2000: 201)

Abbildung 22: Knochenflöten mit rückwärtiger Einker-bung und mehreren Grifflöchern. Im fortgeschritteneren Prozess der Flötenherstellung wurde das Rohrende teil-weise mit Wachs verschlossen. So wurde der Luftstrom besser gegen die Kante der Röhre gelenkt v.o.n.u.: Knochenflöte aus Rio Negro, Brasilien, L = 22 cm; Flöte aus dem Unterschenkelknochen einer Hirsch-kuh, Guyana, L = 16 cm; Knochenflöte aus Mexiko, L = 24 cm; (Rault 2000: 36)

Im Vergleich zu Knochenflöten, sind Bambusflöten sehr viel häufiger in der ganzen Welt zu finden. Verbreitungsgebiete tropischer und subtropi-scher Bambuspflanzen sind Afrika, Südostasien, Nordaustralien, Nord– und Südamerika. Aus den asiatischen Ländern wird der Bambus seit Mit-te des 18. Jahrhunderts nach Europa eingeführt. Die Bambuspflan- zen, die uns auch unter dem Bambusoideae bekannt sind, zählen zu der Fami-lie der Poaceae genannten Süßgräser. Auf der ganzen Welt kommen etwa 1.200 Arten der Unterfamilie Bambusoideae vor, die sich in die zwei Haupttypen a) Tribus Bambuseae und b) Tribus Olyreae untergliedern lassen. Zu der ersten Gruppe gehören die baumartig wachsenden Bam-buspflanzen mit schlanken, holzigen und meistens verzweigten Halmen. Diese Bambuspflanzen haben je nach Unterart unterschiedliche Dimensi-onen und können über mehrere Meter hoch wachsen. Hingegen zählen zu der zweiten Gruppe diejenigen Bambuspflanzen, die wie „normale“ Grä-ser wachsen, Horste bilden und nicht verholzen. Diese Bambusse wach-sen in der Regel nicht höher als einen Meter.196 Kebede (1989: 70) nennt Ägypten als Ursprungsgebiet der ältesten Griff-lochflöten aus Bambus, wo sie ungefähr 2.000 Jahre vor Christus entlang des Nilbettes entdeckt wurden. Die Bedingungen zur Materialerhaltung im trockenen Lehm waren besonders gut. Es kann jedoch nicht mit Be-

196 Für ausführliche Informationen siehe auch http://de.wikipedia.org/wiki/Bambus.

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stimmtheit gesagt werden, dass Bambusflöten nur dort oder erst von die-sem Zeitpunkt an verbreitet waren. Ein Beispiel für die Herstellung von Flöten aus einer Kombination von Bambus und Holz liefern die Ovimbundu aus Angola. Hier begegnen uns offene Längsflöten, deren Anblas– und Endstücke aus Holz und das mitt-lere Rohrteil aus Bambus bestehen. Diese Teile werden jeweils nach ihrer Fertigstellung zusammengefügt (Boulton 1957197). Flöten werden in vielen Regionen Ostafrikas vorwiegend als typische Männerinstrumente verstanden. In seltenen Fällen sind Flöten spielende Frauen198 sowohl in Ostafrika als auch auf dem gesamten Kontinent anzu-treffen. Dazu schreibt Sachs (1965: 21):

„In dem weiten Vorstellungskreis, in dessen Mittelpunkt der Befruchtungsvorgang steht, nimmt die Flöte einen bevorrechteten Platz ein. Dank ihrer Form wird sie dem männlichen Gliede gleichgesetzt, das ja noch bei uns volkstümlich als „Pfeife“ oder „Flöte“ bezeichnet wird: sie bekommt daher bis nach Afrika hin eine wichtige Rolle in den Jünglingsweihen und darf von Uneingeweihten, von Fremden, Frauen und Kindern nicht gesehen werden“.

Nach eigenen Beobachtungen sind, bis auf einige wenige Ausnahmen199, speziell die in Sätzen gespielten Flöten oft männlichen Gemeinschafts-mitgliedern überlassen, während Frauen hauptsächlich durch Singen und Tanzen am musikalischen Gesamtereignis teilnehmen. Gelegentlich spie-len sie Perkussionsinstrumente wie Holzklappern und Rasseln200 und bringen so die gesamte musikalische Ausführung besser zur Geltung. Flöten können in Längs– und –querflöten, gebündelte und gereihte Pan-flöten sowie in Gefäß– und Spaltflöten eingeordnet werden. In Ostafrika kommen sie in verschiedenen Formen und Größen nahezu überall vor. Die Flöten besitzen offene oder gedackte Röhren mit zylindrischen oder konischen Bohrungen. Sie können sowohl mit Grifflöchern als auch ohne Grifflöcher gefertigt werden. Während die grifflochlosen Flöten meistens gedackte Röhren besitzen und für gewöhnlich in Sätzen von mehreren Musikern gespielt werden, schwankt die Zahl der Grifflochflöten zwi-schen zwei und sechs. Die Variationen der Grifflöcher beziehen sich nicht nur auf ihre Anzahl, sondern auch auf den Abständen zwischen diesen. Manchmal sind die Größen der Tonlöcher in Abhängigkeit von der Dicke der Finger des jeweiligen Musikers entscheidend.

197 Siehe African Music, Ethnic Folkways Library/ Folkways Records FW8852; Tonauf-

nahmen von Laura C. Boulton 1957, Signatur P–1099 Sammlung: Phonogramm–Archiv der Abteilung Musikethnologie des Museums für Völkerkunde Berlin

198 Die mit zwei Grifflöchern ausgestattete offene Längsflöte Sorror der sudanesischen Nymang, ist beispielsweise ein alltägliches Fraueninstrument (teilnehmende Beobach-tungen: Feldforschung in Zentralsudan, April 2005).

199 In dem Pilea–Flötenensemble der südäthiopischen Maale nahmen zwei bis drei Frauen am Flötenspiel teil (teilnehmende Beobachtung und audiovisuelle Aufnahmen: Feldfor-schung in Südäthiopien, März 2005).

200 Berta–Frauen aus Westäthiopien nehmen an fast allen Musikveranstaltungen ihrer Gemeinschaft teil. In den traditionellen Trompeten- oder aus Flötenensembles, bei de-nen die Instrumente ausschließlich von Männern gespielt werden, beteiligen sich die Frauen vor allem durch Gesang und Tanz. Die vier oder fünf von ihnen rhythmisch ge-schüttelten Kürbisrasseln erklingen in bestimmten Abständen des musikalischen Ab-laufs. Der Klang der Rasseln im Zusammenspiel mit dem Trompeten– bzw. Flötenen-semble schmückt die gesamte Musikaufführung besonders aus (Beobachtung und au-diovisuelle Aufnahme: Forschungsreise in Westäthiopien, Februar 2005).

Flötentypen: Ostafrika

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Offene Längsflöten mit Grifflöchern begegnen uns in Ostafrika am häu-figsten. Zum Beispiel seien die offene Längsflöte Alamoru der Acholi und Karamoja aus Uganda, die Ebune der kenianischen Turkana und die Washint der Amara aus Zentraläthiopien zu nennen. Ferner begegnen uns Längsflöten mit U– und V–förmigen Einkerbungen als Schneiden über-wiegend an der Goldküste, in Togo, im Niger, im Kongo, in Ruanda und in Burundi. Ihr Verbreitungsgebiet in Ostafrika umfasst Westkenia sowie Zentral–, Nord– und Nordwestuganda. In Uganda sind Flöten mit Einker-bungen ihrer Schneiden hauptsächlich bei den Bantu–Völkern, z.B. die Busoga und Baganda und die Bayankole zu beobachten. Vereinzelt sind sie auch bei den ugandischen Acholi und Madi anzutreffen. In Kenia sind es die Teso, Luhiya, Taita und Luo, die unterschiedliche Flöten in ihren Musikkulturen nutzen. Die Materialauswahl von Flöteninstrumenten in Ostafrika ist mannigfal-tig, sie werden z.B. aus verschiedenen Typen von Bambus– und Schilf-röhren, Hirse– und Papayastängeln, Holz, Knochen, Ton, Metall und Plastik hergestellt. Am häufigsten werden in vielen Musikkulturen Bam-busflöten verwendet201, deren Längen und Durchmesser erheblich variie-ren. Diese Abweichungen sind vor allem darauf zurückzuführen, dass sich ihre Herstellung von Ort zu Ort und von einem Instrumentenbauer zum anderen gravierend unterscheidet. Es ist vor allem zu betonen, dass für die Herstellung aller Arten von Musikinstrumenten auf dem afrikani-schen Kontinent keine einheitlichen Normen existieren. In den meisten Fällen ist der Instrumentenmacher gleichzeitig der Musiker, daher stellt er seine Flöte nach eigenem Wunsch und Ermessen her. Unterschiede in der Tonhöhe, in der Klangfarbe und im Tonumfang sind oft zwischen verschiedenen Ausfertigungen eines Flötentyps festzustellen. In vielen Regionen Afrikas werden spezielle Flöten für kunstvoll gestalte-te Melodien verwendet. Ihr Gebrauch als Soloinstrument für die Selbst-unterhaltung ist ebenso sehr verbreitet. Oft kommen Flöten bei nomadi-schen Völkern oder dort, wo Menschen hauptsächlich von Viehzucht leben, vor. Das Bewachen von Rindern, Ziegen und Schafen ist in der Regel die Aufgabe von Jungen und Mädchen, die für den Zeitvertreib und für die Selbstunterhaltung Flöten blasen. Selbst in manchen nomadischen und halb–nomadischen Gemeinschaften, wo der Gebrauch von Musikin-strumenten z.B. auf Hörner und einige Typen von Rasseln reduziert ist, kommen auch Flöten vor. Als Beispiel können die Afar und Somale aus Äthiopien genannt werden, bei denen Bambusflöten zu den typischen Hirteninstrumenten gehören. Außerdem ist Flötenspiel in magisch–religiösen und ähnlichen Zeremonien keine Seltenheit. Hier werden Flö-ten nicht nur zu Instrumentalstücken, sondern auch für die Begleitung von Gesängen oder Tänzen geblasen.

201 Natürlich gilt dies nur für diejenigen Gebiete, wo auch Bambus wächst. In anderen

Regionen finden wir unter anderem auch Flöten aus Ton, Horn und Kürbis. Die Bam-busflöten werden heute aus verschiedenen Gründen durch Plastik– und Metallröhren ersetzt.

Verbreitungsgebiet längs geblasener

Grifflochflöten in Ostafrika

Materialauswahl und Methoden des Instrumentenbaus

Funktion von Flöten in Afrika:

Allgemein

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2.3.1. Offene Längsflöten ohne Grifflöcher In diesem Abschnitt werden exemplarisch offene und grifflochlose Längsflöten, hauptsächlich mit zylindrischen oder konischen bzw. trich-terförmigen Lufträumen, dargestellt. Die für diese Flöten verwendeten Materialien sind unter anderem Schilf, Bambus, Kürbis, Holz, Tierhorns und Metall. Der Rand ihrer Blasöffnung hat entweder scharf abgeschnit-tene Kanten oder einen halbkreisförmigen Ausschnitt. Eine Gemeinsam-keit dieser Flöten besteht darin, dass auf ihnen scheinbar fast immer nur ein Ton erzeugt wird, doch es sind weitere Tonhöhen mit Hilfe der oft genutzten Überblastechnik erreichbar. Aufgrund des beschränkten Ton-höhenvorrats ist es üblich, sie in Sätzen zu spielen. Unter den im Folgen-den tabellarisch dargestellten und beschriebenen grifflochlosen Einzel-längsflöten befinden sich solche „Flötenspiele“. Bei den hier bewusst „Trichterflöten“ genannten Instrumenten handelt es sich zwar um denselben Flötentyp, jedoch gehören zu dieser Gruppe jene Flöten, die aus zwei Schalenteilen zusammengesetzt oder, was für Flöten recht ungewöhnlich ist, mit einer konischen Bohrung versehen sind. Im Unterschied zu den zylindrischen Flöten besteht die besondere Eigenart dieser Flöten darin, dass ihre Röhren generell von den Anblas-öffnungen abwärts zum Rohrende hin zunehmend schmaler werden. Hierzu gehören beispielsweise die Flöten der Kumia– und Nsegu–Ensembles, die Ecoc und die Muserule. Bei Sachs (1965: 131) wird diese Flötenart als Spitzenflöte bezeichnet und im Zusammenhang mit ihrem Verbreitungsgebiet wie folgt beschrieben:

„Unter den Längsflöten nimmt eine eigene Stellung jene Art ein, die vom offenen Oberende abwärts gleichmäßig verjüngt ist, in der Spitze sitzt ein nadelfeines Loch, durch dessen Deckung ein zweiter Ton erzielt werden kann, Grifflöcher fehlen. Bei der bezeichnenden Form des östlichen Archipels ist der Öffnungsrand doppelt ausgekehlt, so dass sich zwei Einsenkungen, eine höhere und eine tiefere gegenüberstehen. Der Spieler stützt die Unterlippe gegen die höhere und bläst nach der tieferen hin, der Winkel, in dem das Instrument zum Munde sitzen muss, ist hier weit leichter gefunden als bei den anderen Arten. Die ganze Flöte kehrt zum Teil wörtlich in Afrika wieder, am genauesten samt dem angeschnitzten Kragen bei den Völkern des oberen Nils. Neben Holz kommen in Afrika Krebsscheren und Antilopenhörner vor. In Afrika wird auch die Amulettbedeutung bezeugt. Somit ist die Spitzflöte überall Signalgerät.“

Im Folgenden werden alle bislang ermittelten Flöten dieses Typs aufge-listet und einzeln in alphabetischer Reihenfolge untersucht (Tabelle 13):

Trichterflöten

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Tabelle 13: Ostafrika: Offene Längsflöten ohne Grifflöcher

Instrument

Längenmaße in cm

Material Verbreitungsgebiet Volksgruppe/Land

Embilta–Ensemble Amara, Tigray / Äthiopien Hindeeru ca. 30 – 40 Holz Arbore / Äthiopien Kumia–Ensemble* ca. 8,5–40 Holz, Bambus Gumuz / Äthiopien Kome–Ensemble* ca. 8–40 Holz, Bambus Gumuz / Sudan Nsegu–Ensemble variabel Bambus ? Bunyoro, Toro, Nkole / Uganda Nsegu Bambus ? Amba und Konjo / Uganda Nsegu–Ensemble variabel Bambus ? Hima und Iru / Uganda Ecoc, Echoich und Muserule

Horn Lango, Acholi, Karamojong und Bunyoro / Uganda

Lalipe und Liri ca. 19–30 Wasserbockhorn Lango und Didinga / Sudan Mala, Oliko oder Gbere Kalebasse Madi, Acholi / Uganda

** Bei den Kumia– bzw. Kome–Ensembles handelt es sich um identische Instrumentalbesetzungen und Musizierstile. Beide Ensembles begegnen uns bei den Gumuz, die sowohl in Äthiopien als auch im Sudan leben. EMBILTA (Amara, Tigray – Äthiopien)

Name Nr. Klassifikation

Zusatz

Synonyme Form, Material Maße / cm Form/Anordnung 421.112 L/D ohne Grifflöcher

Embilta–Spiel

drei offene Längsflöten aus Bambus oder Metall (Amara, Tigray – Äthiopien)

variabel

Embilta–Ensemble,Tenben–Tigray

1. Shanqit 2. Dankera 3. Zinjero

L = ca. 65 – 110 ø = ca. 3 – 5

Embilta–Ensemble, Aksum–Tigray und Amara

1. Meri 2. Difin 3. Ima bzw. Yima

L = ca. 65 – 110 ø = ca. 3 – 5

zylindrisch, scharfe Anblaskan-ten, bisweilen u–förmige Aus-schnitte an den Rohrenden und ein Stimmloch, jede Flöte hat ihre eigene Bezeichnung, dreifa-ches Überblasen möglich

Ergologie: Das Embilta–Ensemble setzt sich aus drei offenen Längsflö-ten zusammen, die entweder aus hartem Bambus (Abb. 23) oder aus Me-tall (Abb. 24) in Sätzen produziert werden. Embiltas aus Bambus werden meistens mit Leder oder Stoff ganz oder teilweise umwickelt, um die Röhre einerseits vor eventuellen Beschädigungen zu bewahren und sie andererseits dekorativ auszuschmücken. Im Gegensatz dazu werden bei den Embiltas aus Metall keine weiteren Arbeitsschritte vorgenommen. Dafür werden einfache Metallröhren benutzt und an den entsprechenden Stellen abgeschnitten. Die Unterschiede in der Materialauswahl lassen erkennen, aus welcher Region die Instrumente stammen. Die Amara aus Zentraläthiopien und die in Tenben (nordöstliches Gebiet der Tigray–Region) lebenden Tigray fertigen ihre Embiltas hauptsächlich aus knoten-losen Bambusröhren an. Dagegen stellen die aus dem nordwestlichen Gebiet Aksum stammenden Tigray ihre Embiltas aus Metall her. Embilta–Flöten werden überall in drei Größen und meist in einem Durchgang hergestellt. Jedoch existieren dafür keine einheitlichen Nor-

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men, da sie ausschließlich einzeln, basierend auf die langjährige Erfah-rung eines jeden Instrumentenbauers, von Hand hergestellt werden. Die zu einem Satz gehörenden Embiltas werden in allen drei Gebieten jeweils durch ihre eigenen Bezeichnungen voneinander unterschieden. Tenben: Aufsteigend nach Größe geordnet heißen die hier vorkommen-den Embiltas 1. Shanqit „Schwarze/r“, 2. Dankera „Tanz,  Freude, Jubel“ und 3. Zinjero „Affe“. Die aus Metallröhren gefertigten Embiltas aus Aksum werden dagegen 1. Meri, „Führer“, 2. Difin „etwas  ver‐schlossenes, verriegeltes“ und 3. Yima bzw. Ima genannt. Dieselben Bezeichnungen werden auch für die Embilta–Flöten der Amara benutzt (Shemeles 2006202). Die Bezeichnungen der aufgelisteten Embilta–Flöten scheinen im Allge-meinen auf ihre durch den erzeugten Klang und die Tonhöhe bedingten musikalischen Funktionen in den jeweiligen Ensembles hinzuweisen (Tekaw, Assefa, Berhane 203: 2006). Die Embilta–Flöten haben im Durchschnitt eine Gesamtlänge zwischen 65 und 110 cm und einen Durchmesser von bis zu 5 cm. Das Institute of Ethiopian Studies sowie die Yared–Hochschule für Mu-sik der Universität Addis Abeba bewahren eine Reihe von traditionellen Musikinstrumenten aus den unterschiedlichen äthiopischen Regionen auf, die vorwiegend in den 60er Jahren von verschiedenen einheimischen und ausländischen Reisenden und Wissenschaftlern zusammengetragen wur-den. In diesen Sammlungen befindet sich auch eine Reihe von Embilta–Flöten, die ausschließlich aus Bambus gefertigt sind. Powne (1968: 32) untersucht die Maße von drei Embiltas aus der Samm-lung des Institute of Ethiopian Studies, die eine Länge von 77 – 95 cm und einen Durchmesser von 2,5 – 2,25 cm besitzen. Im Juli 2006 unter-suchte ich ebenso drei weitere Embiltas aus derselben Sammlung. Diese Instrumente sind mit den Inventarnummern 6668, 6669 und 6870 ge-kennzeichnet. Die von mir untersuchten Embiltas weisen Gesamtlängen von 76,5 cm, 67 cm und 84 cm auf, während ihre Durchmesser ungefähr 2,5 – 3 cm betragen. Nach dem aktuellen empirischen Erkenntnisstand, inklusive meiner eige-nen Erforschungen, muss davon ausgegangen werden, dass alle Embiltas einheitlich und ausschließlich eine scharfe Kante als Anblasvorrichtung besitzen (Abb. 25). Tatsächlich lässt sich bei Embilta–Flöten oft ein tiefer, U–förmiger Aus-schnitt feststellen (Abb. 26 und 27), doch dient dieser nicht als Anblas-vorrichtung. Ein solcher Ausschnitt kann aufgrund von Tonhöhenkorrek-turen vorgenommen werden. So untersuchte ich ähnliche Flöten in der Musikinstrumentensammlung des oben genannten Instituts und befragte auch traditionelle Musiklehrer und Mitarbeiter der Yared–Hochschule für Musik in Addis Abeba, die die Anwendung solcher Methoden im Herstel-lungsprozess dieser Flöten bestätigten. Einen konkreten Aufschluss konn-te ich jedoch erst während meiner

202 Privatgespräch mit Asfaw Shimelis, Addis Abeba 2006. 203 Die Erklärungen meiner Informanten aus Tenben und Aksum waren leider sehr dürftig.

Assefa, Berhane und Adane sind Embilta–Spieler aus Aksum. Das Musizieren ist zwar nicht ihre Hauptbeschäftigung, doch sie spielen zu verschiedenen religiösen und unter-haltenden Anlässen ihre Embiltas in Sätzen zu dritt.

Abbildung 23 Sammlung: IES, AAU;

Foto: T. Teffera 10.07.2006, Addis Abeba

Abbildung 24: Foto: T. Teffera 02.08.2006, Aksum

Abbildung 25

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Abbildung 28: Embilta–Spieler aus Aksum Foto: T. Teffera 02.08.2006, Aksum

Feldforschung in der nordäthiopischen Stadt Aksum im Juli und im Au-gust 2006 bekommen. Hier demonstrierten erfahrene Embilta–Spieler an ihren jeweiligen Instrumenten die richtige Spielposition und führten auch einige Musikstücke auf. Ein weiterer interessanter Aspekt in der Embilta–Herstellung besteht darin, dass bei einigen Embiltas ein Schallloch bzw. Tonloch unmittelbar neben dem u–förmigen Ausschnitt neben der unteren Rohröffnung ge-bohrt wird (Abb. 26). Dies muss kein Anlass dafür sein, die instrumen-tenkundliche Klassifizierung dieser Flöte zu ändern. Die Embilta bleibt eine offene und grifflochlose Einzellängsflöte, denn genauso wie der u–förmige Ausschnitt dient dieses Schallloch lediglich der Tonhöhenkorrek-tur, ein Arbeitsvorgang, der zumeist erst nach der Fertigstellung des je-weiligen Rohrs vorgenommen wird. Meinen in Aksum durchgeführten Untersuchungen und Beobachtungen zufolge weisen jeweils zwei der drei Flöten diesen U–förmigen Aus-schnitt an den Rohrenden auf, bei einer dieser beiden Flöten ist zusätzlich noch ein Schallloch gebohrt worden, das von dem Musiker beim Anbla-sen auf– und abgedeckt wird, um Tonhöhenerweiterungen hervorzurufen (Abb. 27). Gespräche und Interviews mit mehreren Informanten in Meqelle, Tenben, Aksum, Adigrat und Addis Abeba haben ergeben, dass solche Tonlöcher selten gebohrt werden, was vermutlich bedeutet, dass es bei einem den Instrumentenmacher zufrieden stellenden Instrument nicht notwendig ist, diese nachträglich zu fixieren (Tekaw, Assefa, Berhane, Desta, Tedla: 2006). Spielweise: Die Embilta tritt in der Regel als randgeblasene Flöte in Erscheinung (Abb. 28). Dabei beugt der Spieler seinen Hals ebenfalls ein wenig seitwärts. Entgegen der Behauptung, dass die Embilta stets auf der rechten Seite des Spielerkörpers gehalten wird, gibt es auch Embilta–Spieler, die sie auch links vom Körper halten204, das heißt: Es ist gleichgültig, auf welcher Seite des Körpers die Flöte gehalten wird. Die schräge Spielhaltung dient dem Embilta–Spieler, die erzeugten Töne der anderen zwei Musiker besser zu hören und dement-sprechend auch seine eigenen Tonhöhen zu kontrollieren. Eine andere Variante, die selbst gespielten Töne zu kontrollieren, ist das Abdecken des linken oder rechten Ohres. Während des Embilta–Spiels bewegen die Musiker ihre Oberkörper synchron vor– und rückwärts. Gleichzeitig stampfen sie im Kreis oder in einer Reihe abwechselnd nach bestimmten Schrittmustern mit den Füßen auf dem Erdboden. Auch hierbei schreiten sie vor– und rückwärts. Gleichzeitig ist der gegenseitige Blickkontakt aller Spieler von großer Bedeutung. Im Verlauf dieser Bewegungsmuster erzeugen die

204 In der Publikation über die traditionellen Musikinstrumente Äthiopiens veranschau-

licht Lemma (1975: 18) mit Hilfe einer fotographischen Abbildung drei Embilta– und einen Meleket–Spieler. Während die Embilta–Spieler ihre Flöten jeweils links vom Körper halten, bläst der Meleket–Spieler seine Längstube, indem er sie rechts von sei-nem Körper hält.

Abbildung 26: Sammlung: IES–Museum; Fotos: T.

Teffera 10.07.2006 Addis Abeba

Abbildung 27: Foto: T. Teffera 02.08.2006, Aksum

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Flötenspieler metrorhythmische Akzente, die ihnen während des simulta-nen Anblasens der Instrumente eine Gesamtorientierung verleihen. Da die Flöten in der Regel zu dritt nach dem Hocketverfahren gespielt werden, kann die Abwesenheit eines Musikers dazu führen, dass die Vollständigkeit einer zum Musikrepertoire gehörenden Melodie nicht gewährleistet ist. Als Verbreitungsgebiet der Embilta–Flöten sind die Musikkulturen der Tigray und Amara in Zentraläthiopien bekannt. Die Geschichte dieser Volksgruppen lässt sich bis zu der Zeit von König Solomon und der Kö-nigin von Saba (10. Jahrhundert v. u. Z.) zurückverfolgen. Politisch und kulturell gehörten die Amara über Jahrhunderte zu den mächtigsten Ge-meinschaften Äthiopiens. Gemeinsam mit den Tigray machen sie ein Drittel der Gesamtbevölkerung aus. Die Amara bewohnen hauptsächlich das Zentrale Hochland Äthiopiens, und zwar die Gebiete Gonder, Gojjam und Teile von Wello und Shewa, die nach der sprachlich–ethnischen Neu-aufteilung Äthiopiens (ca. 1994/95) geographisch zu den Amara– und Oromiya–Regionen zählen. Dagegen bewohnen die Tigray hauptsächlich das nördliche Hochland, die Region Tigray. Weitere unwesentliche Tigray–Gruppen bewohnen auch die Amara–Gebiete Gonder und Wello. Beide Volksgruppen leben vorwiegend von der Landwirtschaft und haben viele Gemeinsamkeiten. Unter anderem gehören die Sprachen Tigriña und Amariña derselben Sprachfamilie an. Die Amariña–Sprache entwi-ckelte sich aus der Tigriña, die wiederum aus der alten Kirchensprache Ge’ez205 hervorging. Weitere Ähnlichkeiten lassen sich in den sozialen, religiösen und kulturellen Geschichten beider Volksgruppen feststellen. Embiltas kommen ferner bei der Tigre–Volksgruppe aus Eritrea vor. Embilta–Flöten gehörten in der Vergangenheit zu den wichtigen Instru-menten in vielen Höfen der Amara und Tigray. Neben der Kesseltrommel Negarit und der Längstube Meleket erklangen Embiltas auf besonderen zeremoniellen Veranstaltungen der Könighäuser (Powne 1968: 33ff. und Kebede 1971: 163ff.). Sätze von Embiltas wurden zum Beispiel zur Be-grüßung bzw. zum Empfang hochrangiger Gäste als Zeichen der Gast-freundlichkeit, aber auch beim Erlass von Gesetzen genutzt (Powne ebd.). Da Musiker nur für ihre Dienste innerhalb des königlichen Hofes be-stimmt waren, lebten sie meistens am Hof des Königs, um jederzeit einsatzbereit zu sein. Aufgrund des ehemals sehr hohen Stellenwerts der Embilta ist zu vermuten, dass sie im sozialen Alltag der durchschnittli-chen Bevölkerung kaum benutzt wurde. Dies könnte eventuell einer der Gründe sein, warum das Embilta–Spiel bei den Amara, im Vergleich zu den Tigray, nicht wie früher aufrechterhalten wurde und deshalb auch gegenwärtig nahezu kaum zu beobachten ist. Die Embilta wird ausschließlich von Männern im Erwachsenenalter ge-blasen, die die Kunst des Embilta–Spiels nach langjähriger Erfahrung beherrschen. Embilta zu spielen ist somit Tabu für Frauen und Kinder. Sowohl bei den Amara als auch bei den Tigray (Äthiopien) und Tigre (Eritrea) begegnet man Embilta–Ensembles gewöhnlich in zeremoniellen Zusammenhän-

205 Für etwa 30 % der Bevölkerung gilt Amariña als Muttersprache. Allerdings wird sie

von weiteren ca. 20% der äthiopischen Bevölkerung als zweite Sprache genutzt, da sie auch über längere Zeit als die einzige Amtssprache des Landes galt. Heute jedoch wer-den zusätzlich Tigriña– und Oromoña–Sprachen als Verkehrssprachen genutzt.

Verbreitungsgebiet

Geschichte

Genderbeziehung musikalische Funktion

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gen. Bei den Trigray erklingt ein solches Flötenensemble beispielsweise auf traditionellen Hochzeitsfesten, um das Brautpaar zu begleiten und die feierliche Atmosphäre auszuschmücken. Das Embilta–Ensemble wird außerdem auf großen religiösen Festlichkeiten der christlich–orthodoxen Kirche in Tigray oder beim Tod wichtiger bzw. hochrangiger Personen geblasen (Desta, Tedla: 2006). Es gibt allerdings für Trauerzeremonien vorgesehene Musikstücke und es ist nicht erlaubt, diese auf anderen Mu-sikanlässen zu spielen. So wird der Leichnam in Begleitung eines Embilta–Ensembles und unter der Anwesenheit von Familienmitgliedern, Verwandten, Nachbarn, Freunden und Bekannten feierlich zur letzten Ruhestätte getragen. Embilta–Ensembles der Tigre aus Eritrea werden ebenfalls in Sätzen zu dritt geblasen. Die sozialen und musikalischen Funktionen und Rollen dieser Instrumente ähneln die der Tigray–Gemeinschaft, mit denen die Tigre sowohl sprachlich als auch kulturell eng verwandt sind. Embilta–Stücke werden durch langfristige praktische Erfahrungen erlernt und beherrscht. Heute gehören die Embiltas und das Ensemblespiel bei den Tigray immer noch zum musikalischen Alltag. Als wichtige Zentren dieser Region, in denen Embilta–Ensembleaufführungen zu beobachten ist, sind Tenben, Adigrat, die Regionshauptstadt Meqelle, sowie die für die äthiopische Geschichte besonders bedeutende Stadt Aksum206 zu nennen, die als der Ursprung der Zivilisation und der Geburtsort des christlich–orthodoxen Glaubens (4. Jahrhundert) bekannt ist. Im Gegensatz zur Embilta–Kultur der Tigray stirbt bei den Amara der Gebrauch dieses Musikinstruments allmählich aus. Der Grund liegt vor allem darin, dass die ehemaligen Hofmusiker, die diese Musizierpraxis über mehrere Jahrzehnte aufrechterhalten hatten, sehr alt wurden und nach und nach starben, ohne ihre musikalischen Erfahrungen an die junge Generation weitervermittelt zu haben. Es scheint leider auch der Fall zu sein, dass die Jugend offensichtlich kaum Kenntnis von der Musizierpra-xis und ihrer besonderen Rolle an den ehemaligen Höfen besitzt und da-her auch wenig Interesse zeigen kann. Während einer Embilta–Ensembleaufführung ist es wichtig, wahrnehm- bare und vernünftige melodische Pattern zu bilden, die im Laufe einer Musikaufführung von jedem Spielenden verschiedenartig variiert und entwickelt werden können. Für den Embilta–Spieler ist bei langjähriger Erfahrung die Gestaltung einer Melodiezeile relativ einfach. Bereits kurz nach dem Beginn eines Instrumentalstückes bildet er seine eigene zykli-sche und generell sehr kurze melodische und metrorhythmische Zeile, um dann in das gemeinsame Spiel mit den anderen Musikern einzufließen. Aufgrund dessen ist es eindeutig, dass jeder Spieler für das Gelingen des Musikstücks einen wichtigen Beitrag leistet. Neben der Aufrechterhaltung einer kontinuierlichen rhythmischen Bewe-gung erwartet man von jedem Spieler, sein kurzes Melodiefragment indi-viduell zu arrangieren und den gesamten Ablauf der Aufführung voll-kommen zu gestalten. Daher ist es von großer Wichtigkeit, dass viele der

206 Im 1. Jahrhundert nach unserer Zeit wurde die Stadt Aksum als Hauptstadt des Aksu-

mitischen Reiches gegründet. Dieses Königreich erreichte seinen Höhepunkt im 4. Jahrhundert mit der Einführung der Christlich Orthodoxen Religion, die auch zur Staatsreligion erklärt wurde.

Musikanalyse/ Repertoire

Arrangement von kurzen Melodiefragmenten und

Prinzipien des Zusammenspiels

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Musiker vor allem mit den gemeinsamen Auftritten und Aufführungen von Embilta–Stücken langjährige Erfahrungen besitzen. Die Überblastechnik wird bei der Embilta häufig angewendet, da das Instrument in der Regel nur einen Ton hervorbringen kann. Durch Über-blasen wird ein Tonumfang von ungefähr zwei Oktaven erreicht. Ausge-hend vom technischen Grundton, der von der Länge der Luftsäule ab-hängt, erklingen die Oktave, die Quinte, die Quarte über diese Oktave und möglicherweise die große Terz nacheinander, obwohl das Erzeugen des letzten Tones technisch fast unmöglich ist, weil dies ein sehr kräftiges Anblasen erfordert. Ähnliches gilt für den Grundton, der eigentlich auch sehr selten in Gebrauch ist. Somit kommen lediglich die Oktav– und Quinttöne über dem Grundton in Frage, die eine zentrale Rolle im En-semble spielen. Im Notenbeispiel 1 wird veranschaulicht, wie die einzelnen Tonhöhen am Beispiel der drei im nordäthiopischen Aksum aufgenommenen Embilta–Flöten, Meri, Difin und Ima (siehe I, II und III) geordnet sind207. Die Gruppe der möglichen Tonhöhen (technischer Grundton + Obertöne) für jedes Instrument ist jeweils am Anfang der Notenzeilen angegeben (No-tenbeispiel 1). In seiner Arbeit zitiert Powne (1968: 33) die von Mondon Vidailhet nie-dergeschriebenen Tonfolgen eines Embilta–Ensembles, die allerdings in einer Melodiezeile linear angeführt worden sind (Notenbeispiel 2).

Notenbeispiel 1: Tonhöhen der Embilta–Flöten I, II und III

Notenbeispiel 2: Melodiezeile eines Embilta–Ensembles nach Mondon Vidailhet (Powne 1968: 33)

etc. Anhand der im Notenbeispiel 2 veranschaulichten Melodie, wird nun versucht, die praktische Aufgabenverteilung des einzelnen Embilta–Spielers darzulegen (Notenbeispiel 3):

207 Forschungsreise: Aksum, Nordäthiopien, Juli/August 2006.

Überblastechnik

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Notenbeispiel 3: praktische Anordnung der drei Embilta–Flöten

Es ist festzustellen, dass alle drei Flöten die jeweils über den technischen Grundtönen c’, a und g liegenden Oktave und Quinte nutzen. Daher ist es deutlich, dass hier das zweifache Überblasen angewendet worden ist. Die drei Grundtöne werden somit in dem Musikstück überhaupt nicht ge-spielt. Allerdings stimmen die Intervallverhältnisse g2 (g–a, = zwischen dem 3. und dem 2. Embilta–Spieler) und k3 (a–c = zwischen dem 2. und dem 1. Embilta–Spieler) mit der im Notenbeispiel 2 demonstrierten ein-zeiligen Melodie überein. Die von einem Embilta–Satz verwendeten Tonhöhen stimmen in der Regel mit der traditionellen Tonreihe Tizita, einer von vier weitgehend bekannten Tonreihen (genannt Qiñitoc208), überein, die in den Musikkul-turen zahlreicher Volksgruppen Zentraläthiopiens in Gebrauch sind. Die Rollenverteilung in einem Embilta–Ensemble verlangt von jedem Musiker eine klare metrische Gestaltung seines Instrumentalparts (siehe I = 1. Spieler, II = 2. Spieler und III = 3. Spieler). Die rhythmische Gestaltung kann von den Zuhörern unterschiedlich wahrgenommen werden. Dabei kommt mitunter auch ein völliger Wech-sel des rhythmischen Akzentes zustande. Anhand der gekennzeichneten Taktstriche, sind die schweren Zählzeiten eines jeden Instruments fest-stellbar, die von den Spielern aufrechterhalten werden sollen, um dem Instrumentalstück mehr Bedeutung zu verleihen. Die punktierten Takt-striche dagegen beziehen sich auf das von Powne (1968: 33) dargestellten Metrum. Sie können als gemeinsamer Nenner für alle Embilta–Spieler betrachtet werden. Hier spielen der zweite und dritte Musiker abwech-selnd die schwere Zählzeit. Zugleich ist die schwere Zählzeit des ersten Spielers ebenfalls feststellbar (Notenbeispiel 4). Ein kompliziertes Musikstück eines Embilta–Ensembles, das ich anhand meiner Wahrnehmung notiert habe, ist im Notenbeispiel 5 zu sehen. Angesichts der Tatsache, dass die Embilta–Flöten gewöhnlich den techni-schen Grundton kaum spielen, ist jedoch in diesem Musikbeispiel fest-stellbar, dass die technischen Grundtöne der zweiten und der dritten Embilta–Flöte g und a relativ oft vorkommen. Dagegen nutzt der erste Embilta–Spieler überwiegend den zweiten und dritten Oberton über dem Grundton c’. Hinsichtlich der melodischen Gestaltung ist ersichtlich, wie sich alle drei Instrumente ineinander verzahnen und so miteinander ver-schmelzen. Ein Takt repräsentiert eine Melodiephrase, die – abgesehen 208 Die übrigen drei Tonreihen werden als Bati, Ambassel und Anchi Hoye Lene bezeich-

net. Im Vergleich zu der Tizita–Qinit, kommen hier u. a. auch Halbtonschritte vor. Für eine ausführliche Information über die – im Zentralen Hochland Äthiopiens verwende-ten – Tonreihen siehe Teffera 2002: 19–26.

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von internen melodisch und rhythmisch frei gestalteten Strukturen inner-halb des vorgegebenen Rahmens – gewöhnlich bis zum Ende des Musik-stückes aufrechterhalten wird.

Notenbeispiel 4

Das Musikrepertoire der Embilta ist instrumentalspezifisch und invariant. Diese Stücke stammen nicht aus Alltagsgesängen, wie es oft mit den Instrumentalmusikrepertoires anderer traditioneller Musikinstrumente äthiopischer Volksgruppen der Fall ist, sondern werden von den Flöten-spielern selbst entwickelt, im Laufe der Zeit erweitert und verändert. Im Gegensatz zu zahlreichen anderen Musikinstrumenten äthiopischer Ge-meinschaften begleiten die Embilta–Flöten überhaupt keine Gesänge209.

Notenbeispiel 5: Instrumentalstück eines Embilta–Ensembles

209 Zugängliche Embilta–Aufnahmen: siehe u. a. LP von Elizabeth May: Musics of Many Cultures; University of California Press Evanzone 93801–3; Signatur P–2408; Jean Jennkins (1965) UNESCO Collection: An Anthology  of African Music–Ethiopia  II Cushites, Bärenreiter Musicaphon BM 30 L2305; Signatur P1024 und Harold Coulan-der (Hrsg. 1951): Folk Music of Ethiopia; Ethnic Folkway Library P–405, New York; Signatur P–392; Sammlungen: Phonogramm–Archiv der Abteilung Musikethnologie des Museums für Völkerkunde Berlin.

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HINDEERU (Arbore – Äthiopien)

Name Nr. Klassifikation

Zusatz

Synonyme Form, Material Maße / cm Form/Anordnung Hindeeru 421.111.11 L/D ohne Grifflöcher offene Längsflöte aus Holz

(Arbore – Äthiopien)

L = ca. 30–40 ø = ca. 2

zylindrisch, scharfe Schneide der Rand-bearbeitung

Die Hindeeru ist eine offene Längsflöte ohne Grifflöcher. Ihre Gesamt-länge beträgt ungefähr 30–40 cm und ihr Durchmesser ist etwa 2 cm. Sie wird aus Holz gefertigt. Die Hindeeru wird schräg gehalten und geblasen. Die auf dieser Flöte erzeugten Tonhöhen werden durch unterschiedlich starkes Anblasen bzw. durch Überblasen und durch Ab– und Aufdecken der unteren Rohröff-nung hervorgerufen. So kann sich der Tonumfang über zwei Oktaven erstrecken. Die Hindeeru kommt in der Musikkultur der Arbore210 aus Südwestäthio-pien vor. Das genaue Siedlungsgebiet dieser Volksgruppe ist die nördli-che Ecke des Stephanie–Sees bzw. das extrem südliche Gebiet des Omo–Flusses. In früheren Zeiten lebten die Arbore in mehreren Siedlungen verstreut, eine Verteilung, die mit den vielen Kriegen in der Vergangen-heit zusammenhing. Seit etwa zehn Jahren jedoch herrscht Frieden, so dass die ehemaligen Siedlungen nach und nach aufgelöst wurden. Die Hindeeru wird gewöhnlich von Arbore–Mädchen solistisch geblasen und zwar zum Zeitvertreib aber noch öfter in der Funktion als Liebeslied für den Freund (Gabert 2005: persönliches Gespräch).

210 Auch Hor, Erbore, Irbore und Arbora genannt.

Ergologie

Spielweise

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KUMIA–SIRMA UND KOME–MDINGA–Ensembles Im Folgenden werden zwei identische Flötenensembles untersucht und gegengeüberstellt, die als Kumia-Surma und Kome–Mdinga genannt wer-den. Die Doppelnamen Kumia–Surma bzw. Kome–Mdinga bezeichnen jeweils ein Flöten–Trommel–Ensemble. Die Begriffe Kumia bzw. Kome gelten als Oberbegriff der hier untersuchten offenen Längsflötenspiele und die Bezeichnungen Surma bzw. Mdinga beziehen sich jeweils auf zweifellige Fasstrommeln. Beide Ensembles weisen zunächst in ihren instrumentalen Zusammensetzungen nicht nur eine Gemeinsamkeit auf, sondern kommen auch beide bei den Gumuz211 vor, deren Angehörige sowohl in Äthiopien als auch im Sudan leben. Vor näheren Erläuterungen der genauen Siedlungsgebiete dieser Gemeinschaft sollen organologische Fragestellungen ausführlich dargestellt werden. Zunächst das Kumia–Sirma–Ensemble aus Westäthiopien:

KUMIA–SIRMA–ENSEMBLE (Gumuz–Westäthiopien) Name Nr. Klassifikation

Zusatz Form/Anordnung

Form, Material Maße / cm Synonyme L/D ohne Grifflöcher Kumia–Flötenspiel Kome

421.112 zehn offene Längsflöten aus Holz (bisweilen auch aus Tierhorn) (Gumuz – Westäthiopien)

L = 11 – 40 ø = 3 – 5

Kumia–Sirma–Ensemble

1. Yasili 11 5 2. Bagakawa 11,2 4,5 3. Echuka 12 5 4. Dureshkwa 12,5 4,7 5. Betetiya 12,7 4,6 6. Chegura 15 4 7. Rida 17 4,2 8. Eshuka 17,5 4 9. Gaferta 28 4,2 10. Bokombowa 35 4,2

konisch, Röhren verjüngen sich zum Rohrende hin zunehmend, schmale Öffnungen an den unte-ren Rohrenden; jede Flöte wird durch ihren eigenen Namen von-einander unterschieden

Sirma Sarma Mdinga

211.252

zweifellige Konustrommel aus Holz mit Fellspannung und Netz-schnürung

H = ø =

70 30–50

Schnürungsart: verschiedene Bahne überkreuzen sich mehrfach

Ergologie: Die Quelle der hier untersuchten Kumia–Sirma–Ensembles ist das Museum212 im Kultur– und Jugendzentrum der Stadt Assosa in West-äthiopien. Bei diesem Ensemble handelt es sich zunächst um zehn offene Längsflöten genannt Kumia, die aus Holz hergestellt werden und unter-schiedliche Dimensionen aufweisen. Die zu erzeugenden Tonhöhen sind entsprechend verschieden. Obwohl laut der Aussage meines Informanten Hojele213 (Assosa: 2005) die kleineren Flöten (etwa die Flöten 1–5) in der 211 Auch Gumis,Gombo, Mendya, Debatsa, Debuga, Dehenda, Gums, Gumz und Bega

genannt. 212 Die Musikinstrumentensammlung des Kultur– und Jugendzentrums der Stadt Assosa

bewahrt eine große Anzahl traditioneller Musikinstrumente der in der Benishangul–Gumuz–Region Westäthiopiens lebenden Volksgruppen auf. Zu den bekannten und zahlenmäßig großen Gruppen zählen die Berta, Gumuz, Mao, Komo und Shinasha.

213 Abahmed Abdurahim Hojele (etwa 60 Jahre alt) ist ein Angehöriger der Berta–Volksgruppe. Er arbeitet als Leiter des Kulturbüros der Stadt Assosa, das administrative Zentrum der Benishangul–Gumuz–Region Westäthiopiens.

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Vergangenheit aus Tierhörnern angefertigt wurden, handelt es sich bei den in der Sammlung vorgefundenen Instrumenten ausschließlich um hölzerne Ausführungen. In der Sammlung befinden sich zwölf dieser Flöten (Abb. 29), von denen einige teilweise beschädigt sind. Zum Kumia–Ensemble gehören in der Regel zehn Flöten, doch werden gele-gentlich zusätzliche Flöten zur Klangfarbenverstärkung bzw. zur Tonhö-henerweiterung verwendet. Nach Hojele ist es aber auch üblich, dass mehrere Flöten, als Reservein-strumente für beschädigte Flöten vorsorglich gefertigt werden. Die Röhren werden nach ihrer Fertigstellung fest mit Baumrinden umwi-ckelt (Abb. 30), um mögliche Beschädigungen zu vermeiden. Von ihrer äußeren Form her haben die kleineren Flöten eine knochenför-mige Gestalt (Abb. 31a–b), was eine Besonderheit dieser Instrumente darstellt. Zum Anblasen legt der Spieler die dem Unterkiefer angepasste Form zwischen Kinnspitze und Unterlippe. Die Kumia werden durch ihre Bezeichnungen voneinander unterschieden. Von der kleinsten Flöte zur größten werden sie der Reihe nach 1. Yasili, 2. Bagakawa, 3. Eschuka, 4. Dureshkwa, 5. Betetiya, 6. Chegura, 7. Rida, 8. Eshuka, 9. Gaferta und 10. Bokombowa genannt. Ein weiteres Musikinstrument des Ensembles ist die zweifellige Konus-trommel Sirma (Abb. 32a), deren unterschiedlich große Felle einen Durchmesser zwischen 30 und 50 cm aufweisen. Die Höhe der Trommel beträgt ungefähr 70 cm. Die Felle beider Seiten sind durch Netzschnü-rung aneinander befestigt, bei der sich verschiedene Bahnen mehrfach überkreuzen (Abb. 32b). Gefolgt vom Kumia–Sirma–Ensemble, seien nun die Instrumente des im Ostsudan verwendeten Kome–Mdinga–Ensembles der Gumuz veran-schaulicht und gegenübergestellt. Im Unterschied zu dem ersteren En-semble, basieren die Quellen des Kome–Ensembles auf wissenschaftli-chen Untersuchungen und Beobachtungen von Robert Gottlieb, der im Jahre 1980214 Feldforschungen im Ostsudan bei der dort lebenden Gumuz durchgeführt hat. Seine Tonaufnahmen entstanden in dem Sheneisha–Dorf, das ungefähr 25 Kilometer nördlich von Ed Damazin (Zentrum der Blue Nile Provinz) liegt.

Abbildung 31a: Anblasvor-richtungen der kleinen Kumia–Flöten

Abbildung 31b: kleinere Kumia–Flöten aus einem anderen Winkel

Abbildung 32 a/b: zweifellige Konustrommel Sirma mit Netzschnürung, Fotos: T. Teffera 10.02.2005, Gumuz

214 Siehe Tonaufnahmen und Kommentar von Robert Gottlieb in: Musik of the Blue Nile Province: The Gumuz Tribe 1980; Signatur P–3428, Sammlung: Phonogramm–Archiv der Abteilung Musikethnologie des Museums für Völkerkunde, Berlin.

Abbildung 30: größere Kumia–Flöten; Foto: T.

Teffera 10.02.2005, Assosa

Abbildung 29: Satz der Kumia–Flöten (12 Stück), Foto: T. Teffera 10.02.2005, Assosa

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Abbildung 33: Kome–Mdinga–Ensemble der Gumuz (Foto: Robert Gottlieb 1980)

KOME–MDINGA–ENSEMBLE (Gumuz–Sudan) Name Nr. Klassifikation

Maße / cm Zusatz Form/Anordnung

Synonyme Form, Material L/D keine Grifflöcher Kome– Flötenspiel Kumia

421.112 zehn offene Längsflöten aus Holz (Gumuz–Sudan)

variabel Angaben nach Gottlieb 1980

konisch, jede Flöte hat ihre eigene Bezeichnung

1. Gasigwa ? 2. Gaholduma L = 9,5 3. Eshuka L = 11 4. Lunga L = 12,5 5. Ganzarsdum L = 15,5 6. Gahol L = 19,5 7. Shugur L = 22,5 8. Gangula L = 26 9. Esrekan L = 32 10. Obusgume L = 40

konisch, Röhren verjüngen sich zum Rohrende hin zunehmend, schmale Öffnungen an den unteren Rohrenden; jede Flöte wird durch ihren eigenen Namen voneinander unterschieden

Trumba 423.121 Längstrompete aus Blech

L = 47,7 konisch, ohne Mundstück

Mdinga Sirma

211.252 zweifellige Konustrommel aus Holz mit Fellbedeckung

Schnürungsart: Netzschnürung, verschiedene Bahnen überkreuzen sich mehrfach

Auch hier stehen zehn unterschiedlich dimensionierte offene Längsflöten aus Holz im Mittelpunkt, die von der kleinsten Flöte in aufsteigender Reihenfolge Gasigwa, Gaholduma, Eshuka, Lunga, Ganzarsdum, Gahol, Shugur, Gangula, Esrekan und Obusgume genannt werden (Gottlieb ebd.; siehe Abb. 33). Ihre Längen betragen nach Gottliebs Messungen 8 – 40 cm215. Somit sind die Dimensionen der Flötensätzen beider Ensembles im Durchschnitt nahezu gleich. Bei der Gegenüberstellung der Flötennamen beider Ensembles konnten jedoch bis auf die jeweils Dritte Flöte, Eshuka, keine Ähnlichkeiten festgestellt werden. Dies gilt ebenfalls für die

Bezeichnungen der zweifelligen Konustrommeln dieses Ensembles. An-sonsten sind beide Instrumentengruppen von ihren Formen her auffallend identisch, sodass es sich hierbei mit hoher Wahrscheinlichkeit um das gleiche Ensemble handelt. Laut Gottlieb (ebd.) sind alle zehn oben aufgelisteten Längsflöten in ei-nem Kome–Ensemble (Sudan) unvermeidbar. Ähnlich wie die Kumia–Flöten (Äthiopien) weisen auch die von Gottlieb veranschaulichten Kome–Flöten eine konische Form auf. Verhältnismäßig kleine schmale Öffnungen werden durch die Röhrenenden der Flöten gebohrt, um eine schrille Klangfarbe zu erzeugen, die bei den Gumuz als ästhetisch ange-nehm empfunden wird (Gottlieb ebd.; Simon 2001: 655f.). Die zweifellige Konustrommel Mdinga (Abb. 34) und die offene Blech-trompete Trumba (Abb. 35) gehören auch zum Kome–Ensemble. Der Resonanzkasten der Trommel Mdinga wird aus ausgehöhltem Holz gefer-tigt und beidseitig mit Fell bespannt. Die Trumba weist ein konisches Rohr auf, das etwa 47,7 cm lang ist. Im Vergleich zu diesem Ensemble wurde beim ersteren Kumia–Sirma–Ensemble die Verwendung einer solchen Trompete in dem mit Hojele

215 Bis auf die Länge der ersten Flöte Gasigwa gibt Gottlieb die Maße aller anderen Flöten

und die der offenen Längstrompete Trumba an.

Abbildung 34: Trommel Mdinga (Foto: Robert Gottlieb

1980)

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Abbildung 35: Längstrompete Trumba (Foto: Robert Gottlieb 1980)

geführten Interview nicht erwähnt. Nach Gottlieb (ebd.) ist der Einsatz der Trumba in dem Kome–Mdinga–Ensemble zwar nicht unbedingt notwendig, doch wird sie hin und wieder eingesetzt. In der Vergangenheit wurde die Trumba oft aus Tierhorn gefertigt, jedoch sind heute Blechtrompeten oft in Gebrauch. Spielweise: Über die Spielweise und Spieltechnik der Flöten beider Ensembles liegen leider ungenügende Informationen vor. Dennoch zeigt Abbildung 36, wie einer der Musiker die Flöte Obusgume hält. Eine Ähnlichkeit weist diese Spielweise mit den gedackten Bol–Flöten der Berta in Westäthiopien und im Südsudan auf. Zum Anblasen werden somit die Flöten in Längsrichtung vor dem Mund des Musikers gehalten, der die Anblasöffnung in seiner linken Hand hält und zugleich seine Lip-pen mit dem Daumen und dem Zeigefinger stützt. Mit seiner rechten Hand öffnet und schließt er die untere Rohröffnung und erweitert somit den Tonhöhenbereich. Die Konustrommeln Sirma und Mdinga dagegen werden auf beiden Sei-ten mit den Händen geschlagen, aber aufgrund ihres Gewichtes werden sie während einer Ensembleaufführung in der Mitte der spielenden Grup-pe am Boden platziert. Zum Spielen hockt oder kniet der Trommler vor dem Instrument (Hojele/Assosa: 2005, Gottlieb 1980). Obwohl bereits mehrmals angedeutet wurde, welcher Volksgruppe beide Flötenensembles zugeordnet werden, ist es dennoch wichtig, den kultu-rellen und historischen Hintergrund der Gumuz in Erfahrung zu bringen, der vor allem mit der musikalischen Tradition eng verbunden ist. Verbreitungsgebiet: Das ursprüngliche Siedlungsgebiet der vorwiegend Viehzucht und Ackerbau betreibenden Gumuz umfasst die Grenzregion Westäthiopiens, die auch als das Busch–Savannengebiet bekannt ist. Hin-zu kommen die nördlichen Gebiete Zentraläthiopiens um den Tana–See. Die hierzu gehörenden Distrikte sind Chilga, Metekel und Agew–Midir (ehemals Gojjam-Provinz) und einige Orte in Gondar216. Weitere Wohn-orte sind Horo–Gudru, Leka und Gimbi. In der Vergangenheit lagen diese Orte auf dem Territorium der Provinz Welega in Westäthiopien217. Auf-grund wirtschaftlicher und politischer Umstände verließ ein Teil der Gumuz in den letzten drei bis vier Jahrzehnten ihre ursprüngliche Heimat in Äthiopien und wanderten in den Osten des Sudans ein. Der auf territoriale Unterteilung basierende Klan und die daraus resultie-renden Regeln, Strukturen und Ordnungen spielt eine wichtige Rolle und bestimmt den sozialen Alltag der Gumuz218. Im Zusammenhang mit den Musizierpraktiken sudanesischen Gumuz, berichtet Gottlieb (1980) über

216 Laut der neuen Verfassung, die nach 1994 von der gegenwärtigen äthiopischen Regie-

rung erarbeitet wurde, gehören diese Gebiete heute zu der Region Amara (siehe auch http://www.answers.com).

217 Laut der neuen Verfassung, die nach 1994 von der gegenwärtigen äthiopischen Regie-rung erarbeitet wurde, zählt dieses Gebiet heute zu der sogenannten Region Benshan-gul–Gumuz (für eine ausführliche Information der neuen äthiopischen Region siehe http://www.answers.com).

218 Die Gumuz setzen sich aus mehr als 100 Klans zusammen, wobei jeder Klan in weite-ren Subgruppen und diese wiederum in weiteren Familien aufgegliedert sind (Gottlieb 1980).

Abbildung 36: Kome–Spieler mit der tiefsten Flöte Obusgume (Foto: Robert Gottlieb 1980)

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die Klans in den von ihm besuchten Orten und über das Ergebnis der stattgefundenen Auswanderungen aus Äthiopien so:

“The majority of those living in Sheneisha (Sudan) belong to the Damagata clan. Also represented are Deishiga, Dagama, Dabanja, Dudumari, Dangamba, Zatia, Dadoba, Jaguday…Members from various clans participated in the performance. This variety within a single area is unusual and is a result of the recent migrations to the Sudan. In their former homelands of Ethiopia, these groups lived separately from one another.”

Trotz unterschiedlicher Siedlungsgebiete und trotz der Unterteilung in Klans, sind die Gumuz eine ethnische Einheit, die starke Gemeinsamkei-ten in ihrem sozialkulturellen, historischen und religiösen Alltag besitzen. Nicht zuletzt sind auch auffällige Ähnlichkeiten in ihren Musizierprakti-ken nachweisbar, wie beispielsweise der Gebrauch der Kumia–Surma– und Kome–Mdinga–Ensembles zeigt, trotz der Unterschiede in den In-strumentenbezeichnungen der beteiligten Instru-mente. Solche Abwei-chungen können jedoch lokal und regional durchaus vorkommen, obwohl sie den gleichen musikalischen und sozialen Zweck erfüllen. Auch die von Gottlieb (ebd.) im Sheneisha–Dorf befragten Musiker sind der An-nahme, dass trotz des Vorhandenseins unterschiedlicher Klans in der Gemeinschaft, die Art und Weise der Musikaufführung die gleiche ist. Wesentliche Unterschiede konnten teilweise nur in den Gesangstexten, der musikalischen Termini und Nomenklaturen nachgewiesen werden, die wahrscheinlich auch mit den 10 Dialekten der Gumuz–Sprache in Verbindgun stehen (Gottlieb: ebd.). Außerdem wird das Kumia–Ensemble vor und nach einer Jagd geblasen. Vor Beginn der Jagd dienen sie dem Ansporn der tapferen Männer bei ihrem Aufbruch. Nach einer erfolgreichen Jagd wird das Ensemble nochmals eingesetzt, um deutlich heldenhafte Taten von den mit reichli-cher Beute zurückgekehrten Jägern durch Musik und gemeinschaftliches Singen zum Ausdruck zu bringen. Außer ihrer Funktion in dem Kome–Mdinga–Ensemble dient die Trumba meistens als Signalinstrument. Durch ihren Klang wird zum Beispiel vor drohender Gefahr gewarnt, oder zu besonderen Versammlungen werden entsprechende Signale an die jeweilige Dorfgemeinschaft vermittelt219 (Gottlieb: ebd.). In verschiedenen Musikveranstaltungen, an denen jeder Angehörige der Gemeinschaft teilnehmen kann, begleiten die Kumia– bzw. Kome–Ensembles die traditionellen Gesänge und Tänze. Das Spielen von Mu-sikinstrumenten ist hauptsächlich Aufgabe der Männer. Nach Hojele (Assosa: 2005) spielen die Gumuz–Frauen kaum Musikinstrumente. Auch Gottlieb (ebd.) bestätigt diese Ansicht und schreibt:

“It is generally the custom for the women to do the singing and dancing whereas the men specialize in playing the instruments. There are, nevertheless, certain categories of repertoire which are performed entirely by women, and other in which the men do the singing as well as the playing of instruments. Although men sing in the large community ensembles, only rarely do they sing in smaller groups, or sing solo.”

219 Ähnlich wie die Trumba ist auch vor allem in städtischen Zentren Äthiopiens die

gleichnamige Turumba als Signalinstrument häufig in Verwendung, vor allem im Zu-sammenhang mit der Verkündung von Begräbniszeremonien.

Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen verschiedener Gumuz–Gruppen im Gebrauch der Kumia–Surma– und Kome–Mdinga–Ensembles

Genderbeziehung

61

Die Kumia– bzw. Kome–Flöten nutzen das Hocketprinzip, um im Zu-sammenspiel eine vollständige Melodie zu bilden. Die Trommel Sirma sorgt während einer Ensembleaufführung für eine fortlaufende metro-rhythmische Kontinuität der jeweiligen Musikstücke, aber auch für die Ausschmückung der Ausführung insgesamt (Hojele/Assosa: 2005)220. Gottlieb (1980) erläutert, dass die Trommel Mdinga der sudanesischen Gumuz auch auf vielen anderen Musikveranstaltungen, mit Ausnahme von Hochzeitszeremonien, gespielt wird221. In abwärts geordneten Intervallen erklingt die Stimmung der zehn Kome–Flöten und der Trompete Trumba nach Gottlieb (ebd.) k3–g2–k3–g3–k3–g2–k3… usw. (Abb. 37). Das Spektralbild zeigt die Obertöne der einzelnen Flöten und die der Trompete deutlich. Die Tonreihe wird von Gottlieb (ebd.) wie folgt “…played in sequence, the ten kome produce han aa tetratonic scale encompassing a two–octave range. This scale is in ligumza mode. Both the 5th (G to D) are bisected intervals. The intervening pitch (B) is equidistant from these tones. The intervals formed are somewhat larger t minor 3rd, though smaller than the major 3rd.”

Abbildung 37: Stimmung der Kome–Flöten, Tonaufnahme: Robert Gottlieb: LP Musik  of  the Blue Nile Province: The Gumuz Tribe, 1980 

In einem Kumia– bzw. Kome–Ensemble wird auch die dazugehörende zweifellige Konustrommel Sirma oder Mdinga vor dem Beginn der Mu-sikaufführung „gestimmt“ und zwar nach den Tonhöhen zweier Kome /

220 Über das in Westäthiopien untersuchte Kumia–Ensemble (Museumsinstrumente)

fehlen leider wichtige Angaben. Mein Informant Hojele konnte mir leider keine Einzel-heiten über diese Musikinstrumente geben.

221 Im Vergleich zu den Kumia– bzw. Kome–Flöten sind trichterförmige Flöten in zahlrei-chen Musikkulturen Ostafrikas zu finden. Beispielsweise kommen solche Instrumente in Uganda hauptsächlich bei den bantusprachigen Volksgruppen vor, darunter bei den Amba, Konjo Bunyoro, Toro und Nkole aus West– und Zentraluganda. An zweiter Stel-le seien die Acholi–, Lango–, Madi– und Karamoja–Gemeinschaften in Nordwest– und Nordostuganda genannt (Wachsmann / Trowell 1953: 343).

Frequenz

62

Kumia–Flöten. Gottlieb (1980) erläutert, dass bei den Gumuz im Sudan beide Seiten der Mdinga gewöhnlich den Tonhöhen der Flöten 7 und 9 entsprechend gestimmt werden:

“….its tuning is generally a 5th lower than the tuning of the smaller head to match the tunings of the Shugur (flute No. 7) and Esrekan (no. 9). Tuning is done by adjusting the tensions of the leather bands.”

Nach Gottlieb (ebd.) besteht das Repertoire des Kome–Mdinga–Ensembles vorwiegend aus einfachen Unterhaltungsgesängen, an denen alle Menschen der Gemeinschaft teilnehmen können. Verglichen mit anderen Musikrepertoires der Gumuz sind die für dieses Ensemble ver-wendeten Gesangstexte relativ kurz. Daher gibt es auch in den meisten Gesängen keine gegenüber zu stellende Gesangsabschnitte wie z.B. A und B. Diese relativ kurzen Texte werden mit entsprechend kurzen melo-disch rhythmischen Zeilen versehen, die in dem jeweiligen Gesang stän-dig wiederholt werden. Die Gesänge werden in der Regel im Wechsel zwischen zwei Gruppen vorgetragen und weisen oft ein Ruf–Antwort–Schema auf. Dabei werden kurze Zeilen oder Gesangsabschnitte und ihre Varianten oft wiederholt. In dem von ihm aufgenommenen und transkribierten Musikstück (Noten-beispiel 6) eines Kome–Ensembles erläutert Gottlieb, dass der von der singenden Gruppe vorgetragene Teil des Kome–Ensembles, der Einfüh-rung folgend, im Hocketverfahren wiederholt wird. An den entsprechen-den Stellen werden Akzente auf bestimmte Tonhöhen gesetzt, die hervor-stechende Momente des Melodieablaufs betonen, wobei einige dieser Akzente mit der schweren Zählzeit zusammenfallen. Häufiger sind je-doch entweder die erwarteten oder verzögerten Akzente, die letztendlich einen hoch synkopierten Musizierstil wahrnehmen lassen. Das Kombinie-ren von Instrumenten in Zweiergruppen ist auch charakteristisch: Die Flöten 1/5 und 4/8 spielen in Oktavparallelen, während die Flöten 2/3, 6/7 und 9/10 je ein rhythmisch entgegengesetztes Paar mit unterschiedlichen Teilen darstellen und ineinandergreifen. Es ist auch wichtig zu bemerken, dass Gesänge existieren, bei denen dem Singen an sich keine so besondere Bedeutung beigemessen wird wie der Körperbewegung. In solchen Gesängen unterstützt das Kome–Ensemble dann den gesanglichen Ablauf besonders intensiv. Es gibt aber auch In-strumentalstücke, bei denen die Kome–Spielmuster variiert und mitunter auch komplizierte Hocketverfahren ausgeführt werden. Hier wird der Tanz, der fast ausschließlich von den weiblichen Teilnehmerinnen vorge-tragen wird222, besonders intensiv angespornt. Es ist gewöhnlich, dass gleich zu Beginn eines Gesanges die tanzende und singende Gruppe einen Kreis bildet. Meistens bewegt sie sich um den in der Mitte platzierten Trommelspieler herum. In diesen Momenten wer-den synchron gestaltete Schrittmuster ausgeführt, die sich insbesondere nach dem Rhythmus der Trommel Mdinga orientierten. Im Gegensatz zu der entspannten Tanzbewegung, scheint in der intensi-ven Tanzphase jeder Teilnehmer auf seine eigene Art und Weise sich zu bewegen. Gottlieb (1980) behauptet, dass in der Regel in solchen Mo-menten keine koordinierten Gruppenbewegungen stattfinden. Daher ist es

222 Männer beteiligen sich sehr selten in den traditionellen Tänzen der Gumuz.

Bewegungsmuster

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nicht ungewöhnlich, wenn vor allem die weiblichen Tänzerinnen hoch „dramatisierte“ Körperbewegungen durchführen wie beispielsweise zitternde und wellenartige Bewegung des Oberkörpers (Schul-ter/Schulterblätter), der Brüste und die bekanntesten Bewegungen des Rectus Abdominus223. Nach Gottlieb (ebd.) ist die Trommel Mdinga für einfache rhythmische Muster zuständig. Während die linke Hand die schweren Zählzeiten schlägt, erzeugt die rechte Hand gelegentliche rhythmische Unterteilun-gen, also Beats und Off–Beats. Daher ist er der Meinung, dass diese Art des Trommelspiels sich von dem improvisatorischen Stil westafrikani-scher Trommelspiele beträchtlich unterscheidet. Die Hauptfunktion der Längstrompete Trumba dagegen besteht darin, das Kome–Ensemble mit einer Art Fanfarenstoß zu begleiten, der stets am Ende eines Gesangsab-schnittes erscheint. Sie unterstützt in einigen Gesängen die spontanen und emotionalen Ausbrüche der Teilnehmer, die in bestimmten Momenten des gesanglichen Ablaufs zum Ausdruck gebracht werden (ebd.). Notenbeispiel 6: Kome–Ensemble: Aufnahme und Transkription: Robert Gottlieb, LP: Musik of the Blue Nile Province: The Gumuz Tribe 1980, Beispiel 5, Nr. 5b: 1980

NSEGU (Bunyoro, Toro und Nkole – Uganda)

Name Nr. Klassifikation

Zusatz

Synonyme Form, Material Maße in cm Form/Anordnung Nsegu 421.111.11 L/D keine Grifflöcher offene Längsflöte aus Holz

(Bunyoro, Toro, Nkole – Uganda)

L = ca. 30 – 35 ø = 3 – 4 (Anblasöffnung)

konisch, scharfe Anblaskante

223 Diese Tanzart wird nicht nur von vielen Völkern dieser Region verwendet und geliebt,

sondern ist auch in zahlreichen nordafrikanischen Regionen anzutreffen (Gottlieb 1980)

64

Ergologie: Die Flöte Nsegu wird aus zwei gleich großen Holzrinnen gefertigt (Abb. 38 a), die Kante an Kante zusammengepresst werden (Abb. 38 b). Das fertige Rohr wird danach entweder mit einer passenden Trachea (Luftröhre) von Rindern, oder mit Eidechsenhaut überzogen. Das Blasloch wird rings herum zunehmend oval zugeschliffen, während am Rohrende eine relativ schmale Öffnung freigelassen wird (Wachsmann / Trowell 1953: 344f). Der Name Nsegu dient als Oberbegriff für eine Rei-he von Trichterflöten in den Musikkulturen der bantusprachigen Bunyoro, Toro und Nkole. Funktion: Unter zahlreichen anderen Musikinstrumenten besaßen die Nsegu–Flöten in den ehemaligen Königshöfen von Bunyoro, Toro und Nkole eine besonders privilegierte Stellung beispielsweise als Signalin-strumente unter anderem zur Warnung vor Feinden im Krieg und zum Wecken der Könige. Wachsmann und Trowell (1953: 345) schildern, dass diese Flöte in dem Nkole-Hof gemeinsam mit den führenden Kö-nigstrommeln, die Byagendanwa, aufbewahrt wurde. So beschreiben sie die Legende der Nsegu ferner wie folgt (ebd.):

„Legend has it that a nsegu flute once saved the life of the heir to the throne when King Chwa I was absent on a war expedition and a plot, designed to rob his heir of the throne, was discovered. The nsegu is said actually to have given the prearranged signal to unmask the plot. In Toro the sound of nsegu wakens the Omukama at night and in the morning, and it is blown when he goes to council. It is played together with the ntimbo (Konustrommel) as in Nyoro.”

Außer ihrer Funktion als Soloinstrument, wird die Nsegu auch gemein-sam mit den als Hofmusikinstrumenten bekannten Amakondere–Quertrompeten bzw. Querhörner und einem Satz von den Konustrom-meln, genannt Ntimbo, in den königlichen Höfen der Bantu–Gruppen intensiv eingesetzt. In einer solchen Besetzung können bis zu 20 Musiker teilnehmen. Heutzutage sind leider solche Zusammensetzungen von En-sembles, so, wie sie in den damaligen Höfen Ugandas fungierten, vermut-lich nicht mehr anzutreffen.

NSEGU–Ensemble (Hima und Iru – Uganda) Name Nr. Klassifikation

Zusatz

Synonyme Form, Material Maße / cm Form/Anordnung Nsegu 421.111.11 L/D keine Grifflöcher Nshegu offene Längsflöten aus Holz

(Hima und Iru – Uganda)

variabel konisch

Nsegu–Spiele 421.412 Nsegu–Ensemble 1. Enyahurro (1 x) führendes Melodieinstrument 2. Enkombezi (1 x) 2. Flöte 3. Empuru (4 x) 3. bis 6. Flöten

Diese Nsegu bzw. Nshegu genannte offene Längsflöte wird zwar ähnlich wie die zuvor dargestellte Flöte der Bunyoro, Toro und Nkole aus zu-sammengefügten Holzrinnen gefertigt, doch hier wird das Rohr fest mit Pflanzenfasern, anstatt mit Leder oder Trachea, umwickelt. Im Unter-schied zu den Nsegu–Flöten der Bunyoro, Toro und Nkole werden dieje-

Herstellung

Abbildung 38a–b: Nsegu-Flöte der Bunyoro-, Toro-

und Nkole–Gemeinschaften aus Uganda, (Wachsmann/ Trowell 1953: 361, Tafel

80E)

65

nigen der Hima und Iru nach Wachsmann und Trowell (1953: 345) meis-tens von sechs Musikern in Sätzen gespielt. Die Instrumente besitzen unterschiedliche Dimensionen und Namen. Von der kürzesten Flöte in aufsteigender Reihenfolge heißen sie 1. Enyahurro, 2. Enkombezi und 3. Empuru, wobei der letztere Name gleichzeitig für die vier letzten Flöten genutzt wird (Wachsmann / Trowell: ebd.). Diese Nsegu–Flöten sind bei den bantusprachigen Hima– und Iru–Gemeinschaften anzutreffen, die der Nyankore–Gruppe angehören. Diese Gruppen leben in dem Distrikt Ankole in Südwestuganda (ebd. 345). Das Nsegu–Ensemble der Hima und Iru wird hauptsächlich zur Beglei-tung traditioneller Gesänge verwendet. Dabei spielt die kleinste Flöte Enyahurro eine zentrale Rolle als führendes Melodieinstrument. Aus den Beschreibungen von Wachsmann und Trowell geht zwar nicht hervor, welche musikalischen Funktionen die anderen fünf Nsegu–Flöten im Ensemble übernehmen, doch es ist vorstellbar, dass jeder einzelne Spieler ein kleines melodisches Fragment zu spielen hat, die er an der entspre-chenden Stelle hinzufügt, um letztendlich ein vollkommenes Musikstück erzeugen zu können. Das Musikrepertoire behandelt zumeist Themen wie Freiheit, Erfolg im Krieg oder an Häuptlinge gerichtete Bitten, um Ge-schenke, Bier oder Fleisch zu erhalten (ebd.). NSEGU (Amba, Konjo – Uganda)

Name Nr. Klassifikation

Zusatz

Synonyme Form, Material Maße / cm Form/Anordnung Nsegu 421.111.11 L/D ohne Grifflöcher offene Längsflöte aus Holz

(Amba, Konjo – Uganda)

unbekannt knonisch, Anblasöffnung mit konkav ausgeschnittenen Ecken versehen

Ergologie: Eine weitere, ebenfalls Nsegu genannte offene Längsflöte wird in verschiedenen Dimensionen aus ausgehöhltem Holz hergestellt. Im Vergleich zu den oben erläuterten Nsegu–Flöten der anderen Volks-gruppen Ugandas, besitzt die Anblasvorrichtung dieser bei den Amba und Kongo anzutreffenden Flöte konkav ausgeschnittene Ecken (Abb. 39). Die nahezu unsichtbare kleine Öffnung am Rohrende ist dagegen an ei-nem Winkel scharf geschnitten. Zur besonderen Ausschmückung des Instruments wird das Rohr bisweilen mit dem Schwanz eines Schweins überzogen, der Ensenge genannt wird. Andererseits werden auch Muster auf der Rohrwand eingebrannt oder das Holz wird parallel zum Oberrand mit eingeritzten Mustern dekoriert (Wachsmann / Trowell 1953: 343). Verbreitungsgebiet: Diese Nsegu–Flöte kommt bei den Amba und Konjo in Westuganda vor. Sie dient als Soloinstrument zur Selbstunter-haltung. Auch während einer Jagd wird die Nsegu als Signalinstrument von den an der Jagd beteiligten Männern geblasen (ebd.).

Verbreitungsgebiet

musikalische Funktion

Abbildung 39

Wachsmann / Trowell 1953: 361, Tafel 80A

66

ECOC, ECHOICh, MUSERULE (Lango, Acholi, Karamoja, Banyoro – Uganda) Name Nr. Klassifikation

Zusatz

Synonyme Form, Material Maße / cm Form/Anordnung Ecoc 421.111.11 LM ohne Grifflöcher Echoich Muserule

offene Längsflöte aus Tierhorn (Lango, Acholi, Karamoja, Banyoro und Lango – Uganda)

L = ca. - 40

konisch, Anblasöffnung mit konkav ausgeschnittenen Ecken versehen

Ergologie: Die als Ecoc bzw. Echoich und Muserule bezeichnete offene und grifflochlose Einzellängsflöte (Abb. 40a–b) wird aus den Hornspit-zen junger Wasserböcke (Kobus Ellipsiprymnus) hergestellt. Ihre Längen liegen zwischen 13 und 40 cm. Die zum Schallaustrittsloch führende untere Rohrhälfte wird mit dünnen, etwa 0,7 bis 1 cm breiten Messing-streifen bis zur unteren Rohrende spiralförmig umwickelt (Abb. 41, Ver-gleichsexemplar aus der Sammlung des Völkerkundemuseums in Wien; Inv.–Nrn.: 138306, 138308 L = 19,5 und 22 cm, D = 0,4 Sammler: Stigler 1959). Dagegen wird die obere Rohrhälfte zumeist mit Leder um-wickelt und zugenäht (Wachsmann / Trowell 1953: 343). Die Blasöff-nungen besitzen konkav ausgeschnittene Ecken an den Vorder– und Rückseiten der Flöten. In der Regel wird die Ecoc individuell maßange-fertigt. Um ein einfaches Spielen auf der Flöte zu ermöglichen, wird die Blasöffnung auf eine für den jeweiligen Musiker und zukünftigen Besit-zer des Instruments passende Größe entsprechend verkleinert. Dies ge-schieht gewöhnlich mit dem Verkleben von Teer– und Harzklumpen oder Bienenwachs und zwar links und rechts im Inneren des Rohrs. Im Gegensatz zu den großen Ecoc–Flöten besitzen die kleinen Flöten eine maximale Länge von 25 cm (ebd: 344). Das Pitt–Rivers Museum in Oxford bewahrt beispielsweise ein Exemplar der kleinen Ecoc–Flöte (Abb. 42a–c). Sie weist eine Länge von 22,5 cm auf. Der Durchmesser der Anblasöffnung beträgt 4,9 x 3,4 cm, während die schmale Öffnung an der unteren Rohrspitze bei einem Durchmesser von ca. 0,25 cm liegt. Von ihrer Größe her kann sie mit der in Abbildung 40b gezeigter Flöte verglichen werden. Metallisch gelbe Messingstreifen zieren die untere Rohrhälfte in dem gewohnten spiralförmigen Muster (Abb. 42c), während die obere Rohr-hälfte den Dokumenten des Museums zufolge mit Reptilienhaut überzo-gen worden ist. Dabei wurde die ursprünglich gelbliche Naturfarbe des Reptils mit roter Ockerfarbe bestrichen und somit verdunkelt (Abb. 42b). Die Anhänger sind aus geflochtenen Lederriemen. Diese weisen mehr als 35 cm Länge und ungefähr 0,7 cm Breite auf. Hinzu kommt ein weiterer Lederriemen, an dem mehrere Fransen aus Tierhaar hängen und mit ge-drehten Pflanzenfasern oder mit Draht aus dünnem Metall (hier nicht sichtbar) befestigt werden. Dieser – in der Lokalsprache Alyam genannte Teil kann bis zu 72,5 cm lang sein. Er dient der Ausschmückung des Instruments. In einigen Fällen hängt daran aber auch ein Tierschwanz als Dekoration. Die Quaste kann daher insgesamt bis zu mehr als 1 Meter Länge aufweisen (Abb. 42a).

a

b

Abbildung 40a–b: Ecoc–Flöten (Wachsmann / Trowell

1953: 361, Tafe 80 C1, C2)

Abbildung 41 Ecoc–Flöten (?), Foto: T. Teffera 15.05.2006, Wien

67

Spielweise: Beim Spielen der Flöte wird das Schallaustrittsloch von dem Musiker auf– und abgedeckt und dadurch die Tonhöhen variiert, dessen Intervall nach Driberg (1923: 124f.) etwa einer kleinen Terz entspricht. Verbreitungsgebiet: Ecoc–Flöten findet man bei den verschiedenen Lango–Gruppen aus Norduganda und aus dem Südsudan. Ähnliche Flö-ten des Ecoc–Typs dienen auch als Signalinstrumente bei der Jagd. Volksgruppen wie die Acholi, Karamoja und Bunyoro aus Uganda benut-zen ebenfalls Flöten, die aus den Spitzen von Tierhörnern gefertigt wer-den und der Ecoc–Flöte sehr ähneln. In den folgenden Abbildungen 43a–c stellen Wachsmann und Trowell eine solche Flöte der Acholi vor. Die ähnliche, Muserule genannte Flöte, die in Westuganda bei den Banyoro224 anzutreffen ist, weist Ähnlichkeiten mit der unten abgebildeten Flöte der Acholi auf. Die Ecoc soll eine Kriegsflöte schlechthin sein, die somit auch aus-schließlich von Lango–Männern geblasen wird. Funktion/Genderbeziehung: Man findet sie in nahezu jedem Haushalt einer jeden Lango–Familie als ein alltägliches Musikinstrument. Fast jeder Lango–Mann führt die Ecoc mit sich, die er zu jeder beliebigen Zeit spielen und somit bestimmte Nachrichten an andere übermitteln kann. Die Flöte wird mittels des Lederanhängers um den Hals herum getragen, während der lange Tierschwanz bzw. das Tierhaar auf den Rücken herun-terhängt (Wachsmann / Trowell 1953: 344; Driberg 1923: 380). Sozialkulturelle Aspekte: Es gehört auch zur Musiktradition der Lango, dass jeder Mann seine ganz persönlichen Melodien, Motive oder Phrasen erfindet und sie auch weiterentwickelt. Zum Einprägen solcher wichtigen Melodien werden meistens Merkwörter als Eselsbrücken verwendet. Zu-sätzlich helfen auch kurze Textphrasen aus bereits existierenden Gesän-gen, um sich an die neu erfundenen Melodien erinnern zu können. Es ist ausdrücklich verboten, die Melodie einer anderen Person auf der Ecoc–Flöte zu imitieren. Die Nichteinhaltung dieser strikten Regel kann mitun-ter zu ernsten Auseinandersetzungen bis hin zum Blutvergießen führen. Wenn man bedenkt, dass Männer ihre persönlichen Melodien in Kriegs– und Jagdsituationen auf der Ecoc ausführen, um unter anderem von be-stimmten Entfernungen aus ihre Stellungen anzukündigen, dann ist es von großer Bedeutung, solche wichtigen Regeln einzuhalten (Wachs-mann / Trowell ebd. und Driberg ebd.: 124f.). Im Vergleich zu der Ecoc besaß die Muserule–Flöte der Banyoro nach Wachsmann und Trowell (ebd.) eine besondere Stellung, Funktion und Bedeutung für den Bunyoro–König und berichten folgendes:

„The Omukuma of Bunyoro keeps in his throne–room, suspended from the wall, a cone–flute of the smaller variety….. He believes that these two whistles were worn in Lango by the founder of the Babito dynasty when he received the messengers who offered the throne of Bunyoro to him”.

224 Auch Nyoro genannt.

a

b

c

Abbildungen 42a–c: Ecoc–Flöte, Inv.–Nr.: 1925.14.15

Sammlung und Fotos: PRM, Oxford

a

b

c

Abbildungen 43a–c Acholi–Flöte aus Tierhorn (Wachsmann

/ Trowell 1953: 361)

68

LALIPE, LIRI (Lango und Didinga – Sudan) Name Nr. Klassifikation

Zusatz

Synonyme Form, Material Maße in cm Form/Anordnung Lalipe 421.111.11 L/D ohne Grifflöcher Längsflöte aus Tierhorn

(z.B. Wasserbock) (Lango – Sudan)

L = ca. 19 – 30 konisch, leicht gebogen

Liri (Didinga – Sudan) konisch, leicht gebogen Ergologie: Die Längsflöte Lalipe wird aus dem Horn eines Wasserbocks der Gattung Tragelaphus gefertigt. Ein Exemplar aus dem Pitt–Rivers Museumsammlung (Abb. 44a–b) besitzt eine Länge von 18,9 cm. Der Durchmesser der Blasöffnung ist 6,5 cm und der Schallaustrittsloch etwa 0,4 cm. Ähnlich wie die Ecoc–Flöten weist die Lalipe nicht nur den leicht gebo-genen und konischen Rohrverlauf, sondern auch die typischen, konkav ausgeschnittenen Ecken der Blasöffnung an den Vorder– und Rückseiten des Instruments auf. Diese Öffnung ist im Inneren an zwei Stellen mit Klumpen aus Harz angeklebt, so dass ihre Breite auf etwa 3,3 x 2,5 cm reduziert wurde. Ähnlich wie die Lalipe–Flöte wird die Liri ebenso aus Tierhorn gefertigt. Sie besitzt auch konkav ausgeschnittene Ecken der Blasöffnung. Das Rohr der in Abbildung 45 (Sammlung: Pitt–Rivers Museum, Oxford) dargestellten Liri–Flöte besitzt eine Gesamtlänge von etwa 25,5 cm, wäh-rend ihre Blasöffnung etwa 3,5 cm breit ist. Vom Blasloch bis zur Rohr-mitte ist das Instrument mit Fell überzogen. Die Anblasöffnung ist mit einer Lederkappe abgedeckt, die vor allem bei Nichtbenutzung des In-struments möglicherweise zum Schutz gegen Staub dienen kann. Ähnli-che Musikinstrumente wurden im Völkerkundemuseum Wien untersucht (Abb. 46). Verbreitungsgebiet: Im Vergleich zu der Ecoc–Flöte der nord– und zentralugandischen Lango, ist die Lalipe bei den Lango–Gruppen aus dem Sudan anzutreffen. Hier bewohnen die etwa 25 – 30.000 Angehörige der Lango das südsudanesische Gebiet und zwar an den Neigungen der Dongotono–Region am Imatong–Bergmassiv. Die Methoden der Instrumentendekoration (hier die Flöten) variieren gewiss von einer Lango–Gruppe zur anderen, sowie von Ort zu Ort (Driberg 1923: 62), doch die besonders auffallenden Eigenschaften (z.B. die konkaven Ausschnitte der Blaslöcher) sind die gleichen. Die Liri–Flöte hingegen ist in der Musikkultur der Didinga in Gebrauch, deren Siedlungsgebiet die so genannten Didinga–Berge im Budi–Landkreis mit dem Zentrum Chukudum sind, die im äußersten Südosten des Sudans liegen. Die unmittelbaren Nachbarn der Didinga sind die Boya zum Norden, mit denen sie sich durch Heirat vermischt haben. Wei-tere Nachbarn sind die Toposa zum Osten, die Dodoth zum Süden und die Lopit zum Westen. Sowohl die Lalipe– als auch die Liri–Flöten werden von Männern gebla-sen. Traditionsgemäß ist in jedem Haushalt eine solche Flöte zu finden, die in beiden Gemeinschaften hauptsächlich als Signalinstrumente ge-nutzt werden. Auf der Flöte Liri verkünden zum Beispiel die Diginga–

a

b

Abbildungen 44a–b: Flöte Lapile mit Anhänger aus

pflanzlichen Schnüren, Inv.–Nr.: 1934.8.96, Sammler:

Percy Horace, Gordon / Han-nah Powell Cotton (1933),

Sammlung/Fotos: PRM, Ox-ford

Abbildung 45: Liri–Flöte der Didinga aus dem Sudan mit Anhänger aus geflochtenen

Lederriemen, Inv.–Nr.: 1940.7.071.1, Sammler: Sa-

muel P. Powell (1940), Sammlung und Foto: PRM,

Oxford

69

Männer sowohl ihre Ankunft wie zum Beispiel ein Besuch oder Rück-kehr etwa von einer Jagd, als auch ihren Abgang bzw. ihren Abschied. Dabei hat jeder Musiker ein eigenes melodisch rhythmisches Fragment, womit er überall bereits aus einer großen Entfernung identifiziert werden kann. Daher dürfen diese Flötentöne von keinem anderen Mann imitiert bzw. gespielt werden. Diese Tradition ist mit der der Lango identisch, wie es am Beispiel der Flöte Ecoc beobachtet werden konnte (Driberg ebd.: 124f.).

MALA, OLIKO, GBERE (Madi – Uganda) Name Nr. Klassifikation

Zusatz

Synonyme Form, Material Maße / cm Form/Anordnung Mala 421.111.11 L/D ohne Grifflöcher Oliko Gebere

offene Längsflöte aus Kalebasse (Madi – Uganda)

L = ca. 10–12

konisch, scharfe Anblaskante

Ergologie: Die trichterförmige Flöte Mala bzw. Oliko und Gbere wird aus der Spitze einer Kalebasse gebaut (Abb. 47). Das schmale Rohrende ist mit einem kleinen Schallaustrittsloch versehen. Am breiteren Ende wird das Rohr – ähnlich bei den Trichterflöten der Acholi – gewöhnlich zwar mit Gravuren aus verschiedenen Mustern dekoriert (Wachsmann / Trowell 1953: 344), aber die U–förmige Randbearbeitung ist bei dieser Flöte nicht durchgeführt, sondern der Rand ist mit einer scharf abge-schnittenen Kante versehen. Verbreitungsgebiet: Die Flöte ist aus der Musikkultur der ugandischen Madi bekannt, wo sie nach Wachsmann und Trowell (ebd.) von Knaben geblasen wird. Der Ursprungslebensraum der Madi war das südliche Ge-biet des Sudan. Einige Vermutungen gehen davon aus, dass die Madi früher mit den ebenso im Südsudan lebenden Bari verwandt waren. Heute bewohnen sie in Uganda die Moyo–Region, die in der nördlichsten Ecke an der Grenze zum Sudan liegt. Sie sind in mehrere Klans untergliedert, wobei jeder Klan einen eigenen Klanführer, genannt Opi, besitzt. Ihren Lebensunterhalt bestreiten die Madi hauptsächlich durch Ackerbau und Viehzucht (Nzita / Niwampa 1998: 143ff.).

Abbildung 47

Wachsmann / Trowell 1953: 361, Tafel 80D

Abbildung 46:: lederner Deckel eines Querhorns der

Lutoko aus dem Sudan, Inv.–Nr.: 014315, Sammler: Marno

Ernst (1982), Sammlung: VKM Wien, Foto: T. Teffera

15.05.2006, Wien

70

2.3.2. Offene Längsflöten mit Grifflöchern Exemplarisch seien in diesem Abschnitt offene Längsflöten mit Grifflöchern einzeln dargestellt, die meist zylindrische Röhren besitzen. Die verwendeten Materialien sind Schilf (Phragmites Australis225), Bambus, Hirsestengel, Plastik, Holz (z.B. Lobeliaholz226 und Rizinusbaum = Ricinus Communis), Metall und Aluminium. Die Flöten existieren mit und ohne Kerbung der Schneide bzw. mit und ohne U– oder V–förmig zugeschärftem Ausschnitt. Sie werden in zahlreichen Musikkulturen Ostafrikas benutzt. Hier wurden nur Instrumente aufgelistet (Tabelle 14), beschrieben und wenn möglich auch analysiert, solange darüber Informationen vorliegen, die entweder aus der Feldforschung oder aus zweiter Hand gewonnen wurden. Alle anderen Flöten, die lediglich von ihren Bezeichnungen und Verbreitungsgebieten her bekannt sind, wurden aufgrund des Mangels an Informationen und Hinweisen unter anderem über ihre Organologie, Stimmung usw. nur im Anhang aufgeführt.

Tabelle 14: Ostafrika: Offene Längsflöten mit Grifflöchern

Instrument

GL Länge / cm Material Verbreitungsgebiet Volksgruppe/Land

Alamoru 2–4 50 bzw. 50–170

Holz Acholi, Karamojong/ Uganda und Teso/Kenia

Biringi, Muturiru 4–8 30 Holz Kikuyu/ Kenia Ebune bzw. Elamuru

2 variabel Bambus, Plastik, Metall Turkana/ Kenia

Ekeroia 2 ? Bambus Gusii/ Kenia Ekinimba 2 80–90 Lobeliaholz Kiga/ Uganda Endere–Ensemble 4 variabel Bambus, Plastik Baganda/Uganda Fodima 4 ? Bambus Afar/Äthiopien Foodhin 5 33 Bambus Bajuni/Somalia Forimo, Gobais ? Holz Somalia Kumurere 2 ? Bambus, Holz Gishu/Uganda Lalego 2 9 – 12 Kalebasse Lango/Sudan Mlele, Mulele, Khumulele

4 47 Bambus (?) Luhiya/ Kenia

Pelo (s. Lalego) 2 9 – 12 Kalebasse Larim/Sudan Oluett oder Nyamulero

4 25 – 30 Bambus Madi, Lango, Acholi / Uganda

Odundu 5 variabel Bambus Luo/ Kenia

225 Das im Fachbegriff als Phragmites Australis bekannte Schilfrohr ist eine Sumpfpflan-

ze, die unzählige Unterarten besitzt. Das Schilfrohr, das der Familie der Süßgräser (Po-aceae) zugeordnet wird, wächst in weiten Teilen der Welt. Diese bis zu 4 Meter Höhe wachsende Pflanze heißt auch im Allgemeinen Schilf (für ausführliche Informationen siehe unter http://de.wikipedia.org/wiki/Schilfrohr).

226 Der in Ostafrika für die Herstellung von Flöten häufig verwendete Typ ist die so ge-nannte Riesenlobelie (engl. giant lobelia). Sie wird aus der Gattung der Lobelioid Ge-nera hergeleitet, die wiederum der Familie der Glockenblumengewächse angehört. Die Riesenlobelie wächst in vielen Regionen Afrikas. Als Verbreitungsgebiet sind Hochge-birgsregionen beispielsweise in Angola, an der Guineaküste, in Kamerun, Sao–Tomé, Nigeria, Madagaskar, Äthiopien, Kenia, Uganda usw. zu nennen. Die Riesenlobelien Ostafrikas gehören zu der Untergruppe der Lobelia–Tupa. Ähnliche Spezies aus Brasi-lien sind morphologisch mit ihnen verwandt (http://de.wikipedia.org/wiki/ Wunder-baum).

71

Instrument

GL Länge / cm Material Verbreitungsgebiet Volksgruppe/Land

Olera, Olete 4 ca. 30 – 40 Bambus Acholi, Madi/Uganda Omukuri 4 90 Lobeliaholz Nkole und Kigezi/ Uganda Shungul 4 35 Schilf, Bambus Ari/ Äthiopien Shulungo 4 37 Schilf, Bambus Maale/ Äthiopien Sorror 2 75 Kupfer Nymang/Sudan Washint 4–5 30 – 35 Bambus, Plastik, Metall Amara/Äthiopien Woissa 2–4

(?) 30 – 35 Bambus Hamar/Äthiopien

Zumbara 2 25 – 30 Bambus, Kupfer, Metall Nomadenvölker/ Sudan GL = Grifflöcher

ALAMORU (Acholi, Karamojong – Uganda und Teso – Kenia) Name Klassifikation

Zusatz

Synonyme Form, Material Maße / cm Form/Anordnung Alamoru 421.111.12 L/D mit Grifflöchern

offene Längsflöte aus Holz (Acholi, Karamojong – Uganda)

L = ca. 50

zylindrisch, zwei vordere Grifflöcher, scharfe Anblaskante

Alamoru offene Längsflöte aus Holz und Kür-bis (Teso – Kenia)

L = ca. 50–117

zylindrisch, vier vordere Grifflöcher, scharfe Anblaskante

Die Alamoru wird aus Holz mit einer durchschnittlichen Länge von unge-fähr 50 cm angefertigt (Abb. 48). Sie hat zwei vorderständige Grifflöcher am unteren Ende der Luftsäule und die Anblasvorrichtung hat eine schar-fe Schneide.

Abbildung 48: Alamoru–Flöte der Acholi

Das den Grifflöchern am nächsten gelegene Röhrenende hat einen schräg angewinkelten Schnitt. Von ihrer Konstruktion und allgemeinen Länge her weist die Alamouru Ähnlichkeiten mit den Längsflöten Ebune der kenianischen Turkana auf. Diese Flöte ist bei den Acholi und Karamojong des nördlichen Uganda-gebiets anzutreffen. Sie dient als Musikinstrument der Hirten (Wachs-mann/Trowell 1953: 338 und 360, Tafel 79A). Eine weitere, ebenfalls Alamoru genannte offene Längsflöte wird aus Holz und Kürbis hergestellt. Die Anblasvorrichtung weist eine scharfe Kante auf. Im Unterschied zu der oben beschriebenen Alamoru–Flöte der Acholi und Karamojong jedoch, besitzt diese Flöte vier vordere Grifflö-cher. Beide Flöten werden zwar zunächst aus dem gleichen zylindrischen Rohrtyp gefertigt, aber bei der zweiten Variante der Alamoru wird das untere Rohrende zusätzlich mit einem als Schalltrichter dienenden Kür-bissegment verlängert, dessen abschließender Durchmesser etwa 5 cm beträgt (Abb. 49).

Abbildung 49:

Alamoru–Flöte der Teso

72

Die Flöte begegnet uns in der Musikkultur der Teso227 aus Westkenia, die im Bursia–Distrikt an der Grenze zu Uganda leben. Der Großteil der Teso bewohnt allerdings Zentralostuganda und zwar die Soroti und Kumi ge-nannten Distrikte (Nitza/Niwampa 1998: 124). Ähnliche Flöten finden wir auch bei den Samia und Madi Ugandas, die meistens mit vier Fingerlöchern versehen sind und scharfe Schneiden als Anblasvorrichtung aufweisen (Wachsmann/Trowell 1953: 338 und 360.).

BIRINGI/MUTURIRU (Kikuyu – Kenia)

Name Nr. Klassifikation

Zusatz

Synonyme Form, Material Maße / cm Form/Anordnung

Biringi 421.111.12 L/D mit grifflöchern Muturiru

offene Längsflöte aus Holz (Kikuyu – Kenia)

L = ca. 30

zylindrisch, vier bis acht vorderständi-ge Grifflöcher, scharfe Anblaskante

Das Material der Längsflöte Biringi bzw. Muturiu wird aus einem grünen und weichen Zweig des sogenannten Mukue oder Mugio Baumes gewon-nen. Ihre durchschnittliche Länge beträgt 30 cm, während die Anzahl der Grifflöcher zwischen vier und acht liegt. Das Anblasloch verläuft ge-wöhnlich schmaler zum Rohrende hin. Die Anblasvorrichtung besitzt eine scharfe Kante (Senoga–Sage 1981: 158). Das Spiel auf der Biringi kommt bei den Kikuyu228 vor, einer der größten Bevölkerungsgruppe Kenias. Die Kikuyu wanderten in ihr heutiges Sied-lungsgebiet Zentralkenias einschließlich der Hauptstadt Nairobi ungefähr im 16. Jahrhundert ein. Heute leben sie vor allem in der Gegend des Mount Kenia, den sie als ein besonderes Heiligtum betrachten. Die Ki-kuyu setzen sich etwa aus neun Subgruppen229 zusammen. Durch Heirat vermischten sie sich insbesondere mit ihren unmittelbaren Nachbarn, den Maasai, mit denen sie seit Jahrhunderten friedlich mitein-ander leben und viele Gemeinsamkeiten aufweisen wie etwa in der Klei-dung, im Gebrauch von Waffen und in den Tanzbewegungen. Der Besitz von Land hat bei den Kikuyu traditionell einen hohen gesellschaftlichen Stellenwert, obwohl sie mit der Landwirtschaft heutzutage wenig be-schäftigt sind. Sie betreiben hauptsächlich Handel. Als ein sehr religiöses Volk, haben die Kikuyu eine enge Verbindung mit ihrem Gott Ngai230 (Fedders / Salvadori 1994: 117–121). Die Flöte Biringi wird beim Bewachen der heranwachsenden Hirsefelder zum Schutz vor unerwünschten Tieren gespielt. Auch Hirten spielen auf der Biringi während des Weideantriebs der Herde, um die Einsamkeit und

227 Auch Iteso genannt. 228 Auch Gikuyu und Agikuyu genannt. 229 Diese werden Achera, Agachiku, Airimu, Ambui, Angare, Anjiru, Angui, Aithaga, und

Aitherandu genannt. 230 Im Gegensatz dazu ist bei dem von ihnen heutzutage praktizierten christlichen Glauben

(Protestantismus) stark zu vermuten, dass er nicht mit der Ursprungsgeschichte der Gemeinschaft im Zusammenhang steht, sondern vielmehr zu einem späteren Zeitpunkt durch Missionare eingeführt wurde.

Funktion / Bedeutung

Ergologie Verbreitungsgebiet

73

Langeweile zu vertreiben. Ihre weitere Verwendung findet die Flöte im erotischen Bereich, indem sie zum Werben um Mädchen oder Frauen gespielt wird. Daher scheint das Instrument überwiegend oder ausschließ-lich von Männern geblasen zu werden. EBUNE (Turkana – Kenia)

Name Nr. Klassifikation

Zusatz

Synonyme Form, Material Maße / cm Form/Anordnung

Ebune 421.111.12 L/D mit Grifflöchern Elamuru offene Längsflöte aus Holz, Plastik

oder Metall (Turkana – Kenia)

L = 60 – 70

zylindrich, zwei vordere Grifflöcher, scharfe Anblaskante

Die Flöte Ebune bzw. Elamuru wird aus Materialien wie Holz, Plastik und Metall gebaut. Flöten aus Holz werden aus dem in der Lokalsprache Edume genannten Baum gewonnen. Plastik– und Metallröhre werden heutzutage zunehmend für die Konstruktion dieser Flöte verwendet. Die Ebune stellt in ihrer Herstellungsweise eine Besonderheit dar, weil sie sich – im Unterschied zu vielen Flöten hauptsächlich nach individuel-ler Körpergröße und Armlänge des jeweiligen Spielers richtet. Daher kommt sie in unterschiedlichen Längen vor, die ungefähr zwischen 60 und 70 cm liegen können. Der Grund dieser Art von Maßanfertigung ist das Bestreben, die Flöte so lang wie möglich herzustellen, um tiefe Töne zu erzeugen. Die Grifflöcher liegen daher sehr weit vom Mund entfernt und müssen der Armlänge angepasst sein (Abb. 50). Eine etwa 65 cm lange Ebune–Flöte ist im Nationalmuseum von Kenia in Nairobi aufbewahrt231. Die Flöte wird aus einem Ast des im lateinischen Cordia Garas genann-ten Baumes hergestellt. Das ausgehöhlte Rohr wird dann vor dem Trock-nen mit zwei wiederum an der unteren Rohröffnung eingeschnittenen Grifflöchern versehen. Zwischen diesen Grifflöchern ist ein Abstand von ungefähr 8–10 cm freigelassen. Anschließend wird das Rohr mit Sand gefüllt, so dass im Prozess der Trocknung keine Risse oder Spalten ent-stehen. Diese Methode wird auch in vielen ostafrikanischen Regionen für denselben Effekt angewandt. In Südäthiopien wird beispielsweise auch Erde in das Rohr hineingeschüttet, um es vor einem ungleichmäßigen Schrumpfen zu bewahren (Mohaupt 1999: 21). Die Ebune kommt bei den Turkana aus Kenia vor. Die hauptsächlich das Nomadentum betreibenden Turkana bewohnen das so genannte Turkanaland im nordwestlichen Gebiet des Landes. Es ist ein trockenes und heißes Gebiet, das östlich an dem gleichnamigen Turkana–See grenzt. Die Turkana setzen sich aus zwei Untergruppen etwa die Nimonia und die Nocuru zusammen, die wiederum in 20 weiteren Klans unterglie-

231 Feldforschung Kenia, Juli 2005, Filmaufnahme am 07.07.2005 im National Museum of Kenya in Nairobi; Video–18 [60Min, Digital 8, Sony/ Camcorder Sony Digital 8]; von 58:36 bis 1:02:35 (Privatsammlung: Teffera, Ostafrika/2005).

Abbildung 50

Ebune–Spieler der Turkana Bild: Samuel Baheru

Verbreitungsgebiet

74

dert sind. Während die Nimonia überwiegend in Waldgebieten leben, bewohnen die Nocuru die heiße Savannenregion. Die unmittelbaren Nachbarn dieser Volksgruppe sind die Pokot232, Rendille233 und Samburu234. Musik und Tanz nehmen im Leben der Turkana einen zentralen Platz ein. Vor allem hat das Vieh einen besonderen Stellenwert im traditionellen Alltag, so dass sich ein großer Teil des Musikrepertoires und die abendli-chen Erzählungen am Lagerfeuer dem Tier gewidmet sind. Dazu gehören auch zahlreiche Preisgesänge mit ähnlichem Inhalt, die von Tänzen be-gleitet werden. Weitere Anlässe, zu denen Musik sowohl solistisch als auch in Gruppen ausgeführt wird, haben überwiegend mit Zeremonien etwa Regensanbetungen, Opfergaben, Heilungs– und Initiationsriten so-wie religiösen Feierlichkeiten (vorwiegend das Christentum) und Hoch-zeitsfesten zu tun. Gespielt wird die Flöte gewöhnlich entweder sehr früh am Morgen, ins-besondere vor dem Sonnenaufgang, um Menschen rechtzeitig aufzuwe-cken. Oder aber auch dient sie – wie es bei vielen Flöten üblich ist – als Instrument zur Selbstunterhaltung von Hirten beim Viehhüten (Senoga–Zake: 1981: 160). Die Flöte erzeugt laut Senoga–Zake (ebd.) die Tonhöhen c’–d’–e’–g’–a’ und c’’, also eine halbtonlose Intervallskala. Inwieweit diese Behauptung Relevanz hat, kann hier leider nicht bewiesen werden, da bislang authen-tische Klangbeispiele fehlen.

EKINIMBA (Kiga – Uganda) Name Klassifikation

Zusatz

Synonyme Form, Material Maße/cm Form/Anordnung

Ekinimba 421.111.12 L/D mit grifflöchern offene Längsflöte aus Lobeliaholz

(Kiga – Uganda)

L = 80– 90 ø = 1,5–2,5

zylindrisch, zwei vorderständige Grifflöcher, v– oder u–förmige Kerbe der Anblasöffnung

Die offene Längsflöte Ekinimba wird aus dem Ast eines Lobeliabaumes gefertigt, der in der Lokalsprache Ekitembwe oder Omubanda genannt wird. Ihre Rohrlänge liegt ungefähr zwischen 80 und 90 cm (Cooke 1993: 9). Nach Wachsmann und Trowell (1953: 339f.) werden Ekinimba–Flöten meistens in den Monaten Juni bis August hergestellt, da die heiße

232 Dieses Nomadenvolk wird auch Pökoot, Pokoot und Suk genannt. Das Pokot–Gebiet

beginnt am Fuße der Cherangani genannten Hügel im nordwestlichen Gebiet Nordke-nias und erstreckt sich bis in wüstenähnliche Gebiete. Es gibt auch Pokot–Gruppen, die in Nordostuganda an der nordwestlichen Grenze Kenias leben.

233 Nomadische Pastoralisten (Kamel), die die südöstliche Seite des Turkana–Sees be-wohnen. Sie sind mit den Somali verwandt.

234 Auch Burkineji genannt: Die Samburu leben etwa südlich des Turkana–Sees. Das trockene und heiße Wüstengebiet zwingt die nomadischen Samburu stets auf der Suche nach Weideland von einem Ort zum anderen zu wandern. Dadurch hat sich ihr Lebens-stil bis in die gegenwärtige Zeit kaum verändert. Das Volk ist sowohl kulturell als auch sprachlich mit den Maasai eng verwandt. Die ursprüngliche Heimat der Samburu ist der Sudan, von wo aus sie etwa im 16. Jahrhundert in das heutige Siedlungsgebiet ein-wanderten.

Ergologie

Funktion /Bedeutung

Stimmung

75

und trockene Luft dafür sorgt, dass die Äste des Lobeliabaum anfangen sich leicht bräunlich zu färben, ein Zeichen für ihre Trocknung. Ähnlich wie die Flöte Ebune der kenianischen Turkana wird die Ekinimba nach der Körpergröße und Handlänge des jeweiligen Musikers maßangefertigt (Wachsmann / Trowell: ebd.). Die zwei vorderen Grifflöcher werden neben dem Rohrende gebohrt, um möglichst tiefe Töne zu spielen, der Hauptgrund solcher Maßanfertigungen. Die Instrumentensammlung der Edinburgh Universität bewahrt eine Eki-nimba, Inv.–Nr. 2043, die von Cooke (1993: 9) untersucht wurde. Sie hat eine Gesamtlänge von 85,3 cm. Da sich das Rohr zum Ende hin deutlich verjüngt, beträgt der interne Durchmesser der oberen Rohröffnung 2,3 cm, während das entgegengesetzte Ende 1,8 cm aufweist (Abb. 51). Der Abstand vom Rohrende bis zum oberen Griffloch ist 21,8 cm und bis zum zweiten Griffloch 11,9 cm. Die Grifflöcher haben etwa 0,7 cm Durchmesser. Im Vergleich zu dem gewöhnlich diagonal geschnittenen Rohrende vieler Ekinimba-Flöten, besitzt diese Flöte einen scharfen Schnitt. Das Rohr (hier im Bild nicht deutlich sichtbar) wird zum Rohrende hin zunehmend schmaler. Beim Spielen der Ekinimba wird das obere Griffloch vermutlich mit dem Zeigefinger der linken Hand und das untere Loch mit dem Mittelfinger der rechten Hand abgegriffen (Abb. 52). Der Musiker hält die Flöte längs und bläst gegen die Kerbe. Diese Spielposition erfordert im Vergleich zu scharfkantigen Flöten weniger Kraft des Musikers. Die Ekinimba kommt bei den bantusprachigen Kiga235 aus Uganda vor, die den Distrikten Kabale und Rukungiri in der südwestlichen Ecke des Landes bewohnen. Aufgrund einer Überbevölkerung wanderten sie in der Vergangenheit auch in andere Gegenden Ugandas ein. Darunter seien die Distrikte Kabarole, Rukungiri, Kasese, Hoima, Masindi und Mubende genannt (Fedders / Salvadori 1994: 56). Das Ekinimba–Spiel ist häufig bei den Kiga–Hirten zu beobachten, die die Flöte zur Selbstunterhaltung und zum Zeitvertreib benutzen. Manch-mal singen sie zum Flötenspiel kurze Textzeilen. Ein Teil des Musikre-pertoires ist – wie in vielen Musikkulturen Ostafrikas – den zu bewa-chenden Tieren oder Familienangehörigen gewidmet. Die Ekinimba er-klingt außerdem abends zur gemeinschaftlichen Unterhaltung der Männer beim Biertrinken. Gelegentlich wird sie auch für die Begleitung des tradi-tionellen Kaki–Tari–Tanzes vermutlich auch im Zusammenspiel mit an-deren Musikinstrumenten geblasen (Cooke 2006236). Die Ekinimba kann in der Regel nur drei Tonhöhen erzeugen. In der hier von Cooke (Experiment: Dezember / 2006) untersuchten Flöte und dem damit zusammenhängenden Musikbeispiel handelt es sich um die Töne Gb, Ab und B (bezogen auf der temperierten Skala). Beim Abdecken bei-der Grifflöcher wird zunächst der Ton Gb gespielt. Der zweite Ton Ab

235 Auch Chiga und Bakiga genannt. 236 Korrespondenz mit Peter Cooke (E–Mail). Die in der südwestlichen Ecke des Kigezi–

Distrikt lebenden Banyarwanda (Singular: Munyarwanda) stammen ursprünglich aus Ruanda. Obwohl sie bereits seit Anfang des 20. Jahrhunderts in dieses Gebiet einwan-derten, war und ist immer noch ein Teil von ihnen Opfer politischer Verfolgungen, die in den letzten ca. vier Jahrzehnten zu unterschiedlichen Zeiten in Ruanda stattfanden. Uganda gewährte ihnen Asyl.

Spielweise

Verbreitungsgebiet

Genderbeziehung

76

Abbildung 52: Ekinimba–Spieler der Kiga (Samuel Baheru, Januar 2007)

erklingt, wenn das untere Griffloch geöffnet und das obere abgedeckt ist. Der dritte höher liegende Grundton B wird durch Aufdecken beider Griff-löcher erzeugt (Notenbeispiel 7, Beispiel a). Abbildung 51: Ekinimba–Flöte der Kiga (Cooke 1993: 9)

Aufgrund des zunehmend schmalen und leicht konischen Rohrverlaufs erklingen die drei Grundtöne ein wenig höher als die hier notierten. Die

aufsteigenden Tonhöhen im Notenbeispiel 7, Beispiel b) wurden aus dem vorliegenden Instrumentalstück entnommen, die auf derselben Flöte gespielt wurden. Aus dieser Melodie stellt somit man fest, dass der Flötenspieler in der Regel die 2. und 3. Teiltöne benutzt, d.h. die Oktave und Quinte. In einigen wenigen Ausnahmefällen werden aber auch die 4. Obertönen erreicht wie durch das untersuchte Klangbeispiel festgestellt wurde. Somit beziehen sich die letzten zwei enharmonischen Tonhöhen g’’ bzw. abb’’ im Notenbeispiel 7, Beispiel b auf den 4. Oberton des technischen Grundtons Ab. Im Notenbeispiel 8 wird nunmehr das transkribierte Solostück dargestellt. Die Aufnahme entstand 1968 bei dem Omusinde–Klan der Banyarwanda in der Nähe von

Nyarusizi–Kisoro, im Bufumbira Distrikt in Isaka Rwangampunwe (Ndori), während einer von Peter Cooke durchgeführten Feldfor-schung237. Die Melodie besteht überwiegend aus langen und melismatisch gestalte-ten Zeilen. Nach dem Höreindruck kommen innerhalb dieser langen Zei-len kurze zyklisch aufgebaute melodischrhythmische Phrasen vor, die verschiedenartig variiert werden. Für eine bessere Darstellung wurde in der Transkription darauf geachtet, markante Melodiebewegungen herauszufinden. Diese wurden dann ent-sprechend als eine Tongruppe mit einem Bindebogen versehen. Jede Me-lodiezeile orientiert sich grundsätzlich nach den Atempausen des Flöten-spielers. Danach beginnt stets eine neue Zeile. Daher taucht in der Transkription am Ende einer jeden Melodiezeile eine Atempause auf mit Ausnahme der Zeile 5. Hier holt der Musiker eine Atempause kurz nach Beginn der Zeile. Er scheint einen Übergang zum weiteren Melodiever-lauf herzustellen. Von hier aus erklingt die Melodie ununterbrochen wei-ter bis zum Ende der Zeile 6. Die verwendeten Tonhöhen sind im gesam-

237 Diese Aufnahme ist auch im British National Sound Library unter der Sammlungs-

nummer C23–PCUG64–8.29.B7 zugänglich.

Grifflöcher ø = 0,7 cm

Gesamtlänge 85,3

11,9 cm 21,8 cm

Stimmung

ø = 2,3 cm

77

ten Stück gleichmäßig verteilt. In einigen Melodiezeilen scheinen die 3. Teiltöne und zwar db’’–eb’’–f’’ den Ablauf der Melodie zu bestimmen wie z.B. in den Zeilen 2 und 4. In anderen Melodiezeilen hingegen, do-minieren die 2. Teiltöne gb’–ab’–b’ wie etwa in den Zeilen 5 und 6. Me-lodisch betrachtet scheinen sie einen Finalcharakter zu tragen. Vor allem erscheint der Ton ab’ als langer und kurzer Ton in einer solchen Funktion in den Zeilen 1, 3, 5., 6 und 9. In Ausnahmefällen werden jedoch auch die über dem technischen Grund-ton liegenden 4. Teiltöne von dem Flötenspieler genutzt. So erklingt in diesem Flötenstück am Anfang der Zeile 3 der Ton g’’ (ohne Vorzei-chen), technisch betrachtet der enharmonische Ton abb. Dieser Ton würde somit den 4. Teilton des Grundtons Ab entsprechen (Notenbeispiel 7b). Notenbeispiel 7: Ekinimba–Stimmung entnommen aus einem Instrumentalstück, Aufnahme: Cooke 23.04.1968, Nyarusizi–Kisoro, Bufumbira Distrikt, Uganda Nr. PCUG64–8.29.B7

Notenbeispiel 8: Ausschnitt aus einer Ekinimba–Flötenstück, Aufnahme: Peter Cooke 23.04.1968, Nyarusizi–Kisoro, Distrikt Bufumbira, Uganda Nr. PCUG64–8.29.B7

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Abbildung 53: Endere–Flötensatz im Besitz von; Peter Cooke Foto: Peter Cooke,

25.12.2006

ENDERE–Ensemble (Baganda – Uganda) Name Nr. Klassifikation

Zusatz

Synonyme Form, Material Maße / cm Form/Anordnung

L/D mit Grifflöchern Endere– Spiel Ndere Mulere oder Milele (Pl.)

421.111.12 Fünf bis sieben offene Längsflöten aus Bambus, Schilf, Lobelia–, Rizinusbaum, oder Plastik (Baganda – Uganda)

L = 35–80 ø = 2,5–3,5

zylindrisch, jeweils vier vordere Grifflöcher, u– oder. v–förmige Kerbe der Anblaslöcher, jede Flöte hat eine eigene Bezeichnung

Synonyme

Endere–Ensemble – Variante I Längen

Ntemyo Akatemyo

1. Entemyo 34,4

Ntabitabi 2. Entabitabi 40 Nsasi 3. Ensaasi. 46,3 Ntengezi 4. Entengezzi 53,3 Ekiwuwa 8. Ekiwuuwe 62,6 6. Enkologi 71,7

Angaben nach Cooke 1970 c und Wachsmann/ Trowell 1953

Endere–Ensemble – Variante II

1. Entongo variabel 2. Entengizi 3. Enkoloozi 4. Kiwuwa Engalabi 211.211 einfellige Zylindertrommel aus Holz

mit Fellspannung variabel

Embutu Empunyi Nankasa

211.252 drei doppelfellige Konustrommel variabel

Endongo 321.21 achtsaitige Leier aus Holz und mit Fellspannung

schüsselförmiger Resonator, Joch-arme und Joch aus Holz, meist Eidechsenhaut zur Fellspannung verwendet

Enanga 322.11 achtsaitige Bogenharfe

Endingidi 321.31 einsaitige Kastenspießlaute aus Holz

Begriff/Ergologie: Der Begriff Endere bezieht sich zum einen auf einen Satz von offenen Einzellängsflöten mit jeweils vier vorder-ständigen Grifflöchern und Einkerbungen ihrer Schneiden (Abb. 53). Zum anderen bezeichnet das Wort Endere auch eine einzige Flöte. Eine Reihe von Endere mit unterschiedlichen Dimensionen bewahrt die Edinburgher Universität in ihrer Sammlung auf238. Das gleichnamige Endere–Ensemble setzt sich aus mehreren Flöten zusammen, die nicht nur unterschiedliche

Dimensionen von etwa 35 bis 75 cm betragen, sondern auch durch ihren eigenen Namen voneinander unterschieden werden können. In den ehe-maligen Königshöfen von Buganda Zentralugandas bildeten gewöhnlich sechs Flöten ein Ensemble, die von der kleinsten Flöte aufwärts 1. Entemyo, 2. Entabitabi, 3. Ensaasi, 4. Entengezzi, 5. Ekiwuuwe und 6.

238 Siehe Inv.–Nr.: 2046–2051; 2082–2086; 2093, 3548 und 3549 (siehe auch Cooke

1993: 9–13).

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Enkologi genannt werden (Wachsmann / Trowell 1953: 340; Cooke 1970c: 20/23; Bisaso: 2005)239. In Uganda werden Flöten je nach Siedlungsgebiet aus unterschiedlichen Materialien gefertigt. In den bergigen Regenwäldern entlang der östlichen und westlichen Grenzgebiete steht meistens die so genannte Riesenlobe-lie (Lobelioid Genera) für die Herstellung von Flöten zur Verfügung. Auch der ausgehöhlte Ast eines Rizinusbaums (Ricinus Communis) oder ein Papayastängel (Papaya Carica240) dienen ebenfalls für den Flötenbau. Diese kurzlebigen Materialien werden allerdings vielmehr von Kindern bevorzugt. Bambusflöten findet man dagegen überwiegend in Nord– und Zentraluganda sowie in den Sumpfgebieten der westlichen Regionen. Die Endere–Flöten der Baganda werden gewöhnlich aus dickwandigem Bambus oder Schilf (Phragmites Mauretanicus) gefertigt. Das Schilfma-terial wird in der Luganda–Sprache Ekiwuuwe genannt. Cooke (ebd.: 19) beschreibt das Material so: „The Ekiwuuwe is certainly a highly suitable material. It is hollow, except for thin, pithy partitions at each node, the walls dry out to a suitable thickness and hardness and the cane is fairly robust – more so if, as professional makers do, the reed is cut some inches below the surface of the muddy swamp where the nodes grow close together. Finally, the reed can be found in most swamps and in various diameters, which makes it possible for flutes of different sizes to be produced, each with its own name.” Darüber hinaus begegnen uns heutzutage auch Flöten aus Plastik, Metall wie z.B. Aluminium, die im Vergleich zu den aus Bambus oder Schilf gefertigten Flöten eine relativ bessere Tonqualität besitzen und vor allem langlebiger sind. Das Endere–Ensemble hatte eine ruhmvolle Vergangenheit als Hofmu-sikinstrument in Buganda (Kubik 1982: 80, und 2001: 40; Cooke 1970c: 15 und 1996: 448). Die Konstruktion eines solchen Flötensatzes wurde im bugandischen Hof vorwiegend von erfahrenen Instrumentenmachern durchgeführt. Über den Prozess der Herstellung berichten Wachsmann und Trowell (1953: 339) folgendes: „Their manufacture is remarkable in that no acoustic test is applied at any stage of the process. After the reed has been brought in from the swamp, the musician himself cleans its outside and cuts it to a length suitable, in his opinion, for a flute. He puts the reed to his lips as if he were playing, in order to bring his fingers into the position he is accustomed to on other instruments. He marks the places where the two fingers nearest to this mouth, come down, and the distance between them becomes the standard length which determines the position of the third and fourth stops. The hands are placed in such a way that a node of the reed comes between them. He then proceeds to burn the stops into the wall of the reed with a red–hot wire or nail. The pitch is removed from the inside, first with a smooth, pointed stick and then with a stick slightly thicker and covered with branch knots which act like the rough surface of a file. This accomplished, a mark is scratched, carefully, in line with the finger stops, near the upper rim for the notch. A v–shaped incision is cut with a knife and enlarged to a U–shaped notch with a red–hot iron. The flute is now ready except for the final process of ‘proofing’ the material: it is dipped into hot water for a moment, greased with butter, and exposed to the sun to dry.”

239 Bei den Bezeichnungen der einzelnen Flöten aus den unterschiedlichen Flötenen-

sembles sind Abweichungen feststellbar. Daher wurden hier nur die von Cooke (1971c) erwähnten Flötennamen verwendet.

240 Papaya Carica, wird auch Melonenbaum genannt. Er ist ein tropischer Baum, der zur Familie der Melonenbaumgewächse (http://de.wikipedia. org/wiki/Papaya) gehört.

Materialauswahl für den Flötenbau in

Uganda

Endere Flötenherstel-lung im ehemaligen

Königshof von Buganda

80

Als Ergebnis seiner Beobachtungen und Untersuchungen berichtet Cooke (1970c: 21f.) von ähnlichen Arbeitsschritten der Flötenherstellung. Aller-dings vertritt er nicht Wachsmanns und Trowells Ansicht, dass im Pro-zess der Herstellung zu keiner Zeit akustische Prüfungen vorgenommen werden. Diese Behauptung stimmt zumindest nicht mit den im ehemali-gen bugandischen Hof praktizierten Herstellungsmethoden überein. Bei einer über Jahrhunderte hinweg bestehenden Tradition des Instrumenten-baus innerhalb des Hofs ist es durchaus vorstellbar, dass standardisierte Normen der Instrumentenherstellung sich entwickelt haben. Aus den uns vorliegenden Quellenmaterialien geht hervor, dass erfahrene Instrumen-tenmacher existierten und heute noch existieren, die überwiegend für die Anfertigung der Hofmusikinstrumente stets zuständig waren. Die über langjährige Erfahrungen entwickelten Methoden der Instrumentenherstel-lung wurden stets von einer Generation zur nächsten weitergegeben. Beim Bau von neuen Endere für das ehemalige Hoforchester Bugandas benutzte man zum Beispiel einen bereits vorhandenen Flötensatz als Muster (Cooke 1970c: 23). Diese Vorgehensweise erleichtert den Instru-mentenmacher die Flöten genau nach den vorliegenden Maßen anzuferti-gen, d.h. die Fixierung von Grifflöchern und die Einhaltung ihrer optima-len Abstände, die der Röhrenlänge und dem Durchmesser des jeweiligen Instruments angepasst sind. Dieser Vorgang ermöglicht letztendlich auch eine einheitliche Stimmung aller Flöten. Im Verlauf der Herstellung wird die akustische Genauigkeit der Instrumente gewöhnlich im Zusammen-spiel geprüft, um notwendige Korrekturen durchzuführen. Somit ist es klar, dass ein solcher Herstellungsprozess keineswegs willkürlich erfolgt und auch nicht auf dem individuellen Geschmack des jeweiligen Instru-mentenbauers beruht. Basierend auf seinen Beobachtungen bei einem erfahrenen Instrumentenmacher erklärt Cooke (ebd. 22f.) ferner, welche ernsthaften Arbeitsschritte bei der Flötenherstellung vorgenommen wer-den wie folgt:

„Obviously not every flute made in the rough and ready manner … will produce acceptable notes. Comparisons with flute players of other ethnic groups in Uganda lead me to think that Baganda are rare less tolerant of badly tuned instruments than other peoples and that they consider good intonation (according to their criteria) an important ingredient in a musical performance. The mere act of spacing holes equal distances apart will tend to produce equidistant intervals, the only critical distances then being that from the notch to the highest hole and that between the lowest hole and the open end and the most critical test that Busulwa ever made was to play melodies and listen for bad notes. Usually if he rejected one it was because the first distance mentioned produced to small an interval between the highest note of the lower octave and the lowest pitch of the second octave.”

Der bei allen Endere–Flöten angebrachte U– oder V–förmige Ausschnitt der Anblasöffnungen (Abb. 54) liegt ungefähr zwischen 0,7 cm auf der kleinen Flöte Entemyo und 1 cm auf der größten Enkologi. Der Durch-messer der Grifflöcher liegt im Durchschnitt zwischen 0,8 und 1,2 cm (Cooke ebd.: 24). Eine Besonderheit der Endere liegt in ihren auffallenden Dekorationen. Abbildung 54 zeigt die in bestimmten Abständen mit Kupferdraht umwi-ckelten sechs Endere. Das Dekorieren von Instrumenten gilt aber auch für alle anderen Musikinstrumente der Baganda. Im Zusammenhang damit

Abbildung 55 Foto: Teffera 19.05.2005

Kampala

Abbildung 54

Foto: mit freundlicher Genehmigung von Peter

Cooke 25.12.2006

81

teilte mir Albert Sempeke241 mit, dass es in früheren Zeiten eine große Schande war, ein undekoriertes Musikinstrument dem Kabaka [= dem König] zu präsentieren. Musiker, die auf derartig „nackten“ Musikin-strumenten spielten, waren verpflichtet, sich in die hinteren Reihen des Ensembles zu begeben, um ihre Instrumente vor den Blicken des Königs zu verbergen. So entwickelte sich eine besondere Tradition der Instru-mentendekoration in Zentraluganda, die im Laufe der Zeit in weiteren Teilen Süd– und Südostugandas z.B. bei den benachbarten Basoga242 (Cooke ebd.: 14) aber auch in den nördlichen Gebieten wie etwa bei den Alur, Acholi, Lango und Labwor ausbreitete. Diese Kultur hat sich zum größten Teil bis heute fortgesetzt. Außer der Ausschmückung mit Kupferdraht werden Flöten u. a. mit Fransen aus Katzen– oder Ziegenhaar (Abb. 55), pflanzlichen und leder-nen Riemen, Metallringen, Muscheln, Schlangen– und Eidechsenhäute dekoriert. Trommelkörper oder Flötenwände werden außerdem mit ein-gebrannten und/oder eingeritzten Motiven ausgeschmückt, die zahlreiche Symbole, z.B. geometrische Muster und Ringe darstellen243 (Wachsmann / Trowell 1953: 341 und 1971c: 14f.). Als Herkunftsgebiet der Endere werden einerseits die pastoralistischen Hima aus Südwestuganda vermutet. Hierzu schildert Cooke (1971c: 8f.) folgendes: „The Ndere (Singular zu Endere) itself may well have been more closely associated with cattle. Some Ganda informants think the flute was originally a herdsman’s instrument and suggest that the Hima cattle people, who are often employed by wealthier Ganda to look after their herds, originally introduced it.” Andere Wissenschaftler gehen aber auch davon aus, dass der enge Kon-takt mit benachbarten Königreichen wie zum Beispiel mit den Basoga und Bayankole244 für einen intensiven Kulturaustausch gesorgt haben könnte. Wachsmann und Trowell (1953: 340) bestätigen auch, dass neben den Endere der Baganda, die Bayankole und die Basoga ebenfalls Kerbflöten verwenden, die oft von vier und mehr Musikern in Sätzen geblasen werden (Bisaso: 2005). Neben ihrer besonderen Stellung in der Geschichte der Hofmusik gilt die Endere bereits seit Generationen als Hirteninstrument, welches seine Spieler, die Hirten, meistens selbst herstellen. Kubik (1982: 80) be-schreibt einen Hirtenjungen aus Buganda, dessen Endere aus einer alten Fahrradpumpe gefertigt ist. Im Gegensatz zu der soweit beschriebenen standardisierten Flötenherstellung am Hof von Buganda, liegen bei den individuell unterschiedlich angefertigten Hirtenflöten keine einheitlichen Normen vor. Im Herstellungsprozess verwendet somit der Instrumenten-

241 Ehemaliger Hofmusiker aus Buganda; Feldforschung in Uganda, Mai 2005; siehe auch

Filmaufnahme – Uganda 2005 – Video–12 von 0:00 bis 37:26 Minuten (Privatsamm-lung: Teffera/Ostafrika/2005).

242 Auch Soga genannt. 243 Auch bei den Azande bzw. Zande aus der Zentralafrikanischen Republik sind Instru-

mentendekorationen zu beobachten. Ähnlich wie im Endere–Ensemble der Baganda, spielen hier Azande–Männer in dem Wombo–Ensemble etwa vier offene Bambuskerb-flöten mit Grifflöchern in Sätzen. Die Flöten werden oft mit Fransen aus Tierhaar deko-riert (Kubik 1998b: 2284f.).

244 Auch Nkole genannt.

82

macher und gleichzeitige Besitzer der Flöte seine aus langjährigen Beo-bachtungen gewonnenen Erfahrungen. So hängt die von ihm hergestellte Flöte von der Länge und dem Durchmesser der Luftsäule und seiner Spielgewohnheit ab. Das Bohren von Grifflöchern liegt keinem akusti-schen Prinzip zugrunde. Diese oft feststellbaren Erscheinungen in der Flötenherstellung kommen auch in vielen ostafrikanischen Musikkulturen vor. Flöten, die ausschließlich für den privaten Gebrauch hergestellt sind, weisen eine Individualität auf. Daher können sie oft nur von dem jeweili-gen Hersteller einwandfrei geblasen werden. Spielweise: Endere–Flöten werden ähnlich wie andere Kerbflöten längs gegen die Kerbe geblasen (Abb. 56–57). Die vier vorderständigen Griff-löcher werden jeweils von den Zeige– und Mittelfingern beider Hände bedient. Geschichte: In ihrer langen Geschichte, hatte die traditionelle Hofmusik der Baganda während der Regierungszeiten verschiedener Könige245 eine zentrale Rolle gespielt. Vor allem zu Zeiten des Kabaka Eduard Mutesa II. besaß sie nicht nur eine zeremonielle Funktion, sondern durch sie wurden wichtige Nachrichten bzw. Botschaften an das Volk weitergege-ben. Als Palastdiener, waren Hofmusiker stets einsatzbereit, um auf Be-fehl des Königs die entsprechende Musik jeder Zeit auszuführen. Ge-wöhnlich lebten die Musiker verschiedener Ensembles in einer gesonder-ten Siedlung unmittelbarer Nähe des Palastes auf dem Land des Kabakas (Cooke 2001a: 39f; Sempeke / Serwanga246: 2005). Darüber hinaus erklang die Musik am Hofe des Kabakas auch zu be-stimmten Zeiten im Verlauf eines Tages, z.B. beim morgendlichen Auf-wachen, beim Verlassen des Palastes sowie bei seiner Rückkehr, beim Empfangen von hochrangigen Gästen usw. (Cooke 1996: 439f.). So war nahezu jede Handlung des Königs von der entsprechenden Musik beglei-tet und das Volk über die Geschehnisse im Palast stets auf dem Laufen-den gehalten247. Neben solchen besonders wichtigen Augenblicken, gab

245 Darunter sind beispielsweise Kabaka Mwanga (1884–1897) und Kabaka Daudi Chwa

(1897–1939) zu nennen (Cooke 1971c: 16f.). 246 Persönliche Gespräche mit Albert Sempeke und seinem Bruder Ludowi Serwanga in

Kampala, Mai 2005. 247 Die meisten Bantusprachen sind Tonsprachen. Im Alltagsleben der in zentral– und

südugandischen Bantuvölker existiert eine seit Jahrhunderten entwickelte Form der Kommunikation durch Musik, die vor allem mittels ausgeprägter rhythmischer Muster auf Trommeln zum Ausdruck gebracht wird. Die Musik beinhaltet also Silben, Wörter und Wortkombinationen, die durch ihre verschiedenartige Betonung unterschiedliche Bedeutungen tragen. Dieser zwischenmenschliche Kontakt betraf alle Schichten der Gesellschaft und er gilt auch heute als ein besonders effektives System der Kommuni-kation. Dazu berichtet Mbabi–Katana (1984: 342) beispielsweise folgendes:

“Rhythm and dynamic accents are the most important basis of surrogate language among Banyoro and Baganda, and the instruments used are drums, logs and trumpets, depending upon the type of message and social status of the sender. Messages transmit-ted by using logs or trumpet sounds are associated with common people. They normally convey messages relative to communal activities such as hunting. Drum messages, on the other hand, are not sent by common people for the drum is regarded as a symbol of authority. In the past, whenever a king appointed a chief, the action was symbolized by the presentation of a drum and a spear by the king or his representative to the new chief. The appointee would then coin a definite slogan or motto which could be regu-larly communicated to his people as a drum message. He would thus be gradually as-sociated with and identified by his drum beats, functioning as a symbol of office to peo-ple near and far from his region.”

Abbildung 56

Abbildungen 56-57: Endere–Spieler Albert Sempeke

(oben) und Albert Bisaso (unten); Fotos: T. Teffera

19.05.2005, Kampala

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es selbstverständlich auch spezielle Musikveranstaltungen am Hof, die sowohl der privaten Unterhaltung des Königs dienten, aber auch spezielle Feierlichkeiten wie Hochzeiten, Geburtstage betrafen oder solche, an denen die Bevölkerung auch teilhaben durfte (Cooke 1970c: 15). In der Abwesenheit des Königs hingegen, war es Tabu Musik im Palast zu spie-len. Aufgrund ihrer besonders respektierten Stellung war es auch strikt untersagt, ein Großteil der Hofmusikinstrumente außerhalb des königli-chen Hofes, dem Lubiri zu spielen (Kubik 1982: 16). Endere–Flöten werden je nach gegebenem Anlass von zwei, drei, vier und mehr nur männlichen Musikern in Sätzen gespielt. Das Musikreper-toire hat sich über mehrere Jahrhunderte hinweg stets entwickelt und erweitert. Neben den Instrumentalstücken, basiert es hauptsächlich auf einer Reihe von Gesängen, deren unterschiedlichen Textinhalte im All-gemeinen die Tradition der Baganda repräsentieren. Sie werden überwie-gend in Form von Wechselgesängen zwischen einem Gesangsleiter und einem Chor ausgeführt (Cooke 1970c: 39f.; Sempeke: 2005). In den Instrumentalstücken imitieren die Endere meistens die Wechselge-sänge und die darin vorkommenden Wörter, Wortkombinationen und Satzstrukturen, deren Bedeutungen vor allem für den bugandischen Zuhö-rer leicht verständlich sind (Cooke 1996: 450). Wenn z.B. ein Wechsel-gesang imitiert wird, so ist schnell feststellbar, wie die Rolle des Ge-sangsleiters durch eine der führenden hoch gestimmten Flöten etwa die Entemyo nachgeahmt wird. Der begleitende Chor wird dagegen von den tieferen Flöten wiedergegeben. Insgesamt ist es also durch das Endere–Spiel möglich, das Gesprochene durch Musik darzustellen. Der Grund ist die Luganda–Sprache, eine Tonsprache. Die Flötenmelodien sind somit nicht nur „abstrakte“ Stücke, sondern sie besitzen deutlich definierte Textinhalte, d.h. neben den Konsonanten und Vokalen bestimmt auch die Intonation welche Bedeutung ein Wort trägt (Kubik 1982: 80). Zu Regierungszeiten des bugandischen Königs wurde ein Endere–Ensemble Ekibiina–ky'abalere und die daran teilnehmenden Musiker als Abalere–Ba–Kabaka „Flötenspieler des Königs“ bezeichnet. Seinen Ein-druck über das Endere–Ensemble schildert Cooke (1996: 448) so:

“The Abalere ensemble evolved over the centuries into a sophisticated and fascinating musical team. When I first heard their music I was tempted to compare the astonishing sound with the twittering of a flock of weaver birds. Making musical sense of the seemingly unrelated and constantly varied melodies played by only four flutists seemed to me at that time impossible…Only later did I learn that they were all articulating the same song melody, but with such a high degree of heterophonic variation, including octave transpositions, anticipations and extended notes and trills, that all the parts seemed quite different.” Die Endere wurden mit anderen Instrumenten in unterschiedlichen Beset-zungen gespielt. In einem Flötensatz gehörten somit unterschiedliche Trommeltypen wie zum Beispiel die einfellige Trommel Engalabi und die doppelfelligen Konustrommeln Embutu, Empunyi und Nankasa, die achtsaitige Leier Endongo und die Röhrengeige Endingidi. Zu besonders speziellen Anlässen wie etwa Besuch von hochrangigen Gästen wurden weitere Instrumentenspieler aus den verschiedenen Dörfern in den Hof bestellt, um im Ensemble mitzuwirken. Die Anzahl der in einem solchen

Für weitere Informationen über afrikanische Tonsprachen, siehe Kubik 1983b: 49–57;

Wängler 1983: 58–65, Jungraithmayr 1983: 66–71 und Cooke 1970c: 34–42.

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Ensemble teilnehmenden Musikern erhöhte sich bisweilen auf 20 bis zu 30 Instrumentenspieler (Wachsmann / Trowell 1953: 340, 404, Tafel 115; Cooke 1996: 440f.; 448; 2001a: 40; Sempeke / Serwanga 2005). Neben dem Endere–Ensemble, gibt es auch das Baakisimba–Ensemble der Baganda, das sich aus fünf ähnlichen Längsflöten und zwar zwei Entengezi, zwei Ensasi und einer Entabitabi sowie drei Trommeln zu-sammensetzt und am Hof des Kabaka Mutesa II. in dieser Besetzung aufgeführt wurde. Wachsmann und Trowell (1953: 340) schildern auch, dass diese Instrumentenbegriffe sich auf die musikalische Technik und Struktur beziehen und auch auf weitere Musikinstrumente angewendet werden können. Genauso, wie die anderen Flötenensembles, bekommen auch die Baakisimba–Flöten in den Musikstücken bestimmte Rollen zu-geteilt. Manchmal wird eine vierte Flöte, nämlich die Enkologi einge-setzt, die durch ihr langes Rohr mit relativ großem Durchmesser die tiefs-ten Töne – neben der Trommel Empunyi – im Ensemble erzeugt. Die Hauptfunktion der Trommel Empunyi ist die Unterstützung eines fortlau-fend gleichmäßigen metrorhythmischen Verlaufs in einem Musikstück. Nach Bisaso (2005248) repräsentieren die 6 Flötennamen die in der Mu-siktradition der Baganda weitgehend genutzte halbtonlose pentatonische Tonreihe249. Bisaso demonstrierte die zu erzeugenden Grundtöne der einzelnen Endere–Flöten auf dem Akadinda–Xylophon, das mit zwölf Holzstäben ausgestattet ist (hier sind die Tonhöhen um einen halbten Ton tiefer notiert: Notenbeispiel 9).

Notenbeispiel 9: Grundtöne der 6 Endere demonstriert auf dem Amadinda Xylophon (1/2 Ton tiefer notiert)

Von den hier angegebenen Grundtönen ausgehend werden die jeweiligen Tonreihen der einzelnen Flöten mit ihren gewöhnlichen Intervallabstän-den aufgebaut. Daher erklingen sie in verschiedenen Oktavlagen bzw. in unterschiedlichen Frequenzbereichen. Während meiner Feldforschung in Uganda im Mai 2005 konnte ich leider keinen vollständigen Endere–Flötensatz finden. Die ehemaligen Hofmu-siker Bugandas Albert Sempeke und Ludowi Serwanga stellten mir nur die in ihrem Besitz befindlichen Flöten Entemyo, Entabitabi und Ensaasi vor250. Da diese drei Flöten jedoch nur die Hälfte des traditionellen 248 Persönliches Gespräch mit Albert Bisaso; Uganda, Mai 2005, Kampala. 249 Am Beispiel der Röhrengeige Endingidi und der achtsaitigen Schalenleier Endongo

erläutert der Musiker die in der traditionellen Musik der Baganda gebräuchlichen Stimmung (siehe auch Filmaufnahme: Uganda 2005, Video–12 von 21:35 bis 28:39 Minuten; Privatsammlung: Teffera/Ostafrika/2005).

250 Die Stimmungen und die darauf ausgeführten Instrumentalstücke (Solo und im Duett) wurden aufgenommen und entsprechende Interviews mit den Musikern durchgeführt (siehe auch Filmaufnahme: Uganda 2005, Video–12 von 30:20 bis 37:26 Minuten; Pri-vatsammlung: Teffera/Ostafrika/2005).

.

Stimmung

85

Endere–Flötenensembles repräsentieren, habe ich die von Cooke (1971c: 21) untersuchten sechs Endere–Flöten näher in Betracht genommen und sie anschließend mit meinen Ergebnissen verglichen. Cooke hat die Tonhöhen der einzelnen Flöten nacheinander aufgenom-men und versucht, ihre Frequenzbereiche mit Hilfe eines Schallmessge-räts genau zu ermitteln. Die Tonhöhen mit den jeweils ersten Obertönen werden im Notenbeispiel 10 veranschaulicht. Wie aus Cookes (1970c: 24) Darstellung ersichtlich wird, stimmen die Grundtöne der sechs Flöten sowohl mit dem im Notenbeispiel 9 auf dem Xylophon Akadinda demonstrierten Tonhöhen als auch mit den von mir untersuchten Stimmungen der drei Flöten Entemyo, Ensasi und Entabita-bi überein. Die mit einem Plus– bzw. einem Minuszeichen gekennzeich-neten Tonhöhen (notiert sind jeweils die ersten zwei Teiltöne: Grund– und Oktavton) weisen auf die genaue Cent–Angabe (höher oder tiefer) hin basierend auf der europäischen temperierten Notation. Eine Endere–Flötenfamilie kann in einer Ensembleaufführung einen Tonumfang von bis zu drei Oktaven besitzen. Die letzte Flöte Enkologi, die doppelt so lang ist als die erste Entemyo–Flöte, erklingt demzufolge auch um eine Oktave tiefer. Die vier anderen Flöten Entabitabi, Ensaasi, Entengezzi und Ekiwuuwe sind dagegen um eine Tonstufe (innerhalb der halbtonlo-sen Intervalle) tiefer gestimmt als die jeweils vorangegangene Flöte (Be-zugstonhöhe a’ = 440 Hz). In früheren Zeiten beherrschte ein erfahrener Hofmusiker in der Regel alle sechs Flöten und ihre jeweiligen Tonreihen. In einer Endere–Ensembleaufführung erfüllt jede Flöte eine bestimmte Funktion. Daher wird von jedem Flötenspieler erwartet, dass er seine melodisch rhythmi-schen Phrasen an den richtigen Stellen hinzufügt. Individuell spontan gestaltete, willkürliche bzw. freie Improvisationen sind nicht erlaubt, sondern jede melodische und rhythmisch metrische Struktur wird sorgfäl-tig im Ensemble erlernt und intensiv geübt. Cooke (1996: 448f.) schildert über seine praktischen Spielerfahrungen auf den verschiedenen Endere–Flöten, die er am bugandischen Hof lernte wie folgt: “When I first began learning Endere from Blasio, he first taught me to play the barest outline of the song melody in both octaves and to switch octaves at several different points in the cycle. Each phrase was taught legato, without any articulation of the tongue through with considerable use of diaphragm pulses. I was then told, now you must begin to learn the tricks. Up to this point I had imagined that I could add trills, appoggiaturas and other graces at will. This was not the case: every possible ornament was carefully taught to me in its appropriate place in the phrase. Busuulwa continually reminded me that I was playing the words, using fingers to articulate the consonants, and he found the idea of free improvisation on the flute a laughable idea. To confuse me further I was asked to begin learning the same melodic phrases in the same Muko that means at the same pitch level, but on the next larger flute. Since this flute was pitched one tone lower than the previous flute, I had to begin to learn a completely new set of fingering patterns. My respect for the Kabaka’s Abalere increased on learning that they had a repertory of at least 36 different songs which could be played at any of five different pitch levels and that most of the players were expert on all six different–sized flutes. The Entaala players also have to learn to perform their songs on any one of five different pitch levels, making octave adjustments to those notes which would otherwise take one’s hands outside their proper five–note playing range”. Auf den Flöten Entemyo und Ensaasi spielten die ehemaligen Hofmusi-ker Bugandas, Sempeke und Serwanga (Abb. 58) zwei Instrumentalstü-cke im Duett.

Untersuchung des Endere–Satzes

86

Abbildung 58: (links) Albert Sempeke mit

der Flöte Entemyo, (rechts) Ludowi Serwanga mit der Flöte Ensaasi, Foto: T.

Teffera 19.05.2005, Kampala

Die Melodiezeilen sind nicht unisono aufgebaut, sondern jede Flöte trägt ihre eigene Funktion, die im Zusammenspiel miteinander verschmilzt und sich somit eine Kette von einer fließenden Melodie ergibt. Im Flötenspiel sind die Atempausen der Musiker kaum wahrzunehmen, weil diese absichtlich nicht simultan stattfinden. In den zwei Instrumentalstücken wurden be-kannte traditionelle Wechselgesänge, z.B. ein Kriegsgesang imitiert, die zum alten Endere–Repertoire gehören. In diesem Zusammenhang erklärten die Musiker, dass die hoch gestimmte Entemyo oft die Hauptmelodie spielt und den Gesangsleiter repräsentiert. Die Melodiezeilen werden von dem Spieler entsprechend unterschiedlich gestaltet. Im Vergleich dazu werden im

Ensaasi–Spiel die Gesangszeilen des begleitenden Chors in tiefer liegen-den Tönen wiedergegeben. Die Melodiezeilen sind insbesondere von sich stetig wiederkehrenden Zeilen bzw. Ostinato Motiven bestimmt, die bis-weilen ein wenig variiert werden. Allerdings konnte dieses in einem ziemlich schnellen Tempo ausgeführte Musikstück nicht transkribiert werden. Stattdessen wurde der Anfang eines auf der Entabitabi solistisch aufgeführten Instrumentalstückes in Noten wiedergegeben (Notenbeispiel 11). Die im Notenbeispiel 11 dargestellten Melodiezeilen zeigen ähnliche Strukturen. So können Zeilen 1/5, 2/6 und 3/7 miteinander verglichen werden. Zeilen 1 bis 4 oder Zeilen 5 bis 7 scheinen in sich abgeschlosse-ne Abschnitte zu besitzen. Der Flötenspieler variiert seine Melodiezeilen verschiedenartig. Über die Endere–Flötenmusik existieren einige Veröffentlichungen und Musikaufnahmen. Zunächst sei die Arbeit von Peter Cooke mit dem Titel The Ganda Ndere (1970) genannt. Cooke hat über mehrere Jahrzehnte hinweg die traditionelle Musik Ugandas vor allem verschiedene Flötenin-strumente der hier beheimateten Volksgruppen eingehend untersucht. In dieser wissenschaftlichen Arbeit beschäftigt er sich neben den sozialkul-turellen und historischen Aspekten der Endere am bugandischen Hof auch mit den musikalischen und instrumentenkundlichen Eigenschaften und Funktionen dieser Flöten im Einzelnen und der Rolle der einzelnen Flöten im Zusammenspiel bzw. während einer Ensembleaufführung. Seine Analysen stützen sich auf Solo– und Ensembleaufnahmen, die er mit Hilfe von zahlreichen Transkriptionen darstellt251. Diese wissen-schaftliche Arbeit kann daher als ein Standardwerk verwendet werden, um eine detaillierte Kenntnis über die Endere zu gewinnen. Zwischen den Jahren 1961 und 1970 führte Gerhard Kubik ebenfalls mehrere Forschungsreisen in Uganda durch, worunter sich auch die tradi-

251 Der Großteil seiner Feldaufnahmen befindet sich im British National Sound Library

unter der Sammlungsnummer C23 (siehe z.B. Endere–Ensembleaufführung im königli-chen Palast in Kampala, Aufnahme November 1965; Nr.: G PCUG64–8.5.A5). Unter den im British National Sound Library archivierten Tonaufnahmen wurde auch eine CD mit dem Titel The Kings Musicians: Royalist Music of Buganda TSCD–925, 2003 veröffentlicht.

Quellenmaterialien

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tionelle Musik der Baganda befindet. Diese im Phonogrammarchiv Wien aufbewahrten Tonsammlungen beinhalten auch Aufnahmen von Endere– Ensembles7, in denen die Flöten im Zusammenspiel mit anderen Instrum- Notenbeispiel 10: Stimmung eines Endere–Satzes jeweils in aufsteigender Folge des Abgreifens (Cooke 1970c: 27)

menten aufgeführt werden. Als Beispiel sind die Signaturen B–12462 und 12463, B–12492 bis 12494 zu nennen. Andere Tonaufnahmen aus Ugan-da finden sich in der AMA–Ausgabe / ILAM 273 von Hugh Tracy252 aus den Jahren 1950 und 1952. Diese und andere alte Schallplattenaufnahmen von Hugh Tracy stehen uns heute auch in digitalisierter Version auf CDs253 zur Verfügung. Hier befinden sich unter anderem Ensembleauf-nahmen, in denen Endere–Flöten gemeinsam mit den gewohnten Trom-meln mitwirken. Die Musiker sind die so genannten Abalere–Ba–Kabaka, die „Flötenspieler des Königs“, die ihre Musik am Hof von 252 AMA: Sound of Africa Ganda/Uganda; ILAM 273; Signatur P–650, siehe Klangbei-

spiele LP Seite–A, Nr. 1–4; Titel: 1. Okuzanyira, 2. Kikwabanga, 3. Asonga und 4. A-namwang’anga; Sammlung: Phonogramm–Archiv der Abteilung Musikethnologie des Museums für Völkerkunde Berlin.

253 Siehe Royal Court Music from Uganda: 1950 & 1952, historische Tonaufnahmen von Hugh Tracy auf CD veröffentlicht 1998 ; SWP 008/HT 02, ILAM, South Africa, siehe Klangbeispiele Lied Nr. 4. Okuzanyir und Nr. 5. Asenga Omwami Tagayala mit En-sembleinstrumenten (Flöten und Trommeln) und Gesang.

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Notenbeispiel 11: Instrumentalstück auf der Flöte Entabitabi, Aufnahme: T. Teffera am 19.05.2005 Kampala, Flötenspieler: Albert Bisaso

Buganda aufführten. In der umfangreichen Tonsammlung der traditionel-len Musik Ugandas254 Klaus Wachsmanns, die zwischen den Jahren 1949 und 1954 entstand, sind auch Endere–Aufnahmen enthalten. Das Endere–Ensemble ist bei den Baganda beinahe Vergangenheit, denn die ehemaligen Musiker der Königshäuser werden kaum mehr ersetzt. Diese Hofmusiker aus Buganda, die heute keine aktive musikalische Funktion im Zusammenhang mit dem frührer berühmten Königshaus

spielen, konnte ich über den gegenwärtigen Stand dieser Musikkultur befragen. Die Antwort war allerdings nicht überraschend. Einige Monate nach meinem Forschungs-aufenthalt in Uganda starb eine der wichtigsten Persönlichkeiten, Albert Sempeke (Abb. 56 und 58), der die bugandische Hofmusik als multitalentierter und aktiver Musiker – Jahrzehnte lang gepflegt hatte. Albert Sempeke hat sich bis zu seinem Tod der traditionellen Hofmusik von Buganda gewidmet. Er war Sänger und Instrumentenspieler zugleich. Als traditioneller Lehrer hat er stets versucht, seine musikalischen Kenntnisse, Fähigkeiten und seine langjährigen Erfahrungen in der bugandischen Hofmusik an die jüngere Generation vor allem an seine Kinder weiter-zugeben. Unter ihnen ist sein Sohn Albert Sempeke heute nicht nur ein talentierter Musiker wie sein Vater, sondern er gibt auch Lehrveranstaltungen in staatlichen und privaten Institutionen (Schulen und Universitäten) in Uganda. Aufgrund dessen besteht eine gewisse Hoffnung, dass diese traditionellen Musikinstrumente und das damit verbundene Musikrepertoire des ehemaligen bugandischen Hofes zumindest teilweise doch aufrechterhalten werden kann.

FODIMA (Afar – Äthiopien)

Name Klassifikation

Zusatz

Synonyme Form, Material Maße in cm Form/Anordnung Fodima 421.111.12 L/D mit grifflöchern

offene Längsflöte aus Bambus (Afar – Äthiopien)

L = ca. 45–60 zylindrisch, vier vordere Grifflöcher, scharfe Anblaskante

254 Wachsmanns Tonaufnahmen, die ungefähr 26 verschiedene Volksgruppen Ugandas

berücksichtigen, sind sowohl im Uganda National Museum, Kampala als auch im Bri‐tish National Sound Library (hier unter der Sammlungsnummer C4) zugänglich.

Die Tradition des Endere–Ensembles bei den Baganda heute

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Die Fodima ist eine offene Längsflöte aus Bambus, der meistens aus dem fruchtbaren Hochland Äthiopiens importiert wird. Ihre Länge kann 45–60 cm betragen. Sie hat eine scharfe Anblaskante und vier vorderständige Grifflöcher. Ähnlich wie die Fodima werden in vielen Kulturen Äthio-piens Flöten aus verschiedenen Bambusarten gefertigt. Einige Exemplare wurden im Völkerkundemuseum Wien untersucht. Abbildung 59 (Inv.–Nr.: 073252 und 073253, Sammler: Paul Alexander Szanto/1905) zeigt beispielsweise zwei offene Längsflöten aus dickwan-digen Bambusröhren mit jeweils vier vorderständigen Grifflöchern und 42 bzw. 45 cm Längen. Die Anblasvorrichtungen sind ebenso mit schar-fen Schneiden versehen. Die Flöten sind an beiden Rohrenden nach innen abgeschliffen. Interessant ist die Ausschmückung der Rohrwände mit eingebrannten Motiven, die in den Flötenherstellungen Äthiopiens soweit bekannt nicht vorkommen. Den Katalogangaben zufolge, wurden beide Flöten in Äthiopien gesammelt, jedoch fehlen wichtige Informationen über ihre genaue Herkunft. Eine weitere offene Längsflöte aus derselben Sammlung, die laut den Katalogangaben bei den äthiopischen Oromo vorkommt, weist eine Ge-samtlänge von 72 cm mit einem Durchmesser von 2.5 cm auf (Abb. 60: Inv.–Nr.: 045289, Sammler: Phillip Paulitschke 1892). Sie ist aus einem zweiknotigen Bambus hergestellt und ist mit zwei vorderen Grifflöchern ausgestattet, die in einem Abstand von etwa 12 cm in der unteren Hälfte des Rohrs gebohrt sind255. Von ihrer außergewöhnlichen Länge und den Grifflöchern ausgehend ist anzunehmen, dass diese Flöte vermutlich der individuellen Körpergröße des jeweiligen Spielers maßangefertigt ist. Flöten mit Maßanfertigungen begegnen uns auch in vielen Musikkulturen Ostafrikas wie etwa die Ebune der kenianischen Turkana und die Alamouru– und Ekinimba–Flöten der Acholi– und Kiga aus Uganda. Ein besonderes Merkmal solcher Flöten besteht ferner nicht nur in ihren ent-sprechend unterschiedlich angefertigten Längen, sondern auch darin, dass sie oft nur zwei vorderständige Grifflöcher besitzen. Die Herstellung hängt mit dem Wunsch zusammen, so tiefe Töne wie möglich zu spielen. Daher werden auch die Grifflöcher unmittelbar neben dem Rohrende passend zu der Armlänge des Musikers fixiert. Die Fodima kommt in der Musikkultur der Afar–Volksgruppe aus der Danakil–Wüste vor, eine der heißesten und tiefsten Gebiete der Erde. Dieses, vom Wassermangel bedrohte, stets von Dürreperioden heimge-suchtes Gebiet umfasst Teile von Zentral– und Nordäthiopien, wobei weitere Afar–Gruppen auch in Eritrea, Djibuti und Somalia leben. Der Großteil der Bevölkerung betreibt die Nomadenwirtschaft und züchtet Schafe, Ziegen, Kühe und Kamele. Die Fodima scheint die einzige Flöte der Afar–Hirten zu sein, was auch von meinem Informanten, Ismael (ebd.) bestätigt wird. Meistens bauen die sie ihre Flöten selbst. Die Fodima wird von Frauen nicht benutzt. 255 Im Katalog ist lediglich die Volksgruppe Oromo eingetragen. Diese Information ist

allerdings unzureichend, weil die zahlenmäßig am stärksten vertretenen Oromo–Gruppen in nahezu allen Gebieten Äthiopiens verteilt leben. Die Oromo, die in West–, Ost–, Zentral–, Nord–, Süd–Oromo klassifiziert sind, setzen sich aus ungefähr 200 Klans zusammen. Der Gebrauch von solchen und ähnlichen Blasinstrumenten konzent-riert sich überwiegend in West– und Südäthiopien. Deshalb ist es zu vermuten, das die hier untersuchte Längsflöte wahrscheinlich aus einer dieser Regionen kommt.

Genderbeziehung Funktion und

Bedeutung der Fodima Flöte

Abbildung 59

Abbildung 60 Fotos: T. Teffera. 15.05.2006, Wien

Verbreitungsgebiet

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In der Regel begleitet die Fodima nach Ismael (2006) keine Gesänge, sondern sie ist nur für Instrumentalstücke bestimmt, die von dem jeweili-gen Musiker individuell gestaltete Gesangsmelodien darstellen256. Auf der Fodima gespielte Stücke beschäftigen sich in ihrer Bedeutung meistens mit Tieren. In Musikkulturen der Viehzüchter und/oder Nomaden wie beispielsweise die Karamojong und Tepeth aus Uganda, die Maasai und Turkana aus Kenia sind die Gesänge, Instrumentalstücke, Rezitationen und Erzählungen oft den Preisungen von Tieren gewidmet. In der Darstellung der Mensch–Tier–Kommunikation spielt somit auch die Fodima eine wichtige Rolle in der Afar–Musik. Sie imitiert und be-gleitet jede Bewegung der Tiere: zum Beispiel beim Wassertrinken oder auf dem Weg nach Hause. Selbst Gesänge, die zu anderen sozialen An-lässen ausgeführt werden, reflektieren direkt oder indirekt Tierpreisungen in ihren Texten. In einigen wenigen Ausnahmen kann es vorkommen, dass der Hirte zwischen dem Flötenspiel kurze Textphrasen singt, eine oft zu beobachtende Musikpraxis der Amara–Hirten beim Spiel auf der Washint–Flöte (siehe Washint). Bei den Afar bilden also Tiere den Kern des sozialen und wirtschaftlichen Daseins. Reichtum und Ansehen eines Mannes werden anhand der An-zahl seiner Tiere gemessen. Daher beschäftigt sich auch der Inhalt des Musikrepertoires vorwiegend mit Preisgesängen für die hochgeschätzten Tiere. Dieses Phänomen kommt auch in vielen nomadisierenden und Viehzucht betreibenden Volksgruppen Ostafrikas vor. So sind die Musik-repertoires (z.B. Gesänge, Instrumentalstücke, Rezitationen und/oder Erzählungen) der Karamojong, Tepeth, Maasai, Turkana, Borana, Somali und Dinka Volksgruppen aus Uganda, Äthiopien, Somalia und aus dem Sudan überwiegend den Preisungen von Tieren gewidmet. Bei den nilotischen Dinka ist zum Beispiel das Tier ein Prestigeobjekt schlecht-hin. Dies spiegelt sich in der Gattung der Preisgesänge auf Stiere und Ochsen, genannt Diet  Ke Mior, wieder. Deshalb ist jeder erwachsene männliche Angehörige dieser Gemeinschaft auch verpflichtet, seine schöpferische und musikalische Begabung mit der Komposition von Preisgesängen zu beweisen, da Gesänge ebenso wie Tiere als Eigentum, Ehre, Würde und Stolz betrachtet werden, die die Persönlichkeit eines Individuums ausmachen. Diese Situation gilt auch für den Großteil des Musikrepertoires der Dinka (Robert 1977: 30).

FOODHIN (?) – (Bajuni – Somalia, Kenia)

Name Klassifikation

Zusatz

Synonyme Form, Material Maße in cm Form/Anordnung

Foodhin 421.111.12 L/D mit Grifflöchern offene Längsflöte aus Bambus

(Bajuni – Somalia, Kenia) L = 33 ø = 1,5

zylindrich, fünf vordere Grifflöcher, scharfe Anblaskante

Ergologie: Bei der in Abbildung 61 (Inv.–Nr. 140565, Sammler: Ludwig Zöhrer, 1960) vorgestellten offenen Längsflöte aus der Sammlung des 256 Gespräch am 15.02.2006 in Berlin. Mohammed Ismael ist Angehöriger der Afar aus

Äthiopien.

Die besondere Stellung des Tieres bei den Afar

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Völkerkundemuseums Wien könnte es sich wahrscheinlich um die als Foodhin bekannte Bambusflöte handeln. Ihre Länge ist ca. 33 cm und ihr Durchmesser 1,5 cm. Die Anblasvorrichtung hat eine scharfe Schneide. Die Flöte besitzt fünf vordere Grifflöcher. Spielweise: Die Spielweise und Spielhaltung ähnelt die der soweit be-schriebenen Längsflöten verschiedener ostafrikanischer Musiktraditionen. Laut den Katalogangaben, kommt diese Flöte bei den Bajuni257 vor. Diese Volksgruppe bewohnt Süd– und Südwestsomalias und die so genannten Bajuni–Inseln, die im Indischen Ozean entlang der Küste von Kismayo bis zum Ras Kaamba Kiyaambo liegen258. Weitere Bajuni–Gruppen leben in der Gegend der Insel Lamu in Kenia und sie gehören zu der Swahili. Daher teilen sie mit den Swahili nicht nur sprachliche, sondern auch religiöse (Islam) und kulturelle Gemeinsamkei-ten. Aufgrund der Tatsache, dass ihr Siedlungsgebiet vom Wasser umge-ben ist, bestreiten viele Bajuni ihr Lebensunterhalt als Fischer, Seeleute, Händler und Schiffbauer, während ein anderer Teil hauptsächlich Land-wirtschaft und Viehzucht betreibt (Fedders / Salvadori 1994: 151ff.). Ähnlich wie die Fodima–Flöte der äthiopischen Afar, ist die Foodhin der Bajuni fast ausschließlich in den Händen von Hirten zu finden. Das Flö-tenrepertoire dient auch hier nicht nur dem Zeitvertreib und der Selbstun-terhaltung des Spielenden, sondern es ist zum größten Teil dem Tier ge-widmet. So spielt der Hirt gewöhnlich hinter seiner Herde her laufend auf seiner Flöte bis das Weidegebiet erreicht ist (Hussein 2005259).

FORIMO, GOBIAS (Midgan – Somalia) Name Nr. Klassifikation

Zusatz

Synonyme Form, Material Maße / cm Form/Anordnung Forimo L/D Grifflöcher (?)

offene Längsflöte aus Holz (Midgan–Somalia)

unbekannt zylindrich (?)

Gobais

421.111.12 (?)

offene Längsflöte aus (Somalia)

In Somalia kommen weitere Flöten vor, die laut Wachsmann (1986: 858f.) verschiedenen Zwecken dienen. Die vermutlich aus Holz oder Bambus hergestellten Flöten Forimo und Gobais „die Singende“ gehören zu den traditionellen Musikinstrumenten der Somali. Die Forimo–Flöte nennt Wachsmann (ebd.) eine „Somalipfeife“, die als Signalinstrument der Jäger der Midgan genannten Gemeinschaft geblasen wird. Während der Jagd sollen die klagenden Töne der Flöte den Strauß herbeilocken. Die Gobais–Flöte ist vermutlich in Südsomalia anzutreffen, da im nördli-chen Gebiet dieses Landes Musikinstrumente sehr selten genutzt werden.

257 Auch Baajun, Badschuni und Wabajuni genannt. 258 Die sechs Hauptinseln werden Chandra, Chowaye, Chula, Koyaama, Darakasi und

Ngumi genannt. 259 Gespräch mit Hussein Abdella, einem Angehörigern der Bajuni–Gemeinschaft in

Kenia. Hussein lebt in Watamu, 30 km südlich von der kenianischen Küstenstadt Ma-lindi. Hier bestreitet unwesentlich Bajuni–Gruppe sein Leben als Touristenführer.

Abbildung 61: Foodhin–Flöte Foto: T. Teffera. 17.05.2006,

Wien

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Eine dritte Flöte ist bei den Essa260 zu finden, eine Subgruppe des Dir–Klans in Somalia. Hierbei handelt es sich auch um eine offene Längsflöte aus Holz mit einer Länge von 65cm, dessen Rohr mit Schafsdarm über-zogen wird. Die Flöte wird mit zwei vorderständigen Grifflöchern aus-gestattet, die unmittelbar neben dem unteren Ende des Rohres gebohrt werden. Für die Tonhöhenerweiterung wird beim Spielen – außer den zwei Grifflöchern – auch die untere Rohröffnung vom Musiker auf– und abgedeckt. Wachsmann (ebd.) schreibt dazu folgendes:

„Die Kombination von geradem Anblasrand und der Zweizahl der Löcher dicht an der unteren Öffnung der Röhre hat die Esa–Flöte mit Instrumenten anderer hamitischer und nilo–hamitischer Stämme Afrikas gemeinsam. Die Esa–Flöte zeigt charakteristische Züge, die nicht nur in Ost– und Nordafrika vorkommen, sondern die auch in Madagaskar und am Tschadsee, im alten Ägypten, in Kleinasien, auf dem Balkan und in Griechenland bekannt waren“.

Die neben dem unteren Rohrende angeordneten Grifflöcher dieser Flöte können Ähnlichkeiten mit den Ebune–, Alamoru– und Ekinimwuwa–Flöten der Turkana, Acholi, Karamoya und Kiga aus Kenia und Uganda besitzen. Eine als Kironge bekannte offene Längsflöte aus Hirsestängel, weist auch ähnliche Eigenschaften wie die hier erläuterten Flöten auf. Das Instru-ment hat zwei vorderständige Grifflöcher, die gewöhnlich am unteren Ende der Röhre gebohrt werden. Die Kironge wird randgeblasen. Von Glinieski (1989: 1579) berichtet, dass die Kigonge von Hirten oder Kin-dern der Doe in Gebrauch ist, die die Küstenregion Tansanias bewohnen.

LALEGO und PELO (Lango und Larim – Sudan und Uganda) Name Klassifikation

Zusatz

Synonyme Form, Material Maße/ cm Form/Anordnung

Lalego 421.111.12 L/D mit Grifflöchern

offene Längsflöte aus Kalebassenspitze (Lango – Sudan)

L = 9-12 ø = 3,5

konisch, Rohr verjüngt sich zum Rohrende hin, zwei vordere Grifflö-cher, Blasloch mit konkav ausgeschnittenen Ecken versehen, Harzklum-pen zur Verkleinerung des Anblaslochs verwendet

Pelo offene Längsflöte aus Kalebassenspitze (Larim – Sudan)

L = 9-12 ø = 3,5

konisch, Rohr verjüngt sich zum Rohrende hin, ein vorderständiges Griffloch, Blasloch mit konkav ausgeschnittenen Ecken versehen, Harz-klumpen zur Verkleinerung des Anblaslochs verwendet

Die in der oberen Tabelle aufgelisteten zwei Flöten werden aufgrund ihrer gemeinsamen Eigenschaften ungetrennt voneinander beschrieben. Es handelt sich um offene Längsflöten mit Grifflöchern, die ausschließ-lich aus der Spitze einer getrockneten und ausgehöhlten Kalebasse gefer-tigt werden. Ihre Längen variieren zwischen 9 und 12 cm und ihre Durchmesser liegen ungefähr bei 3,5 cm. Als besonderes Merkmal ist zunächst ihr konischer Rohrverlauf zu nennen, der sich zumeist zum Roh-rende hin verjüngt. Die Rohrenden haben kleine und runde Löcher. So-weit bekannt besitzen diese Kalebassenflöten ein oder zwei oft vorder-

260 Auch Issa genannt. Eine große Gruppe der Essa lebt auch in Djibouti

Ergologie

93

a

b

c

Abbildungen 62a–c: Lalego–Flöte der Lango, Inv.–Nr.: 1934.8.97, Sammler: Percy Horace Gordon Powell–Cotton Sammlung und

Fotos: PRM, Oxford

a

b

c

Abbildungen 63a–c: Pelo–Flöte, Inv.–Nr.: 1979.20.193, Sammler: Jill Goudie, Sammlung und Fotos:

PRM, Oxford

ständige Grifflöcher, die gewöhnlich mit einer heißen Eisenstange fixiert werden. Eine weitere Besonderheit dieser Flöten liegt in ihren Anblasöffnungen, die aufgrund der natürlichen Kalebassenform breiter ausfallen als ihre Rohrenden. Die Anblasvorrichtungen weisen oft konkav ausgeschnittene Ecken an deren Vorder– und Rückseiten auf. Nach Beendigung dieses Arbeitsvorganges kann es in einigen Fällen vorkommen, dass die Öffnungen mit Teer– und Harzklumpen, Bienenwachs oder ähnlichen Materialien je nach Wunsch des Instrumentenmachers entsprechend verkleinert werden. Ansonsten folgt der restliche Teil der Flötenwand der natürlichen Form der Kale-basse. Die Lalego–Flöte wird mit zwei vorderständigen Grifflöchern ausgestattet, während die Pelo–Flöten jeweils nur ein vorderständiges Griffloch besitzen, das sich gewöhnlich neben der Anblasöffnung befindet. Exemplare der Lalego– und Pelo–Flöten (Abb. 62 und 63a–c) sind in dem Pitt–Rivers Museum, Oxford zugänglich. Abbildungen 62 und 63b zeigen die Blasöffnungen beider Flöten, die jeweils an zwei Seiten mit Harz oder Wachs modelliert wurden, um sie zu verkleinern. Die Instrumentenwände sind mit gemalten, eingeritzten oder eingebrannten Motiven, z.B. Linien, Punkten, Dreiecken und Quadraten verziert. Spielweise: Beim Spielen dieser Flöten kann sowohl die untere Öffnung als auch die zur Verfügung stehende/n Griffloch/-löcher ab– und aufgedeckt werden um alternierende Tonhöhen hervorrufen zu können. Weitere Tonhöhen können vermutlich auch durch Überblasen und durch unterschiedliches Positionieren der Lippen (Winkel) erzeugt werden. Allerdings können sich sowohl die Spieltechnik als auch der Wunsch nach einer Tonhöhenerweiterung von einer Kultur zur anderen unterscheiden. Verbreitungsgebiet: Die Lalego und Pelo werden bei den im sudanesischen Lango– und Larim261–Gemeinschaften benutzt. Die Lango bewohnen überwiegend die Gebirge262 im Südostsudan an der ugandischen Grenze. Sie betreiben zwar Ackerbau aber überwie-gend leben sie von der Viehzucht. Sie sind in ungefähr 13 Klans unter-gliedert. Die Larim bewohnen dagegen den Südsudan als sesshafte Ackerbauer und Viehzüchter. Die hier verwendeten Flöten besitzen zwar auch zwei Grifflöcher wie die Flöte der Lango, jedoch ist das erste Griffloch seitlich und das zweite vorderständig gebohrt. Weitere Volksgruppen, bei denen ähnliche Flöten vorkommen, sind laut Wachsmann und Trowell (1953: 343f.) die Labwor– und Madi–Völker aus Uganda. Die Instrumente sind hauptsächlich als Signal-instrumente der Jäger in Gebrauch. Daher dürfen sie auch gewöhnlich nur von den männlichen Gemeinschaftsangehörigen gespielt werden.

261 Auch Narim, Longarim und Boya genannt. 262 Auch Bira, Isoke, Tseretenya, Imotong, Lomohidang, Gilo und Katire genannt.

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KUMURERE (Gishu–Uganda) Name Nr. Klassifikation

Zusatz

Synonyme Form, Material Maße / cm Form/Anordnung

Kumurere 421.111.12 L/D mit Grifflöchern Khumulele offene Längsflöte aus Bambus oder

aus dem Ast eines Rizinusbaumes (Gishu –Uganda)

L = 25–30

zylindrisch, zwei vordere Grifflö-cher, u–förmige Einkerbung der Anblasöffnung

Die Längsflöte Kumurere bzw. Khumulele, die aus Bambus– oder aus dem Ast eines Rizinusbaumes hergestellt wird, besitzt zwei vorderständi-ge Grifflöcher und eine U–förmige Kerbe an der Anblasöffnung (Wachs-mann / Trowell 1953: 339). Die Flöte ist bei den Gishu Ugandas anzutreffen, deren Siedlungsgebiet sich von den nordöstlichen Ufern des Viktoria Sees bis zum Mount Elgon erstreckt. Ein Großteil dieser Gemeinschaft lebt allerdings auf den westli-chen Neigungen des Mount Elgons und auf das unmittelbar am Fuße des Berges liegenden Plateau. Die zweite Gishu–Gruppe teilt ihr Siedlungs-gebiet mit den Adhola–, Nyole–, Gwere, und Samia–Volksgruppen (Cooke 1971: 79). Während die auf dem Berg lebenden Gishu–Gruppen sich hauptsächlich mit dem Ackerbau beschäftigen, bestreiten diejenigen vom Plateau ihr Leben überwiegend als Sammler und Jäger. Die Kumurere wird gewöhnlich paarweise wahrscheinlich nur von Män-nern gespielt und zwar unter anderem für die Begleitung von Hochzeits-gesängen. Dafür sind überwiegend die südlichen und zentralen Gishu–Gruppen sehr bekannt (Cooke ebd.: 82). Nach Wachsmann und Trowell (1953: 339) repräsentieren Kumurere–Flöten beide Geschlechter. So werden die weiblichen Flöten Mukassi und die männlichen Musezza be-zeichnet. Die Unterscheidung beider Flöten scheint mit den jeweils er-zeugten Tonhöhen einen Zusammenhang zu haben.

MLELE, MULELE, KHUMULELE, AULERU (Luhya, Iteso/Teso – Kenia und Uganda) Name Nr. Klassifikation

Zusatz

Synonyme Form, Material Maße / cm Form/Anordnung Mlele 421.111.12 L/D mit grifflöchern

Kumulele Mulele

offene Längsflöte aus Bambus (Luhya – Kenia)

Auleru Aulero

(Iteso/Teso – Kenia /Uganda)

L = 30–40

zylindrisch, vier vordere Grifflö-cher, v–förmige Kerbe als Blasvor-richtung

Die Bambusflöte Mlele bzw. Kumulele oder Mulele wird in unterschiedli-chen Dimensionen angefertigt. Sie hat vier vorderständige Grifflöcher. Von ihrer Konstruktion her weist sie auffallende Ähnlichkeiten mit der offenen Längsföte Auleru bzw. Aulero der Iteso / Teso aus Kenia und Uganda, die ebenfalls mit vier Grifflöchern ausgestattet werden. Die Mle-le besitzt auch eine v–förmige Kerbe am Anblasloch. In Abbildung 64 wird die Spielposition auf der Mlele gezeigt. So greift der Musiker mit Zeige– und Mittelfinger seiner rechten Hand die letzten zwei Grifflöcher, während er die Zeige– und Mittelfinger seiner linken

Ergologie Verbreigungsgebiet

Genderbeziehung und musikalische Funktion

Ergologie Spielweise

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Hand für die oberen zwei Grifflöcher einsetzt. Dieselbe Spielposition gilt auch für die Auleru–Flöte. Verbreitungsgebiet: Die Mlele ist in den Musikkulturen der Luhya263 und Teso Kenias und Ugandas in Gebrauch. Die Luhya, die den westli-chen Bantugruppen264 zugeordnet werden, leben in Westkenia zwischen dem Viktoriasee in Uganda und dem Mount Elgon. Luhya–Gruppen le-ben aber auch in Tansania. Die Luhya sind in mehreren Klans unterglie-dert, wovon die größte Anzahl sich in Kenia befindet265 (Fedders / Salva-dori 1994: 97ff.). Hingegen begegnet uns die Auleru–Flöte bei den Iteso bzw. Teso Ge-meinschaften Westkenias und Zentral– und Ostugandas. In Uganda be-wohnen sie überwiegend die Regionen Soroti Kumi, wobei einige Grup-pen auch in den Regionen Pallisa und Tororo leben. Ihr Siedlungsgebiet in Kenia dagegen ist die Busia–Region und die Grenzstadt Malaba (Fed-ders / Salvadori 1994: 77). Hyslop (1975: 39f.) beschreibt die Stimmung der Mlele als ungewöhn-lich, da die Intervalle lediglich kleine Sekundschritte besitzen. Somit beträgt der gesamte Tonumfang ohne Überblasen nicht mehr als eine große Terz. Die erzeugten Tonhöhen bezeichnet Senoga–Zake (1981: 162) als eine teilweise aufwärts verlaufende chromatische Tonreihe. Die-se sind e’–f’–f#’–g’–g#’. Dieselbe – von Hyslop (1975: 39) ermittelte – Tonreihe wird Notenbeispiel 12 veranschaulicht. Senoga–Zake (ebd.) demonstriert ferner die Tonreihe der Auleru der ke-nianischen Iteso, die sich aus den Tonhöhen d’–f’–f#’–a’–a#’ zusammen-setzt, also mit den Intervallen k3–k2–g3 und k2. Notenbeispiel 12: Stimmung auf der Flöte Mlele (nach Hyslop 1975: 39 und Senoga–Zake 1981: 162)

Da uns für die Mlele kein authentisches Musikbeispiel vorliegt, wird ein von Hyslop (ebd.: 40) niedergeschriebene Musikstück (Gesang und Flö-tenspiel) im Notenbeispiel 13 dargestellt. Im Vergleich zu der Mlele, steht uns ein Tonbeispiel266 der Auleru–Flöte der ugandischen Teso zur Verfügung. Das Stück wurde von Peter Cooke 1968 in dem Kwapa–Dorf in der Nähe der Tororo–Region in einem Bierlokal aufgenommen. Gewöhnlich begleitet die Flöte Rezitationsgesänge in einem anderen Zusammenhang, deren Themen mit Tierpreisungen in Zusammenhang stehen.

263 Auch Abaluya und Luhiya genannt. 264 Die westlichen Bantugruppen der Luhya sind nach Fedders und Salvadori (1994: 97–

99) die Bukusu, Kabras, Tsotso, Isukha, Idakho, Tiriki, Logoli, Nyore, Kisa, Marama, Wanga, Marach, Khayo, Samia und die Nyala.

265 Laut Fedders und Salvadori (1994: 99) werden sie auch als Abaisukha, Abaidakho, Babukusu, Abakabrasi, Abawanga, Abanyala, Abanyole, Abalogoli, Abasamia, Abas-hisha, Abatiriki, Abamarachi, Abatsotso und Abakhekhe bekannt.

266 Die Aufnahme befindet sich auch unter der Sammlung–Nr. PC 22.A6 (C23) im British National Sound Library.

Abbildung 64: Mlele–Flöte der

Teso (Hyslop 1975: 39)

96

Notenbeispiel 13: Gesang begleitet von der Mlele (nach Hyslop 1975: 40)

Im Notenbeispiel 14 ist eine solistisch aufgeführte Flötenmelodie darge-stellt. Kurz nach Beginn fängt ein männlicher Sänger an, Texte zu rezitie-ren, während er weiterhin von der Mlele begleitet wird. Cookes Notizen zufolge handelt es sich dabei um ein Gebet, das sich an die Vorfahren richtet, jedoch scheint dies in einer ziemlich unprofessionellen Art und Weise vorgetragen worden zu sein.

Notenbeispiel 14: Ausschnitt einer Auleru–Stück; Titel: Lokican = „Der Leidende“, Aufnahme: Peter Cooke. 20.02.1968, Kwapa–Dorf, in der Nähe der Tororo–Region, Uganda, PC 22.A6; Flötenspieler: John Okada; Gesang: Manuel Okot

Bei diesem Flötenstück ist es interessant zu bemerken, dass die hier vor-kommenden Tonhöhen keine Übereinstimmungen mit den von Hyslop und Senoga-Zake vorgestellten Tönen der Auleru-Flöte zeigen. Zunächst wurden Sekundintervalle hier nicht festgestellt. Im Gegenteil, es kommen lediglich halbtonlose Intervallverhältnisse vor. Vier feste Tonhöhen spie-len eine zentrale Rolle in der Melodiegestaltung und zwar c#’–e’–f#’ und g#’, die jedoch überwiegend um eine Oktave höher gespielt werden; d.h. die ersten Obertöne. So spielt der Musiker in den Zeilen 1 bis 3 in den oberen Oktaven und ab der 4. Zeile (3. Ton) benutzt er die untere Oktave. Die hier transkribierten fünf Zeilen besitzen kleine Melodievariationen, die bis zum Ende des Stückes immer wiederholt werden.

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MUTURIRU/BIRINGI (Kikuyu – Kenia)

Name Nr. Klassifikation

Zusatz

Synonyme Form. Material Maße/ cm Form/Anordnung

Muturiru 421.111.12 L/D mit Grifflöchern offene Längsflöte aus Holz

(Kikuyu – Kenia)

L = ca. 30 zylindrisch, vier bis acht vorderständige Grifflöcher, scharfe Anblaskante

Die offene Längsflöte Muturiru wird aus dem grünen Ast des Mukue oder Mugio genannten Baumes gefertigt. Sie hat eine Länge von etwa 30 cm, während die Grifflochanzahl zwischen vier und acht schwankt (Senoga–Zake 1981: 158). Die Muturiru kommt bei den zentralkenianischen Kikuyu, die sie beim Aufpassen heranwachsender Hirsefelder zum Zeitvertreib und Selbstun-terhaltung spielen. Auch Hirten benutzen die Muturiu für denselben Zweck beim Hüten ihrer Schafe und Ziegen. Die Flöte scheint ausschließ-lich von Knaben und/oder Männern gespielt zu sein, da Senoga–Zake (ebd.) schreibt, dass das Muturiru–Spiel auch dem Zweck dient, junge Mädchen und Frauen zu umwerben. Einem ähnlichen Zweck dienen auch Flöten aus den Musikkulturen der südäthiopischen Maale–, Hamar–, Benna und Beshada, hier allerdings werden sie fast ausschließlich von Frauen und Mädchen geblasen. NYAMULERE/NYAMULERO/OLUETT (Madi, Lango, Acholi und Bakonzo – Uganda)

Name Nr. Klassifikation

Zusatz

Synonyme Form, Material Maße/cm Form/Anordnung

Nyamulere 421.111.12 L/D mit Grifflöchern Nyamulero Oluett Olwet Olure

offene Längsflöte; Bambus oder Schilf (Madi, Lango, Acholi und Bakonzo –Uganda)

L = 25–30 ø = ca. 2

zylindrisch, vier vordere Grifflö-cher, u– oder v–förmige Kerbe des Anblaslochs

Die aus Bambus– oder Schilfrohr gefertigte Flöte Nyamulere kann eine Rohrlänge von 25–30 cm und einen Durchmesser von ca. 2 cm betragen. Sie hat vier vorderständige Grifflöcher. Ihre Randbearbeitung weist einen U– oder V–förmigen Ausschnitt auf. Flöten mit diesen Eigenschaften kommen in zahlreichen Musikkulturen Ugandas vor und sind unter den Namen Nyamulero, Oluett, Olwet und Olure usw. bekannt. Jedoch herrscht oft ein Durcheinander beim Gebrauch dieser Bezeichnungen. Der Name Nyamulere, der vermutlich seinen Ursprung bei den bantusprachigen Banyoro hat, wird auch für ähnliche Flöten der Madi, Lango und Acholi genutzt. Laut Cooke (2006/2007267) jedoch nennen die Acholi ihre Flöten Olure. Die Begriffe Nyamulere, Oluett oder Olwett sind als Ergebnis seiner bisherigen Unter-

267 E–Mail Korrespondenz am 26.12.2006 und 06.02.2007.

Ergologie

Ergologie

Verbreitungsgebiet

Verbreitungsgebiet

Funktion

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suchungen irreführend (Cooke 2006/2007). Im Vergleich hierzu verwen-den Wachsmann und Trowell (1953: 351 und 363, Tafel 82D und F268) den Begriff Olwet in Zusammenhang mit zwei verschiedenen Längs-trompeten, die ebenfalls bei den Acholi vorkommen. Der erste Typ besitzt ein relativ schmales etwa 140 cm langes Bambusrohr, an dessen Ende ein trichterförmiger Kürbis hinzugefügt wird. Die zweite Trompete setzt sich aus mehr als zwei Kürbissegmenten zusammen, die miteinander verbun-den werden und somit dem Instrument letztendlich eine spiralförmige Gestalt verleihen. In seinen Feldforschungsnotizen benutzt Kubik269 da-gegen die Begriffe Oluett bzw. Nyamulero für Bambusflöten der Acholi. Die Abbildungen 65a–b zeigen drei unterschiedlich lange Flöten der Acholi, die Olure genannt werden. Alle drei Flöten besitzen zwar jeweils vier Grifflöcher, die in regelmäßigen Abständen fixiert sind, jedoch wei-sen die Randbearbeitungen von zwei der Flöten eine V–förmige Einker-bung (Abb. 65b) auf Die Nyamulere finden wir allerdings auch bei den Bakonzo, die das süd-westliche Grenzgebiet zwischen Uganda und der Demokratischen Repu-blik Kongo (Ruwenzori–Gebiet) bewohnen (Cooke/ Doornbos 1982: 50f.). Die Flöte besitzt viele Gemeinsamkeiten mit anderen Kerbflöten, die in den Musikkulturen der verschiedenen Bantu–Völker aus den Ge-bieten Zentral–, Südost– und Südugandas anzutreffen sind, z.B. die Flöte Endere der Baganda (Wachsmann / Trowell 1953: 340). Die Flöten Nyamulere, Oluett, Olwet, oder Olure der hier genannten Volksgruppen erklingen zu verschiedenen Anlässen. Häufig dienen sie allerdings gemeinschaftlichen Unterhaltungen der jeweiligen Kulturen. Bei den Bakonzo wird die Nyamulere unter anderem auf Hochzeiten und Heilungszeremonien zur Gesangsbegleitung geblasen (Cooke / Doornbos 1982: 50f.). Basierend auf ihrer Feldforschung bei den Bakonzo, wo sie eine Reihe von politischen Gesängen untersuchten, schreiben auch Cooke und Doornbos (1982: 50f.), dass die Flöte zumindest in dem von ihnen untersuchten Gebiet ausschließlich Gesänge und Tänze begleitet, die überwiegend in Form von Wechselgesängen mit Ruf–Antwort–Schema (Vorsänger und Chor) gestaltet werden. Die Flötenmelodien basieren außerdem auf den Gesangstexten, die der hier gesprochenen Lukonzo–Tonsprache der Bantu zugrunde liegen. Cooke und Doornbos (ebd.) schildern diesbezüglich folgendes:

“The traditional beer club is still the time–honoured centre of adult social life on the Ruwenzori and the place where traditional Nyamulere songs are enjoyed. The beer place is of course, the place where people frequently meet to quench their thirst and to discuss informally matters of the day and here traditional music is often a part of the scene. The flautist begins a song: someone else takes a drum and joins in, others may or may not, as the mood takes them, begin singing the basic response or get up and dance for a while, or merely mark the pulse with hand claps”.

Diese Erläuterung beweist, dass in den Nyamulere–Flötenaufführungen, der gemeinschaftlichen Unterhaltung dienen, in der jeder freiwillig am musikalischen Geschehen teilnehmen kann, wie es oft in vielen ostafrika-nischen Musikkulturen üblich ist.

268 Siehe auch Dietz und Olatunji 1965: 66 (hier wird die Flöte Olwet erwähnt). 269 Siehe unter Punkt 1.6.1. die Liste zugänglicher Tonsammlungen/ Bestandsaufnahme

Phonogrammarchiv der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien.

Abbildungen 65a–b: Olure–Flöten; Im Besitz von Peter Cooke; Fotos: Peter Cooke,

25.12.2006

99

In einem von Wachsmann und Trowell (1953: Tafel 99) dargestellten Bild ist eine Gruppe von fünf „Schulkindern“ aus der Acholi–Gemeinschaft zu sehen, die etwa vier Nyamulere scheinbar in Sätzen spielen. Doch aus der Beschreibung geht leider nicht hervor, ob die Flö-ten zugleich als Ensembleinstrumente genutzt werden. Im Gegensatz dazu, berichten Cooke und Doornbos (1982: 53), dass die Nyamulere der Bakonzo meistens nur von einer Person geblasen wird. Der Hauptgrund für die solistische Verwendung der Nyamulere hängt vermutlich damit zusammen, dass mehrere Flöten aufgrund ihrer völlig unterschiedlichen Stimmungen kaum übereinstimmende Melodien im Zusammenspiel hervorbringen können. Dies zeigt, dass die Herstellung dieser Flöte bei den Bakonzo nicht dafür vorgesehen ist, um sie in Sätzen zu spielen. Es wäre also eher ein Zufall, zwei gleich gestimmte Nyamule-re vorzufinden. Zum Spiel der Nyamulere der Bakonzo gehören neben dem Gesang auch Händeklatschen und das Trommelspiel, in dem zumeist ein aus Triolen

bestehendes rhythmisches Trommelmuster ausgeführt wird. Ein und die-selbe Trommel wird von zwei Musikern geschlagen. Während der 1. Musiker die Mitte der Trommel mit zwei Schlagstöcken bedient, schlägt der 2. Musiker den Trommelrand. Stattdessen kann auch ein weiteres Perkussionsgefäß (vermutlich ein alter Blechkanister) eingesetzt werden, der ebenfalls mit zwei Stöcken geschlagen werden kann (Cooke / Doorn-bos 1982: 50). Die im Phonogrammarchiv Wien aufbewahrten Tonsammlungen von Gerhard Kubik aus den Jahren 1959 und 60 beinhalten Flötenaufnahmen der Acholi, die er Oluett bzw. Nyamulero nennt (Signaturen B–5068 und B–5070). In der Tonaufnahme B–5070 demonstriert der Flötenspieler die Tonreihe (siehe Notenbeispiele 15a–b). Im Notenbeispiel 15 a wurden zunächst alle Tonhöhen niedergeschrieben und zwar der Reihe nach, wie der Musiker sie gespielt hat. Er spielt zu-nächst die Tonhöhen f’–g’–a’ und c’’ (der Ton f’ wäre demnach der Aus-gangston) gefolgt von den Tonhöhen f’’–g’’–a’’ und cb’’’, vermut- lich die ersten Teiltöne der ersten vier Tonhöhen bis auf dem Ton cb’’’, der einen halben Ton tiefer erklingt. Danach scheint der Musiker die am An-fang aufsteigend demonstrierten Tonhöhen in absteigender Reihenfolge wiederzugeben, jedoch kommen die Tonhöhen eb’’ und h’ vor, die nicht mit der anfänglichen Tonfolgen übereinstimmen. Im Notenbeispiel 15b wurden alle Tonhöhen des Notenbeispiels 15a für einen besseren Überblick in aufsteigender Reihenfolge notiert. Bei der Tonaufnahme B–5068 handelt es sich um ein festmetrisches In-strumentalstück mit einem relativ schnellen Tempo, das solistisch auf der Nyamulero bzw. Oluett vorgetragen wurde. Ein transkribierter Ausschnitt dieser Flötenmelodie wird im Notenbeispiel 16 demonstriert.

Klangbeispiel und Analyse

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Notenbeispiel 16: Nyamulere/Oluett –Stück, Aufnahme G. Kubik, Signatur B5068 Uganda, Phonogrammarchiv Wien Melodieabschnitt I

Melodieabschnitt II

Notenbeispiel 15: Nyamulere/Oluett–Flötenstimmung der Acholi aus Uganda, Aufnahme G. Kubik 1959/60, Signatur B–5070, Sammlung: Phonogrammarchiv Wien

Im Vergleich zu den Tonreihe in den Notenbeispielen 15a–b, wurde der hier als technischer Grundton fungierende Ton als Tonhöhe g’ wahrgenommen. Er wird gefolgt von den Tonhöhen a’–h’–d’’ und e’’. Der Tonumfang erstreckt sich über eine Oktave hinaus und zwar von dem unter dem Grundton liegenden, eingestrichenen Ton e’ bis zu dem zweigestrichenen Ton a’’. Aus der Gesamtheit des Musikstückes, bilden sich zwei Melodieabschnitte (Zeilen 1 - 4 gehören zum Melodieabschnitt I und Zeilen 5–7 zum Melodie-abschnitt II) mit jeweils eigenstän-digen melodischen und metrorhyth-mischen Strukturen. Im ersten Melodieabschnitt setzen sich die einzelnen Zeilen aus jeweils zwei kurzen Zeilen zusammen. Jeweils in den ersten Teilzeilen tragen die Tonhöhen h’ und a’ eine melodisch eröffnende Funktion als Halbschlußtöne, während in den zweiten Teilzeilen die Tonhöhen d’’ und e’’ als Schlußtöne mit Final-funktion verstanden werden können. In jeder Melodiezeile ist folgendes zu bemerken: wenn Phrase A auf

dem Ton h’ endet, bildet in Phrase B der Ton e’’ den Finalton, wenn Phrase C auf dem Ton a’ endet, ist der Finalton in Phrase D der Ton d’’ usw. Zeilen 1 und 3 sowie Zeilen 2 und 4 besitzen demnach Ähnlichkei-ten von ihrer Strukturbildung her. Im Vergleich zum ersten Melodieabschnitt ist die melodische und metro-rhythmische Struktur des zweiten Melodieabschnitts anders gestaltet. Obgleich auch hier die einzelnen Zeilen jeweils zwei Phrasen unterteilt sind, sind diese nicht gleich lang, wie bei den Phrasen des ersten Melo-dieabschnitts. Während jeweils die Melodiephrasen F quasi als Übergang für die Phrasen E, E1 und E2 dienen und stets auf dem Ton a’ enden, benutzen die E–Phrasen den Ton g’ als Endton.

101

ODUNDU (Luo – Kenia)

Name Nr. Klassifikation

Zusatz

Synonyme Form, Material Maße / cm Form/Anordnung

Odundu 421.111.12 L/D mit Grifflöchern Asili offene Längsflöte aus Bambus

(Luo –Kenia)

unbekannt zylindrisch, fünf vordere Grifflöcher, u–förmige Kerbe des Anblaslochs

Die Bambusflöte Odundu bzw. Asili, deren genauen Maße leider nicht bekannt sind, besitzt fünf vorderständige Grifflöcher. Über ihre Beschaf-fenheit, Spieltechnik und Stimmung fehlen auch Detailinformationen. Nach Senoga–Zake (1981: 162), ist sie bei den Luo aus Kenia in Gebrauch, die zu der zweitgrößten Bevölkerungsgruppe des Landes zäh-len. Die Luo waren früher Halbnomaden, die aus dem Nilgebiet des Su-dans etwa im 15. Jahrhundert in ihr gegenwärtiges Siedlungsgebiet und zwar in die Hochlandsregion in der Nähe des Viktoria Sees (Süd– und Nord–Nyanza–Distrikte) einwanderten. Heute bestreiten sie ihr Leben hauptsächlich als Fischer und als sesshafte Bauer. In früheren Zeiten wurde die Odundu–Flöte von Knaben und Männern geblasen, die ihre Liebesbekundungen durch ihre Flötenmelodien zum Ausdruck brachten. Sie liefen lange Strecken zu Fuß und spielten ihre Flöten hin und wieder, um der geliebten Person, oder der Freundin, ein Zeichen zu geben. Wenn die Odundu erklang, eilten die Mädchen aus ihren Hütten, um ihre Verehrer zu treffen. Heute erfinden Musiker Stücke auf der Odundu für besondere Freunde, oder für die Gemeinschaft, in der sie leben (Senoga–Zake 1981: 162). OLERA, OLETE (Acholi und Madi – Uganda)

Name Nr. Klassifikation

Zusatz

Synonyme Form, Material Maße / cm Form/Anordnung

Olera 421.111.12 L/D mit Grifflöchern

Olete

offene Längsflöte aus Bambus oder Aluminium (Acholi und Madi – Uganda)

L = 30–40 zylindrisch, vier vordere Grifflöcher Anblasloch mit Einkerbung

Die Olera bzw. Olete ist eine offene Bambusflöte aus vier vorderständi-gen Grifflöchern, die heutzutage auch aus Aluminium gefertigt wird. Ähnlich wie viele Kerbflöten in Uganda weist sie eine V– oder U–förmige Einkerbung am Anblasloch auf. In der Musikinstrumentensamm-lung der Edinburgher Universität befinden sich sechs Olera–Flöten, wo-von zwei von ihnen bei den Acholi und vier bei den benachbarten Madi 1966/67 gesammelt wurden270. Sie werden in Sätzen hergestellt und ge-wöhnlich im Zuge der Herstellung auch gleich gestimmt. Die Längen können zwischen 32,7 und 38,4 cm liegen. Nach Cooke (2006) benutzen die Acholi die Bezeichnungen Olera und Olete für die gleiche Flöte, was eventuell auf bestimmte Sprachdialekte zurückzuführen ist. 270 Inv-Nrn: 2087 bis 2092.

Ergologie

102

Das mir von Peter Cooke zur Verfügung gestellte Foto (Abb. 66) aus dem Jahr 1960 zeigt eine Ensembleaufführung der Musikgruppe Heartbeat of Africa  „Herzschlag Afrikas“, in der zwei Flötenspieler gemeinsam mit vier weiteren Musikern auftreten. Zwei von ihnen spielen jeweils eine Trommel (Trommeln sind unsichtbar). Die rechts im Bild zu sehenden zwei Musiker halten jeweils eine Kalebassenschüssel in der Hand und schlagen diese mit einer Rute aus Drahtbesen, genannt Cili (Abb. 67). In anderen beobachteten Fällen wurden aber auch ein halbes Dutzend locker zusammengebundener Radspeichen benutzt. Auf dem Scheitelpunkt ge-schlagen ergibt so die Kalebasse einen nachhallenden Klang (Wachs-mann / Trowell 1953: 321 und 331, Cooke 2006271). Die Olera werden vermutlich nur von Männern geblasen. Bei den Acholi begleiten sie oft den Mädchentanz Dingi–Dingi, eine von mehr als zehn traditionellen Tanzformen dieser Gemeinschaft272. Dieser durch beson-ders lebhafte Rhythmen und Bewegungsmuster zum Ausdruck gebrachte Tanz setzt sich aus mehreren Tanzabschnitten zusammen. In ihrem Arti-kel beschreiben Judith und John Hanna (1968: 85) ihre Eindrücke einer Dingi–Dingi–Musik– und Tanzaufführung der Musikgruppe Heartbeat of Africa wie folgt:

„The Dingi–Dingi performed by young Acholi girls from northern Uganda, first became popular shortly after World War II. It was adopted from the traditional Nanga, which is for older participants and demands less group uniformity. Dingi–Dingi dancers smartly aligned in columns, follow the cues of their leader who stands before them like a lieutenant with his platon. The dancers exel a split–second timing and movements ranging from delicate to exuberant, energetic pelvic rotary movements, impelled by rapid knee action, predominate. The driving musical accompaniment included flutes, gourds beaten with metal whisks, and a drum.”

Manchmal nehmen auch Knaben am Tanz der Mädchengruppe teil. Es ist üblich, dass beim Dingi–Dingi–Tanz jeder Tänzer die Gelegenheit nutzt, durch besonders attraktive Bewegungen die Aufmerksamkeit der Tanz-partner und der Zuschauer auf sich zu ziehen. Dies hat zum Ziel, für eine mögliche Heirat ausgewählt zu werden. Die Tänzer tragen gewöhnlich traditionelle Kleidungen und Schmuck. Sie bemalen sich gegenseitig ihre Körper besonders kunstvoll. Neben den für die Begleitung eingesetzten Olera können auch Rasseln, ein Satz von Trommeln und Schrillpfeifen aus Metall oder Holz ein Ensemble bilden. Die aus den vier Olera des Instrumentenbestandes der Edinburgher Uni-versität von Cooke (1993: 13f.) ermittelten und nach dem amerikanischen System bezeichneten Tonreihen wie folgt aufgelistet:

Flöte Inventar–Nr. ermittelte Tonhöhen

1. 2087 4030 EL, 5020 EL, 5240 EL, 5500 EL und 5795 EL

2. 2088 4000 EL, 4190 EL, 5190 EL, 5 415 EL und 5670 EL

3. 2089 4735 EL, 4890 EL, 41080 EL, 580 EL und 5295 EL

4. 2090 4680 EL, 4845 EL, 41040 EL, 530 EL und 5270 EL

271 E–Mail Korrespondenz mit Peter Cooke 17.122006. 272 Unter den Tanztypen sind beispielsweise der Larakaraka– und Bwola–Tanz (königli-

cher Tanz) zu nennen.

Abbildung 66: Musikgruppe Heartbeat of Africa, Foto: mit

freundlicher Genehmigung von Peter Cooke

Abbildung 67: Kalebassen-schüssel und Cili–Drahtbesen (Wachsmann / Trowell 1953:

321 und 331, Tafel 72C)

Stimmung

103

Notenbeispiel 17: ermittelte Tonreihen von 4 Olera–Flöten aus der Sammlung der Edinburgh Universität (Tonhöhen– und Centangaben basieren auf der europäischen temperierten Skala)

Notenbeispiel 17 zeigt wie diese Tonreihen und ihre ungefähren Inter-vallverhältnisse in dem Fünflinien-system aussehen würden. Aus den oben demonstrierten Tonreihen kann festgestellt werden, dass nur fünf Tonstufen mit markanten Intervall-verhältnissen von großen und kleinen Sekund– und Terzschritten eine zentrale Rolle zu spielen scheinen. Abgesehen von unterschiedlich großen Schwankungen von Tonhöhen, die entsprechend durch Minus– und Pluszeichen sowie mit genauen Centangaben angegeben sind, ist die Stim-mung g2 – g2 – g2 und k3 oder g2 – g2 – k3 und k3 besonders deutlich. In der Regel werden Olera–Flöten als Ensembleinstrumente in Sätzen gespielt. In einem solchen Ensemble werden meistens zwei In-strumentalisten eingesetzt, die ihre melodischen Zeilen im Zusammen-spiel mit anderen Musikinstrumenten ausführen. Die Flöten sollen allerdings bereits im Prozess der Herstellung aufeinander passend gestimmt worden sein. Die also mit den charakteristischen Tonfolgen g2–g2–g2 und k3 oder g2–g2–k3 und k3 nicht vollkommen identischen Tonhöhen können unterschiedlich begründet werden. Ein Grund wäre die vom jeweiligen Musiker beabsichtigte und/oder unbeab-sichtigte unterschiedliche Anblasstärke und die Individualität der jeweili-gen Flöte, ebenfalls ein häufig anzutreffendes Phänomen für viele Mu-sikkulturen Ostafrikas, das mit dem Nichtvorhandensein von einheitli-chen Normen oder Grundlagen für Instrumentenmacher in Verbindung steht. Abgesehen davon jedoch, handelt es sich bei den untersuchten Flö-ten um Museumsexemplare, die möglicherweise nicht von vornherein nicht zusammengehörten.

Musikanalyse: In einem von Cooke273 aufgenommenen Tonbeispiel konnte ich jedoch einen besseren Eindruck von einem Olera–Ensemble bekommen274. Die Instrumentenspieler gehören zu der bereits am Anfang

273 Nummer: PCUG1964–8.32–A6–9; Die Aufnahme ist auch unter der Sammlung C23

im British National Sound Library zugänglich. 274 Die Aufnahme fand am 8. und 9.06.1968 im Haus des ugandischen Präsidenten in

Nakasero–Hill in Kampala statt.

104

erwähnten Musikgruppe Heartbeat of Africa (Abb. 67), die den wohlbe-kannten Dingi–Dingi–Mädchentanz und Gesang begleitet. Die unterschiedlichen Tonlagen der Flöten (hier wurden 3 Flöten einge-setzt) und ihre verschiedenen Funktionen in der Ensembleaufführung sind deutlich zu hören. Dabei spielt die erste Flöte die Hauptmelodiezeilen in einer höheren Oktavlage, während die zwei anderen Flöten die Beglei-tung bzw. die Ergänzung der hohen Flöte übernehmen. In einem weiteren Filmbeispiel aus Cookes Privatsammlung (1988 oder 1990) ist ein ähnliches Ensemble zu beobachten, die von der traditionel-len Musikgruppe des National Museums of Uganda aufgeführt ist. Auch hier wird der Dingi–Dingi–Mädchentanz von drei Olera und weiteren Musikinstrumenten (Rhythmusinstrumente) begleitet. Während der Mu-sikaufführung erfüllen die Flöten ähnliche Funktionen sowohl als füh-rendes Melodieinstrument als auch Begleiter, eine Konstellation, die man auch mit einem Vorsänger und einem ihn begleitenden Chor (mit Ruf–Antwort–Schema) vergleichen kann. Die erste Flöte ist aus Schilfrohr gefertigt und an mehreren Stellen mit Kupferdraht dekorativ umwickelt, eine typische Flötendekoration, die Ähnlichkeiten mit der Endere–Flötenfamilie der Baganda aufweist. Da-her vermutet Cooke (1993: 13), dass das Instrument eventuell von dem berühmten bugandischen Hofmusiker und Instrumentenspieler, Serwanga Ludowi, hergestellt sein könnte, der mit dieser Musikgruppe auch über längere Jahre hinweg zusammenarbeitete. Es ist aber auch möglich, dass die Acholi–Musiker seinen Instrumentenbaustil imitiert haben könnten. Die letzten zwei Flöten dagegen, sind aus alten Plastikröhren (eventuell alte Fahrradpumpen) hergestellt.

OMUKURI (Nkole, Kiga und Hima – Uganda) Name Nr. Klassifikation

Zusatz

Synonyme Form, Material Maße/ cm Form/Anordnung

Omukuri 421.111.12 L/D Grifflöcher Umukiri öffene Längsflöte aus Lobelia-

holz (Nkole, Kiga und Hima–Uganda)

L = 20–90 zylindrich, vier vordere Grifflöcher, v–förmige Kerbe des Anblaslochs

Die aus Lobeliaholz gebaute Omukuri–Flöte mit einer Gesamtlänge von 20 bis 90 cm, wird mit vier vorderständigen Grifflöchern und einer V–förmigen Kerbung der Schneide ausgestattet (Wachsmann / Trowell 1953: 340). Die Flöte kommt bei den Kiga, Hima und Bayankole275–Volksgruppen vor, die in dem Mbarara–Distrikt in Südwestuganda leben. Die Bayanko-le besaßen ein Königreich, das sie im 16. Jahrhundert nach dem Zusam-menbruch des großen Hima–Reiches Kitara entstand. Hier leben heute

275 Auch Bayankore, Nkole bzw. Nkore genannt.

Ergologie Verbreitungsgebiet

105

die pastoralistischen Hima276. Einige Vermutungen gehen davon aus, dass die Hima ursprünglich zu den nilotischen Volksgruppen des Sudans ge-hörten, bis sie vor dem 19. Jahrhundert nach Südwestuganda einwander-ten. Obgleich ihre Anzahl wesentlich gering war, waren sie in der Lage die in der Überzahl stehenden, landwirtschaftlichen Iru über längere Zeit stark zu beeinflussen und eine dominierende Macht ihnen gegenüber auszuüben. Die Hima spielten auch eine wesentliche Rolle im damaligen Königreich von Bayankole, wo sie unter anderem auch höhere administ-rative Positionen im Königreich Inne hatten. Trotz der Tatsache, dass die Hima und Iru allmählich eine, vor allem auf Handel basierende, Verbin-dung entwickelten, waren die Iru dennoch im sozialen und politischen Aspekt den Hima vollkommen unterlegen. Diese Ungleichheit wurde insbesondere auch durch Besitz und Reichtum an Vieh zum Ausdruck gebracht. Die Hima sprechen auch die Bantu–Sprache der Iru, die sie allerdings Hima nennen (Jenkins 1996). Der pastoralistische Einfluss der Hima im Südwestuganda, lässt sich auch teilweise in den Musikpraktiken der Iru und anderer benachbarter Ge-meinschaften feststellen. Hierzu schreibt Cooke (2001: 38) folgendes:

“…the pastoralist influence seems to have produced slower and gentler tempos. The two principal dance genres, the men's Ekitaaguriro and the women's Ekizino dances of the Iru majority, call for a lightly beaten, continuous pulsation of sounds produced by raft–rattles, large water pots (tapped on their mouths with flat beaters made from banana fibre) or small drums. The pulsation is grouped into repeated patterns of eight beats that are accented variously. Male choral responses at the beginning of their Ekitaaguriro dance take the form of prolonged low humming that imitates the lowing of cattle. The dance gestures of the men are marked by raised arms that symbolize the slowly waving long horns of their Nkore cattle, while their feet tap out polyrhythmic patterns. …..many of their cults and song texts are associated with cattle. The Hima Entooro men's dance also consists of gentle arm–waving gestures, but it is performed while seated. Hima singing style (often admired and sometimes imitated by non–Hima) is extremely melismatic and thus quite distinct from Iru singing.” Das Tier gilt bei den Bayankole (Hima) als Statussymbol und Gradmesser des Vermögens. Es existieren vergleichbare Traditionen in zahlreichen ostafrikanischen Volksgruppen. Der überwiegende Teil des Musikreper-toires der Hima ist daher auch dem Tier gewidmet. Die Omukuri–Flöte begleitet ferner den Okutagulira oder Ekitaguriro genannten Tanzstil der Hima, wobei die Tänzer vor allem versuchen, die Stimme und die Bewe-gung ihrer Tiere überwiegend in Form eines Rezitationsgesangs zu imi-tieren. In einigen Fällen werden auch Trommelensembles zur Begleitung benutzt. Im Gegensatz dazu, wird die Flöte auch als Soloinstrument für die Ausführung von Liebesgesängen und zur Selbstunterhaltung gebla-sen. In den Flötenmelodien wird gewöhnlich versucht, die Hauptmelodie des Gesanges wiederzugeben bzw. zu imitieren (Wachsmann / Trowell 340; Nzita / Niwampa 1998: 154f.). 276 Der Name Hima ist mit unterschiedlichen, in Ostafrika lebenden, Volksgruppen ver-

knüpft. Außer in Uganda existieren Hima–Gruppen auch in Ruanda und zwar als eine Subgruppe der Tutsi. Diese ehemals nilotischen Hima haben ihren Ursprung in den ä-thiopischen Hochlandsregionen. Von dort aus wanderten sie etwa vor 1300 Jahren in ihrem heutigen Lebensraum im südlichen Burundi. Möglicherweise existieren kleine Hima–Gruppen aber auch im westlichen Tansania und im Kongo–Zaire–Gebiet (Nzita / Niwampa 1998: 43–55, siehe auch Beschreibungen der verschiedenen Hima–Gruppen in Ostafrika einschließlich ihrer Siedlungsgebieten, Sprachgruppe, Lebensweise, Kultur von Jenkins unter http://orvillejenkins.com/peoples/hima.html).

Funktion und Repertoire

106

Ein von Cooke 1967 bei den Hima aus dem Kishangura Dorf Nahe Kinoni aufgenommenes Omukuri–Stück277 wurde hier untersucht. Diese solistisch aufgeführte Flötenmelodie begleitet einen Rezitationsgesang mit dem Titel Ekyshongyero Eky’ente, dessen Textinhalt mit der Tier-preisung verbunden ist. Cooke vermerkt in seinen Notizen, dass die Flöte zwar vier Grifflöcher hat, jedoch der Musiker vor Beginn seiner Auffüh-rung darum bat, das obere Griffloch permanent zu verschließen. Deshalb wurden in diesem Musikstück lediglich drei der vier Grifflöcher benutzt. In der Transkription wurde nur der Instrumentalpart näher in Betracht gezogen. Die von der Flöte erzeugten Tonhöhen zeigen erhebliche Ab-weichungen, die ungefähr zwischen 4 und 60 Cents liegen. Diese kann sogar innerhalb einer Melodiezeile vorkommen. Die notierten Tonhöhen spielen als solche keine entscheidende Rolle, sondern lediglich der Auf-bau und die Struktur der einzelnen Zeilen bzw. die melodischen Bewe-gungen sollen vielmehr beachtet werden. Aus dem Musikstück (Notenbeispiel 18) wurden nur zwei relativ lange Melodiezeilen transkribiert (siehe Melodiezeilen 1 und 2). Zwischen beiden Melodiezeilen wird ein kurzer Rezitationsgesang von einem männlichen Sänger ausgeführt. Im Vergleich zu der zweiten Melodiezei-le, erscheinen die notierten Tonhöhen in der ersten Melodiezeile mit No-tenhälsen, um die ungefähren Notenwerte zu demonstrieren. Diese Melo-diezeile wurde auch bewusst in weiteren kürzeren Zeilen unterteilt, um die Gemeinsamkeiten und Unterschiede optisch besser darzustellen. Basierend auf dem Höreindruck, wurden die – jeweils eine Melodiefor-mel bildenden – Tongruppen mit Bindebögen versehen. Notenbeispiel 18a zeigt nunmehr, die im Notenbeispiel 18, Melodiezeile 1 zunächst mit Notenhälsen niedergeschriebenen melodischen Formeln (hier ohne Notenhälse). Jede Zeile setzt sich grundsätzlich aus zwei Melodieformeln zusammen und zwar AB, BC und DE oder auch A1 und C1, wenn es sich um Vari-anten der vorangegangenen Formeln handelt. Der stark melismatische Charakter dieser Melodie stellt eines der charak-teristischen Merkmale der traditionellen Hima–Musik und die ihrer Nachbarn dar (Cooke 2001a: 38). Es ist anzunehmen, dass der Flötenspieler vermutlich auch der Sänger sein könnte. Denn während des Rezitierens, erklingt die Flöte überhaupt nicht. In der von P. van Thiel veröffentlichten Schallplatte278 konnte ich ein vergleichbares Klangbeispiel einer solistischen Omukuri–Melodie untersuchen. Darin begleitet die Flöte zwar auch einen in bestimmten Abständen vorgetragenen Rezitationsgesang, der offensichtlich von einer zweiten Person ausgeführt zu sein scheint. Aus dem Höreindruck ist auch abzuleiten, dass die Gesangszeilen manchmal auch von der Flötenmelo-die unterstützt werden, die im Hintergrund leicht erklingt.

277 Eine Kopie dieser Aufnahme ist im British National Sound Library unter der Samm-

lungsnummer C23– PCUG64–8.17B10 12.11.1967 archiviert 278 Ankole, Westuganda, Volksmusik,; Signatur P–1429; Seite B, Nr. 7; Sammlung: Pho-

nogramm–Archiv der Abteilung Musikethnologie des Museums für Völkerkunde Ber-lin.

Transkription und Analyse

107

Notenbeispiel 18: Ausschnit einer Omukuri–Flötenmelodie der Hima, Aufnahme: Cooke 12.11.1967, Kishangura Dorf, Nahe Kinoni, in Erifazi Rwaburiijono, Uganda, Sammlungsnr. 2 PCUG64–8.17B10

Notenbeispiel 18a: Omukuri–Flötenspiel, Zeile I

1. Melodiezeile

2. Melodiezeile

108

SHULUNGO (Maale – Südäthiopien) Name Nr. Klassifikation

Zusatz

Synonyme Form, Material Maße/cm Form/Anordnung

Shulungo 421.111.12 L/D mit Grifflöchern offene Längsflöte aus Bambus oder Schilf

(Maale – Äthiopien)

L = ca. 37 ø = ca. 2–2,5

zylindrisch, vier vordere Grifflöcher, scharfe Anblaskante

Ergologie: Die entweder aus Schilf oder Bambus gefertigte offene Längsflöte Shulungo kann eine durchschnittliche Länge von 37 cm und einen Durchmesser von etwa 2–2,5 cm betragen. Sie besitzt vier vorder-ständige Grifflöcher. Die Randbearbeitung weist eine scharfe Kante auf. Die Flöte wird ähnlich randgeblasen und schräg links oder rechts vor dem Körper gehalten (Abb. 68a–b279). Verbreitungsgebiet: Die Shulungo kommt bei den omotisch sprechen-den Maale vor, die im Omo–Gebiet etwa 38 km südöstlich von der Stadt Jinka leben. Neben anderen Gemeinschaften, gehören die Maale zu den unmittelbaren Nachbarn der Ari. Beide Volksgruppen haben viele Ge-meinsamkeiten, die sich nicht nur auf ihre Musikpraktiken, sondern auch auf ihre historische Herkunft, Lebensweise und Sprachen beruhen. Genderbeziehung: Der Familienoberhaupt Butto (2005), den ich in dem Dorf Beneta in Maale besuchte, teilte mir mit, dass die Shulungo grund-sätzlich von Frauen und Mädchen gespielt werden. Vor allem wird sie beim Bewachen der reifenden Getreidefelder meistens von volljährigen Mädchen gewöhnlich zur Selbstunterhaltung geblasen. Auch während der Feldarbeit ertönt sie in den Zwischenpausen. Mit bestimmten Flötenme-lodien können die Mädchen ferner Signale an ihren Liebhabern versen-den. Es gibt auch Shulungo–Melodien der jungen Mädchen, die ihren Eltern sowie anderen Familienmitgliedern gewidmet sind280. Im Zusam-menspiel mit anderen Musikinstrumenten etwa die Holzplatten Gaylo oder Kürbisrasseln, begleitet die Shulungo auch gemeinschaftliche Ge-sängen, an denen meistens sowohl Männer wie auch Frauen teilnehmen. Eine weitere Verwendung findet die Shulungo zur Beruhigung von wei-nenden Säuglingen wie Thubauville (2004: 106) im Folgenden erläutert:

“One day, when I was sitting together with the women inside the ket’so (”woman’s domain”), they also tried to calm down a baby by playing shulungo (bamboo flute) for it”.

Überwiegend dient also die Shulungo der gemeinsamen Unterhaltung der Maale–Frauen, die zu unterschiedlichen Anlässen sich gegenseitig mit dem Flötenspiel amüsieren, wobei die Flöte stets solistisch geblasen wird. Das Repertoire schöpft aus verschiedenen Quellen. Die Flötenmelodien stammen teilweise aus traditionellen Alltagsgesängen, insbesondere aus Arbeits– und Liebesgesängen, aber auch aus eigens für dieses Instrument erdachten Stücken. Nach aufwärts verlaufenden Intervallen in einer rela- 279 Siehe auch Filmaufnahme: Äthiopien2005 – Video–07 von 13:31 bis 19:34 Minuten

(Privatsammlung: Teffera/Ostafrika/2005). 280 Feldforschung in Äthiopien, März 2005; Besuch von Buttos Großfamilie und Interview

am 10.03.2005; siehe auch Filmaufnahme: Video–07 von 13:31 bis 19:34 Minuten (Pri-vatsammlung: Teffera/Ostafrika/2005.

Funktion Stimmung und Repertoire

a

b

Abbildungen 68a–b Fotos: T. Teffera

10.03.2005, Beneta

109

tiven Stimmung geordnet wurden k3–g2–k3–g2–g2 usw. einer untersuch-ten Shulungo der Maale festgestellt (Notenbeispiel 19 und Abb. 68c). Es ist jedoch keine festliegende Stimmung, denn in den Instrumentalstücken können vor allem durch unterschiedlich starkes Anblasen Halbtonschritte zustande gebracht werden, die sowohl höher als auch tiefer liegen. Ein Beispiel ist hier der in Klammern gesetzte Ton db’’, der im Vergleich zu den restlichen festen Tonhöhen relativ selten vorkommt. Der Tonumfang der Shulungo umfasst annähernd zwei Oktaven, aber in anderen Instrumentalstücken kann auch eine Tonhöhenerweiterung durch Überblastechnik ermöglicht werden. Im Notenbeispiel 20 wird ein kleiner Ausschnitt einer Shulungo–Melodie von einer Frau aus dem Dorf Beneta in Maale ausgeführt. Diese Melodie besteht aus den oben veranschaulichten Intervallen. Die in 5 Takten zeilenweise niedergeschriebenen melodischen Gestalten kehren im Verlauf des gesamten Stückes in variierten Formen immer wieder zurück. Leider konnte das gesamte Stück, aufgrund von vielen verdeckenden Geräuschen nicht transkribiert werden281. Die Melodien auf der Shulungo werden in der Regel freimetrisch gestal-tet. Ebenfalls werden Melodien frei variiert und unterscheiden sich somit von einem Spieler zum anderen.

Notenbeispiel 19: Shulungo–Stimmung entnommen aus einem Instrumentalstück

Abbildung 68c: Tonhöhen und Grifflochanordnungen (von unten nach oben) auf der Shulungo–Flöte

Tonhöhen Grifflöcher 1. – 4.

4. GL 3. GL 2. GL 1. GL

H X X X X d’ X X X O e’ X X O O g’ X O O O a’ O O O O

281 Die Musikausführung auf der Shulungo fand unmittelbar nach meiner Ankunft in dem

Dorf Beneta statt. Butto, das 65 jährige Familienoberhaupt, war bereits von meinem Besuch einige Tage zuvor informiert, so dass er gemeinsam mit seiner Familie auf mich wartete. Butto ist mit 6 Frauen verheiratet, da Polygamie in zahlreichen südäthiopi-schen Kulturen erlaubt ist. Auf seinem Hof erwarteten mich somit ungefähr 50 Leute, darunter mindestens 20 Kinder im Alter zwischen eins und zehn Jahren. Eine der Frau-en spielte auf der Flöte Shulungo, so dass ich sofort mit der Aufnahmearbeit begann. Allerdings waren zu viele Menschen auf einem Fleck, die sowohl auf meinem Besuch wie auch auf meinen technischen Ausstattungen so neugierig waren, dass mir die Auf-nahmearbeit schwer fiel. Die lauten Gespräche konnten leider nicht aufhören, obgleich ich sie mehrmals bat, für eine Weile die Ruhe zu bewahren (Feldforschung Äthiopien, März 2005; Besuch bei Butto; Interview am 10.03.2005; siehe auch Filmaufnahme: Vi-deo–07 von 13:31 bis 19:34 Minuten; Privatsammlung: Teffera/Ostafrika/2005).

110

Notenbeispiel 20: Flötenspiel der Maale (Arbeitslied), Aufnahme: T. Teffera, 10.03.2005, Beneta–Dorf, Südäthiopien

SHUNGUL (Ari – Äthiopien)

Name Nr. Klassifikation

Zusatz

Synonyme Form, Material Maße/cm Form/Anordnung

Shungul 421.111.12 L/D mit Grifflöchern offene Längsflöte aus Schilf oder

Bambus (Ari – Ähiopien)

L = ca. 35 ø = ca. 2 – 2,5

zylindrisch, vier vordere Grifflöcher, scharfe Anblaskante

Die aus Schilf oder Bambus gebaute Längsflöte Shungul (Abb. 69) kann eine durchschnittliche Länge von ca. 35 cm und einen Durchmesser von 2 bis 2,5 cm besitzen. Die vier Grifflöcher befinden sich auf der Vordersei-te des Instruments.

Abbildung 69: Shungul–Flöte, Foto: T. Teffera 08.03.2005, Jinka

Beim Spielen wird die Flöte meistens schräg und zwar entweder rechts oder links vor dem Körper gehalten. Zeige– und Mittelfinger der rechten Hand greifen die ersten zwei Grifflöcher (von oben nach unten gesehen) ab, während die letzen zwei Grifflöcher von Zeige– und Mittelfinger der linken Hand bedient werden (Abb. 70). Die Shungul wird in der Musiktradition der Ari282 aus Südäthiopien ge-nutzt, eine Gemeinschaft die sich in drei Subgruppen teilen lassen. Diese sind die Kantsa, Gashimana und Mana, wobei die ersten zwei Gruppen

282 Auch Aari, Bako, „Shankilla“, Shangama, Bio, Gozzo und Galila genannt.

Spielweise Verbreitungsgebiet

111

sich hauptsächlich mit der Landwirtschaft beschäftigen, während die Mana vorwiegend den Handel mit handwerklichen Produkten wie bei-spielsweise Ton, Holz und Eisen betreiben. Es gibt distinktive Unter-schiede zwischen diesen Gruppen, die nicht nur mit ihren Lebensweisen zusammenhängen, sondern durch andere soziokulturelle Aspekte wie etwa das Verbot des Heiratens untereinander, Begräbnisrituale und das Vermeiden von gemeinsamen Malzeiten (Männer/Frauen) betreffen. Im Bezug auf ihre Musikpraktiken weisen die verschiedenen Ari–Gruppen auch einige Unterschiede auf und zwar im Hinblick auf die Aufführungs-stile und Musikrepertoires. Ein Großteil der Musikinstrumente jedoch wird in ähnlicher Art und Weise hergestellt und gespielt. Genderbeziehung: Die hier untersuchte Flöte wird ausschließlich von Knaben und Männern solistisch geblasen. Knaben spielen sie hauptsäch-lich beim Beaufsichtigen der reifenden Feldfrüchte, während erwachsene Männer sie in anderen Zusammenhängen wie etwa beim privaten Bei-sammensein mit Freunden, Nachbarn oder Bekannten meist abends nach der Arbeit auf dem Feld, oder auch ganz privat zum Zeitvertreib und zur eigenen Unterhaltung benutzen. In der Regel begleitet die Shungul keine Gesänge oder Tänze. Der Shungul–Spieler hat gewöhnlich eine Reihe von Melodien, die er sich im Laufe der Zeit aneignet und diese auch vor einem privaten Publi-kum ausführen kann. Es gibt professionelle und halb–professionelle Mu-siker, die neben der Shungul auch andere Instrumente durch langjährige Erfahrung beherrschen, wobei fast alle ihre Instrumente selbst bauen. Soweit bekannt, gibt es kaum Ari–Frauen, die irgendein Musikinstrument spielen. In den traditionellen Musikveranstaltungen beteiligen sie sich vielmehr mit dem Gesang und Tanz. Für besondere Anlässe, tragen sie traditionelle Tanzkleider, die sie kombiniert mit bunten und handgemach-ten Perlenschmücken z.B. Halsketten und Armbänder präsentieren. Zur weiteren musikalischen Begleitung, tragen sie gewöhnlich auch Fuß-schellen, die sie in den entsprechenden Tanzphasen rhythmisch zum Er-klingen bringen283. Nahezu alle auf der Shungul aufgeführten Melodien stammen aus den traditionellen Alltagsgesängen der Ari wie etwa Arbeits–, Trauer–, Lie-bes– und Unterhaltungsliedern sowie aus nostalgischen und epischen Gesängen, die individuell variiert bzw. auch erweitert werden können, ohne ihre besonderen Eigenschaften zu verlieren. Oft überwiegen aller-dings Arbeitsgesänge. Nach aufwärts verlaufenden Intervallen in einer relativen Stimmung ge-ordnet wurden k3–g2–g2–k3–g2 usw. bei einer Anzahl von den von mir untersuchten Musikbeispielen festgestellt, die auf ein und derselben Flöte aufgeführt wurden (Notenbeispiel 21 und Abb. 71). Auch bei Tonauf-nahmen der Shungul–Melodien, die von Thierry Fournel (unbekanntes Datum) vor Ort durchgeführt wurden, handelt es sich um den von mir interviewten Flötenspieler Atire Iqubayso (Abb. 70). Hier kommen eben-falls die gleichen Intervallverhältnisse vor. Nur in den Klangfarben der 283 Beobachtungen von Musikausführungen bei den Ari und ausführliche Gespräche mit

den darstellenden Frauen und Männern; Feldforschung in Äthiopien, März 2005; siehe auch Filmaufnahme: Video–05 von 21:21 bis 31:40 Minuten; Privatsammlung: Teffe-ra/Ostafrika / 2005)

Abbildung 70: Spielweise auf der Shungul, Musiker: Atire Inqubayso, Foto: T. Teffera 08.03.2005, Jinka

Musikrepertoire

Stimmung

112

Flöten können Unterschiede wahrgenommen werden. Der Tonumfang kann für einige Melodien auf bis zu zwei Oktaven erweitert werden. Im Notenbeispiel 22 ist das gesamte Instrumentalstück dargestellt, das von Atire Iqubayso auf der Flöte Shungul ausgeführt wurde. Die Melodie setzt sich aus den im Notenbeispiel 21 veranschaulichten Tonhöhen zu-sammen. In dem Musikstück handelt sich um ein festmetrisiertes Instru-mentalstück. Die Melodiestruktur weist auf stets wiederkehrende zykli-sche Phrasen hin, die von dem Flötenspieler verschiedenartig variiert werden. Die in der Stimmung der Shungul angegebenen Tonhöhen sind im melodischen Verlauf fast gleichmäßig verteilt. Dabei spielt jeder ein-zelne Ton jeweils eine wichtige Rolle als Zentral–, Halbschluß– oder Finalton. Am häufigsten erscheinen die Töne g’ und f’, die entweder von den abwärts verlaufenden Tönen d’–c’–B (siehe Takte 1, 3 und 5) oder g’–c’’–b’(siehe z.B. Takte 4, 16 und 20) gefolgt werden.

Notenbeispiel 21: Shungul–Stimmung (mit möglichen Obertönen) entnommen aus einem Musikstück

Abbildung 71: Tonhöhen und Grifflochanordnungen (von unten nach oben) auf der Shungul

Tonhöhen Grifflöcher 1. – 4.

4. GL 3. GL 2. GL 1. GL

G X X X X B X X X O c’ X X O O d’ X O O O f’ O O O O

Auffallend ist außerdem der relativ kurze Abschnitt von Takt 35 bis 40. Hier wird ein veränderter Melodieverlauf feststellbar, der von Synkopen dominiert ist. Ab Takt 41 spielt der Musiker die am Anfang vorgetragene Melodie, die bis zum Ende des Stückes unverändert bleibt. Die meisten Shungul–Melodien sind freimetrisch. Jeder Flötenspieler variiert sie dennoch individuell unterschiedlich. fest metrisierte Melodien wie das hier untersuchte und transkribierte Musikstück kommen verhält-nismäßig selten vor. Alle Melodien weisen jedoch Gemeinsamkeiten auf. Diese sind zum einen die relativ schnellen Tempi und zum anderen die kurzen und stets zyklisch wiederkehrenden Phrasen. Das Instrumentalstück im Notenbeispiel 22 laut dem Musiker Atire Iqu-bayso stammt aus einem traditionellen Trauerlied der Ari, der am Tag des Begräbnisses gewöhnlich nur von Frauen ohne Instrumentalbegleitung gesungen wird. Die daran beteiligten Frauen werden traditionsgemäß von einer Männergruppe begleitet, die zur Ehre des Verstorbenen Speere und Schilde in ihren Händen haltend sich in der Mitte der singenden Frauen

113

hin und her bewegen und den Verlust des Verstorbenen durch bestimmte Körperbewegungen, Gestik und Mimik zu betrauern284. Notenbeispiel 22: Shungul–Stück der Ari: Trauermelodie, Aufnahme: T. Teffera, 03/2005, Jinka, Südäthiopien, Musiker: Atire Iqubayso

284 Informant Atire Iqubayso, Interview am 08.03.2005 Jinka, Südäthiopien.

114

SORROR (Nymang – Sudan) Name Nr. Klassifikation

Zusatz

Synonyme Form, Material Maße / cm Form/Anordnung

Sorror 421.111.12 L/D mit Grifflöchern offene Längsflöte aus Kupferrohr

(Nymang – Sudan)

L = ca. 75 cm ø = 1,5 cm

zylindrisch, zwei vorderständige Grifflöcher, scharfe Schneide der Randbearbeitung

Die meistens aus einem schmalen Kupferrohr gefertigte Längsflöte Sorror beträgt eine durchschnittliche Länge von 75 cm mit einem Durch-messer von ca. 1,5 cm. Die zwei vorderständigen Grifflöcher werden am unteren Rohrende gebohrt. Die Blasöffnung ist mit einer scharfen Schneide versehen. Zum Anblasen wird die Sorror – wie ähnliche Flöten dieses Typs – schräg gehalten (Abb. 72a). Die zwei Grifflöcher werden jeweils mit den Zeigefingern bedient. Die Sorror kommt in der Musikkultur der Nymang285 vor, die zu den so genannten Nuba–Völkern klassifiziert werden. Geographisch betrachtet gehören sie zum Nordsudan. Sie bewohnen die südliche Provinz Kordofan und betreiben Landwirtschaft und Viehzucht. Ähnlich wie viele Nuba–Stämme, haben auch die Nymang Kontakte mit den Arabern auf-genommen und vor ca. 50 Jahren zum Islam übergetreten (Omda 2005286). Allerdings gibt es einige von ihnen, die sich noch an ihrer loka-

285 Auch Nymang, Ama und Nima genannt. 286 Interviews und Gespräche mit Mahmud Omda, April 2005, Kellara–Dorf, Kordofan-

Region, Zentralsudan.

Ergologie/ Spielweise Verbreitungsgebiet

115

len Religion festhalten. Dies betrifft beispielsweise die Bewohner abgele-gener Bergdörfer, die sich durch ihr eigenständiges kulturelles Leben von den anderen Nuba–Völkern unterscheiden lassen. Es herrscht allerdings zwischen den zahlreichen Nuba–Völkern eine sprachliche Heterogenität, so dass sich diese Gemeinschaften nicht untereinander verständigen kön-nen. Aufgrund dessen haben zahlreiche Nuba–Gruppen arabisch gelernt, die mittlerweile seit vielen Jahrzehnten als Lingua Franca unter ihnen in Gebrauch ist. Genderbeziehung: Nach Omda (ebd.) wird die Sorror hauptsächlich von Frauen solistisch zur Unterhaltung geblasen. Beim gemeinsamen Treffen der Frauen, z.B. zum Kaffeetrinken, oder bei der Erledigung von Feldar-beiten, wird die Flöte zur Unterhaltung und Erholung stets von einer Per-son gespielt, während die anderen Frauen als Zuhörer den sanften Klang des Instruments genießen. Die Frauen, die das Flötenspiel beherrschen, lösen sich zur gegebenen Zeit untereinander ab. In einigen wenigen Aus-nahmefällen wird die Flöte jedoch auch von Männern gespielt287 (Abb. 72b). Während meiner Forschungsreise bei den Nymang löste beispiels-weise ein männlicher Musiker die Flötenspielerin ab288 (Abb. 72a). Repertoire: Die auf der Sorror vorgetragenen Melodien haben ihren Ursprung in den traditionellen Alltagsgesängen der Nymang wie etwa Unterhaltungs– und Liebesgesänge. Stimmung: Es wurden zwei unterschiedlich gestimmte Sorror–Flöten mit relativ engen Bohrungen untersucht. Die erste Flöte wurde von einer Frau gespielt und sie erzeugt außer den technischen Grundton, hier der Ton c’, die Tonhöhen e’ bzw. eb’ und g’, die jedoch durch Überblasen erweitert werden können. So erklingen in einem Sorror–Stück die ersten vier Obertöne, d.h. über dem Grundton c’ werden die Tonhöhen c’’–g’’–c’’’ und e’’’ bzw. eb’’’ hervorgerufen (Notenbeispiel 23). Daher erstreckt sich der Tonumfang bis zu drei Oktaven. Es bestehen große Tonhöhen-schwankungen, so dass absolute Töne in diesem Zusammenhang nicht in Frage kommen. Insbesondere handelt es sich bei den als e’ bzw. eb’ an-gegebenen Tonhöhen eigentlich um keiner dieser Töne, sondern um einen nicht definierbaren Zwischenton.

Notenbeispiel 23: Sorror–Stimmung mit möglichen Obertönen

287 Laut meinem Informanten Mahmud Omda ist es zwar keine Tabu, dass die Männer

die Flöte spielen, aber es ist ungewöhnlich. Daher begegnet man kaum Männer, die die Sorror spielen.

288 Feldforschung im Sudan, April 2005; siehe auch Filmaufnahme: Video–09 von 32:43 bis 42:41 Minuten (Privatsammlung: Teffera, Ostafrika/2005).

Abbildungen 72a

Abbildung 72b Fotos: T. Teffera

12.04.2005, Kellara

116

Eine freimetrisch gestaltete Instrumentalmelodie, die von einem männli-chen Flötenspieler auf einer kürzeren Sorror–Flöte ausgeführt wurde, erklingt so (Notenbeispiel 24):

Notenbeispiel 24: Sorror Instrumentalstück, Nymang, Zentralsudan, Aufnahme: T. Teffera, 12.04. 2005, Kellara, Kordofan, Zentralsudan

WASHINT (Amara – Äthiopien) Name Nr. Klassifikation

Zusatz

Synonyme Form, Material Maße / cm Form/Anordnung Washint 421.111.12 L/D mit Grifflöchern Offene Einzellängsflöte aus Bambus,

Schilf, Plastik und Metall (Amara – Äthiopien)

L = 20 – 60 ø = 1,5 – 3

zylindrich, vier bis sechs vorderständige Grifflöcher, scharfe Anblaskante

Ergologie: Die offene Längsflöte Washint wird gewöhnlich aus Bambus gebaut (Abb. 73a–b), doch heutzutage begegnen uns vor allem in städti-

Transkription und Analyse

117

schen Zentren Flöten aus Metall– und Plastikröhren. Diese Flöte kann zwischen 20 und 60 cm lang sein bei einem Durchmesser von ca. 1–3 cm. Die in den Abbildungen 73a–b dargestellten Bambusflöten mit jeweils vier vorderständigen Grifflöchern wurden in Addis Abeba käuflich er-worben. Ihre Längen und Durchmesser werden von links nach rechts in Abbildung 74 aufgelistet. Obgleich die Washint zumeist mit vier vorderständigen Grifflöchern aus-gestattet wird, kommen gelegentlich auch Washints mit bis zu sechs Grifflöchern vor. Die Abstände zwischen den Grifflöchern und die Di-mension der einzelnen Rohrdurchmesser sind zwar von der jeweiligen Rohrlänge abhängig, dennoch unterscheiden sie sich von einem Instru-ment zum anderen, da jeder Instrumentenmacher seine eigene Herstel-lungsmethode anwendet. Außerdem existiert keine einheitliche Norm für den Instrumentenbau, an welcher sich ein Instrumentenmacher orientie-ren kann. Die Abstände zwischen den Grifflöchern beeinflussen somit auch die Spielqualität, die Spielweise289, den Klang und die festen Ton-höhen. Die Anordnung der Grifflöcher hängt ebenfalls von dem aus Er-fahrung erlernten Prinzip ab. Im Fall von Bambusröhren ist es meistens einfacher als bei Flöten aus Metall– und Plastikröhre. Die ausgewählten und auch bevorzugten Bambusröhren haben meistens vier Nodien (Kno-ten). Davon besitzen die letzten drei Nodien in der Regel einen relativ gleichmäßigen Abstand. Die ersten zwei Grifflöcher werden zwischen den zweiten und dritten und die letzten zwei zwischen den dritten und vierten Nodien gebohrt. Im Vergleich dazu besitzen die Washints in den Abbildungen 75a–b je fünf Nodien, so dass ein Griffloch zwischen den zweiten und dritten Nodien, dann zwei Grifflöcher jeweils zwischen den dritten und vierten und das vierte Griffloch zwischen den vierten und fünften Nodien fixiert sind. Aufgrund der verschiedenen Größen der Washints sind auch die erzeug-ten Tonhöhen und die klanglichen Eigenschaften dementsprechend unter-schiedlich, d.h. tiefe und dumpfe, mittlere und hell klingende sowie klei-nere Röhren mit scharfen und obertonreichen Tönen kommen vor. Abbildung 74: Rohrlängen und Durchmesser dreier Washint–Flöten

Maße nach cm Abstand zwischen Anblasöffnung und

Washint Rohrlänge

(gesamt) 1. GF 2. GF 3. GF 4. GF

ø

1. 41,5 32,5 27 24,5 19 1,9 2. 38 30 25 22 17,5 1,5 3. 38 29,9 24,8 22 16,8 1,8

GF = Griffloch (* Die Grifflöcher wurden von unten ausgehend aufwärts gemessen)

289 Hier müssen die Fingerlänge des Spielers in Betracht gezogen werden, da es wichtig

ist ob sie zu den gebohrten Grifflöchern passen oder nicht (Kebede 1989: 70).

Abbildungen 73a–b: Washint–Flöten

Fotos: T. Teffera, 06/2005 Addis Abeba

118

Abbildung 75a: Spielposition auf der Washint (Bambusrohr mit 4 Nodien)

Abbildung 75b: Spielposition auf der Washint (Bambusrohr mit 5 Nodien)

Spielweise: Die Spielweise der Washint empfiehlt ein schräges Anbla-sen. Das Instrument kann sowohl rechts als auch links vor dem Körper des Spielenden gehalten werden (Abb. 76–77). Verbreitungsgebiet: Wie die Abbildungen 75a–b zeigen, werden beim Washint–Spiel jeweils zwei Grifflöcher von Zeige– und Mittelfinger bei-der Hände bedient. Diese Flöte wird in der Musikkultur der Amara aus Zentraläthiopien be-nutzt, eine Volksgruppe, die insbesondere seit der sogenannten Salomo-nischen Dynastie (ca. 1270 nach unserer Zeit) bis in die Gegenwart die politische und kulturelle Macht des Landes besaß und besitzt. Herkunft der Amara: Die genaue Herkunft der Amara ist sehr umstritten, weil der überwiegende Teil der historischen Quellen sich auf mündliche Überlieferungen beruht. Somit bleibt die Frage offen, ob sie zu den Ein-wanderern gehören, die später auf äthiopischem Boden sesshaft wur-den290 oder ob sie vermutlich doch zu den Ureinwohnern Äthiopiens zäh-len (Bartnicki 1978: 626f). Im Vergleich zu den zahlreichen Musikkulturen Äthiopiens, die bislang kaum bekannt sind, kann man davon ausgehen, dass die traditionelle Mu-sik der Amara relativ besser untersucht wurde. Einige einheimische sowie ausländische Wissenschaftler haben sich zu unterschiedlichen Zeiten mit der Musikkultur dieser Volksgruppe beschäftigt. Heute liegen uns einige wenige Abhandlungen über die Musik der Amara vor. Neben der fünfsaitigen Schalenleier Krar oder der einsaitigen Kasten-spießlaute Masinqo, zählt die Flöte Washint ebenfalls zu den weitverbrei-teten und allgegenwärtigen traditionellen Musikinstrumenten der Amara. Über die Herkunft der Washint ist zwar kaum etwas bekannt, dennoch scheint sie in Äthiopien mit einem weit zurückliegenden historischen Hintergrund verbunden zu sein, der bis in den ältesten Malereien und Ikonografien aus der Zeit St. Yareds (ca. 7. Jahrhundert) zurückverfolgt werden kann.

290 In diesem Zusammenhang seien semitische Einwanderer aus Saudi Arabien genannt,

die ungefähr in der zweiten Hälfte des zweiten vorchristlichen Jahrtausends die nördli-chen Hochlandsgebiete Äthiopiens besiedelten.

Abbildung 76: Musiker Zelealem Liyih, Flöte aus

Plastikrohr, Foto: T. Teffera 06.07.2006, Addis Abeba

Abbildung 77: Musiker Gebremariam Adane, Flöte

aus Bambus, Foto: T. Teffera 21.05.1997, Gonder

119

Die Washint ist das Instrument der Hirten schlechthin, die zur Selbstun-terhaltung, zum Zeitvertreib und zur Ablenkung von den Alltagsproble-men geblasen wird. Durch sein Flötenspiel vermittelt der Hirt dem Vieh gleichzeitig das Gefühl des Bewachtwerdens und zwar den Schutz vor möglichen Gefahren wie etwa Raubtiere und Diebe beim Grasen. Kebede (1982: 71) beschreibt den Gebrauch dieses Instruments bei den Amara–Hirten so: „In Ethiopia, bamboo is found particularly concentrated around the regions of Lake Tana and the Atbara, Wabi Shebelai, Awash, and Abbay (Nile) rivers. As these fertile regions are also used for grazing cattle, it is no wonder that the flute has been closely associated with fertility and is commonly identified as a shepherd’s instrument. In the Amhara music of Ethiopia, more than one washint flute with finger holes is not often encountered”.

Oft ist der Washint–Spieler zugleich der Hersteller seines eigenen In-struments. Daher entspricht die jeweilige Flöte seinem individuellen Ge-schmack291. Die Washint begegnet uns außerdem im Zusammenspiel mit anderen Melodieinstrumenten in traditionellen Ensembles. Hier spielt sie meistens eine wesentliche Rolle als führendes Melodie– und Stimminstrument. Zu den dazu gehörenden Musikinstrumenten eines solchen Ensembles zählen gewöhnlich die einsaitige Kastenspießlaute Masinqo, die fünfsaitige Lei-er Krar und die zweifellige Konustrommel Kebero. Eine weitere Verwendung findet die Washint in den Zar genannten Be-sessenheitszeremonien der Amara, insbesondere in den Regionen Gonder und Wello. Hier fungiert sie als Hauptmelodieinstrument und wird oft von der einfelligen, ausschließlich auf solchen Zeremonien verwendeten kes-selförmigen Trommel Dibbe begleitet. Dabei handelt es sich um Instru-mentalstücke, dessen Melodien aus bekannten traditionellen Besessen-heitsgesängen stammen292, die vorwiegend durch alternierendes Singen zwischen einem solistischen Gesangsleiter und einer ihn begleitenden Gruppe oder aller Anwesenden (Frauen/Männer) einstimmig ausgeführt werden. Die Washint wird nur von Männern geblasen. Für Frauen scheint es Tabu zu sein, eine Flöte zu spielen. In der Musiktradition der Amara spielen hauptsächlich vier Tonreihen mit den Namen Tizita, Bati, Anchi Hoye Lene und Ambassel eine wichtige Rolle. Davon besitzen Tizita und Bati jeweils zwei Tonreihenvarianten. All diese Tonreihen werden dementsprechend auf die traditionellen Mu-sikinstrumente, darunter auf die Flöte Washint, übertragen. Sie sind all-

291 Es wurden Beobachtungen (1997 in Äthiopien) gemacht, dass ein Washint–Spieler

meistens eine von ihm nicht hergestellte Flöte schlecht bedienen kann bzw. wenn er sie spielt, er dann eine gewisse Zeit braucht, bis er sich an das Instrument dran gewöhnt, weil eben einige der oben genannten Faktoren eine wesentliche Rolle spielen. Hinsicht-lich der individuell unterschiedlichen Herstellungsmethoden und –techniken der Wa-shint z.B. über die Anbringung von Grifflöchern und andere wichtige Aspekte siehe Powne 1968: 25–31.

292 Beobachtung einer Besessenheitszeremonie, Addis Abeba 1993: Die von der höheren Macht besessene Frau feiert mindestens zweimal jährlich ein jeweils drei Tagen andau-erndes Fest, wobei viele eingeladene Gäste daran teilnehmen. Dabei stellt die Besesse-ne und gleichzeitig Gastgeberin den Mittelpunkt der Zeremonie dar. Meiner Beobach-tung zufolge begrüßte sie stets die eintreffenden Gäste. Andere Gäste verabschiedeten sich gleichzeitig. Die gesamte Zeremonie wurde von dem Klang des Washint– und des Dibbe–Spielers begleitet.

Genderbeziehung Funktion

120

gemein als Qiñit293 bekannt. Die Qiñits beziehen sich auf – nach festge-legten Regeln gestimmten – Tonreihen, die jeweils eine Anzahl von tradi-tionellen Gesängen besitzen. Die insgesamt sechs Tonreihen werden im Notenbeispiel 25 veranschaulicht294. Abbildung 78 zeigt nunmehr die auf die Washint gespielten Töne am Beispiel der Tizita–Qiñit parallel zu den entsprechenden Grifflöchern. Die mit einem „X“ markierten Felder beziehen sich auf abgedeckte Griff-löcher. Im Gegensatz dazu repräsentieren die mit einem „O“ versehenen Felder die aufgedeckten Grifflöcher.

Abbildung 78: Tonhöhen und Grifflochanordnungen am Beispiel der Tizita–Qiñit

Tonhöhe Grifflöcher 1. – 4. 4. GL 3. GL 2. GL 1. GL

c’ X X X X d’ X X X O d’ X X O O g’ X O O O a’ O O O O An dieser Stelle sei bemerkt, dass ein Unterschied zwischen der traditio-nellen und der „industriellen“ Musikpraktiken existiert. Die Regeln der Qiñit und dessen Theorie wurden als schriftliche Quellen erst nach 1968 ernst genommen. Der Grund dieses – von traditionellen Musik– und Mu-sikinstrumentenlehrern der Yared Hochschule für Musik in Addis Abeba entwickelten theoretischen – Entwurfs der Qiñits bestand in der Vereinfa-chung musikpädagogischer Zwecke. Im praktischen Musizieren dagegen sind sowohl der Begriff Qiñit als auch seine festgelegte „Systematik“ vollkommen unbekannt. Bei einer von mir im Jahre 1997 in dem Amara–Gebiet Gojjam gemachten Untersuchung über den Begriff der Qiñit sowie dem Verständnis und Missverständnis theoretischer Systeme (Teffera 1999: 139–153) stellte sich heraus,

„dass jedes Lied nach seiner Melodie gedacht wird und nicht nach seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten Qiñit. Auch das Stimmen von Musikinstrumenten verläuft nach demselben Prinzip. Es wird der melodische Vorgang des jeweiligen Liedes gedacht bzw. mitgesummt und das Instrument letztendlich gestimmt“.

Eine Qiñit–Tonreihe wird also anhand ihres markanten Intervallverhält-nisses unterschieden und dem jeweiligen Qiñit–Typ zugeordnet. Im Zusammenhang mit diesen traditionellen Tonreihen soll auch die Spieltechnik der Washint erläutert werden. Der beim Abdecken aller Grifflöcher erzeugte Grundton auf einer Washint kann in der Regel nur einer der dargestellten Qiñits ergeben (Notenbeispiel 25), so dass das Spielen weiterer Tonreihen durch Gabelgriffe und durch Überblastechni-ken zustande kommen kann. Dieses bedarf eine langjährige und intensive Erfahrung mit dem Instrument. Vorausgesetzt jedoch, dass bei der Her-stellung einer solchen Flöte das bewusste Fixieren der Grifflochabstände 293 Für detaillierte Informationen über das Qiñit–System, siehe unter anderem Teffera

2001: 19–26; Kimberlin 1976: 54 und 77 und Kebede 1971: 194 – 234. 294 Im Beispiel 5 (Qiñit–Ambassel) erklingen die Tonstufen 2 und 5 und im Beispiel 6 die

Tonstufen 2 und 4 um einige Cents tiefer als notiert.

Spieltechnik

121

die einzelnen Tonhöhen der oben aufgelisteten traditionellen Tonreihen repräsentiert und dafür auch entsprechend unterschiedlich gestimmte Flöten dem Musiker zur Verfügung stehen, erfolgt die Benutzung der Grifflöcher grundsätzlich nach demselben Prinzip.

Notenbeispiel 25: Die tradtionellen Qiñit–Tonreihen der Amara

1

Qiñit–Tizita, Version A Intervallverhältnisse: g2–g2–k3–g2

2

Qiñit–Tizita, Version B Intervallverhältnisse: g2–k2–g3–k2

3

Qiñit–Bati, Version A Intervallverhältnisse: g3–k2–g2–g3

4

Qiñit–Bati, Version B Intervallverhältnisse: k3–g2–g2–k3

5

Qiñit–Ambassel Intervallverhältnisse: k2–g3–g2–k2

6

Qiñit–Anchi–Hoye–Lene Intervallverhältnisse: k2–g3–k2–ü2/k3

In Städten stellen erfahrene Instrumentenmacher unterschiedlich ge-stimmten Flöten her, die sie sowohl selbst benutzen, aber auch an Interes-senten, z.B. an die Yared Hochschule für Musik, traditionelle Ensembles und Privatkunden weiterverkaufen. Es gehören stets unterschiedliche Größen von Flöten zur Ausstattung eines jeden erfahrenen Flötenspielers in einem Ensemble. Diese werden nicht nur je nach Stimmlage eines Sängers, sondern auch je nach der jeweils verwendeten traditionellen Tonreihe, Qiñit, eingesetzt. Somit dienen die zur Verfügung stehenden Flöten zur Abstimmung aller im Ensemble spielenden Instrumente295 und sie sind auch oft als führende Melodieinstrumente in Gebrauch. Der Besitz von mehreren Washints ist nicht immer und überall möglich. Im Vergleich zu erfahrenen Musikern, die auch den Instrumentenbau nicht nur einwandfrei beherrschen, sondern auch die Möglichkeit haben, stets neue Flöten zu bauen, gibt es Knaben in der Stadt, die es sich nicht leisten können, „teure“ Flöten zu kaufen oder welche problemlos herzu-stellen. Daher bauen sie ihre eigenen Instrumente meist aus Metall und/oder Plastik selbst. Im Gegensatz dazu sind es vorwiegend die Hir-ten, die auf dem Land die Flöte beim Bewachen ihrer Herde alltäglich verwenden. Auch sie stellen ihre Instrumente hier überwiegend aus Bam-bus ebenso selbst her und besitzen eine und dieselbe Flöte bis sie kaputt geht. Die tägliche Benutzung der Flöte und die daraus resultierende Er-fahrung dieser Musiker lassen zu, dass durch das Erzeugen von Überblas-tönen und dementsprechendes Kombinieren von zusammengehörenden 295 Die zu einem traditionellen Musikensemble gehörenden Standardinstrumente sind die

fünfsaitige Schalenleier Krar, die einsaitige Kastenspießlaute Masinqo und die zweifel-lige Konustrommel Kebero, die hier ausnahmsweise mit zwei Schlegeln aus Holz be-dient wird. Sonst wird die Kebero bei den Amara nur mit den Händen geschlagen.

122

Tonhöhen und Gabelgriffen weitere Instrumentalstücke ausführen kön-nen, in denen andere Tonreihen vorkommen. Die Washint spielt meistens melancholische Melodien, die aus traditio-nellen Gesängen der Amara stammen. Diese sind insbesondere Liebes– und Unterhaltungs– und so genannte Ingurguro–Gesänge (sanfte Sologe-sänge), die meistens zur Selbstunterhaltung vorgetragen werden. Die auf der Washint gespielten Instrumentalstücke können sowohl fest als auch freimetrisch gestaltet sein und von dem jeweiligen Spieler beliebig im-provisiert werden. Allerdings soll er den melodischen und metrorhythmi-schen Rahmen des jeweiligen Gesanges bewahren. Abgesehen von ihrer Funktion in den traditionellen Ensembles, ist es nicht bekannt, dass die Washint für die Begleitung von Gesängen benutzt wird. Ein kurzes Stück einer bekannten Washint–Melodie, die in früheren Zei-ten oft als Programmeröffnung für Rundfunksendungen verwendet wur-de, erklingt in der Bati–Tonreihe wie folgt (Notenbeispiel 26):

Notenbeispiel 26: Titel: The Shepherd with the Flute [Der Hirte mit der Flöte], von Ashenafi Kebede

Der Tonumfang dieses Melodiestückes erstreckt sich über einer Oktave; d.h. von e’–c’’’. Der Ton a’ fungiert als Grundton der Qiñit–Tonreihe. Die der Bati–Qiñit gehörende meist in aufwärts verlaufender Sequenz gedachte Tonreihe setzt sich aus den Töne a’–c’’–d’’–e’’ und g’’ zusam-men, aber es kommen auch tiefe und hohe Oktavtöne dieser Tonstufen vor, die im gesamten Melodieablauf wichtige Funktionen besitzen.

123

WOISSA (Hamar, Banna, Bashada – Äthiopien) Name Nr. Klassifikation

Zusatz

Synonyme Form, Material Maße/cm Form/Anordnung Woissa 421.111.12 L/D mit Grifflöchern Woyissa Weyssa

offene Längsflöte aus Bambus und Schilf oder Holz (Hamar, Banna, Bashada u.a. Äthiopien)

L = 30–45 ø = 2,5

zylindrich, vier vordere Grifflöcher, scharfe Anblaskante

Die aus Schilf, Bambus oder aus dem Ast des Typs Grewia Mollis A. Juss296 gehörenden Buschbaums gebaute Woissa297–Flöte kann 30–45 cm lang sein und einen Durchmesser von ca. 2,5 cm haben. Sie hat vier vor-dere Grifflöcher und eine scharfe Schneide als Anblasvorrichtung. Der Anthropologe Ivo Strecker (1978: 7), der über mehrere Jahrzehnte hinweg die Sprache und Kultur der Hamar erforschte, erläutert die durchgeführte Herstellungsweise der Woissa so: „Wenn in der Regenzeit der ‚Bazara–Busch ‚fett’ und ‚weich’ geworden ist, suchen sie einen Ast aus, der ein etwa daumendickes, fünfzig bis achtzig Zentimeter langes, gerades Stück enthält. Rechts und links von diesem Stück zerschneiden sie die Rinde rund um den Ast herum, und während der Ast noch am Stamm ist, drehen und zerren sie so lange, bis sich die Rinde löst und um das Holz herumdrehen lässt. Dann erst schneiden sie den Ast ab und ziehen ihn aus der Rinde heraus. Der auf diese Weise gewonnene Zylinder wird die Flöte. Sie füllen ihn mit Asche oder Sand und schließen die Enden mit Kuhdung. Auf diese Weise erreichen sie, dass die Rinde gleichmäßig trocknet und sich nicht verzieht. Wenn die Rinde vollständig trocken ist, werden mit einem spitzen Eisen vier Grifflöcher gebrannt und damit ist die Längsflöte fertig“. Spielweise: Die scharfe Schneide der Flöte macht ein schräges Anbla-sen sinnvoll. Dabei hält der/die Spielende das Instrument meistens nach rechts vom Körper (Strecker / Lydall 1979: 23). Verbreitungsgebiet: Das Siedlungsgebiet der Hamar liegt südlich des Omo Flusses und nördlich des Turkana Sees an den Grenzen Kenias, Ugandas und des Sudan. Sie betreiben hauptsächlich Viehzucht, aber auch Ackerbau. Der Viehzucht wird vor allem eine besondere Stellung beigemessen, die sich auch in einem Großteil Ihrer traditionellen Gesänge und Tänze Musikrepertoires zum Ausdruck gebracht wird. Zum geringen Maße existieren vereinzelt auch kleinere Gruppen der Hamar, die sich mit der Bienenzucht beschäftigen sowie ein geringer Teil gehört zu den Jägern und Sammlern (Simon 1988: 68ff.). In Südäthiopien wird die Woissa in eine Anzahl der hier beheimateten Volksgruppen verwendet. So sind außer der Hamar auch die Banna und Bashada298 für das Flötenspiel bekannt. Genderbeziehung/Funktion: Die Woissa gilt auch als ein besonderes Musikinstrument der Hamar–Frauen. Gespielt wird es meistens in der 296 Der Name Grewia bezeichnet eine Pflanzen–Gattung (Genus), die aus ungefähr 150

bis 290 verschiedene Arten enthält. Dazu gehört auch die Gattung Grewia Mollis A. Juss. Es handelt sich dabei um Sträucher oder kleine Bäume, wovon einige Arten ent-weder klemmen oder klettern (für eine ausführliche Beschreibung siehe http://de.wikipedia.org/wiki/Grewia).

297 Auch Woyissa und Weyssa genannt. 298 Auch in der weiter nördlich gelegenen Nachbarregion, wo die Ari–Gemeinschaft lebt,

werden ebenfalls Woissa genannte Flöten verwendet. Allerdings handelt es sich hierbei um gedackte und grifflochlose Längsflöten, die in Sätzen gespielt werden (siehe Wois-sa–Ensemble).

Abbildung 79: Foto: Jean Lydall, 1973 (Strecker

1978: 41)

Abbildung 80: Foto: Mohaupt 1999: 21

124

Zeit, wo die Feldfrüchte (Hirsefelder) heranwachsen, um ungewünschte Tiere zu verscheuchen. Die für ihre Überwachung verantwortlichen in der Regel unverheirateten Mädchen verbringen so ihre Zeit mit dem Flöten-spiel (Abb. 79). Knaben sind zwar auch für die Feldbewachung verant-wortlich, jedoch spielen sie die Woissa kaum, sondern sie sind vielmehr für ihre Herstellung zuständig (Strecker / Lydall 1979: 23, 56 und 140). Strecker (1978: 7) beschreibt die soziale und musikalische Bedeutung und Funktion der Woissa bei den Hamar so:

„Der Name der Flöte Woissa drückt ihre Beziehung zur Arbeit doppelt aus: Wörtlich übersetzt meint Woissa, ‚das, was das Aufrechtstehen verursacht’ und es bezieht sich darauf, das die Mädchen durch ihr Flötenspiel ein gutes Wachsen der Hirse ermöglichen und sich dabei gleichzeitig wachsam halten. Hinzu kommt die Anspielung auf die Erektion des Mannes. Das Wort dafür lässt sich mit ‚wie eine Flöte’ übersetzen. Dementsprechend ist es den Mädchen auch nicht erlaubt, eine Flöte selbst herzustellen. Diese Aufgabe ist den Männern überlassen“.

Auch bei den Banna und Bashada spielt die Woissa fast die gleiche Rolle im sozialen Alltag. Obgleich sie auch hier überwiegend von Frauen ge-blasen wird, spielen bisweilen auch männliche Mitglieder beider Volks-gruppen das Instrument (Abb. 80). Auch wenn die funktionale und sozia-le Bedeutung der Woissa Ähnlichkeiten mit der Hamar–Flöte besitzt, bleiben einige Fragen offen, die unter anderem die Beschaffenheit, die Anzahl der Grifflöcher und das genaue Musikrepertoire anbelangt. Der Großteil des Flötenrepertoires bezieht sich auf Melodien, die eine eindeutige Liebeserklärung offenbaren. Mohaupt (1999: 21) schildert hierzu folgendes:

“….some boys play melodies to their beloved, saying: „don’t worry, later, at night, let us meet. Later, when we leave the fields, I will com to you” and the girl who it is for will know the melody of her boyfriend and answer in the same way. Their parents would not know, they would just think that their child has been sitting in the field playing the flute.”

Nach aufwärts verlaufenden Intervallen geordnet erklingen in relativer Stimmung g2–g2–k3–g2 usw. auf der Woissa der Hamar, die im folgen-den Notenbeispiel 27 demonstriert sind. Der Tonumfang beträgt ein-schließlich der Obertöne (jeweils die 1. Obertöne über den ersten fünf Tonhöhen) fast zwei Oktaven, aber möglicherweise könnte noch ein grö-ßerer Ambitus erreicht werden. Das hängt insbesondere von der Eigen-schaft des Instruments und dem Können des Spielenden ab. Wie bereits oft in dieser Arbeit bemerkt, steht also fest, dass in fast allen Regionen Ostafrikas die hergestellten Flöten wie auch andere Musikinstrumente je nach individuellem Wunsch des Spielenden oder des Herstellers sich unterscheiden können. Die Woissa wird meistens von Knaben ohne ver-bindliche Normen hergestellt, was soviel bedeutet, dass je nach Beschaf-fenheit des Instruments unterschiedliche Stimmungen erscheinen können. Leider existiert über die Woissa wenig Quellenmaterial zum Vergleichen, bis auf ein Flötenstück aus der veröffentlichten CD von Ivo Strecker299.

299  Nyabole/Laufgesang:  Musik  der  Hamar/Südäthiopien,  1978, Aufnahmen aus den

Jahren 1970–1976; Museum Collection Berlin, Abteilung Musikethnologie: Berliner Phonogramm–Archiv Ethnologisches Museum Staatliche Museen zu Berlin – Preußi-scher Kulturbesitz; WERGO, Arthur Simon (Hrsg.), SM 17072, GmbH (siehe Tonauf-nahme Nr. 2; Titel: Woissa–Flötenspiel.

125

Daher basiert die gegenwärtige Untersuchung zunächst nur auf mündlich zugetragene Annahmen. Im Notenbeispiel 28 werden die zuvor aufgelisteten Intervalle als relativ feste Tonhöhen fast gleichmäßig verwendet. Begleitet von anderen Ton-höhen der unteren und oberen Oktaven, fungieren insbesondere die Töne a’ und h’ als zentrale Töne und kommen auch als Halbschluß– oder Schlußtöne mit Finalfunktion in jeder Melodiezeile vor. Sie fallen vor allem dadurch auf, weil sie kurz vor dem Ende oder am Ende der Melo-diezeilen als lang angehaltene Tonhöhen erscheinen gefolgt von ebenfalls langen Pausen, die im Woissa–Flötenspiel offensichtlich typisch zu sein Notenbeispiel 27: Woissa–Stimmung mit möglichen Obertönen, entnommen aus einer Flötenmelodie

scheinen. Laut Strecker (1978: 7) dienen die langen Zwischenpausen der hier angesprochenen Flötenspielerin insbesondere ausreichende Luft ein-atmen zu können, um den folgenden Melodieabschnitt mit erneuter Kraft zu beginnen. Eine andere Funktion der langen Pausen ermöglicht der Spielerin sich Zeit zu nehmen, um mit mehreren Luftstößen die Luftsäule „anzuwärmen“ und zu „reinigen“. Des Weiteren sind charakteristische Tonverbindungen bestimmter Tonstufen feststellbar, die in einem schnel-len Tempo gespielt werden und eher eine melodische Improvisation ver-muten lassen (z.B. Zeile 5 die oft wiederholten Tonfolgen von h’–a’–f#’). Zusammenfassend sei bemerkt, dass die Tonstufen der unteren sowie der oberen Oktaven unterschiedliche Funktionen in der melodischen Struk-turbildung erfüllen und zwar je nach dem, welche der zyklisch angeord-neten Melodiezeilen ausgeführt wird. Die Funktion einzelner Tonstufen hängt aber auch von dem entsprechenden Instrumentalstück ab, das wie-derum individuell sehr unterschiedlich gestaltet und melodisch wie auch metrorhythmisch variiert werden kann. Daher werden die in einem Mu-sikstück als relativ festliegende Tonstufen geltenden Töne, in einem an-deren Musikstück nicht unbedingt die gleiche zentrale Rolle spielen und somit andere Funktionen besitzen. Trotz der Bewahrung eines gewissen melodischen und metrorhythmischen Rahmens und bestimmter Prinzi-pien, scheint auch im Woissa–Flötenspiel die freie Melodiegestaltung möglich zu sein. Die freie Melodiegestaltung die auch im Zusammenhang mit anderen Aerophonen in dieser Untersuchung oft besprochen wird gehört zu eine der häufig zu beobachtende Erscheinung vieler Musiktra-ditionen Ostafrikas.

Analyse eines Woissa-Flötenmel-

odie der Hamar

Funktion und Rolle einzelner Tonstufen in der melodischen

Strukturbildung

Obertöne

126

Notenbeispiel 28: Ausschnitt aus einer Woissa–Flötenmelodie der Hamar300

ZUMBARA (Sudan)

Name Nr. Klassifikation

Zusatz

Synonyme Form, Material Maße / cm Form/Anordnung Zumbara 421.111.12 L/D mit Grifflöchern offene Längsflöte aus Bambus

Metall oder Kupfer (Sudan)

L = 30–90

zylindrich, zwei vordere Grifflöche, scharfe Anblaskante

Die Flöte Zumbara wird aus Bambus, Metall oder Kupfer gefertigt. Ihre Längen liegen zwischen 30 und 90 cm (Ismail 1995: 328f.). Die Flöte hat zwei vorderständige Grifflöcher, die gewöhnlich neben dem unteren Rohrende gebohrt werden. Die Randbearbeitung weist eine scharfe Kante auf. Aufgrund der bisweilen relativ kleinen Größe und der ziemlich engen Mensur, erzeugt die Zumbara mit Hilfe der Überblastechnik mehrere Tonhöhen, die genauso wie bei der offenen Einzellängsflöte Sorror der zentralsudanesischen Nymang einen großen Tonumfang bedienen.

300 Nyabole: Hamar–Südäthiopien, CD Publikation Museum Collection Berlin, Aufnah-

me: Ivo Strecker 1970–1976, SM 17072, WERGO GmbH, CD–Aufnahme 2, Flöten-spielerin: Gardu Oita (aus Hamar).

127

Das Verbreitungsgebiet der Zumbara umfasst die weiße Nilregion nörd-lich von Kordofan und Darfur. Hier leben die meisten Nomadenvölker des Sudan (Ismail 1995: 328f.). Die Zumbara ist ein alltägliches Musikinstrument der Hirten, die der Selbstunterhaltung, aber auch als Signalinstrument dient und zwar beim Suchen verloren gegangener Tiere (Al–Daw 1985: 71). Die auf der Zumbara gespielten meist solistischen Instrumentalstücke, stammen aus Alltagsgesängen.

2.3.3. Gedackte Längsflöten ohne Grifflöcher

Im Folgenden werden gedackte und grifflochlose Längsflöten ostafrikani-scher Musikkulturen behandelt, die ausschließlich in Ensembles gespielt werden. In einigen wissenschaftlichen Arbeiten über die Musik Afrikas, werden Begriffe wie Reedpfeifen oder –flöten häufig verwendet, doch können diese Flöten auch aus anderen Materialien etwa Bambus, Schilf, Metall, Holz, Kalebasse, Papayastengel und Ton hergestellt werden. In Ostafrika wird für die Herstellung solcher Flöten allerdings überwiegend Bambus verwendet. Aus organologischer Sicht ordnet Cooke (2001b: 439) auch Panflöten diesem Flötentyp zu, die beispielsweise auf den Sa-lomonischen Inseln, in Teilen Afrikas wie etwa das Nyanga–Ensemble aus Mosambik sowie in Südamerika zu finden sind. Als Begründung gibt er an, dass jede einzelne Flöte zwar gedackt ist, doch nur in gebündelter Form oder in einer Reihe zu einer Panflöte angeordnet wurde. Gedackte Längsflöten sind in vielen Kulturen des afrikanischen Konti-nents anzutreffen. Als Verbreitungsgebiet sind einige Volksgruppen aus Südafrika, die Mbuti–Pygmäen aus dem Ituri–Regenwald im Nordosten der Republik der Demokratischen Kongo (ehemals Zaire), die Azande301 aus dem Norden der Republik der Demokratischen Kongo, Zentralafrika sowie aus dem südwestlichen Sudan (Kubik 1998b: 2284f.), Mosambik, weiter entlang der Linie der westlichen Seite des Afrikanischen Graben-bruchs in Richtung Uganda und des Sudan bis nach Äthiopien zu nennen. Westlich des Sudan kommen ähnliche Flötenensembles im Tschad vor wie zum Beispiel die Fana–Flötenspiele, wobei diese Flöten aus Ton gebaut werden. Des Weiteren begegnen uns gedackte Flöten in Nigeria und Kamerun. Außerhalb des afrikanischen Kontinents werden gedackte Längsflöten in Litauen und in einigen Gegenden der Pazifischen Inseln und den Philippinen genutzt (Cooke 2001b: 439f.). Ein wichtiges Merkmal dieser Flöten besteht darin, dass man auf sie meistens nur einen Ton erzeugen kann, so dass sie in Sätzen gespielt werden müssen, um gemeinsam eine sinnvolle Melodie gestalten zu kön-nen. Daher kommt auch oft das Hocketverfahren zur Anwendung. In diesem Zusammenhang seien die von Kubik (1988: 83–86) oft genutzten Begriffe wie „Interlocking“ oder „Verzahnung“ und „Kreuzrhythmus“ erwähnt, bei dem das Prinzip des melodisch-rhythmischen Ineinander-greifens von „geschlagenen, geblasenen, angerissenen (eventuell auch

301 Auch Asande, Sande, Zande, oder Zandé genannt.

gedackte und griffloch-lose Ensembleflöten

Verbreitung

besondere Eigen-schaften der Flöten

in der Tonerzeugung

Interlocking Verzahnung

Kreuzrhythmus

128

gesungenen) Töne eines Musikstückes“ den Mittelpunkt solcher Musizier-formen bildet. So muss bei einem solchen Flötenensemble jeder Instru-mentenspieler seine Einsatzpunkte genau kennen und diese im richtigen Moment des musikalischen Verlaufs hinzufügen. Die daraus resultieren-den meist kurzen Melodiezeilen oder –phrasen, die sich in der Regel in einer zyklischen Form stets wiederholen, gehören zu den besonderen Merkmalen dieser Flötenensembles. In einigen Musikkulturen ist es üblich, dass sich in solchen Flötenen-sembles je nach Anzahl der daran beteiligten Instrumentenspieler ver-schiedene kleinere Untergruppen bilden, wobei jede Gruppe im Verlauf der musikalischen Gestaltung unterschiedliche melodisch-rhythmische Pattern auszuführen hat. Dies ist beispielsweise in den Flöten– und Trompetenensembles der Berta (Simon 2003: 5, 13 und 16), Gumuz (Gottlieb 1980), der Tschako–, Baka–, Shangama–, Maale– und Gidole–Volksgruppen (Günther 1972: 55f.), Ingessana (Kubik 1982: 98ff. und Gottlieb 1996) aus Äthiopien und aus dem Sudan festzustellen. Dabei folgen sowohl die Musiker als Gruppen als auch jeder Teilnehmer als Individuum einem gewissen Orientierungsprinzip, so dass beim Zusam-menspiel alle melodisch-rhythmischen Figuren miteinander verschmelzen können. In diesem Zusammenhang sei die „Time–Line–Formel“ erwähnt, die in vielen Musikkulturen Afrikas südlich der Sahara in Gebrauch ist. Kubik (1988: 91) beschreibt dies wie folgt:

„In jeder Musikkultur der Erde muss es Konzepte und Vorstellungen geben, die ein präzises Zusammenspiel zwischen den Ausführenden ermöglichen: bewusste (oft auch unbewusste) Referenzpunkte, an denen sich die Musiker orientieren. In der europäischen Musik erfolgt die Orientierung entlang einer imaginären Zeitlinie mit Hilfe von Zählwerten: Takt und Metrum. In den Musikformen der meisten Gebiete in Afrika südlich der Sahara gibt es keine Vorstellungen von Takt als prä–akzentuierte Einheit, und Metren treten meist in Kombination als „Summationsmetren“ auf. Zur Orientierung entlang der Zeitlinie bestehen die Konzepte der Elementarpulsation, des Beat und der Formzahl als grundlegende Schemen“.

Aufführungen von Flötenensembles und die dazu vorgetragenen Gesänge und/oder Tänze spielen bei fast allen afrikanischen Gemeinschaften eine wesentliche Rolle im sozialkulturellen Alltag. Der Tshikona–Flötentanz der Venda aus dem Transvaal (Blacking 1973: 41f.; 1995: 77f. und 82f.) ist zum Beispiel ein wichtiges Ereignis für jeden Angehörigen, wodurch das Gefühl der Zusammengehörigkeit, die kulturelle Bindung und Stärke zum Ausdruck gebracht werden. Ähnliche Situationen sind auch in zahl-reichen anderen ostafrikanischen Musikkulturen zu beobachten. In solchen Ensembleaufführungen nehmen gewöhnlich viele Menschen teil. Die musikalischen Funktionen eines Ensembles können sich zwar von einer Musikkultur zur anderen unterscheiden, jedoch dienen sie ü-berwiegend der Begleitung von gemeinschaftlichen Tanz– und Ge-sangsaufführungen. In einigen Musikkulturen Ostafrikas werden gedackte Flöten in Kombi-nation mit anderen Instrumenten wie etwa Trommeln, Rasseln und Holz-klappern in unterschiedlichen Ensembles aufgeführt. Der Gebrauch von gedackten Flöten als Soloinstrument wurde bislang nicht beobachtet. Es sei betont, dass in den überwiegenden Musikkulturen Ostafrikas gedackte Längsflöten – genauso wie viele andere Aerophone – prinzipiell von Männern gespielt werden, während die weiblichen Mitglieder sich oft mit Gesang und/oder Tanz an den Musikausführungen beteiligen. Das

Die sozialkulturelle Bedeutung der Flöten-ensembles in afrikanischen Mu-sikkulturen

Genderbeziehung

129

Flötenspiel der Frauen wird in diesen Musikkulturen mit wenigen Aus-nahmen generell als Tabu betrachtet. Weibliche Flötenspielerinnen, die in diesen Ensembleaufführungen aktiv teilnehmen, begegnen uns somit nur in vereinzelten Gebieten Ostafrikas wie zum Beispiel bei den südäthiopi-schen Maale. Hier ist es nicht ungewöhnlich, dass weibliche Gemein-schaftsangehörige im so genannten Pilea–Ensemble mit dem Flötenspiel aktiv partizipieren. Exemplarisch seien nunmehr ostafrikanische Musiktraditionen vorge-stellt, bei denen der Gebrauch von gedackten Längsflöten zu den musika-lischen Repertoires gehört. Die hier vorgestellten gedackten Flöten exis-tieren mit und ohne Kerbung der Schneide. In Tabelle 15 werden zunächst die Bezeichnungen bzw. Namen von Flö-tenensembles verschiedener ostafrikanischer Volksgruppen tabellarisch aufgelistet. Es ist davon auszugehen, dass in bislang unerforschten Mu-siktraditionen dieser geographischen Region gewiss weitere Flötenen-sembles existieren. Aus dem gegenwärtig gewonnenen Forschungsergeb-nissen werden jedoch nur die unten aufgelisteten Ensembles und die be-sonderen Merkmale der darin vorkommenden Flöten veranschaulicht, die folglich der Reihe nach näher in Betracht genommen werden. Weitere Musikinstrumente, die in den hier untersuchten Ensembles unterschiedli-che Rollen spielen, werden bei der Beschreibung erläutert. Tabelle 15: Ostafrika: gedackte Längsflöten ohne Grifflöcher

Instrument Form/Gestalt Anzahl Maße in cm Material Verbreitungsgebiet Volksgruppe/Land

Abbi-Birare-Ensemble zylindrisch 9 L = 25 – 95

ø = 2,5 – 3,5 Bambus Berta / Äthiopien

Afyanza-Ensemlbe zylindrisch ? ? Bambus Kome / Äthiopien Andinga-Ensemble zylindrisch ? ? Bambus Gumuz / Sudan Bal-Ensemble zylindrisch 5 - 7 Bambus Ingessana / Sudan Bol-Negero-Ensemble302 zylindrisch und

überwiegend dickwandig

19 L = 8,5 – 69 ø = 2 – 4

Bambus Berta / Äthiopien

Bol-Tsitsim-Ensemble zylindrisch und überwiegend dickwandig

11 L = 24 – 84 ø = 2,5 – 3,5

Bambus Berta / Äthiopien

Bulhu-Ensemble zylindrisch, dickwandig

24 L = 12 - 99,6 Bambus Berta / Sudan

Eruma-Ensemble zylindrisch 14 - 16 variabel Bambus Amba / Uganda Fila-Ensemble zylindrisch 14 ? Bambus Gidole / Äthiopien Mbasi-Ensemble zylindrisch ? Schilf Wasangu / Tansania Osegu-Ensemble zylindrisch ? Bambus Madi / Uganda Pilea-Ensemble zylindrisch 8 L = 21 – 38

Bambus Maale / Äthiopien

Woissa-Ensemble zylindrisch 6 L = 18 – 31

Bambus Ari /Äthiopien

Vylanzi-Ensemble zylindrisch ? ?

Bambus Zaramo / Tansania

302 Von den im Sudan lebenden Berta auch Bul-Nagaru oder Balu-Naggaru genannt. Es

können bis zu 24 Instrumente beteiligt sein.

130

ABBI–BIRARE–ENSEMBLE (Berta – Äthiopien) Name Nr. Klassifikation

Zusatz

Maße / cm Form/Anordnung Synonyme Form. Material L/D keine GF Abbi–Birare– Flötenspiel

421.111.21 neun gedackte Längsflöten aus Bambus (Berta – Äthiopien)

L = 25–95 ø = 3–3,6

zylindrisch, scharfe Anblaskante

Abbi–Birare–Ensemble Jede Flöte hat ihre eigene Bezeichnung.

1. Dego 25 3 2. Dego–Dañe 28 3,2 3. Achisare 30 3 4. Hamedine 35 3,5 5. Bolmosha 45 3,6 6. Bolmosha–Dañe 50 3,2 7. Habesem 65 3,2 8. Aum 75 3,5 9. Abejjiya 95 3,5

Die Musikaufnahmen des Abbi–Birare–Flötenensembles fand in dem Berta–Dorf Nifro–Gebeya303 statt, das ungefähr 12 km entfernt von der Stadt Assosa in Westäthiopien liegt. Ergologie: In diesem Esemble spielen neun unterschiedlich bezeichnete Bambusflöten zusammen. Von der längenmäßig kleinen Flöte in aufwärts verlaufender Reihenfolge heißen sie 1. Dego, 2. Dego–Dañe, 3. Achisare, 4. Hamedine, 5. Bolmosha, 6. Bolmosha–Dañe, 7. Habesem, 8. Aum und 9. Abejjiya (Abb. 81). Die Rohrlängen liegen zwischen 25 und 95 cm und die Durchmesser zwischen 3 und 3,6 cm. Die Anblasöffnungen weisen scharfe Kanten auf. Spielweise: Beim Spielen werden die Flöten in Längsrichtung vor dem Mund des Musikers gehalten, der in die Flöte hinein bläst, ähnlich wie in eine Flasche. Dabei hält er die Rohrspitze zwischen Daumen und Zeige-finger, womit er bisweilen das Anblasloch teilweise abdeckt, um mögli-cherweise die gewünschte Tonhöhe leichter erzeugen zu können. Während einer Musikaufführung bilden die Flötenspieler einen Kreis oder sie stellen sich in Reihen gegenüber auf. Im Kreis bewegen sie sich im Uhrzeigersinn und umgekehrt. Bei der Bildung von zwei Reihen, bei denen sich zwei Gruppen gegenüberstehen, schreitet jede Gruppe in rhythmischen Schritten vor und rückwärts. Ihre Körperbewegung kon-zentriert sich auf synchron gestaltete Fußschritte und Hüpfer, die sowohl einzeln als auch in Gruppen ausgeführt werden. Der Leiter des Ensembles spielt zugleich die höchste Flöte Dego. Die Flötenspieler und die am Ge-sang und Tanz teilnehmenden Menschen übernehmen bestimmte Funkti-onen in den Musikaufführungen und leisten so ihren Beitrag (Abb. 82). Die Verbreitungsgebiete des Abbi–Birare–Ensembles sind Westäthiopien und der südliche Sudan, wo die Berta leben. Diese Gemeinschaft gliedert sich in verschiedenen Klans, die unter anderem Madbis, Faghawaji, Fa-toga, Gamili und Fadashi genannt werden. Jeder Klan lebt in einer sepa-raten Siedlung mit jeweils einem eigenständigen Klanführer. 303 Feldforschung in Äthiopien, Februar 2005; siehe auch Videoaufnahmen vom

13.02.2005: Video–02 von 21:33–31:48 Minuten (Privatsammlung: Teffera, Ostafri-ka/2005).

Abbildung 81

Abbildung 82

Fotos: T. Teffera 13.02.2005 Nifro–Gebeya

Verbreitungsgebiet

131

Die Berta in Äthiopien bewohnen die Benishangul–Gumuz–Region mit dem Zentrum Assosa, das wiederum in sechs weitere Verwaltungszonen aufgeteilt ist. Die Siedlungsgebiete der Berta im Sudan sind dagegen Ed–Damazin und Roseires, die südlich des Blauen Nils entlang der westäthi-opischen Grenze verlaufen (Simon 2003: 3). Die Berta beider Länder teilen die gleichen historischen, sozialen, kultu-rellen und religiösen Wurzeln und betrachten sich auch als eine Einheit, die nur durch die politischen Grenzen Äthiopiens und des Sudans künst-lich geteilt ist (Günther 1972: 51). In der Geschichte der Berta gab es zahlreiche Einwanderungwellen zwi-schen den Grenzgebieten beider Länder. Die insbesondere im 19. Jahr-hundert stattgefundenen Migrationwellen mehrerer Berta–Gruppen aus dem Sudan in Richtung Äthiopien sind dafür ein Beweis. Der Grund ist vermutlich eine Überbevölkerung oder die Flucht vor arabischen Skla-venhändlern (Simon 2003: 3). Die Flöten werden ausschließlich von Männern gespielt. In dem aufge-nommenen Flötenensemble haben Frauen nicht teilgenommen. Es ist jedoch nicht bekannt, ob Frauen von der Beteiligung an dieser Musikaus-führung ausgeschlossen sind. Die Flötenspieler sowie die restlichen männlichen Musiker waren an dem Tag mit einem Hausbau beschäftigt. Aufgrund meiner Anfrage, die von dem Dorfleiter und anderen Verwal-tungsangestellten der Benishangul–Gumuz Region unterstützt wurde, unterbrachen die Männer für eine kurze Zeit ihre Arbeit und spielten die bereits mitgebrachten Flöten. Nach abwärts verlaufenden Intervallen geordnet erklingen in relativer Stimmung k3–g2–g2–r4–k3–g3–k2 und k3 auf den Flöten des Abbi–Birare–Ensembles. Gemeinsam mit dem Spektralbild werden die Tonhö-hen und die Frequenzen in Tabelle 16 und Abb. 83 dargestellt. Die Musiker wurden einzeln aufgefordert, die jeweiligen Tonhöhen auf ihren Flöten zu erzeugen. Während sich die Flöten 1 bis 5 aufgrund ihrer geringen Länge relativ einfach anblasen lassen, wird es insbesondere ab der Flöte 6 zunehmend schwerer den technischen Grundton mühelos zu spielen. Daher ist es durchaus möglich, dass während der Ensemble-aufführung ein Teil der Instrumente von dem Gesang teilweise verdeckt werden. Aufgrund dessen kann der Zuhörer im Laufe einer Musikauffüh-rung manchmal nur die höher klingenden Flöten heraushören und be-stimmte Muster in die melodischen und rhythmischen Strukturen hinein interpretieren, die jedoch von den einheimischen Musikern als solche nicht vorgetragen bzw. empfunden werden (Kubik 1988: 109). Vergleichsweise wurden sehr geringe Stimmungsabweichungen zwischen dem Vorführen der Intervalle (siehe Ensemblestimmung in Abb. 83) und der gemeinsamen Musikaufführung festgestellt, die mit den unterschied-lichen räumlichen Bedingungen der Musik im Zusammenhang stehen. Im Notenbeispiel 29 wird zunächst ein kurzer Ausschnitt eines Musikstü-ckes analysiert, das durchgehend 4 kurze melodisch rhythmische Durch-gänge mit jeweils sechs Elementarpulsen beinhaltet. In den ersten vier Notenzeilen sind die Einsätze bzw. die Startpunkte der neun Abbi–Birare–Flöten notiert. Die fünfte Notenzeile demonstriert den Vokalpart. Am linken Rand befinden sich die jeweiligen Flötennummern

Funktion Genderbeziehung

Stimmung und Repertoire

Siedlungsgebiete und historische Herkunfe

der Berta–Gruppen in Äthiopien und im

Sudan

132

Tabelle 16: Hertzangaben der Abbi–Birare–Flöten

Nr. Flöten Tonhöhe Hertz 1 Dego ab’ 389,87 2 Dego Dañe f’ 351,62 3 Achisare eb’ 318,2 4 Hamedine db’ 205,5 5 Bolmosha Ab 201,6 6 Bolmosha Dañe F 161,34 7 Habesem Db 157,42 8 Aum H 149,88 9 Abejjiya Ab 145,75

Abbildung 83: Abbi–Birare–Ensemble: Flötenstimmung

(vergleichbar mit den Nummern der Stimmung). Die Einsatzpunkte der Flöten 1 bis 9 sowie des Vokalparts sind an den entsprechenden Stellen mit Punkten gekennzeichnet, während die kurzen Schrägstriche die Pau-sen markieren. Die ersten zwei Durchgänge scheinen eine „Unregelmä-ßigkeit“ zwischen dem Instrumental– und Gesangsteil aufzuweisen. Hier singt der Gesangsleiter eine kurze rezitative Zeile, die anschließend von der Gruppe mit den Silben ‚ho’ beantwortet werden. Außer den Flöten 1, 2 und 5 sind in diesen zwei Durchgängen sonst keine weiteren Flöten in Gebrauch. Danach setzt sich allmählich der akzentuierte Rhythmus durch, der ab dem dritten Durchgang deutlicher wird. Hier sind alle Flö-ten in vollem Einsatz. Der Antwortpart mit den Silben ‚ho–ye’ wird auch in regelmäßigen Abständen für eine Weile wiederholt, bis die gesamte Gruppe zu einem Ruhepunkt kommt. Die Aufführung wird von intensi-ven Tanzschritten begleitet. Danach kehren die gleichen melodisch rhythmischen Bewegungen der hier dargestellten 4 Durchgänge in zykli-scher Form immer wieder.

133

Notenbeispiel 29: Abbi–Birare–Ensemble: Extrakt eines Musikstückes (6 Elementarpulsation: 80 M.M.); Aufnahme: T. Teffera, 13.02.2005, Berta/Westäthiopien

AFYANZA–ENSEMBLE (Komo – Westäthiopien)

Name Nr. Klassifikation

Zusatz

Synonyme Form, Material Maße / cm Form / Anordnung L/D ohne Grifflöcher Afyanza– Flötenspiel

421.111.21 ca. zwölf gedackte Längsflöten aus Bambus (Komo–Westäthiopien)

variabel zylindrisch, scharfe Anblaslöcher

Luka 111.12 zwei dicke Holzplatten L = ca. 30–45 2–5 Dicke

die Größen variieren sich beliebig

Die gedackten Afyanza304–Flöten werden aus Bambus gefertigt und besit-zen unterschiedliche Dimensionen. Sie werden in Sätzen von 12 und mehr Musikern gespielt. Zum Afyanza–Ensemble gehören auch Luka genannte Holzplatten, die während einer solchen Ensembleaufführung von 4 bis 5 Spielenden gegeneinander geschlagen werden. Diese Holz-platten weisen eine Länge von 30 bis 45 cm auf, während ihre Dicke zwischen 2 und 5 cm beträgt. Es ist davon auszugehen, dass die im En-semble eingesetzten Flöten jeweils eine eigene Bezeichnung haben – wie es in vielen ähnlichen ostafrikanischen Flötenensembles auch der Fall ist – jedoch stehen uns dazu leider keine Einzelheiten zur Verfügung. Das Spielen der gedackten Bambusflöten erfolgt, genauso wie es in vie-len ähnlichen Ensembles beobachtet wurde, so, dass sie vertikal vor dem

304 Unter den wenigen Quellenmaterialien sind die von Johnson und Harrison auf Feldfor-

schungen durchgeführte Tonaufnahmen (LP) zu nennen. Diese sind Musiques Ethio‐piennes; OCORA OCR 75 und Ethiopian Urban and Tribal Music – Gold from Wax, Vol. 2, Lyrichord LLST 7244, New York; Signaturen: P–1852 und P–1583; Sammlung: Phonogramm–Archiv der Abteilung Musikethnologie des Museums für Völkerkunde Berlin.

Ergologie

Spielweise

9 Elementarpulse Flöten

Vokal

134

Körper des Musikers gehalten werden, der in die Flöte wie in eine Fla-sche hinein bläst. Die Luka unterstützen das Flötenensemble durch das regelmäßige und rhythmische Gegeneinanderschlagen der Holzplatten. Gleichzeitig zum Instrumentenspiel laufen alle Teilnehmer im Kreis, der meistens gleich zu Beginn spontan entsteht. In bestimmten Momenten positionieren sich die Musiker an einem Punkt und stampfen mit den Füßen. Weitere Frauen– und Männergruppen, die sich mit den Instrumen-tenspielern synchron bewegen, umkreisen sie und nehmen am Gesang und Tanz teil305. Das Afyanza–Ensemble ist bei den westäthiopischen Komo306 anzutreffen, die neben den Berta, Gumuz, Mao und Shinasha, zu den fünf Volks-gruppen der heutigen Benishangul–Gumuz–Region zählen. Jedoch im Vergleich zu den bevölkerungsreichsten Berta, gefolgt von den Gumuz– und Shinasha–Gruppen, gehören die Komo und die Mao zu den zahlen-mäßig kleinen Völkern mit insgesamt ungefähr 6–8.000 Angehörigen. Die Komo in Äthiopien setzen sich mindestens aus zwei Subgruppen zusammen und unterscheiden sich vor allem durch ihre Dialekte. Eine der Minoritätengruppen der Komo lebt aber auch im Sudan, was eine defini-tive Aussage über ihre weiteren Siedlungsgebiete und Zugehörigkeit zu den in Äthiopien lebenden Komo wesentlich erschwert. In der Vergan-genheit wurden diese Volksgruppen vor allem von den politisch und zah-lenmäßig stärkeren Amara– und Oromo–Gruppen assimiliert bzw. domi-niert. Infolge dessen haben u.a. zahlreiche Ein– und Auswanderungen, Vertreibungen und Machtkämpfe stattgefunden, die zu Unterteilungen der Gemeinschaften in noch kleinere Gruppen geführt haben. Diese klei-nen Gruppen haben sich dann im Laufe der Zeit wiederum mit verschie-denen Gruppen vermischt. Daher erfordert dieses Gebiet eine besonders detaillierte und genaue Untersuchung in allen Disziplinen. Während des sozialistischen Regimes in Äthiopien von 1974 bis 1991 wurde zwar die Gleichberechtigung aller Völker intensiv propagiert, doch dieses Gebiet gehörte zu den unzugänglichen und konfliktreichen Regio-nen des Landes. Im Zuge der Gründung des Benishangul–Gumuz Gebie-tes im Jahre 1991 durch die neue äthiopische Regierung entstand u.a. die administrative Region Mao–Komo, die die zwei Minoritätengruppen mit einschließt. Ob jedoch diese Einengung für die praktische Reflektion der materiellen Kultur im Allgemeinen geeignet ist, bleibt offen. An dieser Stelle sei allerdings bemerkt, dass aus musikkultureller Sicht die Benishangul–Gumuz Region vor allem durch die zahlreichen Flöten– und Trompetenensembles der oben genannten Völker bekannt ist. Das Afyanza–Ensemble wird zur Begleitung der Gemeinschaftsgesänge und –tänze der Komo genutzt. Während die gedackten Längsflöten aus-schließlich von Männern gespielt werden, besteht die Aufgabe der weib-lichen Teilnehmerinnen, die Luka–Holzplatten rhythmisch gegeneinander zu schlagen sowie Tanz und Gesang auszuführen (Hojele/Assosa: 2005).

305 Fernsehsendung: Dokumentarfilm über die Kultur und Musik der Komo–Gemeinschaft

Westäthiopiens „Walta–Information“, Addis Abeba – Äthiopien 2005. 306 Auch Kwama bzw. Gwama genannt.

Verbreitungsgebiet

Genderbeziehung

Herkunft der Komo– Gemeinschaft Westäthiopiens

135

ANDINGA–ENSEMBLE (Gumuz – Sudan) Name Nr. Klassifikation

Zusatz

Synonyme Form, Material Maße / cm Form/Anordnung L/D ohne GF Andinga– Flötenspiel

421.111.21 ca. fünf gedackte Längsflöten aus Bambus (Gumuz – Sudan)

variabel zylindrisch, scharfe Anblaskanten

Die Andinga–Flöten werden aus Bambus in verschiedenen Größen gefer-tigt. Nach Al–Daw (1985: 68) werden sie in Sätzen von fünf und mehr Musikern gespielt. Obwohl keine Musik– und/oder Filmbeispiele vorliegen, ist davon auszu-gehen, dass sich das Spielprinzip im Grunde von Flöten des gleichen Typs nicht wesentlich unterscheidet. Das Hineinblasen in die Flöte, wie in eine Flasche, ist somit die gewöhnliche Spieltechnik. Das Andinga–Flötenensemble kommt bei den Gumuz vor, die den Ort Fazughli im Südsudan bewohnen. Ob das gleiche Flötenensemble auch bei den auf der äthiopischen Seite der Grenze lebenden Gumuz in Gebrauch ist, kann nicht mit Gewissheit bestätigt werden. Allerdings dienen die Andinga–Flöten hauptsächlich der Begleitung traditioneller Gemeinschaftsgesänge und –tänze, an denen alle weiblichen und männli-chen Mitglieder teilnehmen können (ebd.). Es ist zu vermuten, dass die Flöten auch hier ausschließlich von Männern gespielt werden, während Frauen – wie in vielen Ensembles dieser Art – das Tanzen und Singen übernehmen. BAL–ENSEMBLE (Ingessana –Sudan)

Name Nr. Klassifikation

Zusatz

Synonyme Form, Material Maße / cm Form/Anordnung L/D ohne GF Bal– Flötenspiele

421.111.21 Fünf bis acht gedackte Längsflöten aus Bambus (Ingessana – Sudan)

zylindrisch,, scharfe Anblaskanten

Bal–Ensemble

1. Wun 544 Hz 2. Diay 624 Hz 3. Yezi 488 Hz 4. Teltya 404 Hz 5. Aswan 440 Hz

Angaben nach Kubik (1982: 98f.)

Sinr 423.121.21 Längshorn aus Flaschenkürbis oder Kalebasse

288 Hz Rohr zylindrisch, gebogen bzw. geknickt, scharfe Anblaskante

Sinara 112.13 Kürbisrassel

Die aus Bambus hergestellten Bal–Flöten werden in Sätzen von fünf bis zu acht Musikern gespielt. Sie besitzen unterschiedliche Dimensionen. Ihre Anblaslöcher weisen scharfe Schneiden auf. Die oben aufgelisteten Musik- instrumente eines Bal–Ensembles wurden von Kubik 1977 unter-sucht. Das Ensemble setzt sich hier aus fünf gedackten Längsflöten, die 1. Wun, 2. Diay, 3. Yeze, 4. Teitya und 5. Aswan (Abb. 84) genannt wer-

Ergologie

136

den (ohne Maßangaben). Die Flöten werden von dem Längshorn Sinr und der Kürbisrassel Sinara (Abb. 85) ergänzt. Das Sinr wird gewöhnlich aus Kalebasse hergestellt. Es hat eine irregulär verlaufende jedoch zylindri-sche Rohrform (Abb. 86). Bei der Kürbisrassel wird die untere Öffnung mit einem Maiskolben verschlossen, wobei das Gefäß mit Hirsekörnern gefüllt wird (Kubik 1982: 98f.). Ein weiteres Bal–Ensemble wurde von Robert Gottlieb im Jahre 1980307 untersucht und wie folgt aufgelistet.

Abbildung 84

Abbildung 85

Abbildung 86 Kubik 1982: 98f.

BAL–ENSEMBLE (Ingessana–Sudan) Name Nr. Klassifikation

Zusatz

Synonyme Form. Material Maße / cm Form/Anordnung L/D ohne GF Bal– Flötensatz

421.111.21 fünf bis acht gedackte Längsflö-ten aus Bambus (Ingessana – Sudan)

zylindrisch, scharfe Anblaskan-ten

Bal–Ensemble

1. Fefe ?

2. Daag ? 3. Otho L = 12,8 4. Yotho L = 15 5. Asman L = 17,6 6. Taldig L = 19,2 7. Dogo–Daag L = 21,7 8. Dogol–Otho L =24

Angaben nach Gottlieb (Sudan II: 1980)

Singar 423.121 Längstrompete aus Aluminium

L = ca. 26,8 und mehr

leicht konisch, ungeknicktes und ungebogenes Rohr

Singa 112.13 Kürbisrassel

307 Die Publikation der Schallplatte erschien in demselben Jahr gemeinsam mit einem

relativ ausführlichen Kommentar und einer Analyse über die aufgenommenen Musik-beispiele sowie mit zahlreichen Fotoaufnahmen: siehe Musik of the Blue Nile Province: The Ingessana and Berta Tribes: Sudan II, 1980; Signatur P–3317; Sammlung: Phono-gramm–Archiv der Abteilung Musikethnologie des Museums für Völkerkunde Berlin. Dieselben Klangbeispiele erschienen 1996 auch auf CD; An Anthology of African Mu-sic, UNESCO Collection D8073/AD 090; 1996 AUVIDIS/UNESCO.

137

Im Gegensatz zu den von Kubik zuvor dargestellten fünf Bal–Flöten spie-len hier acht Flöten zusammen, die 1. Fefe, 2. Daag, 3. Otho, 4. Yotho, 5. Asman, 6. Taldig, 7. Dogol–Daag und 8. Dogol–Otho genannt werden. Dazu kommen die offene und grifflochlose Längstrompete Singar308 aus Aluminium und die Kürbisrassel Singa. Bei der Gegenüberstellung beider Bal–Ensembles wird feststellbar, dass die Flötennamen sich von einem Ort zum anderen mitunter stark variieren können. Kubiks Untersuchungen wurden in dem Ort Rumelik durchge-führt, der sich in den Ingessana–Bergen südöstlich von Ed Damazin be-findet. Hingegen fand Gottliebs Forschung in den Ingessana Dörfern Meroel und Bau statt. Die Bedeutungen der von Kubik (ebd.) aufgeliste-ten Instrumentennamen ist nicht bekannt, doch Gottlieb (1980) be-schreibt, dass die Instrumentennamen je nach ihrer Anordnung im En-semble und je nach ihrer Dimension mit aufsteigenden Zahlen 1, 2, 3, 4, 5 usw. wie z.B. Fefe = eins, Daag = zwei, benannt werden. Gespielt werden die Bal–Flöten indem sie vertikal gehalten werden und zwar ähnlich wie die bereits beschriebenen gedackten Längsflöten des Abbi–Birrare–Ensembles. Das Bal–Ensemble ist bei den nilotischen Ingessana aus dem Sudan be-kannt, die das etwa 75 km südwestlich des Ortes Ed Damazin (Hauptsied-lungsgebiet der sudanesischen Berta) liegende Gebiet nahe der westäthi-opischen Grenze bewohnen. Die Ingessana sind zwar die unmittelbaren Nachbarn der Berta, dennoch existiert unterschiedliche historische Hin-tergründe zwischen beiden Volksgruppen. Während beispielsweise die Berta im Verlauf ihrer Geschichte zunehmend arabisiert und islamisiert wurden, haben die Ingessana sich stets restriktiv gegenüber Fremdein-flüssen gezeigt. Das von hohen Bergen eingeschlossene Siedlungsgebiet der Ingessana hat zu ihrer Isolation und auch zum gleichzeitigen Schutz vor unerwünschten Eindringlingen wesentlich beigetragen (Gottlieb 1980). Nach Kubik (1982: 98) schlossen sich die Ingessana zu keiner Zeit in ihrer Geschichte zu einer politischen Einheit zusammen, sondern sie bildeten etwa sieben nur lose miteinander verbundene Gruppen. So schafften sie es zum Beispiel von politischen Herrschaften und deren Kontrollmechanismen unabhängig zu bleiben309. Bedingt durch all die historischen Umstände hat auch die traditionelle Musik der Ingessana bis in die Gegenwart hinein einige ihrer offensicht-lich alten Eigenarten erhalten (Kubik ebd. und Dedrej 2000: 278). Der Großteil der Ingessana ist dennoch auch heute mit dem Arabischen in Berührung gekommen und zwar vorwiegend durch die Handelsbeziehun-gen mit Arabern sowie durch die Bildung von Schulen (Kubik 1982: 98). Trotz der in einigen Punkten festgestellten Verschiedenheit der Ingessana und Berta–Gemeinschaften, weisen beide Gemeinschaften dennoch im Hinblick auf den Gebrauch von Flötenensembles (hier gedackte Längs-flöten, die im Hocketverfahren zusammengespielt werden), die Herstel-lungsweise der Instrumente und den für ihren Bau verwendeten Materia- 308 Der Begriff Singar kann sowohl eine Längstrompete als auch ein Längshorn sein. 309 Beispielsweise sind das Sultanat Funj von Sennar ungefähr 1500 bis 1821 und das

türkisch–ägyptische Regime im Sudan von 1823 bis 1885 zu erwähnen. Der erbitterte Widerstand von 1884/85 gegen die Derwische und Mahdi gehört auch zu ihrem Frei-heitskampf (Kubik 1982: 98).

Gegenüberstellung der Bal-Ensembles

Spielweise

Verbreitungsgebiet

138

lien (hauptsächlich Bambus), die Spielweisen und –techniken, die Auf-führungspraktiken auffallende Ähnlichkeiten auf. Das Bal–Ensemble wird zu bestimmten Jahreszeiten und zu unterschied-lichen Gelegenheiten gespielt. Hierzu berichtet Gottlieb (1980):

“April is the time of year when most marriages take place and the bal ensembles provide a vital and stimulating component of these celebrations. The bal are also played during the sai weing festival – the children’s or twin’s feast which occurs in the late rains. This celebration is intended to induce fertility and large families. Again following the rains. during the early harvest when the sai poing or sai sak feast is celebrated. the bal perform frequently. This event is the highlight of the year with much music, feasting. and drinking of marisa beer. Then, during the late harvest in January and February, comes the sai puruig when all the late maturing dura (sorghum) has been brought from the fields and the bal are played. After this until the start of the next rainy season, they are neglected. and it is considered poor form to play them during this time”.

Das Bal–Ensemble begleitet hauptsächlich Gruppengesänge und Tänze, die zu zeremoniellen Musikveranstaltungen ausgeführt werden. Im Fol-genden erläutert Gottlieb (1980) das Bal–Repertoire, die Rolle der In-strumentalisten und der anderen Teilnehmer sowie die damit zusammen-hängenden Tanz– und Bewegungsmuster in einer Musikaufführung wie folgt:

“Although there is much singing and dancing, the instrumentalists are the centre of activity. Yet the words of a song, even if they are not sung, are of particular importance in so far as setting the spirit of the occasion. While performing, the ensemble sways in synchronized movement to the rhythmic patterns which are played on their instruments. At the same time the entire ensemble, joined by others who are singing and dancing, moves about the field with everyone else who is present, following along. The element of playful recreation dominates everything else. The younger people in particular run about and chase one another, mimicking and reacting in spontaneous ways to the mood of the occasion”.

Oft werden Tanzkreise gleich zu Beginn einer Ensembleaufführung ge-bildet, wobei sich die Tänzer im Uhrzeigersinn und umgekehrt fortbewe-gen. Richtungswechsel werden meistens von dem Leiter des Ensembles durch bestimmte Gesten angekündigt. Die Tänze dienen mitunter auch der spielerischen Unterhaltung und den bisweilen Wettkampf ähnlich gestalteten Bewegungsmustern. Vor allem versuchen junge Männer ihre besonderen Fähigkeiten in solchen Momenten deutlich zum Ausdruck zu bringen (Gottlieb ebd.). Alle zum Bal–Ensemble gehörenden Musikinstrumente werden aus-schließlich von Männern gespielt. Kubik (1982: 98) berichtet, dass jeder Instrumentenspieler einen schma-len Stock in der rechten Hand hält und zwar vertikal nach oben gestützt gegen seine rechte Schulter. Die traditionellen Tanzbewegungen sind überwiegend auf die Beine konzentriert. Die Tanzenden laufen ca. zwei Meter vor– und zurück. Im Bal–Ensemble gibt es einen Gruppenleiter, der im Unterschied zu den anderen Instrumentenspielern nicht nur eine Flöte bläst, sondern auch gleichzeitig eine Rassel schüttelt. Der Gruppenleiter hat die Aufgabe, den Beginn eines Musikstücks anzukündigen, indem er den ersten Ton angibt. Unmittelbar danach folgt ihm die Gruppe. Jeder Spieler erzeugt das ihm zugeteilte rhythmische Pattern im Hocketverfahren (Kubik ebd.). Aus den Beobachtungen der Bol–Negero und Bol–Tsitsim–Ensembles der west-äthiopischen Berta ist es gewöhnlich, dass der Musiker mit der höchsten Flöte die Leitung der Gruppe übernimmt. Laut Gottlieb jedoch, ist der Musiker mit der fünften Flöte Asman Leiter des Ensembles. Gleichzeitig

Funktion und Bedeutung

Genderbeziehung und Rolle der teil-nehmenden Musiker

139

spielt er auch die Kürbisrassel Singa, mit der er eine stetig fortdauernde rhythmische Bewegung unterstützt. Unmittelbar nach Beginn eines Mu-sikstückes wird die Flöte Asman von den Flöten Yotho und Otho (3. und 4. Flöten) gefolgt. Außer der Begleitung von Gesängen werden die Bal–Flöten entweder ohne oder mit anderen Musikinstrumenten darunter Trommeln, Kürbis-rasseln usw. für die Begleitung des ebenso Bal genannten Gemeinschafts-tanzes eingesetzt (Kubik 1982: 98). Laut Gottlieb (1980) ist die Mindestanzahl von fünf Flöten für die Ver-vollständigung eines Bal–Ensembles unbedingt notwendig, weil sie die typischen fünfstufigen Tonreihen der Ingessana–Musik repräsentieren (Gottlieb bezeichnet die überwiegend verwendeten Skalen als „äqui–pentatonisch“). Die Anzahl der eingesetzten Flöten variiert je nach dem gegebenen musikalischen Anlass310. So können beispielsweise bis zu acht und mehr Flöten in einem solchen Ensemble zusammenspielen, wobei einige wenige Flöten möglicherweise der Ergänzung von Klangfarbe und der Verstärkung bestimmter Tonhöhen dienen. Aus den 8 Bal–Flöten wurde nach Gottlieb (ebd.) die höchste und kleins-te Flöte Fefe aufgrund ihrer relativ „unstabilen Tonhöhe“ von dem Grup-penleiter aussortiert. Daher ist sie in den Tonaufnahmen nicht enthalten. In der Regel werden in Sätzen gespielte Aerophone (z.B. Flöten und Trompeten), wie wir sie aus den Musikkulturen anderer Völker Ostafri-kas kennen, bei ein und demselben Instrumentenbauer hergestellt. Im Herstellungsprozess werden auch ihre Tonhöhen entsprechend fixiert. Deshalb könnte die Flöte Fefe möglicherweise eine im Zusammenhang mit einer anderen Gruppe hergestellte Flöte sein, oder ihr Einsatz ist in bestimmten Musikstücken nicht benötigt. Die von Gottlieb ermittelten Tonhöhen der acht Bal–Flöten und die der Singar–Längstrompete werden im Notenbeispiel 30 dargestellt.

Notenbeispiel 30: Stimmung des Bal–Ensembles nach Gottlieb (1980)

Nach abwärts geordneten Intervallen, gestaltet sich die Stimmung g2–k3–g2–k3–g2–g2 und k3. Der Tonumfang erstreckt sich somit über eine Ok-tave hinaus. Die Tonhöhen der Flöten Taldig, Dogol–Daag und Dogol–Otho (6. bis 8. Flöten mit den Tonhöhen f’–eb’ und c’) erscheinen noch mal jeweils eine Oktave tiefer. Eine Ausnahme scheint jedoch die 6. Flöte 310 Diese Situation wurde auch in den Flöten– und Trompetenensembles der Berta in

Westäthiopien beobachtet; Forschungsreise Westäthiopien, Februar 2005.

Musikanalyse

Flötenstimmung

140

Taldig zu sein, die in den Musikaufnahmen fehlende Tonhöhe f’’der Flö-te Fefe (1. Flöte) ersetzt. Ein von Gottlieb in Noten niedergeschriebenes Musikbeispiel eines Bal–Ensembles im Notenbeispiel 31 zeigt, dass die Melodiebewegungen der Flöten 2/3 und 7/8 (Oktavparallele) so identisch sind, dass hier vermut-lich die Verstärkung von bestimmten oktavierten Frequenzbereichen bewusst beabsichtigt zu sein scheint. Alle in der oberen Tonreihe vor-kommenden Tonhöhen des Ensembles machen den Eindruck, gleichmä-ßig verteilt zu sein. Als Untersuchungsergebnis einer Anzahl von Musik-stücken beschreibt Gottlieb (1980) den oft verwendeten Aufführungsstil eines solchen Bal–Ensembles so:

„The performance texture is poly–rhythmic. The bal perform a variety of hocket pattern reinforcing the theme of the song. Stresses are given to those notes at the aappropriate places in timing which outline its melodic contour. At the same time, throughout the performance, the Singar plays a variety of Semiola cross–rhythms. A combination of triple time (3/4) and duple time (2/4) is first performed and the same pattern reappears numerous times”.

Der von Gottlieb erläuterte Dreiertakt (3/4) der Bal–Flöten gegenüber dem Zweiertakt (2/4) der Längstrompete Singar und der Kürbisrassel Singa scheint eine oft gebräuchliche Form der rhythmischen Kombinati-on im Bal–Ensemble der Ingessana zu sein, die aber auch in anderen Musikkulturen Afrikas üblich ist. Die harmonisch miteinander fließende Musikausführung von völlig unterschiedlichen rhythmischen Bewe-gungsmustern wurde von Kubik (1982: 83) als Kreuzrhythmik bei indivi-duellem Beat bezeichnet. Das von Gottlieb im Notenbeispiel 31 darge-stellte Musikstück stimmt somit mit der folgenden Erläuterung von Kubik (ebd.) überein:

„Hier überkreuzen sich nicht nur die Akzente und strukturellen Schwerpunkte der zu kombinierenden Phrasen, Formeln usw., sondern auch die Beat–Bezugspunkte der teilnehmenden Musiker“. Notenbeispiel 31: Bal–Ensemble; Aufnahme und Transkription: Gottlieb (siehe 1996: 27)

Klangbeispiel / Analyse

Gesang

Flöten

Singar

141

Im Unterschied zu der von Gottlieb präsentierten Tonreihe des Bal–Ensembles, gibt Kubik (ebd.) die Frequenzen (Tonhöhen) der fünf Flöten und des Kürbishorns Sinr in der Abbildung 87 in Hertz an. Laut Kubik (1982: ebd.) wurde die Reihenfolge der Tonhöhen–darstellungen der einzelnen Bal–Flöten und des Kürbishorns von dem an der Musikausführung beteiligten Gruppe festgelegt und entsprechend aufgenommen. Im Fünfliniensystem würden die Hertzangaben ungefähr folgenden Tonhöhen entsprechen (Notenbeispiel 32). Die mit einem Plus (+) bzw. einem Minuszeichen (–) gekennzeichneten Töne weisen auf etwas höher bzw. tiefer liegende Tonhöhen als hier grob notiert hin. Anhand der Tonhöhenfolgen ist feststellbar, dass die Flöten nicht ihrer Größe nach aufwärts oder abwärts gespielt worden sind. Der höchste Ton d#’’ entspricht logischerweise der längenmäßig kleinsten und der tiefste Ton g’ der größten Flöte. Das endgeblasene Kürbishorn mit der Tonhöhe d’ erzeugt dagegen den tiefsten Ton des Ensembles. Abbildung 87: Herzangaben des Bal–Ensembles nach Kubik (1982: 98)

Flöten Instrumentennamen

Hertz

1 Wun 544 Hz 2 Diay 624 Hz 3 Yeze 488Hz 4 Teltya 404 Hz 5 Aswãn 440Hz

Kürbishorn Sinr 288 Hz

Notenbeispiel 32: Stimmung des Bal–Ensembles nach Kubik (1982: 98)

BOL–NEGERO–ENSEMBLE (Berta – Äthiopien) Name Klassifikation

Zusatz

Form, Material Maße / cm Form/Anordnung Synonyme 421.111.21 L/D ohne Grifflöcher

Bol–Negero– Flötenspiel

19 gedackte Längsflöten aus dick-wandigem Bambus (Berta – Äthiopien)

L = 8,5 – 71,5 ø = 2,5 – 4,5

zylindrisch, scharfe Anblaskanten

Bol–Negero–Ensemble

Jede Flöte hat ihren eigenen Namen.

Bul–Nagaro 1. Al–Meshir–Al–Awel 8,5 3,5 Bol–Naggara 2. Al–Meshir–Atani 9 3,5 Balu–Naggaru 3. Al–Meshir–Atalit 10 3,5 Balu–Shuru 4. Tego–Bala 11 3,5

142

5. Tego–Dañe 11,5 4 6. Aqidare 14,5 3,5 7. Amadine 17 4 8. Asholfa 17,5 4,5 9. Bolmosha 20 3,5 10. Bolmosha–Dañe 25 4,5 11. Amadine–Dañe 25,5 4 Rohr teilweise mit Fell überzogen 12. Amadine–Dañe 29,5 3,5 13. Niñe–Haro 33 4 Rohr teilweise mit Fell überzogen 14. Asholfa–Dañe 38 4 15. Bolmosha–Dañe 43 4 Rohr teilweise mit Fell überzogen 16. Amadine–Dañe 48 4 17. Asholfa–Dañe 55,5 4 18. Dingil–Balla

67 4 in der Rohrspitze steckt ein kleines

Röhrchen = 2 cm 19. Adingil Dañe 69 2,5 „ 423.121.12 zwei Längstrompeten aus Kalebasse L = 75 – 95

ø = 8 – 10,5 konisch, Röhre setzen sich aus mehr als zwei Kalebassensegmenten zusam-men, kesselförmige Mundstücke

Bonder–Balla Längstrompete aus Kalebasse 75 10 konisch, Rohr besteht aus mehr als zwei Kalebassensegmenten

Mundstück aus Kürbis 3,5 8 kesselförmig, im Rohr fest eingefügt Bondoro–Dañe Längstrompete aus Kalebasse 95 konisch, Rohr besteht aus mehr als

zwei zusammengefügten Kalebassen-segmenten

Mundstück aus Kürbis

9 8 kesselförmig, im Rohr fest eingefügt

211.11 Negero, Nagaro, Negera, Naggara

Kesseltrommel aus Holz mit vier Standbeinen (Membran)

H = 30 ø = 50 Gurtspannung mit X–Schürung

112.13

Asese Kürbisrassel mit Stiel

L = 20

Ergologie: Das Bol–Negero–Ensemble (auch Balu–Nagaru, Bal–Naggaro, Bul–Nagaru) bezeichnet eine Flöten–Trommel–Gruppe. Bol bedeutet Flöte, während das Wort Negero311 sich auf einer Trommel be-

311 Der Begriff Negero (auch Nagaru, Naggaro, Naggara usw.) hängt vermutlich mit der

aus dem äthiopischen Hochland bekannten Kesseltrommel Negarit zusammen (Bau-mann 1978: 25 und Kebede 1982: 63). Bei den im Sudan lebenden Gumuz entdeckt Gottlieb (1980) unter anderem die Kesseltrommel–Naqqara. Er vermutet, dass diese und ähnliche Gumuz–Trommeln mit der Negarit der Amara aus dem äthiopischen Hochland einen engen Zusammenhang haben. Ähnliche Trommeln, die vor allem in der Vergangenheit als Symbol der Autorität galten und daher auch nur als Hofmusikin-strumente benutzt wurden, begegnen uns in vielen Musikkulturen Ost– und Nordafrikas sowie in den Mittleren Osten und in anderen Teilen der Welt. So gehörte auch die Kes-seltrommel Negarit zu den würdevollen Hofmusikinstrumenten der verschiedenen Kö-nigshäuser Äthiopiens etwa während der Regierungszeit Kaiser Haile Silassie I. (1930–1974). Ein Herrscher und seine hochrangigen Beamten besaßen je nach Rang entspre-chend viele Trommeln. Auch die Materialauswahl für die Herstellung von Negarit un-terschied sich je nach der Rangordnung. Nach diesen sozialen Rangordnungen wurden Kesseltrommel für den Herrscher aus Gold und Silber, höhere Würdenträger aus Mes-sing und für niedere Beamte aus Holz gefertigt (Günther 1972: 55). Das Wort Negarit wird in der Amarina–Sprache aus dem Verb „menger“ „bekannt geben, ankündigen“ und aus dem Wort „negere“ „er kündigte an“ abgeleitet. Der Korpus der Negarit wird aus massivem Holz mit Sorgfalt angefertigt und anschließend

143

zieht. In dem hier untersuchten Ensemble werden 19 gedackte Längsflö-ten aus Bambus zusammengespielt, die als 1. Al–Meshir–Al–Awel, 2. Al–Meshir–Atani, 3. Al–Meshir–Atalit, 4. Tego–Bala, 5. Tego–Dañe, 6. Aqi-dare, 7. Amadine, 8. Asholfa, 9. Bolmoshan, 10. Bolmoshan–Dañe, 11. und 12. Amadine–Dañe, 13. Niñe–Haro, 14. Asholfa–Dañe, 15. Bolmo-shan–Dañe, 16. Amadine–Dañe, 17. Asholfa–Dañe, 18. Dingil–Balla und 19. Adingil–Dañe bekannt sind (Abb. 88). Die zwei offenen Längstrom-peten 1. Bonder–Balla und 2. Bondoro–Dañe wurden auch im aufge-nommenen Bol–Negero–Ensemble mit eingesetzt. Aufgrund der Gesamt-darstellung des Ensembles werden sie in diesem Abschnitt untersucht. Bol–Flötenbau: Die Herstellung von einem Bol–Flötensatz erfolgt ei-gentlich an einem Ort, wofür auch ein und derselbe Instrumentenmacher verantwortlich ist. Die Instrumentenmacher besitzen langjährige Erfah-rungen in der Herstellung dieser und anderer Musikinstrumente. Die Bol–Flöten werden bereits im Prozess ihrer Konstruktion entsprechend ge-stimmt. Die jeweilige Röhre wird vorsichtig immer wieder abgekürzt bis die gewünschte Tonhöhe erreicht ist. Dabei handelt es sich ausschließlich um aufsteigende Tonhöhenkorrekturen (Günther 1972: 59). Es kommt aber auch vor, dass jeder Musiker seine eigene Flöte selbst macht. Da-nach werden alle von unterschiedlichen Musikern produzierten Flöten zu einem Spezialisten gebracht, der sowohl beim Bau der Instrumente Bera-tungen gibt als auch die Stimmung des gesamten Ensembles prüft. Feldforschung: Die Musikaufnahme des Bol–Negero–Ensembles fand am 13.02.2005 in dem Dorf Inzi–Shederia statt. Es liegt etwa 12 km ent-fernt vom dem Zentrum Assosa312. Die Musiker kamen allerdings aus dem benachbarten Dorf Ateto. Das folgende Ensemble entspricht zwar nicht der puren Erläuterung eines „Flöten–Trommel–Ensembles“ wie es am Anfang erläutert wurde, doch es scheint durchaus möglich zu sein, dass in großen Ensembles wie die-sem, zusätzliche Instrumente für die Erweiterung der Klangfarbe einge-setzt werden. Aus der vorangegangenen tabellarischen Auflistung der Musikinstrumente wird ersichtlich, dass ein und derselbe Name für ver-schiedene Flöten verwendet wird, z.B. für Flöten 11, 12 und 16 die Be-zeichnung Amadine–Dañe und für Flöten 14 und 17 Asholfa–Dañe. Die Randbearbeitung der Flöten weist eine scharfe Schneide auf. An dieser Stelle sind die Röhren leicht nach innen konisch abgeschliffen (Abb. 89). Zusätzlich sei bemerkt, dass die unteren Enden der Röhren

mit Fell bespannt. Das Instrument wurde auf königlichen Hoffesten, Staatfeierlichkei-ten, wichtigen Kundgebungen sowie beim Erlass von Gesetzen eingesetzt. Der Einsatz der Negarit auch auf dem Schlachtfeld war keine Seltenheit. Aufgrund ihres schweren Gewichtes wurde die Trommel auf dem Rücken von Maultieren und Pferden befestigt (Gottlieb 1980). Die für das Trommelspiel zuständigen Sklaven wurden vor allem bei großen Festen aus den jeweiligen königlichen Haushalten ausgewählt und beauftragt die Trommel zu spielen (Kebede 1971: 161f.). Das bespannte Fell wird normalerweise mit zwei Holzschlegeln geschlagen. Heutzutage ist die Negarit im äthiopischen Hoch-land nicht mehr in Gebrauch. Eine geringe Anzahl von Negarit bewahren das Institut für äthiopische Forschungen (IES) und die Yared Musikhochschule der Addis Abeba Universität. In einigen musikethnologischen Schriften, die sich mit den arabisch–islamischen Musikkulturen in Nordafrika befassen, werden auch ähnliche Namen für unterschiedliche Trommeltypen verwendet. So steht zum Beispiel der Name Naġarāt in Tunesien für eine Doppelpauke (Elsner 1983: 98).

312 Die Stadt Assosa ist heute das Verwaltungszentrum der so genannten Benishangul–Gumuz–Region.

Abbildung 88

Abbildung 89

Abbildung 90 Fotos: T. Teffera 13.02.2005

Inzi-Shederia

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jeweils durch einen natürlichen Wachstumsknoten verschlossen sind. Abgeschnitten wurden die Röhrenenden nicht direkt hinter dem Nodium, sondern ein leerer und ebenso schräg geschliffener Hohlraum bildet ca. 3–5 cm vom Nodium entfernt den Abschluss (Abb. 89–90). Einige der Flöten wie etwa 11., 13. und 15. sind teilweise mit Leder be-deckt (Abb. 91). Die zwei offenen Längstrompeten Bonder–Balla und Bondoro–Dañe (Abb. 92) sind aus zwei bis drei Kürbissegmenten zusammengefügt und anschließend mit einem in der Lokalsprache Adegela genannten Leim miteinander verschlossen. Das lange konische Rohr besteht aus einem Flaschenkürbis, dessen Schalltrichter mit einem halbkugelförmigen Kür-bis erweitert wird, während an der Röhrenspitze ein kesselförmiges Mundstück ebenfalls aus Kürbis hinzugefügt wird (Abb. 93). Beide Trompeten weisen unterschiedliche Dimensionen auf. Die Kesseltrommel Negero (Abb. 94a) wird aus Holz hergestellt. Das Fell ist mit einer Gurtspannung (X–Schnürung313) befestigt. Der Gurt ist als Ring fest um den sich verjüngenden Kessel gelegt und bildet das Ge-genstück zum gespannten Fell mit einem Durchmesser von ca. 50 cm. Die jeweils etwa 3–4 cm hohen vier Standbeine sind gegenüber dem Korpus nach innen versetzt (Abb. 94b). Spielweise: Die Spieltechnik der Bol-Flöten erfolgt genauso wie bei den zuvor im Abbi–Birare–Ensemble beschriebenen Flöten. Der Musiker hält das Instrument vertikal bzw. in Längsrichtung vor seinem Mund und bläst in das Rohr hinein wie in eine Flasche (Abb. 95). Während einer Musikaufführung wird die Negero meistens in der Mitte der im Kreis tanzenden Musiker314 platziert (Günther 1972: 54). Der Trommler schlägt in gebückter Haltung das bespannte Fell mit zwei Schlagstöcken. Funktion der Trommel Negero: Die Negero sorgt so für die Aufrecht-erhaltung eines gleichmäßigen metrorhythmischen Verlaufs des Musik-stücks. Auch Simon (2003: 12) beschreibt die Aufführung eines von ihm im Südsudan untersuchten Ensembles in der soweit erläuterten Form. Tanzaufstellung/Bewegungsmuster: In der aufgenommenen Auffüh-rung der Bol–Negero–Gruppe315 bilden die Musiker entweder einen gro-ßen Kreis (Abb. 96a–b) oder stellen sich in einer Reihe entsprechend der Größen der Flöten (vom hohen zum tiefen Instrument), während die Trompetenspieler als Paar sich entweder in die Mitte des Kreises bege-ben, oder an bestimmten Positionen die Flötenspieler begleiten. Der An-führer der gesamten Gruppe ist der Musiker mit der ersten und kleinsten Flöte Al–Meshir–Al–Awel. Wenn ein Tanzkreis gebildet wird, bewegen sich die Musiker zeitweilig synchron im Uhrzeigersinn und zeitweilig umgekehrt nach bestimmten Bewegungsmustern, die auf der metro-rhythmische Struktur der Musikaufführung basieren. Die Körperbewe- 313 Für eine detaillierte Information siehe unter anderem Meyer 1997: 19. 314 Beim Beobachten der Musikaufführung wurde festgestellt, dass die Kesseltrommel

zunächst nicht eingesetzt war, als die Musiker sich in einer Linie bewegten. Erst als ein Kreis entstand, begab sich der Trommler in die Mitte.

315 Beobachtungen auf der Feldforschung in Westäthiopien am 13.02.2005; Filmaufnahme des Bol–Negero–Ensembles aus dem Dorf Ateto, Benishangul–Gumuz–Region, West-äthiopien: Video–01: von 0:00 – 13:39 und 21:46 – 26:51.

Abbildung 91

Abbildung 92

Abbildung 93

Abbildung 94a

Abbildung 94b Fotos: T. Teffera 13.02.2005

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gung konzentriert sich insbesondere auf die einheitlichen Fußschritte der Spielenden (Günther: 1972: 54). Das Wechseln der Bewegungsrichtung, die von dem Gruppenleiter ge-steuert wird, geschieht in gewissen Abständen. Bei der Bildung einer horizontalen Linie dagegen, bewegen sie sich nach links und nach rechts. In bestimmten Momenten legen sie auch jeweils den linken Arm auf die Schulter des Vordermanns auf und bilden so eine Kette (Abb. 97). Die hier untersuchte Ensembleaufführung fand aufgrund meiner Anfrage statt. An einer solchen Musikaufführung nehmen in der Regel hunderte von Menschen (Frauen und Männer) teil. Wenn die Aufführung zu ei-nem realen Anlass stattfinden würde, könnte die Aufstellung der daran beteiligten Instrumentenspieler, Vorsänger, Chorgruppe und Tänzer bei einem Kreistanz ungefähr wie die Darstellung in Abbildung 98 aussehen. Hier sind die einzelnen Instrumentenspieler der Reihe nach aufgestellt und mit den jeweils den Flöten und Trompeten vergebenen Nummern gekennzeichnet. Es ist davon auszugehen, dass möglicherweise auch passive Zuschauer die Musikaufführungen von einem bestimmten Ab-stand aus verfolgen, doch dies kommt meiner Ansicht nach in den großen Festivitäten der Berta sehr selten vor. Die möglichen Zuschauer können eventuell auch ermüdete Musiker sein, die sich für eine Weile eine Pause gönnen, bis sie sich wieder entschließen, in der musikalischen Darbietung sich als Sänger, Instrumentenspieler oder Tänzer erneut zu beteiligen. Eine zweite Variante der Aufstellung der Teilnehmer dieses Ensembles wird durch den Reihentanz (Abb. 99) zum Ausdruck gebracht. Verbreitungsgebiet: Das Bol–Negero–Ensemble ist bei den Berta aus Westäthiopien und aus dem Südsudan in Gebrauch. Die Begriffe Bol–Negero, Balu–Nagaru oder Bul–Nagaro werden von zahlreichen Grup-pen dieser Gemeinschaft verwendet. Auch wenn es sich im Allgemeinen um die gleiche Instrumentenbesetzung handelt, sind im praktischen Mu-sizieren Abweichungen in der Auswahl und Anzahl der zusammen-spielenden Instrumente und in ihren musikalisch funktionalen Zusam-menhängen sowie im Musikrepertoire (insbesondere im Gebrauch von Gesangstexten) nicht auszuschließen, weil selbst bei der Feldforschung in Westäthiopien auffallende Differenzen zwischen eng benachbarten Dör-fern dieser Gemeinschaft beobachtet wurden. Simon (2003: 12) be-schreibt die Besetzung der Instrumente eines von ihm untersuchten Bol–Negero–Ensembles (bei ihm Bal–Naggaro geschrieben), das sich aus 10 bis zu 21 Bal oder Balo genannten ebenso gedackten Flöten zusammen-setzt. Die Flöten und die Kesseltrommel Naggaro wurden auf der äthiopi-schen Seite gefertigt. Auch Gottlieb (1996) nennt als Ergebnis seiner Feldforschung bei den südsudanesischen Berta aus dem Gani–Dorf, dass auch hier das Bul–Nagaro–Ensemble vorkommt, in dem 24 Musiker mit je einer gedackten Bambusflöte im Ensemble mitwirken. Aus Simons und Gottliebs Anmerkungen wird somit feststellbar, dass in den genannten Ensembles ausschließlich gedackte Längsflöten vorkom-men. Die meinerseits beobachteten zwei offenen Längstrompeten Bon-der–Balla und Bondoro–Dañe werden weder in Simons noch in Gottliebs Untersuchungen erwähnt. Daher weist diese Feststellung darauf hin, dass die Instrumentalbesetzung von einem Ort zum anderen bzw. von einem

Abbildung 95

Abbildung 96a

Abbildung 96b

Abbildung 97 Fotos: T. Teffera 13.02.2005

Inzi–Shederia

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Ensemble zum anderen verschiedenartig und je nach Wunsch der Musi-ker gestaltet werden kann316. An dieser Stelle ist es von Bedeutung, die zwei Bereiche der Berta–Musik zu erwähnen. Diese sind zum einen die von der muslimischen Tradition stark beeinflusste religiöse Musik, die überwiegend mit zere-moniellen und rituellen Anlässen eng verknüpft ist und zum anderen die weltliche Musik, die unter anderem die in dieser Arbeit dargestellten Flötenensembles Abbi–Birare, Bol–Negero und Bol–Tsitsim sowie das im Abschnitt „Trompeteninstrumenten“ untersuchten Waza–Trompeten-ensemble berücksichtigt. Trotz des starken arabisch islamischen Einflus-ses ringen die Berta auch heute im musikalischen Alltag um die Identität ihrer Gemeinschaft. Aufgrund dessen messen sie der mit ihren traditio-nellen Wurzeln eng verknüpften weltlichen Musik eine wichtige Rolle bei. Dies macht sich insbesondere dadurch bemerkbar, dass sie sich im Vergleich zu der durch die Islamisierung eingeführten Zeremonienmusik, vielmehr mit ihren traditionellen und über jahrhunderte hinweg verwur-zelten Musikpraktiken identifizieren (Simon 1983: 309). Dies könnte auch eine der Ursachen sein, warum bei den Berta eine ge-ringe Anzahl von arabischen Musikinstrumenten heute in Gebrauch ist, die sie im Laufe der Zeit in ihrer Kultur integriert haben. Ein Beispiel ist die Fiedel Rebab, die gewöhnlich beim Abbrennen von Feldern gespielt wird, wobei die für diesen Zweck verwendeten Fackeln in Richtung Mek-ka geworfen werden. Auch die Trommel Nagara oder Negero, die heute in der Bol–Negero–Ensemble eine Rolle spielt, gehört zu den, im Zuge der Islamisierung eingeführten Instrumenten. Außer ihrer Funktion im Bol–Negero–Ensemble wird sie auch zur Begleitung religiöser und rituel-ler Musik genutzt (Gottlieb 1996). Die Flöten, Trompeten und die Trommel Negero werden ausschließlich von Männern gespielt. Es wurde nicht beobachtet, dass Berta–Frauen Flöten oder Trompeten spielen. Ihre Hauptaufgabe besteht hauptsächlich in der Ausführung der Gesänge und Tänze, die von gelegentlichen Tril-lern begleitet werden. Die meisten von ihnen halten „Tanzstöcke“ von durchschnittlich 80 cm Länge, die entweder einfache dünne Stöcke sind oder solche, die wie Schwerter aussehen. Im Gesang bewegen sie sich genauso wie die männlichen Musiker in Gruppen nach ausgeprägten Be-wegungsmustern. Die Tanzbewegungen konzentrieren sich auch auf syn-chron gestaltete Schrittfolgen. Dabei werden die Tanzstöcke meistens hoch gehalten (Abb. 100). Das einzige Musikinstrument, das von Frauen gespielt wird, ist die Kür-bisrassel Asese (Abb. 101). In der aufgenommenen Ensembleaufführung schüttelten bis zu sechs Frauen solche Rasseln und nahmen zugleich aktiv am Tanz und Gesang teil. Etwa im 19. Jahrhundert besaß das Bol–Negero–Ensemble eine besonde-re Stellung in den königlichen Höfen der Berta. Es diente vor allem als Zeichen der Autorität. Die Musikinstrumente wurden gewöhnlich an einem bestimmten Ort innerhalb des Hofes aufbewahrt und nur zur Hof-zeremonien rausgeholt (Simon 2003: 12).

316 Forschungsaufenthalt: Gespräche mit Berta–Musikern, Westäthiopien im Februar 2005.

traditionelle Musikbereiche

Genderbeziehung

Geschichte

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Abbildung 98: Aufstellung der Teilnehmer während einer Bol–Negero–Aufführung

Variante I: Der Kreistanz

Abbildung 99: Aufstellung der Teilnehmer während einer Bol–Negero–Aufführung

Variante I: Der Reihentanz

Heute dient dieses Bol–Negero–Ensemble der Unterhaltung aller Bevöl-kerungsschichten ohne Alters– und Geschlechtsbegrenzungen. Die zu einem Satz gehörenden Musikinstrumente werden oft in einem speziell hierfür vorgesehenen Haus oder in dem Gehöft eines Oberhaupts oder des religiösen Führers eines Dorfs aufbewahrt (Günther 1972: 59). Die Musikaufführungen der Berta, auf denen eine große Anzahl von Menschen teilnehmen, finden in der Regel nach Sonnenuntergang vor

Funktion

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Abbildungen 100

Abbildung 101 Fotos: T. Teffera 13.02.2005

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allem außerhalb der Ernteperioden317 statt, wo Menschen gemeinschaft-lich viel Zeit miteinander verbringen können. Solche besondere Festabende werden mit Trommelschlägen signalisiert, damit die gesamte Dorfgemeinschaft sich an einem zentralen Treffpunkt versammelt, um an ihnen teilzunehmen (Simon 2003: 13; Günther 1972: 53). Bestimmte Musikveranstaltungen der Berta werden ferner auch in Form von Wettbewerben veranstaltet, die zwischen den Ensembles unterschiedlicher Berta–Dörfer statt-finden. Solche weit ausgedehnte Gemeinschaftsfestivals können mehrere Stunden und auch Tage dauern. Als Veranstaltungsort dient oft die Regionshauptstadt Assosa, wo auch benachbarte Volksgruppen z.B. die Mao und Komo ihre traditionelle Musik ebenfalls aufführen. Musikrepertoire: Das Repertoire des Bol–Negero–Ensembles hat in den gesungenen Texten verschiedene Themen zum Inhalt. Die gewöhnlich kurzen Gesangstexte reflektieren im Allgemeinen den sozialen und traditionellen Alltag der Berta. Es gibt aber auch Ge-sangstexte, die je nach gegebener Situation aus dem Stegreif erfunden und bereits bestehenden melodischen und rhythmischen Strukturen angepasst werden (Simon ebd.; Günther ebd.: 62). Viele Gesänge werden im Wechsel zwischen einem/r Gesangsleiter/in und einem gemischten Chor vorgetragen. Ihre Melodiezeilen wiederholen sich stets in zyklischer Form. Die Tonhöhen und Intervalle der Ensembleinstrumente werden mit Hilfe eines Spektralbildes dargestellt (Abb. 102).

Die Spektraldarstellung zeigt die Grundfrequenzbereiche und die weite-ren Formanten aller Instrumente bis zu einem maximalen Frequenzbe-reich von 3 kHz. Sie entsprechen den der Reihe nach von jedem Instru-ment erzeugten Einzeltönen. Die Frequenzspanne der Instrumente liegt zwischen 1.480,4Hz für das höchste und 159,75Hz für das tiefste Instru-ment. Deutlich sichtbar sind die Frequenzen bei den Flöten 1 bis 15 sowie bei den zwei Längstrompeten. Die groben Intervalle lassen sich als k3–g2–g2–k3–g2–k3–g2–g2–k3 usw. ermitteln. Je größer die Flöte, umso schwieriger wird es für den Spielenden, den technischen Grundton mühelos zu spielen318. Deshalb erklingen insbesondere bei den Flöten 17 bis 19 vorwiegend die Teiltö-ne319. Die Grundfrequenz der Flöte 19 konnte allerdings nicht ermittelt werden, weil beim Spielen eher das Atemgeräusch des Hineinblasens zu hören war, als eine eindeutig identifizierbare Tonhöhe320. Dennoch könn-te es sich möglicherweise um den Ton G bzw. die ihm folgenden Teiltöne handeln. Die zwei Längstrompeten befinden sich dagegen in einem Inter-vallverhältnis von einer großen Terz g–eb (abwärts). Für einen besseren 317 Die aufgrund meiner Bitte vor dem Sonnenuntergang stattgefundene Aufführung gilt

somit als eine Ausnahme. An dieser Stelle möchte ich das Kulturbüro der Stadt Assosa sowie weitere zuständige Behörden für ihre Kooperation bei der Verwirklichung mei-ner Feldforschung herzlich danken.

318 In Auswertung der Filmaufnahme (Forschungsreise Äthiopien; Filmaufnahme vom 13.02.2005) konnte festgestellt werden, dass der Spieler äußerst vorsichtig versuchte, den technischen Grundton zu erzeugen.

319 Entweder die Oktave oder die Oktave und die Quinte über dem technischen Grundton. 320 Alle nicht eindeutig identifizierbaren Tonhöhen des Ensembles wurden in Klammern

gesetzt und deren Notenköpfe sind mit einem ‚x’ versehen.

Instrumentenstimmung und Musikanalyse

149

Überblick wurden in Tabelle 17 die Frequenzangaben (Hertz) der 1. Teil-töne aller Instrumente ausführlich aufgelistet.

Abbildung 102: Stimmung des Bol–Negero–Ensembles

Tabelle 17: Bol–Negero–Ensemble: Auflistung einzelner Tonhöhen

Nr. Flöten Tonhöhen/Cents Hertz

1 Al–Meshir–Al–Awel f#’’’ –6 Cent 1480,4 2 Al–Meshir–Atani d#’’’ +12 Cent 1240,8 3 Al–Meshir–Atalit c#’’’ +6 Cent 1109,7 4 Tego–Bala h’’ –46 Cent 960,97 5 Tego–Dañe g#’’ 833,84 6 Aqidare f#’’ 742,07 7 Amadine d#’’ +22 Cent 631,03 8 Asholfa c#’’ 550,66 9 Bolmoshan h’ –18 Cent 489,84 10 Bolmoshan–Dañe g#’ +13 Cent 420,59 11 Amadine–Dañe f#’ +9 Cent 371,18 12 Amadine–Dañe e’ –11 Cent 326,69 13 Niñe–Haro d’ –20 Cent 275,43 14 Asholfa–Dañe h +16 Cent 251,04 15 Bolmosha–Dañe A +45 Cent 221,19 16 Amadine–Dāñe G 207,07 17 Asholfa–Dañe D +17 Cent 152,01 18 Dingil–Balla D# –39 Cent 160,75 19 Adingil–Dañe zw. F# +24 Cent + G 146,01(?)*

Trompeten 1/2 Tonhöhen/Cents Hertz

1 Bonder–Balla G +5 Cent 196,06 2 Bondoro–Dañe D# –35 Cent 159,75

* = Diese Tonhöhe schwankt zwischen F# (+24 Cent) und G Der Tonraum des Bol–Negero–Ensembles umfasst mehr als drei Oktaven. Simon (2003: 12) erläutert, dass die Flötenstimmung des von ihm unter-suchten Ensembles (hier 14 Flöten) eine angenäherte pentatonische, je-doch keine äqui–pentatonische Skala aufweisen. Die so erläuterte Stim-

150

mung konnte auch in dem hier untersuchten Bol–Negero–Ensemble teil-weise festgestellt werden (Abb. 102). Die detaillierte Analyse der aufgenommenen Musikstücke ermöglichte die Feststellung geringer Tonhöhenabweichungen einiger Instrumente. Beim ersteren standen die Musiker an einem Punkt und demonstrierten mit ausreichender Kraft der Reihe nach die entsprechenden Tonhöhen auf ihren Instrumenten. Im zweiten Fall gehören zu der gemeinsamen Musik-aufführung intensive Körper– und Schrittbewegungen, so dass die Musi-ker mehr Energie als zuvor benötigen, um ihre Instrumente zu spielen. Hier ist der räumliche Aspekt der musikalischen Aufführung zu erwäh-nen, der zwei völlig unterschiedliche Situationen ins Auge nimmt. In dem hier näher in Betracht gezogenen Musikbeispiel handelt es sich insbeson-dere um die Flöte 4, die erst ein etwas tieferes h und später ein b erzeugt und die Flöte 9, die zuerst ein h und später ebenfalls ein b erzeugt. Diese Tonhöhenunterschiede sind jedoch bei der Ensembleaufführung akustisch nicht deutlich zu hören. Es ist des Weiteren vorstellbar, dass insbesondere in der zweiten Phase der Tonerzeugung die Musiker mit den tiefen Flöten es wesentlich schwerer haben, den zuvor sorgfältig mit Bedacht erzeug-ten Grundton zu spielen. Daher ist es durchaus möglich bzw. sogar beab-sichtigt, dass hier nur die Obertöne zustande kommen. Durch diesen räumlichen Aspekt der Vorführung wird auch eine „Verde-ckung“ oder eine „Fehlwahrnehmung“ von Einzelstimmen hervorgerufen. Dies gilt vor allem für die Flöten 18 und 19, deren von den Instrumenten-längen abhängigen verhältnismäßig tiefen Grundtöne selbst während der Einzelaufführung der Tonhöhen kaum identifizierbar waren. Damit ist gemeint, dass die Musiker während des Zusammenspiels die Obertöne erzeugt haben müssen, die im Zuge der Aufführung mit oktavierten Ton-höhen der anderen Instrumente verschmolzen sind. Somit kann man mit relativer Gewissheit davon ausgehen, dass der räumliche Wechsel und die situationsbedingte Tonerzeugung mit unterschiedlicher Intensität auch abweichende Tonhöhen und Klangfarben beim Spielen der Instrumente hervorrufen können Bei den Ensembleaufführungen (Flöten und Trompeten) der Berta wur-den zwei Aufführungsstile festgestellt. Zum ersten Stil gehören die En-sembles, bei denen die Instrumentenspieler mit den im Gesang und Tanz beteiligten Personen die dazugehörenden Körper– und Schrittbewegun-gen synchron ausführen, wie im Fall der Bol–Negero–und Abbi–Birare–Ensembles. Dieses Phänomen begegnet uns nicht nur in den Ensembles der Berta, sondern auch in vielen Musikkulturen anderer ostafrikanischer Traditionen321. Es ist ferner vorstellbar, dass in einer solchen nach dem Hocketprinzip gestalteten Ensembleaufführung, jeder Musiker durch die meist automatisch entstehende rhythmische Körperbewegung nicht nur seinen Melodiepart kontrollieren kann, sondern auch einen Anhaltspunkt in der Gruppe findet. Dies gilt allerdings nicht nur für die Musiker, son-dern auch für alle an der Musikausführung beteiligten Personen.

321 Zum Beispiel das Embilta–Flötenensemble der Amara und Tigray, das Fila–

Flötenensemble der Gidole und die Woissa– und Pilea–Flötenensembles der Ari und Maale usw., aber auch das Kome–Mdinga–Ensemble der Gumuz und das Bal–Ensemble der Ingessana aus dem Sudan; das Amakondere–Hornensemble der Baganda aus Uganda.

musikalische Wahrneh-mung und Fehlinterpre-tationen

Aufführungsstile

Der räumliche Aspekt der musikalischen Aufführung

151

Zum zweiten Aufführungsstil gehören laut meiner Beobachtung vor Ort das Bol–Tsitsim–Flötenensemble und das Waza–Trompetenensemble der Berta. In diesem Fall stehen die Musiker von Anfang bis zum Ende der Musikaufführung an einem Punkt dicht beieinander (oft im Kreis oder Halbkreis) und spielen auf ihren Instrumenten, während der Gesang und die entsprechenden Körperbewegungen von der sie umkreisenden Gruppe übernommen werden. Hier ist auch zu bemerken, dass aufgrund der Grö-ße oder der Spielposition einiger der Instrumente, den jeweiligen Spielern keine Bewegungsmöglichkeit gegeben ist. Im Waza–Trompetenen-semble sind es insbesondere die großen Trompeten (bis zu Längen von 2 Metern und mehr), die nur von einem Ruhepunkt aus bedient werden können. In dem Bol–Tsitsim–Ensemble sind es dagegen die Dungul–Lafe, bei denen der Holzscheit Dungul zwischen den Beinen des Spielers gehalten wird. Da die Dungul–Lafe–Spieler (Abb. 105a–b) zugleich auch jeweils eine Flöte bedienen, wird die Dungul mit Hilfe eines Seils um die Taille des Spielenden gebunden (die Lafe ist der Schlegel). Somit wird ein stabiler Halt für das Instrument gewährleistet. Diese Situationen be-weisen, dass bestimmte Spieler der jeweiligen Ensembles sich an nur einer Position aufhalten müssen, um ihre Instrumente entsprechend be-dienen zu können. Bei der Ensembleaufführung rücken also alle anderen Instrumentenspieler automatisch in die unmittelbare Nähe dieser Musiker auch wenn sie sie sich frei bewegen können. Bei der Aufführung des Bol–Negero–Ensembles werden Melodien zu-stande gebracht, die entweder den gemeinschaftlichen Gesangsmelodien ähneln oder mit ihnen identisch sind oder es werden Gegenmelodien ge-spielt, die an polyphone Mehrstimmigkeit erinnern322 (Simon 2003: 13). Wichtig ist jedoch zu bemerken, dass es in den gewöhnlich komplexen rhythmischen Verläufen der ausgeführten Musikstücke schwierig zu sein scheint, sich eindeutige Takte oder bestimmte metrische Muster vorzu-stellen. Selbst ein erfahrener Musikethnologe wäre nicht in der Lage, nur nach Abhören einer solchen Musikaufnahme eine Transkription anzufer-tigen, solange er keine intensive Beobachtungen und entsprechende Er-fahrungen vor Ort gemacht hat, die ihm dazu veranlasst, eine Time–line–Formel zu erkennen, den „strukturellen Kern“ bzw. „eine kondensierte und äußerst konzentrierte Speicherung der rhythmisch–motionalen Mög-lichkeiten“ in einem Musikstück zu bilden (Kubik 1988: 90ff.). Im Notenbeispiel 33 wird ein kurzer Ausschnitt eines aufgenommenen Instrumentalstückes der Bol–Negero–Gruppe dargestellt. Da die einzelnen Tonhöhen bereits ermittelt sind (Abb. 102 und Tabelle 17), ist es nunmehr möglich die Time–Line–Formel zu finden, die meis-tens in Zweier– (2 + 2 + 2) und Dreiergruppen (3 + 3 + 3) oder auch in gemischten Gruppen (2 + 3 + 2 + 3) aufgegliedert sind. Im weiteren Ver-lauf des Musikstückes kommt es auch vereinzelt vor, dass diese sich ein-ander ablösen oder überlagern. Das Instrumentalstück besitzt eine zyk-lisch aufgebaute melodisch rhythmische Zeile (und ihre Varianten), des-sen Durchgang jeweils 18 Elementarpulse323 enthält. 322 Feldforschung in Äthiopien; Februar 2005; siehe auch Filmaufnahmen: Video–01 von

0:00–7: 33 und 21:46–26:51 Minuten (Privatsammlung: Teffera, Ostafrika/200; Simon ebd.: 12).

323 Elementarpuls = die kleinste rhythmische Einheit.

Das Prinzip der Time–line–Formel

Transkription und Analyse

152

Am Anfang der einzelnen Notenzeilen sind die Nummern der Flöten und Trompeten angezeigt. Eine Ausnahme bilden die Flöten 15–17, die ge-meinsam in einer Notenlinie notiert sind. Eine erweiterte Analyse des Notenbeispiels 32 lässt die Elementarpulsa-tion und ihre Struktur besser darstellen. Die Art und Weise der im Noten-beispiel 34 demonstrierten Notation wurde hauptsächlich von Arthur Simon324 (2003: 41–48) und Kubik (1988: 79ff, 90–99 und 287f.) abge-leitet und mit kleinen Veränderungen hier wiedergegeben. Da für die optische Wiedergabe der zumeist zyklisch gestalteten rhythmisch melodi-schen Zeilen die richtige Zuordnung der Elementarpulse als kleinste met-rische Einheiten entscheidend ist, ist hier der Gebrauch von möglicher-weise irreführenden Taktangaben vermieden worden (Kubik 1988: 79). Jeweils am Anfang der Zeilen sind die Tonhöhen bzw. die Frequenzen (Hertz) der Flöten und Trompeten angezeigt, während die vertikalen Li-nien die Elementarpulsationen (hier 18 Time–Line–Formeln pro Durch-gang) bezeichnen. Im Unterschied zum Notenbeispiel 32 weisen die No-tationen hier nicht unbedingt auf eine festgelegte Dauer hin, sondern vielmehr auf die jeweiligen zeitlichen Startpunkte der Instrumente. Töne, die länger als eine Elementarpulsation etwa Achtel–, Viertelton usw. dauern, werden mit einer horizontalen Erweiterung der Linien zum Aus-druck gebracht, während Töne mit jeweils einer Elementarpulsation, mit Punkten versehen sind. Unter diesem Bild sind der mögliche melodisch rhythmische Ablauf und dessen Varianten niedergeschrieben, die beim Hören des Musikstückes wahrgenommen werden könnten. Da die Wahr-nehmung eines jeden Menschen jedoch sehr unterschiedlich sein kann, ist es auch denkbar, dass verschiedenartige melodisch rhythmische Zeilen empfunden werden können.

Notenbeispiel 33: Bol–Negero–Ensemble, Extrakt eines Musikstückes (18 Elementarpulsation M.M.); Aufnahme: T. Teffera, 13.02.2005, Berta/Westäthiopien

324 Simon hat eine Reihe von ähnlichen Flöten– und Trompetenensembles der Berta im

Sudan erforscht. Seine Musiktranskriptionen stellt er in dieser Form dar.

Variation Flöten

Tromp.

153

Notenbeispiel 34: Bol–Negero–Ensemble, Extrakt eines Musikstükes (18 Elementarpulsation); Aufnahme T. Teffera, 13.02.2005, Berta/Westäthiopien

BOL–TSITSIM–ENSEMBLE (Berta – Äthiopien) Name Klassifikation

Zusatz

Synonyme Form, Material Maße / cm Form/Anordnung

421.111.21 L/D ohne GF

Bol–Tsisim Flötensatz

ca. 11 gedackte Längsflöten aus dickwandigem Bambus

L = 24 – 84 ø = 2,5– 3,5

zylindrisch, scharfe Anblaskanten, jede Flöte hat ihre eigene Bezeichnung

Bol–Tsitsim–Ensemble 1. Dego 24 2,5 2. Dego–Dañe 26 2,5 3. Achisare 30 2,5 4. Amane 33 2,7 5. Asholfa 37 2,8 6. Bolmosha 43 3 7. Bolmosha–Dañe 48,5 3 8. Achisare–Dañe 56 3,2 9. Asholfa–Dañe 66 3 10. Amadine–Dañe 67 3,5 11. Abejjiya 84 3,5

Flötennamen sind ähnlich mit denen aus dem Bol–Negero–Ensemble

423.122.2

Bulu Bulung

zwei quergeblasene Tierhörner

30 konisch, ovales Anblasloch

Variation Flöten Hertz

154

421.111.21

Ariva offene Längsflöte aus Flaschenkürbis und Bambus

31 Bambusröhrchen steckt in einem Flaschenkürbis, scharfe Anblaskante

112.13

Asese Kürbisrassel 20 111.22

Dungul/ Lafe

Ein dicker Holzscheit + ein ebenso dicker und meist runder Holzschlegel

Länge Dicke

Holzscheit 50–70 5–7 flacher Form runder Holzschlegel, womit der

Holzscheit Dungul geschlagen wird 35–40 runder Form

In demselben Dorf Inzi–Shederia, wo die Bol–Negero–Aufführung statt-fand, wurde auch die Aufnahme eines weiteren Ensembles, genannt Bol–Tsitsim durchgeführt175. Im Unterschied zu dem Bol–Negero–Ensemble, spielen hier elf gedackte Bambusflöten zusammen. Ihre unterschiedlichen Röhrenlängen liegen zwischen 24 und 84 cm, während die Durchmesser der Anblaslöcher 2,5–3,5 cm betragen. Jede Flöte wird nicht nur durch ihre Größe, sondern auch durch ihren eigenen Namen voneinander unter-schieden. Die elf Flöten werden von der kleinsten Flöte längenmäßig aufsteigend 1. Dego, 2. Dego–Dañe, 3. Achisare, 4. Amane, 5. Asholfa, 6. Bolmosha, 7. Bolmosha–Dañe, 8. Achisare–Dañe, 9. Amadine–Dañe, 10. Asholfa–Dañe und 11. Abejjiya bezeichnet. Von ihrem Material, ihrer Konstrukti-onsweise und der Randbearbeitung her zeigen sie auffällige Gemeinsam-keiten mit den Flöten aus dem Bol–Negero–Ensemble. Im Vergleich zu den dickwandigen Flöten der Bol–Negero–Gruppe sind die Flöten des Bol–Tsitsim–Ensembles allerdings im Allgemeinen wesentlich kleiner in ihren Durchmessern und auch dünnwandiger. Ein weiteres zum Bol–Tsitsim–Ensemble gehörendes Musikinstrument ist das Querhorn Bulu176, meistens aus Ziegenhorn (Abb. 103), jedoch wer-den z.B. bei dem Fagwaji genannten Berta–Gruppe aus dem Südsudan Bulung genannte Querhörner aus Holz gefertigt, die in ähnlichen Flöten-ensembles mitwirken (Gottlieb 1996). Das Bulu besitzt eine durchschnitt-liche Länge von etwa 30 cm. Das seitliche Anblasloch ist oval und etwa 5,5cm und 3,7 cm lang und breit. Die Hornspitze hat eine schmale Öff-nung. Dieses Querhorn wurde zwecks der vollständigen Darstellung des Bol–Tsitsim–Ensembles in diesem Abschnitt untersucht. Durch ihre eiförmige Gestalt ähnelt die – zum Bol–Tsitsim–Ensemble gehörende – Flöte Ariva (Abb. 104) einer Gefäßrassel, aber ist sie eine speziell aus einem Kalebassenresonator gefertigte gedackte Gefäßflöte.

175 Siehe auch Filmaufnahmen 13.02.2005: Video–01 von 26:52–42:20 Minuten (Privat-

sammlung: Teffera, Ostafrika/2005). 176 Das hier untersuchte Bulu–Querhorn soll mit dem gleichnamigen Horn Bulu nicht

verwechselt werden, das als Idiophon dient. Beide Musikinstrumente kommen bei den westäthiopischen Berta vor. Sie werden aus Ziegenhorn gefertigt und sind von ihrer Größe und Form her nahezu identisch. Das Idiophon Bulu dient in dem Waza–Trompetenensemble der Berta als Schlegel des Astgabels Pale. Die sudanesischen Ber-ta benutzen ebenfalls das gleiche Querhorn Bulu (auch Bulung) in ihrem Waza–Trompetenensembles (Al–Daw 1985: 83; Simon 2003: 5).

Ergologie

155

Es gibt auch Ariva aus kugelförmigen Kalebassen. Für den Bau dieser Flöte braucht man zunächst einen Flaschenkürbis, den man nur einem Ende aufschneidet. In dessen Öffnung wird danach eine zylindrische Röhre (Bambusröhre) hineingesteckt. Des Weiteren gehören mehrere Kürbisrasseln Asese und ungefähr fünf Dungul und Lafe (Abb. 105) zu diesem Ensemble. Bei den Klanghölzern Dungul–Lafe handelt es sich um zwei relativ dicke gegeneinander ge-schlagene und unterschiedlich gewölbte Holzstücke mit verschiedenen Dimensionen. Der als Lafe bezeichnete Schlegel aus dem gleichen Holz-typ, mit dem die Holzplatte Dungul geschlagen wird, weist eine Länge von 35–40 cm auf, während der aufschlagende obere Teil der Lafe we-sentlich dicker ist als das Griffende. Der Holzscheit Dungul dagegen hat eine flache Form mit einer Länge von ca. 50–70 cm und einer Dicke von 5–7 cm. Für die Herstellung von Dungul–Lafe wird ein frischer Baumstamm geschnitten, woraus ein Satz von durchschnittlich langen und breiten Holzbrettern vorbereitet wird. Diese werden dann über einige Tage hinweg in der Sonne ausgebreitet bis das Holz eine gewisse Härte erreicht hat, damit die gewünschte Klangfar-be und –qualität erzeugt werden kann (Hojele: 2005; Günther 1972: 57). Spielweise: Die Spielweise der Längsflöten im Bol–Tsitsim–Ensemble lässt eine auffallende Ähnlichkeit mit den gedackten Längsflöten der Bol–Negero–Gruppe feststellen. All diese Instrumente werden am Rand ihrer Anblasöffnungen mit der linken Hand gehalten und diese teilweise mit Daumen und Zeigefinger abgedeckt (Abb. 106), die nach Günther (1972: 57) „eine Schiene bilden, durch die der Atemstrom geführt wird“. Diese Spielposition hat in praktischen Versuchen erwiesen, dass die er-zeugten Töne eines jeden Musikers „erheblich an Lautstärke gewinnen“ (Günther 1972: 57). Die Flöten des Bol–Tsitsim–Ensembles werden ge-nauso wie die Bol–Negero–Flöten von elf und mehr Musikern in Sätzen geblasen, die das Hocketverfahren nutzen. Das Querhorn Bulu wird in der linken oder rechten Hand gehalten. Wäh-rend der Musikaufführung erzeugt der Bulu–Spieler hin und wieder meh-rere Töne, die von „Synkopen“ dominiert sind. Die Längsflöte Ariva wird nach dem gleichen Prinzip wie bei den zylind-rischen Längsflöten geblasen (Abb. 107). Dagegen spielen die für die Dungul–Lafe zuständigen Musiker ihre Instrumente in gebückter Körper-haltung. Die Dungul wird in der Höhe des Oberschenkels zwischen den Beinen des Spielers geklemmt (Robert: 1972: 53). Für einen stabilen Halt des Dungul sorgt ein um die Taille des Musikers gebundenes Seil (Abb. 105). Da die Dungul–Lafe–Spieler gleichzeitig als Flötenspieler fungie-ren, ist es selbstverständlich, dass die Klanghölzer für einen stabilen Halt sorgen müssen, um beide Instrumente ohne Probleme bedienen zu kön-nen. Das Dungul–Lafe Paar ermöglicht einen steten metro-rhythmischen Verlauf der Musikstücke. Es war besonders eindrucksvoll zu beobachten, wie diese Musiker die Dungul–Lafe spielen und simultan ihre Flötenparts melodisch sowie rhythmisch beherrschen. Dies weist darauf hin, dass langjährige und wahrscheinlich auch zeitintensive und kontinuierliche Erfahrungen im Umgang mit diesen Instrumenten bestehen.

Abbildung 103

Abbildung 104

Abbildung 105

Abbildungen 106 Fotos: T. Teffera 13.02.2005

Inzi–Shederia

156

Bis auf die Kürbisrassel Asese, die von einer geringen Anzahl von Frauen (meistens 4–8) geschüttelt werden, werden alle anderen Instrumente des Bol–Tsitsim–Ensembles ausschließlich von den männlichen Teilnehmern bedient. Genauso wie in der Bol–Negero–Aufführung beschränkt sich die Rolle der Frauen auf Gesang und Tanz. Die Instrumente des Bol–Tsitsim–Ensembles haben dieselbe soziale Funktion wie die des Bol–Negero–Ensembles. Sie werden im Zusam-menhang mit gemeinschaftlich gestalteten Festen und besonderen zere-moniellen Anlässen der Berta verwendet, an denen alle Mitglieder der Gesellschaft teilnehmen können. Die in dem Bol–Tsitsim–Ensemble vorgetragenen Gesänge, scheinen sowohl in Form von Wechselgesängen als auch in gemischten Chören unisono ausgeführt zu werden. Genauso wie bei dem Bol–Negero–Ensemble wird auch im Bol–Tsitsim–Ensemble meistens ein Kreis gebildet. Kurz nach Beginn der Musikauf-führung, begibt sich der Ariva–Spieler in die Mitte des Kreises (Abb. 107), der von den Instrumentenspielern und der singenden Gruppe gebil-det wird. Er fungiert als Leiter und Dirigent der gesamten Gruppe. In seiner linken Hand hält er einen kleinen Stock und in seiner rechten die mit dem Resonator aus Kalebasse versehenen Längsflöte Ariva. Den Anfang eines „musikalischen Abschnittes“ signalisiert der Ariva–Spieler entweder durch Vorsingen einer kurzen Zeile oder durch be-stimmte emphatische Laute. Unmittelbar danach wird er von den Instru-mentenspielern und dem Rest der Gruppe gefolgt, die jeweils ihre musi-kalischen Funktionen anhand der vorgegebenen Rollenverteilung durch-führen. Kurz vor dem Ende eines „Abschnittes“ wird der Höhepunkt der Musikausführung dadurch erreicht, dass insbesondere die Dungul–Lafe–Spieler ihre Hölzer sehr intensiv und stark gegeneinander schlagen und sich die Geschwindigkeit des Schlagens gleichzeitig erhöht, der Gesang relativ lauter wird und von einem Gruppentriller der weiblichen Teilneh-merinnen begleitet werden. Hinzu kommen die von dem Ariva–Spieler vorgeführten ebenfalls intensiven Tanzschritte, die insbesondere durch rhythmisches Stampfen mit den Füßen deutlicher zur Geltung gebracht wird. Dieser musikalische Höhepunkt wird dann von einem auffallenden „abrupten“ bzw. „impulsiven“ Stopp der gesamten Gruppe markiert, der auch durch die entsprechenden Signale des Ariva–Spielers und zugleich Gruppenleiters ausgelöst wird. Im Unterschied zum Spiel des Bol–Negero–Ensembles, in dem sich die Musiker Schritt– oder Laufbewegungen um einen Kreis herum durchfüh-ren, bleiben die Instrumentenspieler des Bol–Tsitsim–Ensembles nur an einer Stelle des Kreises positioniert. Von ihrer Stelle aus bewegen sich außer die Spieler der Dungul–Lafe, die zugleich auch Flötenspieler sind, die restlichen Instrumentalisten gemeinsam mit der sie gesanglich beglei-tenden Gruppe von Frauen und Männern nach bestimmten Tanzmustern. Im Vergleich zum Bol–Negero–Ensemble ist der Tanz im diesem En-semble meiner Beobachtungen zufolge weitaus intensiver.

Rollenverteilung der Teilnehmer im Bol–Tsitsim–Ensemble

Genderbeziehung Funktion Musikrepertoire

Abbildung 107: Foto: T.

Teffera; 13.02.2005 Inzi–Shederia

157

BULHU–ENSEMBLE (Berta – Sudan) Name Nr. Klassifikation Maße / cm

Zusatz

Synonyme Form. Material L/D Form/Anordnung ohne GF Bulhu– Flötenspiel

421.111.21 ca. 16 gedackte Längsflöten aus dickwandigem Bambus genannt Kagu (Berta – Sudan)

L = 12–99,6 zylindrisch, scharfe Anblaskanten, jede Flöte hat ihre eigene Be-zeichnung

Bulhu–Ensemble 1. Ataray 12,2 2. Akholay 14,3 3. Mashargen 16 4. Athoto–Bala 19,8 5. Abamathan–Bishi 22,3 6. Abamathan 26,2 7. Asholfa 29,4 8. Mashargen–Dang 33,5 9. Athotho–Dang 39,8 10. Abamathan–Bishi–Dang 47 11. Abamathan–Dang 53,1 12. Asholfa–Dang 57,6 13. Koo–Koo 65,6 14. Athotho 78,1 15. Aban–Haran 86,7 16. Torhin–Mihin 99,6

Angaben nach Gottlieb 1980 (Sudan II)

Bulung Bulu

423.122.2 Querhorn aus Holz (gewöhnlich jedoch aus Tierhorn)

ca. 25–30

Alafia Lafe (?)

111.11 zwei gegeneinander geschlagene Holzplatten

Die Aufnahmen des hier vorgestellten Bulhu–Ensembles wurden 1980 von Robert Gottlieb (1996: 11–13177) in dem Dorf Ganis Nahe von Ed Damazin, dem Zentrum der Blue–Nile Provinz im Südsudan durchge-führt. Die dem diesem Ensemble gehörenden Instrumente sowie die Mu-sikaufführungen wurden von dem als Fagwaji genannten Berta–Klan präsentiert. Das Bulhu–Ensemble besteht aus 16 gedackten Längsflöten, die von 12,2 bis zu 99,6 cm lang sind. Das für ihre Konstruktion verwendete Material ist ein dickwandiger Bambus, der in der Lokalsprache Kagu heißt. Dieser Typ Bambus wird auch für die Herstellung ähnlicher Flötenensembles in den verschiedenen Berta–Dörfern verwendet. Zum Bulhu–Ensemble gehören das Querhorn Bulung oder Bulu aus Holz und die Alafia, zwei gegeneinander geschlagene Holzstöcke bzw. Holz-stäbem die von ihrer Funktion und Bezeichnung her teilweise Ähnlichkei-ten mit dem Holzschlegel Lafe besitzen, der in dem Bol–Tsitsim–Ensemble zum Schlagen des Holzscheits Dungul verwendet wird (Abb. 105). Obgleich aus Gottliebs Beschreibung die Dimensionen der Alafia

177 Siehe CD Veröffentlichung, Kommentar und Analyse von Robert Gottlieb: Musik of the Blue Nile Province: The Ingessana and Berta Tribes: Sudan II 1996. Diese Tonauf-nahmen wurden 1980 bereits auf LP veröffentlicht (siehe Signatur P–3317); Samm-lung: Phonogramm–Archiv der Abteilung Musikethnologie des Museums für Völker-kunde Berlin.

Ergologie

Bulung– oder Bulu– Querhorn und

Alafia–Holzstäbe

158

Tabelle 18: Bulhu–Flötennamen und ihre Bedeutungen

Nr. Instrumentennamen Übersetzung

1 Ataray = erste 2 Akholay = zweite 3 Mashargen = dritte 4 Athoto–Bala = klein, sehr entfernt 5 Abamathan–Bishi = Herzschlag 6 Abamathan = Rhythmus. Schlag 7 Asholfa = schwierig 8 Mashargen–Dang = große Dritte 9 Athotho–Dang = groß. sehr entfernt

10 Abamathan–Bishi–Dang = großer Herzschlag 11 Abamathan–Dang = großer Schlag,

Rhythmus 12 Asholfa–Dang = groß. schwierig 13 Koo–Koo = der Kuckuck 14 Athotho = sehr entfernt 15 Aban–Haran = Rebab 16 Trohin–Mihin = sprunghaft

nicht erwähnt wird, scheint es sich um zwei gleich große Holzstöcke zu handeln. Das Querhorn Bulung kommt ebenfalls im Bol–Tsitsim–Ensemble der Berta vor. Nach eigener Beobachtung wird das Bulung vorwiegend aus Tierhorn (meist Ziegenhorn) gefertigt. Die Anzahl der in einem Bulhu–Ensemble eingesetzten Querhörner und Holz-stäbe variiert

von Ort zu Ort. Bei dem von Gottlieb (ebd.) untersuchten Bulhu–Ensemble sind jeweils ein Bulung und ein Paar Alafia–Holzstäbe beteiligt. Aus der oben dargestellten Auflistung der hier verwendeten Musikinstrumente wird ersicht-lich, dass einige der Bulhu–Flöten in ihren Bezeichnungen Ähnlichkeiten mit den Flöten aus den Ensembles Bol–Negero, Bol–Tsitsim und Abbi–Birarre aufweisen, z.B. den Namen Asholfa. Die häufig verwendete Zusatzbezeichnung Dang wie z.B. Abamathan–Dang wurde während meiner Feldforschung bei den Berta in Äthiopien im Februar 2005 als Dañe verstanden und notiert178. Die Flötennamen und deren Bedeutungen listet Gottlieb (ebd.) von der kleinsten zu der größten Flöte in Tabelle 18 auf.

Das Bulhu–Ensemble ist zwar mit den in Westäthiopien untersuchten gedackten Flöten–ensembles, z.B. Bol–Tsitsim–Ensemble, technisch ver-gleichbar, jedoch darf es nicht mit ihnen verwechselt werden. Beispiels-weise berichtet Gottlieb (1996: 8), dass das Bol–Negero–Ensemble (hier Bul–Nagaro genannt) zwar auch in vielen Berta–Dörfern des südlichen Sudans gebraucht wird, doch werden die gedackten Flöten beider En-sembles als vollkommen unterschiedliche Instrumente betrachtet. Des-halb dürften sie nicht miteinander vermischt bzw. verwechselt werden. Diese Tatsache ist vermutlich damit zu begründen, dass die Konstruktion von einem Instrumentensatz in der Regel in einem Durchgang und mög-lichst von ein und demselben Instrumentenmacher erfolgt, der im Zuge der Herstellung gleichzeitig die entsprechenden Tonhöhen fixiert, die für das Ensemble erforderlich sind. Daher ist es durchaus klar, dass „fremde“ Instrumente vor allem aufgrund ihrer unpassenden Tonhöhen in einem Ensemble nicht mitspielen dürfen und daher auch aussortiert werden müssen. Es sei denn, es sind Flöten, die absichtlich als Ersatz für ein und dasselbe Ensemble hergestellt worden sind und somit auch technisch zu diesem Instrumentensatz gehören. Nach Gottlieb wurden die von ihm untersuchten Musikinstrumente, ins-besondere die gedackten Flöten, im Magali–Gebiet auf der äthiopischen Seite der Grenze gefertigt und von dort aus unter den im Sudan lebenden Berta–Gruppen verteilt (Gottlieb 1996: 11).

178 Beispielsweise ist die in dem Bulhu–Ensemble unter der Nr. 12. aufgeführte Flöte

Asholfa–Dang in dem Bol–Negero–Ensemble als Flöte Nr. 14 mit dem Namen Ashol-fa–Dañe notiert (siehe Beschreibungen der Bol–Negero–, Bol–Tsitsim– und Abbi–Birarre–Ensembles).

159

Spielweise und geschlechterspezifische Rollenverteilung während einer Bulhu–Ensembleaufführung ist nahezu identisch mit denen vieler Flöten-ensembles der Berta und sind bereits im Zusammenhang mit den Bol–Negero– und Bol–Tsitsim–Ensembles ausführlich erläutert worden. Zum musikalisch–strukturellen Aspekt soll zuerst die Stimmung der Bul-hu–Flöten ausgehend von Gottliebs Musikaufnahmen und Untersuchun-gen dargestellt werden. Gestimmt werden die Flöten ähnlich wie andere Flöten– und Trompetenensembles der Berta von der höchsten zur tiefsten Flöte in absteigender Reihenfolge (Abb. 108). Die ungefähren Intervalle sind daher g2–k3–k3–g2–g2–g2–k3 usw. In Tabelle 19 sind die Frequenzbereiche der Bulhu–Flöten dargestellt. Aufführungen von Bulhu–Ensembles finden öfter im Jahr zu verschiede-nen Anlässen statt. Im Musikrepertoire kommen sowohl Gesänge und Tänze vor, die von den hier eingesetzten Instrumenten begleitet werden als auch nur Instrumentalstücke. Sie stammen meistens aus bereits exis-tierenden Gesangsmelodien und werden in unterschiedlichen Varianten von den Instrumenten gestaltet.

Abbildung 108: Stimmung des Bulhu–Ensembles (Aufnahme: Gottlieb 1996)

Die Gesangstexte unterscheiden sich von anderen Ensembles der Berta insbesondere durch ihren Inhalt und durch die Beziehung der Instrumente zum Thema eines Lieds. Bei der Begleitung von Gesängen geben die Bulhu–Flöten im gewohnten Hocket- muster die melodische Kontur des jeweiligen Gesanges wieder. Somit ist der Instrumentalpart mit der Ge-sangsmelodie eng verknüpft. Dieses Phänomen ist beispielsweise auch im Bol–Negero–Ensemble zu beobachten. Darüber hinaus jedoch spielen die Bulhu–Flöten eine Vielfalt von stereotypen Hocketmustern mit einer relativ größeren Dichte, die keiner konkreten oder spezifischen melodi-schen Kontur folgen. Dieser Aspekt stellt eine Besonderheit des Bulhu–Ensembles dar. Solche Hocketmuster sind vor allem dann deutlich er-kennbar, wenn das Ensemble ohne Gesang auftritt.

Flötenstimmung

Repertoire

160

Tabelle 19: Hertzangaben der Bulhu–Flöten

Nr Flöten Tonhöhen/Cents Hertz

1 Ataray e’’ –49 Cent 645,9 2 Akholay d’’ 559,8 3 Mashargen h’ 516,7 4 Athoto–Bala g#’ 430,6 5 Abamathan–Bishi f#’ 387,5 6 Abamathan e’ –47 Cent 344,5 7 Asholfa d’ –46 Cent 301,4 8 Mashargen–Dang H –41 Cent 258,3 9 Athotho–Dang g# –38 Cent 215,3

10 Abamathan–Bishi–Dang F# –39 Cent 180,2 11 Abamathan–Dang E –39 Cent 172,2 12 Asholfa–Dang d –49 Cent 149,5 13 Koo–Koo H –29 Cent 129,1 14 Athotho G# –44 Cent 110,6 15 Aban–Haran F# 97,5 16 Trohin–Mihin E 82,3

Funktion: Die Holzstäbe Alafia, die nach Gottlieb – in dem von ihm untersuchten Bulhu–Ensemble – nur von einer Person gespielt werden, scheinen hier eine Ausnahme darzustellen, weil sie in anderen En-sembles in dieser Form nicht vorkommen. Die Funktion der Alafia besteht darin, dass sie während einer Musikaufführung generell für den Erhalt eines metrisch regelmäßigen Verlaufs sorgen. Der dafür zuständige Spieler ist zugleich der Leiter des Ensembles. Kurz nach dem Beginn der Aufführung begibt sich der Alafia Spielende meistens in die Mitte der im Kreis stehenden Gruppe und „dirigiert“

sie von dieser Position aus von Anfang bis zum Ende eines Musikstückes. Unter anderem spielen seine Signale wie etwa Gestik, Mimik und Rufe, eine wesentliche Rolle. Diese Signale werden von den ihn umkreisenden Instrumentenspielern, Sängern und Tänzern beantwortet, wobei jede die-ser Gruppen ihre musikalische Aufgabe entsprechend betont. Die Lei-tungsfunktion des Alafia Spielenden ist vergleichbar mit der des Ariva–Spielers aus dem Bol–Tsitsim–Ensemble, der ebenso in der Mitte der Gruppe stehend und alle Teilnehmer koordinierend die Aufführung leitet und den musikalischen Ablauf kontrolliert. Zu einer weiteren Besonderheit des Bulhu–Ensembles gehört es, dass sich das Aufführungstempo stetig steigert. Diese Temposteigerungen werden auch durch den Leiter des Ensembles, dem Alafia–Spieler, initiiert und kontrolliert. Dabei schlägt er die Holzstöcke nach dem entsprechenden metrorhythmischen Muster, um die Gruppe auf die Schnelligkeit des beabsichtigten Tempos aufmerksam zu machen. Die Musiker reagieren sofort auf seine Signale. Nach einer bestimmten Zeit stoppen die Auffüh-renden das Spiel abrupt, um kurze Zeit später einen weiteren musikali-schen Abschnitt bzw. Durchgang nochmals von vorn im ursprünglichen Ausgangstempo zu beginnen. In dieser Form gestaltet sich das gesamte Stück zyklisch bis zum Ende weiter. Auch hier ist eine Parallele mit dem Aufführungsstil des Bol–Tsitsim–Ensembles feststellbar.

ERUMA–ENSEMBLE (Amba, Konjo – Uganda) Name Klassifikation Zusatz

Synonyme Form, Material Maße / cm Form / Anordnung 421.111.21 L/D ohne Grifflöcher Eruma– Flötenspiele Eluma

etwa 16 gedackte Längsflöten vermutlich aus Bambus (Amba, Konjo –Uganda)

L = 8–60 zylindrisch, scharfe Anblasöffnungen

161

Die als Eruma bekannten gedackten Längsflöten werden in Sätzen zu 8, 10, 13 bis 16 gespielt. Die Flötenlängen betragen ungefähr zwischen 8 – 16 cm. Der Begriff Eruma bezieht sich laut Wachsmann und Trowell (1953: 342) auf die für die Herstellung verwendete Pflanze, die in der Lokalsprache auch Lumaluma genannt wird. Einige Eruma–Flöten wer-den teilweise mit Fransen aus Ziegenhaar behängt und mit Trachea über-zogen. Außerdem werden ihre Rohrwände mit eingeritzten oder einge-brannten Mustern ausgeschmückt oder mit geflochtenen und verschiedenfarbigen Pflanzenschnüren (Raffia) oder Leder überzogen. Die Eruma–Flötensätze werden meistens im Haus des Dorfältesten, des Häuptlings oder bei einer anderen verantwortlichen Person aufbewahrt. Musikaufführungen mit dem Eruma–Ensemble finden zu unterschiedli-chen vor allem zeremoniellen Anlässen statt, wobei die Instrumente nur von Männern gespielt werden. Während einer Eruma–Aufführung bilden Frauen gewöhnlich ihren eigenen Kreis um den der Männer und führen den Eluma genannten traditionellen Tanz aus (Cooke 2001b: 439f.). Musikaufführungen auf Eruma–Flöten sind bei den bantusprachigen Am-ba und Konjo Ugandas weit verbreitet. Am Eluma–Flötentanz der Amba aus Westuganda nehmen gewöhnlich viele Menschen teil. Neben dem gemeinschaftlichen Musizieren ist diese Musikveranstaltung für den männlichen Angehörigen der Amba ein willkommener Anlass, die durch das Zusammentreffen gleichzeitig die Blutsverwandtschaft erweiterter Großfamilien zu demonstrieren (Cooke ebd.).

FILA–ENSEMBLE (Gidole – Äthiopien)

Name Klassifikation

Zusatz

Synonyme Form, Material Maße / cm Form/Anordnung 421.111.21 L/D ohne Grifflöcher Fila– Flötenspiel

14 gedackte Längsflöten aus Bambus (Gidole–Äthiopien)

L = 10–55 zylindrisch, scharfe Anblaskanten

Das Fila–Flötenensemble setzt sich aus vierzehn gedackten Bambusflö-ten ohne Grifflöcher zusammen. Sie besitzen unterschiedliche Längen zwischen 10 und 55 cm. Entsprechend ihrer Dimension erzeugt jede Flöte ihre eigene Tonhöhe. Beim Spielen werden die Fila ähnlich wie die Bol–Flöten der Berta Westäthiopiens in Längsrichtung vor dem Mund des Musikers gehalten und geblasen. Weitere Gemeinsamkeiten mit anderen Musikkulturen zeigen sich in den Bewegungsmustern der teilnehmenden Musiker wäh-rend einer Musikaufführung. So bilden die Musiker des Fila–Ensembles kurz nach Beginn der Aufführung einen Kreis und laufen in Schrittbewe-gungen nacheinander. In bestimmten Momenten lösen sie den Kreis auf und stellen sich in einer Linie. In diesem Augenblick stampfen sie rhyth-misch mit abwechselnden Füßen ohne dabei das Flötenspiel zu unterbre-chen. Für den Tanz trägt jeder Teilnehmer Tanzrassel, die vor allem wäh-rend der intensiven Tanzphasen besonders laut erklingen.

Ergologie

Spielweise

Funktion

Genderbeziehung

Ergologie

Verbreitungsgebiet

soziale Bedeutung

162

Die Gidole sind mit dem Spiel der Fila–Flöten bekannt. Sie leben an der Grenze des afrikanischen Grabenbruchs westlich des Shamo Flusses in Südwestäthiopien. Sie bestreiten ihr Leben als Ackerbauer, indem sie beispielsweise Kaffee, Baumwolle, Gemüse anbauen. Außer ihnen leben in dieser Region zahlreiche kuschitisch sprechende Völker etwa die Dor-ze, Konso, Sidamo und Derassa zwischen den hohen Bergen, den unzäh-ligen Seen beiderseits des Afrikanischen Grabenbruchs. In gewisser Hin-sicht besitzen ihre sozialkulturellen und musikalischen Traditionen179 Gemeinsamkeiten und Übereinstimmungen. In den Musikkulturen zahlreicher Volksgruppen dieser Region spielt vor allem die polyphonische Musik mit ihren charakteristischen Eigenschaf-ten der Stimmgebung wie etwa Summen, Brummen und rhythmisch ak-zentuierte Atem– und Stimmtechniken, ebenso eine wichtige Rolle. Sie dient zweifellos als Identifikationsmerkmal dieser Volksgruppen, zu de-nen auch die Gidole gehören. Hinzu kommen eine Reihe traditioneller Musikinstrumente vor, die meistens für die Begleitung gemeinschaftli-cher Gesänge und Tänze gespielt werden. Neben Trommeln, Schalenlei-ern und einsaitigen Kastenspießlauten existieren unterschiedliche Typen von Aerophonen etwa offene und gedackte Längsflöten mit und ohne Grifflöcher, wobei die ersteren überwiegend als Soloinstrument der Hir-ten in Gebrauch sind. Grifflochlose gedackte Längsflöten dagegen gehö-ren zu den Instrumenten, die in Sätzen gespielt werden. Die zeremoniel-len Anlässe zum Musizieren all dieser Gemeinschaften können allerdings lokale und regionale Unterschiede haben180. Nach Johnson und Harrison181 finden Aufführungen des Fila–Ensembles überwiegend im Zusammenhang mit den Shalota genannten religiösen Zeremonien der Gidole statt, an denen alle Gemeinschaftsangehörige sich als Sänger, Tänzer aber auch als passive Zuschauer daran beteiligen kön-nen. Für diese und andere ähnliche Anlässe wird meistens ein Tanzareal an einem besonderen Ort des jeweiligen Dorfes ausgesucht. Die Flöten werden ausschließlich von jungen Männern geblasen, während die älteren Männer, die gewöhnlich die Vorbereitungen für solche Feste treffen, nur als Zuschauer fungieren. Alle weiteren Gemeinschaftsange-hörigen, darunter auch Frauen und Kinder, können an der Fila–Ensembleaufführung teilnehmen. Soweit bekannt werden die Fila von keinen weiteren Instrumenten begleitet. 179 Zum Beispiel besitzen fast alle Volksgruppen Ähnlichkeiten in ihrer sozialen Organi-

sation, die auf einem Altersklassensystem basiert. In diesem Zusammenhang spielt auch die traditionelle Musik eine zentrale Rolle. So wird ein Großteil des musikali-schen Repertoires aus Anlass von Zeremonien aufgeführt, die den Übergang von einer Altersstufe zur anderen markieren.

180 Es ist zu vermuten, dass die geographische Lage bzw. die relative Isoliertheit der Siedlungsgebiete dazu beitrugen, dass individuelle Merkmale einzelner Gruppen sich bis heute aufrechterhalten haben. Dies gilt auch für die hier vorkommenden Sprachen, die nur wenig Verwandtschaft untereinander erkennen lassen, obgleich sie zu ein und derselben kuschitischen Sprachgruppe gehören.

181 Siehe LP–Publikationen und Kommentare von Ranger Johnson und Ralph Harrison: Musiques Ethiopiennes; OCORA OCR 75 und Ethiopian Urban and Tribal Music – Gold from Wax, Vol. 2, Lyrichord LLST 7244, New York; Signaturen: P–1852 und P–1583; Sammlung: Phonogramm–Archiv der Abteilung Musikethnologie des Museums für Völkerkunde Berlin.

Verbreitungsgebiet

Gebrauchsmöglichkeiten des Fila–Ensembles

Die polyphonische Musik der Gidole und benachbarter Völker Südäthiopiens

163

Die Gidole bedienen sich der Hockettechnik beim Spiel der Fila. Ihre Musik ist von kurzen polymetrischen und polyrhythmischen Phrasen dominiert, die stets in zyklischer Form wiederkehren. Im Fila–Ensemble haben die Gruppentänze eine Vorrangstellung. Die Gesänge, deren Texte überwiegend aus redundanten Silben und Einzel-wörtern bestehen, spielen ebenfalls eine Rolle und leisten zur gesamten Musikaufführung ihren Beitrag.

MBASI–ENSEMBLE (Wasangu – Tansania)

Name Klassifikation

Zusatz

Form, Material Maße / cm Form/Anordnung Synonyme 421.111.21 L/D ohne GF

Mbasi– Flötenspiele

fünf gedackte Längsflöten aus Schilf (Wasangu –Tansania)

variabel

zylindrisch, scharfe Anblaskanten

Mbasi–Ensemble

1. Nyimavana 178 Hz 2. Iise 210 Hz 3. Nsambwe 228 Hz 4. Mbamu 252 Hz 5. Nyonishe 276 Hz

Jede Flöte hat ihren eigenen Namen.

Das Wort Mbasi bezeichnet sowohl einen Tanz als auch gedackte Längs-flöten. Für die Herstellung dieser Flöten wird eine in der Lokalsprache Tete genannte Schilfpflanze verwendet. Die Instrumente werden in Sät-zen von fünf Musikern gespielt. Dabei werden die Instrumente im Her-stellungsprozess gestimmt. Jede Flöte erzeugt somit nur einen Ton basie-rend auf seiner Dimension. Jede Mbasi wird auch durch ihren eigenen Namen voneinander unterschieden. Laut Kubik (1982: 100) werden sie im Einzelnen von der längsten in abwärts verlaufender Reihenfolge als 1. Nyimavana, 2. Lise, 3. Nsambwe, 4. Mbamu und 5. Nyonishe bekannt. Beim Spielen können die Mbasi sowohl in der rechten als auch in der linken Hand gehalten werden. Für die Tonerzeugung wird die weitver-breitete Spieltechnik verwendet, in der der Musiker wie auf einer Flasche in die Flöte bläst. Während einer solchen Ensembleaufführung bewegen sich die Musiker meistens in einem Kreis. In bestimmten Momenten al-lerdings bleiben sie an einem Ort sich einander anblickend stehen, ohne das Flötenspiel zu unterbrechen. Das Mbasi–Ensemble und der dazu gehörende traditionelle Tanz bildeten früher einen Teil des Musikrepertoires der Wasangu, auch Sangu, aus Westtansania. Ihre Kontakte mit arabischen Händlern der Karawanen-straße bereits vor 1830 trugen dazu bei, dass sie mit dem Islam in Berüh-rung kamen. Neben einer gemischten Landwirtschaft, betreiben sie hauptsächlich Viehzucht (Kubik 1982: 144). Als Kubik diese Volks-gruppe 1976 in dem Dorf Uhambule besuchte, wurden Mbasi–Flötenmusik und –Tanz bereits nicht mehr praktiziert (Kubik ebd.: 100 und 2001a: 88). Kubik berichtet, dass die Tonaufnahmen dieser Musik vielmehr aus einem zufälligen Gespräch mit seinen Kontaktpersonen vor

Ergologie

Spielweise

Verbreitungsgebiet der Mbasi-Flöten

Siedlungsgebiet und

Lebensweise der Wasamba

164

Abbildung 109: Hertzangaben der Mbasi nach Kubik (1982: 144)

Flöten Instrumentennamen Herzangaben

1. Nyimavana 178 Hz 2. Iise 210 Hz 3. Nsambwe 228 Hz 4. Mbamu 252 Hz 5. Nyonishe 276Hz

Notenbeispiel 35: Stimmung/Mbasi-Ensemble (Kubik 1982: 144)

Ort zustande kamen. Daraufhin versammelten sich einige ältere Männer, um diese in Vergessenheit geratene Musik mit Erfolg zu rekonstruieren. Die Mbasi werden offensichtlich nur von Männern gespielt. Über die Beteiligung von Frauen, etwa durch Gesang, macht Kubik (Kubik 1982: 144) keine weiteren Angaben. Die ermittelten Frequenzen (Kubik ebd.) der fünf Flöten werden in Ab-bildung 109 aufgelistet. Notenbeipsiel 35 zeigt die ungefähren Tonhöhen dieser Hertzangaben im Fünfliniensystem. Eine Besonderheit des Mbasi–Flötenspiels besteht darin, dass die Musi-ker zusätzlich zum Flötenspiel Töne erzeugen, die sie mit ihrer Kopf-stimme hervorrufen. Diese sind laut Kubik (ebd. und 2001a: 88):

„In ihrer Klangfarbe weitgehend dem Klang der Pfeifen angepasst, so dass in der resultierenden Melodie manchmal vokale Töne von Flötentönen fast nicht zu unterscheiden sind…. Das Abwechseln zwischen vokalen und instrumentalen Tönen und die Kombination der fünf Töne der Pfeifen ergeben eine interessante Polyphonie, bei den Wasangu mit Terzklängen“.

Das Kombinieren von Vokal– und Instrumentaltönen begegnet uns auch in den benachbarten afrikanischen Ländern, etwa bei Kulturen der Zent-ralafrikanischen Republik. Die Ba–Benzélé–Pygmäen verwenden die aus dem Blattstiel eines Papayabaumes (Papaya Carina) gefertigte, grifflochlose und gedackte182 Längsflöte Hindewhu bzw. Hindehu, die eine Gesamtlänge von ca. 7 bis 8 cm aufweist. Die Hindewhu gehört zum Instrument der Jäger, die sie sowohl solistisch als auch in Sätzen spie-len. Funktional ist das Hindewhu–Spiel mit bestimmten Handlungen verknüpft. Zum einen wird sie als Soloinstrument während der Jagd und zum anderen in Sätzen von einer unterschiedlichen Anzahl von Musikern insbesondere nach der Rückkehr von der Jagd geblasen. Der

solistische Gebrauch dieser Flöte dient vor allem der gegenseitigen Ver-ständigung der Jäger während der Arbeit. In diesem Zusammenhang wer-den variierte Melodieformeln benutzt, die unterschiedliche Signale bzw. Bedeutungen tragen. Auch die im Lager zurückgebliebenen Familienan-gehörigen, meistens Frauen, Kinder und ältere, werden durch die entspre-chenden Melodieformeln über geraume Entfernung darüber informiert, welches Wild erlegt worden ist. Die erfolgreiche Rückkehr der Jäger wird sodann von pfeifenden und singenden Frauen begrüßt (Arom: 1965183). Arom und Dournon (1982: 176f.) erläutern die Hindewhu und ihre Spieltechnik folgendermaßen:

182 Die natürlichen Nodien des Papayazweiges dienen als Verschluss. 183 Siehe Tonaufnahmen und Kommentare: An Anthology of African Music: The Music of the Ba–Benzélé–Pygmies; UNESCO Collection; Bärenreiter Musicaphon; Aufnahme,

Genderbeziehung Stimmung Funktion

165

„Die Bezeichnung Hindewhu ist der onomatopoetische Ausdruck für den durch das Alternieren gesungener und gepfiffener Töne erzeugten Effekt. Die Besonderheit dieses nur einen einzigen Ton erzeugenden Instruments liegt in seiner ungewöhnlichen musikalischen Anwendung: In schnellem Wechsel werden gesungene Töne bzw. jodelartige Tonfolgen und Pfeiftöne hervorgebracht, was zu einer seltsamen Symbiose von vokalem und instru-mentalem Musizieren führt. Es wird auf diese Weise eine kontinuierlich verlaufende Musik erzeugt, bei der der gepfiffene Ton die bordunartige, punktuelle Achse darstellt, um die sich die gesungene Melodie dreht. Diese wird durch unterschiedliche Intervalle – Oktaven, Sexten, Quinten und Quarten – charakterisiert“. Die Verwendung gedackter Längsflöten, genannt Mombete bzw. Mombe-ke kommen des Weiteren auch bei den Babinga–Pygmäen vor. Sie wer-den ebenso ausschließlich von Jägern gespielt (Bebey 1969: 128ff.). Doch im Gegensatz zu der Ba–Benzélé–Gemeinschaft, werden die Flöten der Babinga nicht nur mit dem Mund, sondern auch mit der Nase gebla-sen. Von ihrer musikalisch–funktionalen Bedeutung her weist sie auffal-lende Ähnlichkeiten mit der Hindewhu–Flöte der Ba–Benzélé auf. Auch hier werden parallel zum Flötenspiel Vokalstimmen erzeugt, die eine besondere Jodeltechnik im Zusammenhang mit polyphonen Mustern anwenden (Collaer 1986: 1233). Abgesehen vom solistischen Gebrauch dieser Flöten kann das Ensemblespiel bisweilen auch von singenden und klatschenden Männern unterstützt werden (Duvelle: 1962184). Die Musik der Wasangu bezeichnet Kubik (2001c: 88) als eigenartig im Vergleich zu den benachbarten Volksgruppen Hehe, Bena, Kimbu und Gogo. Der Grund liegt vor allem im Gebrauch von hexatonischen und heptatonischen Modi, die in der mehrstimmigen Musik verwendet wer-den. Die Intervallverhältnisse werden oft von Terz– und Quartparallelen dominiert. Eine Ähnlichkeit dieser Musizierform findet Kubik bei einigen Viehzucht betreibenden Völkern Sambias und Angolas.

OSEGU–ENSEMBLE (Madi – Uganda) Name .Klassifikation

. Zusatz

Synonyme Form, Material Maße / cm Form/Anordnung 421.111.21 L/D ohne Grifflöcher Osegu– Flötenspiele

mehrere gedackte Längsflöten aus Bambus (Madi – Uganda)

variabel zylindrisch, scharfe Schneiden der Anblas-öffnungen

Trommeln 1 kleine Trommel und 1 Basstrommel, die zum Osegu–Ensemble gehören

genaue Instrumententypen sind nicht bekannt

421.221.11

Schrillpfeife Innespaltflöte (?) aus Metall

genauer Instrumententyp nicht bekannt

Bei den Osegu handelt es sich um grifflochlose und gedackte Längsflö-ten, die in Sätzen gefertigt werden. Wie viele Ensembleinstrumente in Ostafrika, besitzen die Osegu–Flöten auch unterschiedliche Dimensionen,

Photos und Kommentare von Simkha Arom 1965; Signatur P–977; Sammlung: Phono-gramm–Archiv der Abteilung Musikethnologie des Museums für Völkerkunde Berlin.

184 Musique Centralafricaine, OCORA Disques, OCR 43; Aufnahme, Fotos und Kom-mentar Charles Duvelle 1962; Signatur P–1310; Sammlung: Phonogramm–Archiv der Abteilung Musikethnologie des Museums für Völkerkunde Berlin

Ergologie/Spielweise

166

Abbildung 110: Osegu–Ensemble der Madi–Okollo, Arua Region, Westuganda; Foto: Peter

Cooke 06.04.1968 (Das Foto wurde in der Uleppi Roman Catholic Scholol

Notenbeispiel 36: Stimmung der Osegu–Flöten nach Cooke (2001c: 37)

deren verschiedene Tonhöhen bereits im Herstellungs-prozess fixiert werden. Je nach dem musikalischen Anlass können in einem solchen Ensemble unter-schiedliche Anzahl von Flöten mit anderen Instrumenten eingesetzt werden, wobei die Mindestanzahl bei vier Flöten liegt. Basierend auf seiner Feldforschung in Uganda, berichtet Cooke (2001a: 37) von einem Osegu–Ensemble, das sich aus 14 gedackten Flöten, zwei Trommeln und einer Pfeife185 zusammensetzt. Das Ensemble begleitet den traditionellen Osegu–Ongo = Osegu–Tanz der Madi. Während einer Osegu–Aufführung bewegen sich die Flötenspieler im Kreis oder in Reihen, während die Trommelspieler an einem Punkt stehend oder sitzend

ihre Instrumente bedienen. Abbildung 110 zeigt beispielsweise sechs Osegu–Spieler, die eine Gruppe von tanzenden und singenden Schulkin-dern begleiten. Alle im Osegu–Ensemble genutzen Instrumente werden soweit bekannt nur von Männern gespielt, wobei sie für die Begleitung von Tänzen ver-wendet werden. Osegu–Musikaufführungen finden hauptsächlich in den Monaten Dezember und Januar und auch während der trockenen Jahres-zeit statt, d.h. nach der Einbringung der Ernte und vor der erneuten Be-stellung der Felder. Zu anderen Zeiten sind solche Musikveranstaltungen von den lokalen Führern streng untersagt (Cooke 2001a: 37). Ein Osegu–Tanz findet meistens unter dem Mondlicht statt. Solche En-sembleaufführungen können gemeinschaftlich organisiert werden, eine der Möglichkeiten das soziale Miteinander und das Gefühl der Zusam-mengehörigkeit der Gemeinschaft und bestimmter Klans zum Ausdruck zu bringen. Daher nehmen zahlreiche Menschen in solchen Ensemblever-anstaltungen teil. Dies ist auch zugleich einer der besten Gelegenheiten, wo heiratsfähige Mädchen und Jungen zusammentreffen, um sich näher kennen zu lernen. Während ältere Angehörige tagsüber tanzen, überneh-men Jugendliche die Musikaufführung bei Nacht.

Es gibt auch Momente, wo eine Familie zu bestimmten zeremoniellen Anlässen wie zum Beispiel einer Hochzeit bis zu 40, zu einem Klan gehörenden, Familien einlädt und dafür auch das Festessen für die Gäste vorbereitet (Cooke 2006186). Stimmung: Der Tonumfang eines Osegu–Ensembles kann sich zwar über mehr als eine Oktave erstrecken, jedoch be-schränkt sich die Stimmung nach Cookes Untersuchungen (ebd.) auf vier, innerhalb einer Oktave vorkommenden Töne und zwar g’–e’–c’’–a’ mit Terz– und Quartintervallen, die eine zentrale Rolle in der Musikaufführung spielen (Notenbeispiel 36). Nach Cookes Meinung wäre es angemessen, in diesem Fall den Begriff Tetraton anzuwenden, der als eine Subgruppe der Pentatonik (c’–e’–g’–a’–c’’) dient. Bei einem Ensemble, in

185 Vermutlich eine Schrillpfeife nicht einheimischer Fabrikation. 186 Email Korrespondenz mit Peter Cooke am 22.11.2006.

Funktion Genderbeziehung

sozialkulturelle Bedeutung des Osegu–Ensembles bei den Madi

167

dem mehr als vier Flöten (jede Flöte erzeugt nur einen Ton) zusammen-spielen, ist es also möglich, dass ab der fünften Flöte derselbe Ton in höher oder tiefer liegenden Oktavregistern noch mal wiederholt wird etwa c’–e’–g’–a’–c’’–e’’–g’’–a’’…usw. Solche Instrumentalbesetzungen kommen auch in zahlreichen ostafrikanischen Flötenensembles vor. So werden außer der unvermeidlichen Anzahl von Flöten187 zusätzliche Flö-ten hinzugefügt, die möglicherweise für die Ergänzung von Klangfarben und für die Stärkung bestimmter Tonhöhen dienen sollen. Die Tonhöhen der Osegu sind einigermaßen den der Trommel– und Sing-stimmen angepasst. Im Notenbeispiel 37 wird eine von Cooke (ebd.) transkribierte Ensembleaufführung veranschaulicht, die die übliche Ho-ckettechnik nutzt und von ihm so erläutert wird: “During the course of the performance a rich texture is produced by the increasing use of harmonic equivalents, so that the melody begins to sound like a chordal ostinato. The four flute parts extend over several octaves with vibration in both vocal and flute parts. The pitches C and G are harmonically equivalent, likewise A and E, and notes in brackets indicate optional sounding of harmonic equivalents.” Notenbeispiel 37: Extrakt einer Osegu-Ensembleaufführung der Madi–Okollo; Aufnahme: Peter Cooke am 06.04.1968, Madi-Okollo, Arua Region, Westuganda (siehe auch Cooke: 2001c: 37)

In einem persönlichen Gespräch teilte mir Peter Cooke (2006) mit, dass er dieses von ihm transkribierte Musikbeispiel eines Osegu–Ensembles paradigmatisch findet, weil in dem aufgenommenen Ensemble eigentlich vierzehn Flöten zusammengespielt haben, während er seine Analyse nur auf vier der Flöten reduzierte, die die vier wesentlichen Tonhöhen reprä-sentierten. Alle weiteren Flötentöne (Oktave tiefer oder höher) ließ er somit völlig außer Acht. 187 Die Mindestanzahl liegt meistens bei fünf Flöten, da es sich überwiegend um solche

Tonreihen handelt, in denen traditionsgemäß fünf Töne eine zentrale Rolle in der Me-lodiebildung spielen.

168

PILEA–ENSEMBLE (Maale – Äthiopien) Name Klassifikation

Zusatz

Form, Material Maße / cm Form/Anordnung Synonyme 421.111.21 L/D keine GF

Pilea– Flötenspiel

acht bis neun gedackte Längsflöten aus Bambus (Maale – Äthiopien)

L = 21 – 38 ø = 2 – 2,5

zylindrisch, scharfe Anblaskan-ten

Pilea–Ensemble

1. Bo’ule oder U’uli 38 2,5 2. Meccho oder Macho 35,5 2,3 3. Zolliti 33 2,4 4. Anditto 31 2,5 5. Sheko 29,5 2,0 6. Teilo 27 2,1 7. Neo oder Haitzasi 24 2,3 8. Hii oder Mep 9. Mio oder Maro–Kafo 21 2,2

Jede Flöte hat ihren eigenen Namen.

111.12

Gaylo zwei dicke Holzplatten L = 20–40 B = 7–20

Dicke = 2–5

die Größen können sich variie-ren

112.13

Rassel Kürbisrassel mit Stiel

L = 20–25

Ergologie: Die Pilea–Flöten sind gedackte Bambuslängsflöten in unter-schiedlichen Dimensionen. Die Längen der Flöten betragen 21–38 cm und ihre Durchmesser liegen zwischen 2 und 2,5cm. In dem Pilea–Ensemble spielen acht bis neun Flöten188 zusammen, die jeweils von ei-nem Musiker bedient werden. Bisweilen werden die Pilea nach ihrer Fertigstellung mit Leder überzogen, um eventuelle Schäden an der In-strumentenwand vorzubeugen. Die Filmaufnahme des hier beschriebenen Pilea–Ensembles fand am 10. März 2005 in dem nahezu unzugänglichen Dorf Beneta des Maale–Distrikts in Südwestäthiopien statt. Vor Beginn der Ensembleaufführung wurden mir zunächst nur acht Pi-lea–Flöten vorgestellt (Abb. 111), die der Reihe nach gemessen wurden. Die Bezeichnung jeder Flöte richtet sich nach der jeweils erzeugten Ton-höhe innerhalb des Ensembles, die eine gesamte Familie darstellt189. In Tabelle 20 wurden die Pilea von der tonhöhenmäßig tiefen und längsten Flöte in aufwärts verlaufender Reihenfolge im Zusammenhang mit ihren Bedeutungen aufgelistet (Thubauville 2004: 103f.). 188 Diese achte Flöte Hii oder Mep war in dem aufgenommenen Pilea–Ensemble nicht

eingesetzt. Daher fehlen Maße und Tonhöhenangabe. 189 Eine ähnliche Form der Bezeichnung von Ensembleflöten kommt auch in anderen

Musikkulturen Afrikas vor. Die gedackten Einzellängsflöten Ngala der Mbre, eine Un-tergruppe der Banda aus der Zentralafrikanischen Republik, werden ebenfalls nach ih-rer relativen Tonhöhe im Ensemble benannt, das ebenfalls eine Art Familie repräsen-tiert. Zum Ensemble gehören außer den sechs Flöten auch Perkussionsinstrumente wie Rasseln und Metallschellen und vermutlich ein Querhorn aus Antilopenhorn (Arom/ Dournon 1986: 172f.)

Abbildung 111 Foto: T. Teffera

10.03.2005, Beneta

169

Tabelle 20: Pilea–Flötennamen und ihre Bedeutungen

Nr. Flötenname Übersetzung

1 Bo’ule oder U’uli ‚Ehemann’ 2 Meccho oder Macho ‚Ehefrau’ 3 Zolliti ‚ritueller bzw. politischer Führer“ 4 Anditto 5 Sheko 6 Teilo 7 Neo oder Haitzasi 8 Hii oder Mep 9 Maro–Kafo oder Mio „diejenigen, die zu Hause bleiben’

Die neunte und höhste Flöte Maro–Kafo oder Mio [= diejenigen, die zu Hause bleiben190] wird in den Pilea–Musikaufführungen selten genutzt. Im Verlauf der Aufführung wurden für die Stärkung bestimmter Tonhö-hen weitere zwei bis drei Flöten eingesetzt. Auch die neunte und höchste Flöte Maro–Kafo wurde gespielt, obwohl sie von den Musikern vor der Aufführung nicht vorgestellt wurde. Zum Pilea–Ensemble gehören des Weiteren etwa vier bis fünf Holzplat-ten, genannt Gaylo (Abb. 112) sowie Kürbisrasseln, deren Anzahl von einer Musikaufführung zur anderen variiert. Diese gewöhnlich in ovaler Form geschnitzten Holzplatten werden ebenfalls in unterschiedlichen Dimensionen vorbeireitet, deren Längen 20–40 cm, ihre Breiten 7–20 cm und ihre Dicken 2–5 cm betragen können. Feldforschung: Alle an der Musikaufführung des Pilea–Ensembles teil-genommenen Frauen und Männer gehören zu einer großen Familie, deren Familienoberhaupt der etwa 65 jährige Butto ist. Die Anthropologin, Sophia Thubauville, die über längere Zeit die materielle Kultur der Maale überwiegend aus dem Gongode–Dorf untersuchte, ermöglichte mir mit Butto den Kontakt aufzunehmen. Trotz der Tatsache, dass es keinen rea-len Anlass zum Musizieren gab, konnte ich dank des freundlichen Entge-genkommens von Butto und seiner Familie die audiovisuellen Aufnah-men sowie Interviews über Kultur und Menschen vor Ort durchführen. Kurz nach dem Beginn der Aufführung des Ensembles unterbrach die Gruppe das Spiel. Die Pilea wurden mit Wasser gefüllt und befeuchtet gefolgt von einer erneuten Prüfung ihrer Töne (Abb. 113a). Dieser Vor-gang wurde einige Male wiederholt, bis die passenden Tonhöhen erreicht wurden. Nach einer Weile wurde die Musikaufführung fortgesetzt. Die Spielweise der Pilea–Flöten ist im Prinzip ähnlich wie die bereits zuvor beschriebenen gedackten Längsflöten anderer Flötenensembles aus Ostafrika. Die Flöte wird gewöhnlich in der rechten Hand zwischen dem Zeigefinger und dem Daumen gehalten und gespielt (Abb. 113b). Die in dem Pilea–Ensemble verwendeten jeweils vier bis fünf Gaylo und Kürbisrassel191 werden rhythmisch geschlagen bzw. geschüttelt. Während dessen führen die weiblichen Spielerinnen ihren Körper gemeinsam mit der Gruppe der Pilea–Spieler synchron gestaltete Fußschritte aus. 190 Damit sind vermutlich Kinder und/oder ältere Menschen gemeint. 191 In der Aufnahme wurde zwar nur eine Kürbisrassel genutzt, aber laut den Musikern

können bis zu fünf solcher Rasseln eingesetzt werden. Diese hängt jedoch von dem ge-gebenen zeremoniellen Anlass ab.

Abbildung 112

Abbildung 113a

Abbildung 113b Fotos: T. Teffera

10.03.2005, Beneta

170

Am Anfang der Musikaufführung prüft jeder Musiker die Tonhöhe der Flöte, die er in der Hand hält. Danach wechselten einige Flöten ihren ersten Besitzer. Es dauerte eine Weile bis alle Teilnehmer sich für die „geeignete“ Flöte entschieden hatten und letztendlich mit der Musikauf-führung begannen. Während einer Pilea–Ensembleaufführung laufen die Musiker gewöhn-lich entweder in einem Kreis oder sie positionieren sich in zwei Reihen, indem sich beide Gruppen gegenüberstehen. Die erste Reihe wird meis-tens von den Pilea–Spielern und die zweite von den weiblichen Gaylo– und Rasselspielerinnen besetzt. Während des Reihentanzes stehen zunächst die Musiker an einem Punkt und stampfen abwechselnd mit den Füßen, indem sie gleichzeitig ihre Oberkörper nach links und nach rechts rhythmisch schwingen. Später beginnen beide Gruppen vorwärts zu schreiten bis sie sich in der Mitte des Tanzareals treffen. Unmittelbar danach folgen die Rückwärtsschritte bis zur ursprünglichen Position. Abbildung 114 veranschaulicht die ge-naue Aufstellung der aktiv und passiv in einer Pilea–Aufführung teil-nehmenden Personen. Die synchron gestalteten Bewegungsmuster konzentrieren sich insbeson-dere auf Fußschritte und weisen daher auffallende Gemeinsamkeiten mit zahlreichen Ensembleaufführungen ostafrikanischer Musikkulturen auf. Es besteht der Eindruck, dass neben den einheitlich ausgeführten Fuß-schritten aller Musiker, die Pilea–Spieler in bestimmten rhythmischen Abständen das Stampfen mit den Füssen sonderlich stark akzentuieren. Diese besonderen Akzente werden dann von den Gaylo–Schlägen simul-tan betont. Die Körperhaltung der Gaylo–Spieler ist auch insofern auffal-lend, weil sie diese Akzentuierungsmomente durch tief gebückter Hal-tung deutlich zum Ausdruck bringen. Dabei positionieren sie sich vor der ihnen gegenüberstehenden Flötengruppe (Abb. 115). Dies geschieht hauptsächlich in der Phase des Reihentanzes, wie die Beobachtung der Musikaufführung gezeigt hat.

Abbildung 114: Aufstellung der Teilnehmer während einer Pilea–Ensembleaufführung Variante I: Der Reihentanz

Aufführungsstil und Bewegungsmuster

171

Abbildung 115 Foto: T. Teffera 10.03.2005, Beneta

Während des Kreistanzes dagegen laufen vorwiegend die Flötenspieler um die Gaylo– und Rasselspielern herum für eine Weile, bis sie wieder den Reihentanz und die damit zusammenhängenden Bewegungsmuster ausführen. Die Gruppe der Zuschauer, die die Ensembleaufführung bisweilen mit Hände-klatschen begleitet, bildet ihren eigenen Kreis um alle Instrumentenspieler herum. In Abbildung 116 wird versucht, die bildhafte Aufstellung aller im Pilea–Ensemble aktiv und passiv teilnehmenden Menschen wiederzugeben (siehe auch Abb. 117). In der Pilea–Ensembleaufführung lösen sich die Instrumenten-spieler zudem oft gegenseitig ab, um nicht zu sehr zu ermüden, aber auch um abwechslungsreich beteiligt zu sein. Ähnlich wie zum Bei-spiel im Bol–Negero–Ensemble der Berta in Westäthiopien legen auch die Flötenspieler hin und wieder ihren linken oder rechten Arm auf den Rücken oder auf die Schulter (Abb. 118) der nebenan stehenden Spieler und sorgen somit für eine zusätzliche Visualisierung der einheitlichen Tanzausführung.

Abbildung 116: Aufstellung der Teilnehmer während einer Pilea–Ensembleaufführung

Variante II: Der Kreistanz im Uhrzeigersinn

Das Siedlungsgebiet der Maale gehört zu dem Omo–Gebiet. Es liegt etwa 38 km östlich von der Stadt Jinka, das Zentrum der hier lebenden zahlrei-chen Volksgruppen. Die Maale stellen eine der zahlenmäßig starken Volksgruppen dieses Gebietes dar192. Bei der Volkszählung im Jahre 1990 lag die Bevölkerungsanzahl bei ungefähr 50.000 Einwohnern, doch aufgrund der hohen Geburtenrate, die auch mit polygamen Ehen (ein Mann kann bis zu sechs Frauen heiraten) im Zusammenhang stehen, steigt die Zahl sehr rasant. Aufgrund der zurückgebliebenen Infrastruktur gibt es kaum Verbin-dungs– bzw. Zufahrtstraßen zu den verschiedenen Maale–Dörfern, ähn-lich wie viele andere Gebiete zahlreicher Volksgruppen des Süd–Omo–

192 Seit 1991 wurden sie nach ihrer ethnisch geographischen und sprachlichen Affinität

der Region Southern Nations, Nationalities, and People’s Region (SNNPR) zugeord-net. Das neue administrative Zentrum ist die Stadt Awassa, die etwas weiter nördlich liegt. Die neue Region des SNNPR ersetzt somit die ehemaligen Provinzen Illubabor, Sidamo, Keffa, und Shewa, wobei die ersten zwei Provinzen nur teilweise diesem Ge-biet angehören.

Siedlungsgebiet der Maale

172

Abbildung 117

Abbildung 118 Foto: T. Teffera 10.03.2005, Beneta

Gebietes, z.B. in das Gebiet der Mursi, Benna und Beshada. Aufgrund dieser sehr schlechten Pistenwege mangelt es zusätzlich auch an öffentlichen Transportmitteln. Daher bleibt nur die Möglichkeit die meistens irregulären privaten Lastkraftwagen und Kleinlaster zu mieten, um das Maale–Gebiet per Fahrzeug zu erreichen. Trotz der kurzen Strecke von 38 km dauerte die riskante Fahrt auf einem voll beladenem Kleinlaster mehrere Stunden. Genderbeziehung: Im Vergleich zu den bisher dargestellten Flötenensembles wie die der Berta, Gumuz und Ingessana, in denen die gedackten und grifflochlosen Längsflöten ausschließlich von Männern gespielt werden, nehmen Maale–Frauen aktiv in der Pilea–Ensembleaufführung auch als Flötenspielerinnen teil. In den aufgenommenen Musikaufführungen wurden zwei der acht Pilea–Flöten somit von Frauen gespielt, während weitere Frauen die Holzplatten Gaylo sowie eine Kürbisrassel zur Begleitung des Ensembles bedient haben. Die vor allem als ein wichtiges Rhythmusinstrument dienenden Gaylo werden nicht nur im Zusammenspiel mit den Pilea–Flöten, sondern auch in verschiedenen musikalischen Anlässen genutzt.

Das Pilea–Ensemble dient meistens den gemein-schaftlichen Unterhal-tungen der Maale. Es findet sowohl zu bestimmten Jahreszeiten, z.B. Erntefest, als auch zu verschiedenen rituellen und zeremoniellen Anläs-sen wie beispielsweise Regenanbetungen und Hochzeitsfeier statt. Nach aufwärts verlaufenden Intervallen geordnet erklingen in relativer Stimmung g3–g2–k2–g2–k2–Prime–g2. Die geringen Tonhöhenvarianten sind an den entsprechenden Stellen mit einem Plus– bzw. einem Minus-zeichen über den aus der temperierten Stimmung her bekannten Noten-namen angegeben. Die Herzangaben werden in Tabelle 21 aufgelistet. Im Vergleich zu den bisherigen abwärts verlaufenden Darstellungen der Flötentöne, wurden die Pilea–Flöten von einem Musiker in aufwärts ver-laufender Richtung der Reihe nach geblasen und vorgestellt. Die Tonhö-hen und ihre Frequenzbereiche sind in der Abbildung 119 dargestellt. Auch hier ermöglicht uns die Spektraldarstellung, die Grundfrequenz-bereiche der einzelnen Tonhöhen der Pilea–Flöten sowie die dazugehörigen weiteren Formanten deutlich zu sehen. Der maximale Frequenzbereich beträgt fast 3 kHz, während die Grundfrequenzspanne aller Flöten aufsteigend zwischen 292,13Hz und 611,96Hz liegt. Bei der näheren Untersuchung und Analyse der Filmaufnahme193 des Pilea–Ensembles konnte festgestellt werden, dass kurz nach Beginn der Musikaufführung eine weitere Pilea–Flöte hinzukam, die am Anfang von den Musikern nicht vorgestellt wurde. Es handelt sich möglicherweise um die Flöte Maro–Kafo, die neunte Flöte mit dem höchsten Ton f’’ und einem Frequenzbereich von ca. 733,05 Hz. In den Musikaufnahmen spielt diese Flöte offensichtlich eine zentrale Rolle. Es blieben jedoch einige Fragen offen, die zur Klärung des Gegenstandes gestellt werden müssten, denn leider wurde der Film erst später gesehen und analysiert.

193 Feldforschung in Äthiopien, Filmaufnahme, Video 07, 19:35–60:00 (Privatsammlung:

Teffera, Ostafrika/2005).

Funktion Stimmung

173

Tabelle 21: Hertzangaben der Pilea–Flöten

Nr. Flöten Tonhöhe/Cent

Hertz

1 Bo’ule d’ 292,13 2 Meccho f#’ 373,03 3 Zolliti g#’ 415,06 4 Anditto a’+ 450,08 5 Sheko h’ – 485,36 6 Teilo c’’ 520,05 7 Neo bzw.

Haitzasi

c’’ + 533,28

8 Mio d’’ + 611,96 Abbildung 119: Pilea-Ensembl: Flötenstimmung

Die Musikstücke des Pilea–Ensembles begleiten nur die traditionellen Tänze der Maale. Es handelt sich um Stücke mit kurzen und ständig wiederkehrenden melodisch–rhythmischen Zeilen. Die in der Flötenstim-mung dargestellten Tonhöhen weisen bis-weilen Abweichungen bei der gemeinsamen Musikaufführung auf. Auch diese mit dem räumlichen Aspekt der musikalischen Aufführung zusammenhängende Darstellung ist in den zuvor untersuchten Flötenensembles verschiedener ostafrikanischer Musikkulturen zu beobachten. Transkription/Analyse: Das Notenbeispiel 38 veranschaulicht einen kleinen Ausschnitt eines fest metrisierten Musikstückes gemeinsam mit einem bunten Diagramm. Die Darstellung gibt die 16 Elementarpulsation pro Durchgang und den Einsatz der einzelnen Instrumente des Pilea–Ensembles strukturell wieder. Jedes Instrument ist durch eine eigene Farbe dargestellt. Diese Form der Darstellung soll helfen, die rhythmischen und melodischen Beziehungen der Flöten zueinander unab-hängig von deren exakten Frequenz wahr-zunehmen. Parallel dazu ist der Vergleich mit der Transkription wesentlich einfacher. Das Musikstück wird wie gewöhnlich nach dem Hocketprinzip ausgeführt und verläuft von Anfang bis zum Ende weitgehend in der hier dargestellten Form. Abgesehen von den Pilea–Flöten werden die fünf Holzplattenpaare Gaylo und die Kürbisras-sel in einem überwiegend einheitlichen metro rhythmischen Mustern geschlagen, das meistens aus Zweiergruppen besteht. Unterschiedlich frei gestaltete Zeilen kommen im Verlauf der Musikauf-führung vor, die allerdings den vorgegebenen Rahmen von 16 Elemen-tarpulsen nicht überschreiten. Wie bereits bei der Darstellung des Bol–Negero–Ensembles der westäthi-opischen Berta erläutert, sind links die in dem Pilea–Ensemble beteilig-ten Musikinstrumente und ihre Frequenzen (Hz) angezeigt. Die vertikalen Linien beziehen sich auf die einzelnen Elementarpulsationen. Während alle Töne, die länger als eine Elementarpulsation (z.B. Achtelton) andau-ernd mit einer horizontalen Erweiterung der Linien zum Ausdruck ge-bracht werden, werden diejenigen Töne mit nur einem Elementarpulsati-on mit einem entsprechenden Punkt wiedergegeben. Ein wiederholtes Hören dieses Musikstückes erweckt auch den Eindruck, als seien die Pilea–Flöten in drei Gruppen und zwar Gruppe I mit den Flöten 1–4, Gruppe II für die Flöten 7–9 und Gruppe III für die Flöten 5 und 6 aufgeteilt. In der Ensembleaufführung kann jede Instrumenten-gruppe durch die charakteristischen melodisch rhythmischen Eigenschaf-

174

ten voneinander unterschieden werden. Diese selbstständigen Melodiezei-len sind insbesondere bei den Flötengruppen I und III eindeutig wahr-nehmbar. Beim Zusammenfügen der ersten vier Pilea–Flöten der Gruppe I ergebt sich daher die folgende Melodiezeilen und einer ihre Varianten (Notenbeispiel 39a).

Notenbeispiel 38: Pilea–Ensemble: Extrakt aus einem Musikstück (Elementarpulsation: 120 M.M.), Aufnahme: T. Teffera, 10.03.2005, Beneta–Dorf, Maale, Südäthiopien

Notenbeispiel 39a: Pilea–Flöten 1 – 4 (Gruppe I)

Im Vergleich zur Gruppe I, sieht die Melodiezeile der Flöten 7–9 aus der Gruppe III wie folgt aus (Notenbeispiel 39b):

175

Notenbeispiel 41: Melodiezeile und Varianten der Pilea-Flöten 5 und 6 (Gruppe II)

Notenbeispiel 39b: Pilea–Flöten 7 – 9 (Gruppe III)

Eine Besonderheit der Funktionen beider Flötengruppen besteht auch darin, dass die in den zwei Notenbeispielen (39a–b) dargestellten Melo-diezeilen und ihre Varianten sich gegenseitig ablösen bzw. im Wechsel gespielt werden. So entsteht eine Form des „Kanons“ wie diese im No-tenbeispiel 40 veranschaulicht wird.

Notenbeispiel 40: Rollenverteilung der Pilea–Flötengruppen I und III

Das Kästchen 2 der Gruppe I und die zwei Kästchen der Gruppe II weisen auf eine abgeschlossene Melodiezeile hin. Die halb offenen violetten Kästen dagegen, kennzeichnen den Anfang bzw. das Ende einer Melodie-zeile. So beginnen die Flöten der Gruppe III mit ihrer Melodiezeile (siehe Zeile 1), während sie ab der Hälfte dieser Zeile von der Melodiezeile der Gruppe I gefolgt werden (siehe Zeile 2). Wiederum ab der Hälfte der Melodiezeile beginnt die Gruppe III mit ihrem melodi-schen Einsatz usw. Die Pilea–Flöten 5 und 6 (Notenbeispiel 41) scheinen insbesondere die Enden der Melodiezeilen von Gruppe I und III zu betonen und sie insgesamt zu ergänzen. Die Tonhöhen h’ und c’’ tauchen meist in Zweiergruppen in verschiedener Form abwechselnd auf. Dadurch, dass Flöte 6 sowohl eine identische Melodiezeile als auch die gleiche Tonhöhe c’’ wie die Flöte 7 hat, er-klingt dieser Ton wesentlich stärker. Die Frage, ob die Rollenverteilung der Pilea–Flöten in der hier empfun-denen Art und Weise auch in der Musikkultur der Maale angewendet und verstanden werden, bleibt im Augenblick noch offen. Diese und andere wichtige Aspekte der musikalischen Darstellung sowie Techniken und Regeln des Pilea–Ensembles bedürfen einer intensiven und genaueren Untersuchung.

176

Abbildung120

Abbildung121

Fotos: T. Teffera 08.03.2005, Jinka

WOISSA–ENSEMBLE (Ari – Äthiopien) Name Klassifikation

Maße cm Zusatz

Synonyme Form, Material Form/Anordnung 421.111.21 L/D ohne Grifflöcher Woissa– Flötenspiel

sechs gedackte Längsflöten aus Bambus (Ari–Südäthiopien)

L = 18 – 31 ø = 2 – 2,4

zylindrisch, scharfe Kanten der Anblaslö-cher

Woyissa Weyssa

Woissa–Ensemble

1. Linga 18 2 2. Astimsa 20 2,2 3. Donkeri 23 2,2 4. Do’i 26 2,3 5. Lari 29 2,4 6. Kuli

31 2,2

Jede Flöte hat ihren eigenen Namen.

Yiccha Fußschelle aus Metall

Instrumente: Im Folgenden seien Woissa194 genannte grifflochlose Längsflöten aus Bambus beschrieben (Abb. 120). Diese in Sätzen von sechs Musikern gespielten Flöten besitzen unterschiedliche Längen zwischen 18 und 31cm und Durchmessern zwischen 2 und 2,4 cm. Jede Woissa–Flöte besitzt ihren eigenen Namen. Von der längenmä-ßig kleinsten Flöte aufwärts heißen sie 1. Linga, 2. Astimsa, 3. Don-keri, 4. Do’i, 5. Lari und 6. Kuli. Zum Woissa–Ensemble gehören auch die Yicca–Fußrasseln, die während der Musikaufführung von den Tänzerinnen an beiden Füßen getragen werden (Abb. 121). Eine Yicca wird aus mehreren kleinen Schellen gefertigt, die jeweils an einer gedrehten Schnur aus Pflanzenfasern befestigt werden, welche einzeln auf ein etwa 5 bis 8 cm breites Lederband geknotet sind. Die Musikaufnahmen des hier untersuchten Flötenensembles entstanden am 7. und 8. März 2005. Die Musiker kamen aus unterschiedlichen Dörfern und versammelten sich in Jinka, um die Musik auf die Woissa–Flöten zu demonstrieren. Daher wurden die Musikaufnahmen nicht während eines gewöhnlichen Anlasses durchgeführt. Vor Beginn einer Woissa–Aufführung nimmt jeder Musiker jeweils

eine Flöte in die Hand (Abb. 122) und überprüft den Ton. Während der Musikaufführung wurde beobachtet, dass einige von ihnen ihre Flöten untereinander austauschten, um auf der ihnen am besten liegenden Flöte zu spielen. Nach einer kurzen Aufwärmphase beginnt die Aufführung. Ähnlich wie beim Pilea–Ensembe der Maale aus dem benachbarten Ge-biet ist es auch im Woissa–Ensemble die Bildung eines Tanzkreises üb-lich, der meistens bereits vor Beginn der Musikaufführung spontan ent-steht. Die Musiker spielen ihre Flöten entweder an einem Platz stehend oder sie führen bestimmte Schrittbewegungen aus, die dem jeweiligen Musikstück angepasst sind. Dennoch halten sie sich immer eng beieinan-

194 Die Bezeichnung Woissa soll nicht mit der gleichnamigen Einzellängsflöte Woissa

(auch Woyissa und Weyssa) verwechselt werden, die bei den benachbarten Hamar, Benna und Beshada vorkommt. Die hier gewöhnlich solistisch verwendete Woissa–Flöte ist eine offene Bambusflöte mit vier vorderen Grifflöchern.

177

Abbildungen 122

Abbildungen 123a

Abbildungen 123b

Fotos: T. Teffera 08.03.2005, Jinka

der auf, um die Tonhöhen einzelner Flöten sowie die des gesamten Ensembles besser kontrollieren zu können (Abb. 123a–b). Neben den sechs Woissa–Spielern nehmen weitere Männer und Frauen mit Tanz, Gesang sowie Händeklatschen195 teil. Sie bilden einen weiteren Kreis um den der Flötenspieler herum. Einige der begleitenden Männer lösten bisweilen die Woissa–Spieler ab (Abb. 124a–b). In den von mir spontan durchgeführten Musikaufnahmen des Woissa–Flötenspiels waren nicht viele Menschen anwesend, da solche Ensembleaufführungen normalerweise zu besonderen Anlässen veranstaltet werden. Es gaben auch keine Zuschauer, weil zu dem Zeitpunkt viele von ihnen während der Ernteperiode auf den Feldern arbeiteten wie mein Ari–Informant Yinga (2005196) mir mitteilte. Die Aufstellung eines vollständigen Woissa–Ensembles mit Zuschauern würde demnach etwa wie in Abbildung 125 dargestellt, aussehen. Verbreitungsgebiet: Das Woissa–Ensemblespiel wird bei den Ari aus Südwestäthiopien gepflegt, die neben den zahlreichen Volksgrup-pen wie etwa die Karo, Hamar, Maale, Bodi, Bumi usw. zu den Bewohnern des so genannten Süd–Omo–Gebietes zählen. Ihr Haupt-siedlungsgebiet umfasst die Orte Jinka, Gazer, Gofa, wo sie kulturell und wirtschaftlich stark vertreten sind (Yintiso 1995: 8 und 11). Die Ari gehören zu den bislang kaum erforschten Gemeinschaften in Äthiopien. Es liegen zwar einige anthropologische und sprachwissen-schaftliche Arbeiten zur Verfügung, doch der Stand der Forschung ist nicht als aktuell einzustufen. Dies gilt auch für ihre traditionelle Musik– und Tanzpraktiken.

Abbildung 124a

Abbildung 124b

Fotos: T. Teffera 08.03.2005, Jinka Das Woissa–Ensemble wird für die Begleitung der traditionellen Gesänge und Tänze der Ari verwendet, wobei die Flöten ausschließlich von Män-nern geblasen werden. Solche Musikveranstaltungen, an denen alle Ge-meinschaftsangehörigen teilnehmen können, finden zu verschiedenen sozialen und kulturellen Gelegenheiten statt.

195 Feldforschung in Jinka, Südäthiopien, 08.03.2005; Sammlung: Teffera, Äthiopien,

2005 Video–05 von 1:41–22:46; Privatsammlung. 196 Gespräch und Interview mit Gedisha Yinga, 08.03.2006, Jinka, Südäthiopien.

Genderbeziehung

178

Tabelle 22: Hertzangaben der Woissa–Flöten

Nr. Flöten Tonhöhen/Cent Hertz

1 Linga h’ + 28 Cent 501,7 2 Astimsa a#’ – 31 Cent 457,0 3 Donkeri g#’– 47 Cent 404,85 4 Doi f#’+ 16 Cent 373,95 5 Lari e’ –36 Cent 322,52 6 Kuli d + 32 Cent 149,59

Abbildung 126: Woissa–Flötenensemble: Stimmung

Abbildung 125: Aufstellung der Teilnehmer einer Woissa–Ensembleaufführung

Flötenstimmung: Die Tonhöhen der sechs Woissa–Flöten wurden von den Musikern in abwärts verlaufender Reihe, d.h. von der längenmäßig kleinsten zu der größten Flöte vorgestellt und gespielt. Die Intervallverhältnisse dieser Tonhöhen sind ungefähr k2–g2–g2–g2–g2. In Tabelle 22 wur-den die genauen Cent–Angaben aufgelistet. In Abbildung 126 zeigt das Spektralbild die einzelnen Tonhöhen der Woissa und ihre Fre-quenzbereiche. Die Ari–Polyphonie: Als Ergebnis des hier un-tersuchten Woissa–Ensembles konnten markante Eigenschaften im Musizierstil der Ari festgestellt werden, die sie von anderen Ensembles unterscheiden. Zunächst wird ein zyklisch aufge-bauter Melodieabschnitt aufgeführt. Gemeinsam mit den Instrumentenspielern bewegen sich die begleitenden Frauen und Männer tänzerisch in einem Kreis. Kurz nach Beginn des Musikstückes fängt die Frauengruppe an, in zwei Gruppen aufgeteilt mehr-stimmig zu singen. Das polyphonische und polymetrische Gebilde ist nicht Ton für Ton parallel gestaltet, sondern jeder Teil besitzt einen eigen-ständigen melodisch rhythmischen Ablauf von unter-schiedlicher Länge. An einem bestimmten Punkt wird das Flötenspiel

abrupt unterbrochen. Danach singen die Flötenspieler unisono eine kurze Phrase, wobei sie von den weiteren männlichen Begleitern unterstützt werden. Dieser Gesangsabschnitt besteht aus kurzen, ebenfalls zyklisch wiederkehrenden Melodie– und Textzeilen, die vor allem von textredun-danten Silben dominiert sind. Dieser Gesangsabschnitt wird zusätzlich von heftigen und synchron gestalteten Fußstampfern der männlichen Teilnehmer besonders hervorgehoben. Nach Beendigung dieses kurzen Zwischenspiels beginnt das Flötenensemble wieder den nachfolgenden Musikabschnitt zu spielen.

179

Im Vergleich zu anderen Musikkulturen Äthiopiens, in denen die allge-mein verbreiteten gemeinschaftlichen Gesänge monodisch in unterschied-lichen Oktavregistern; d.h. Frauen–, Knaben– oder Männerstimmen vor-getragen werden, spielt in der Ari–Musik die Mehrstimmigkeit eine zent-rale Rolle. Die Ari–Polyphonie ist in den vokalen und instrumentalen Musikstücken und in den polymetrischen und –rhythmischen Strukturen deutlich auszumachen. Es handelt sich hierbei um vielschichtige melodi-sche und rhythmische Muster, die sich überlappen oder überkreuzen. In Ost–, Süd– und Zentralafrika begegnen uns auch zahlreiche Musikkul-turen, die für ihre mehrstimmige Musik bekannt sind. Es existieren unter-schiedliche Mehrstimmigkeitsformen, die ihre eigenen Merkmale und musikalische Regeln besitzen. Diese sind für musikethnologische Studien von besonderer Bedeutung. Musikkulturen, die mehrstimmige Musik pflegen, können sprachlich, religiös und historisch sehr unterschiedliche Wurzeln haben. Dieses Phänomen kann auch innerhalb eines Landes beobachtet werden. Über die Mehrstimmigkeit in afrikanischen Musikkulturen stehen uns einige wissenschaftliche Arbeiten zur Verfügung, z.B. von Blacking (1967), Kubik, (1968, 1982, 1983d) und Nketia (1967). Unter den Tradi-tionen mit mehrstimmiger Musik in Ostafrika seien beispielsweise die Wagogo und Wapanga Zentral– und Südwesttansanias und die südäthio-pischen Dorze, Gidole, Gimira und Maji genannt.

VYLANZI–Ensemble (Zamaro – Tansania)

Name Klassifikation

Zusatz

Form, Material Maße /cm Form/Anordnung

Synonyme 421.111.21 L/D ohne Grifflöcher

Vylanzi–Flötenspiele

gedackte Längsflöten aus Bambus

(Zamaro – Küstenregion/ Tansanias)

variabel zylindrisch, scharfe Anblaskanten

Das Wort Viylanzi bezeichnet grifflochlose und gedackte Längsflöten aus Bambus, die in Sätzen gespielt werden. Sie betragen unterschiedliche Dimensionen in ihren Längen und Durchmessern. Die Viylanzi werden nur von Männern gespielt und sie dienen der Beglei-tung des Mbeta genannten, traditionellen Tanz. Das Viylanzi–Ensemble wird außerdem von Perkussionsstöcken und Rasseln ergänzt (Kubik 2001: 85). Es sei bemerkt, dass diese und andere traditionelle Musikprak-tiken wie beispielsweise Initiationstänze sowie Musikinstrumente, etwa das Xylophon, den arabischen Einfluss in diesem Gebiet überlebten und daher auch heute trotz beobachtbarer Veränderungen größtenteils in ihrer überlieferten Form existieren (Kubik ebd.). Die Viylanzi–Ensembleaufführung ist bei den Zaramo bekannt, die zur Ostzentral–Bantugruppe gehören und in Zentraltansania sowie in dessen Küstenregion leben. Die mündliche Überlieferung geht davon aus, dass die Vorfahren der Zaramo ungefähr Anfang des 18. Jahrhunderts aus östlicher Richtung und zwar aus den Gebirgsgegenden Luguru und Kutu in ihr heutiges Sied-

Funktion und Genderbeziehung

Verbreitungsgebiet

Ergologie

Genderbeziehung

180

lungsgebiet einwanderten. Handels– und Sklavenkarawanen durch das Zaramo–Gebiet in Richtung des Tanganyika–Sees ermöglichten ihnen den Kontakt mit dem Islam. Dadurch wurde ihr alter traditioneller Glaube an dem obersten Gott Mulungu, der eng mit dem Regen verbunden wird, allmählich zurückgedrängt. Die Zaramo sind überwiegend mit der Land-wirtschaft beschäftigt. Fischerei und Jagd, die in früheren Zeiten eine Rolle spielten, wurden im Laufe der Zeit durch Viehzucht abgelöst. In der AMA–Ausgabe von Hugh Tracy197 befindet sich ein Klangbeispiel eines Vylanzi–Ensembles mit 13 Flöten, zwei Reibstäben und einer Ge-fäßrassel, die einen Wechselgesang mit einem gemischten Chor begleitet. Nach Tracy hält jeder Musiker eine Vylanzi–Flöte mit Ausnahme des Gruppenleiters. Dieser bedient die drei höchsten Flöten gleichzeitig, in-dem er sie ähnlich wie eine Panflöte vor dem Mund positioniert. Die Gruppe der Instrumentalisten bewegt sich in einem Kreis, ein häufig vor-kommendes Phänomen vieler ähnlicher Ensembleaufführungen. Die von den Vylanzi erzeugten Tonhöhen gibt Tracy mit Hilfe von Cents: 584–520–440–392–336 und 292 an und bemerkt, dass der Tonumfang dieser „pentatonischen“ Skala einen Tonumfang von mehr als zwei Oktaven besitzt. Jedoch kann man aus diesen eher groben Angaben nicht viel Er-gebnis erzielen. In dem zur Verfügung stehenden Musikstück dieser Aufnahme kann man zunächst den festmetrischen Wechselgesang der Männer hören, der von den Reibstäben und der Gefäßrassel begleitet wird. Nach wiederholtem Hören dieses Gesangs konnten somit die Tonhöhen D–F–G–A–c’–d’–f’–g’–a’ festgestellt werden (Notenbeispiel 42).

Notenbeispiel 42: Vylanzi–Ensemble mit Gesang, Aufnahme von Hugh Tracy 1950, LP, Signatur P–656, Seite B, Nr. 2 (hier in der Gesangsmelodie verwendete Tonhöhen)

Nach den ersten fünf Tonhöhen kommen stets die Wiederholungen dieser jeweils eine Oktave höher. Somit ist zu vermuten, dass fünf Töne (abge-sehen davon auf welchem Oktavregister sie erklingen) als feste Tonhöhen für die Melodiebildung eine wichtige Rolle spielen. Der Ton G scheint dabei als Grundton zu fungieren. Er kommt unter anderem am Ende von Gesangszeilen als einen Schlußton vor. Eine Weile später setzt sich die Gruppe der Vylanzi–Spieler ein und führt im Hocketmuster kurze Melodiephrasen, die man oft von solchen En-sembleaufführungen gewohnt ist. Wie die Gesangsmelodie, scheinen auch die von den Flöten gespielten Tonhöhen sich hauptsächlich auf die

197 AMA: The Sound of Africa; Tanzania Instruments Tanganyika 1950 TR–158; ILAM

52/1/1; Signatur: P–656, siehe Klangbeispiel auf S–B, Nr. 2; Titel: Chansi Cha Nzige; Sammlung: Phonogramm–Archiv der Abteilung Musikethnologie des Museums für Völkerkunde Berlin.

181

oben dargestellten fünf Töne zu basieren198, die ebenfalls in höheren und tieferen Oktavlagen vorkommen bzw. wiederholt werden.

2.3.4. Gedackte Längsflöten mit Grifflöchern

Die hier untersuchten gedackten Einzellängsflöten mit Grifflöchern wer-den auf Grund ihrer besonderen Form gesondert behandelt. Sie weisen durchweg konische Röhren auf und werden vom weiten Ende her gebla-sen. Die Randbearbeitungen der breiten Anblasöffnungen können entwe-der eine scharfe Kante oder konkave Ausschnitte haben, die gewöhnlich mit Hilfe von Teer, Harz oder Bienenwachs entsprechend verkleinert werden. Für die Herstellung dieser Flöten werden als Material u.a. Tier-horn, Elfenbein, Holz, Kalebasse und in einigen wenigen Ausnahmen auch Ton verwendet. Doch Instrumente aus Holz und Tierhorn sind in der Mehrzahl, wobei es sich bei den Tierhörnern oft um Wasserbock–, Anti-lopenhörner und zwar Impala– (Aepyceros Melampus199) oder der Kuhan-tilope (Alcelaphus Buselaphus200) handelt, die in Afrika zu Hause sind. Bei einigen der untersuchten Flöten aus Holz sind die Röhrenwände mit eingeritzten oder eingebrannten Mustern dekoriert. Es kommt auch vor, dass die Röhren oft mit dickem Metalldraht abstandweise umwickelt werden. In einigen Fällen werden über die spitzen Rohrenden leere Pat-ronenhülsen, Metallringe oder Pflöcke verwendet, um wahrscheinlich mögliche Öffnungen zu schließen. Das Verbreitungsgebiet dieses Flötentyps in Ostafrika umfasst überwie-gend Nord– und Zentraluganda, den Südsudan sowie Kenia. In diesem Zusammenhang sind die nilotischen Lango, Acholi und Alur aus Nord–, Nordwest– und Zentraluganda als Beispiel zu nennen. Nach Sempeke (2005201) waren in früheren Zeiten ähnliche Flöten dieses Typs bei den Baganda und bei einigen aus dem Süden eingewanderten Völkern Ugan-das als Soloinstrumente in Gebrauch. Heute ist ihre Verwendung zuneh-mend seltener geworden. Des Weiteren seien eine Reihe im West– und Südsudan lebende Volksgruppen erwähnt, etwa die Bongo aus dem Dist-rikt Tonj der Region Bahr–El–Ghazal und die Bari aus dem Grenzgebiet des Südsudans und Nordugandas. Aus Tansania können unter anderem die Chagga, Wasamba, Wapangwa, Walugru, Wakisi, Wamanda und die Wagogo mit dem Gebrauch solcher 198 Die Vylanzi–Tonhöhen liegen allerdings um einige Cents höher als die Gesangmelodie. 199 Der Impala (auch Schwarzfersenantilope genannt), der vor allem die offene Savanne

als Lebensraum bevorzugt, lebt in Kenia, Uganda, Tansania, Sambia, Mosambik, Sim-babwe, Botswana, im nördlichen Südafrika sowie entlang der Grenzen zwischen Ango-la und Namibia (siehe auch http://de.wikipedia.org/wiki/Impala).

200 Die Kuhantilope (Alcelaphus Buselaphus) gehört zu den afrikanischen Antilopenarten (Alcelphinae). Die Hörner beider Geschlechter weisen eine sehr eigenartige Form auf, die diese Antilopenart unverwechselbar macht. Sie wachsen aus einem gemeinsamen Stamm und biegen sich dann nach außen und oben in Form einer Leier. Ihre Länge kann bis zu 70 cm betragen (siehe auch http://de.wikipedia.org/wiki/Kuhantilope).

201 Gespräch mit Albert Sempeke, ehemaliger Hofmusiker der Baganda am 19. Mai, 2005.

Allgemeines

Verbreitungsgebiet

182

Flöten identifiziert werden. Außerhalb Ostafrikas kommen diese Flöten bei zahlreichen Völkern Zentral–, Süd– und Westafrikas vor. Zur Gegen-überstellung der in Ostafrika verwendeten Flöten wurden ähnliche Flöten aus Kamerun herangezogen, die in den Musikkulturen der Bamum, Koma und Dupa anzutreffen sind. Das Völkerkundemuseum in Wien bewahrt eine Reihe ähnlicher Föten auf, die aus verschiedenen Gebieten Ost– und Westafrikas stammen. Für einen besseren Überblick werden alle zu dieser Gruppe gehörenden Flöten in Tabelle 23 aufgelistet und danach einzeln untersucht:

Tabelle 23: Ostafrika: Gedackte Längsflöten mit Grifflöchern

Instrument

GF Maß in cm Material Verbreitungsgebiet Volksgruppe/Land

Flöte n.n. der Bongo 1 40 Holz Bongo / Sudan Flöte n.n. der Idio (?) 2 40 Holz Idio / Sudan Flöte n.n. – Sudan 2 40 Holz Weißer Nil Oberlauf / Sudan Flöte n.n. der Bamum, Koma und Dupa

1–3 8 – 14 Holz, Horn Bamum, Koma, Dupa / Kamerun

Kiluka, Kalur, Kilu 1– 2 ca. 9 Kalebasse Alur, Acholi / Uganda Otule–Ensemble 2–4 variabel Lango / Uganda

GF = Griffloch bzw. Grifflöcher

FLÖTE n.n. (Bongo, Idio und Weißer Nil Oberlauf – Sudan ?)

Hier wird eine gedackte Längsflöte aus Holz vorgestellt, die eine Länge von 40 cm und ein Durchmesser von 1,2 bis 3 cm beträgt (Abbildungen 127a–c). Ein vorderständiges Griffloch ist an der unteren Hälfte des Rohrs gebohrt. Die Randbearbeitung besitzt konkave Ausschnitte. Das Rohr ist an drei Stellen mit Metallringen umwickelt, während ein Anhän-ger aus Lederriemen an der oberen Rohrhälfte festgebunden ist.

a b c

Abbildungen 127 a – c: Flöte der Bongo, Inv.–Nr.: 005176, Sammler: Friedland (1877) Diese im Völkerkundemuseum Wien aufbewahrte Längsflöte kommt bei den Bongo aus dem Sudan vor, die aufgrund historischer Umstände heute in mehrere Subgruppen unterteilt in verschiedenen Gebieten des Landes verstreut leben. Die Hauptursachen dafür sind zum einen die Invasion der Azande aus Südwestsudan und zum anderen der arabische Sklavenhandel im 19. Jahrhundert. Die zahlenmäßig stärkste Gruppe der Bongo bewohnt

Flöte der Bongo

183

a

Abbildungen 128a–b Fotos: T. Teffera,

den Distrikt Tonj in der westsudanesischen Region Bahr El Ghazal. Über die traditionelle Musik dieser Volksgruppe ist bislang nichts bekannt. Flöte der Idio: Die in den Abbildungen 128a–b veranschaulichte Längs-flöte ist wahrscheinlich aus einem Ziegenhorn gefertigt. Sie besitzt zwei Grifflöcher. Ein drittes Loch scheint offensichtlich an der falschen Stelle gebohrt und mit Bienenwachs oder Teer wieder verschlossen worden zu sein. Die Länge der Flöte beträgt 20 cm und das Durchmesser 3,5 cm. Im Vergleich zu den oft konkav ausgeschnittenen Blaslöchern, ist bei dieser Flöte eher ein v–förmiger Ausschnitt an den Vorder– und Rückseiten feststellbar. Diese offensichtlich optisch ungewöhnliche Flöte macht den Eindruck, dass die Grifflöcher nicht wie üblich vorderständig gebohrt worden sind. Wenn also der Musiker seine Lippen nur an dem tiefen V–Ausschnitt stützend auf der Flöte spielen soll, können die Grifflöcher demnach nur seitlich bedient werden. Eine andere Spielposition scheint völlig unmöglich zu sein. Den Katalogangaben zufolge ist als Volksgruppe der Name Idio aus dem Sudan vermerkt. Jedoch konnten trotz gründlicher Recherchen die Idio als eine Volksgruppe nicht gefunden werden. Daher bleibt es zunächst ungeklärt, wer die Idio sind oder waren. Abbildungen 129a–b zeigen eine gedackte Längsflöte aus Holz, die eine etwa 31 cm Länge mit ein Durchmesser von 2 cm besitzt. Ähnlich wie die zuvor untersuchte Flöte der Idio (?), ist mit zwei vorderständigen Grifflöchern ausgestattet. Das Rohrende ist mit Metallringen umwickelt. Aufgrund der eigenartigen Gestalt der oben untersuchten drei Flöteninstrumente, kommen berechtigte Zweifel zum Vorschein. Sind es tatsächlich Flöten oder eventuell doch Trompeten? Zur Klärung dieser Frage wurden die entsprechenden Bilder (Fotos) mit den dazu gehören-den Daten aus den Karteikarten sowie meine schriftlichen Kommentare den erfahrenen Afrikaforscher Gerhard Kubik vorgestellt (2006202). Ku-bik vermutet, dass es sich wahrscheinlich um längs geblasene Flöten (Kerbflöten) handeln könnte. Insbesondere die Flöten, deren Randbear-beitun- gen konkav ausgeschnittene Ecken aufweisen sind von Südsu-dan bis nach Norduganda verbreitet. Daher ist es auch davon auszuge-hen, dass einige im Norduganda lebende Volksgruppen diesen Flötentyp heute noch verwenden. Ferner bemerkt Kubik, dass ihm Bongo und Idio genannte Volksgruppen nicht bekannt sind.

a b c

Abbildungen 129a–c: Foto: T. Teffera, 17.05.2006 Wien

202 Email Korrespondenz 15.11.2006.

184

Bei Sachs (1975: 260) hingegen, wird die Bongo–Gemeinschaft (hier Ostsudan als Siedlungsgebiet angegeben) im Zusammenhang mit Griff-lochtrompeten bzw. –hörnern (oft Antilopenhörner) erwähnt, die sie in früheren Zeiten in ihrer Musikkultur benutzten. Die Instrumente besitzen laut Sachs drei Grifflöcher. Dies stellt jedoch eine besondere Ausnahme für das ostafrikanische Gebiet – vermutlich aber auch für den gesamten afrikanischen Kontinent – dar, weil die hier vorkommenden Trompeten und Hörner meistens ohne Grifflöcher gefertigt werden. Aufgrund dessen bleibt es insgesamt ungewiss, ob es sich bei den hier veranschaulichten Musikinstrumenten um Flöten oder Trompeten/Hörner handelt. Flöten des in diesem Abschnitt behandelten Typs sind nicht nur in Ostaf-rika, sondern auch in zahlreichen Musikkulturen Zentral–, Süd– und Westafrikas anzutreffen. Beispielsweise berichtet Ankermann (1901: 36ff.) von gedackten Längsflöten aus Kongo, Ghana und Kamerun, die sich im Völkerkundemuseum Berlin befinden. Zur optischen und instru-mententechnischen Gegenüberstellung werden im Folgenden einige Ex-emplare aus der Instrumentensammlung des Völkerkundemuseums Wien vorgestellt, die bei den Bamum, Dupa und Koma aus Kamerun vermut-lich auch heute noch in Gebrauch sind.

FÖTEN n.n. (Bamum und Dupa – Kamerun) Name Klassifikation

Zusatz

Synonyme Form, Material Maße / cm Form/Anordnung

Flöten 421.111.22 L/D mit Grifflöchern

Abb. 130a gedackte Längsflöte aus Holz , Nr. 128364 (Dupa – Kamerun)

L = 10,5 ø = 5,5

konisch, Rohr verjüngt sich zum Ende hin zunehmend, ein vorderes Griffloch, Anblasöffnung = scharfe Schneide

Abb. 130b gedackte Längsflöte aus Holz, Nr. 128436 (Dupa – Kamerun)

L = 8,4 ø = 5

konisch, Rohr verjüngt sich zum Ende hin zunehmend, zwei vordere Grifflöcher, Anblasöffnung mit konkav ausgeschnitten Ecken versehen

Abb. 130c gedackte Längsflöte aus Holz, Nr. 136298 (Bamum – Kamerun)

L = 12 ø = 5,5

konisch, Rohr verjüngt sich zum Ende hin zunehmend, drei vordere Grifflöcher, Anblasöffnung mit konkav ausgeschnitten Ecken versehen

Abb. 131 a–b gedackte Längsflöte aus Horn, Nr. 128397 (Koma – Kamerun)

L =25 ø = 2,2–5

konisch, Rohr verjüngt sich zum Ende hin zunehmend, ein vorderes Griffloch, Randbearbeitung scharfe Kante

Abb. 131 c gedackte Längsflöte aus Horn, Nr. 054448 (Bamum – Kamerun)

L = 14 ø = 2–5

konisch, Rohr verjüngt sich zum Ende hin zunehmend, ein vorderes Griffloch, Randbearbeitung scharfe Kante

185

Die in den Abbildungen 130 und 131a–c (Inv.–Nrn.: 128364, 128436 und 136298, Sammler: Alfred Weidholz 1939 und Ernst Zwilling 1956) dar-gestellten Längsflöten aus der Sammlung Völkerkundemuseum Wien sind aus Holz und aus Tierhorn gefertigt. Ihre Längen liegen zwischen 8 und 25 cm, ihre Durchmesser zwischen 1,8 und 5,5 cm.

a

b

c

Abbildungen 130a–c: Fotos: T. Teffera, 17.05.2006, Wien

Die konischen Röhren und die konkav geschnittenen Anblasöffnungen scheinen markante Eigenschaften dieser Flöten darzustellen. Einige we-nige Flöten weisen allerdings auch scharfe Anblaskanten auf. Die Griff-lochanzahl liegt zwischen 1 und 4. Über die Art und Weise der Tonerzeugung, der Spieltechnik und der mu-sikalischen Funktionen dieser Instrumente stehen uns keine weiteren Einzelheiten zur Verfügung.

a

b

c

Abbildungen 131a–b: Flöte der Bamum, Inv.–Nr.: 128397, Sammler: Alfred Weidholz (1939), 131c: Flöte der Bamum (?), Inv.–Nr. 054448, Sammler: Uechtritz Passarge (1895) Sammlung: VKM Wien, Fotos: T. Teffera, 17.05.2006, Wien

186

KILUKA, KILU, KALUR (Alur, Acholi – Uganda)

Name Klassifikation

Zusatz

Synonyme Form, Material Maße / cm Form/Anordnung

Kiluka 421.111.12 L/D mit Grifflöcher

Kilu Kalur

gedackte Längsflöte aus Kalebasse (Alur und Acholi – Uganda)

L = ca. 9 ø = ca. 3,5

konisch, Rohr zum unteren Ende hin zunehmend schmal verlaufend, ein vorderes Griffloch, Blasloch mit konkav ausgeschnitten Ecken versehen

Die Kiluka bzw. Kalur und Kilu genannte gedackte Längsflöte wird meis-tens aus Kalebassenspitzen hergestellt. Sie besitzt nur ein vorderständiges Griffloch (Wachsmann / Trowell 1953: 346f.). Beim Spielen der Flöte kann man sowohl die untere Öffnung als auch das einzige Griffloch zur Erzeugung unterschiedlicher Tonhöhen benutzen. Ambituserweiterungen können eventuell auch durch Überblasen und durch unterschiedliches Positionieren der Lippen möglich werden (Wachsmann ebd.). Die Kiluka–Flöte kommt bei den Alur und Acholi Völkern Nordwest– und Zentralugandas vor. Während die Bezeichnung Kiluka von den Alur verwendet wird, ist sie bei den Acholi als Kilu bekannt.

OTULE–Ensemble (Lango, Alur – Uganda) Name Klassifikation

Zusatz

Synonyme Form, Material Maße / cm Form/Anordnung

Otule– 421.111.22 L/D mit Grifflöchern

Flötespiele fünf und mehr gedackte Längsflöten aus Tierhorn oder Ton (Lango und Alur – Uganda)

L = ca. 6 – 65 ø = ca. 2,5–5

knonisch, Rohr verjüngt sich zum Ende hin, 2–4 vordere GF, Anblasöffnungen haben konkav ausgeschnitzten Ecken,

Variante I: Standard

L = ca. 6 – 65 ø = ca. 2,5–5

jede Flöte hat seine eigene Bezeichnung

Adum 1. Atin–Bilo (2 mal) Kinderflöte Adange 2. Adadang (1 mal) mittlere Flöte ? Otule 3. Min–Bilo (2 mal)

Mutterflöte

Variante II: Lango–Nord L = ca. 6–65 ø = ca. 2,5–5

1. Atin Kinderflöte 2. Aryem Kinderflöte 3. Atong mittlere Flöte ? 4. Mine

Mutterflöte

Variante III: Lango–Süd L = ca. 6–65 ø = ca. 2,5–5

1. Aryem Kinderflöte 2. Atin Kinderflöte 3. Adyere mittlere Flöte ? 4. Atong mittlere Flöte ? 5. Alub–Mine mittlere Flöte ? 6. Mine

Mutterflöte

Ergologie Spielweise Verbreitungsgebiet

187

Abbildung 132 Otule aus Tierhörnern, Wachsmann /

Trowell, 1953: 362, Tafel 81a

Variante III: Lango(?)

Maßangaben nach Wachsmann / Trowell

(1953:346) 1. Adwili–Bilo (1 mal) L = ca. 6 schriller Ton 2. Atin–Bile (2 mal) L = ca. 6 Kinderflöten 3. Acok–Bile (2 mal) L = ca. 9 Flöten, die als erste „aufhören“1 (?) 4. Adum–Bile (2 mal) L = ca. 18 interpretierende Flöten 5. Adang–Bile (2 mal) L = ca. 24 ? 6. Min–Bilo (1 mal)

L = ca. 50 Mutterflöte

Die im Folgenden beschriebenen gedackten Längsflöten (Abb. 132) wer-den gewöhnlich aus dem Horn eines Wasserbocks (Kobus Ellipsiprym-nus203) sowie aus verschiedenen Antilopenhörnern in unterschiedlichen Dimensionen hergestellt. Bei den großen Flöten, die eine Länge von bis zu 65 cm betragen, werden Hörner erwachsener Wasserböcke des Typ Tragelaphus verwendet. Dagegen werden für den Bau der mittleren und kleinen Flöten, die eine durchschnittliche Länge von 6–18 cm besitzen können, Hörner jüngerer Wasserböcke oder die bestimmter Antilopenar-ten bevorzugt, die in Afrika beheimatet sind. In diesem Zusammenhang kommen z.B. die mittelgroße afrikanische Antilope Impala (Aepyceros Melampus) und die Kuhantilope (Alcelaphus Buselaphus) in Frage, die insbesondere durch ihre kurzen und sehr festen Hörner von anderen Anti-lopenarten unterschieden werden können (Driberg 1923: 123f.). Diese zu den Otule-Ensembles gehörenden Längsflöten werden in Sätzen hergestellt. Sie sind alle konisch im Rohrverlauf und haben an der Anblasöffnung konkave Ausschnitte. Aufgrund der Tatsache, dass durch die natürliche Form der Hörner die Anblasöffnungen oft zu breit sind, werden diese mit Harzklumpen oder ähnlichen Materialien auf eine passende Dimension verkleinert. Stimmung: Basierend auf der von den einzelnen Otule erzeugten Tonhöhen, geordnet in hoch, mittel und tief, werden unterschiedliche Bezeichnungen verwendet. Von der längen-mäßig kleinsten Flöte in aufwärts verlaufender Reihenfolge heißen sie daher 1. Atin–Bilo oder Adum „Kinderflöte“ bzw. „hohe Flöte“, 2. Adadang oder Adange „mittlere Flöte“ und 3. Min–Bilo oder Otule „Mutter– bzw. Bassflöte“ (Wachsmann / Trowell 1953: 346). Driberg (1923: 123f.) klassifiziert sie auch zusätzlich als Sopran–, Tenor– und Bassflöten. Die in Abbildung 133 veranschau-lichten fünf Längsflöten gehören zu einer Standardbesetzung des nach der „Mutterflöte“ genannten Otule–Ensembles. In einigen Fällen jedoch kön-

203 Der Wasserbock, der zur Unterscheidung von anderen Arten der Gattung Kobus auch

als Gemeiner Wasserbock bezeichnet wird, gehört zu den afrikanischen Antilopen. Es kommen zwei Unterarten des Wasserbocks vor, die als Ellipsenwasserbock (K. e. El-lipsiprymnus) und Defassa–Wasserbock (K.e. Defassa) bekannt sind. Als Verbrei-tungsgebiet der ersten Art seien Südafrika, Botswana, Mosambik, die Savannen Ostaf-rikas bis hin nach Äthiopien und Somalia zu nennen. Die zweite Art dagegen kommt überwiegend in West– und Zentralafrika vor, wobei das Verbreitungsgebiet sich vom Senegal bis in den Sudan und von dort in südlicher Richtung über dem Kongogebiet bis nach Angola erstreckt. Das Horn des Männchens, das bis zu 80 cm wachsen kann, ist stark geriffelt und leicht nach hinten gebogen (für eine Detailbeschreibung siehe http://de.wikipedia.org/wiki/Wasserbock)

Ergologie

188

b

b

c

Abbildungen 133a–c

Abbildung 134: Wachsmann / Trowell 1953: 362, Tafel 81c

nen bis zu zehn Flöten in einem solchen Ensemble eingesetzt werden wie die weiteren Untersuchungen zeigen. Die Flöten besitzen 2–4 vorderständige Grifflöcher (Wachsmann/

Trowell 1953: 346), die entweder mit einer heißen Eisenstange oder mit der Spitze eines Speeres gebohrt werden. Das Bohren von Grifflöchern erfolgt nach ungefähren Schätzungen, die vor allem auf langjähriger Erfahrung eines jeden Instrumenten-machers basieren. Das an einer „falschen“ Stelle gebohrte Griffloch wird mit Bienenwachs oder ähnlichen Materialien wieder verschlossen. An einer anderen Stelle wird dann ein neues Loch fixiert (Driberg 1923: 123f.). Im Pitt–Rivers Museum in Oxford befindet sich die Bassflöte Min–Bilo bzw. Otule (Abb. 133a–c: Inv.–Nr. 1925.14.14, Sammler: J.H. Driberg, 1925, Sammlung / Fotos: PRM, Oxford), die drei vorderständige Grifflöcher hat und eine Länge von ca. 62 cm aufweist204. In Ausnahmefällen können die Otule auch aus Ton hergestellt werden (Abb. 134). Dies geschieht meistens nur dann, wenn dem Instrumentenmacher keine passenden Tierhörner zur Verfügung stehen. Das National Museum of Uganda in Kampala205 bewahrt drei Tonflöten in unterschiedlichen Dimensionen auf, die wahrschein-lich zu einem Otule–Flötensatz gehörten. Im Vergleich zu den Otule–Flöten aus Tierhörnern, ist die Herstellung der Tonflöten wesentlich aufwendiger. Bei ihrer Herstellung wird zunächst eine Tonmasse über ein Kerngehäuse gerollt und für eine bestimmte Zeit zum Trocknen ausgelegt. Das Kerngehäuse wird anschließend aus dem geformten und bereits gehärteten Ton vorsichtig entfernt (Wachsman / Trowell 1953: 346).

Verbreitungsgebiet: Das Otule–Ensemble kommt bei den nilotischen Lango vor, die in Zentraluganda nördlich des Kyoga–Sees leben. Die Lango werden in nördliche und südliche Lango–Gruppen unterschieden. Über das Vorkommen von Aerophonen bei den Lango berichtet Driberg (1923: 123), dass im Hinblick auf Musik die Lango von benachbarten Völkern beeinflusst wurden und zwar insbesondere von den Banyoro. Auch die Alur benutzen ähnliche Flöten in ihrer Musiktradition wie die Otule, doch im Vergleich zu den in Sätzen gespielten Lango–Flöten dienen sie bei den Alur den Stammesführern als Signalpfeifen. Sie sind hier unter den Namen Bilu bekannt. Für diesen Zweck werden allerdings die kleinen, Atin–Bilo– bzw. Adum–Flöten bevorzugt.

204 Siehe Detaillbeschreibung unter http://southernsudan.prm.ox.ac.uk/details/1925.14.14/

Rahel Sparks; "Lango flute" Southern Sudan Project; 03. Jan. 2006; Pitt–Rivers Muse-um.

205 Feldforschung in Uganda, Mai 2005.

189

Funktion/Bedeutung: Der Begriff Otule stammt aus dem gleichnamigen traditionellen Otule–Tanz der Lango. Es ist demnach kein Wunder, dass das Otule–Flötenensemble auch ausschließlich für die Begleitung dieses Tanzes eingesetzt wird. Im Ensemble erfüllt jede Flöte eine bestimmte musikalische Funktion. Nach Wachsmann / Trowell (ebd.) imitiert die hohe Flöte Atin–Bilo die Luft, während die mittlere Adadang die Melodie der Atin–Bilo in Quartparallelen wiedergibt. Die Bassflöte/n Min–Bulo dagegen unterstützen die hohen und mittleren Flöten mit einem passen-den rhythmischen Muster. In der Regel spielen zwei hohe Atin–Bilo–, eine mittlere Adadang– und zwei tiefe Min–Bilo–Flöten in einem Otule–Ensemble zusammen (Driberg ebd.). Allerdings kann die Anzahl der Flöten in anderen Ensembles auch sehr variieren. Den Untersuchungen Wachsmanns und Trowells (ebd.) zufolge sind Unterschiede in der An-zahl der eingesetzten Flöten zwischen den nördlichen und südlichen Lan-go–Gruppen feststellbar. Dies gilt auch für die Namensabweichungen bestimmter Flöten. So kommen bei den nördlichen Lango die Atin, Ary-em, Atong und Mine genannten Flöten vor, während sie bei den südlichen Lango Atin, Aryem, Adyere, Atong, Alub–Mine und Mine heißen. In einem aus Tonflöten bestehenden Otule–Ensemble stellen Wachsmann und Trowell (1953: 346) zehn Flöten fest, mit Längen zwischen 6 und 50 cm. Von der kleinsten Flöte aufwärts listen sie sie einzeln auf, wobei sie zugleich entweder die Bedeutung oder die musikalische Funktion sowie die Stückzahl der jeweils im Ensemble vorkommenden Flöten mit ange-ben (Tabelle 24). Ferner berichten sie, dass die Flöten Adwili–Bilo, Acok–Bile, Adang–Bile und Min–Bilo (Flöten 1, 3, 5 und 6) waren jeweils in Oktavparallelen gestimmt und wiesen somit einen Tonumfang von insgesamt drei Okta-ven auf. Dagegen waren die Atin–Bile und Adum–Bile (2. und 4. Flöten) jeweils um eine Quarte höher als die Acok–Bile und Adang–Bile (3. und 5. Flöten) gestimmt. Tabelle 24: Otule–Flöten (siehe Wachsmann / Trowell 1953: 346)

Nr. Flötenname Flötenanzahl im Ensemble

Bedeutung

1. Adwili–Bilo 1 x schriller Ton 2. Atin–Bile 2 x Kinderflöten 3. Acok–Bile 2 x Flöten, die als erste

„aufhören“** (?) 4. Adum–Bile 2 x interpretierende

Flöten 5. Adang–Bile 2 x ? 6. Min–Bilo 1 x Mutterflöte

** = unklar, was damit gemeint ist. Zu den unterschiedlichen Otule–Ensemblebesetzungen sei bemerkt, dass je nach Wunsch bzw. je nach dem gegebenen musikalischen Anlass wei-tere Flöten für die klangliche Färbung und/oder für die Stärkung be-stimmter Tonhöhen eingesetzt werden. Solche Zusammensetzungen von Aerophonen sind auch in anderen Musikkulturen Ostafrikas zu beobach-ten, die ähnliche Flöten– und Trompetenensembles verwenden wie z.B. die Berta aus Äthiopien und Sudan, bei denen auch die Anzahl der in

g

190

einem Ensemble gebrauchten Musikinstrumente sich von Ort zu Ort mit-unter erheblich unterscheiden kann. Der Höreindruck einer, von Peter Cooke 1997 bei der Lango–Gemein-schaft (Aufnahmeort: Barr–Lango–Region, Distrikt Lira) Ugandas auf-genommenen Otule–Ensembleaufführung lässt vermuten, dass mindes-tens fünf Flötenspieler beteiligt sein könnten. Die Flöten sind laut Cooke aus den Spitzen von Tierhörnern gefertigt. Das Ensemble begleitet einen gemeinschaftlichen Gesang in Form eines gemischten Chores, d.h. es sind Frauen– und Männerstimmen in Oktavparallelen zu hören. Die Otu-le–Flöten imitieren teilweise die Hauptmelodie des Vokalparts. In gewis-sen Abständen nimmt man auch Frauentriller wahr. Die Aufnahme ist unter der Sammlung–Nr. PCUG97.2.13, im British National Sound Lib-rary zugänglich. Es fehlen jedoch andere Klangbeispiele. Daher bleiben viele Fragen offen, die unter anderem Tonhöhen, Intervallverhältnisse und die musikalische Funktion einzelner Flöten in einer Ensembleauffüh-rung betreffen.

191

Querflöten Querflöten kommen mit oder ohne Grifflöcher vor und sie besitzen ge-dackte oder offene Röhren. Sie werden aus verschiedenen Materialien, wie etwa Ebenholz, Buchsbaum, Grenadill und Teakholz, Bambus, aus Edelmetallen wie Gold und Silber206, aus Kupfer, Nickel und Zink gefer-tigt. Weitere Prachtexemplare begegnen uns unter anderem auch aus Marmor, Kristallglas, Porzellan, Bernstein, Elfenbein und Achat, die über die Jahrhunderte hinweg mit Methoden und Techniken, die sich kontinu-ierlich entwickeln, hergestellt wurden. In diesem Zusammenhang sei vor allem der europäische Raum genannt, wo für die stetige Verbesserung und Entwicklung des Querflötenbaus viel geleistet wurde. Dies betrifft beispielsweise die Intonation, die orchestrale Abstimmung von erzeugten Tönen, die Erweiterung des Tonumfangs, die Einfachheit der Behandlung und nicht zuletzt die optische Ästhetik des Instruments. Die Dekoration des Korpus mit eingebrannten oder eingeritzten Mustern oder die Lackierung dieser mit unterschiedlichen Farben sind äußerst vielfältig. Auch in den Stimmungen stellen wir unzählige Differenzen fest, die sich von penta–, hexa–, heptatonischen bis hin zu chromatischen Skalen erstrecken. So tragen sie verschiedene Bedeutungen in den jewei-ligen Musikkulturen. Obgleich das Herkunftsgebiet der Querflöte bis heute nicht eindeutig belegt worden ist, kann ihr Vorkommen in prähistorischer Zeit nicht aus-geschlossen werden. Einige Malereien aus der griechisch römischen An-tike bestätigten die Existenz der Querflöte im europäischen Kulturraum, doch wurde sie nicht hier erfunden, sondern nach Sachs (1979: 311) erst gegen Anfang des 12. Jahrhunderts von Asien über das Vermittlungsland Byzanz eingeführt.

Allgemein betrachtet finden wir Querflöten in Afrika in vereinzelten Gebieten. Einige Wissenschaftler belegen das Vorhandensein dieser In-strumente in Süd–, West– und Zentralafrika. Querflöten mit Grifflöchern begegnen uns zum Beispiel bei den bantusprachigen Luba bzw. Baluba aus dem Kongo–Zaire–Gebiet (heutige Demokratische Republik Kongo). Diese Dilele oder Umpindo genannte Querflöte wird von Männern so-wohl solistisch als auch im Zusammenspiel mit anderen Musikinstrumen-ten207 zur Unterhaltung und im zeremoniellen Zusammenhang geblasen. Im Gegensatz dazu begegnet uns eine vermeintlich nur von Frauen ge-spielte Querflöte bei den in Zentralkamerun lebenden Eton. Hierbei han-delt es sich um der offenen und grifflochlosen Odin aus Bambus oder Schilfrohr. Durch Auf– und Abdecken der unteren Rohröffnung mit dem Zeigefinger der Spielhand und in Verbindung mit einer besonderen An-blastechnik, können bis zu vier Tonhöhen auf der Flöte erzeugt werden. Die Art der Aufführung ist allerdings sehr selten zu beobachten. Zwi-schen den geblasenen Flötentönen werden Vokalstimmen hinzugefügt.

206 Bei Gold und Silber handelt es sich selbstverständlich um reine Edelmetalle, die, ohne

mit anderen Metallen verschmolzen worden zu sein (Legierung), geringe Festigkeit be-sitzen und somit zur Herstellung aller möglichen Produkte vollkommen ungeeignet sind.

207 Mit dem Xylophon Madimba und der Trommel Ditumba (Quersin / Gansemans 1986: 154f.).

Afrika

Querflöten Dilele bzw. Umpindo

der Luba

Querflöte Odin der Eton

Allgemeines

192

Beide Teile verschmelzen dann zu einer fließenden Melodie. Der Einsatz der Vokalstimmen dient also vor allem der Ergänzung des beschränkten Tonvorrats der Odin-Flöte. Diese Aufführungspraxis kommt auch in den Flötenmelodien der oben genannten Luba aus Kongo–Zaire, aber auch bei den Pygmäen208 Zentralafrikas vor (Quersin/Gansemans 1986: 154f.). Im ostafrikanischen Raum beschränkt sich das Verbreitungsgebiet von Querflöten hauptsächlich auf die Küstenregionen Kenias und Tansanias. Bewohner des Küstenstreifens, bei denen Querflöten vorkommen, sind unter anderem die Giriama, Digo und Rabai. Cooke (1971: 89) vermutet des Weiteren, dass auch die Pogoro aus Ostzentraltansania Querflöte spielen. Aus Zentral– bzw. Südzentraltansania gehört ferner die Mlanzi genannte Querflöte zum Instrumentenbestand der Wagogo. Varnums (1970: 462ff.) Untersuchungen zufolge, verwenden die südwestkeniani-schen Kuria209 Ekibiswi, Ikere und Umwere genannte offene und gedack-te Querflöten, wobei die Ekibiswi auch in der Musikkultur der Kikuyu aus Zentralkenia verwendet wird. Die Gusii210 aus Südwestkenia besaßen auch einige Flöten, die sie von den Kuria übernommen hatten, jedoch vermutlich nicht mehr in Gebrauch sind211. Einige der Kuria–Föten wei-sen auffallende Ähnlichkeiten mit denen der Giriama, Digo, Rabai aus dem kenianischen Küstengebiet auf. Eine eher abgelegene Ausnahme stellen ferner die Gishu aus Ostuganda mit ihrer Querflöte Ludaya dar. In Anbetracht der hier genannten Siedlungsgebiete sei bemerkt, dass bei den vor allem an den Ufern des Viktoriasees in Westkenia, Nordtansania und Südostuganda lebenden Volksgruppen etwa die Kuria, Gusii, Gishu, Luo, Sukuma usw. nicht nur im materiellen, sondern auch im musikali-schen Bereich interkulturelle Erscheinungen zu beobachten sind, abgese-hen von den zwischen Ostafrika und den arabischen Kulturen über Jahr-hunderte hinweg bestehenden Kontakten. Der Forschungsstand von Aerophonen in Ostafrika ist auch in dieser Be-ziehung als sehr dürftig einzustufen. Es fehlen schriftliche Quellen und Klangbeispiele. Die Durchführung von Vergleichsanalysen ist daher zum größten Teil nicht möglich. Der Mangel an grundlegenden Informationen erschwert daher wissenschaftliche Untersuchungen nicht nur von Quer-flöten, sondern auch zahlreicher anderer Musikinstrumente erheblich.

208 Bei den Pygmäen wird die Hindewhu oder Hindehu genannte gedackte Längsflöte in

dieser Form geblasen. 209 Auch Bakuria und Batende genannt. 210 Auch Kisii genannt. 211 Außerdem bestehen auch Zweifel, ob es sich dabei um Quer– oder Längsflöten han-

delt.

Die Küstenregion Ostafrikas

Querflöten Ekibiswi Ikere Umwere und Ludaya

193

2.3.5. Querflöten mit Grifflöchern Ihr Nodium kann sowohl unbeweglich oder eingesetzt und damit beweg-lich sein. Beim ersteren handelt es sich in der Regel um Bambusröhren, während bei der zweiten Version beispielsweise Bienenwachs, Harz, Hartgummi und Grasbüschel als Nodium verwendet werden. Die Art der Anbringung der Grifflöcher sowie deren Anzahl und die Stimmungen variieren stark von einem Instrument zum anderen und von einer Musik-kultur zur nächsten. Die Anblaslöcher befinden sich in der Regel neben der gedackten Rohrspitze und unterscheiden sich von den Grifflöchern durch ihre Größe. Anhand der folgenden tabellarischen Auflistung werden die Querflöten alphabetisch einzeln ausführlicher vorgestellt (Tabelle 25): Tabelle 25: Ostafrika: Offene Querflöten mit Grifflöchern

Instrumentennamen GF Maße / cm Material Verbreitungsgebiet Volksgruppe/Land

Chivoti 4 -6 L = 22 – 30

ø = 2,4 - 3 Bambus, Plastik, Metall

Giriama, Digo, Rabai u.a./Kenia

Ekibiswi, Ikibiswi 4 L = 20 Bambus, Ried Kuria / Kenia Emborogo 4 L = 25 Bambus Kikuyu / Kenia Kilanzi, Mwanzi und Npeta 4-6 L = ca. 46-60 Bambus Hehe, Makonde und Makua / Tansania Mlanzi ? L = ca. 25-30 Bambus Wagogo / Tansania Flöte n.n. 4 L = 43; ø = 2 Bambus Ngorime / Tansania Flöte n.n. 4 L = 30; ø = 2,2 Bambus Shashi / Tansania

CHIVOTI (Giriama, Digo, Rabai usw. – Kenia)

Name Klassifikation

Zusatz

Synonyme Form, Material Maße / cm Form/Anordnung

421.121.12 L/D mit Grifflöchern Chivoti

Querflöte aus hartem Bambus, Plastik oder Metall (Giriama, Digo, Rabai u.a. – Kenia)

L = 26, ø = 2.5 Grifflochabstand ca. 2

zylindrisch, vier bis fünf vordere Grifflö-cher, rechteckig oder ovales Anblasloch

Im Folgenden werden die Chivoti der Giriama und die der Digo gemein-sam untersucht.

Querflöte Chivoti der Giriama: Die Chivoti ist eine Querflöte, die tradi-tionell aus dickwandigem Bambus hergestellt wird, jedoch existieren auch Exemplare aus Plastik und Metall. Bei Bambusröhren wird das na-türliche Nodium genutzt. Die in Abbildung 135 abgebildete Chivoti wurde im Dorf Ganda unweit vom Zentrum der kenianischen Küstenstadt Malindi am 13.07.2005 un-tersucht. Die Giriama dieses Dorfes, die es gewohnt sind, ihre „traditio-nelle“ Musik vor ausländischen Touristen und anderen Besuchern regel-mäßig aufzuführen, wurden auch von meinem Besuch einen Tag vorher informiert. Die Fahrt mit einem gemieteten Matata auf den fast unbefahr-baren Dorfstraßen dauerte etwa eine halbe Stunde. Die Gesänge und Tän-

Abbildung 135

194

ze der Giriama wurden von einem Trommelensemble (bestehend aus 4–5 meist einfelligen Zylindertrommeln), einer Schrillpfeife aus Plastik und einem mit zwei Ruten geschlagenen Blechkanister, vermutlich ein U-teo212, begleitet. Nachdem ich die dargebotene Musikaufführung bis zum Ende aufgenommen hatte, fragte ich, ob sie auch Aerophone in ihrer Mu-sik benutzen. Der Musiker und Leiter des Ensembles, Robert Charo, teilte mir mit, dass sie die Chivoti spielen, doch der jeweilige Musiker sei nicht anwesend, so dass ich mir das Instrument nicht ansehen könnte. Herstellungsprozess: Spontan entschied sich der Instrumentenmacher Robert Charo, mir die Herstellungsweise einer Chivoti vorzuführen, den ich ebenfalls filmen durfte213. Robert benutzte dafür zunächst ein frisch geschnittenes Bambusrohr, das er auf einer Länge von 26 cm verkürzte. Das relativ dickwandige Rohr schnitzte er mit einem Messer zu Recht. Die Rohrwand wurde dann mit dem Messer abgeschabt (Abb. 136a–c). Etwa 5,5 cm vom natürlichen Nodium entfernt bohrte er ein rechteckiges Anblasloch mit 1,6 cm Breite und 1,2 cm Länge (Abb. 136d). Der danach folgende Arbeitsschritt betraf die Markierung der Stellen, wo die vier vorderständigen Grifflöcher eingebrannt wurden. Der durch-schnittliche Abstand zwischen diesen beträgt etwa 2 cm. Zum Bohren der Grifflöcher benutzte Robert die Spitze einer Eisenstange, die er wieder-holt an der Feuerstelle erhitzte (Abb. 136e). Nach dem Fixieren der Griff-löcher glättete er die Unregelmäßigkeit an der Innenwandung ebenfalls mit der Eisenstange. Anschließend versuchte Robert auf der Flöte zu spielen und entsprechende Verbesserungen an den Grifflöchern vorzu-nehmen. Mehr als ein Paar undeutliche Tonhöhen erzeugte er allerdings nicht, was vermutlich darauf zu schließen ist, dass er das Chivoti–Spiel nicht besonders beherrscht. Robert teilte mir zwar mit, dass „saubere“ Töne nur dann zu spielen sind, wenn der Bambus nach einiger Zeit ge-trocknet ist. Dieses Argument ist jedoch nicht zutreffend, da der Bambus beim Spielen 03sogar immer wieder nass bzw. feucht gemacht werden soll. Selbstverständlich ist es vorteilhafter, wenn die Flöte für eine Weile intensiv genutzt worden ist, damit das Rohr geschmeidiger wird. Wie in vielen afrikanischen Musikkulturen, ist der Instrumentenbauer zugleich auch der Musiker, der ein Instrument hauptsächlich für den Ei-genbedarf herstellt. In diesem von Touristen regelmäßig besuchten Dorf der Giriama bietet Robert neben anderen Musikinstrumenten wie etwa

212 Ähnliche Beobachtungen machte auch Jähnichen (1998: 157) in ihren Feldforschungen

in den Jahren 1993 und 1995 bei den Giriama in Kaloleni, westlich vom Mtwapa und Bamburi. Den Uteo genannten Ölkanister beschreibt sie wie folgt: „Ein Uteo ist ein geflochtenes Reiswaschtablett, auf das dicke Glasscherben, Muscheln oder Steine geschüttelt werden, und auf welches mit zwei langen Ruten geschlagen wird. Daraus ergibt sich ein akzentuiertes Zischgeräusch ähnlich dem der Kayamba–Rasseln. Die Rhythmik ähnelt durch die Bearbeitung mit den Ruten jedoch der von Bumbubu–Trommeln. Während im hügeligen Küstenhinterland dieses Uteo inzwischen längst durch breitgeschlagene, unförmige Ölkanister oder zerschnittene Großkonser-vendosen ersetzt wird, weil der erzeugte Klang tragender und das Instrument haltbarer ist, hält sich in der Umgebung von Malindi noch der Gebrauch des traditionellen U-teo“.

213 Siehe auch Videoaufnahme über den gesamten Vorgang der Chivoti–Herstellung; Sammlung: Teffera–Kenia/2005; Video–20 von 54:26 bis 60:00 Minuten (Privatsamm-lung: Teffera, Ostafrika/2005).

a

b

c

d

e

Abbildungen 136a–e Fotos: T. Teffera, 13.07.2005

Ganda, Malindi

195

Trommeln214, auch Chivoti zum Verkauf an, eine Beschäftigung, die ihm eine zusätzliche Einnahmequelle ermöglicht. Ähnliche Beobachtungen machte auch Jähnichen (1998: 156) in den Touristenzentren und Rasthö-fen des kenianischen Küstenstreifens, wo Instrumentenmacher mehrere unterschiedlich gestimmte Flöten, meist aus Bambus, zum Verkauf anbie-ten, die möglichst alle Kundenwünsche erfüllen können. Jähnichen (ebd.) berichtet, dass „dabei offensichtlich dem Klang und der Leichtigkeit des Anblasens der Vorzug gegeben zu sein scheint, denn die Intervallik spielt nur in zweiter Instanz eine Rolle“. Im Vergleich dazu schildert sie an einer anderen Stelle dies:

„Viele Knaben bauen sich ihre Instrumente auch selbst. Sie haben dafür keine gegenständliche Vorlage und rekonstruieren die Grifflochanordnung aus dem Gedächtnis, denn die Herstellung eines neuen Instruments macht sich jeweils nur bei Verlust des alten notwendig. So klingt im Prinzip jede Flöte anders und ihr Klang lässt auf den konkreten Spieler und seine unmittelbare Umgebung schließen“. Bei der benachbarten Digo–Gemeinschaft werden die Chivoti zwar auch aus Bambus und Metall hergestellt, jedoch wird hier eine Flöte aus Plas-tikrohr vorgestellt. Das Material für die Untersuchung geht aus Filmauf-nahmen und Interviews mit dem 20–jährigen Musiker Juma Kibwana hervor, die am 08.07.2005 südlich von Mombasa Nahe dem Tiwi-Strand durchgeführt wurden215. Die von Kibwana vorgestellte Chivoti hat fünf vorderständige Grifflöcher und ein hinterständiges Stimmloch. Ihre Län-ge beträgt 22 cm und ihr Durchmesser 2,4 cm. (Abb. 137). Das ovale Anblasloch (Abb. 138a) mit einer Länge von 3 cm und einer Breite von 2 cm ist wesentlich größer als die Grifflöcher, deren durch-schnittlicher Durchmesser bei 1,5 cm liegt. Während die ersten vier Griff-löcher in einer geraden Linie angeordnet sind, ist das 5. Loch etwas ver-setzt. Wie in Abbildung 138b dargestellt, dient Hartgummi als Nodium. Bei der Grifflochanzahl, die gewöhnlich zwischen 4 und 6 liegt, sind Differenzen von einem Ort zum anderen feststellbar. Nach Senoga–Zake (1981: 160f.) haben zum Beispiel Chivotis der Digo, Rabai und Duruma fünf vorderständige Grifflöcher und ein Anblasloch, während Jähnichen (1998: 152) bei den Flöten der Digo und Rabai lediglich sechs vorder-ständige Grifflöcher feststellt. Spielweise: Beim Spielen auf der Chivoti hält der Musiker das Instru-ment rechts oder links vor seinem Mund. Bei der Chivoti der Giriama bedient Robert Charo jeweils mit Zeige– und Mittelfinger beider Hände die vier vorderen Grifflöcher (Abb. 139a–b). Auf der Chivoti der Digo dagegen greift der Spieler mit Zeige–, Mittel– und Ringfingern seiner linken Hand die ersten drei und mit Mittel– und Ringfinger seiner rechten Hand die letzten zwei Grifflöcher (Abb. 140 und 141a). Dies scheint jedoch keine festgelegte Regel zu sein. Das heißt, dass bei der Verteilung der Finger, der Musiker die für ihn bequeme Version beliebig verwenden kann.

214 Diese kommen unter anderem auch in Miniaturformat vor, die eher als Souvenir an

Touristen verkauft werden. 215 Feldforschung in Kenia, Juli 2005; siehe auch Filmaufnahme, Video–19 von 20:31 bis

44:51 Minuten (Privatsammlung: Teffera, Ostafrika/2005).

Chivoti der Digo

Abbildung 137

Abbildung 138 a

Abbildungen 138 b

Fotos: T. Teffera 08.07.2005 Tiwi

196

a

Abbildungen 141a–b Musiker: Juma Kibwana; Fotos:

T. Teffera, 08.07.2005 Tiwi

Abbildung139 a: Foto: T. Teffera 13.07.2005, Ganda, Malindi

Abbildung 139b: Grifflochanordnung auf der Chivoti der Giriama

Das hinterständige Stimmloch, das laut Kibwana wegen einer Tonhöhen-korrektur erst im Nachhinein gebohrt wurde, befindet sich parallel zum letzten Griffloch. Die Fixierung von Stimmlöchern ist eine oft gebrauchte Methode in der Flötenherstellung zumindest Ostafrikas. Beim Spiel auf der Chivoti wurde beobachtet, dass Kibwana die ersten vier Grifflöcher vollständig abgreift, während er das fünfte Griffloch zwar dauerhaft aber nur halb abdeckt (Abb. 141b).

Abbildung 140: Grifflochanordnung auf der Chivoti der Digo

Verbreitungsgebiet: Das Verbreitungsgebiet der Chivoti ist der kenianische Küstenstreifen. Vor allem ist das Spiel dieser Flöte bei den Mijikenda–Völkern216 verbreitet, die sich aus 9 Subgruppen zusammen-setzen. So leben außer den Giriama und Digo auch die Rabai, Kauma, Chonyi, Jibana, Kambe, Ribe und Duruma in dieser Region (Spears 1978: 4; Senoga–Zake 1981: 160; Jähnichen 1998: 149ff.; Abb. 142).

Die Mijikenda: Besonders bekannt sind die Mijikenda durch ihre Kaya–Komplexe, die so genannten „heiligen Wälder“. Dabei handelt es sich um befestigte Siedlungen, die alle neun Gemeinschaften jeweils besaßen und heute noch teilweise besitzen. Der Mijikenda–Verband wurde etwa gegen Ende der 1940er Jahre ins Leben gerufen und zwar zu einem Zeitpunkt, der durch Bestrebungen der Küstenbewohner für die Schaffung von ge-meinsamen politischen Organisationen gekennzeichnet war. Aufgrund der stetigen Plünderungen durch die Maasai und Samburu wurden die Kaya–Komplexe überwiegend auf dem Tiefplateau errichtet, das in nord-südlicher Richtung im Durchschnitt 13,5 km weiter ins Landesinnere parallel zur Küste verläuft. Das Siedlungsgebiet der Mijikenda beginnt am Galana–Fluss in Nordostkenia und erstreckt sich südwärts über

216 Auch Makayachenda oder Midzichenda genannt.

197

Mombasa und Kilifi bis zum Hinterland und endet an der nordöstlichen Grenze Tansanias (Spear 1978: 1–8; Fedders / Salvadori 1984: 139ff.). Die Mijikenda behaupten, dass ihr ursprünglicher Lebensraum Shung-waya217 hieß, ein mystischer Ort nördlich von der Pate-Insel. Sich selbst bezeichnen sie Makaya–Chenda. Allerdings werden die Mijikenda in den Aufzeichnungen von europäischen Reisenden aus dem 18. Jahrhundert stets unter dem Namen Wanyika oder Monica, "Menschen der Wildnis" vermerkt. Obgleich nur ein Teil der Mijikenda etwa die Giriama, Digo, Duruma und die Rabai mit dem Chivoti–Spiel identifiziert werden, ist diese Flöte in fast allen Siedlungen in unterschiedlichen Dimensionen zu finden (Se-noga–Zake 1981: 160). Wesentliche Unterscheidungsmerkmale liegen in den Stimmungen, obgleich dieses Phänomen nach Jähnichen (1998: 156) auch auf die Individualität einer jeden Chivoti zutrifft.

Abbildung 142: Siedlungsgebiet der Mijikenda und die Kaya-Komplexe (Spear 1978: 2)

Einige Mijikenda–Gruppen wurden im Laufe der Zeit durch andere assi-miliert und haben somit ihre ursprünglichen Siedlungsgebiete vor allem auf der Suche nach Arbeit und besseren Lebensbedingungen ebenfalls in Richtung der Küstengebiete verlassen, sodass die ehemaligen heiligen Kayas mancherorts aufgelöst wurden (Spear 1978: 1–8). Mit 200.000 Angehörigen zählen die Giriama zu den stärksten Gruppen der Mijikenda. Obgleich ihr Siedlungsgebiet überwiegend das Landesin-nere war und heute immer noch ist, hat sich diese Volksgruppe in jüngs-ter Vergangenheit zunehmend in Richtung Küste ausgebreitet.

217 Auch Shungwaya genannt (siehe Spears 1978: 4).

198

Die Digo bewohnen seit ungefähr dem 16. Jahrhundert das südlich von Mombasa gelegene Gebiet. Obgleich sich ihre Kayas ursprünglich nur im Hinterland der kenianischen Küste befanden, breiteten die Digo in den folgenden Jahrhunderten ihre Siedlungen bis zum Küstenstreifen aus und zwar in Ukunda, Tiwi und Pongwe218. Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts betrieben sie hauptsächlich den Handel zwischen der Küste und dem Inland. Diese Handelsmacht wurde jedoch später von den stärkeren Han-delsleuten, etwa die Swahili und Araber, beeinflusst. Diese pflegten mit dem Reich von Sansibar intensive Kontakte, so dass den Digo nur die Fischerei übrig blieb, die sie bis heute neben dem Ackerbau betreiben. Funktion/Genderbeziehung: Bei den Giriama wird die Chivoti in ver-schiedenen Altersgruppen ausschließlich von Männern geblasen. Hierzu schildert Jähnichen (1998: 152f.), dass

„…ein Unterschied der Altersgruppen lediglich im Repertoire zu finden ist. Erwachsene können zusätzlich auf der Flöte Balladengesänge und zeremonielle Tänze begleiten, etwa zu den wöchentlichen Zusammenkünften auf den Chinyaka der Kaya, den heiligen Versammlungsplätzen, die von Kindern während dieser Zeit nicht betreten werden. Das Begleitspiel auf der Flöte ist jedoch nicht unbedingt als integraler Bestandteil der Musik zu bezeichnen. Die Flöte erklingt nur, wenn nicht zugleich gesungen wird, sie kann im Musizierverlauf ausfallen oder wieder hinzutreten, ganz nach Stimmung der Anwesenden und nach Lust des Flötenspielers“.

Als solistisches Instrument dient die Chivoti der Giriama lediglich der Selbstunterhaltung. Sie wird aber auch im Zusammenspiel mit anderen Musikinstrumenten zu Zeremonien geblasen. Bei den Digo wird die Chivoti zwar auch als Soloinstrument genutzt, doch ihr Gebrauch als Ensembleinstrument scheint intensiver zu sein. Sie wird gemeinsam entweder mit Trommelgruppen oder mit Floßras-seln219für die Begleitung von Gesängen und Tänzen geblasen, an denen Männer und Frauen aktiv teilnehmen. Außerdem wird sie in rituellen Heilungszeremonien benutzt. Welche besondere Rolle sie in diesem Zu-sammenhang spielt, ist nicht bekannt. Nach Hyslops Beobachtung (1975: 42) wird sie wie folgt verwendet:

“It has been seen that the role of instrumental music in Kenya is often regarded as simply that of providing an accompaniment to a song. The use of the Chivoti is not restricted in this way. Certainly there is a song, normally with some kind of percussion accompaniment, but the entry of the flute comes only when the song has finished, with the percussion continuing”.

Bei den Digo stammen die Chivoti-Stücke oft aus Unterhaltungsgesän-gen, doch existieren auch funktional an bestimmten Zeremonien gebun-dene Gesänge (Simba: 2005), die auf die Flöte transformiert werden. Als erfahrener Chivoti–Spieler fungiert der Digo–Musiker, Juma Kibwana, hin und wieder in traditionellen Musikgruppen, die gegen Bezahlung in den Touristenzentren ihre Musik darbieten. In ihren Untersuchungen analysiert Jähnichen (1998: 156f.) unterschied-lich gestimmte Chivoti verschiedener Mijikenda–Gruppen, darunter vor

218 Dagegen befinden sich die dicht nebeneinander errichteten Siedlungsgebiete der Ra-

bai, Ribe, Kambe, Jibana und Chonyi zwischen Mombasa und Kilifi. Weiter nördlich etwa von den Küsten Kilifi bis nach Malindi wohnen die Kauma– und die Giriama–Gemeinschaften.

219 Aus aneinander gereihten und zusammengebundenen Schilfröhren gefertigt. Als Ras-selkörper dienen Samen oder kleine Steine.

199

allem die der Giriama, die sie während ihrer Feldforschung in Kenia dokumentierte. Dabei stellte sie fest, dass die Anbringung der Grifflöcher zunächst willkürlich vollzogen zu sein scheint, doch genaue Beobachtun-gen haben deutlich gemacht, dass bestimmte Regeln vorherrschen. Aus den vier von Jähnichen untersuchten Chivoti werden die Stimmun-gen von zwei Flöten im Notenbeispiel 43 demonstriert. Die Flöten wur-den an unterschiedlichen Orten der Ostküste Kenias gespielt. Die erste Chivoti ist mit vier und die zweite mit fünf Grifflöchern ausgestattet. Jähnichen (1998: 156f.) unterscheidet zwischen festen und beweglichen Tonhöhen. Bei den festen Tonhöhen handelt es sich um zwei relativ gro-ße und ein kleineres Intervall (siehe Beispiel a: r4, r5 und k2). Dagegen werden die beweglichen Tonhöhen durch unterschiedlich starkes Anbla-sen hervorgerufen, so dass sie um ungefähr einen halben Ton auf– oder abwärts schreiten und daher auch Varianten in der Stimmung ermögli-chen. Diese Töne kommen nach Jähnichen (ebd.) zwischen den festen Tonhöhen vor (siehe eingerahmte Tonstufen):

„Diese Regel lässt sich jedoch erst nach einer Analyse des Spiels erkennen. Die Anordnung der Fixpunkte ist allerdings auch unterschiedlich. Wesentlicher als eine normierte Intervallik scheint wohl die Möglichkeit der Erzeugung bestimmter Reihen relativ großer und kleiner Intervalle, die in erster Linie durch den motorischen Sinn melodischer Gestalten geprägt werden. Ein Abweichen in der Stimmung ist mithin nicht auf der Ebene musikalischer Wahrnehmung, sondern auf der Ebene instrumentaler Individualität zu suchen. Dementsprechend ist auch die Spielweise der Flöten ganz und gar abhängig von der Herstellung“. Notenbeispiel 43: Primäre Stimmung zweier Chivoti in aufsteigender Folge des Abgreifens nach Jähnichen 1998: 165

Im Vergleich zu den Stimmungen der Chivoti bei den Giriama sind die Chivoti–Tonreihen der Digo, Rabai und Duruma vollkommen anders. Im Notenbeispiel 44 stellt Hyslop (1975: 40ff.) die Stimmung einer aus Bambus gefertigten und 26,5 cm langen Chivoti der Digo dar. Die Flöte besitzt ebenfalls sechs Grifflöcher, doch das sechste Loch war laut Hyslop unbenutzt, also könnte es sich vermutlich eher um ein Stimmloch handeln. In Zeile a) notiert Hyslop die einzelnen Tonhöhen nacheinander, wie sie auf der Flöte demonstriert wurden (primäre Stim-mung). In Zeile b) dagegen kommt eine Tonreihe vor, welche er aus sei-

Stimmung und Analyse

200

nem Höreindruck einer gespielten Melodie ermittelt hat. Das Resultat sind leichte Tonhöhenabweichungen zwischen diesen zwei Beispielen. Ferner sind die von Senoga–Zake (1981: 160f.) ermittelten ungefähren Stimmungen von Chivoti im Notenbeispiel 45 veranschaulicht. Leider sind die Flötenstimmungen im Allgemeinen sehr dürftig beschrieben. Beispielsweise erläutert Senoga-Zake (ebd.), dass die Chivoti der Rabai im Beispiel b von ihrer Dimension her der Chivoti der Digo im Beispiel a sehr ähnlich ist. Die Tonreihen der Rabai und Duruma in den Beispielen b und c dagegen weisen Ähnlichkeiten auf, bis auf ihre jeweils letzten Intervalle.

Notenbeispiel 44: Primäre Stimmung von drei unterschiedlichen Chivoti, 6 Grifflöcher, in aufsteigender Folge des Abgreifens nach Hyslop (1975: 41)

Notenbeispiel 45: Primäre Stimmung von drei unterschiedlichen Chivoti in aufsteigender Folge des Abgreifens nach Senoga-Zake (1981: 161)

Die von mir aufgenommenen Instrumentalstücke auf der Chivoti der Digo stellt die Stimmung im Notenbeispiel 46 dar.

201

Notenbeispiel 46: Primäre Stimmung der Chivoti mit 6 Grifflöchern in aufsteigender Folge des Abgreifens, Aufnahme: T. Teffera 08.07.2005, Tiwi/Kenia

Diese Chivoti–Stimmungen sind aus aufgeführten Musikstücken gewon-nen. Die halbtonlosen Intervalle der Zeile a sind identisch mit der von Senoga–Zake ermittelten Flötenstimmung der Duruma im Notenbeispiel 45, Zeile c und weichen somit sehr von der Flötenstimmung der Digo, Notenbeispiel 45, Zeile a, ab. Die im Notenbeispiel 46, Zeile b dargestellte Tonreihe stellt eine Variante der Zeile a dar, wobei die eingerahmten Tonhöhen im Verlauf der Melo-diebildung um einen halben Ton auf– oder abwärts schwanken. Um Missverständnisse zu vermeiden, sei an dieser Stelle bemerkt, dass die Darstellungen dieser Tonreihen der temperierten Skala nicht entsprechen. Im Notenbeispiel 47 wird ein kurzer Ausschnitt eines auf der Digo–Chivoti aufgeführten Instrumentalstückes wiedergegeben, deren Tonhö-hen der im Notenbeispiel 46 ermittelten Stimmung entsprechen. Aus den soweit diskutierten Tonreihen der verschiedenen Chivoti ist da-von auszugehen, dass im Allgemeinen zwischen den Chivoti der Giriama und der drei anderen Mijikenda–Völker Unterschiede bestehen. Bei den Tonreihen der Giriama sind vorwiegend große Intervalle in Quartabstän-den zu verzeichnen. Dagegen sind die Tonreihen der Digo, Rabai usw. überwiegend im Quintbereich normiert. Zu diesen Unterschieden kom-mentiert Jähnichen (1998: 157) folgendes:

„Die primäre Stimmung ist bei den Rabai und Digo abhängig von bestimmten modalen Systemen, die durch spezielle Grifftechniken und Verschleifungen ausgeziert werden. Die Chivoti der Giriama ist in ihrer primären Stimmung weniger abhängig von der modalen Intervallik. Dies lässt vermuten, dass sich die modale Charakte-ristik eher im Bereich der musikalischen Formbildung und Zeilenstrukturierung entfaltet“. Inwiefern die Stimmungen der Chivoti–Flöten in den Musikrepertoires der verschiedenen Mijikenda–Gruppen bestimmte Funktionen erfüllen, kann man zwar nicht eindeutig festlegen, jedoch ist aus den uns zur Ver-fügung stehenden Musikbeispielen der Chivoti der Digo erkennbar, dass die Gestaltung einzelner Melodiezeilen und –abschnitte bestimmten Strukturen und ihren Prinzipien unterliegen. Zu den auffallenden Identifi-kationsmerkmalen dieser Flötenmelodien gehören zum Beispiel der Gebrauch von bestimmten Ausgangs– und Zieltonstufen, die – ähnlich wie im Chivoti-Spiel der Giriama mit der Struktur der Zeilenfolgen eng verbunden sind. Darin können differenzierte Zeilenstrukturen vorkom-men, die unmittelbar an Ausgangs– oder Zieltonstufen verknüpft sind. Trotz der Verwendung unterschiedlicher Prinzipien wird „die Grundlage der Zeilengestaltung basierend auf Kontrast– und Wiederholungswechsel nicht außer Kraft gesetzt (Jähnichen ebd. 162).

202

Zukünftige Detailuntersuchungen sollen mögliche Unterschiede und Verwandtschaften in den variantenreichen Stimmungen dieser Querflöte klären. Dazu gehören die Untersuchung des Aufbaus, der besonderen Charakteristiken und Prinzipien melodischer und metrorhythmischer Strukturen in den jeweiligen Musikrepertoires. Auch ihre sozialmusikali-schen Funktionen müssen im Zusammenhang mit den existierenden Mu-sikrepertoires gründlicher untersucht werden.

Notenbeispiel 47: Auschnitt: Chivoti-Melodie, Musiker: Juma Kibwana, Aufnahme: Teffera, 08.07.05 Tiwi/Kenia

203

Abbildung 143: Grifflochanordnung auf der Querflöte Ekibiswi

EKIBISWI (Kuria, Kikuyu – Kenia)

Name Synonyme

Klassifikation

Zusatz

Form, Material Maße / cm Form/Anordnung

Ekibiswi 421.121.12 L/D mit Grifflöcher

Ikibiswi

Querflöte aus Bambus– oder Schilfrohr (Kuria, Kikuyu – Kenia)

L = 20–35 ø = 2,5–3

zylindrisch, vier vordere Grifflöcher, seitliches Anblasloch

Die zumeist aus Schilfrohr hergestellte Querflöte Ekibiswi bzw. Ikibiswi kann eine Gesamtlänge zwischen 25 und 35 cm mit einem Durchmesser von 2,5 bis 3 cm besitzen. Varnum (1970: 465) beschreibt die Herstel-lungsweise der Querflöten Ekibiswi und Ikere der kenianischen Kuria im Zusammenhang mit dem kurzlebigen Schilfrohr so:

…..the flutes are made of reed grass, a bamboo–like reed with a vertical ridge that is commonly found near rivers and marshes. Both of these flutes are made exactly the same way, two joints of reed grass are cut and the pitz is pushed out with a series of small sticks, each stick being progressively larger. Longetivity rates of the reed grass during this phase of construction is exceptionally low, because of the reed grass splitting. The resul-tant hole is then stuffed with grass to help retain the shape. The reed is then dried in the normal atmosphere for a period of approximately three months. The embouchure and finger holes are burned in with the tip of a heated spear and the end or ends are then sealed with beewax. The flutes are often decorated with geometric designs, also burned in with the tip of a hot spear”.

In einigen Fällen wird aber auch Bambus für die Herstellung der Ekibiswi genutzt. Die Herstellungsweise und Beschaffenheit dieser Flöte zeigt einige Parallelen mit den Querflöten Emborogo und Chivoti der Kikuyu und Giriama. Das Rohr hat meistens vier vorderständige Grifflöcher. Als Nodium dienen außer Bienenwachs auch Harz, Pfropfen aus zusammengepressten Grashal-men und zusammengefalteten Blättern (Se-noga–Zake 1981: 158; Jähnichen 1998: 151). Das National Museum of Kenya in Nairobi bewahrt eine Ekibiswi–Flöte auf220, deren erste und letzte Grifflochpaare einen auffallend großen Ab-stand zueinander angebracht sind (Abb. 143). Die letzten zwei Grifflö-cher befinden sich unmittelbar neben dem Rohrende. Das runde Anblas-loch ist normalerweise wesentlich größer als die Grifflöcher was auch für die Querflöten Emborogo, Ekirongwe, Umwere und Chivoti gilt. Die Grifflöcher sind in einer geraden Reihe angeordnet. Ein offensichtlich versehentlich eingebranntes Griffloch wurde mit Bienenwachs wieder verschlossen. Unmittelbar daneben ist ein weiteres Loch gebohrt. Die Ekibiswi finden wir bei den Bantugruppen Kikuyu221 und Kuria aus Zentral- und Südwestkenia an der Grenze zu Tansania. Im Vergleich zu den Kikuyu, stellen die Kuria eine zahlenmäßig kleine Bevölkerungs-gruppe von etwa 60.000 Einwohnern dar. Anders als die überwiegend vom Ackerbau lebenden Bantuvölker dieses Gebiets, bestreiten die Kuria

220 Inv–Nr. UC 1968–73; 1960–68; Feldforschung in Kenia, Juli 2005. 221 Siehe Beschreibung über die Kikuyu–Gemeinschaft unter der offenen Längsflöte Bi-

ringi.

Verbreitungsgebiet

204

ihr Leben als Viehzüchter. Sie sind Halbnomaden. Die Kuria sind eng verwandt mit den Gusii, ihre nördliche Nachbarn. Weitere Nachbarn der Kuria sind die Luo im Westen, die Maasai im Osten und die Sukuma aus Tansania im Süden. Die traditionelle Musik der Kuria wird unter anderem durch die beson-ders aufwendige Ausschmückung des Körpers und in der Art der Klei-dung zum Ausdruck gebracht, wie Fedders und Salvadori (1994: 104f.) es im Folgenden erklären:

„As lavishly oiled girls and women danced faster and faster, flashing their bands of beads and coils of metal wirde, men appeared in the guise of giants. The illusion of such size was fostered by the ostrich feathers waving vertically from the top of a tall–headed–dress. Down at the other extreme the dancer wore clogs or blocks of wood attached to his feet, thrusting him six to twelve inches above the ground, above which he then jumpet yet higher.”

Die Kuria benutzen für alle bei ihnen vorkommenden Querflöten den Begriff Ibirongwe. Drei dieser Querflöten und zwar die hier untersuchte Ekibiswi sowie die an beiden Rohrenden geschlossenen (gedackten) Querflöten Ikrere und Umwere, wurden von Varnum (1970: 462 – 467 und 1972222) untersucht. Gespielt wird die Ekibiswi von Knaben, und zwar gewöhnlich zur Selbst-unterhaltung beim Bewachen von Tieren. Diese einfachste und die kleins-te Flöte ist für einen Anfänger sehr geeignet. Nach einer gewissen Spie-lerfahrung und Übung steigen die Hirten zu den größeren Querflöten Emborogo, Ekirongwe, Ikere und Umwere um. Im Leben der Kuria steht das Vieh im Mittelpunkt, weil es vor allem die wirtschaftliche Sicherheit der Gemeinschaft gewährleistet. Deshalb wird ein Teil des Flötenrepertoires den Tieren gewidmet. Das Viehhüten ist in der Regel eine Männerarbeit. Daher erlernt jeder männliche Gemein-schaftsangehörige das Viehhüten bereits im jungen Alter was auch mit dem Erlernen des Flötenspiels unmittelbar verbunden ist. Die Flöten die-nen aber auch anderen musikalischen Gelegenheiten wie Varnum (1970: 463) sie im Folgenden schildert:

“Often a man will play during the evening for the entertainment of his beer drinking companions. The listeners will at times express their approval or disapproval of the performance with shouts and whistles, interestingly enough, there are interjections which bear references to cattle and cattle herding. Such interjections, roughly translated, are “don’t go too far from the boma”, “come back in the evening”, and “move to better pasturage.” The flutes also accompany certain important ceremonies, in which only men are present. There are specific songs which women are not allowed to hear, such as those sung during the men’s circumcision ceremony. Women are never allowed to play the flutes. The ceremonial usage of the flutes includes accompanying songs, which have texts and are identified by titles. For extremely important ceremonies, such as the circumcision and initiation of elders, a small flute, made from the tusk of an elephant, is occasionally used. Flutes are not to be played during the thunderstorm because it is believed that the sound of the flute will attract lightning”.

222 Siehe Tonaufnahmen auf LP und Kommentar über die Umwere, Ikere und Ikibiswi–

Flöten und auch andere traditionelle Gesänge der Gusi– und Kuria–Gemeinschaften aus Kenia: Music of the Kuria and the Gusii of Western Kenya Ethnic Folkways Re-cords FE 4223; 1972 Signatur P–1753, Sammlung: Phonogramm–Archiv der Abteilung Musikethnologie des Museums für Völkerkunde Berlin.

Genderbeziehung und Funktion

Die Musik der Kuria

205

Da die Stimmungen der Flöten oft so unterschiedlich sind, ist es schwie-rig die Flöte eines anderen zu spielen. Der Grund liegt in der individuell unterschiedlichen Anfertigung von Flöten, deren Stimmungen sich ge-wöhnlich nach dem persönlichen Geschmack des jeweiligen Instrumen-tenbauers und späteren Besitzers der Flöte richten (Varnum ebd.: 464). In der von Varnum 1972 veröffentlichten Schallplatte ist eine Ekibiswi–Melodie enthalten, die die Tonhöhen h’–d’’–e’’–f#’’ und a’’ benutzt und im Notenbeispiel 48 dargestellt wird.

Notenbeispiel 48: Auf einer Ekibiswi erzeugte Tonhöhen, entnommen aus der Instrumentalstück, Varnum 1972, Signatur P–1753, Seite A, Nr. 7

Ein kurzer Ausschnitt dieser Flötenmelodie ist in Noten wiedergegeben (Notenbeispiel 49). Dabei handelt es sich um freimetrisches ein Instru-mentalstück (Solo) mit einer geregelten melodischen und metrorhythmi-schen Struktur. Aus dem Höreindruck kann man zwei unterschiedliche melodische Abschnitte feststellen, die markante Strukturen besitzen. Die Abschnitte sind am Beginn mit „Melodieabschnitt I und II“ entsprechend gekennzeichnet. Der erste Abschnitt setzt sich aus fünf Zeilen zusammen, die jeweils mit vier absteigenden Tonfolgen a’–f#’–e’–d’ beginnen und somit auffallende Melodiemotive aufweisen, wobei sie rhythmisch unterschiedlich aufge-baut sind (vgl. Melodiezeilen 1, 2 mit den Zeilen 3–5). Diese Tongruppen werden stets von dem Einzelton f#’ (oft mit einem Achteltonwert) gefolgt, der als Brücke zwischen der ersten Tongruppe und der danach folgenden Melodie zu fungieren scheint. Auch der zweite Teil der Zeilen, der je-weils nach dem Ton f#’ erfolgt, weist ähnliche melodische Gebilde und ihre Varianten auf. Der Ton f#’ taucht in jeder Zeile als Abschlusston auf. Der zweite Melodieabschnitt verläuft ein wenig anders als den ersten, jedoch sind die Zeilen ebenfalls von relativ kurzen Phrasen dominiert. Die am Anfang der Zeile 6 und der Mitte von Zeile 7 vorkommenden Tongruppen f#’–a’–f#’–e’–h’–f#’, die auch jeweils mit einem Bindebogen gesondert versehen sind, zeigen identische melodisch–rhythmische Merkmale. Nach Beendigung des zweiten Melodieabschnitts kehrt der Flötenspieler wieder zum ersten Abschnitt zurück. Auch hier sind frei gestaltete Melo-diezeilen feststellbar, die jedoch nicht über de gewohnten Rahmen der hier transkribierten Melodiezeilen und –abschnitte hinausgehen.

Stimmung

206

Notenbeispiel 49: Ausschnitt einer Ekibiswi–Stück, Varnum 1972, Signatur P–1753, Seite A, Nr. 7

EMBOROGO (Kikuyu – Kenia)

Name Klassifikation

Zusatz

Synonyme Form, Material Maße / cm Form/Anordnung

421.121.12 L/D mit Grifflöchern Emborogo

Querflöte aus Bambus (Kikuyu – Kenia)

L = 25 zylindrisch, vier vordere Grifflöcher, seitliches Anblasloch, meist rund, ist wesentlich größer als die Grifflöcher

Die Querflöte Emborogo gehört der Ekibiswi–Flötenfamilie. Sie ist mit vier vorderständigen Grifflöchern und einem seitlichen Anblasloch aus-gestattet. Die Rohrlänge beträgt etwa 25 cm. Der Abstand zwischen dem oberen Rohrende und dem Anblasloch ist ca. 5 cm, während die Grifflö-cher in ungefähr jeweils 2 cm Abstand erscheinen. Das Nodium besteht aus Bienenwachs. Die Emborogo wird von Knaben kurz vor ihrer Beschneidung gespielt. Wenn sie ein bestimmtes Alter erreichen, treffen sie sich und blasen die Querflöten Ekibiswi oder Emborogo und führen gleichzeitig den Ukuhu-

Ergologie Funktion/ Genderbeziehung

207

rania genannten Tanz aus. Mit funktional zu dieser Musikaufführung passenden Gesängen, bitten die Knaben um die Genehmigung und den Segen ihrer Eltern sowie respektierten Ältesten der Gemeinschaft. Sie singen so lange, bis sie die gewünschte Erlaubnis erhalten. Danach ziehen sie weiter tanzend und singend entlang der Dorfstraße zu dem für die Beschneidung besonders vorbereiteten Ort. Darüber hinaus wird die Emborogo für die Unterhaltung der Verlobten geblasen. Wenn die Flöte nur von älteren Männern geblasen wird, dann nur während einer männlichen Beschneidungszeremonie. In beiden Fäl-len ist die soziale Funktion der Emborogo zwar unterschiedlich, jedoch wird sie überwiegend im zeremoniellen Zusammenhang genutzt (Seno-ga–Zake 1981: 158f.). Nach Senoga–Zake (ebd.) sind die entsprechenden Stimmungen der Em-borogo ungefähr E, G, A, B und C# oder A, C, D, E und F#. Also sind die Intervallverhältnisse bis auf die ersten zwei Töne von Sekundschritten dominiert und zwar g3 bzw. k3, g2, g2 und g2. Es sind allerdings keine standardisierten Tonhöhen bzw. Stimmungen zu erwarten, da sie auch in diesem Fall durch den unterschiedlichen Bau der Flöten bedingt sind.

KILANZI, MWANZI, NPETA (Hehe, Makonde, Makua– Tansania) Name Klassifikation

Zusatz

Synonyme Form, Material Maße / cm Form/Anordnung

421.121.12 L/D mit Grifflöchern Kilanzi Mwanzi Npeta

Querflöte aus Bambus (Hehe, Makonde und Makua – Tansania)

L = 45–60 zylindrisch, vier bis 6 Grifflöcher

Bei den hier zusammengefassten drei offenen Querflöten Kilanzi, Npeta und Mwanzi handelt es sich um Bambusflöten, deren Gesamtlängen un-gefähr zwischen 45 und 60 cm liegen. Basierend auf Beobachtungen von einigen Exemplaren im Nationalmuseum Tansanias, berichtet von Gnie-linski (1989: 157), dass diese Querflöten mit 4 bis 6 vermutlich vorder-ständigen Grifflöchern ausgestattet sind, die durchschnittlich ca. 4 cm weit auseinander gebohrt werden. Diese Querflöten begegnen uns bei den bantusprachigen Hehe223–, Ma-konde224– und Makua225–Gemeinschaften aus Südtansania. Die Hehe bezeichnen ihre Querflöte Kilanzi, während die Makua sie als Npeta be-zeichnen. Hingegen nennen die Makonde ihre Querflöte Mwanzi, was in Kiswahili soviel bedeutet wie „Bambus“.

223 Das Gebiet der Hehe ist vor allem die Iringa–Hochlandregion im südlichen Tansania. 224 Auch Matambwe und Wamatambwe; Makonde gibt es auch in Mosambik und Kenia. 225 Auch Macua oder Makhuwa; eine kleine Gruppe der Makua bewohnt auch das nördli-

che Gebiet Mosambiks.

männliche Beschneidungsriten

und die Rolle der Emborogo–Flöte

g

208

MLANZI (Wagogo – Tansania) Name Klassifikation

Zusatz

Synonyme Form, Material Maße / cm Form/Anordnung Mlanzi 421.121.12 L/D mit Grifflöchern Taarabu

Querflöte aus Bambus (Wagogo – Tansania)

L = 25–30 zylindrisch, vier vordere Grifflöcher

Die als Mlanzi bzw. Taarabu bekannte Bambusquerflöte besitzt vier vor-derständige Grifflöcher. Die Rohrlänge ist etwa 25–30 cm und ihr Durchmesser ungefähr 3 cm. Beim Spielen wird die Querflöte rechts vom Spieler gehalten. Jeweils zwei Grifflöcher werden mit den Zeige– und Mittelfingern der linken und rechten Hände abgegriffen wie dies in der Abbildung 144 vorgestellt worden ist.

Abbildung 144: Grifflochanordnung auf der Mlanzi–Querflöte der Wagogo

Die Mlanzi ist in der Musikkultur der Wagogo aus Zentraltansania in Gebrauch. Den Vermutungen einiger Wissenschaftler zufolge, wurde sie durch die Handelskarawane des 19. Jahrhunderts aus dem arabischen Raum eingeführt und im Laufe der Zeit in die traditionelle Musik der Wagogo integriert (Kubik 1982: 134; Nketia 1967: 85). Die Mlanzi begleitet in der Regel als Ensembleinstrument die so genann-ten Ngoma–Gesangs– und Tanzaufführungen. Beispielsweise sind die traditionellen Nindo– und Chiganda–Tänze zu nennen, die in fast jedem Wagogo–Dorf präsent sind. Diese von vielen Teilnehmern gestalteten Aufführungen werden von zahlreichen Instrumenten begleitet. Diese sind z.B. ein Sanduhrtrommelsatz, Beinrasseln und Fußschellen, das Lamel-lophon Ilimba, die Bogenlaute Chizeze226, Schrillpfeifen227, das Querhorn Ndulele und nicht zu letzt die Querflöte Mlanzi. Diese Instrumentalbeset-zungen können sich von Ort zu Ort, aber auch je nach dem entsprechen-den musikalischen Anlass unterscheiden. In einer solchen Musikaufführung wird das Trommelspiel gewöhnlich den weiblichen Musikern überlassen, während alle oben genannten Mu-sikinstrumente einschließlich der Querflöte Mlanzi von Männern gespielt werden. Gemeinsam mit dem Querhorn Ndulele besteht die musikalische

226 Die Bogenlaute ist auch als Izeze bekannt. In früheren Zeiten war sie nur mit zwei

Saiten ausgestattet, die in einem Intervallverhältnis von einer kleinen Terz gestimmt wurden. Heutzutage jedoch begegnen uns Chizeze–Bogenlauten mit mehreren Saiten. Der Instrumentenhals ist ungefähr 50 bis 70cm lang (Kubik 2001a: 85).

227 Nach Kubik (2001a: 85) dienen diese Metallpfeifen „europäischer  Fabrikation“ auch als Polizeipfeifen. Sie werden auch auf dem lokalen Markt in Tansania angeboten werden.

Ergologie

Verbreitungsgebiet Funktion

209

Funktion der Mlanzi darin, von Zeit zu Zeit kurze Phrasen auszuführen, dessen Melodien – Kubiks (1982: 134f.) Untersuchungen zufolge – gegen den Chorgesang gestaltet zu sein scheinen. Der Anfang einer solchen Musikausführung wird durch Pfeifensignale eröffnet228. Danach setzen die Querflöte und das Querhorn ein (Kubik ebd.: 134f. und 138, 1998d: 19f. und 2001a: 85f.). Obwohl die melodischen Patterns der Mlanzi mit dem pentatonischen Vokalpart des Nindo–Gesanges nicht übereinstimmen, ist Kubik (ebd.: 134) der Annahme, dass die Flötenstimmung trotzdem auf eine pentatoni-sche Tonreihe basiert. In der Sammlung des Völkerkundemuseum in Wien befinden sich einige Querflöten aus verschiedenen Bambusarten mit und ohne Knoten sowie aus Holz. Allerdings kommen überwiegend Bambusflöten vor. Außer dem seitlichen Anblasloch besitzen die meisten dieser Flöten vier vorder-ständige Grifflöcher. Sie wurden aus den verschiedenen Regionen Afri-kas gesammelt. Abbildungen 145 und 146 zeigen zwei ausgewählte Ex-emplare aus dieser Sammlung. FLÖTE n.n. (Ngorine, Shashi – Tansania)

Name Klassifikation

Zusatz

Synonyme Form, Material Maße / cm Form/Anordnung 421.121.12 L/D mit Grifflöchern

offene Querflöte aus Bambus (Ngorine – Tansania)

L = 43 ø = 2

zylindrisch, vier vordere Grifflöcher, seitliches Anblasloch, Nodium aus Harz

offene Querflöte aus dickwandigem Bambus (Shashi– Tansania)

L = 30 ø = 2,2

zylindrisch, vier vordere Grifflöcher, seitliches Anblasloch, Nodium aus Harz

Die Abbildungen 145a–b zeigen eine Querflöte aus dünnwandigem Bam-bus mit langen Knoten. Die Flöte hat vier vorderständige Grifflöchern und ein ovales Anblasloch, während das Nodium aus Harz besteht. Bei diesem Instrument handelt es sich um ein älteres Exemplar aus 1893. Die im Katalog eingetragene Volksgruppe heißt Ngorime229, die die nördliche Region Zentraltansanias an der Grenze zu Kenia bewohnt. Des Weiteren ist in den Abbildungen 146a–c eine weitere Querflöte aus einem dickwandigen Bambus mit vier vorderen Grifflöchern veranschau-licht. Unmittelbar neben dem Rohrende befindet sich das seitliche An-blasloch, während die obere Rohröffnung mit Harz verschlossen ist. Die Gesamtlänge dieser Flöte ist 30 cm, der Durchmesser 2,2 cm. Sie wurde 1902 bei den Shashi230 gesammelt, die in der Mara–Region im nördlichen Tansania an der Grenze zu Kenia leben.

228 Siehe auch traditionelle Musikaufführungen der Wagogo unter den „Spaltflöten“. 229 Auch Ikingurimi, Ngoreme, Ngruimi, Nguruimi und Dengurume genannt. 230 Auch Sizaki, Sasi und Kisizaki genannt.

Querflöten der Ngorine und Shashi

aus Tansania

210

Abbildung 145a

Abbildung 145b

Abbildung 146a

Abbildung 146b

Abbildungen 146c

Fotos: T. Teffera. 17.05.2006. Wien

2.3.6. Querflöten ohne Grifflöcher  Im Folgenden werden grifflochlose Querflöten ausgelistet und Einzeln untersucht: Tabelle 26: Ostafrika: Querflöten ohne Grifflöcher

Instrument

Maße in cm Material Verbreitungsgebiet Ethnie/Land

Filulu L = 20 Kalebasse Sukuma/Tansania Ludaya L = 25 – 85 Lobeliabaum Gishu/Uganda

FILULU (Sukuma – Tansania) Name Klassifikation

Zusatz

Form, Material Maße / cm Form/Anordnung Synonyme 421.121.11 L/D ohne Grifflöcher Filulu

Querflöte aus Kalebasse (Sukuma – Tansania)

L = ca. 20 konisch oder zylindrisch, runde oder ovale Anblaslö-cher

Die Querflöte Filulu wird aus der hohlen Spitze einer langhalsigen und ausgetrockneten Kalebasse hergestellt (Abb. 147 a – c231). Die Öffnungen beider Rohrenden werden zuerst mit passenden Pfropfen verschlossen, die wiederum jeweils mit einem kleinen Schallaustrittsloch in der Mitte versehen werden. Das runde oder ovale Anblasloch befindet sich in der Mitte des Rohrs (Bartz 2004: 10–13; Ankermann: 1901: 42). Bedingt durch die natürliche Form der zur Verfügung stehenden Kalebas-senspitze, d.h. leicht gebogen und konisch, gerade und zylindrisch, unter-scheidet sich eine Filulu–Flöte von der anderen. Somit sind die Dimensi-onen unterschiedlich. Auch das Anbringen der gewöhnlich runden Löcher 231 Vgl. Ankermann 1901: 42 und Bartz 2004: 10–13.

Ergologie

211

an den Rohrenden kann die Tonhöhen und Klangfarben entsprechend beeinflussen. Es ist möglich auf der Filulu mehrere Tonhöhen durch Auf– und Abde-cken der Löcher an den Rohrenden mit den Daumen zu erzeugen. Toner-weiterungen können aber auch durch Überblasen ermöglicht werden. Die Filulu ist bei den nordwesttansanischen Sukuma beheimatet. Laut Bartz (2004: 11) versucht der Musiker mit Hilfe der vier Tonhöhen den Namen des Instruments und zwar fi–lu–uu–lu wiederzugeben. Des Weite-ren werden mit dem von der Filulu erzeugten Klang bzw. mit der gespiel-ten Melodie bestimmte Vogelarten imitiert, die bei den Sukuma beheima-tet sind. Die Filulu wird ausschließlich als Soloinstrument für die eigene Unter-haltung vermutlich nur von Männern genutzt. Funktion/Stimmung: Bartz (2004: 10f.) erläutert, dass es aufgrund der Individualität dieser Flöte nicht besondert effektiv ist, die Stimmungen verschiedener Flöten miteinander zu vergleichen, da erhebliche und ganz und gar ergologisch bedingte Unterschiede nicht ausgeschlossen werden können. Technisch betrachtet können dennoch die folgenden Tonhöhen auf eine Filulu gespielt werden: • durch Aufdecken der Öffnungen an beiden Enden des Rohrs wird zu-

nächst der technische Grundton erzeugt • das Abdecken der einen Öffnung ermöglicht den 2. höheren Ton • durch Abdecken der anderen Öffnung wird der nächste höhere Ton

hervorgerufen • das Abdecken der Öffnungen beider Enden ermöglicht den 4. Ton und • ein Überblasen lässt anschließend den 5. Ton erklingen. In einer von mir untersuchten Filulu–Melodie wurden die im Notenbei-spiel 50 angegebenen vier Tonhöhen verwendet. Notenbeispiel 51 stellt den transkribierten Ausschnitt dar. Im Verlauf der Melodiegestaltung erfüllt jeder Ton eine bestimmte musi-kalische Funktion. Für eine bessere optische Übersicht wurde die Melodie in mehreren Zei-len aufgegliedert niedergeschrieben, wobei die ersten zwei als Einführung zu fungieren scheinen. Sie gelten somit vermutlich als Aufwärmphase für die nachfolgenden Zeilen. Der Ausgangston h’ erscheint fast in jeder Zeile und zwar überwiegend als Schlußton. In bestimmten Melodiezeilen fungiert er aber auch als Initialton wie beispielsweise die Zeilen 7, 8, 9, 11 und 13 zeigen. Der Ton c#’’’ spielt dagegen als einen zentralen Ton eine führende Rolle in der melodischen Gestaltung. Im Vergleich zu die-sen zwei Tönen werden die Töne d#’’’ und f#’’’ eher als Verbindungstöne genutzt. Als eine oft vorkommende Melodiebewegung gilt somit z.B. die Abwärtsbewegung, von f#’’’ zu den Tonhöhen d#’’’ und c#’’’ wie u. a. in den Zeilen 1, 2 und 10. Im Gegensatz dazu erscheint der Ton d#’’ in Ton-verbindung mit f#’’’ in einer Abwärtsbewegung etwa in den Zeilen 10 und 12 oder mit den Tonhöhen h’’ und c#’’’ in Aufwärtsbewegung, z.B. Zeilen 9 und 11.

Spielweise

Verbreitungsgebiet

a

b

c

Abbildungen 147a–c

212

Notenbeispiel 50: Filulu–Stimmung: siehe Gregory Bartz 2004: Begleit–CD zum Buch Musikbeispiel 2

Notenbeispiel 51: Ausschnitt aus einer Filulu–Melodie: Aufnahme: Bartz 2004: Begleit–CD zum Buch Musikbeispiel 2

Im Allgemeinen weisen die Zeilen 3 bis 12 identische Melodiestrukturen mit freien, verschiedenartigen Gestaltungen auf. Zeile 13 bildet den Ab-schluss des gesamten Melodieabschnittes. Danach kehren die soweit be-schriebenen Zeilen in zyklischer Form wieder.

213

LUDAYA (Gishu – Uganda) Name Klassifikation

Zusatz

Synonyme Form, Material Maße / cm Form/Anordnung

421.121.11 L/D ohne Grifflöcher

Ludaya Lusweye

Querflöte aus Lobeliabaum (Gishu – Uganda)

L = 25–85 ø = 2,5

konisch, seitliches Anblasloch rund, oval oder rechteckig

Die grifflochlose Querflöte Ludaya bzw. Lusweye (Abb. 148) wird zu-meist aus dem getrockneten Blumendorn eines kurzlebigen Lobeliabaums gefertigt. Das Material heißt in der Lokalsprache Litaya. Nach Cooke (1971: 80) wird dieses Material auch bei anderen Volks-gruppen etwa bei den Kiga, Nyarwanda und Nyankore aus Westuganda und bei den Tepeth aus Nordostuganda gewöhnlich für den Instrumen-tenbau verwendet. Das dünnwandige und zum Ende hin leicht konisch verlaufende Rohr kann etwa 25 bis 65 cm lang sein und ungefähr 2,5 cm bis 1,5 cm Durchmesser betragen. Das rund, oval oder rechteckig ge-schnittene, seitliche Anblasloch befindet sich an dem weiten Rohrende. Im Folgenden schildert Cooke (1971: ebd.) die Materialbearbeitung für die Herstellung einer Ludaya und die traditionsgemäß angewandten Me-thoden für die Bestimmung der Rohrlänge, die mit der individuellen Maßanfertigung in Zusammenhang steht:

Abbildung 148: Querflöte Ludaya; Foto: mit freundlicher Genehmigung von Peter Cooke 25.12.2006

„When the tall flower spike is cut off the plant (which can grow to heights of 20 feet and more), the dried flow-ers are scraped off to leave a straight, hollow, thin–walled tube up to 1 – 1/2 metres long with a clean, gently conical bore. The walls can easily and quickly be pierced by burning or cutting. The tube is held in a horizontal playing position and cut off just short of the furthest point along the tube that the player can comfortably reach with his right hand index finger. Once the flute is neatly cut to length at right–angles to its length and a neat mouth–hole cut some 4–5 cm from the wide end, the flute is ready for playing”.

Flöten, die nach individueller Körpergröße und Handlänge eines Musi-kers maßangefertigt werden, sind auch in anderen Musikkulturen Ugan-das und Kenias zu beobachten. Beispielsweise wird die offene Längsflöte Ebune der Turkana aus Kenia auf diese Weise hergestellt. Im Gegensatz zu der Ludaya–Flöte, besitzt die Ebune zwei vordere Grifflöcher, die, angepasst an die Armlänge des Spielenden, sehr weit unten am Rohrende gebohrt werden (siehe auch Beschreibung Ebune). Daher begegnen uns solche Flöten einschließlich der Querflöte Ludaya in verschiedenen Di-mensionen. Zum Spielen wird die Ludaya horizontal gehalten und an ihrem Ende mit der rechten Hand gestützt. Während der Musiker den Zeigefinger seiner rechten Hand zum Auf– und Abdecken des offenen Rohrendes nutzt,

Spielweise

214

dient der Daumen seiner linken Hand zum Schließen der entgegengesetz-ten Öffnung. Die Ludaya besitzt nach Cooke (ebd.) eine Reihe ungewöhnlicher Merk-male, die nicht nur mit ihrer Beschaffenheit und Dimensionen, sondern auch mit ihrer Spieltechnik und in mit ihrem Musikrepertoire zusammen-hängt. Dies wird von Cooke wie folgt näher erläutert:

„Ludaya is an unusual type of flute found among the section of the Gisu people… It is unusual firstly because transverse flutes are rare in East Africa, the possibility that it is more than an original invention of those people and that it may indicate past cultural links with other tribes playing transverse flutes can be considered very remote. So, too, can be the chance that it is merely an imitation of a European flute (the Db piccolo) played in many Catholic mission schools in Uganda. The second unusual feature is the absence of stops …. and its playing technique.”

Die Ludaya kommt bei den Gishu vor, die überwiegend zwischen dem Nordufer des Viktoriasees und dem Mount Elgon im östlichen Uganda als sesshafte Ackerbauern leben. Die am Abhang dieses ungefähr 1.300 Meter hohen Berges lebenden Gishu–Gruppen bestreiten ihr Leben als Jäger und Sammler. Hier ist auch der Gebrauch der Ludaya weit verbrei-tet, vor allem aufgrund des reichen Materialvorkommens. Andererseits spielen die weiter im Tal lebenden Gishu die Ludaya äußerst selten, da hier keine geeignete Pflanze für den Flötenbau wächst (Cooke ebd.: 79). Die Gishu zählen zu einer der ältesten Bantugruppen dieses Gebiets. Eine große Anzahl dieser Gemeinschaft hat sich im Laufe der Zeit mit den Nachbarvölkern, etwa den Teso, Adhola, Nyole, Gwere and Samia, durch Heirat vermischt. Nach Cooke (1971: 82) begleitet die Ludaya gemeinschaftliche Tanz– und Gesangsveranstaltungen der Gishu, wobei sie in der Regel nur von Männern232 geblasen wird. Unter anderem erklingt sie beim gemeinsamen Biertrinken der Männer und dient auch der Unterhaltung von Häuptlingen oder anderen wichtigen Personen. Es wird zudem vermutet, dass die Flöte von Hirten beim Bewachen ihrer Herden eingesetzt wird, eine häufige Praxis in vielen ostafrikanischen Musiktraditionen (Wachsmann/Trowell 1953: 347). Gemeinsam mit verschiedenen Trommeltypen, Isaasi–Floßrasseln, Bitsetse–Fußrasseln (beide Rasseln sind aus Metall) und heutzutage auch mit der Liduku233 bzw. Litungu genannten 7–saitigen Leier dient die Ludaya auch als Ensembleinstrument unterschiedlichen musikalischen Anlässen wie beispielsweise Initiationszeremonien von Knaben für die Begleitung des Musico–Tanzes. Cooke (ebd.) erläutert über die Verwendung der Ludaya in diesem Zusammenhang so:

232 Als Ausnahme erwähnt Cooke (1971: 83) seinen wiederholten Besuch im südlichen

Gishu–Gebiet, um eine Frau zu treffen, die für ihr Spiel auf der Ludaya sehr berühmt war, doch er bekam diese Gelegenheit nie. Er bemerkt jedoch, dass sie offensichtlich die einzige Flötenspielerin in ganz Uganda sein müsste, von der er jemals gehört hat.

233 Die Kombination der Leier Liduku mit der Querflöte Ludaya ist scheinbar ein neues Experiment, da sie sonst im traditionellen Ludaya–Repertoire so nie vorkommt (Cooke 1971: 83).

Funktion und Genderbeziehung

Verbreitungsgebiet Herkunft der Gishu

215

“In the musico–dance excursions made by young initiates and their brethren in the months before circumcision (in Northern Bugisu) a flute is often blown with many drums and bells used and plays phrases which represent sung words exhorting those soon to be circumcised to have courage.“

Da die Ludaya eine grifflochlose Flöte ist, wäre eine Tonhöhenerweite-rung nur durch die Überblastechnik möglich. Als Ergebnis von Cookes (ebd.: 80f.) Untersuchungen auf einer Ludaya–Flöte werden somit beim Auf– und Abdecken einer Rohröffnung zwei verschiedene Teilton–reihen erzeugt. Die technischen Grundtöne beider Teiltonreihen sind aufgrund der engen Bohrung der Flöte akustisch kaum wahrnehmbar. Stattdessen erklingen die weiteren Teiltöne über den Grundtönen. Beider Versionen der Teiltonreihen stellt Cooke (ebd.) in den Notenbeispielen 52 und 53 dar. Anhand der veranschaulichten Teiltonreihen ist feststellbar, dass bei der 1. Version die von Cooke auf der Flöte ermittelten Teiltöne in der ge-wohnten Reihenfolge (1, 2, 3, usw.) vorkommen, während bei der 2. Ver-sion das Abdecken der unteren Rohröffnung die ungeradzahligen Teiltö-ne (1, 3, 5, usw.) erzeugt worden sind. Basierend auf diesen zwei ver-schiedenen Teiltonreihen kann also ein Ludaya–Spieler seine eigenen Tonhöhen durch wechselndes Auf– und Abdecken der Rohröffnung se-lektieren und entsprechende Melodien ausführen (Cooke 1971: 81).

Notenbeispiel 52: Teiltonreihe der Ludaya beim Aufdecken der unteren Rohröffnung

Notenbeispiel 53: Teiltonreihe der Ludaya beim Abdecken der unteren Rohröffnung

Cooke (ebd.: 82) erklärt weiter zur Tonhöhenerzeugung und den daraus resultierenden Teiltonreihen unterschiedlich langer Ludaya–Flöten: „Experiments with different lengths of Lobelia stalk confirmed that shorter flutes would produce similar har-monic series with a similar relationship to each other, though the highest harmonics were often impossible to blow unless the flute had a considerably narrower bore. This would suggest that the Gishu can produce notes from flutes of various lengths all of which have quite acceptable tuning for their songs”.

Flötenstimmung

216

Ein kurzer Ausschnitt eines von Cooke transkribierten Musikbeispiels wird im Notenbeispiel 54 veranschaulicht (siehe auch Cooke ebd.: 84). Die Ludaya wird hier gemeinsam mit den Isaasi und Bitsetse Floß– und Fußrasseln zur Gesangsbegleitung gespielt. Die Tonaufnahme mit dem Titel Umwana W'omugisu Am Imasaaba, was soviel bedeutet wie „Der Sohn von Mugisu aus Masaba“, ist auch unter der Sammlungsnummer PCUG64–8.37.A1 und 1a (C23) in der British National Sound Library zugänglich. Auf den ersten Blick kann bei dieser zeilenweise niedergeschriebenen Notation festgestellt werden, dass die Ludaya kurze und in zyklischer Form wiederkehrende Melodiezeilen spielt, die sich aus jeweils zwei Melodiehälften zusammensetzt. Dabei endet die erste Hälfte stets auf dem Ton h’ und die zweite auf dem Ton a’.

Notenbeispiel 54: Ludaya–Flötenmelodie, begleitet von Isaasi und Bitsetse (Floß– und Fußrassel), Aufnahme: Peter Cooke, 30. Juni 1968, Gombolola HQ, Bumasifwa, Budadiri, Bugisu–Distrikt, Uganda, PCUG64–8.37.A1 und 1°

.

217

2.3.7. Gedackte Querflöten mit Grifflöchern

Bisherige Recherchen haben ergeben, dass sich in Ostafrika das Vor-kommen von gedackten Querflöten im Unterschied zu offenen Querflöten auf sehr wenige Volksgruppen aus Kenia und Tansania reduziert. Das Besondere dieser Flöten besteht darin, dass beide Enden des Rohrs ge-schlossen sind, wobei jeweils ein Verschluss zugleich als Nodium funkti-oniert.

Tabelle 27: Ostafrika: Offene und gedackte Querflöten mit Grifflöchern

Instrument

GF Maße / cm Material Verbreitungsgebiet Volksgruppe/Land

Ekerongwe 4 L = ca. 27 Bambus Kuria/Kenia Ikere 4 L = 45–50 Bambus Kuria/Kenia Umwere 4 L = 57–60 Bambus Kuria/ Kenia Querflöte n.n. 4 L = 33

D = 2,2 Bambus Ngorime/Tansania

Querflöte n.n. 4 L = 45 D = 2,2

Bambus Shashi/Tansania

Querflöte n.n. 4 L = 30 D = 1,5

Bambus Shashi/Tansania

Querflöte n.n. 4 L = 32,2 D = 1,5

Bambus Shashi/Tansania

GF = Griffloch/Grifflöcher

EKERONGWE (Kuria – Kenia)

Name Klassifikation

Zusatz

Synonyme Form, Material Maße / cm Form/Anordnung

421.121.32 L/D mit Grifflöchern

Ekerongwe

gedackte Querflöte aus Bambus (Kuria – Kenia)

L = 40 ø = 3

zylindrisch, vier vordere Grifflöcher, scharfe Anblaskante

Die gedackte Ekerongwe– bzw. Ekirongwe– Bambusquerflöte beträgt eine Gesamtlänge bis zu 40 cm. Nach Senoga–Zake (1988: 159) wird sie mit vier vorderständigen Grifflöchern und einem seitlichen Blasloch aus-gestattet. Gespielt wird die Ekerongwe beim Viehhüten, und zwar in der Regel nur von Knaben oder von verheirateten, jedoch nicht sehr alten Männern (Senoga–Zake: ebd.). Dies weist darauf hin, dass ihr Gebrauch mit be-stimmten sozialen Kontexten verknüpft ist. Das gleiche gilt für die Quer-flöten Ekibiswi der Kikuyu, die Chivoti–Flöte der Giriama, Digo usw. (Jähnichen 1998: 152).

*****

Ergologie

musikalische Funktion und

Genderbeziehung

218

Ob es sich bei der Ekerongwe substantiell um die nachfolgend untersuch-te Ikere–Querflöte handelt, kann leider nicht mit Gewissheit bestätigt werden. John Varnum, der Anfang der 70er Jahre bei den Kuria Feldfor-schungen durchführte, vermutet, dass die Kuria grundsätzlich nur drei Querflöten in ihrer Musikkultur nutzen. Diese sind die offene Querflöte Ekibiswi und die zwei gedackten Querflöten Ikere und Umwere. Schenkt man Varnums Feststellungen Glauben, dann kann es sich demnach mög-licherweise um ein und dieselbe Querflöte handeln, die sowohl Ekerong-we als auch Ikere genannt wird (Varnum 1970: 462–467 und 1972/Schallplattenkommentar). Gleichzeitig lässt dies aber auch Zweifel aufkommen, wie tiefgründig Varnum das Vorkommen von Querflöten der verstreuten Kuria–Gruppen dokumentiert haben könnte. Als Vieh-züchter und Halbnomaden leben die Kuria in weit voneinander entfernt gelegenen Siedlungsgebieten. Musikethnologische Feldforschungserfah-rungen in Afrika haben jedoch stets bewiesen, dass selbst innerhalb einer Gemeinschaft immer wieder neue Erkenntnisse gesammelt werden kön-nen. Könnten die Kuria also doch mehr Querflöten in ihrer Musikkultur besitzen als hier angenommen? Aufgrund der Tatsache, dass im Allgemeinen viele verschiedene Instru-mentenbezeichnungen in Ostafrika mitunter erhebliche Differenzen auf lokaler, regionaler und nationaler Ebene aufweisen, ist es schwierig, die entsprechenden Terminologien einwandfrei zu verwenden. Hinzu kom-men auch die Dialekte, die von unterschiedlichen Gruppen oder Klans einer Volksgruppe gesprochen werden und somit ebenfalls Auswirkungen auf Instrumentenbezeichnungen haben können. Dennoch seien hier beide Querflöten Ekerongwe und Ikere absichtlich getrennt voneinander untersucht, um eventuelle Fehler und Missver-ständnisse zu vermeiden.

IKERE (Kuria – Kenia) Name Klassifikation

Zusatz

Synonyme Form, Material Maße / cm Form/Anordnung

421.121.32 L/D mit Grifflöchern Ikere

gedackte Querflöte aus Bambus oder Schilf (Kuria – Kenia)

L = 45–50 ø = 3–4

zylindrisch, vier vordere Grifflöcher, seitliches Anblasloch

Die Querflöte Ikere wird gewöhnlich aus einem bambusähnlichen und kurzlebigen Material (Schilf) hergestellt. Der Unterschied zu den Quer-flöten Ekibiswi, Emborogo und Chivoti der Giriama und Kikuyu liegt darin, dass sie gedackt ist (Varnum 1970: 465 und 1972234). Ihre Gesamt-länge kann bis zu 50 cm betragen. Somit ist sie die zweitgrößte Querflöte der Kuria nach der Umwere. Das seitliche Blasloch befindet sich am obe-ren Rohrende. Die vier vorderen Grifflöcher sind so gebohrt, dass zwi-schen den ersten beiden und den letzten zwei Löchern ein wesentlich

234 LP: Music of the Kuria and the Gusii of Western Kenya Ethnic Folkways Records FE

4223; 1972 Signatur P–1753, Sammlung: Phonogramm–Archiv der Abteilung Musik-ethnologie des Museums für Völkerkunde Berlin.

Ergologie

219

größerer Abstand besteht. Diese besondere Eigenschaft ermöglicht einen großen Intervallabstand zwischen dem dritten und vierten Ton, was bei den kleineren Querflöten unmöglich wäre. Ähnlich wie die anderen Querflöten dieser Familie wird die Ikere ge-wöhnlich von Hirten zur Selbstunterhaltung geblasen. Sie wird auch zu anderen Anlässen der Kuria, wie zum Beispiel zu männlichen Beschnei-dungszeremonien gespielt. Es ist soweit nicht bekannt, dass Kuria–Frauen die Ikere oder andere Flöten spielen. In einem von Varnum aufgenommenen Ikere–Instrumentalstück erklin-gen folgende Tonhöhen (Notenbeispiel 55): Notenbeispiel 55: Auf der Ikere gespielte Tonhöhen entnommen aus dem aufgeführten Instrumentalstück, Aufnahme: Varnum 1972, Music of  the Kuria and  the Gusii of Western Kenya Ethnic Folkways Records FE 4223, LP, Signatur P–1753, Seite A, Nr. 6

Im Hinblick auf die Stimmung sind die von der Ikere–Flöte erzeugten Intervalle, im Vergleich zu anderen Querflöten der Kuria wie beispiels-weise die Ekibiswi, von Halbtonschritten dominiert. Abgesehen von den möglicherweise durch Überblastechnik, Gabelgriff und durch teilweises Abdecken von Grifflöchern erzeugten Tonhöhen, spielen auch die Ober-töne in der Melodiegestaltung eine Rolle. Der Tonumfang erstreckt sich über eine Oktave hinaus. Ein kurzer Abschnitt der im Notenbeispiel 56 veranschaulichten Ikere–Melodie schöpft aus dieser Tonreihe. Diese freimetrisch gestaltete Melodie verläuft in einem schnellen Tempo. Jede Zeile orientiert sich – wie so oft in dieser Arbeit untersuchten Mu-sikbeispielen – hauptsächlich nach den Atempausen des Flötenspielers, die am Ende einer jeden Melodiezeile mit einer Vierteltonpause angege-ben ist. Dieser folgt stets eine markante Melodie in der neuen Zeile. Die innerhalb einer Melodiezeile vorkommenden kurzen Pausen hingegen teilen die jeweilige Zeile in zwei Phrasen auf. Als Beispiel sei die 1. Me-lodiezeile im Notenbeispiel 57 näher untersucht, die teilweise eine Ähn-lichkeit mit den Melodiezeilen 2, 4, 5 und 7 (Notenbeispiel 56) aufweist. Eine solche Melodiezeile besteht aus den Melodieformeln A und B, die jeweils mit einem eigenen Bogen versehen sind. Nach Beendigung der Formel A taucht stets die kurze Pause (Achtel oder Achtel punktiert) auf. Diese wird dann von der Formel B gefolgt, die die Tonverbindung g#’–f#’–g#’ mit einen Finalcharakter darstellt. Mit Ausnahme der 3. Melodie-zeile kommt diese markante Tonfolge mit frei gestalteten Motiven in allen Zeilen vor. Auffallend sind die oft in Abwärtsbewegung gestalteten Tonsequenzen, die nach Varnum (1970: 465) zu den Besonderheiten der Kuria–Flötenstücke gehören. Aus seiner Untersuchung geht ferner hervor, dass der Grundton in den meisten Melodien sehr selten benutzt wird. Dies ist im transkribierten Notenbeispiel durch den tiefsten Ton h’ auch feststell-bar, der im gesamten Stück (siehe Zeile 7) nur einmal vorkommt. Im

Funktion Genderbeziehung

220

Vergleich dazu, sind die Häufigkeiten aller anderen Tonhöhen fast gleichmäßig verteilt.

Notenbeispiel 56: Ausschnitt einer Ikere–Flötenmelodie, Aufnahme: Varnum 1972, Music of  the Kuria and  the Gusii of Western Kenya Ethnic Folkways Records FE 4223, LP, Signatur P –1753, Seite A, Nr. 6

Notenbeispiel 57: Ausschnitt aus Notenbeispiel 56

Einige der Melodiezeilen oder Teile dieser wiederholen sich außerdem ganz oder teilweise, wie zum Beispiel in den Zeilen 3 und 8 Dabei kom-men unwesentliche Tonhöhenveränderungen, die vermutlich eher freie Melodiegestaltungen sind.

221

UMWERE (Kuria – Kenia) Name Klassifikation

Zusatz

Synonyme Form, Material Maße / cm Form/Anordnung 421.121.32 L/D mit Grifflöchern

Umwere

gedackte Querflöte aus Bambus (Kuria – Kenia)

L = 57–60 ø = 2,5

zylindrisch, vier vordere Grifflöcher, seitliches Anblasloch

Die Querflöte Umwere gehört ebenfalls zur Ekibiswi–Flötenfamilie. Der Unterschied zu den anderen Flöten besteht darin, dass sie gedackt ist (Varnum: ebd.). Ihre Gesamtlänge kann bei 57 bis 60 cm liegen und der Durchmesser bei 2,5 cm. Die Umwere ist somit die längste Querflöte unter den Kuria–Flöten. Ähnlich wie die Ikere sind auch bei der Umwere vier vorderständige Grifflöcher vorhanden, die einen auffallend großen Abstand zwischen den zwei ersten und den zwei letzten Grifflöchern aufweisen. Auch die Umwere wird nur von Männern zur eigenen oder gemeinsamen Unterhaltung gespielt, jedoch ist sie ein überwiegend von älteren Män-nern bevorzugte Flöte, die beispielsweise beim Biertrinken erklingt. Auf der von Varnum 1972 publizierten Schallplatte235 befinden sich zwei solistisch auf der Umwere ausgeführte Musikstücke. Der Höhreindruck lässt vermuten, dass es sich dabei um zwei unterschiedliche Flöten han-delt, die wahrscheinlich auch von verschiedenen Musikern geblasen wur-den. Eine der Flötenmelodien begleitet anscheinend einen rezitativen Sologesang, wobei der Sänger nach recht großen Pausen einsetzt. In der Mitte des Stückes hört man einen Frauentriller. Der Flötenpart ist akus-tisch gut hörbar. Alle in diesem Musikstück von der Umwere genutzten Tonhöhen sind im Notenbeispiel 58 gezeigt. Der Tonumfang erstreckt sich über einer Oktave hinaus. Notenbeispiel 58 Auf einer Umwere-Flöte vorkommende Tonhöhen entnommen aus der aufgeführten Instrumentalstück, Aufnahme von John Varnum 1972, LP, Signatur P-1753, Seite A, Nr. 4

Es ist feststellbar, dass der Ton c#’ sich um eine Oktave höher auf c#’’ wiederholt (gleicher Ton nur in unterschiedlichen Frequenzbereichen), so dass insgesamt fünf Tonhöhen eine fundamentale Rolle in der melodi-schen Gestaltung spielen. Im Gegensatz zu den offenen Querflöten wie etwa die Ekibiswi, auf der man bis zur Oktave überblasen kann, sind nach Varnum (1970, 1972: ebd.) auf den gedackten Querflöten Umwere und Ikere Intervalle bis zum 12. Oberton erreichbar. Die auf der zuvor aufgelisteten Tonreihe basie-rende Flötenmelodie nutzt überwiegend die Tonhöhen g#’–h’–c#’’ und

235 LP–Music of the Kuria and the Gusii of Western Kenya Ethnic Folkways Records FE

4223; 1972 Signatur P –1753, Sammlung: Phonogramm–Archiv der Abteilung Musik-ethnologie des Museums für Völkerkunde Berlin.

Ergologie

222

d#’’. Der Ton f#’ kommt einige Male in Zeile 5 vor, während der tiefste Ton c#’ im gesamten Stück lediglich einmal erklingt, da der Grundton gewöhnlich kaum genutzt wird (Varnum ebd.: 465). Das Notenbeispiel 59 zeigt einen Extrakt dieses Instrumentalstückes, das in sechs Melodie-zeilen aufgegliedert transkribiert wurde. Im weiteren Verlauf dieses Instrumentalstückes wiederholen sich grund-sätzlich die hier notierten Zeilen bzw. ihre melodisch rhythmische Vari-anten. Das Flötenstück ist zwar freimetrisch aufgebaut, doch es weist auf eine regelmäßige Struktur hin. Die Melodiezeilen bestehen sowohl aus kurzen als auch aus langen Phrasen und Formeln, die entsprechend mit Bindebögen verdeutlicht worden sind.

Notenbeispiel 59 Ausschnitt einer Umwere-Flötenmelodie, Aufnahme: Varnum 1972, Signatur P-1753, LP, Seite A, Nr. 4

Im Völkerkundemuseum in Wien befindet sich eine geringe Anzahl von gedackten Querflöten aus Tansania. Sie sind aus verschiedenen dünn– und dickwandigen Bambusarten hergestellt. Abgesehen von ihrer aus-schließlich zylindrischen Rohrform, besitzt jede Flöte jeweils vier vorder-ständige Grifflöcher sowie ein Anblasloch, das sich gewöhnlich am Roh-rende befindet. Die als Nodium und Verschluss verwendeten Materialien sind vermutlich Hartgummi oder Harz bzw. eine Zusammensetzung ähn-licher Stoffe. Es liegen kaum wissenschaftliche Untersuchungen zu diesem Flötentyp vor, so dass viele Fragen im Hinblick auf ihre Spielweisen, –techniken, Stimmungen, musikalischen Funktionen, Repertoires usw. zunächst offen bleiben werden. In den Abbildungen 149 bis 152 a – c sind vier gedackte

223

Querflöten aus der Sammlung des Völkerkundemuseums in Wien darge-stellt, die – den Angaben des Museums zufolge – 1893 und 1902 bei den Shashi und Ngorime Nord– und Nordosttansanias gesammelt wurden. Da jedoch diese Daten sehr weit zurückliegen, ist es ungewiss, ob solche Flöten heutzutage in den Musikkulturen dieser Gemeinschaften noch immer in Gebrauch sind. Diese und andere wichtige Aspekte können daher nur durch gezielte, zukünftige Feldforschungen vor Ort geklärt werden. Im Folgenden werden die zu diesem Abschnitt gehörenden Quer-flöten in der wie folgt aufgelisteten Reihenfolge einzeln veranschaulicht:

Flöten n.n. (Shashi und Ngorime - Tansania)

Name Klassifikation

Zusatz

Synonyme Form, Material Maße/cm Form/Anordnung

Flöten 421.121.32 L/D mit Grifflöchern

Abb. 149 a-c gedackte Querflöte aus Bambus (Ngorime - Tansania)

L = 33; ø = 2,2

Abb. 150 a-c gedackte Querflöte aus Bambus (Shashi - Tansania)

L = 45; ø = 2,2

Abb. 151 a-c gedackte Querflöte aus Bambus (Shashi - Tansania)

L = 30; ø = 1,5

Abb. 152 a-c gedackte Querflöte aus Bambus (Shashi - Tansania)

L = 32,2; ø = 1,5

zylindrisch, vier vordere Grifflöcher, seitliches Anblasloch meist rund

Querflöten der Shashi– und Ngorime, Sammlung: VKM Wien: Fotos: T. Teffera, 17.05.2006. Wien

Vollbild Blasloch Rohrende

Abbildungen 149a–c: Querflöte der Shashi, Inv.-Nr.: 049423, Sammler: Oskar Baumann (1893)

Abbildungen 150a–c: Querflöte der Shashi, Inv.-Nr.: 049422, Sammler: Oskar Baumann (1893)

224

Abbildungen 151a–c: Querflöte der Ngorime, Inv.-Nr.: 049540, Sammler: Oskar Baumann (1893)

Abbildungen 152a–c: Querflöte der Shashi, Inv.-Nr.: 070330, Sammler: H. Köther (1902)

2.3.8. Doppelquerflöten QUERFLÖTE n.n. (Kamba – Kenia)

Name Klassifikation

Zusatz

Synonyme Form, Material Maße / cm Form/Anordnung 421.121.32 (?) L/D keine Grifflöcher

Doppelquerflöte aus Bambus (Kamba – Kenia)

L = 20 zylindrisch, Anblaslöcher sind jeweils in der Mitte der Röhre gebohrt

Bei dem hier untersuchten Musikinstrument handelt es sich um eine Doppelquerflöte, die in Ostafrika sehr selten anzutreffen ist. Die Röhren können sowohl offen als auch gedackt sein. Sie besitzen keine Grifflö-cher. Eine Eigenart solcher Querflötentypen bilden die prinzipiell in der Mitte der Längssäule fixierten Anblaslöcher. Diese Flötentypen vor allem aber die laut Sachs (1975: 97ff.) als Mittel-lochflöte bezeichnete Querflöte mit einem Rohr sind im ostafrikanischen Raum wahrscheinlich sehr wenig in Gebrauch. Im Zusammenhang mit Ostafrika erwähnt Sachs (ebd.) die Wasiba236 sowie die Nupe aus Zent-ral– und Nordnigeria237, die für den Gebrauch solcher Flöten als Aus-

236 Vermutlich sind damit die bantusprachigen Kisiba oder Kisi gemeint, die an dem

nordwestlichen Ufer des Nyasa Flusses in der Iringa Region, Ludewa–Distrikt leben. Der Name Wasiba wird entweder heutzutage nicht mehr verwendet oder es könnte sich um eine Ortsbezeichnung innerhalb Tansanias sein.

237 Historische Quellen gehen davon aus, dass die Nupe (auch Nufawa, Banufe, Anupeyi und Nupezici genannt) vermutlich ca. um das 15. Jahrhundert aus Ägypten in diese Ge-biete einwanderten. Sie setzen sich aus mehreren Subgruppen zusammen, die als Beni, Benu, Kusopa, Dibo und Gana–Gana usw. bekannt sind. Die Bevölkerung zählt heute schätzungsweise eine halbe Million Menschen. Die Nupe haben historische Verbindun-

Ergologie

225

nahme betrachtet werden könnten. Darüber hinaus kommen Doppelquer-flöten vermutlich auch sehr vereinzelt im nordöstlichen Südafrika vor. Häufiger als in Afrika sind Doppelflöten mit mittig angebrachtem An-blasloch in Asien238, Amerika, Ozeanien sowie vereinzelt im nördlichen Neuguineagebiet verbreitet. Bemerkenswert ist, dass diese Flöten in eini-gen Musikkulturen nicht nur mit dem Mund, sondern auch mit der Nase gespielt werden (Jähnichen 2004: 389). Die Kamba239 Kenias benutzen zwei Varianten von grifflochlosen Dop-pelflöten (Abb. 153). Das Nationalmuseum in Nairobi bewahrt zwei Doppelquerflöten aus Bambus auf, die der Angabe nach 1960 bei den Kamba gesammelt wurden240. Die Flöten setzen sich aus zwei einzeln angefertigten Rohren zusammen, die die gleiche Länge von ungefähr 55 cm und 2,5–3 cm Durchmesser aufweisen. An den beiden Enden sind sie jeweils mit Sisal–Agave–Fasern fest aneinander gebunden. Während die Rohrenden bei der ersten Doppelflöte mit Harz oder ähnlichem Material verschlossen worden sind, scheint dieser Arbeitsvorgang bei der zweiten, ca. 45 cm langen Doppelflöte nicht unternommen worden zu sein. Es ist davon auszugehen, dass die Röhren im Inneren mit natürlichen Nodien verschlossen sein könnten241 oder einfach offen gelassen wurden. Leider war es nur möglich, die Instrumente in den Glasvitrinen zu besich-tigen (Abb. 154a–b).

Abbildungen 153

Abbildungen 154a

Abbildungen 154b

Doppelflöten der Kamba; Sammlung: National–Museum, Nairobi, Fotos: T. Teffera 07.07.2005

Die Blasöffnungen beider Flöten wurden zwar ungefähr jeweils in der Mitte der Doppelröhren gebohrt, liegen jedoch auf unterschiedlichen Höhen.

gen mit den Haussa, Kano und Boro (siehe Yahaya 2003: http://www.kre-publishers.com/02–Journals...).

238 Beispielsweise berichtet Jähnichen (2004: 389) über die grifflochlose Querflöte Ru-pong Adrong der Katu Indochinas. Das Anblasloch befindet sich in der Rohrmitte und beim Spielen werden beide offenen Enden zwecks Tonhöhenveränderungen auf– oder abgedeckt. Zusätzlich dient das Drehen des Anblaswinkels für Tonhöhenerweiterungen.

239 Akamba und Ukambi 240 Feldforschung in Kenia, Juli 2005. 241 Ähnliche Methoden der Instrumentenherstellung werden in Südafrika, jedoch vorwie-

gend in Asien und den Vereinigten Staaten von Amerika verwendet (Sachs 1965: 97f.).

226

Beide Flöten werden beim Spielen waagerecht vor dem Mund des Musi-kers gehalten, der abwechselnd in die Anblaslöcher bläst. Das Siedlungsgebiet der Kamba liegt östlich der kenianischen Hauptstadt Nairobi in der Nähe des Tsavo Nationalparks in der Region Ukamba (Fedders/Salvadori 1994: 113f.) Die Kamba242 bilden die viertgrößte Be-völkerungsgruppe Kenias mit einer Bevölkerungszahl von ca. 1,2 Millio-nen Menschen. Sie sind in drei Klans geteilt, die als Mumoni, Kitui und Masaku bekannt sind. Laut der Angabe des Museums, ist die Funktion beider Doppelquerflöten bei den Kamba vielseitig. Zum einen dienen sie als Soloinstrumente zur Selbstunterhaltung von Hirten, während sie zum anderen als Begleitin-strument der Nzai– und Kisongolo–Tänze eingesetzt werden. Beide Tanz-typen werden vor allem während der Regenzeit als Paartanz ausgeführt, und zwar ausschließlich von verheirateten Ehepaaren. Während einer solchen Musikaufführung begeben sich freiwillige Tanzpaare gewöhnlich in die Mitte der sie umkreisenden Menschenmenge. Leider geht aus der Beschreibung nicht hervor, ob die Doppelquerflöten lediglich als Soloin-strumente gespielt werden, oder ob weitere Musikinstrumente wie bei-spielsweise Trommelsätze ebenso eine Rolle in der musikalischen Gestal-tung spielen. Aufgrund der Tatsache, dass Ton– oder Videoaufnahmen fehlen, bleiben grundlegende technische Fragen leider offen. Verschiedene Tonhöhen können auch hier jeweils durch Auf– und Abde-cken der offenen Röhren erzeugt werden. Durch Überblasen können Tonhöhenerweiterungen stattfinden. Aufgrund der fehlenden Grifflöcher, die für die Erzeugung weiterer Tonhöhen gesorgt hätten, kann der An-blasvorgang beider Doppelquerflöten nur so vollzogen werden, dass – bei der Variante I, außer dem eigentlichen Grundton, durch ein teilweises Abdecken jeweils einer der offenen Rohrenden und das Überblasen Ton-höhenveränderungen ermöglicht und – bei der Variante II, außer dem zunächst erklingenden Grundton (bei offen gelassenen Röhren), durch das Verschließen der jeweils anderen oder beider Rohrenden sowie durch das Überblasen Tonhöhenveränderungen ermöglicht werden können.

242 Die Kamba sollen mit den fast identisch genannten Kambe der Mijikenda–Gruppe

nicht verwechselt werden.

Spielweise Verbreitungsgebiet Funktion Genderbeziehung

Tonerzeugung

227

Abbildung 155: Innenspaltflöten aus Holz, Bambus (a – d), Metall oder Plastik (e)

Abbildung 156: Außenspaltflöte

2.3.9. Spaltflöten Unter den Spaltflöten unterscheiden wir prinzipiell zwischen Innen– und Außenspaltflöten verschiedener Formen, Dimensionen, jenen mit Grifflö-chern und jenen ohne Grifflöcher, offenen und gedackten Röhren, die längs geblasen werden. Sie begegnen uns in vielen Gebieten Asiens, Eu-ropas243 und Amerikas (Sachs 1976: 302; Stauder 1973: 128; Jähnichen 2004: 391; Elschek 1974: 106–111). Für den Bau dieser Flöten werden Hartholz wie Ahorn, Rosenholz Grenadill, Ebenholz usw., Elfenbein, Knochen, Kunststoff wie zum Beispiel Bakelit und Bambus verwendet. Der Kern kann beweglich und auch heteromorph sein und somit aus Wachs, Harz, Fruchtmark, Ton, Metall, Gummi und ähnliches bestehen. Es gibt aber auch den unbeweglichen idio-morphen Kern. Ein besonderes Merkmal der Spaltflöten ist es der im Inneren des Rohrs befindliche Kern bzw Block, der eine schmale Spalte offen lässt (Innenspaltflöte, Abb. 155). Eine solche Spalte kann aber auch außerhalb des Rohrs entlang führen (Außenspaltflöte). Wichtig ist nur, dass der Atem des Spielers durch diese Spalte in die geeignete Zielrichtung gegen eine scharfe Schneide geleitet wird. Ein bekanntes Beispiel für Innenspaltflöten ist die Blockflöte. Aufgrund ihrer einfachen Spielweise, gehört die Spaltflöte zu einem weit verbreiteten und sehr populären Flötentyp. Archäologische Funde belegen Flöten mit Außenspalt unter anderem im vorkolumbianischen Mexiko, die heute immer noch in Mittelamerika in Gebrauch sind. Nach Jähnichen (2004: 391) kommen in diesem Gebiet auch Knochenflöten vor, die mittels einer schmalen Bohrung an den Gelenkkapseln zu Außenspaltflöten konstruiert worden sind. Das National Museum of Anthropology in Mexiko City244 bewahrt eine Reihe Außenspaltflöten überwiegend aus Bambus, die unterschiedliche Grifflochzahlen und Dimen-sionen haben und verschiedenen Volksgruppen des Landes repräsentieren. Hier wird eine kleine Bambusplatte mit Kernspalte über die obere Rohrkante gelegt, die die Schneide teilweise abdeckt (Abb. 156). Von ähnlichen Herstellungsmethoden berichtet Jähnichen (2004: 391) am Beispiel der Pi K’lia–Flöte einiger tibetoburmanischen Bergthaivölker.

243 Aus der europäischen Geschichte der Spaltflöten sind Flageolett bzw. Argot, Piffero,

Flauto–Piccolo, Doppelblockflöte (engl. double flageolett), Germshorn (engl. goat–horn), Schwegel bzw. Schwigel, Schwägel, Einhandflöte (engl. one–hand whistle–flute), Lotus– oder Stempelflöte (engl. swanee whistle, slide flute) usw. bekannt.

244 Besichtigung des National Museum of Anthropology in Mexiko City am 10. Septem-ber 2006.

Allgemeines

228

In Afrika kommen Spaltflöten nicht so häufig vor wie zum Beispiel die überall anzutreffenden offenen Längsflöten, doch ihr Gebrauch ist im gesamten Gebiet Nordafrikas belegt worden (Sachs 1976: 302). Hier findet man die Innenspaltflöte Schabbaba245 vor allem bei den nomadi-schen Beduinen–Gruppen. Das Instrument wird gewöhnlich von Hirten, jedoch bisweilen auch solistisch von Frauen zur eigenen Unterhaltung geblasen. Darüber hinaus begleitet die Schabbaba als Ensembleinstru-ment Solo– und Gruppengesänge zu zeremoniellen Gelegenheiten wie etwa Hochzeiten. Die Schabbaba ist außerhalb von Nordafrika überall dort zu finden, wo Beduinen–Populationen existieren, z.B. in Syrien, Saudi–Arabien, Israel, Palästina und Jordanien (Touma 1975: 118). Es ist auch möglich, dass sowohl die Schabbaba als auch weitere Spaltflötenty-pen von anderen Volksgruppen dieser und anderer Regionen der arabisch islamischen Welt genutzt wird. Das Völkerkundemuseum in Wien bewahrt einige Spaltflöten aus ver-schiedenen Regionen der Welt. Die Abbildungen 157–159a–c zeigen drei ausgewählte Spaltflöten aus Afghanistan246, Algerien247 und Syrien248. Bei allen Exemplaren handelt es sich um Innenspaltflöten aus Holz oder Bambus mit unterschiedlicher Grifflochanzahl. Die ersten zwei Instru-mente repräsentieren offene Innenspaltflöten (421.221.12) und die dritten dagegen eine gedackte Innenspaltflöte (421.221.3). Durch die Ausbreitung des Islams ist es möglich, dass Spaltflöten auch in das ostafrikanische Küstengebiet ihren Eingang gefunden haben könnten. Doch die vorab erläuterten Spaltflötentypen wurden bislang nicht belegt. Stattdessen begegnen uns vor allem Signalpfeifen bzw. Schrillpfeifen mit und ohne Schrillkugeln, die aus Materialien wie Holz, Plastik, Metall, Ton, Hornspitzen, Knochen und aus gebranntem Ton hergestellt sind (Warner–Dietz / Olatunji 1978: 60). Heutzutage überwiegt allerdings der Gebrauch von Holz–, Plastik– und Metallpfeifen. Beispielsweise werden sie in verschiedenen Gebieten Tansanias und Kenias in den so genannten Ngoma249–Tanz– und Gesangaufführungen im Zusammenspiel mit ande-

245 Auch Shabbaba, Shababa, Shbiba und Lula genannt. 246 Inv.–Nr. 150870; Sammler: Gratzl Karl; 6 vordere Grifflöcher; Material = Holz; L. =

38,5 cm; ø außen = 2,4 cm; ø GF = 0,5 cm; Land: Afghanistan; Region: Badakhsan; Areal: Mittlerer Orient; Volksgruppe: Wakhi (Bergtajiken).

247 Inv.–Nr. 009631; Sammler: De Nozeille; 5 vordere Grifflöcher; Material = Bambus; L. = 29,8 cm; ø außen = 1,5 cm; ø GF = 0,5 cm, Land: Algerien; Region, Areal und Volksgruppe: ohne Angaben.

248 Inv.–Nr. 022993; Sammler: Troll Josef; Innenspaltflöte: zylindrisch; 7 vordere Grifflö-cher und ein hinterständiges Griffloch; Material = Bambus; L. = 31 cm; ø außen = 1,6 cm; ø GF = 0,9 cm, Region, Areal und Volksgruppe: ohne Angaben.

249 In zahlreichen Gebieten Afrikas südlich der Sahara kann das Wort Ngoma bzw. Engo-ma, Goma, Gomo, Ingoma, Lagoma, Ng'oma, Ngomba, Ngomm, Ngomo usw. im wei-testen Sinne mit dem Aspekt Musik/Tanz, also mit allen Arten von gemeinschaftlich gestalteten Musik– und Tanzaufführungen zusammenhängen (vgl. Cooke 2001d: 855f.). Kubik (1988: 61f.) übersetzt das Wort Ngoma mit „Tanz“, aber auch mit „Tanz-veranstaltung“, „Tanzfest“, „Musik“, „Musikaufführung“ (Barz 2004: 4f.). Dabei wer-den Trommeln als Begleitinstrument meistens in Sätzen gespielt. Der Begriff Ngoma kann dennoch je nach Sprache und Musikkultur an unterschiedlichen Kontexten ge-bunden sein. Bei den Bantuvölkern Zentral–, Ostzentral– und Südafrikas kann sie sich überwiegend auf verschiedene Trommeltypen beziehen (Cooke 2001d: ebd; Bartz ebd.). Zur Ngoma–Musikaufführungen stehen uns einige Klangbeispiele aus den Mu-sikkulturen Kenias, Tansanias und Ugandas auf Schallplatten zur Verfügung (siehe Music from Tansania: Caprice BAP P–1089; Signatur: P–1827 und Kenya: Musique de 

Verbreitung von Spaltflöten in Afrika: Allgemein

Verbreitung Ostafrika

229

ren Rhythmus– und Melodieinstrumenten geblasen. Auch in Zentral– und Nordwestuganda dienen Schrillpfeifen verschiedenen musikalischen Zwecken. Dabei werden die meisten Pfeifen – gewöhnlich ohne Schrill-kugel – von einheimischen Instrumentenmachern gefertigt. Doch es gibt es auch Pfeifen aus Metall oder Kunststoff, die aus dem Ausland (ver-mutlich Europa und/oder Asien) stammen könnten. Es ist davon auszuge-hen, dass im Zuge der Kolonialherrschaft auch Militärpfeifen europäi-scher Fabrikationen eingeführt worden sind. Andererseits könnte die Verwendung solcher Metallpfeifen mit der Einführung der Eisenbahn in Afrika und der Industrialisierung, insbesondere Anfang des 20. Jahrhun-derts, im Zusammenhang stehen.

offene Innenspaltflöte Afghanistan

offene Innenspaltflöte Algerien

gedackte Innenspaltflöte Syrien

Abbildung 157 a

Abbildung 158 a

Abbildung 159 a

b

b

b

c

c

c

Sammlung: VKM Wien, Fotos: T. Teffera 02.10.2006, Wien

Im Folgenden werden Schrillpfeifen exemplarisch näher untersucht, de-ren Materialien teilweise aus meinen Feldforschungen in Tansania und Kenia gewonnen werden konnten. Die in den traditionellen Ngoma–Aufführungen dieser Länder näher untersuchten Schrillpfeifen sind eben-falls Gegenstand nachfolgender Auflistungen.

Mariage á Lamu: SELAF Ostrom CETO 791; Signatur P–2294; Sammlungen zugäng-lich im Phonogrammarchiv der Abteilung Musikethnologie des Museums für Völker-kunde Berlin).

230

NGOMA–YA–KIDEMBWA–ENSEMBLE (Wasamba – Tansania) Name Klassifikation

Zusatz

Synonyme Form, Material Maße / cm Form/Anordnung

421.221.11 L/H/D ohne Grifflöcher Flöte oder Pfeife Schrillpfeife aus Holz oder Metall

(u.a. Wasamba – Tansania) L = ca. 9 bauchig, zwei sich gegenüberliegende seitliche

Löcher, zwei Anblaslöcher 211.211.1 Ngoma einfellige Zylindertrommel aus Holz mit

drei Standbeinen

H = 38 ø = 52

Schnürungsart: Nagelspannung

Ergologie: Die in den Abbildungen 160a–c veranschaulichten Innen-spaltflöten aus Tansania (Inv.-Nr.: 177730) besitzen eine durchschnittli-che Länge von etwa 9 cm. Von ihrer Konstruktion her scheinen sie aus zwei gleich großen Holzhälften gefertigt worden zu sein, die anschlie-ßend mit einer Wachs–Teermischung zu einem Korpus zusammengefügt wurden. Jedes Segment besitzt einen doppelten antipodischen Binnen-kernspalt. Die Endöffnungen sind durch Pfropfen mit durchbohrter Flü-gelhalterung verschlossen. Unmittelbar neben den Anblasöffnungen be-finden sich zwei seitlich gegenüberliegende Löcher. Diese in Tabora, im Siedlungsgebiet der Nyamwezi250 (südlich des Viktoriasees) in Tansania, erworbenen Pfeifen251 sind im Völkerkundemuseum in Wien gelagert. Spielweise: Beim Spielen wird die Pfeife in den Mund genommen. Der vom Spieler erzeugte Luftstrom wird durch beide Kernspalten auf die Schneidekanten gelenkt und bricht sich dort. Pfeifen dieses Typs konnte ich während meiner Feldforschung in Nord-tansania bei den Wasamba finden, die in der aufgenommenen Ensemble-aufführung Ngoma–Ya–Kidembwa „Trommel  der  Frauen“ eingesetzt wurden (Abb. 161). Außer den etwa vier Holzpfeifen gehörten auch zwei einfellige Zylindertrommeln zu diesem Ensemble. Sie wurden von zwei Trommlerinnen mit den Händen geschlagen, die sich in der Mitte der sie umkreisenden Tanz– und Gesangsgruppe positionierten. Bewegungsmuster: Am Anfang einer solchen Musikaufführung entsteht oft ein Tanzkreis. Zuerst laufen die Teilnehmer in einem moderaten Tempo hintereinander, bis die intensive Tanzphase erreicht ist, ein Mo-ment das daruch zum Ausdruck gebracht wird, dass die Tänzerinnen an einem Punkt stehend ihre Hüften rhythmisch bewegen und zugleich ihre Schulter und Schulterblätter schütteln. Die Ppfeifen und Trommeln wer-den ebenso deutlich intensiver geschlagen. Abbildung 162 skizziert die Aufstellung aller Teilnehmer im Ngoma–Ya–Kidembwa–Ensemble. Außer bei den Wasamba werden Schrillpfeifen auch in vielen Tanzauf-führungen252 der Wagogo Zentraltansanias im Zusammenspiel mit anden

250 Auch Wanyamwezi, Banyamwezi, Mevezi oder Mweli genannt. 251 In einem persönlichen Gespräch (2006) teilte mir die Sammlerin und Mitarbeiterin des

Völkerkundemuseum in Wien, Barbara Plankensteiner, mit, dass derselbe Pfeifentyp möglicherweise auch bei den weiter nördlich lebenden Sukuma in Gebrauch ist.

252 Diese werden unter anderem als Nindo, Msunyunho bzw. Msunyuntho, Saigwa, Ng’oma, Chiganda, Mpendo, Chasi, Chipande, Chaluko, Saigweda und Sero oder Selo bekannt. Nach Kubik (1988: 62ff. und 2001c: 85) finden sie ihren Ursprung in den Küstengebieten Tansanias.

a

b

c

Abbildungen 160a–c Plankensteiner; Sammlung:

VKM Wien; Fotos: T. Teffera, 17.05.2006, Wien

231

Abbildung 161: Ngoma–Ya–Kidembwa–Aufführung der Wasamba, Foto: T. Teffera, 13.06.2005, Vuga

Abbildung 162: Aufstellung der Teilnehmer in der Ngoma–Ya– Kidembwa–Aufführung der Wasamba

Musikinstrumenten benutzt. Hier sei der Nindo genannte Tanz erwähnt, der von mehreren solchen meist aus Metall gefertigten Schrill-pfeifen, dem Querhorn Ndulele und der Querflöte Mlanzi begleitet wird. Laut Kubik (2001a: 86) ähneln die Pfeifen weitgehend den wohlbekann-ten Polizeipfeifen. Im Vergleich zu den zuvor dargestellten Holzpfeifen der Wasamba, ist bei diesen Pfeifen die im eingeschlossenen Hohlraum befindliche Kugel wichtig für die Tonfarbgebung. Das periodische Ver-schließen und die damit einhergehende Unterbrechung des Luftstroms auf die Schneide durch die sich bewegende Kugel erzeugt das Trillern. In dem Ngoma–Tanz der Wagogo können vier und mehr Pfeifen im Zu-sammenspiel mit den Sanduhrtrommeln Sero, Nyanyulua, Ngoma–Fumbua und Minzi geblasen werden (Kubik 1988: 85 und 2001a: ebd.). In anderen Ngoma–Tänzen der Wagogo können aber auch neben den Schrillpfeifen etwa 10 bis 12 nur von Frauen geschlagene Trommeln sowie 2 von Männern geschüttelte floßförmige Kayamba–Blechrasseln253 vorkommen. Neben den Trommelsätzen und Pfeifen kommen auch Fuß-schellen und Beinrasseln bei den Wagogo, Wapanga und Walugru zum Einsatz, die beispielsweise Matogo, Nchinda und Bugi genannt werden. Diese werden durch rhythmisch gestaltete Schrittfolgen und dynamische

253 Es gibt auch Kabati genannte Blechrassel, die ebenfalls von Männern in ähnlichen

Musikaufführungen der Wagogo geschüttelt werden, während das Trommelspiel fast ausschließlich den Frauen zugeteilt ist. Die im Inneren des Resonators befindlichen Steinchen dienen als Rasselkörper.

232

Abbildung 163: Nogma–Ensemble der Giriama, Foto: T. Teffera 13.07.2005,

Ganda

Fußstampfen der teilnehmenden Tänzer zusätzlich zum Erklingen ge-bracht. Es ist somit feststellbar, dass nach Anzahl und Typen unterschied-liche Musikinstrumente in den Ngoma–Aufführungen dieser Volksgrup-pen verwendet werden (Kubik 1982: 140f.). Im Zusammenhang mit einer Ngoma–Musikaufführung beschreibt Barz (2004: 21f.) den sehr beliebten traditionellen Bugóbogóbo–Tanz, der fast in jedem Sukuma–Dorf bei den gemeinschaftlichen Feldarbeiten ausge-führt wird. Der Bugóbogóbo–Tanz wird von Gesang und Instrumenten-spiel begleitet. Neben den Trommeln erwähnt Bartz auch die Filimbi254 genannte Signalpfeife, die von dem Gruppenleiter in bestimmten Momen-ten geblasen wird. Seine Pfeifensignale richten sich an die Instrumenten-spieler und Tänzer, die daraufhin bestimmte musikalische Handlungen ausführen. Bartz (ebd.) beschreibt dies so:

„The leader gives a signal to the dancers – an indication that they should all rise from the ground – by blowing on a filimbi (whistle), which he carries around his neck. The dancers rise up and either squat on their heels or their knees as they continue to sing. In response to a subsequent filimbi signal all the dancers stand and begin to swing their arms back and forth as they step in place, keeping time along with the Bugóbogóbo rhythm. The leader begins whistling along on his filimbi as he dances, indicating the more elaborate dancing should begin. At one point he interjects the basic rhythmic figure to indicate that men should start moving in one way as the women begin to move in another. After a brief period of dancing, the leader projects two long tones on his filimbi indicating to all that the dancing is to stop momentarily in response the dancers all sit back down on the ground…….”.

Somit ist es vorstellbar, inwiefern die Pfeifensignale sowohl für den Gruppenleiter als auch für die teilnehmenden Musiker wichtig sind, um bei einer solchen gemeinschaftlich gestalteten Musikaufführung sich gegenseitig verstehen zu können und Spaß am gesamten musikalischen Geschehen zu haben. Der Hörein-druck des in der Begleit–CD gegebenen Klangbeispiels lässt vermuten, dass es sich hierbei um eine Schrillpfeife vermutlich nicht ein-heimischer Fabrikation handeln könnte. Eine ähnliche Beobachtung255 machte ich auch in einer Ngoma–Musikaufführung der Giriama aus dem Ganda–Dorf in Malindi, Kenia. Die Gesänge und Tänze können zur Unterhaltung,

Heilungs– bzw. Besessenheitszeremonien sowie zu Hochzeitsfestlichkei-ten und ähnliches stattfinden256. Das Ensemble bestand aus drei einfelligen Zylindertrommeln, einem alten Blechkanister als Trommel sowie aus einer Schrillpfeife aus Kunst-stoff. Auch hier wurde die Schrillpfeife von dem Gruppenleiter Robert Charo geblasen (Abb. 163), der mit seinen Pfeifensignalen Anweisungen an die teilnehmenden Instrumentenspieler und Tänzer übermittelte. Sie

254 In der Kiswahili–Sprache bezeichnet das Wort Filimbi alle Flöteninstrumente. Dazu

gehört auch die Schrillpfeife. 255 Feldforschung in Kenia, Juni 2005; siehe Filmaufnahmen: Video–20 von 001–060

Minuten (Privatsammlung: Teffera, Ostafrika/2005). 256 Vgl. CD-Aufnahmen von David Fanshawe: Kenya  and  Tanzania: Witchcraft  and Ritual Music, 1991, Elektra Nonesuch LC 0286, Electra Series, Germany. Hier ist z.B. eine Ngoma–Aufführung der südostkenianischen Taita zu hören, die zum Anlass einer Besessenheitszeremonie stattfindet. Außer den Trommeln und der Rassel (vermutlich Fußrassel), erklingt auch eine Schrillpfeife teilweise rhythmisch passend zur Musik und teilweise in einer „Signalfunktion“.

233

führten danach entsprechende Handlungen aus, die z.B. durch intensives Schlagen der Trommeln, Wechsel von rhythmischen Pattern, oder Wech-sel von Bewegungs– bzw. Tanzmustern sicht– und hörbar wurden. NGOMA–DUMANGE–ENSEMBLE (Wasamba – Tansania)

Name Klassifikation

Zusatz

Synonyme Form, Material Maße/cm Form/Anordnung Flöte oder Pfeife

421.221.11

L/H/D ohne Grifflöcher

mehr als zwei Schrillpfeifen aus Metall oder Holz (Wasamba – Tansania)

L = ca. 7 ø = ca. 3,5

bauchiges Rohr, ein Blasloch, zwei sich gege-nüberliegende seitliche Löcher

211.211

Ngoma–Kubwa

einfellige Zylindertrommel257 aus Blech-kanister mit Fellspannung

H = 52 ø = 36

Fell–Schnurspannung mit X– und Y–Schnürung

211.212.1

Ngoma–Ndiola

zweifellige Zylindertrommel aus Blech-kanister mit Fellspannung

H = 39 ø = 26

Fell–Schnurspannung mit X– und Y–Schnürung

211.26.1

Ngoma–Ndogo offene Bechertrommel aus Holz mit Na-gelspannung

H = 31 ø = 22

einreihig aufgenageltes Fell

112.13 Rassel Gefäßrassel mit Griff aus Metall L = ca. 20

ø = 8 – 10Blechbüsche als Resonator, mehrere Schallö-cher; als Rasselkörper dienen kleine Steine

Die in der Ngoma–Dumange–Ensemble „Trommel der Männer“ geblase-ne Schrillpfeife aus Metall (Abb. 164) hat eine Länge von etwa 7 cm mit einem Durchmesser von 3,5 cm. Die Aufnahmen dieser Musikaufführung fanden auch bei den Wasamba am 13.06.2005 aus dem Dorf Vuga in den Usambara–Bergen statt. Zum Ngoma–Dumange–Ensemble wurden ferner eine einfellige, eine zweifellige Zylindertrommel, eine offene Bechertrommel: Ngoma–Kubwa, Ngoma–Ndiola und Ngoma–Ndogo, und zwei Gefäßrasseln aus Metall eingesetzt. Die Zylindertrommeln sind mittels einer Fell–Schnur–Spannung in unregelmäßigen X– und Y–Schnürungen bespannt, während bei der Bechertrommel einreihige Holznägel zur Fellbefestigung verwen-det worden sind. Die aus einer alten Blechdose gefertigte Gefäßrassel mit Griff (Abb. 165) hat eine Gesamtlänge von 20 cm mit einem Durchmes-ser von ca. 10 cm. Das Gefäß weist eine Reihe von Schallöchern auf, die in Linien angeordnet sind. Im Inneren des Gefäßes dienen kleine Stein-chen als Rasselkörper.

257 Diese Trommel besitzt zwar zwei Membranen, doch nur eine Seite der Fellspannung

wird in der Praxis benutzt

Instrumenten-besetzungim Ngoma-Dumange-Ensemble

234

Spielweise der Trommeln: Die drei Trommeln werden von insgesamt zwei Musikern gespielt. Der erste Musiker bedient die Zylindertrommeln Ngoma–Ndiola und Ngoma–Kubwa (Abb. 166 a). Dabei legt er die Ngo-ma–Ndiola auf seinen Schoß, während die Ngoma–Kubwa rechts von ihm auf dem Boden platziert wird. Bei der Ngoma–Ndiola werden beide Sei-ten und bei der Ngoma–Kubwa nur ein Fell geschlagen. Beim Spielen der Trommeln wandert die rechte Hand des Spielers von einem bespannten Fell zum anderen. Somit erzeugt er ein metrorhythmisches Muster, das Bestandteil der Musikaufführung ist. Die offene Bechertrommel Ngoma–Ndogo wird vom zweiten Musiker bedient (Abb. 166 b), der die Trommel zwischen seinen Oberschenkeln festhält. In gebückter Haltung schlägt er mit beiden Händen auf das Fell. Im Vergleich zur Ngoma–Ya–Kidembwa–Aufführung der Frauen erklang in diesem Ensemble nur eine Schrillpfeife in wesentlich größeren Ab-ständen insbesondere gegen dem Ende der Musikaufführung. Sie wurde von dem Gruppenführer geblasen, der zugleich die Gefäßrassel schüttelte und als Gesangsleiter fungierte. Somit ist es klar, dass er die Pfeife nur in den Momenten bedienen kann, wenn der begleitende Chor singt. Im Ver-lauf der Musikaufführung lösten sich die Musiker allerdings in ihren Rol-len gegenseitig ab, da einzelne Musikstücke bis zu 40 Minuten und mehr dauerten. Abbildung 167 zeigt die Aufstellung der an dieser Musikauf-führung teilnehmenden Musiker und des Publikums. Verbreitungsgebiet: Außer bei den Wasamba, Wagogo und Wasukuma sind Schrillpfeifen aus Holz und Metall nahezu überall in Tansania etwa bei den Wakisi, Wapanga, Walugru, usw. zu finden, deren Siedlungsge-biete Nord-, Zentral-, Ostzentral- und Südtansania sind258. Dabei handelt es sich vielmehr um Pfeifen, die man auch überall auf der Welt finden kann. Als Ergebnis der Feldforschung von Kubik (1961/63) und Béres (1963) bei den Wagogo, Wapanga, Walugru und Wakisi kommen Pfeifen in Kombination mit anderen Instrumenten vor. Beim Dokumentieren ihrer Tonaufnahmen bezeichnen beide Wissenschaftler die Instrumente als „europäische Pfeifen“259 (Kubik 1982: 134f., 137 und 140f.). In Kenia konzentriert sich der Gebrauch von Pfeifen insbesondere bei den Küstenbewohnern. Neben den Bantuvölkern, darunter die Mijikenda wie etwa die Giriama und Kamba, sind sie auch bei den Taita verbreitet260.

258 Die Wasamba bewohnen Nordtansania und zwar die so genannten Usambara-Berge

und Umgebung. Die Usambara-Berge liegen teilweise bis zu 2.300 Meter über dem Meeresspiegel. Das Gebiet gehört zur Tanga-Region, die sich im Norden an Kenia so-wie im Südwesten an die Maasai-Steppe (Serengeti) grenzt. Das von mir bereiste etwa 1.800 Meter hoch liegende Vuga-Dorf der Wasamba liegt im Distrikt Lushoto innerhalb der Usambara-Berge. Die Wagogo dagegen bewohnen Zentraltansania in dem Manoni-Dikstrikt, Dodoma-Region. Die Wakisi leben im nordwestlichen Ufer des Nyansa-Sees in Südtansania. Die Wapanga sind die unmittelbaren Nachbarn der Wakisi und bewoh-nen den Ludewa-Distrikt, Iringa-Region, während die Walugru das ostzentraltansani-sche Gebiet in den Regionen Morogoro und Pwani in den Distrikten Morogoro, Kilosa und Bagamoyo leben.

259 Vgl. Tonaufnahmen von Gerhard Kubik 1961/63 und Georg Béres 1963 bei den tansa-nischen Wagogo, Wapanga, Walugru und Wakisi; Sammlungen des Phonogrammar-chiv Wien; Signaturen B 7300–08, B 7348–50, B 7361 und B 11515, B 11519 und B 11734. Es ist durchaus zweifelhaft, dass es sich bei den bislang erwähnten nicht Einheimischen Pfeifen ausschließlich um europäische Fabrikationen handelt.

260 Vgl. Tonaufnahmen von Max Lersch 1957-1959 bei den kenianischen Taita und Kam-ba, Sammlung des Phonogrammarchivs Wien; Signaturen B 5541-43 und B 5552.

Abbildung 164:

Abbildung 165

Abbildung 166 a

Abbildung 166 b Fotos: T. Teffera

13./14.06.2005, Vuga

235

Abbildung 167: Aufstellung der Teilnehmer in der Ngoma-Dumange-Aufführung

In Zentral– und Nordwestuganda sind Pfeifen bei den Baganda, Teso, Acholi und Alur anzutreffen. Die Teso bezeichnen ihre Pfeife Esos und bei den Acholi wird sie Bilu genannt. Allerdings konnte nicht mit Be-stimmtheit geklärt werden, ob es sich tatsächlich um den hier besproche-nen Pfeifentyp handelt.

Schrillpfeifen, die hauptsächlich zeremoniellen Zwecken wie etwa den weiblichen und männlichen Initiations– und Beschneidungsriten, Mas-kentänzen und Hochzeitszeremonien dienen, sind auch in vielen anderen afrikanischen Musiktraditionen präsent. Sie werden mit anderen Musikin-strumenten etwa Rasseln, Quer– und Längshörnern, Flöten und Trom-meln in unterschiedlichen Besetzungen gespielt. Die Volksgruppen Ayao, Takwani und Amarenje aus Malawi261 benutzen zum Beispiel neben den üblichen Holz– und Metallpfeifen auch Grashalmpfeifen. Jedoch kann man bei diesen Instrumenten ebenfalls nicht eindeutig feststellen, ob sie zu der Familie der Spaltflöten gehören. Alle in diesem Abschnitt untersuchten Schrillpfeifen dienen insbesondere der Begleitung traditioneller Gesänge und Tänze insbesondere der Mu-sikkulturen Tansanias, Kenias und Ugandas. Neben ihrer signalgebenden Funktion werden sie in den hier untersuchten Musikaufführungen auch als Rhythmus– und Effektinstrumente gebraucht. Die Pfeifen werden sowohl von Frauen als auch von Männern geblasen. Wie jedoch die aktive Beobachtung der Ngoma–Aufführungen zumindest bei den Wasamba Tansanias gezeigt hat, scheinen sie ausschließlich in getrennten Geschlechtergruppen gespielt zu werden (Jani: 2005262). Au-ßer ihren Gebrauch als Ensembleinstrumente findet man sie auch in den Händen von Kindern, die sie oft als Spielzeug benutzen.

261 Vgl. Tonaufnahmen von Gerhard Kubik 1983, 1987, 1988 und 1995 z.B. bei den

kenianischen Alomwe, Ayao, Takwani und Amarenje. Sammlung: Phonogrammarchiv Wien; Signaturen B 28357–62, B 28398–401, B 30907–18, B 30919–29, B 31079 –93, B 31059–64, B 31096–99, B 31130–41, B 31419–22, B 31464–79, B 31541–45, B 31559, B 31639 und B 39972–73.

262 Gespräch mit Bila Jani, Juni 2005 in Vuga, Usambara Berge, Nordtansania.

Gebrauch von Schrillpfeifen im Zusammenspiel

mit anderen Instrumenten

Funktion

Genderbeziehung

236

In dem von Kubik (2001a: 86) untersuchten Ngoma–Tanz der Wagogo, spielte beispielsweise eine Gruppe von Frauen und Mädchen die zentrale Rolle während der Musikaufführung. So hielten die Frauen die bereits oben erwähnten mehr als drei Sanduhrtrommeln jeweils zwischen ihren Oberschenkeln fest und schlugen sie mit beiden Handflächen263, wobei sie gleichzeitig die stets im Mund steckenden Pfeifen von Zeit zu Zeit trillerten. Im Gegensatz zu der zahlenmäßig stärkeren Frauengruppe, schüttelten zwei Männer jeweils eine Kayamba–Rassel aus Blech. Der Ngoma–Tanz findet unter anderem nach dem Ende der ersten Me-nustration eines Mädchens statt, um ihre Heiratsfähigkeit zu markieren und auch zu weiblichen und männlichen Initiations– und zu Hochzeitsze-remonien. Im Gegensatz dazu, setzt sich das Repertroire der Nindo–Musik264– und Tanzsaufführungen der Wagogo gewöhnlich aus Preis–, Begrüßungs– und Erntegesängen zusammen. Hier kündigen mehrere Schrillpfeifen den Beginn der Musikaufführung an, der vom Querhorn Ndulele und der Querflöte Mlanzi gefolgt wird (Kubik 1982: 134–137 und 140; 1998d: 19f.; 2001a: 85f.). In den von Krister Malm bei den Wagogo durchgeführten Musikaufnah-men265 befinden sich u.a. auch Nindo–Chor– und Tanzaufführungen zur Trauerzeremonie. Der im Wechsel zwischen Vorsänger und Chor gestal-tete Gesang wird der Beschreibung zufolge, von einem Antilopenhorn (vermutlich das Querhorn Ndulele), einer Querflöte (hier Taarabu ge-nannt), mehreren Schrillpfeifen und Nciinda–Fußschellen begleitet. Der Ablauf der Musikaufführung wird im Detail wie folgt erläutert:

Zuerst setzen sich die Chöre (Männer– und Frauengruppen) gegenüber und singen. Auf dem Plattenabschnitt 1a) berichtet der Gesang über den Mord an Vizepräsident Karume. Es ist ein Trauergesang, der auch nach den Ursachen des Mordes fragt. Die Flöte setzt ein und wiederholt den ganzen Nindo hindurch dieselbe Tonfolge. Dann kommt das Horn mit einer Serie von Stößen, die mit verschiedenen Abständen das Stück hindurch wiederholt werden. Auch hier werden wie in anderer Musik der Wagogo, ein oder mehrere Pfeifen verwendet, die zusammen mit verschiedenen Ausrufen zur Erreichung von Höhepunkten aber auch zur Vorbereitung neuer Phrasen eingesetzt werden. Nach etwa 20–40 Minuten stehen alle auf und der Tanz beginnt. Die Männer stampfen und hüpfen mit beiden Füßen zugleich zu einsilbigen, explosiven Ausrufen. Zwischen den beiden Reihen, die allmählich ein Oval bilden, werden akrobatische Solotänze ausgeführt“.

Das Spiel der Pfeifen zu Preisgesängen begegnet uns aber auch bei den Baganda in Zentraluganda, in denen meistens Stammesführer und hoch-rangige Persönlichkeiten gepriesen werden266. Desgleichen können Pfei-fen als Begleitinstrumente in Unterhaltungs–, Liebes– oder auch Trinkge- 263 Die größte Trommel Ngoma Fumbwa wird von der Gruppenleiterin geschlagen, wäh-

rend die kleineren Nyanyulua–Trommel von den anderen weiblichen Teilnehmerinnen bedient werden (Kubik 2001a: 86).

264 Aufgrund der starken soziokulturellen Beeinflussungen der Wagogo durch die kenia-nischen Maasai etwa seit Anfang des 19. Jahrhunderts wurden auch im Bereich der traditionellen Musizierstile einige Elemente übernommen. Dies zeigt sich unter ande-rem. im Gesangsstil der Maasai, der in den Nindo–Aufführungen der Wagogo ent-deckt wird, zum Beispiel die rhythmischen Kehllauten, genannt Kilumi. Kubik be-schreibt im Detaill den Gesangstil und Prinzipien der Mehrstimmigkeit und der Har-monik und das Tonsystem der Wagogo (Kubik 1982: 34f. und 134f.).

265 Vgl. auch Krister Malm: Tonträger auf LP: Music from Tansania, Caprice BAP 1089; Signatur: P–1827; Sammlung: Phonogramm–Archiv der Abteilung Musikethnologie des Museums für Völkerkunde Berlin.

266 Vgl. Tonaufnahmen von Gerhard Kubik bei den Baganda aus den Jahren 1959/60; Sammlung: Phonogrammarchiv Wien; Signatur B 4865.

237

sängen geblasen werden. Sie werden auch häufig vor und nach Ernteperi-oden, bei Regenanbetungen und nicht zuletzt während einer Jagd gespielt, wobei sie hier nur eine Signalfunktion besitzen. Auch in der Musikkultur der nordwestugandischen Alur, in der die Bilu genannte Pfeife im Zusammenspiel mit fünf offenen und längs geblase-nen Amagwara–Trompeten und einem Satz von Konustrommeln ein En-semble bildet, nehmen Männer– und Frauengruppen aktiv am Tanz teil267. Einen weiteren Gebrauch findet die Bilu bei Begräbnis- bzw. Trauerze-remonien und Unterhaltungsgesängen268 dieser Gemeinschaft.

2.3.10. Gefäßflöten

Zweifellos gehören Gefäßflöten zu den ältesten Musikinstrumenten der Menschheit, die über die ganze Welt verbreitet sind. Das Vorhandensein von Gefäßflöten wurde bereits um 2000 vor unserer Zeit unter anderem bei den Maya– und Inka–Völkern Mittel– und Süd-amerikas sowie auf dem Territorium Chinas etwa vor 4000 Jahren belegt. Thrascher (2001: 617f.) beschreibt sie als die Vorgänger der Gefäßflöte Xun269. Darüber hinaus berichtet Jähnichen (2004: ebd.) aber auch von weit zurückliegenden Gefäßflötenfunden aus der Yangshao–Kultur im chinesischen Banpo bei Xian, die mehr als 6000 Jahre alt sind (Betz 1995: 585). Auch ägyptische Funde belegen ferner eine sehr frühe frucht-förmige Gefäßflöte, doch die ältesten Gefäßflöten mit mehreren Grifflö-chern scheinen möglicherweise einen sumerischen Ursprung zu haben (Hickmann 1986: 322f.). Einfachheit der Konstruktion und Tonerzeugung legen jedoch nahe, dass es diesen Instrumententyp noch weitaus früher überall in menschlichen Siedlungsgebieten aus unterschiedlichem Mate-rial gegeben hat. Das beste Beispiel für Gefäßflöten ist die Okarina, die ergologisch auch zu den Schneideninstrumenten ohne Kernspalt gehörend klassifiziert werden kann (Jähnichen 2004: 391). Die Okarina ist eine gedackte Flöte mit und ohne Kernspalt, Die Anzahl und Anordnung ihrer Grifflöcher variiert sehr stark von einer Kultur zur anderen. Okarinas werden aus

267 Es kommt aber auch vor, dass bei den Alur Bierflaschen als zusätzliche Pfeife (mit

tiefen Ton) geblasen werden. In bestimmten Abständen dienen sie außerdem als Stampfidiophone.

268 Vgl. Tonaufnahmen von Gerhard Kubik bei den Alur und Acholi und Teso Ugandas aus den Jahren 1959/60 sowie 1961/63; Sammlung des Phonogrammarchivs Wien; Signaturen B 4972–74, B 5008, B 5010–12, B 5020, B 5042, B 5050, B 7184–86, B 7207–09.

269 Die Gefäßflöte Xun gehört zu den ältesten Musikinstrumenten Chinas. Sie wird ge-wöhnlich aus gebranntem Ton mit einer eiförmigen Gestalt hergestellt. In einigen we-nigen Fällen begegnen uns aber auch Xun-Flöten aus Stein. Die Xun dient der Beglei-tung von rituellen Zeremonien. Sie ist etwa 8–13 cm hoch und besitzt 3–8 Grifflöcher, die in unterschiedlichen Mustern gebohrt werden. Das Anblasloch befindet sich an dem Apex der Flöte. Die Flöte kann einen Tonumfang bis zu einer Oktave erreichen. Auf-grund des globusförmigen Windkanals, sind allerdings die erzeugten Tonhöhen ober-tonarm. Die Vorgänger der Xun aus dem neolitischen Zeitalter [mindestens 4000 Jahre alt] waren rund, eier– und fischförmig und besaßen zwei Grifflöcher. Außerdem waren sie wesentlich kleiner als die heutigen Exemplare der Xun (Thrascher 2001: 617f.).

238

Keramik, Ton, Porzellan, weichem Stein, Marmor, Schneckengehäuse270, Holz, Knochen, Fruchtschalen, z.B. Kokosschalen, Kalebassen, Tierhör-ner wie etwa Rinderhörner usw. in verschiedenen Größen mit und ohne Grifflöcher hergestellt. Gefäßflöten kommen in unterschiedlichen Gestalten vor, doch weit ver-breitet sind ei–, kugel– (globus–) und rübenförmige Flöten sowie solche, die als Tierfigur, z.B. als Singvogel, Ente, Fisch, Hahn, Pferdchen, Eule und als Menschenkopf gefertigt werden (Betz 1995: 585; Elschek 1974: 113–115; siehe Abb. 168a–e). Im Vergleich zu den älteren Gefäßflöten, wurde die standardisierte west-liche Okarina gegen 1860 von dem italienischen Instrumentenmacher Giuseppe Luigi Donati als Musikinstrument entwickelt (Hickmann 1986: 322f.; Betz 1995: 586; Sachs 1976: 308 und 1965: 76). Donatis Okarina wurde im Gegensatz zu ihren sehr weit zurückliegenden Vorformen zu einem verfeinert entwickeltes Musikinstrument mit mehre-ren Grifflöchern gestaltet. Ihr Gebrauch sowohl solistisch als auch in der Ensemblemusik wurde in Italien salonfähig. Spätere Exemplare der Oka-rina wurden mit Klappen und Stimmzügen ausgestattet, eine Technik, die der Tonerweiterung, insbesondere der Einführung von Halbtonschritten dient. Dadurch konnte man bestimmten Klangidealen der jeweiligen Mu-sikkultur gerecht werden. Auch bei der Größe und Gestalt der Okarina ergab sich im Laufe der Zeit vor allem in Europa wie etwa in Italien, Paris und London viele Veränderungen und Entwicklungen, so dass die-ses Instrument sich einer stark zunehmenden Beliebtheit erfreuen konnte, die sich ungebrochen bis heute fortgesetzt hat. Seit der Einführung der Okarina wird der Begriff für alle Gefäßflöten verwendet. Außer Europa, Asien, Ozeanien und Amerika (Sachs 1979: 278; Smith 2001c: 306; Niles 2001: 310) sind Okarinas aber auch in zahl-reichen Regionen West–, Süd–, Zentral– und Ostafrikas weit verbreitet, doch sie scheinen nach Kubiks (1982: 96) Vermutung, von Forschern und Reisenden bislang weniger ernst genommen worden zu sein, weil sie in der Regel kleine und somit auch unauffällige Instrumente sind. Afrika: In Afrika findet man Gefäßflöten meistens aus vielen verschiede-nen Materialien, die im unmittelbaren Siedlungsgebiet der jeweiligen Volksgruppe in Gebrauch sind. Außer den unzähligen Sorten von Frucht-schalen wie etwa die Strychnos Spinosa271– und Strychnos Madagasca-riensis272–Frucht-schalen, findet man auch Gefäßflöten aus Ton, Stein, 270 Archäologische Funde belegen solche Flöten aus Ecuador. Sie wurden vermutlich für

den Zweck der Imitation älterer Flöten gebaut (Meyer 1995: 586). 271 Die Frucht Strychnos–Spinosa bezieht sich auf den grünen Affenorangenbaum, der

zur Familie der Brechnussgewächse (Loganiaceae) zählt. Da das Fruchtfleisch der grü-nen Affenorange essbar ist, wird die Pflanze auch als Obstbaum kultiviert. Sie ist ent-lang der Ostküste und in den nordöstlichen Buschregionen Südafrikas beheimatet (siehe auch http://en.wikipedia.org/wiki/Strychnos_spinosa).

272 Unter dem Begriff der Madagascariensis–Pflanze sind zahlreiche Typen vereint: Swartzia–, Ravenala– Emballomira–Madagascariensis usw., die auf Madagaskar, in Malawi, Mosambik, Sambia, Simbabwe, Botswana, Südafrika und Tansania vorkom-men. Die Fruchtschale Strychnos Madagascariensis ähnelt einem Zierkürbis, jedoch wächst sie viel ebenmäßiger und runder. Sie ist als Makwakwa oder auch weitgehend black monkey orange bekannt. Das Fruchtfleisch ist essbar. In einigen afrikanischen Regionen wird die Wurzel in der traditionellen Medizin benutzt, nachdem sie zunächst zerstampft und mit heißem Wasser zur Paste verarbeitet worden ist (http://www.ntbg. org/plants/plant_details.php?plantid=10816).

a

b

c

Abbildungen 168a–c

Abbildungen 168 d Fotos: T. Teffera,

05.04.2006, Vilnius

239

Abbildungen 168 e

Fotos: T. Teffera, 05.04.2006, Vilnius

Holz und Kürbis (Wachsmann / Trowell 1953: 347; Warner–Dietz / Olatunji 1978: 62; Kubik 1982: 96; Schäffner 1986: 518). Sie sind zumeist kugel– oder ovalförmig. Das Anblasloch befindet sich häufig am schmal zulaufenden Ende. Sie besitzen ein bis fünf Grifflöcher. In Westafrika werden Gefäßflöten unter anderem im Zusammenhang mit männlichen Initiationsfeiern gespielt. In wenigen Fällen können sie auch als Signalinstrumente genutzt werden. Als Beispiel seien die Gefäßflöten in den Abbildungen 169 und 170a–b aus der Sammlung des Völkerkundemuseums in Wien zu nennen, die aus ausgehöhltem Holz gefertigt sind und aus dem westafrikanischen Land Burkina Faso273 stammen. Die Anblaslöcher sind im Allgemeinen größer als die jeweils seitlich (links und rechts) gebohrten zwei Grifflöcher. Lofolongo: Im zentralafrikanischen Kongogebiet ist die kugelförmige Flöte Lofolongo anzutreffen. Sie wird aus Fruchtkapsel oder Kalebasse, gebaut und mit 1–5 Grifflöchern ausgestattet wird. Gansemans (1986: 152f.) vermutet, dass diese Flöte heutzutage kaum Verwendung hat. An einer anderen Stelle erwähnt Gansemans (ebd.: 154) eine Holzflöte aus Zaire274 (heutige Demokratische Republik Kongo), die von ihrer Form her auf eine undeutliche Tierfigur, vermutlich einen Vogel mit einem nach unten gesenkten Schnabel, hinweist. Ihr Anblasloch befindet sich am Kopfende. Aus den insgesamt drei Grifflöchern, ist das erste an der Bauchmitte fixiert und die zwei anderen in die Standfüße. Humbwe/Chigufe/Ombgwe: Im südlichen Gebiet Afrikas kommen Ge-fäßflöten u.a. bei den Shona aus Zimbabwe vor, die Humbwe, Chigufe und Ombgwe (Abb. 171a–b, Inv.–Nr.: 177440, Sammler: Renate Cerni 1998) heißen275. Die Chigufe wird aus der harten Fruchtschale des grünen Affenorangenbaumes hergestellt und besitzt drei bis vier Grifflöcher. Sie wird oft von Hirten geblasen. Beim Spiel des Instruments bedienen je-weils Zeige– und Mittelfinder beider Hände die vier Grifflöcher.

Im Vergleich zu der Chigufe, wird die von Huwiler (1995: 24f.) ebenfalls als Gefäßflöte klassifizierte Ombgwe in einem etwas aufwendigeren Ar-beitsvorgang hergestellt. So berichtet er, dass am unteren Ende der kugel-förmigen Fruchtschale ein zylindrisches Bambusrohr hinzugefügt wird, worauf die vier Grifflöcher gebohrt werden. Aufgrund ihrer Gestalt, wird die Ombgwe als eine Einhandflöte mit der rechten oder linken Hand gehalten und geblasen. Die vier Grifflöcher müssen deshalb so positio-niert sein, dass die Finger des Musikers sie mühelos greifen können. Die Ombgwe wird meistens von Männern zur Begleitung traditioneller Solo– und Gruppengesänge der Shona geblasen. In einer Musikaufführung

273 Den Katalogangaben zufolge wurde zumindest eine der Gefäßflöten mit der Inv-Nr.

177436 bei den Wara gefunden, eine kleine bäuerliche Gemeinschaft aus dem südwest-lichen Gebiet Burkina Fasos.

274 Die Gefäßflöte wurde nach Gansemans (1986: 154) im Jahre 1902 käuflich erworben. Sie gehört heute zu der großen Musikinstrumentensammlung des Museé  Royal  de l’Afrique Centrale in Tervuren.

275 Die für den Bau von Gefäßflöten verwendeten meist harten Fruchtschalen werden in der Lokalsprache der Shona Mutamba (Strychnos Spinosa), Um–Phanzi, (Strychnos Madagascariensis), Zhumwi und Muhwahwa genannt. Alle Spezien gehören zu der Familie des Affenorangenbaums.

Abbildungen 169a–b

Gefäßflöte der Wara, Burkina Faso, Inv.–Nr.: 177436

Abbildungen 170a–b Gefäßflöte aus Burkina Faso,

Sammlung: VKM, Wien, Fotos: T. Teffera, 17.05.2006, Wien

240

schüttelt ein Ombgwe–Spieler gewöhnlich gleichzeitig eine Gefäßrassel. Er fungiert auch als Gesangsleiter, wobei er die Gesangszeilen in gewis-sen Abständen ausführt (Huwiler 1995: 24f.). Die Ombgwe ist auch in Südafrika mit unterschiedlicher Grifflochanzahl (meist 2–4) verbreitet. Rhonge: Außerdem kommt eine Rhonge genannte Gefäßflöte in Südafri-ka bei den Tsonga vor. Auch hier dient Fruchtschale als Material. Die Rhonge ist das Instrument der Hirten. Außer ihrem Anblasloch besitzt sie zwei seitlich antipodisch gebohrter Grifflöcher (Geldenhuys 1998: 2049f. Marivate 2001: 85; Liggins 2001: 308). Andere Quellen belegen das Vorkommen von Gefäßflöten in einigen Musiktraditionen Mosambiks, z.B. bei den Chopi (Kubik 1982: 96).

Ostafrika: In Ostafrika ist der Gebrauch von Gefäßflöten bei den Gishu, Nyole, Gwere, Lugbara, Digo und Iramba in Uganda, Kenia und Tansa-nia belegt worden. Sicherlich ist anzunehmen, dass diese Instrumente in vielen anderen Kulturen dieser Region ebenfalls verwendet werden, doch aufgrund der dürftigen Quellenlage bleibt ihr gesamtes Verbreitungsge-biet zunächst ohne konkrete Angaben. Im Folgenden seien die in diesem Gebiet soweit dokumentierten Gefäßflöten aufgelistet (Tabelle 27):

Tabelle 27: Ostafrika: Gefäßflöten/Okarina

Instrument

GF Material Verbreitungsgebiet Volksgruppe/Land

Ebundi, Kigwara und Kigwari

2 Oncoba–Frucht, Kalebasse Nyole, Gwere und Gishu / Uganda

Mwarutu 2 Fruchtschale Digo / Kenia Mpiluli 2 Fruchtschale, Kalebasse, Horn Iramba / Tansania Ndaku 2 Kalebasse Lugbara / Uganda

EBUNDI, KIGWARA, KIGWALA, KIGWARI (Gishu, Nyole, Gwere – Uganda)

Name Klassifikation

Zusatz

Synonyme Form, Material Maße / cm Form/Anordnung Ebundi 421.13 L/H mit Grifflöchern Kigwara (Kigwala) Kigwari

Gefäßflöte aus Fruchschale (Oncoba–Spinosa) oder Kalebasse (Gishu, Nyole, Gwere – Uganda)

H = 11–13 ø = 10–12

Kugelförmig oder oval, zwei seitlich gegenüber-liegende kleine Grifflöcher, Anblasloch rund und scharfkantig

Ergologie: Die Gefäßflöten Ebundi bzw. Kigwara, Kigwala und Kigwari werden entweder aus der Fruchtschale des Oncoba–Spinosa276, auch als Spiegeleibaum bekannt, hergestellt (Abb. 172 und 173). 276 Die Oncoba gehört zu der Familie der Flacourtiaceae, die sich aus mehr als 1.000

unterschiedlichen Arten zusammensetzt, die ausschließlich in tropischen und subtropi-schen Gebieten wachsen. Den Oncoba–Spinosa–Baum, der auch als Spiegelei– oder Schnupftabakdosen–Baum bekannt ist, findet man auf 1.000 bis 2.400 Metern hoch lie-genden Bergwäldern. Die vor allem im Hochsommer sich zu einer leuchtend gelb ver-wandelnden Früchte machen sie besonders auffallend (Behr 2004: http://www. plant-zafrica.com/plantnop/voteplant.php).

a

b

Abbildungen 171a–b a) Gefäßflöte Chigufe

b) Gefäßflöte Ombgwe (Huwiler 1995: 24f.)

241

Abbildung 172: Gefäßflöte Ebundi

Abbildung 173: Oncoba–Spinosa Frucht http://www.plantzafrica. com/plantnop/ voteplant.php)

Gefäßflöten aus Fruchtschalen werden gewöhnlich in mehreren Arbeits-schritten gebaut. Zuerst wird ein Loch, das später als Anblasloch dienen soll, von etwa 1,5 bis 2 cm am Scheitelpunkt der Schale eingeschnitten, um das Obstfleisch und die Kerne zu entfernen. Danach wird die Frucht-schale mit Wasser gefüllt und für ungefähr zwei Wochen zur Gärung liegen gelassen. Anschließend spült man den flüssigen Inhalt aus der Schale heraus. Mit einer Drahtschlinge wird versucht, an die Schalen-wände eventuell noch klebende Keime und Kerne zu lockern und sie zu entfernen. Danach wird die Schale erneut für weitere zwei und mehr Wo-chen in die Sonne zum Trocknen gelegt, bis sie die gewünschte Härte und sie bekommt eine bräunliche Farbe bekommt. Beim Bau solcher Gefäßflöten ist es auch von Vorteil gleich mehrere fertige Fruchtschalen zur Verfügung zu haben, weil die einzelnen Ar-beitsschritte zeitaufwendig sind. Die große Auswahl von fertigen Schalen gibt also dem Instrumentenmacher die Möglichkeit, eine Schale gegen eine neue sofort auszutauschen, falls eventuelle Schäden (Bruch, Risse) während des Herstellungsprozesses entstehen. Sie können aber auch bei den Gwere aus der Spitze einer Kalebasse ge-fertigt werden wie die Abbildungen 172a und b zeigen (Kubik 1982: 96; Wachsmann / Trowell 1953: 347). Die Ebundi, Kigwara, Kigwala und Kigwari kommen bei den Gishu, Nyole und Gwere277 aus Uganda vor. Die Gishu, die ungefähr seit dem 16. Jahrhundert in den westlichen und südlichen Gebieten des Elgon–Berges (Nahe an der kenianischen Grenze) angesiedelt sind, könnten eventuell einen gemeinsamen historischen Hintergrund mit den Luhya278 aus Kenia gehabt haben, bis sie sich etwa Anfang des 19. Jahrhundert von ihnen trennten. Die ursprünglich vermutlich aus dem Bunyoro–Gebiet West-ugandas stammenden Gwere hingegen, bewohnen heute den Pallisa–Distrikt, der weiter westlich vom Siedlungsgebiet der Gishu liegt. Die Nyole sind wahrscheinlich eine Untergruppe der Basoga, obwohl sie von ihrer kulturellen und sprachlichen Herkunft her vielmehr mit den Basim-ba–Bagwe verwandt zu sein scheinen. Sie bewohnen den Tororo–Distrikt südlich von Pallisa (Nzita / Niwampa 1998: 77f. und 81). Aufgrund der eng aneinander liegenden Siedlungsgebiete dieser drei Gemeinschaften, kann man davon ausgehen, dass kulturelle Interaktionen nicht nur in den traditionellen Musizierpraktiken, sondern auch im soziokulturellen Alltag stattgefunden haben könnten (einige auffällige Parallelen sind an be- 277 Auch Bagisu, Banyole und Bagwere genannt. 278 Auch Bukuzu genannt.

Instrumentenbau

242

Abbildung 174 b

Abbildung 174a: Spielposition auf der Kigwara, Foto: mit

freundlicher Genehmigung von Peter Cooke 03.11.1965

Bugwere, Ostuganda

stimmten Bräuchen feststellbar, die beispielsweise mit Hochzeits–, Trau-er– und Beschneidungszeremonien im Zusammenhang stehen). Über die musikalische Funktion dieser Gefäßflöten ist nicht viel bekannt. Die Kigwara der Gwere wird gewöhnlich mit einer Rassel gespielt und zwar, wenn weiße Ameisen aus dem Erdboden hervor kriechen. Beide

Instrumente begleiten einen vermutlich zum Geschehen passenden Sologesang (Cooke 2006279) Stimmung: Das bereits am Anfang eingeschnittene Loch, dient als Anblasloch. Lage und Beschaffenheit sind sehr wichtig für die weitere Bearbeitung und Fertigstellung der Flöte. Zur Fixierung des Grundtons kann man das Anblasloch bis zur optimalen Breite vergrößern. Die Feststellung dieses Tones ist entscheidend, da die Grifflöcher und die daraus resultierenden Töne sich danach richten. Die zwei, drei und mehr Grifflöcher müssen so platziert werden, dass der Spieler sie mit seinen Fingern bequem ab– und aufdecken kann. Diese Stellen sind daher nach ungefährer Schätzung zu markieren. Die auf einer Gefäßflöte erzeugten Tonhöhen richten sich nach der Anzahl der gebohrten Grifflöcher. Bei einer Flöte mit vier Grifflöchern kann ein erfahrener Spieler beispielsweise durch Abdeckkombinationen weitere Töne hervorrufen, deren Tonumfang

sich bis zu einer Oktave erstreckt. Abgesehen davon, können auch durch teilweises Abdecken Halbtonschritte erzeugt werden. Tonhöhenkorrektu-

ren können durch Vergrößern und Verkleinern der Grifflöcher durchgeführt werden. Je größer das Loch umso höher wird die Tonhöhe und umgekehrt. Die hier erläuterte Herstellungsmethode von Gefäßflöten gilt für alle hier beschriebenen Fruchtschalen der unterschiedlichen Baumarten, die in vielen Gebieten Afrikas wachsen. Die Kigwara in den Abbildungen 174a und b kann nach Cookes Untersuchungen hauptsächlich vier Tonhöhen erzeugen (2006280). Diese sind g’, a’, c’’ und d’’ (ungefähre Tonhöhen). Cooke erläutert jeden Ton im Zusammenhang mit der Bedienung der zwei Grifflöcher wie folgt:

g’ = beide Grifflöcher sind abgedeckt a’ = linkes Griffloch ist abgedeckt und rechtes Griffloch bleibt offen c’’ = rechtes Griffloch ist abgedeckt und linkes Griffloch bleibt offen d’’ = beide Grifflöcher bleiben offen In Ausnahmefällen kann ein fünfter Ton erzeugt werden, wenn das linke Griffloch nur teilweise abgedeckt und das rechte offen gelassen wird. Der erzeugte Ton ist dann etwas tiefer Tonhöhe als der Ton d’’.

279 Persönliche Mitteilung: Nach Cooke existiert auch eine 8mm Stummfilmaufnahme.

Die Feldforschung machte er gemeinsam mit John Blacking bei den Gwere im Ost-uganda im Jahre 1965.

280 Email Korrespondenz vom 30.10. und 01.12.2006.

243

MWARUTU, MPILULI (Digo – Kenia und Iramba – Tansania) Name Klassifikation

Zusatz

Synonyme Form, Material Maße / cm Form/Anordnung Mwarutu 421.13 L/H mit Grifflöchern Gefäßflöte aus Fruchtschale

(Digo – Kenia)

H = 11–13 ø = 10–12

kugelförmig, zwei seitlich gegenüberliegende kleine Grifflöcher, Anblasloch weist eine scharfe Kante auf

Mpiluli Gefäßflöte aus Kalebasse, Fruchtschale (Oncoba Spinosa) oder aus der Spitze von Hörnern (Iramba – Tansania)

H = 11–13 ø = 10–12

meist kugelförmig oder oval, zwei seitlich gegenüberliegende Grifflöcher, An-blasloch weist eine scharfe Kante auf

Die Mwarutu wird aus der Schale des Mkwakwa–Baumes hergestellt. Sie besitzt ein Anblasloch und zwei Grifflöcher. Die Gefäßflöte Mpiluli wird sowohl aus der Oncobaspinosa–Fruchtschale als auch aus Kalebasse und aus Hornspitzen gefertigt. Sie ist bei den Im-bara281 anzutreffen, die in der Shinyanga–Region Nordtansanias leben. Nach Gnielinski (1989: 154f.) sind Gefäßflöten in vielen Kulturen Zent-raltansanias in Verwendung, insbesondere jedoch sind sie in dem Mwan-za Gebiet weit verbreitet. Hier werden Gefäßflöten unter anderem auch aus Rinderhörnern hergestellt. Nahezu alle Gefäßflöten werden mit einem Anblasloch und 2 seitlich gegenüberliegenden Grifflöchern ausgestattet. NDAKU (Lugbara – Uganda)

Name Klassifikation

Zusatz

Synonyme Form, Material Maße / cm Form/Anordnung Ndaku 421.13 L/H mit Grifflöchern Gefäßflöte aus Kalebasse

(Lugbara – Uganda)

H = 11–13 ø = 10–12

kugelförmig oder oval, zwei seitlich gegenüberliegende Grifflö-cher, Blasloch mit scharfer Schneide versehen

Kubik (1982: 96) untersuchte bei einem Lugbara–Musiker (bei ihn Log-bara geschrieben) in dem West–Nile Distrikt Ugandas am sudanesischen Grenzgebiet die kugelförmige Gefäßflöte Ndaku (Abb. 175), die eine auffallende Ähnlichkeit mit den Gefäßflöten Kigwari, Kigwara und Ebundi der Gishu, Nyole, Gwere aufweist. Er beschreibt die Ndaku wie folgt: „Die kleine, aus einer Kürbiskalebasse hergestellte und mit Brandmustern verzierte Kugelflöte hatte einen Durchmesser von etwa 10 cm und besaß zwei „äquatorial“ platzierte Grifflöcher, die stets mit den Zeigefingern gedeckt wurden. Bei seinem Vortrag wechselte der Musiker ab zwischen dem Spiel auf der Kugelflöte und Ge-sang. Entsprechend den stark abfallenden Glissandi seines Gesangs hat er eine Anblastechnik entwickelt, die es ermöglichte, die ausgehaltenen Flötentöne auf ähnliche Weise in der Tonhöhe abfallen zu lassen.“

281 Auch Nilamba genannt.

244

Weitere Einzelheiten über das Instrument erläutert Kubik nicht. Alle in diesem Abschnitt behandelten Gefäßflöten werden auf der glei-chen Art und Weise gespielt. Der Musiker richtet den Luftstrom gegen die scharfe Schneide des Mundlochs. Die seitlichen Grifflöcher deckt er mit den Zeigefingern leicht auf und ab, um alternierende Töne zu erzeu-gen.

2.3.11. Panflöten Panflöten kommen in fast allen Regionen der Welt vor. Aus den uns zur Verfügung stehenden Quellen geht hervor, dass die höchst wahrschein-lich älteste Panflöte aus grünem Talkstein mit acht Röhren in Peru gefun-den wurde (Sachs 1979: 289; Hickmann 1986: 324). Doch es wird auch vermutet, dass sie sogar viel früher im fernöstlichen Gebiet existiert ha-ben soll. Beispielsweise galt die Panflöte Paixiao282 schon um etwa 475 vor unserer Zeit als ein wichtiges Musikinstrument in religiösen Musik-praktiken Chinas. Im europäischen Raum tauchen Panflöten z.B. in Li-tauen (Skuduèiai), Russland (Kugikly), Rumänien (Nai283), Griechenland (Syrinx) Italien (Auenis284), Israel, Spanien und Frankreich auf (Sachs 1990: 301). Panflöten sind auch in ein– und doppelreihigen Varianten in floß–285 und gebündelten Formen286 in Ozeanien verbreitet. Sie werden sowohl solistisch als auch im Ensemble287 in Kombination mit anderen

282 Die Paixiao bzw. Xiao oder Lai (Jinshou 2003: 40) hat 13 Bambusröhren in geraden

und in gebogenen Formen. Jedoch kommt sie auch in einer einzigartigen symmetri-schen Form vor mit einem als Bassrohr fungierenden Mittelrohr, wobei die anderen Röhren links und rechts sich zunehmend verkürzen. Diese Bearbeitung der Pai–Xiao ähnelt den ausgestreckten Flügeln eines Vogels, und ihre Verwendung in den religiösen Zeremonien war zur damaligen Zeit sinnbildlich für den Phönix, den legendären Feuer-vogel, der das Leben, den Tod und die Auferstehung repräsentierte.

283 Die rumänische Panflötenbezeichnung Nai darf nicht mit der offenen Längsflöte Nai bzw. Nei und Nay aus der orientalischen Welt verwechselt werden.

284 Im Zuge der Besetzung Griechenlands durch die Römer im Jahre 146 vor unserer Zeit übernahmen die Römer unter anderem die Musizierkunst auf der Panflöte von den Griechen.

285 Zum Beispiel die Au–Ni–Aau Panflöte der Are–Are aus Malaita, Salomonische Inseln, mit 5–13 irregulären, ein– oder doppelreihigen Bambusröhren. Dieses Instrument wird beim Sammeln von Früchten als Signalinstrument geblasen (Zemp 2001c: 315).

286 Zum Beispiel die Au–Waa und Au–Bulobulo Panflöten, die bei den Are–Are– und Kwaio–Völkern aus Malaita vorkommen. Beim Spielen werden die Au–Waa (7 ge-dackte Bambusröhre) längs und die Au–Bulobulo (3–4 offene Röhre) schräg vor dem Körper des Musikers gehalten. Sie dienen oft der Selbstunterhaltung und somit gehören sie zu den Soloinstrumenten. In einigen Ausnahmen dient die Au–Waa auch zeremo-niellen Zwecken und begleitet unter anderem Begräbnisfeier (Zemp 2001c: 315f.).

287 Das Au–Sisile–Panflötenensemble der Kwaio wird z.B. in Sätzen zu 6–8 Musikern gespielt, wobei die aufeinander gestimmten unterschiedlich großen Panflöten jeweils eine festgelegte Funktion im musikalischen Gebilde erfüllen. Jede Flöte ist durch ihren eigenen Namen voneinander unterschieden. Zum Ensemble gehören meistens Perkussi-onsinstrumente wie etwa Fußrasseln (Zemp 2001c: 316 und 319).

Abbildung 175: Gefäßflöte Ndaku der Lugbara (Kubik 1982: 96)

Allgemeines Panflöten Paixiao Skuduèiai Kugikly Nai Syrinx Auenis

245

Instrumenten geblasen und dienen unterschiedlichen Zwecken der Musik (Niles 2001c: 310; Zemp 2001c: 314f.).

Panflöten können aus Bambus, Schilf, Elefantengras, Holz, Bronze, mas-siver Stein, Ton vermutlich auch aus Knochenspitzen und Glas in ver-schiedenen Dimensionen meistens mit scharfen Anblaskanten hergestellt. Sehr selten finden wir aber auch Panflöten mit Einkerbungen ihrer Schneiden. Der häufig vorkommende Panflötentyp weist auf floßförmig in einer Reihe angeordnete gedackte und unterschiedlich langen Röhren hin (Abb. 176a). Die zweite Variante stellt den bündelartig angeordneten Typ dar (Abb. 176b). Im Vergleich zum ersten und weit verbreiteten Panflötentyp, kommt der zweite viel seltener vor (Sachs 1979: 289; Fi-scher 1986: 144; Hickmann 1986: 324; Betz / Meyer 1995: 575–579). Röhrenanzahl, Stimmung und Stimmtechnik von Panflöten variieren erheblich von einer Musikkultur zur anderen. So finden wir Stimmungen mit penta–, hepta–, diatonischen bis hin zu chromatischen Skalen, wobei der Tonumfang sich mitunter auf zwei, drei und mehr Oktaven erweitern kann. Spezielle Blastechniken etwa das verschiedenartige Positionieren der Unterlippe sowie das Kippen des Instruments um 45 Grad ermögli-chen Tonhöhenerweiterungen. Im Hinblick auf die Stimmtechnik, können die einzelnen Röhrenlängen für die Erzeugung der gewünschten Tonreihen verlängert oder verkürzt werden. Ferner besteht bei gedackten Röhren auch die Möglichkeit „durch Auffüllen mit Sand oder durch Einlassen von Wasser“ die ge-wünschte Tonreihe zu erzielen. Insbesondere wird die erste Variante in Panflötenspielen Ozeaniens und Amerikas häufig praktiziert (Jähnichen 2004: 388). Aufgrund dessen weist Jähnichen auch zu Recht darauf hin, dass die Längenmaße einzelner Röhren nicht unbedingt immer die tat-sächlich erzeugten Frequenzen errechenbar machen. Eine weitere Tech-nik für die Stimmung von Panflöten wäre das Einsetzen bzw. das Ver-schieben von passenden Korkscheiben oder einem Wachsmaterial, z.B. Bienenwachs. Letztendlich werden aber auch bewegliche Wachskugeln genutzt, um ein zeitweiliges Umstimmen von einer Tonleiter zur anderen hervorrufen zu können. Verglichen mit den in abwärts verlaufenden Rei-henfolgen angeordneten Panflöten, existieren auch einige wenige Exemp-lare, bei denen keine Verkürzungen der Röhren vorgenommen werden und so äußerlich eine rechteckige Form darstellen. Neben der einreihigen Panflöte findet man auch in zwei Reihen floßför-mig fest verbundene Panflöten288, wovon sich die ersten aus gedackten und die zweiten aus offenen Röhren zusammensetzen. Weitere Formen der Röhrenanordnungen sind aber nicht auszuschließen. Sie können ent-weder aus geöffneten oder gedackten Röhren bestehen. Der zweite Pan-flötentyp ist in vielen Teilen der Welt häufiger anzutreffen als der erste.

In Afrika sind Panflöten nicht weit verbreitet wie zum Beispiel offene Längsflöten, doch einige geographisch weit voneinander liegende Kultu-ren benutzen sie (Nketia 2000: 124). Auch hier existieren gebündelte und gereihte Panflöten überwiegend aus Bambus aber auch aus Schilf und Elefantengras. Als Verbreitungsgebiet können z.B. Teile Süd– und Zent-ralafrikas erwähnt werden. Damit ist das zwischen den Limpopo– und 288 Zum Beispiel die Siku oder Sicus aus den Anden, südamerikanische Westküste.

Abbildung 176 a floßförmige Panflöte

Abbildung 176 b

bündelförmige Panflöte

Materialauswahl

Verbreitung von Pan-flöten in Afrika:

Allgemein

246

Sambesi–Flüssen liegende Gebiet gemeint, das sich weiter in Richtung Inland zur Upemba–Senke bis hin um den Quellfluss des Kongo herum erstreckt. Beispielsweise hat die Panflöte Ngororombe ihren Ursprung in den ehemaligen Shona–Königtümern aus Simbabwe, die ungefähr zwi-schen den 13. und 19. Jahrhunderten existierten. Der Name des Instru-ments wird von dem Ngororombe–Tanz abgeleitet. Die Anzahl der hier verwendeten Röhren liegt zwischen vier und vierzehn. Es sind aus-schließlich gedackte und floßförmig verbundene Bambusröhren, die ein-zeln Nyere, jedoch zu einer Panflöte umgestaltet Ngororombe heißen. Der Tanz, wird oft in rituellen Zeremonien289 ausgeführt. Das Ngororombe–Panflötenspiel der Shona hat sich im Laufe der Zeit in den benachbarten Ländern verbreitet. Die von den Nyungwe aus Malawi im Ensemble ge-spielten Bambuspanflöten werden ebenfalls Ngororombe aber auch Ny-anga genannt. Sie werden in der Regel auf zeremoniellen und rituellen Musikveranstaltungen geblasen, wobei der traditionelle Tanz, Thunga La Ngororombe, nicht fehlen soll (Kubik / Malamusi 2001: 652f.). Des Weiteren sind Panflötenspiele in Uganda und Mosambik belegt wor-den. Im Nordwestmosambik an der Grenze zu Simbabwe begegnen uns die Nyanga–Panflötenspiele der Nyungwe, die für die Begleitung von Gesang und Tanz von 13 und mehr Musikern in Sätzen geblasen wer-den290. Im südlichen Kongo–Gebiet sei ferner die Mishiba–Panflöte der Luba genannt, die ebenfalls in Sätzen gespielt wird. Diese floßförmigen Panflöten können zwischen 2 und 6 unterschiedlich große Bambusröhren haben (Warner–Dietz / Olatunji 1978: 62f.). Alle hier genannten Panflö-ten nutzen im Zusammenspiel die Hocket-Technik. Für die zusätzliche Begleitung können auch andere Musikinstrumente eingesetzt werden. Bereits vor der Einwanderung der Bantu in Südafrika etwa im 15. Jahr-hundert benutzten auch die Bergbewohner in Lesotho291 Khoikhoi292 und San293 genannte Panflöten in ihren Musikkulturen. Ferner kommt die 289 Dieser Tanz ist den Geistern der Vorfahren gewidmet, eine Kultur, die insbesondere in

den Mutoko und Mary–Mount Regionen Simbabwes praktiziert wird. 290 In der Regel gibt es einen Vorsänger, der als Leiter der gesamten Gruppe fungiert und

somit – neben dem Singen – auch in bestimmten Abständen die nächsten Tanzschritt-folgen ankündigt. Entsprechend reagieren die Teilnehmer und wechseln zu dieser Fol-ge, die sie zusätzlich mit ihren Fußrasseln – meistens polyrhythmisch gegen die Panflö-tenmusik akzentuieren. Insbesondere für Nyanga–Panflötenspieler ist die Musikauffüh-rung eine große Herausforderung, da sie neben dem Instrumentenspiel gleichzeitig auch aktiv am Tanz und Gesang teilnehmen sollen. Genauso wie dem Panflötenspiel liegt auch dem Gesang das Hocket–Verfahren zugrunde.

291 Das ehemals unter dem Namen Basutoland bekannte Lesotho ist ein Königreich mit einer parlamentarischen Monarchie. Geographisch ist Lesotho von der Republik Südaf-rika vollständig umschlossen, doch gehörte es zu keinem Zeitpunkt zu Südafrika. Nach der langjährigen britischen Kolonialherrschaft wurde Lesotho 1965 unabhängig.

292 Die nomadischen Khoikhoi (auch abgekürzt Khoi genannt) zu denen die Nama– und Orlam–Gruppen gehören, war in der Kolonialzeit von den Buren (europäische Siedler in Südafrika und Namibia seit etwa dem Ende des 18. Jahrhunderts; auch als Afrikaner, Afrikaander, Kapholländer bekannt), sehr abwertend Hottentotten genannt. Aus heuti-ger Sicht ist dies eindeutig als ein rassistisch motiviertes Schimpfwort zu verstehen. In der Geschichte hatten die Khoi sowohl mit ihren unmittelbaren Nachbarn, die San, als auch mit den später eingewanderten Bantu–Völkern Kontakte gepflegt. Gegenwärtig leben sie verstreut im südlichen Afrika, in der Region von Kapstadt, in Namibia und im nördlichen Botswana.

293 Die San bzw. Khwe, Khoe oder Basarwa waren ehemals von den Khoi sehr abwertend als Bushleute bezeichnet, was in der Khoi–Sprache „Außenseiter“ bedeutet. Die Khoi– und San–Völker werden insbesondere aufgrund ihrer sprachlichen Verwandtschaft auch

Panflöte Imbande bzw. Impembe Südafrika

247

Imbande bzw. Impembe genannte Panflöte bei den Xhosa294 aus der ehe-maligen Kapkolonie an der südlichen Grenze Afrikas. In Ostafrika können nur sehr wenige Kulturen mit dem Panflötenspiel im Zusammenhang gebracht werden. Zunächst sind die südlichen und west-lichen Gebiete Äthiopiens zu nennen, wo sie von den Konso–, Maale– und Berta–Gemeinschaften gespielt werden. Neben den häufiger anzu-treffenden floßförmigen Panflöten, exsistieren beispielsweise bei den Konso und vermutlich auch bei einigen südäthiopischen Gemeinschaften bündelartige Panflöten (Jähnichen 2004: 388). Panflöten begegnen uns auch in Uganda vor allem bei den Basoga, Amba und Konjo und höchst wahrscheinlich auch bei den nilotischen Alur aus Südost– Zentral– und Nordwestuganda. In der AMA–Ausgabe aus dem Jahr 1950295 kommen drei Klangbeispiele vor, in denen Panflöten und Flöten traditionelle Gesänge der Zaramo aus Osttansania begleiten. Somit ist davon auszugehen, dass zumindest bei dieser Gemeinschaft Panflöten vorkamen bzw. heute noch vorkommen. Beim Spiel auf einer Panflöte bläst der Musiker in der Regel gegen die scharfe Kante der Anblaslöcher, die er vor dem Mund hin und her schiebt. Obwohl die Panflöten der 2. Variante das Blasen wesentlich er-leichtern – dies gilt auch für Längsflöten – kommen sie sehr selten vor. In der folgenden Übersicht werden in den ostafrikanischen Musikkulturen verwendete Panflöten in alphabetischer Reihenfolge aufgelistet (Tabelle 28) und anschließend einzeln untersucht: Tabelle 28: Ostafrika: gedackte Panflöten und Panflötenspiele

Instrument

Material Verbreitungsgebiet Volksgruppe/Land

Fanfa, Palale Bambus Konso, Gauwada/Äthiopien Enkwanzi bzw. Obulere–Ensemble

Bambus Busoga/Uganda

1.Esanta–Enene Bambus Busoga/Uganda 2. Esanta–Entono Bambus Busoga/Uganda 3. Embezi–Enene Bambus Busoga/Uganda 4. Engaisi Bambus Busoga/Uganda 5. Endhikirii Bambus Busoga/Uganda 6. Entabusi–Entono Bambus Busoga/Uganda 7. Esanta–Entono Bambus Busoga/Uganda Malko Bambus Maale/Äthiopien Oseke Bambus Alur/Uganda

als Khoisan zusammengefasst, obwohl sie wegen ihrer Verfeindungen wenig miteinan-der zu tun haben wollen.

294 Das Volk der Xhosa ist sprachlich mit den Bantu verwandt. An dieser Stelle sei er-wähnt, dass die heutzutage weltweit bekannteste Persönlichkeit Nelson Rolihlahla Mandela ein Angehöriger dieses Volkes ist.

295 Hugh Tracy The Sound of Africa; Tanzania Instruments: Tanganyika 1950; LP–Seite B, Nr. 1–3, Signatur: P–656; Sammlung: Phonogramm–Archiv der Abteilung Musik-ethnologie des Museums für Völkerkunde Berlin.

Verbreitung von Pan-flöten in Ostafrika

248

FANFA, PALALE (Konso, Gawada – Äthiopien) Name Klassifikation

Zusatz

Form, Material Maße / cm Form/Anordnung Synonyme 421.112.2 L/D ohne Grifflöcher

Fanfa Palale

Panflöte aus Bambus oder Schilf (Konso, Gawada – Äthiopien)

L = 25–30 ø = 1,5–2,5 (einzelnes Rohr)

zylindrisch, gerade und einreihig angeordnete Röhren, Anblaslöcher besitzen scharfe Schnei-den

Ergologie: Die Panflöte Fanfa setzt sich meistens aus 8–13 gedackten schmalen Röhrchen aus Bambus oder Schilf zusammen. Die Röhren wer-den gewöhnlich unmittelber neben den Nodien abgeschnitten und erge-ben letztendlich eine diagonale Reihung. Danach werden sie mit pflanzli-chen Schnüren in mehr als zwei Reihen miteinander verbunden. Einige Fanfa–Flöten werden nach ihrer Fertigstellung zusätzlich mit Kuhmist beschmiert, um die Röhren vor Beschädigung zu schützen und sie auch zu stabilisieren. Die in den Abbildungen 177a–b dargestellte Fanfa ge-hört zum Instrumentenbestand der Yared Hochschule für Musik, Addis Abeba Universität. Das Instrument besteht aus 11 Schilfröhren. Eine weitere floßförmig angeordnete Panflöte aus der Sammlung des Institute of Äthiopische Studies (IES), Addis Abeba ist die Palale296 der Gauwa-da297 aus Südäthiopien. Diese Panflöte setzt sich aus 13 gedackten Bam-busröhren zusammen, wobei das längste Röhrchen etwa 26 cm lang ist. Die Gesamtbreite der Panflöte beträgt 15 cm. Auch hier ist die Instru-mentenwand mit Kuhmist beschmiert (IES–Catalogue 1999: 32).

Verbreitungsgebiet: Das Fanfa–Spiel ist bei den kuschitisch–sprachigen Konso aus Südwestäthiopien bekannt, eine Volksgruppe, die das Omo–Tal bewohnt und hauptsächlich den Ackerbau betreibt. Die unmittelbaren Nachbarn der Konso sind die Gidole im Norden, die Burji im Westen und die Gauwada im Westen. Doch eine besonders enge Bindung haben die Konso mit ihren südlichen Nachbarn und zwar die Borana. Beide Ge-meinschaften teilen sowohl kulturell als auch genealogisch eine Reihe von Gemeinsamkeiten wie z.B. das Anbeten des Gottes Waqa, die Vereh-rung von Schlangen und das Betreiben von Ahnenkult, in der Musik eine zentrale Rolle spielt. Im Zusammenhang mit dem Ahnenkult sind vor allem die Konso für ihre Fähigkeiten in der Holzschnitzerei sehr ge-schätzt. Dies betrifft beispielsweise die Modellierung menschlicher Ges-talten, die dem Ahnenkult dienen sollen. Solche Grabstätten werden meistens in Kornfeldern oder am Wegesrand angelegt. Die Figuren zei-gen u.a. verstorbene Helden, Waga, deren Frauen298 und Familienmitglie-der. Es werden auch geschnitzte Tierfiguren wie etwa Löwen und Leo-parden als Zeichen der Männlichkeit oder der Tapferkeit neben den Men-schenfiguren hingestellt (Fischer/Beckwith 2000: 207f.; Levin 1974: 52). Die Fanfa, die bei den Konso begegnen, werden ausschließlich von den Konso–Männern vermutlich als Ensemble zu unterschiedlichen Anzahl

296 Inv.–Nr. 9660; Sammler: Alula Pankhurst (1996). 297 Auch Gawwada, Mashili, Kollango, Werazi und Goraze genannt. 298 Ähnlich wie in vielen überwiegend südäthiopischen Kulturen (Ari, Maale usw.), sind

polygame Ehen bei den Konso üblich. Ein Mann kann je nach seinem Reichtum bis zu sechs Frauen heiraten.

Abbildung 177 a Fanfa; 11 Röhrchen; Material:

Schilf; Sammlung: YMS, Universität Addis Abeba;

Foto: T. Teffera, 25.11.2005, Addis Abeba

Abbildung 177 b Fanfa; 11 Röhrchen

Funktion Genderbeziehung

249

von Musikern geblasen. Doch weitere Einzelheiten über die Aufführun-gen, Fanfa–Stimmungen sowie über ihre musikalischen und soziologi-schen Funktionen stehen uns keine Informationen zur Verfügung. In An-betracht des Verbreitungsgebiets von Panflöten in Äthiopien können möglicherweise weitere Volksgruppen in Südäthiopien in Frage kommen. Neben den Fanfa, besitzen die Konso eine Reihe von traditionellen Mu-sikinstrumenten wie Trommeln, Rasseln, Leier und offene Längsflöten aus Bambus, wobei die letzteren ausnahmsweise auch oft von Frauen gespielt werden. Die 5–saitige Leier Dita ist dagegen ein Männerinstru-ment, die meistens für die Begleitung von solistischen Unterhaltungsge-sängen benutzt wird. Dabei werden die Saiten nicht gezupft, sondern immer mit einem möglicherweise ledernen Plektrum geschlagen. In der Musiktradition der Konso spielen überwiegend fünf Tonhöhen mit halb-tonlosen Intervallen eine zentrale Rolle. Gelegenheiten auf denen Musik ausgeführt wird sind oft mit religiösen und zeremoniellen Riten verknüpft, an denen alle Mitglieder der Gemein-schaft aktiv teilnehmen können. Bei den Konso existieren auch Musikauf-führungen, die in getrennten Frauen – und Männergruppen sowie in ge-trennten Altersgruppen, z.B. Kinderlieder erfolgen. ENKWANZI, OBULERE, OBURERE (Basoga – Uganda)

Name Klassifikation

Zusatz

Synonyme Form, Material Maße / cm Form/Anordnung 421.112.2 L/D ohne Grifflöcher Enkwanzi Obulere Oburere

Panflöten mit etwa 8-13 gedackten Röhren meis-tens aus Bambus oder anderen Graspflanzen (z.B. Elefantengras), bisweilen ersetzen z.B. Fahrradpumpen die Bambus– oder Schilfröhr-chen teilweise (Basoga – Uganda)

L = 6–40 ø = 2–3,5

zylindrisch, gerade und einreihig ange-ordnete Röhren, Anblaslöcher mit schar-fen Schneiden versehen, jede Flöte hat ihren eigenen Namen

Enkzwanzi–Ensemble Röhrenzahl Angaben nach Kubik 1982: 84 Position der tiefen Töne 1.Esanta–Enene 10 links 2. Esanta–Entono 13 links 3. Embezi–Enene 10 links 4. Engaisi 10 rechts 5. Endhikirii 7 links 6. Entabusi–Entono 10 rechts 7. Esanta–Entono 10 links 211.261.1

Trommel offene Bechertrommel mit Fellspannung Das bespannte Fell ist am Trommelrand angeklebt

Die Panflöte Enkwanzi wird entweder aus Bambus oder aus Elefantengras (Napiergras = Pennisetum Purpureum)299 in Sätzen gebaut. Bei einigen Panflöten kommen gemischte Materialien vor; d.h. die Bambus– oder

299 Das Napiergras der Gattung Pennisetum ist in tropischen Grasländern Afrikas behei-

matet. Die Pflanze hat den Namen Elefantengras bekommen, weil sie eine der begehr-testen Nahrungen von Elefanten ist. Sie kann maximal bis zu 7 Metern hoch wachsen. Ihre Blätter sind ungefähr 30–90 cm lang und 2–3 cm breit (http://en.wikipe-dia.org/wiki/Napier_Grass).

Ergologie

250

Abbildung 178: Auflistung der Enkwanzi nach Kubik (1982: 84)

Nr. Instrumentenname Röhren-anzahl

Position der tiefen Töne

1. Esanta–Enene 10 links 2. Esanta–Entono 13 links 3. Embezi–Enene 10 links 4. Engaisi 10 rechts 5. Endhikirii 7 links 6. Entabusi–Entono 10 rechts 7. Esanta–Entono 10 links

Schilfröhrchen können teilweise mit passenden Fahrradpumpen bzw. ähn-lichen Plastikröhren ersetzt werden (Cooke 2007300). Eine solche Panflöte setzt sich aus 8, 10, 11 bis 13 Röhren zusammen, die brettartig fest mitein-ander verbunden werden. Jedes Rohr ist mittels eines natürlichen Nodiums gedackt. In einem Enkwanzi–Ensemble nehmen mindestens 3 Musiker aktiv teil, doch bisweilen kann sich die Anzahl auf 4–6 Spieler erhöhen. Für einen Enkwanzi–Satz sind daher passend ge-

stimmte Panflöten erforderlich, die nach Wachsmann und Trowell (1953: 341, 376) in einem Herstellungsprozess speziell gefertigt werden. Jede Panflöte hat ihre eigene Bezeichnung. Beispiels-weise untersucht Kubik (1982: 84f.) ein Enkwanzi–Ensemble, in dem sieben Panflöten zusam-menspielen. Die Namen der einzelnen Instrumente listet er auf (Abb. 178) und weist zugleich auf die Spielposition hin, d.h. auf welcher Seite die tiefen Röhren der jeweiligen Panflöte aus Sicht des Musikers gehalten wird. Die 2. und die 7. Panflöte besitzen identische Namen und vermutlich auch die gleiche Stimmung, so dass sie möglicherweise im Ensemble bestimmte Tonhöhen stärken (Kubik ebd.). Während meiner Feldforschung in Uganda301 konnte ich eine Enkwanzi mit neun Bambusröhren in Kampala käuflich erwerben (Abb. 179a). Die floßartig zusammenverbundenen Röhren sind mit quer verlaufenden Holzriemen und Schnüren befestigt. Die Holzriemen sind etwa 6 cm breit und sie werden auf Vorder– und Rückseiten der Panflöte angebracht. Ein schwarzes Gummiband sorgt für die Befestigung der Leisten mit den einzelnen Röhren (Abb. 179b). In anderen Fällen dienen auch Schnüre aus gedrehten Pflanzenfasern oder frische Streifen aus Baumrinden. Die quer liegenden Holzleisten können an zwei, drei oder mehr Stellen ange-bracht werden. Die zunehmend kürzer verlaufenden Röhren der hier gezeigten Enkwanzi liegen zwischen 13 und 33 cm. Optisch ergibt sich somit eine diagonale Form am unteren Ende des Instruments. Auch die Nodien, die sich etwa in der Mitte eines jeden Rohrs befinden, zeigen ebenfalls die gewöhnliche diagonale Linie. Darüber hinaus verkleinert sich das Durchmesser je mehr das Röhrchen kürzer wird. Die Anblasöffnungen sind mit scharfen Schneiden versehen (Abb. 177c). Die Universität Edinburgh bewahrt in ihrer Sammlung drei Enkwanzi–Panflöten aus Bambus und Elefantengras auf, die von einer Ndhote ge-nannten Instrumentenmacherfamilie in Busoga, Südostuganda gefertigt und von dem Musikethnologen Peter Cooke 1988 gesammelt wurden. Durch ihre brettartig angeordneten Röhren und die Befestigung dieser mit dünnen Gummistreifen oder mit gedrehten Pflanzenfasern sowie ihr dia- 300 Email Korrespondenz mit Peter Cooke am 27.01.2007. Cooke stellte mir auch einige

Fotos zur Verfügung, die ich teilweise auch in dieser Arbeit verwendet habe. 301 Feldforschung in Uganda, Mai 2005.

Abbildung 179a

Abbildung 179b

Abbildung 179c Fotos: T. Teffera 24.05.2005,

Kampala

251

gonaler Schnitt an den Röhrenenden besitzen sie auffallende Gemein-samkeiten mit der in Abbildung 177a vorgestellten Enkwanzi. Auch hier ist jede Röhre jeweils durch ein natürliches Nodium gedackt. Cooke (1993: 16f.) gibt die Maße der längsten und der kürzesten Röhren in Ta-belle 29 an. Diese weisen sowohl die allgemeine Röhrenlänge als auch die akustisch wirksame Röhrenlänge bis zum jeweiligen Nodium aus. Tabelle 29: Maße von drei Enkwanzi: Sammlung der Edinburgh Universität

Enkwanzi Inv-Nr. längste Pfeife (außen)

längste Pfeife (innen)

kürzeste Pfeife

(außen)

kürzeste Pfeife (innen)

1. 3277 27,4 19,3 15,3 6,2 2. 3278 ? 22,5 ? 6,8 3. 3279 33,5 25,7 8,7 8,4

Ferner beschreiben Wachsmann und Trowell (1953: Tafel 101) eine Enkwanzi die zwölf Röhren aus Elefantengras besitzt und in Abbildung 180 dargestellt ist. An vier Stellen dienen Querriemen aus Holz für die Befestigung der offensichtlich unregelmäßig angeordneten Röhren. Da-mit wird klar, dass die diagonale Form der Enkwanzi nicht unbedingt überall angewendet wird. Abgesehen davon ist diese Form nicht ent-scheidend für die Erzeugung der Tonhöhen, sondern die Länge innerhalb der einzelnen Röhren bis zum Nodium. Spielweise: Wie die Abbildungen 180 und 181 zeigen, positionieren die Enkwanzi–Spieler die scharfen Kanten der Panflöte an ihren Unterlippen und blasen gegen diese, wie auf eine Flasche. Bei zwei der Panflöten ist festzustellen, dass jeweils die Hälfte der Röhren aus Fahrradpumpen be-stehen (Cooke 2007). Verbreitungsgebiet: Die bantusprachigen Busoga aus Südostuganda werden mit dem Enkwanzi–Spiel identifiziert, wo das Instrument in der Lusoga–Sprache auch Obulere oder Oburere „kleine Flöten“ genannt wird302 (Cooke 1997: 28 und Kubik 1982: 84).

302 Über eine vom Klan der Baisenmusoga geheimgehaltene Legende der Enkwanzi schil-

dert Kubik (1982: 84) die ihm von einem Klanmitglied erzählte Version so:

„Dieser Clan hat ein Endhaza genanntes Totemtier. Aus der Haut dieses Tiers werden auch die Saiten der Leier (entongoli) hergestellt. Enkwanzi wurde von zwei Knaben, Kikomeko und Mukobeza, gefunden, als sie etwa fünfzehn Jahre alt waren. Sie hüteten Ziegen. Sie begannen damit, sich eine Pfeife aus Bambusrohr zu schnitzen. Und sie bliesen auf diesem Rohr. Insgesamt waren es dann zwölf Knaben. Jeder blies ein Rohr. Jeder spielte einzln. Später beschlossen sie, diese Pfeifen zusammenzubinden, damit sie von einer Person gespielt werden können. Und sie fanden, dass dies gut war. Sie ordne-ten die einzelnen Pfeifen so wie die Töne eines embaire (eines Xylophons). Andere Clans immitierten die enkwanzi. Der frühere Chief von Namisambya I Namens Gabula wurde herbeigerufen, um sie zu hören, und er interessierte sich sehr für sie. Dieser Chief machte enkwanzi zu seiner Hofmusik. Als er einmal nach Buganda gerufen wur-de, nahm er die Enkwanzi–Spieler mit, um dem Kabaka vorzuspielen. Und der Kabaka gab der Familie Baisemusoga Land an einem Ort namens Chebando, in der Nähe von Kyambogo in Buganda. Er gab dem Knaben Kikomeko zwei Frauen aus Buganda und ein Gewehr. Dieser Junge, Kikomeko, wurde aber krank und kehrte zu seiner Familie zurück. Hier in diesem Dorf wurde er begraben. Seither geht enkwanzi weiter. Nur die-ser Clan spielt es. Alle anderen haben es vergebens versucht“.

Abbildung 180 Enkwanzi mit 12 Röhren (Wachsmann / Trowell

1953: Tafel 101)

252

Abbildung 181: Enkwanzi–Gruppe aus Busoga; Foto: mit freundlicher Genehmigung

von Peter Cooke 2005 in Basoga, Uganda (siehe auch Cooke 1997: 24–26)

Einige wissenschaftliche Quellen gehen davon aus, dass die Basoga eine große Vielfalt von Musikinstrumenten benutzen als ihre bantusprachigen Nachbarn. Vermutlich könnten jedoch ein Teil dieser Instrumente, einschließlich die Enkwanzi, aus anderen Musikkulturen übernommen und im Laufe der Zeit in die traditionelle Musik der Basoga integriert worden sein. Das heute bei den Basoga beobachtete Instrumentenreichtum könnte also vermutlich das Ergebnis sozialer, sprachlicher, kultureller und musi-kalischer Vermischungen und gegenseitiger Beein-flussungen mit den Traditionen anderer Gemeinschaften wie zum Beispiel die Baganda, Bagwere und Batoro sein, die in der Vergangenheit stattgefunden haben. Bei den Basoga begegnen uns heute zahlreiche Musikinstrumente, die zu rituellen, zeremoniellen und alltäglichen Musikveranstaltungen ihren Gebrauch finden. Neben den

Enkwanzi kommen daher auch Xylophone, offene Längsflöten, Trompe-ten, Hörner, Lamellophone, Rasseln, Harfen, Leier, einsaitige Spießlau-ten, verschiedene Trommeltypen usw. vor (Cooke ebd. und 2001: 37). Panflöten findet man ferner auch bei der Konjo, die in den Ruwenzori–Bergen Südwestugandas lebt. Von ihrer Beschaffenheit her weisen diese sie viele Ähnlichkeiten mit den Enkwanzi der Basoga bis auf die u–förmigen Einkerbungen ihrer Anblasvorrichtungen (Wachsmann/ Trowell 1953: 341) auf. Eventuell wird das Instrument heutzutage nicht mehr verwendet. Die Enkwanzi wird vermutlich ausschließlich von Männern gespielt. In einer Enkwanzi–Aufführung, an der gewöhnlich auch verschiedene In-strumente in beliebig unterschiedlichen Besetzungen mitwirken, nehmen Frauen überwiegend an Tänzen und Gesängen teil. Es existieren be-stimmte Typen von Tanzrhythmen, die unter anderem Irogo, Nalufuka, Tamenja–Ibuga heißen, wobei der letztere oft auf Hochzeitszeremonien ausgeführt wird. Die Enkwanzi können auf nahezu allen Musikveranstal-tungen der Basoga als Begleitinstrument mit oder ohne zusätzliche Mu-sikinstrumente gespielt werden. Die Tonreihen der drei bereits genannten Enkwanzi–Panflöten aus der Sammlung der Universität Edinburgh wurden von Cooke (1993: 16f.) in Tabelle 30 ermittelt. In Noten wiedergegeben würden diese Tonreihen und ihre ungefähren Intervallverhältnisse folgendes ergeben (Notenbeispiel 60). Anhand der hier ermittelten Tonreihen wird ersichtlich, dass der Tonum-fang der Enkwanzi sich über mehr als zwei Oktaven hinaus erstrecken kann. Jeweils nach den ersten fünf Tonhöhen kommen gewöhnlich die gleichen Töne in den höher liegenden Oktaven. Daher kann man davon ausgehen, dass die fünf Tonstufen offensichtlich eine wichtige Rolle in der musikalischen Gestaltung spielen.

Genderbeziehung

Stimmung

253

Tabelle 30: Tonsequenzen von drei Enkwanzi (Cooke 1993: 16f.)

Enkwanzi Inv.-Nr. ermittelte Tonhöhen

1. 3277 4895 EL, 41095 EL, 5140 EL, 5375 EL, 5 620, 5895, 51140 EL (die höchsten zwei Tonhöhen wurden nicht gemessen)

2. 3278 4630 EL, 4860, 41080 EL, 5115 EL, 5370 EL und 5620 EL, 5840 EL, 51110 EL und 6140

3. 3279 4410 EL, 4610 EL, 4850 EL, 41110 EL, 51110 EL, 5400 EL, 5670 EL, 5860 EL und 51090 EL

In einem Enkwanzi–Satz spielen die Musiker polymetrisch und poly-rhythmisch gestaltete Hocketmuster. Bei den Busoga sind solche Interlo-cking Patterns (Kubik 1988: 83–86) auch im Embaire–Xylophonspiel zu beobachten, das von insgesamt sechs Musikern gleichzeitig bedient wird (Cooke 2001:37). Einige Enkwanzi–Aufnahmen (CDs und Tonbänder) unter anderem von Gerhard Kubik303 und Peter Cooke304 stehen uns als Quellenmaterial zur Verfügung. Unter den Tonsammlungen von Klaus Wachsmann aus den Jahren 1949, 1950 und 1954 befinden sich einige Musikaufnahmen der Basoga, die Enkwanzi–Aufführungen enthalten305. Bis auf Wachsmanns Tonsammlungen, habe ich die Aufnahmen von Kubik und Cooke als geeignete Klangbeispiele nur zum Hören benutzen können. Eine Transkription war insofern nicht möglich, weil die Enkwanzi gemeinsam mit anderen Musikinstrumenten wie zum Beispiel Trommeln und Xylophone und zusätzlichen Gesangstimmen aufgeführt wurden. Auch wenn diese ohne weitere Musikinstrumente ausgeführt werden würden, wäre eine Transkription dennoch nicht möglich, da die von den einzelnen Panflöten gespielten Tonhöhen nicht genau feststellbar sind. Dem Höreindruck zufolge jedoch, kann man im Allgemeinen die für die Basoga–Musik oft verwendeten fünfstufigen Skalen, die möglichen Oktavwiederholungen und die markanten Intervallverhältnisse deutlich wahrnehmen.

303 In den Jahren 1967 und 1968 machte Gerhard Kubik Musikaufnahmen (auf Tonband)

bei den Basoga. Siehe unter anderem die Signaturen B 12595 bis 12600 und 12612. Die Sammlung ist im Phonogrammarchiv Wien, Österreichische Akademie der Wissen-schaften zugänglich.

304 CD–Village Ensembles of Busoga 1987–1994, Laurent Aubert (Hrsg.), Archives Inter-nationales De Musique Populaire (AIMP L), VDE–CD 925, Switzerland, 1993.

305 Wachsmanns mehr als 1500 Feldaufnahmen, die überwiegend in Uganda durchgeführt wurden, betreffen etwa 26 Volksgruppen des Landes. Diese wertvolle Sammlung stellt eine außerordentlich umfassende Quelle der traditionellen Musik Ugandas dar. Heute ist der Großteil der Sammlung im Britsh Library Sound Archives zugänglich.

Quellenmaterial

254

Notenbeispiel 60: ermittelte Tonreihen von drei Enkwanzi aus der Sammlung der Universität Edinburgh

MALKO, UMBURKO (Maale - Äthiopien) Name Klassifikation

Zusatz

Form, Material Maße / cm Form/Anordnung Synonyme 421.112.2 (?) L/D ohne Grifflöcher Malko Umburko

Panflöte vermutlich mit gedackten Röhren aus Bambus- oder Schilfrohr (Maale – Äthiopien)

zylindrisch, Anblasloch mit scharfe Schnei-den versehen

Ergologie: Die aus Bambus oder Schilf gefertigte Panflöte Malko bzw. Umburko ist einreihig geordnet. Sie besitzt sechs bis neun gedackte Röh-ren in unterschiedlichen Längen. Die Malko, die gewöhnlich von Mädchen zur Unterhaltung und beim Bewachen der heranwachsenden Hirsefelder geblasen wird, ist bei den südäthiopischen Maale zu finden. Bei den Maale ist es üblich, dass Flö-ten überwiegend von Frauen gespielt werden. Die mit vier vorderständi-gen Grifflöchern ausgestattete offene Längsflöte Shulungo ist zum Bei-spiel das Fraueninstrument der Maale schlechthin. Sie wird hauptsächlich als Soloinstrument von volljährigen Mädchen für diese und andere Zwe-cke geblasen. Trotz ihres langen Forschungsaufenthaltes und gezielten Nachfragen, konnte Thubauville (2004: 94) keine Malko–Panflöten bei den Maale beobachten. Daher basieren ihre Quellen nur auf mündliche Informatio-

255

nen von Einheimischen. Es ist stark anzunehmen, dass diese Panflöte heutzutage kaum benutzt wird. OSEKE (Alur - Uganda)

Name Klassifikation

Zusatz

Synonyme Form, Material Maße / cm Form/Anordnung

421.112.2 L/D ohne Grifflöcher Oseke

Panflöte mit gedackten Röhren aus Bambus (Alur – Uganda)

zylindrisch, Anblasloch weist scharfe Schneiden auf

Bei der Oseke handelt es sich um eine Bambuspanflöte, wobei jedoch nicht bekannt ist, ob sie floßartig oder bündelförmig angeordnete offene oder gedackte Röhren hat. Die Anblaslöcher sind vermutlich mit scharfen Schneiden versehen. Sie kommt bei den Alur aus Westuganda vor, wo sie von Knaben, z.B. Hirten, zum Zeitvertreib und zur Selbstunterhaltung gespielt wird.

256

257

2.4. Schalmeien: Oboen und Klarinetten Schalmeien (engl. Shawm, fran. Shalemie, lat. Calmus = Rohr, Halm) gehören seit spätestens dem 3. Jahrtausend vor unserer Zeit zum Musik-instrumentarium in vielen Kulturen der Welt in Europa, Asien, Ozeanien, Afrika und Südamerika (Sachs 1975: 113f.). In seinem faszinierenden Buch Schalmeien der Welt stellt Heinz Stefan Herzka eine ausführliche Dokumentation über die Kultur– und Sozialgeschichte der Schalmeien im Zusammenhang mit ihrer weltweiten Verbreitung und Entwicklung dar. Dieses umfassende Quellenmaterial basiert auf jahrzehntelangen Feldfor-schungen in weiten Teilen der Welt. Ein kurzer Ausschnitt sei im Fol-genden zitiert (2003: 12): „Schalmeien haben Pharaonen gedient, gaben im Volk und bei den Patriziern der griechischen Antike den Ton an. Sie erklangen, als David Salomo zum König salbte und Jesus zum toten Mädchen ins Haus kam. Sie zogen mit Alexander dem Großen nach Indien und waren im Römischen Reich von Nordafrika bis Mitteleu-ropa verbreitet. Sie nahmen am Siegeszug des Islam teil und streiften mit den Troubadouren durch das mittelal-terliche Europa. Sie spielten an den Fürstenhöfen Frankreichs und Italiens ebenso zum Tanz auf wie auf den Jahrmärkten Europas und Asiens. In weiten Teilen Asiens und in Nordafrika besitzen sie eine ungebrochene Tradition seit dem Altertum und weltweit gesehen behaupten sie sich tapfer, trotz der Technisierung der Musik. Alle Feste und Feiern, religiöse und profane, waren über die meiste Zeit der Menschheitsgeschichte hinweg nicht ohne Schalmeien durchführbar. Ihr magischer Klang diente Priestern, Heilern und Heerführern. Schal-meinspieler sangen von der Liebe und vom Leid, von der Macht und der Verfolgung, zur freudigen Geselligkeit und der Einsamkeit. Sie wurden begehrt und gehasst, gerufen und verfolgt, gehätschelt und vernachlässigt. Sie lebten oft am Rande der Gesellschaft, wirkten im Verborgenen als Partisanen der Musik und haben sich bis heute die Fähigkeit bewahrt, präsent und dennoch kaum auffindbar zu sein.“ In der Systematik der Musikinstrumente steht der Name Schalmei im weitesten Sinn für alle Rohrblattinstrumente mit Aufschlag– und Gegen-schlagzungen (Wachsmann 1995: 664ff.). Berner (1986: 1592) schildert folgendes: „Das Rohrblatt hat die Eigenschaft einer »weichen Zunge«, und zwar als Aufschlagzunge bei einfachem und als Gegenschlagzunge bei doppeltem Rohrblatt. Definiert man demnach Schalmei als Gattungsbegriff für alle Blas-instrumente mit weichen oder Rohrzungen, so ist damit nicht nur eine klare Abgrenzung gegenüber Labialpfei-fen und Trompeteninstrumenten (membranöse Zungen) gewonnen, sondern ebenso gegenüber Pfeifen und Blas-instrumenten mit harten (metallenen) Zungen (Zungenpfeifen der Orgel, Regal, Harm., Hand– u. Mundharmo-nika), deren Tonerzeugung auf einem wesentlich anderen physikalischen Vorgang beruht.“ Schalmeien sind uns zwar weitgehend als Volksoboen und Volksklarinet-ten ein Begriff, jedoch gehören auch die zeitgenössische Oboe, das He-ckelphon und Fagott, die moderne Klarinette und das Saxophon dazu, die musikgeschichtlich viel später im europäischen Kulturraum in Erschei-nung traten. Auch die Spielpfeifen des Dudelsacks gehören zur Familie der Schalmeien nach der Systematik von Hornbostel und Sachs (1914). Dank archäologischer Funde können wir heute Musikinstrumente aus weit zurückliegenden Epochen untersuchen. Aufgrund der klimatischen Bedingungen gehörten zum Beispiel im alten Ägypten das sorgfältige Aufbewahren und die besondere Pflege wertvoller Gegenstände ein-schließlich unersetzbarer Musikinstrumente zur Tradition. So konnten auch Musikinstrumente vor möglichen physikalischen Schäden geschützt werden. Der ägyptische Glaube an die Wiedergeburt und der gewissen-hafte Umgang mit persönlichem Eigentum vor dem Begräbnis hat also

Allgemein

Aufbewahrungs–methoden von

Musikinstrumenten in früheren Epochen

Schalmei: Begriffserklärung

258

einen wesentlichen Beitrag zur Erhaltung von zahlreichen Musikinstru-menten und anderen künstlerischen Gegenständen geleistet. Darunter bezeugen also auch die bei archäologischen Ausgrabungen entdeckten Rohrblattinstrumente das Vorkommen von Schalmeien in weit zurücklie-genden ägyptischen Königreichen. Eine im Jahre 2700 vor unserer Zeit gefundene Malerei zeigt beispielsweise einen Musiker mit der Doppelkla-rinette Memet, die zwei ungleich lange Röhren besitzt. Das kürzere Rohr mit den sechs Grifflöchern ist offensichtlich die Melodiepfeife, während das längere und grifflochlose Rohr als Bordunpfeife dient. Dieses Instru-ment ist heute sowohl in Ägypten als auch im islamisierten Nordafrika unter dem Namen Argul306 bekannt (Sachs 1975: 143; Kebede 1982: 72). Herzka (2003: 137f.) betrachtet es als irreführend, dass Schalmeien oft als das „Instrument des  Islam“ schlechthin verstanden werden. Es ist sicherlich davon auszugehen, dass die Schalmei – ähnlich wie viele ande-re Musikinstrumente – von der arabischen Welt bereits in vorislamischen Zeiten nach Europa gelangte. In diesem Zusammenhang sei das Römi-sche Reich einschließlich der römischen Kolonien wie Nordspanien ge-nannt, wo Schalmeien zum musikkulturellen Alltag gehörten und überall verbreitet waren. Sie waren nicht nur bodenständige Gebrauchsinstru-mente dieser Regionen, sondern sie durften in nahezu keinem öffentli-chen musikalischen Anlass fehlen. Doch nach dem Niedergang des Rö-mischen Reiches wurde die Entwicklung der Schalmei unterbrochen, während sie in der Welt des Orients, wie etwa in Persien, Syrien, Meso-potamien und Ägypten, weiterhin genutzt wurde. Etwa im 8. Jahrhundert, nach der Entstehung und Expansion des Islams, konnte die Schalmei in Europa wiederbelebt und vor allem vom Ende des 13. bis zum 17. Jahrhundert weiterentwickelt und intensiv verwendet werden (Baines 1995: 237; Masel 1995: 1352). Die Ausbreitung des Is-lams war allerdings nicht auf den europäischen Kulturraum beschränkt, sondern sie betraf darüber hinaus auch weite Teile Afrikas und Asiens. Dadurch erfuhren die Schalmeien vielfältige Modifikationen, regionale Anpassungen und weitere Entwicklungsmöglichkeiten. Schalmeien spielten eine außerordentlich wichtige Rolle in der Kulturge-schichte vieler Völker. Sie begleiteten religiöse, zeremonielle und rituelle Musikveranstaltungen, einschließlich Gesang und Tanz. Im öffentlichen Leben dienten sie als Instrumente des Militärs. Die vielfältigen Bedeu-tungen der Schalmei, die nahezu alle Bereiche des Alltagslebens berührte, führten allerdings auch dazu, dass sie schon in der Antike und auch später von „fanatischen“ christlichen und islamischen Gläubigen und Gelehr-ten oft verachtet und als profan und unreligiös angesehen wurde. Auch wenn ihr Gebrauch nicht sündhaft war, galt die Schalmei – neben jegli-cher Art der weltlichen Instrumental– und Vokalmusik – vor allem in vielen islamischen Gesellschaften als das „Instrument des Teufels“. Trotzdem wurde sie dort im Bereich der Paläste und Höfe von Sultanen, Kalifen und Emiren sowie in privaten Kreisen weiterhin gespielt und von den islamischen Gelehrten dennoch geduldet (Herzka 2003: 138f.). Soweit bekannt werden Schalmeien ausschließlich von Männern gespielt. Ähnlich ihrem weltweiten Verbreitungsgebiet sind auch ihre musikali-

306 Auch Yarul, Samr, Zamur und Mashīira genannt.

Entwicklung und Verbreitung der Schalmeien aus der arabischen Welt nach Europa

Rolle der Schalmei in der Kulturgeschichte zahlreicher Völker

Genderbeziehung

259

schen Funktionen und ihre Repertoires sehr vielfältig. In den verschiede-nen Musikkulturen der Welt werden Schalmeien überwiegend in zeremo-niellen und rituellen Zusammenhängen meistens im Freien geblasen. Diese Zeremonien können sowohl gesellschaftlichen und offiziellen als auch privaten Charakter besitzen. Zu den Anlässen, die von Schalmeien begleitet werden, können Hochzeit, Geburt, Beschneidung, sportliche Ereignisse wie Reiterspiele und Pferdetänze307, Prozessionen, Frühlings– und Erntedankfeste, Jahrmärkte, Unterhaltungen, Wallfahrten, der Ge-burtstag des Propheten usw. genannt werden (Kubika 1983: 98–101; Els-ner 1983: 114–117; Kebede 1982: 72f.; Bahloul / Elsner 1983: 122f.; Collaer 1983: 164f.; Kubik 1989: 84f. und 96f.). Zu den meisten Veran-staltungen gehören aber auch unterschiedliche Gesangs– und Tanzreper-toires. Die Gesangstexte können sowohl funktional an die jeweilige Fei-erlichkeit gebunden sein als auch nicht funktionale Repertoires in diesem Sinne beinhalten. Die Art der Musikaufführungen, die Rolle der Musiker einschließlich der Teilnehmer und das Ausmaß der verschiedenen Zere-monien können allerdings lokale, regionale und nationale Abweichungen aufweisen. Ein meist zu beobachtendes Phänomen von Schalmeiauffüh-rungen besteht darin, dass sie in weiten Teilen der Welt überwiegend im Zusammenspiel mit unzähligen Typen von Trommeln gespielt werden308. Unter den Schalmeien weisen die Doppelrohrblattinstrumente einen recht großen Formenreichtum auf. Sie unterscheiden sich in ihren Dimensio-nen, Bohrformen (zylindrisch oder konisch), ihrer Materialauswahl, in der Anzahl und der Verteilung der Griff– und Stimmlöcher, in den Spiel-techniken, Stimmungen und in ihrem Klang. All diese Eigenschaften haben sich im Laufe der Geschichte in der gesamten Welt fortentwickelt und verändert. Die unterschiedlich geformten Rohrblätter werden ge-wöhnlich aus Bambus– oder Schilfrohr gefertigt, jedoch dienen auch verschiedene Pflanzen– und Grasarten, Metall und heutzutage auch Kunststoff (Simon 1995: 1406; Berner 1986: 1592; Page 2001: 257f.; siehe auch Abbildungen 182a–d; Inv.–Nr.: 050508b, 050509b, 151399b, 143822, Sammler: Alfred Janata und Irmgard und Reinhold/Erika Löff-ler) als Material. Die Röhren werden meistens aus unterschiedlichen Holzarten wie zum Beispiel Kirschholz gefertigt. Die besondere Eigenschaft der Doppelrohrblattinstrumente liegt in den Zungen bzw. Lamellen, die beim Anblasen ganz in den Mund genommen werden. In dem Moment des Hineinblasens schlagen die Zungen aufein-ander und versetzen die Luftsäule in Schwingung (Sachs 1975: 153). Zu

307 In Mittelalgerien gibt es unzählige Anlässe zu Musik und Tanz. Darunter gehört die als

Fantasia bekannte Festlichkeit zum traditionellen Pferdetanz, der von der Oboe Ġaita und der einfelligen Bechertrommel Gellāl begleitet wird. Siehe ausführliche Beschrei-bung bei Elsner (1983: 120f.).

308 Die Zurna und die Trommel Davul in der Türkei, die algerische Zurnā oder die tunesi-che Zukra und die Rahmentrommel Bendīr oder die zweifellige Zylindertrommel Tabl, die Mizwid bzw. Chekoua genannte Sackpfeife im Zusammenspiel mit der Rahmen-trommel Bendīr und doppelfelligen Zylindertrommeln; die Mizmar und die Trommel Tamburin in Ägypten, die Trommeln Sornai und Dahol in Afghanistan ähnlich mit dem türkischen Davul–Typ, Serunei aus Malaysia mit ein Paar Gongs und zwei Gendang–Bezar–Trommeln; Muhālīi mit der beidseitig gespielten, doppelfelligen Faß-trommel Dholak und einem Beckenpaar aus Nepal, die Gaita, mit der doppelfelligen Zylinder-trommel Gangua aus der Republik Tschad (Elsner 1983: 114f. und 120f.; Kubica 1983: 100f. und 110f.; Simon 1995: 1416–26).

Oboeninstrumente

Musikanlässe

Hochzeit Geburt

Beschneidung usw.

instrumentenkundliche Besonderheiten

260

den Vorgängern der zusammengesetzten Doppelrohrblattinstrumente seien die, meistens als Kinderspielzeug gefertigten, idioglotten Schalmei-en genannt. Diese Instrumente werden ausschließlich aus Blättern gefer-tigt, es werden „bestimmte Wassergras– oder Schilfrohrarten, Bambusar-ten, zum Beispiel Palmblätter“ (Simon 1995: 1405) verwendet.

Abbildungen 182a–d: Sammlung: VKM Wien, Fotos: T. Teffera. 02.10.2006, Wien

Das antike Griechenland brachte das wohlbekannte Doppelrohrblattin-strument Aulos (griech. = Rohr, Plural = Auloi) hervor. Im Vergleich zu den späteren, etwa im 12. Jahrhundert entwickelten europäischen Doppel-rohrblattinstrumenten mit konischen Bohrungen und den oft trichterför-migen Schallstücken, besaß der Aulos überwiegend zylindrische Röhren aus Bambus oder Knochen. Bei den älteren Exemplaren könnten mögli-cherweise Holz und Elfenbein als Material gedient haben (Dormann 1995: 699). Die Grifflöcher schwanken zwischen 4 und 15 mit weiteren Löchern zum Überblasen. Unter anderem wurde der Aulos als Solo– und Ensembleinstrument für die Begleitung von Gesängen, Ritualen, Festen, Symposien und auch als Kampfinstrument geblasen (Sachs 1975: 154 und 1976: 319f. und 1979: 23; Dormann 1995: 700f.; Bélis 2001: 178f.). Oboen wie die Gralla aus Katalonien, die Bombarde aus der Bretagne in Frankreich sowie die Tibia aus dem antiken Rom gehören zu den weitge-hend bekannten Schalmeien des westeuropäischen Kulturraumes. Hinge-gen kommen Schalmeien in Osteuropa in Rumänien, Litauen, Russland usw. vor (Baines 1995: 237; Herzka 2003: 208f.). Zum gegenwärtigen Zeitpunkt erleben Doppelrohrblattinstrumente eine intensive Wiederbele-bung zum Beispiel in Bretagne, Südfrankreich (Occitanien), Katalonien und Nordspanien, in einigen Gebieten Italiens und des Balkans. Durch spanische und portugiesische Eroberer kamen Schalmeien auch nach Mittel– und Südamerika. So fand sich z.B. in Guatemala die Oboe Xirima, die wie anderorts in die jeweiligen Musikkulturen integriert und weiterentwickelt wurde. Diese Instrumente existieren zwar bis heute in zahlreichen Orten dieses Gebietes, jedoch werden sie allmählich durch die moderne Klarinetten und das Saxophon verdrängt (Herzka: ebd.). Aus dem Nahen Osten, der Türkei, Südosteuropa, Nordafrika und in wei-ten Teilen Asiens findet man Oboen vom Typ Surnai309, der auch unter verwandten Namen in unterschiedlichen Sprachen vorkommt310. Auch

309 Auch Surnāy, Sornai, Sarunai, Sarune, Sarunei, Zurnā, Zammara, Zukra und Suona/

Suo na/Sona/Suerna genannt. 310 Zum Beispiel Horanava aus Sri Lanka, Nagasvaram/Nagashvaram aus Südindien, Śhanāī aus Nordindien, Sarune/Sarunei aus Sumatra/Indonesien, Muhālīi/ Mahālī/ Mohālī/Mvhālī (ein Sammelbegriff für gerade und gebogene Kegeloboen) aus Nepal,

Griechenland Aulos

Katalonien, Bretagne Frankreich Gralla Bombarde Tiba

Mittel- und Südamerika Xirima

Der Nahe Osten, Tür-kei, Südosteuropa, Nordafrika und Teile Asiens

261

hier spielte die Expansion des Islam nach dem 7. Jahrhundert eine beson-dere Rolle für die Verbreitung von Doppelrohrblattinstrumenten in vielen Gebieten Asiens, wo sie bereits seit der Antike existierten. Dennoch gab es selbst innerhalb des asiatischen Kontinents intensive Kulturkontakte zwischen den verschiedenen Gebieten, die bei der Entwicklung der hier beheimateten Oboen und den stetigen Veränderungen ihrer Formen und Typen eine wichtige Rolle gespielt haben (Simon 1995: 1417). In Ost– und Südostasien und auf dem indischen Subkontinent311 wird das Oboen-spiel heute noch gepflegt. Weitere Oboen, die beispielsweise in Spanien, Marokko und in Algerien vorkommen, werden Algaita312 und die Kegel-oboe Mizmār bzw. Zamr genannt (Sachs 1975: 194 und 198f.; Simon 1995: 1420–1428; Jähnichen 2004:392f.; Herzka 2003: 208–217). Aus den unzähligen Instrumentennamen wird ersichtlich, dass einerseits ein und dasselbe Instrument unter verschiedenen Namen in verschiednen Kulturen zu finden ist, während andererseits unter gleichen Namen völlig unterschiedliche Instrumente erscheinen. Diese Verwechslung von In-strumentennamen ist insbesondere in Nord– und Nordostafrika313 häufig anzutreffen (Kubika 1983: 100; Elsner 1996: 195f.). Zum Beispiel be-zeichnet man mit dem Begriff Zukra in Libyen eine Sackpfeife, während in Tunesien die wohlbekannte Doppelrohrblattinstrument Zukra genannt wird (Sachs 1975:196f.; Kubika ebd.: 78f. und 101). Über die Verbreitung und Entwicklung der Oboen im Mittelmeerraum stellen uns Jean Jenkins und Poul Rovsing Olsen einer recht umfassenden Schallplattenreihe mit ausführlichen Kommentaren zur Verfügung. Diese aus dem Jahr stammenden 1960 Tonaufnahmen repräsentieren zwar ü-berwiegend die islamisch arabische Welt, etwa die Türkei, Malaysia, Indonesien, den Iran, Afghanistan, Algerien usw., aber auch nicht musli-mische Länder wie zum Beispiel Italien314. In Afrika südlich der Sahara hingegen finden wir Doppelrohrblattinstru-mente eher in vereinzelten Kulturen. Für die Verbreitung dieser Instru-mente in Schwarzafrika im Allgemeinen vermuten einige Wissenschaftler zwar den arabisch islamischen Einfluss als Hauptgrund, dennoch ist auch davon auszugehen, dass diese Instrumente bereits in vorislamischer Zeit in Afrika existiert haben könnten (Page 2001: 257f.; Herzka 2003: 140). In Westafrika315, vor allem in Nigeria, Kamerun und Tschad, kommen Oboen vom Typ Algaita vor. In den ehemaligen Herrscherhöfen der Haussa und Fulani Nordnigerias gehörte die Algaita, die Rahmentrom-

Duduk/Duduki aus der Türkei, Georgien und Armenien, Balaban aus Turkmenistan, Usbekistan und Zentralasien (Herzka 2003: 208f und 212f.; Simon 1995: 1417–26).

311 Zum Beispiel Iran, Pakistan, Indien, Indonesien, Vietnam, Malaysia, Burma (Myan-mar), Kambodscha, Laos, Thailand, Mongolei, China, Korea, Nepal u.a.

312 Auch Alghaita, Algaitasu, Gaidā, Ghaida, Gajde, Gajdy, Ghaite, Ghayta, Kaita, Keiy-ta und Rhaita genannt.

313 Hierzu gehören Algerien, Tunesien, Libyen, Marokko und Ägypten. 314 LP: Music in the World of Islam, Teil V: Reeds and Bagpipes“ TGS 135, Sammlung:

Phonogramm–Archiv der Abteilung Musikethnologie des Museums für Völkerkunde Berlin, Signatur P–1604. Darin sind 15 Klangbeispiele enthalten.

315 Siehe Tonbeispiele im Phonogrammarchiv der Abteilung Musikethnologie des Muse-ums für Völkerkunde Berlin zugänglich: u.a. „Musique de  l’Afrique; Okora“, HF 1001; Signatur P–2403; Jean Jennkins and Paul Rovsing Olsen: Music in the World of Islam Teil V: Reeds and Bagpipes“; TGS 135, Signatur P–1604.

Verwirrungen in den Instrumenten–

bezeichnungen

Oboen aus Afrika südlich

der Sahara

Algaita–, Keiyta–Gaitha–Oboe

Nigeria

262

mel Ganga und die recht schmale Längstrompete Kakaki zu den wichti-gen Instrumenten (Bebey 1969: 71 und 76–78; Sachs 1975: 199; Simon 1983: 302; Kubik 1989: 84f. und 96f.; Adebowale 2005: 10 und 59–61). Die Algaita ist ebenso noch heute intensiv bei den nomadischen Fulani316 aus Kamerun in Gebrauch. Sie wird in der Regel aus zwei Rohrsegmen-ten gefertigt. Ein etwa 30 cm langes Bambusrohr wird in ein weit ausla-dendes Schallstück aus Rindenmaterial oder aus Kalebasse hineingesteckt (Sachs 1975: 199; Kubik 1989: 84f.). Anschließend werden beide Seg-mente entweder ganz oder teilweise mit Leder überzogen. Ein Zwischen-rohr aus Metall mit einer runden Lippenscheibe bzw. Lippenstütze dient zur Befestigung der Doppelrohrblätter. Auf der Schallröhre werden drei bis fünf vordere Grifflöcher gebohrt, jedoch überwiegen Algaita mit vier Grifflöchern und einem weiteren Daumenloch auf der Rückseite. Auch für die zwischen dem nordöstlichen Ufer des Tschadsees und den Ausläufern der Sahara lebenden muslimischen Völker aus den südwestli-chen Regionen der Republik Tschad gehört die Oboe Gaitha zum festen Bestandteil des traditionellen Musizierens (Herzka 2003: 141 und 211). Sie wird oft als führendes Ensembleinstrument zu zeremoniellen Anläs-sen geblasen. Zum Ensemble gehören häufig die Gangua–Trommeln sowie die Gachi genannten Metalltrompeten des Kakaki–Typs (Kebede 1982: 73). Die unter anderem bei der Kanembo und Mouloui317 zu beo-bachtenden islamischen Musikpraktiken, die Aufführungsart, die Aus-wahl der Musikinstrumente im Zusammenhang mit ihren soziokulturellen Funktionen und Bedeutungen ähneln zum größten Teil den ebenso stark islamisierten Fulbe und Haussa aus Nordnigeria und Kamerun. In Teilen des Nordsudans, darunter bei einigen Nomadengruppen, beglei-tet laut Kebede (1982: 73) die Oboe Algaita oder Keiyta den traditionel-len Kreistanz Zihee.

316 Die Fulani (auch Fulbe, Peul und Bororo) leben verstreut in etwa 19 westafrikani-

schen Ländern, ein Gebiet, das sich von Senegal über Gambia, Guinea, Mali, Nigeria bis nach Nord–Kamerun erstreckt. Mit insgesamt ungefähr 20 Millionen Angehörigen repräsentieren sie vermutlich das größte Nomadenvolk der Welt. Die zahlenmäßig stärkste Gruppe der Fulani lebt allerdings in Nordnigeria, wo sie etwa 3–4 Millionen Angehörigen zählt. Über ihre Herkunft gibt es bislang nur Spekulationen. Doch als Ur-sprungsgebiet werden Nord– und Ostsenegal vermutet (Adebowale 2005: 20). Von hier aus verbreiteten sich die Fulani in östlicher Richtung. Basierend auf die auffallende Ähnlichkeit ihrer Sprache, gehen jedoch einige Wissenschaftler auch davon aus, dass sie mit den alten Ägyptern verwandt sein könnten.

In der Vergangenheit wanderten die Fulani stets auf der Suche nach besserem Weide-land von Ort zu Ort und infolgedessen wurde eine Reihe von Fulani–Gruppen sesshaft. Sie sprechen eine gemeinsame Sprache und reflektieren ähnliche Traditionen, die sich allerdings je nach Lebensraum unterschiedlich entwickelt haben. Im Zuge der Islami-sierung spielten sie eine wichtige Rolle, vor allem im 19. Jahrhundert, in dem sesshafte Herrscher der Fulani für die Expansion des Islam in großen Teilen Westafrikas sorgten

317 Einige Klangbeispiele mit ausführlichen Kommentaren stehen in der 1968/69 veröf-fentlichten OCORA–Ausgabe Antologie de  la Musique du Chad zur Verfügung. Die Tonaufnahmen bestehen aus drei Teilen. Die ersten zwei LPs (OCR 36 und 37/Signaturen P–1304 und P–1305) beinhalten die Musik anderer nicht muslimischer Volksgruppen. Auf der letzten LP (OCR–38/Signatur P–1306) befinden sich Tonbei-spiele ausschließlich muslimischer Gruppen, alle aus dem Tschad. Hier wurden u.a. die Kanembou– und die Mouloui–Gemeinschaften aus Baguirmi, Guéra, Salamat, Kanem und Mayo–Kebi, berücksichtigt Gebiete im Süden und im Westen des Tschads.

Nordsudan

263

Nicht zuletzt sei der ostafrikanische Küstenstreifen einschließlich der Inseln Lamu318 und Sansibar erwähnt, wo Oboen überwiegend unter dem Namen Zomari319 in vereinzelten Musikkulturen zu finden sind. Die In-strumente können zwar selbst innerhalb Ostafrikas lokale und regionale Differenzen aufweisen, jedoch bestehen Gemeinsamkeiten mit den in Nord– und Nordostafrika vorkommenden Oboen. Für das Vorhandensein von Oboen in Ostafrika haben unter anderem die langjährigen Handelsbeziehungen mit Arabien eine wichtige Rolle ge-spielt. Im Zuge der Ausbreitung des muslimischen Glaubens wurden also nicht nur arabisch islamische Sitten und Bräuche, sondern auch Musikin-strumente und Musizierstile mit eingeführt, die in den Traditionen hier beheimateter Volksgruppen im Laufe der Zeit auf unterschiedliche Art und Weit integriert wurden und heute einen Teil des musikalischen All-tags darstellen (Herzka 2003: 136; 211 und 140–143; Simon 1995: 1414). Im Spiel der meisten Oboeninstrumente wird die Technik der so genann-ten Zirkularatmung verwendet. Für die Beherrschung dieser besonderen Atemtechnik benötigt der Musiker allerdings langjährige Erfahrung. So benutzt er meistens seine Wangen als Luftsack, um die dort gespeicherte Luft während des Ein– und Ausatmens in die Oboe zu pressen und so lange Passagen spielen zu können. Die Anwendung dieser Spieltechnik wird allerdings überwiegend für Oboen in orientalischen Kulturen ver-wendet (Kebede 1982: 72f.; Elsner 1996: 195f.). In diesem Zusammen-hang spielt die gewöhnlich am Ende des Doppelrohrblattes befindliche runde und flache Lippenstütze eine wichtige Rolle. Das Doppelrohrblatt ganz in dem Mund steckend stützt der Spieler seine Lippen auf diese kleine Scheibe. Im Völkerkundemuseum Wien wurden Doppelrohrblattinstrumente aus verschiedenen Ländern untersucht. Einige ausgewählte Exemplare aus der Türkei (1970, Inv.–Nr.: 150509a, Sammler Alfred und Irmgard Janata 1970), dem Iran (1971, Inv.–Nr.: 151399°, Sammler Reinhold und Erika Löffler 1971) und Kamerun (1929, Inv.-Nr.: 123020, Sammlerin Helene Oldenburg 1929) werden in den Abbildungen 183–185 gezeigt320. Von ihrer allgemeinen Form her weisen alle Oboen der Abbildungen 183 und 184 Ähnlichkeiten in ihrem zunächst zylindrischen Rohr auf, das in einen konischen Trichter mündet. Die Instrumente könnten mit dem Surna–Typ verglichen werden. Sie besitzen ferner auch Ähnlichkeiten mit der Oboe vom Typ Balaban, die unter anderem in Aserbaidschan, Nordiran und Nordirak zu finden ist (Simon 1995: 1425f. und Bild Nr. 41). Die Röhren sind in beiden Fällen aus einem Stück Holz gefertigt. Es befinden sich auf ihr jeweils sieben vorderständige Grifflöcher, wobei die türkische Oboe auch ein Daumenloch auf der Rückseite hat. Des Weite-

318 Siehe Klangbeispiele auf LP unter Musique de mariage á Lamu, SELAF Ostrom CE-

TO 791; LP, Signatur P–2294 zugänglich im Phonogrammarchiv der Abteilung Musik-ethnologie des Museums für Völkerkunde Berlin. Bei den Aufnahmen handelt sich um traditionelle Hochzeitsgesänge in Begleitung mit verschiedenen Musikinstrumenten darunter Oboe aus der Insel Lamu in Kenia.

319 Auch Zumari, Nzumari, Nzomari und Ndhumari, Somari genannt. 320 Abbildung 183: L = 36,5 cm, Rohr ø = 7,9 cm, GF ø = 0,6 cm; Abbildung 184: L =

41,4 cm, Rohr ø = 8,6 cm, GF ø = 0,5 cm,; Abbildung 185: Kamerun, L = 36 cm, Rohr ø = 7 cm, GF ø = 1 cm,; Abbildung 186: Algaita, Kamerun (Herzka 2003: 211).

Der ostafrikanische Küstenstreifen

Zomari

Spieltechnik: Die Zirkularatmung

264

ren seien die runden Lippenstützen genannt, auf die die Rohrblätter ge-steckt werden.

Abbildung 183

Abbildung 184

Abbildung 185

Abbildung 186

Sammlung: VKM Wien, Fotos: T. Teffera 02.10.2006, Wien

Abbildung 185 wurde bewusst ausgewählt, weil es sich bei diesem In-strument möglicherweise um die Algaita–Oboe handeln könnte, obgleich sie in der bisherigen Katalogbezeichnung des Museums als „Flöte“ ver-merkt ist. Allerdings zeigt die Form des Instruments Gemeinsamkeiten mit der Algaita, bis auf das fehlende Zwischenrohr und die Rohrblätter. Zum Vergleich wird eine Algaita aus Kamerun in Abbildung 186 darge-stellt. Das Rohr setzt sich wie gewöhnlich aus zwei Segmenten zusam-men, die mit Fell überzogen sind. Drei vorderständige Grifflöcher sind im oberen Teil gebohrt. Bei diesem recht alten Exemplar aus dem Jahr 1929 kann man davon ausgehen, dass einige Teile fehlen. Abgesehen von der Klarinette der modernen europäischen Kunstmusik, begegnen uns in den außereuropäischen Musikkulturen unzählige Klari-nettentypen, die in verschiedenen Teilen der Welt jeweils einen eigen-ständigen historischen Entwicklungsprozess durchlaufen haben. Daher finden wir entsprechende regionale Differenzen bei bestimmten Klarinet-teninstrumenten, die durch ihre Gestalten, Dimensionen, Materialien und ihre Verwendungen mitunter stark voneinander unterschieden werden können. Klarinetten können entweder aus einem Einzelrohr (Abb. 187 und 188321; Inv-Nrn: 181282 und 134861; Sammler: De Bary, Harald Krüger und Zöhrer Ludwig 2004 und 1954) oder aus einem Röhrenpaar322 (Abb. 189a-b323, Inv.–Nr.: 030874, Sammler: Ritter von Schulz Adolf), mit

321 Einzelklarinetten aus Lybien; Material: Bambus oder Schilf, jeweils 5 vordere Grifflö-

cher, L. = 16,5 und 18,5 cm, ø Rohr = 0,5 und 0,4 cm, ø GF = 0,6 cm. 322 Die Grifflöcher des Pfeifenpaars können von gleicher oder ungleicher Anzahl sein,

doch überwiegen die Klarinetten der ersteren Sorte. 323 Doppelklarinette syrischer Beduinen mit gleich langen Röhren; jeweils 6 vordere

Grifflöcher, Material: Elfenbein (?); Parallelpfeifen an zwei Stellen mit Wachsmaterial miteinander verklebt, L. = 25 cm, ø Rohr = 1 cm, ø GF = 0,8cm.

Klarinetten

Abbildung 187

Abbildung 188 Sammlung: VKM Wien

Fotos: T. Teffera 03.10.2006, Wien

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offenen oder gedackten Röhren sowie mit oder ohne324 Grifflöcher gefer-tigt werden. Die Auswahl der Materialien ist zwar nicht so groß wie bei anderen Musikinstrumenten, jedoch können für die Herstellung von Kla-rinetten Knochen, zum Beispiel Vogelknochen (ältere Exemplare), Schilf und Bambus, Getreidehalme, Binsen, Holz oder Zweige und heutzutage auch Metall– und Plastikrohre verwendet werden. (Sachs 1975: 142f.; Elsner 1996: 196 und 204). Der Schnitt der Zungen weist zwei verschiedne Formen auf. Der erste wird in Blasrichtung325 und der zweite entgegen der Blasrichtung ange-setzt (Jähnichen 2004: 393; Elsner ebd.: 198). Es ist allerdings zwischen idioglotten und heteroglotten Zungen zu unterscheiden. Beim ersteren Typ wird der Anschnitt des rechteckigen und elastischen Blattes an der Rohrwand vorgenommen, wobei ihre Wurzel mit dem Korpus verbunden bleibt. Die heteroglotte Zunge wird hingegen aus Fremdmaterial gefertigt und anschließend an der Anblasöffnung befestigt bzw. angeklebt. Ihre Größe und Form soll die Anblasöffnung passend abdecken. Als Beispiel für Klarinetten mit aufwärts gerichteten Zungen nennt Elsner (ebd. 197) den ägyptischen Mashīira–Typ, der wesentlich einfacher zu bedienen ist. Klarinetten dieses Typs können einerseits unmittelbar gesteuert werden, andererseits ist die Erzeugung von weit höher liegenden Tonhöhen mög-lich. Dieser Klarinettentyp ist in weiten Teilen der Welt verbreitet. Zu der zweiten Gruppe der Klarinetten zählen hingegen die des Zummāra–Typs326, die in Tunesien, Marokko, Jordanien, Palästina, Irak, Jemen, Ägypten, China, Indonesien usw. anzutreffen sind. Die Zummāra ist eine kleine Doppelklarinette, die bisweilen auch als Doppelpfeife für den ägyptischen Dudelsack eingesetzt werden kann (Elsner 1996: 196). Ohne nunmehr auf eine bestimmte Unterart, Typengruppen oder Typen von Klarinetten einzugehen, seien einige der in den unterschiedlichen Teilen der Welt vorkommenden Klarinetteninstrumente im Folgenden dargestellt. Diese sind unter anderem die Uruá der Kalapálo aus Brasi-lien, die Tigra der Panare aus Venezuela, die bordunierte Doppelklarinet-te mit ungleich langen Röhren Arġīil oder Tiltay, die gewöhnlich aus gleich langen Röhren gefertigten Doppelklarinetten Qurma, Miğwiz und Mizmār327 aus Ägypten, der Türkei, Sardinien, Jemen usw. In vielen Musikkulturen Zentral– und Westafrikas finden wir verschiede-ne Aufschlagzungeninstrumente, die aus unterschiedlichen Materialien hergestellt werden. Als Beispiel seien Bumpa und Papo genannte Einzel-klarinetten mit idioglotten Zungen zu nennen, die aus Hirsestengel gefer-

324 Klarinetten mit gedackten und grifflochlosen Röhren sind vorwiegend in den Musik-

kulturen des amerikanischen Amazonasgebiets anzutreffen, während offene und griff-lochlose Bambusklarinetten beispielsweise in Südchina bei den Iu–Mien und Deng vor-kommen und Mangton genannt werden (Jähnichen 2004: 393). Sachs (1975: 115) nennt Volksgruppen wie die Mojo, Bororo, Mbayá usw. aus dem zentralen Gebiet Süd-amerikas, deren Einzelklarinetten keine Grifflöcher aufweisen.

325 Vergleichbare Klarinetten mit Grifflöchern sind z. B. die tadschikische Doppelklarinet-te Košnaj, die turkmenische Gošo–Dilli–Tjujdjuk, die Mabu der südchinesischen Yi. Zu grifflochlosen Klarinetten mit ähnlichen Schnitten der Zungen in Blasrichtung können unter anderem die Dudka von Smorgonsk und die lettische Snijegana genannt werden (Elsner 1995: 198)

326 Auch Zamr und Zumārah genannt. 327 Siehe auch ausführliche Untersuchung über Beschaffenheit, Instrumentenbau, Spiel-

technik (z.B. Zirkularatmung) und –weise, die musikalisch funktionelle Zuordnung und Repertoire der Doppelklarinette Mizmār aus Yemen bei Elsner (1999: 213–236).

a

b

Abbildungen 189a–b Sammlung: VKM Wien,

Fotos: T. Teffera. 03.10.2006, Wien

Abbildung 190 Hornklarinette / Zentralafrika (Herzka 2003: 142 und 211)

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tigt werden. Die Instrumente sind bei den Busansi und Dendi328 aus Bur-kina Faso und Benin in Gebrauch. (Bebey 1969: 79; Kebede 1982: 72). In Abbildung 190 ist eine Einzelklarinette von Herzka (2003: 142) darge-stellt. Das Instrument stammt zwar aus Zentralafrika, jedoch deren ge-naue Herkunft geht aus seiner Beschreibung nicht hervor. Das zylindri-sche Bambusrohr, in dessen obere Öffnung das Mundstück mit der Auf-schlagzunge hineingesteckt ist, hat ein Schallstück aus Ziegenhorn. Das Instrument weist fünf vorderständige Grifflöcher auf. Auch dieser Typ von Klarinetten kommt in zahlreichen Musikkulturen der Welt vor. Ferner existieren aber auch Doppelklarinetten dieser Art mit zwei Horn-schallstücken. Unter anderem ist die libysche Doppelklarinette Magrùna mit ihren eng beieinander liegenden Parallelpfeifen und jeweils 4–5 Grifflöchern zu nennen, die bisweilen zur Begleitung gemeinschaftlicher Tänze geblasen wird. In Nordafrika sind auch Dudelsäcke zu finden, deren Doppelpfeifen mit jeweils einem Horntrichter erweitert sind. Der zum Beispiel in Zentraltunesien gespielte Dudelsack Mezwid bzw. Mezīid weist diese Eigenschaft auf. Der Sack wird aus Gazellen– oder Ziegen-haut gefertigt und mit Öl weich gemacht. Seine Doppelpfeifen besitzen jeweils fünf vordere Grifflöcher (Kubica 1989: 98f.). In den Abbildungen 191 und 192a–b werden weitere untersuchte Klari-nettenexemplare aus der Sammlung des Völkerkundemuseums in Wien veranschaulicht, die einen Teil der genannten Klarinetteninstrumente bildhaft darstellen. Die in der Abbildung 191a (Inv.-Nr. 181283, Sammler: De Bary, Harald Krüger 2004, L = 18 cm, ø = 6 cm, ø GF = 0,8 cm) dargestellte Doppel-klarinette aus Libyen setzt sich aus zwei gleich langen Pfeifen zusammen, die jeweils 6 vordere Grifflöcher besitzen. Bei dem Material könnte es sich entweder um ein Schilf– oder Bambusrohr handeln. Diese Parallel-pfeifen sind durch Lederstreifen miteinander verbunden. In die oberen Öffnungen des Pfeifenpaars werden passende Mundstücke mit je einer idioglotten Aufschlagzunge hineingesteckt (Abb. 191b; Inv.-Nr. 097810). Die aus Ägypten stammende Doppelklarinette in Abbildung 192a zeigt Merkmale des Argul–Typs (Sachs 1975: 143). Im Vergleich der zuvor dargestellten Doppelklarinette mit dem gleichlangen Pfeifenpaar, weisen die Röhren bei diesem Exemplar unterschiedliche Längen auf. So ist die Melodiepfeife mit sechs vorderständigen Grifflöchern ausgestattet, wäh-rend das längere Rohr für den Bordun benutzt wird (siehe in Abbildung 192a329 das Verlängerungsstück für das Bordunrohr). Ähnlich wie bei der Doppelklarinette in der Abbildung 191b werden die zwei Mundstücke mit je einer idioglotten Aufschlagzunge auch hier beim Spielen in die Rohröffnungen hineingesteckt (siehe auch Abb. 192b). Für die Mundstü-cke werden passende Bambusröhrchen benötigt, die durch Ausnutzung des natürlichen Sepiums an einem Ende gedackt sind. Anschließend wer-den die Zungen eingeschnitten und freigelegt. Wie es in der Abbildung 192b zu sehen ist, wird also der Aufschnitt der Zunge der Atemluft des Musikers entgegen gestellt. Dies gilt auch für die Doppelklarinette in der 328 Die Bisansi repräsentieren eine der Mande–Gruppen, zu denen auch die Samo, Marka,

Dyula gehören. Die Dendi aus Benin (auch Dandawa), die sich aus etwa 68 verschie-denen Subgruppen zusammensetzen, bewohnen die nördlichste Ecke von Benin an der südöstlichen Grenze Nigers.

329 L = kurzes Rohr: 32 cm; langes Rohr = 70 cm, ø = 1,2 cm, ø GF = 1 cm.

Abbildungen 191a–b

Abbildungen 192a–b:, Sammlung: VKM Wien, Sammler: Hans Becker;

Fotos: T. Teffera. 03.10.2006, Wien

267

Abbildung 191a/b. Die Röhren sind in diesem Fall mit bunten Schnüren an mehreren Stellen parallel miteinander verbunden. Ostafrika: Unter den Schalmeien finden wir in der ostafrikanischen Re-gion überwiegend Doppelrohrblattinstrumente, die im Vergleich zu Flö-ten, Trompeten und Hörner verhältnismäßig seltener sind. Klarinetten könnten zwar in diesem geographischen Gebiet bei einigen Volksgruppen in Gebrauch sein, doch es steht soweit kein Quellenmaterial zur Verfü-gung. Im Zusammenhang mit dem Vorkommen von Einzel– und Doppel-klarinetten jedoch erwähnt Sachs (1975: 114f. und 142) neben anderen Völkern auch die Dinka330 aus dem Sudan sowie die Swahili und Akam-ba331 aus der ostafrikanischen Küste. Die zur Verfügung stehenden Quellen hinsichtlich der wenigen Doppel-rohrblattinstrumente aus diesem Gebiet sind sehr dürftig, so dass einge-hende Studien in Zukunft notwendig sind. Im Folgenden werden nunmehr die aus einigen schriftlichen Abhandlun-gen sowie aus vorhandenen Tonträgern, vorwiegend auf Schallplatten, dokumentierten Exemplare ostafrikanischer Doppelrohrblattinstrumente aufgelistet und einzeln untersucht (Tabelle 31): Tabelle 31: Ostafrika: Doppelrohrblattinstrumente: Oboen mit und ohne Grifflöcher

Instrument

GF Länge /cm

Material Verbreitungsgebiet Volksgruppe/Land

Blattoboe n.n. keine 20–25 Palmblatt Digo / Kenia Bungo 4 75 Holz, Metall Giriama / Kenia Keiyta ca. 3–4 Metall, Kalebasse Haussa / Sudan Zomari, Zumari Nzumari usw.

4–5 36 Palmbaum, Metall, Kokusschale, Holz

Swahili, Digo, Rabai / Kenia und Tansania

BLATTOBOE n.n. (Digo – Kenia) Name Klassifikation

Zusatz

Synonyme Form, Material Maße / cm Form/Anordnung 422.112.1 L/D keine Grifflöcher Einzeloboe aus Palmblatt

(Digo – Kenia)

L = 20 – 25 konisch, Palmblatt wird um einen vertikal verlaufenden, gefalte-ten Blatt gewickelt und ergibt am Ende ein kleines Instrument

Die Blattoboe in Abbildung 193a gehört zu den einfachsten idioglotten Schalmeien. Das Instrument wird nur aus Blattstreifen, in diesem Fall aus einem Palmblatt, gefertigt, wobei die Fertigstellung nur einige Minuten dauert und keine besondere Erfahrungen bzw. Kenntnisse des Instrumen-tenbaus verlangt wird. Die Filmaufnahmen über die Herstellung dieser Blattoboe (Abb. 193a) entstanden am 08.07.2005 in der Nähe des Tiwi–Beach südlich von 330 Die Dinka bewohnen die Sumpfgebiete des Südsudans, und zwar die Regionen Gharb

Bahr al Ghazal und Shamal Bahr al Ghazal im Nilbecken. 331 Auch Kamba genannt, eine der neun bantusprachigen Mijikenda aus Kenia.

Ergologie

268

Mombassa332. Mein aus der Digo stammender Informant Simba fertigte das Instrument folgendermaßen: Zunächst nahm er ein Palmblatt, das er einmal in der Mitte faltete und danach aufschlitzte. Um dieses Doppelblatt herum wickelte er dann zwei weitere Blätter hintereinander zu einem spiralförmigen Röhrchen. Beim Erreichen der gewünschten Rohrlänge von etwa 25 cm bohrte er einen dünnen Holzstab durch das andere Ende des Rohres hindurch, um den Abschluss des Palmblattes zu befestigen (Abb. 193b). Beim Umwickeln ergab sich eine konische Form. Der in der Rohrmitte befindliche Blattstreifen wird an dessen Spitze in Form eines Dreiecks gleichmäßig geschnitten (Abb. 193c). Damit ent-standen Gegenschlagzungen für die Tonerzeugung. Anschließend de-monstrierte Simba die Spielweise auf der Oboe (Abb. 193d). Das Instru-ment kann in unterschiedlichen Dimensionen hergestellt werden. Zu der eigentlichen Klassifizierung dieser Blattoboen vermerkt Simon (1995: 1405) folgendes: „In dieser Basisformgruppe finden sich eine Reihe von Instrumenten, die puris-tisch, streng klassifikatorisch instrumentenkundlich gesehen, nicht zu den ei-gentlichen Oboeninstrumenten gehören. Von der Klangkonzeption her sollten sie jedoch als Sonderformen dieser Kategorie gezählt werden“. Die musikalische Funktion dieses Instrument ist zumeist mit Ensemble-aufführungen verbunden, wo es mit Trommelgruppen traditionelle Ge-sänge und Tänze der Digo begleitet (Simba 2005333). Es müssen wohl mehrere solcher Blattoboen eingesetzt werden, damit sie im Zusammen-spiel lauter erklingen. Laut Simba ist das Instrument auch bei fast allen Mijikenda-Gruppen mit ähnlichen musikalischen Funktionen zu finden.

Vergleichsbeispiele: Blattoboen sind in vielen Kulturen der Welt vor allem in Europa, Asien und Ozeanien anzutreffen. Meistens dienen sie als Kinderspielzeuge. In der Türkei werden solche Blattoboen zum Beispiel Soğan Düdüğü und Arpa Sapi Düdüğu genannt (Simon 1995: 1405). Auch Fischer (1986: 128f.) berichtet, dass Blattoboen in Ozeanien häufig als Kinderspielzeuge verwendet werden. Abbildung 194 a – d zeigt vier Blattoboenarten aus Ozeanien, wovon das Bild c (von links nach rechts) der hier untersuchten Blattoboe der Digo ähnelt. Die Gesamtlängen der vier Instrumente liegen zwischen 20 und 60 cm. Im Zusammenhang mit der geschlechterspezifischen Benutzung von Blattoboen in Java berichtet auch Sachs (1975: 200) folgendes: „Auf Java machen sich die Kinder unter dem vieldeutigen Namen Somprèt aus spiralig zusammengewickelten Blattstreifentüten, in deren spitzes Ende sie ein Doppelrohr stecken. Die Vereinzelung dieser Oboe kennzeichnet sie als kindli-che Rückbildung“. 332 Feldforschung in Kenia, Juli 2005: Filmaufnahme von der Herstellung eines Oboenin-

struments aus Blattstreifen (Palmblätter); Video 19: 4:10–17:18 Minuten (Privatsamm-lung: Teffera, Ostafrika/2005).

333 Interview und Gespräch mit dem Musiker Simba, Juli 2005, Tiwi-Beach, Kenia.

Abbildung 193 a

Abbildung 193 b

Fotos: Teffera 08.07.20005 Tiwi–Beach

Abbildung 193 c

Abbildung 193d

Foto: Teffera , 08.07.20005 Tiwi–Beach

Abbildung 194a–d Fischer 1986: 211

Nr. 432–435

269

Notenbeispiel 61: Ostinatofiguren der Bungo–Oboe, Aufnahme: Gisa Jähnichen 1993, West–Creek, Kilifi, kenianisches Küstengebiet

BUNGO (Giriama – Kenia) Name Klassifikation

Zusatz

Synonyme Form, Material Maße / cm Form / Anordnung

Bungo 422.112.2 L/D mit Grifflöchern Nzumari Zumari usw.

Einzeloboe aus Holzrohr und Metall (Giriama – Kenia)

L = 75 konisch, vier vorderständige Grifflöcher

Die Bungo, die bisweilen auch Nzumari genannt wird, ist ein Doppel-rohrblattinstrument mit einer Gesamtlänge von ungefähr 75 cm (Abb. 195). Das Instrument setzt sich aus fünf ineinander gesteckten Teilen zusammen. Die runde Lippenstütze Chivo wird über ein kurzes Messing-rohr, genannt Kinari, gestülpt, während die Kinari wiederum in das Holz-rohr Kigingi gesetzt wird. Das nächste Hauptstück Mwanzi, wo sich auch die vier Grifflöcher befinden, wird dann in die stark konische Stürze Ki-vute bzw. Kinu gesteckt. Das Holzrohr wird aus dem Mūgumo–Baum gewonnen (Senoga–Zake 1981: 165).

Verbreitungsgebiet: Die Bungo begegnet uns bei den Giriama an der Ostküste Kenias. Sie wird sowohl zu zeremoniellen Anlässen als auch zu einfachen Unterhaltungen geblasen und zwar meistens im Zusammen-spiel mit Trommeln. Beispielsweise begleitet sie gemeinsam mit den Ngoma–Trommeln der benachbarten Kamba den Mwasa genannten Tanz der Giriama. Das Wort Mwasa bezieht sich aber auch auf einen in jüngs-ter Zeit neu erfundenen Rhythmus aus der Kombination des Trommel–Oboenspiels. Stimmung: Entsprechend der Dimension variiert auch der Tonumfang einer jeden Bungo. So können diese Instrumente laut Senoga–Zake (ebd.) etwa als Sopran–, Tenor– und Bariton–Bungo untergliedert werden. Se-noga–Zake (ebd.) stellt beispielsweise bei der Bungo die Tonhöhen A–H–e’–f#’ und a#’ fest, doch gelegentlich werden einige zusätzliche Töne erzeugt, die nicht zur temperierten Skala gehören. Aus diesen spärlichen Quellen kann man sich leider nicht viel vorstellen. In den von Gisa Jähni-chen 1993 bei den Giriama durchgeführten Feldforschung befinden sich Filmaufnahmen334 von Ensembleaufführungen, in denen die Bungo–Oboe vorkommt. In der ersten Musikaufführung wird ein Wechselgesang von einer Trommel– und Rasselgruppe, von mehreren Schrillpfeifen und von einer Bungo–Oboe begleitet. Die Aufnahme entstand in West–Creek in Kilifi. Neben dem Gesang tanzt eine Gruppe von Frauen. Jede Tänzerin trägt Beinrasseln an beiden Füßen, die bei jeder Bewegung hell und kräftig erklin-gen. Synchron zu dem Rhythmus der Trommeln und Rasseln gestaltet der Bungo–Spieler ostinate Begleitfiguren, die sich überwiegend auf den rhythmischen Verlauf der Musik konzentrieren. Dabei bewegt er sich in 334 Material im Privatbesitz von Gisa Jähnichen, entstanden im September 1993 in Kilifi,

West–Creek sowie in Mtwapa, südlich von Kilifi.

Ergologie

Abbildung 195

Bungo–Oboe der Giriama

270

gebückter Haltung in der Mitte der teilnehmenden Tänzer und Instrumen-tenspieler hin und her. Die Ostinatomotive ändern sich ab und zu, doch häufig wird das im Notenbeispiel 61 wiedergegebene Muster gespielt. In einer weiteren Musikaufführung, die in Mtwapa, südlich von Kilifi stattfand, begleiten auch verschiedene Trommeltypen und Rasseln in Sätzen den gemeinschaftlichen Gesang und Tanz der Giriama. Die hier eingesetzte Bungo–Oboe ist wesentlich größer als die erste, vor allem mit ihrer weit ausladenden Schallstürze aus einem trichterförmigen Kalebas-se. Sie erzeugt entsprechend tiefe Töne. Im Vergleich zu den melodisch-rhythmisch gestalteten Ostinatofiguren des ersten Bungo–Spielers sind die erzeugten Tonhöhen wesentlich beschränkt. Hier ist der Einsatz der Bungo als Rhythmusinstrument deutlich zu erkennen.

KEIYTA (Haussa – Sudan) Name Nr. Klassifikation

Zusatz

Synonyme Form, Material Maße / cm Form/Anordnung Keiyta 422.112.2 L/D mit Grifflöchern Algaita Alghaita

Einzeloboe aus Kalebasse und Metall (Haussa – Sudan)

konisch, drei bis vier vordere Grifflöcher

Bei der Keiyta handelt es sich, wie der Name verrät, wahrscheinlich um die Oboe vom Typ Algaita, die in vielen Musikkulturen Afrikas verwen-det wird (Bebey 1969: 76f.; Al–Daw 1985: 73). Die Keiyta wurde durch Haussa–Völker335 in den Sudan eingeführt, sodass sie heute in weiten Teilen des Landes unter anderem bei den Fur der westlichen Darfur–Region zu finden ist. .

Zomari (Digo, Rabai – Kenia; Gubahin – Somalia und Swahili – Kenia und Tansania) Name Nr. Klassifikation

Zusatz

Synonyme Form, Material Maße / cm Form/Anordnung

Zomari 422.112.2 L/D mit Grifflöchern Nzomari Nzumari Zumari Somari

Einzeloboe aus Holzrohr (Digo, Rabai – Kenia Gubahin – Somalia und Swahili – Kenia und Tansania)

ca. 33,5 konisch, drei bis vier vordere Grifflöcher

Die bereits am Anfang genannte Zomari ist eine konische Oboe, die sich aus mehreren Teilen zusammensetzt und mit vier bis fünf vorderständi-gen Grifflöchern sowie einem hinterständigen Griffloch ausgestattet ist. Ihre Gesamtlänge kann ungefähr 30 bis 40 cm betragen. Die Einzelteile

335 Außer in Nordnigeria leben Teile der Haussa heute in verschiedenen Regionen des

Sudans. Die Oboe gehört nicht nur im Sudan zu den wichtigsten Musikinstrumenten, sondern auch bei den in Nigeria lebenden Haussa. Herzka (2003: 141) beschreibt im Zusammenhang mit den Haussa–Völkern in Nigeria, dass sie die Oboe Algaita gemein-sam mit einer Trompete und weiteren Rhythmusinstrumenten geblasen wird.

271

setzen sich aus unterschiedlichen Materialien wie Holz, Elfenbein und Metall zusammen. Die Doppelrohrblätter werden aus unterschiedlichen Grasarten gebaut. Senoga–Zake (1981: 165) spricht von dem Mvumo genannten Palmen-baum (Barassus Fabellifera), der auf der Insel Lamu für die Her- stellung von Rohrblättern verwendet wird (Campbell / Eastmann 1984: 492). In anderen Regionen können aber auch verschiedene Grasarten genutzt werden, die in der unmittelbaren Umgebung zur Verfügung ste-hen. Die Rohrblätter werden in ein kurzes Rohr aus Metall oder Holz hineingesteckt, wo sich auch die runde Lippenstütze befindet. Diese wird oft aus pflanzlichen Materialien gewonnen, z.B. eine Kokosschale. Das kurze Rohr, das als Zwischenstück dient, wird wiederum mit einem wei-teren Rohr aus Holz (Abb. 196a) oder aus Elfenbein (Abb. 197a, ein älte-res Exemplar aus dem 19. Jahrhundert, Sammler: Mrs. G. Lowe, Inv.-Nr. 98.1.118) zusammengefügt, auf welchem sich auch die Grifflöcher befin-den. Am Ende wird dieses Teil durch das konische Schallstück erweitert.

Verbreitungsgebiet: Die Zomari ist im ostafrikanischen Küstenstreifen verbreitet. Das Gebiet erstreckt sich von Südsomalia bis nach Madagas-kar. Das Instrument wird von den Gubahin aus Südsomalia, den Digo, den Rabai, den Kamba u.a. aus Kenia, bei den verschiedenen Swahili–Gruppen336, die sowohl auf dem Festland als auch auf den Inseln Lamu, Sansibar und Pemba in Kenia und Tansania leben, verwendet (Kebede 1982: 73; Campbell / Eastmann 1984: 467–493). Nach Allen (1982: 23f.) zählt die Zomari zu den Musikinstrumenten, die vermutlich aus der Tür-kei oder aus Persien nach Tansania gelangten337. Die Bezeichnung Zomari wird in den verschiedenen Gebieten der ostafri-kanischen Küste unterschiedlich ausgesprochen und in den vorhandenen Literaturen entsprechend verschiedenartig geschrieben wie etwa Nzumari, Ndhumari und Somari. Es existieren sicherlich auch andere Namen, die sich auf die jeweiligen Lokalsprachen beziehen. Bei den Giriama wird beispielsweise das Wort Bongo für eine der Zomari ähnliche Oboe ge-nutzt. Bisweilen führen jedoch auch manche der vielen Instrumentenna-men zu Missverständnissen und Verwechslungen, wie im Fall der bereits untersuchten Schalmeiinstrumente aus Nordafrika. Aus einer Quelle, die ebenfalls auf Vermutungen basiert, schildert Wachsmann (1986: 859), dass die Zomari bei den somalischen Gubahin unter dem Swahili–Namen Parapande vorkommt, obwohl dieses Wort bei den Swahili–Völkern eine Trompete bezeichnet. Ferner fehlen Hinweise auf die genaue Herkunft der Zomari in Ostafrika, d.h. Informationen darüber, in welches Gebiet sie zuerst eingeführt wur-de, da die dürftigen Quellen nur unzureichend sind. Senoga–Zake (1981: 90) vermutet, dass die Zomari auf der Insel Lamu zum ersten Mal durch 336 Die Swahili bewohnen hauptsächlich den ostafrikanischen Küstenstreifen von Somalia

bis nach Mosambik. Einige Swahili–Gruppen bewohnen aber auch die Komoren und Zaire. Die Swahili lassen sich in mehreren Untergruppen klassifizieren, die allerdings eine nahezu identische Sprache (Kiswahili) sprechen, die sich aus einer Mischung der arabischen und Bantu–Sprachen entwickelt hat. Siehe ausführliche Beschreibung über die Swahili–Gemeinschaften (Geschichte, Verbreitungsgebiet und Sprache) unter ande-rem bei Jenkins 1996b unter http://endor.hsutx.edu/ ~obiwan/profiles/swahili.html.

337 In diesem Zusammenhang schildert Allen (1982: 23f.) auch die in weiten Teilen der islamisch arabischen Welt bekannte offene Längsflöte Nai bzw. Semaa ebenfalls in dem tansanischen Küstengebiet ihren Eingang fand und bis heute in Gebrauch ist.

Abbildung 196 a

Abbildung 196 b

Abbildung 197 a

Abbildung 197 b

Sammlung: Historisches Museum in Mombassa, Kenia, Fotos: T. Teffera, 11.07.2005

272

die somalischen Bajun eingeführt wurde und sich später in südlicher Richtung zu den Mijikenda–Gruppen hin verbreitete. Fakt ist allerdings, dass sich die Zomari in den verschiedenen Gebieten des Küs-tenstreifens und auf den Inseln Lamu, Sansibar und Pemba unterschied-lich entwickelt hat. So sind im Allgemeinen regionale und lokale Diffe-renzen zu beobachten, die sich auf Materialauswahl, Instrumentenherstel-lung und ihre markanten Eigenschaften in Gestalt und Dimension, Griff-lochanzahl, Tonerzeugung, Skalen, Tonumfang und Ambitus beziehen. Im Zusammenspiel mit anderen Rhythmus– und Melodieinstrumenten, beispielsweise Trommeln und Längsflöten, dient die Zomari der somali-schen Gubahin der Begleitung von Gesangs– und Tanzveranstaltungen, die sie mitunter auf Hochzeitsfesten spielen. Bei den Swahili ist die Zomari sowohl in der traditionellen Musizierpra-xis als auch in der mittlerweile wohlbekannten Tarabu–Musik verankert. Nahezu bei allen Swahili–Gemeinschaften gehört die Zomari heute zu den wichtigsten Musikinstrumenten, die insbesondere zu zeremoniellen Anlässen wie etwa Hochzeiten nicht fehlen darf338. Es ist davon auszugehen, dass die Zomari nur von Männern gespielt wird. In diesem Zusammenhang beschreiben Campbell und Eastmann (1984: 472) die geschlechterspezifische Rolle und die musikalische Funktion der Zomari in der traditionellen Ngoma–Ensembleaufführung Kenias:

„In the cities (in Mombassa, Malindi and Lamu), the ngoma ensemble accompanying the Vugo commonly involves male instrumentalists. While all Vugo ensemble require only the Vugo horns (buffalo horns which are struck by small sticks, are the only obligatory instruments associated with the ngoma), they usually include Nzumari (a double–reed aerophone) or a Tarumbeta (Western cornet), which usually replaces the traditional Nzumari in urban areas, and two or three drums. In the particular Vugo Ya Kuingia Ndiani described here, of the approximately thirty women present, half–played western type tambourines and other half played the Vugo horns. There were a male Nzumari player, a male Ngoma leader, a female song leader, and two women who played Sambuku (small vase–shaped clay drums which are held under one arm and played with the other hand).“

Was von den Zomari–Oboen aus Lamu und die der Digo aus Kenia anbe-langt, gibt Senoga–Zake (1981: 163f.) die Tonreihen f#–a–c–c#–f–f# oder g’–a’–b’–c“–d“–eb“–e’’an. Dabei spricht er von vier bis fünf vorderständigen Grifflöchern, die diese Instrumente besitzen. Diese Angaben sind vollkommen unzureichend und vor allem irreführend, weil sie möglicherweise nicht auf genauen wissen-schaftlichen Untersuchungen basieren. Aufgrund dessen ist es zum ge-genwärtigen Zeitpunkt nicht möglich, guten Gewissens auf die tonalen Eigenschaften dieses Musikinstrument einzugehen, ohne dass authenti-sches Quellenmaterial und entsprechende Klangbeispiele vorliegen.

338 Campbell/Eastmann (1984: 468) berichten, dass die Tarabu–Musik sich auf eine ge-

sungene Dichtkunst mit Instrumentalbegleitung bezieht. Sie wird gewöhnlich von pro-fessionellen Musikern sowohl zu öffentlichen als auch privaten Anlässen aufgeführt. Allerdings schließt eine Tarabu–Aufführung in der Regel jegliche Beteiligung von Zu-schauern aus.

Funktion

Genderbeziehung

273

2.5. Trompeten und Hörner Die Geschichte längs– und quer geblasener Trompeten und Hörner, die in weiten Teilen unserer Welt anzutreffen sind, kann bis in die Anfangsepo-che der menschlichen Zivilisation zurückverfolgt werden. Die Bibel be-richtet von dem Gebrauch von Trompeteninstrumenten. Im alten Testa-ment finden wir beispielsweise folgendes:

„Und der HERR redete mit Mose und sprach: 2Mache dir zwei Trompeten von getriebenem Silber und gebrau-che sie, um die Gemeinde zusammenzurufen und wenn das Heer aufbrechen soll. 3Wenn man mit beiden bläst, soll sich bei dir versammeln die ganze Gemeinde vor der Tür der Stiftshütte. 4Wenn man nur mit einer bläst, so sollen sich bei dir versammeln die Fürsten, die Häupter über die Tausende in Israel. 5Wenn ihr aber laut trom-petet, so sollen die Lager aufbrechen, die nach Osten zu liegen. 6Und wenn ihr zum zweiten Mal laut trompetet, so sollen die Lager aufbrechen, die nach Süden zu liegen. Denn wenn sie weiterziehen sollen, so sollt ihr laut trompeten. 7Wenn aber die Gemeinde zu versammeln ist, sollt ihr nur blasen und nicht laut trompeten. 8Es sol-len aber blasen mit den Trompeten die Söhne Aarons, die Priester; und das soll eine ewige Ordnung sein für euch und eure Nachkommen…..“

4 Mose 10: 1–8 Das wandernde Gottesvolkes soll also durch dem Klang der Trompeten von der Gegenwart Gottes unterrichtet werden. Seit dieser Zeit bis in das 17. Jahrhundert wurden Trompeteninstrumente vornehmlich für kultische Zwecke genutzt. In der weiteren Entwicklung dienten sie in zahlreichen Gebieten der Welt als Symbol der Autorität und durften somit die Ge-genwart eines jeden Herrschers zum Ausdruck bringen. Auch im Zu-sammenhang mit geistlichen Zeremonien, z.B. beim Gottesdienst oder auf jährlichen Kirchenfeierlichkeiten wurden Trompeten (z.B. Europa) geblasen. Trompeten dienten aber auch als Signalinstrumente, z.B. zur Ankündigung von Todesfällen insbesondere hochrangiger Personen bzw. Herrscher, bei einem Trauerzug, zum Versammeln von Kriegern oder einer Gemeinde, Erscheinungen, die uns heute noch in vielen Gebieten Afrikas zu beobachten sind. Hickmann (1966: 772) nennt das Vorkommen von Trompeteninstrumen-ten zum ersten Mal in der Metallzeit in Afrika, Australien, Südamerika, Altzypern und Altspanien. Für ihre Herstellung wurden zunächst Natur-produkte wie etwa Muscheln, Knochen, Stoßzähne, unzählige Typen von Tierhörnern, Kalebassen und Bambus verwendet. Erst später wurden augenscheinlich Trompeten und Hörner in einigen Teilen der Welt, ins-besondere in Europa, auch aus Holz, Rinde, Elfenbein und Metall gefer-tigt. Ihre unterschiedlichen Dimensionen reichen von den kleinen Signal-instrumenten der Nomadenvölker von etwa 20 cm Länge bis hin zu den großen und schweren Blasinstrumenten von mehreren Metern Länge. Als Beispiel seien Alphörner genannt, die in Gebirgsregionen insbesondere in den Schweizer Alpen, aber auch in den Karpaten und Pyrenäen vorkom-men und traditionsgemäß aus Holz mit aufwendiger Arbeit hergestellt werden. In gestreckter Form können ihre Längen zwischen 1,5 bis zu 4 Metern betragen (Sachs 1979: 7). Die eindeutige Unterscheidung von Trompeten und Hörnern ist nicht einfach. Ein oft gebräuchliches und eher unbedeutsames Unterschei-dungsmerkmal besteht darin, dass bei den Trompeten die Röhren entwe-der insgesamt zylindrisch oder zwei Drittel davon zylindrisch und ein Drittel konisch gebohrt sind, während bei den Hörnern das Gegenteil der

Allgemeines

Trompeteninstrumente zum ersten Mal in der Metallzeit: Hypothese

274

Fall ist (Taar 1995: 211; Morley–Pegge / Hawkins / Merewether 1995: 697; Hickmann ebd.: 771). Unter dem Begriff Trompeteninstrumente bezeichnen Hornbostel und Sachs (1914) im Wesentlichen alle Blasinstrumente, bei denen primär die schwingenden Lippen des Bläsers, deren Frequenz von der Spannung der Muskeln abhängig ist, eine wichtige Rolle für die Tonerzeugung spielen. So wird die im Rohr befindliche Luftsäule in eine periodische Schwin-gung versetzt und die Frequenz der Luftsäule hängt wiederum von der Dimensionierung des jeweiligen Rohrs ab (Stauder 1966: 763; Ahrens 2004: 212). Nach Hornbostel und Sachs werden die Hörner zu der Gruppe der Trom-peten gerechnet. Die Bezeichnung bezieht sich allerdings nicht nur auf die Instrumentenform, sondern vielmehr auf das häufig verwendete Mate-rial und zwar das Tierhorn. Eine wesentlich kleinere Gruppe innerhalb der Trompeteninstrumente stellen die Schnecken– und Muscheltrompeten bzw. Muschelhörner dar. In Ostafrika – aber auch in ganz Afrika – werden Trompeteninstrumente auch heute überwiegend aus Naturprodukten gefertigt. Dabei handelt es sich hauptsächlich um die unterschiedlichen Arten von Tierhörnern wie etwa Rinder–, Ziegen–, Gazellen–, Büffel–, Stier–, und Antilopenhörner, z.B. Kuhantilope, Impala–, Kudu–Antilope und Wasserbock. Andere für den Bau von Trompeteninstrumenten in Ostafrika verwendete Materialien sind Bambus, Schilf, Holz, Kalebasse und bisweilen auch Metall. Die Methoden ihrer Herstellung variieren von Ort zu Ort. Im Vergleich zu anderen Materialien benötigen Tierhörner in der Regel we-nig Aufwand und Einsatz individueller Spezialkenntnisse, da der wesent-liche Arbeitsschritt im Grunde nach dem Bohren eines Blaslochs an der Seitenwand des Horns (Querhorn) oder nach dem Absägen der Hornspit-ze (Längshorn) beendet ist. Von ihrer Form her weisen Tierhörner entwe-der die charakteristische Krümmung, oder im Wesentlichen eine gerade und eine überwiegend konisch verlaufende Form auf. Darüber hinaus kommen auch Trompeteninstrumente vor, die aus zwei passenden sich konisch erweiternden Segmenten von Tierhörnern oder anderen Materialien zusammensetzen. Anschließend wird das Rohr ent-weder nur an der Verbindungsstelle beider Teile oder insgesamt mit Fell überzogen. Weitere Hörner bestehen aus ineinander verschiebbaren Röh-ren unterschiedlicher Materialien. Dabei kann es sich beispielsweise um ein schmales und sehr langes zylindrisches Bambusrohr handeln, dessen Ende mit einer weit ausladenden Schallstürze aus Tierhorn erweitert wer-den kann, z.B. die Quertrompete Dinke aus Südäthiopien. Dem Kombi-nieren von unterschiedlichen Materialien und Röhrenformen sind somit keine Grenzen gesetzt. Trompeten und Hörner dienten in früheren Zeiten auch als Hofmusikin-strumente vieler afrikanischer Königreiche, wo sie – neben anderen Mu-sikinstrumenten – ein Symbol der Autorität repräsentierten. Insbesondere Blasinstrumente aus Elfenbeinhörnern wurden traditionsgemäß besonders aufwendig mit symbolistischen Figuren und Motiven (z.B. Jagd, Tanz, besondere Menschen, Tiere und Pflanzen) und Verzierungen dekoriert (Ankermann 1901: 43; Gansemans 1986: 150). An den königlichen Hö-fen der Baganda und Basoga aus Uganda war es üblich, die Röhren der

Trompeten–instrumente Klassifizierung Hornbostel/Sachs

Instrumentenbau und Materialauswahl: Afrika Tierhörner Bambus Schilf Holz Kalebasse

Funktion Bedeutung

275

zumeist im Ensemble geblasenen Holztrompeten und Hörner entweder vollständig oder nur teilweise mit Fell, z.B. Rinderfell oder Eidechsen– und Schlangenhaut, zu bedecken und diese entweder fest zuzunähen oder mit Leim zu verkleben und sie bisweilen zusätzlich mit Perlen oder Mu-scheln zu besticken wie etwa bei der längs geblasenen Kürbistrompete Eggwara bzw. Kawunde der Baganda. Auch das aufwendige Umwickeln von Röhren mit dünnen Lederriemen, Bast, oder Rindenstreifen von jun-gen und saftreichen Zweigen gehörten zu den regelmäßig vorgenomme-nen Arbeitsschritten in dem Instrumentenbau in Uganda, die heute noch zum größten Teil fortbesteht. In anderen Regionen Ugandas begegnen uns auch meist Quertrompeten, die in Menschengestalt oder in Phallus-form aus einem massiven Stück Holz ausgehöhlt und geschnitzt werden wie etwa die Quertrompeten Limba (Menschenfigur) und Yuge (Phallus-form) der Madi– und Kakwa–Gemeinschaften aus Uganda. Unter den besonders respektierten Instrumenten afrikanischer Königshöfe sind auch die paarweise geblasenen Längstrompeten Kakaki aus Metall zu nennen, die in den ehemals von Hausa und Fulani–Herrscherhöfen dominierten Gebiet Nordnigerias in Gebrauch waren (Hickmann 1966: 773f.; Bebey 1969: 71 und 76f.; Adebowale 2005: 10 und Kubik 1989: 84f. und 96f.). Dietz und Olatunji (1965: 68ff.) berichten über einen ze-remoniellen Abschied von hochrangigen Gästen in Kamerun im Jahre 1958, die von Kakaki–Trompeten begleitet wurden. Auch Simon (1983: 302ff.) belegt den Gebrauch dieser Trompeten bei den nordnigerianischen Hausa, die neben anderen Musikinstrumenten wie z.B. die Algaita–Oboe nur in den königlichen Höfen gespielt wurden. Jenkins und Olsen (1960339) dagegen, verwenden die Bezeichnung Nafir aus Nigeria (ver-mutlich ein Synonym für die Kakaki–Trompete), die zu besonderen Hof-zeremonien ähnlich wie die Kakaki paarweise geblasen wurden. In magisch religiösen Zeremonien werden Trompeten und Hörner in eini-gen Kulturen Ostafrikas als ein besonders wichtiges Utensil des Zaube-rers verwendet. Es ist keine Seltenheit, dass ihre Klänge in vielen Musik-kulturen Ostafrikas so empfunden werden, als ob sie magische Kräfte verleihen, die zum Vertreiben von bösen Geistern dienen und Krankhei-ten heilen können. Außerdem beschützen sie Krieger und Jäger vor mög-lichen Gefahren (Dietz / Olatunji 1965: 67). Ein Beispiel ist das aus Anti-lopenhorn gefertigte Querhorn Ngombe der zentralugandischen Baganda, dessen Klang dem Zauberdoktor hilft, sich in Trance zu begeben und so die Stimme des Geistes wahrzunehmen340. Die meisten Trompeteninstrumente sind Eintonhörner von großer Klang-stärke, die in den verschiedenen ostafrikanischen Kulturen überwiegend als Signalinstrumente unterschiedlichen Zwecken dienen. Bei den kenia-nischen Maasai erklingt das sonst sehr selten gebrauchte Querhorn Emouo zum Versammeln der jungen Moran–Krieger an einem Ort.

339 Tonaufnahmen in Okuta, Nigeria und Kommentar; siehe LP Music  in  the World  of Islam  Teil  IV:  Flutes  and  Trumpets; TGS 135, Seite B, Nr. 1, Sammlung: Phono-gramm–Archiv der Abteilung Musikethnologie des Museums für Völkerkunde Berlin, Signatur P–1603.

340 Forschungsreise Uganda, Mai 2005: Beobachtung und Befragung von Mitarbeitern des Uganda Museums in Kampala; siehe auch Wachsmann / Trowell 1953: 353.

Königshöfe der Baganda und Basoga

in Uganda

Trompete Eggwara bzw. Kawunde

Königshöfe der Hausa und Fulani

in Nigeria

Längstrompete Kakaki

Trompeteninstrumente zur Begleitung

magisch religiöser Zeremonien in Ostafrika

Tonerzeugung und Klangfarbe

276

Weitere Verwendung finden Trompeten und Hörner im Zusammenspiel mit anderen Instrumenten bei der Begleitung gemeinschaftlicher Musik– und Tanzveranstaltungen, Initiationszeremonien und Ringkämpfen341. So wird beispielsweise das Querhorn Gunda der tansanischen Wasamba neben seiner häufigen Funktion als Signalinstrument der Jäger auch in dem so genannten Ngoma–Dumange–Ensemble „Trommel  der Män‐ner“ gemeinsam mit drei Trommeln und Gefäßrasseln zur Begleitung von Gesängen und Tänzen geblasen342. Ähnlich wie Flötenensembles verschiedener Musikkulturen Ostafrikas, besitzt auch meistens jedes ein-zelne Instrument der hier untersuchten Trompeten– und Hornensembles unterschiedliche Namen, die sich oft auf ihre musikalische Funktion in dem jeweiligen Ensemble beziehen. Als Beispiel sind die Waza–Längstrompeten der Berta–Gruppen aus Äthiopien und aus dem Sudan oder die Agwara–Hörner der Alur aus Uganda zu nennen. Es existieren zwar bestimmte Regeln in Bezug auf die in einem Ensemble einzusetzende Anzahl von Instrumenten, die von einer Kultur zur anderen variiert, doch zu besonderen Anlässen können je nach Wunsch der Musi-zierenden weitere Instrumente für die Klangfärbung und für die Stärkung bestimmter Tonhöhen zusätzlich benutzt werden. Nur in einigen wenigen Ausnahmen kann sich die Anzahl von zusammenspielenden Instrumenten verringern, doch eine Mindestanzahl von fünf Instrumenten gehört in den meisten Ensembles zum Standard. Grifflochtrompeten und –hörner, die uns etwa aus der europäischen Ge-schichte der Musikinstrumente bekannt sind, wurden in Ostafrika bislang nicht beobachtet (Kebede 1982: 74). Die Bongo–Gemeinschaft aus dem Sudan scheint eine Ausnahme zu sein, die nach Sachs (1975: 260) in früheren Zeiten Hörner, meistens Antilopenhörner, mit bis zu drei Griff-löchern spielten. Diese Feststellung lässt allerdings Zweifel aufkommen, da keine handfesten Beweise zur Verfügung stehen. In der vorliegenden Arbeit werden daher ausschließlich grifflochlose Trompeten und Hörner untersucht.

2.5.1. Schneckentrompeten und/oder –hörner   Schneckentrompeten und –hörner (engl. conch trumpet, shell trumpet), auch Muschelhorn genannt, werden den Naturtrompeten zugeordnet. Als wesentliches Material für ihre Herstellung dient ein Schneckengehäuse, das entweder durch Absägen der Spitze oder durch das Einbohren eines seitlichen Anblaslochs zu einem Musikinstrument konstruiert wird (Sachs 1979: 264). Schneckentrompeten begegnen uns auch mit zusätzlich hin-zugefügten Röhrchen aus Bambus oder ausgehöhltem Holz, Kalebassen- 341 Die Bakwiri aus Kamerun benutzen auch ein relativ kurzes Horn aus Elefantenstoß-

zahn auf traditionellen Ringkämpfen, wobei die teilnehmenden Kandidaten von funkti-onalen Gesängen begleitet werden (Boulton 1957, P–1099, LP). Der Ringkampf, der oft auf offenen Marktplätzen stattfindet, gehört ebenso zum gesellschaftlichen Vergnü-gen vieler westafrikanischer Völker.

342 Die Ngoma–Dumange-Ensemble besteht aus zwei zweifelligen Zylindertrommeln und eine einfellige Konustrommel (Feldforschung Tansania, Juni 2005; siehe auch ausführ-liche Beschreibung des Ngoma–Dumange–Ensembles unter Punkt 2.3.9).

Trompeteninstru-mente in Ensembles

Allgemeines

277

spitzen oder Kokosnuss, das als Mundstück dient, oder solche mit richti-gen Kesselmundstücken (Fischer 1978: 135; Sachs ebd.). Im Laufe der Geschichte wurden besondere Verarbeitungen und Aus-schmückungen von Schneckentrompeten entwickelt. Einige Exemplare aus Tibet, Tuva und der Mongolei kommen unter anderem mit aufgesetz-ten Metallstürzen, kurzen Mundstücken und konisch verlaufenden Röh-ren in besonders feinen Bearbeitungen vor (Jähnichen 2004: 397). Schneckentrompeten: Ozeanien: In Ozeanien findet man zahlreiche Arten von längs und quer geblasenen Schneckentrompeten und Schne-ckenhörnern mit und ohne Mundstück. Nach Fischer (ebd.: 135ff.) stellen sie zwei unterschiedliche Gruppen dar. Zu der ersten Gruppe gehören Meeresschnecken der Gattung Charonia Tritonis343, zu der auch die Fu-sinus344 und Strombus345 genannten Spezies zählen. Die zweite Gruppe bilden Meeresschnecken der Cassis346–Gattung, die aufgrund ihrer natür-lichen Form nur für längs zu blasende Schneckentrompeten geeignet sind (Fischer ebd.). Bei den meisten quer geblasenen Schneckenhörnern wird das Blasloch gewöhnlich parallel zum Schallaustrittsloch gebohrt wie die Abbildungen 198a–d zeigen. Abbildungen 199a–b zeigen längs geblasene Schneckentrompeten aus Ozeanien. Gewöhnlich kann man auf Schneckentrompeten oft nur einen Ton erzeu-gen, doch ein teilweises Abdecken der Muschelöffnung ermöglicht eine Erweiterung der Tonhöhen (Sachs 1976: 257f.; 1979: 264). Zahlreiche Musiktraditionen verwenden Schneckentrompeten und Schne-ckenhörner oft als Signalinstrument zum Aufrufen von Menschen, zur Mobilisierung von Kriegern oder zu öffentlichen Ankündigungen. Die Muscheltrompeten Debusch der Palau–Insel in Mikronesien und die Pu der Cook Inselbewohner in Tahiti (östliches Polynesien) besaßen vor allem in früheren Zeiten hauptsächlich Signalfunktion. Heutzutage er-klingt die Pu in der Hand des Bäckermeisters, der seine frisch gebackene Ware anbietet (Smith 2001a: 53, 62f. und 70; 2001b: 607 und 2001c: 306). Neben dem weit verbreiteten Gebrauch von Schneckentrompeten und –hörnern als Signalinstrumente, beschreibt Fischer (1978: 137) auch ihre Verwendung in anderen Musizierpraktiken vieler Orte Ozeaniens wie gemeinschaftliche Unterhaltungen aber auch in rituellen Zeremonien

343 Diese Art von Seemuscheln werden in warmen und moderaten tropischen Wassern

gefunden. Triton ist die Bezeichnung für große Seemuscheln der Familie Charonia. Die Muschel eines großen Triton kann bis zu mehr als 50 cm Länge betragen. Weitere Spe-zies sind u.a. Charonia Eucla, Charonia Lampas Capax und Charonia Powelli (http://en.wikipedia.org/wiki/Triton).

344 Diese Muschel kommt in weiten Teilen der Welt vor. Es existieren verschiedene Gat-tungen, z.B. Fusinus Verrucosus, Fusus Mmarmoratus, Fusinus Australis, Fusinus (Ap-tyxis) Syracusanus, Fusinus Sanctaeluciae. Im Allgemeinen sind sie auch als Spindel-schnecke (engl. spindle shells) bekannt. Ihre Größe kann ungefähr 10, 17 und mehr Zentimeter Länge betragen (http://www.sternsand.de/de/dept_35.html; http://mypage.bluewin.ch/fusinus/home.htm)

345 Auch hier kommen unterschiedliche Gattungen vor die z.B. Strombus Atalus, Strombus Pugillis, Strombus Gigas und Strombus Gracillior genannt werden (http://www. jaxs-hells.org/strombss.htm, http://en.wikipedia.org/wiki/Conch und http://www.Sterns and.de/de/dept_35.html).

346 Zu dieser Gruppe zählen unter anderem Cassis Rufa (auch rote Helmschnecke ge-nannt) und Cassis Cornuta. Die Cassis Cornuta, die bis zu 20 cm Länge besitzen kann, ist zum Beispiel eine massive, dickwandige Meeresschnecke, die meistens im Koral-lensand zu finden ist. Sie hat ein schweres Gehäuse mit einer Reihe markanter Höcker und darunter mehrere Spiralleisten (http://www.sternsand.de/de/dept_35.html).

a

b

c

d

Abbildungen 198a–c: Mu-

schelhörner aus Ozeanien mit seitenständigem Blaslöchern

198d: Muschelhorn mit extra

hinzugefügtem Mundstück aus Holz

278

der Teufelsaustreibungen, oder Anbetungszeremonien, die der Vertrei-bung von schlechtem Wetter und Erdbeben zugedacht sind. In religiösen Prozessionen oder Tempelzeremonien buddhistischer Kultu-ren Indiens spielen die Schneckentrompeten Śańkha347 eine wichtige Rol-le (Jähnichen 2004: 397). Dieser interessante Aspekt kann vermutlich in der ostafrikanischen Küste eine Parallele finden, da solche Kulturen auch hier von den seit Jahrzehnten lebenden indischen Gemeinschaften prakti-ziert werden. Es ist somit möglich, dass diese Instrumente für Tempelze-remonien und religiösen Feierlichkeiten geblasen werden und bestimmten Symbolcharakter tragen. Schneckentrompeten und Schneckenhörner sind in Ostafrika insbesonde-re bei den Fischern und Seefahrern aus dem Küstengebiet zu finden, die sie meistens als Signalinstrumente nutzen. In einigen wenigen Ausnah-men werden sie aber auch in anderen musikalischen Zusammenhängen in Sätzen gespielt oder im Zusammenspiel mit Trommeln für die Begleitung von Gesängen eingesetzt. Allerdings kommen diese Musikinstrumente in Ostafrika in sehr verein-zelten Kulturen vor allem entlang des Küstenstreifens (Somalia, Kenia und Tansania) vor. Im Folgenden sind Schneckentrompeten und Schneckenhörner aus Ostaf-rika aufgelistet. Bei fast allen Instrumenten fehlen wichtige Angaben über ihre Beschaffenheit, die Einlassung der Blaslöcher (quer oder längs), Spielweisen und Spieltechniken und soziale Funktionen.

Schneckentrompeten aus der ostafrikanischen Küstenregion BUN, BUN–OOCAROOG, DUI, GUNDA, IDUVI, CHONDOTHI, CHONDO, CHONDO–DODI (Somalia und Kenia)

Name Klassifikation

Zusatz

Synonyme Form, Material Maße / cm Form/Anordnung Bun 423.11 L/D ohne Grifflöcher Bun–Oocaroog Längs geblasene Schneckentrompete

aus Schneckengehäuse (Somali – Kenia)

variabel

Schneckentrompete aus Schneckenge-häuse (Mijikenda – Kenia)

variabel unklar, ob das Instrument längs oder quer geblasen wird

Gunda, Iduvi Chondothi Chondo Chon-do–Dodi

Schneckentrompeten aus Schneckengehäusen (nördliches Swahili–Gebiet)

variabel unterschiedliche Dimensionen bedingt auf die Natürlichkeit eines jeden Schneckengehäuse

347 Das normalerweise paarweise gespielte Muschelhorn im tibetischen Buddhismus wird

ebenfalls Sankha bzw. Dung Kar bezeichnet. Durch das Paarspiel wird eine mögliche Unterbrechung des Tons vermieden, der gewöhnlich durch Atempausen hervorgerufen wird.

a

b

Abbildung 199a–b: Mu-scheltrompeten Ozeanien

(Fischer 1978: 214 und 216)

279

Bei der Schneckentrompete Bun bzw. Bun–Oocaroog wird die Spitze abgesägt, um das Blasloch zu fixieren. Ein weiteres Loch wird gewöhn-lich am unteren Ende des Gehäuses gebohrt. Dadurch können nach Seno-ga–Zage (1981: ebd.) zwei Tonhöhen mit einem Quintintervall hervorge-rufen werden. Es ist zu vermuten, dass noch weitere unterschiedliche Typen von Schne-ckentrompeten bei den Somali–Gruppen anzutreffen sind (Johnson 2001: 660). Wachsmann (1986: 859) vermutet, dass die Muscheltrompete der Somali möglicherweise ihren Ursprung in Madagaskar haben könnte. Die Muscheltrompete Bun kommt in Südsomalia und in der Küstenregion Kenias vor, wo weitere Somali–Gruppen leben. Das Instrument wird im Zusammenspiel mit dem Gees–Oogoodir, ein quer geblasenes Horn einer Kudu–Antilope (Tragelaphus Strepsiceros348) gespielt (Johnson: 2001: 660; Wachsmann 1986: 857ff.). Dui, Gunda–la–Kola und Koa genannte Schneckentrompeten kommen bei den Mijikenda–Gruppen vor, darunter bei den Giriama, Digo und Ribe (Senoga–Zake 1981: 157). Hyslop (1975: 38f.) beschreibt eine Schneckentrompete der Giriama mit einem seitlichen Blasloch, die ca. 20 cm Länge und 11.5 cm Durchmesser besitzt. Jedoch fehlen Details über die Bohrung ihrer Anblaslöcher (längs und quer). Im nördlichen Swahili–Gebiet begegnet uns des Weiteren eine Reihe von Schneckentrompeten, die z. B. Gunda, Iduvi, Chondothi, Chondo und Chondo–Dodi heißen. Zu ihrer Funktion berichtet Allen (1982:24), dass „man sie im Allgemeinen als Geste der Höflichkeit, wenn eine Dhau in den Hafen einfährt, sowie auf hoher See an gewissen festgelegten Orten und in verschiedenen rituellen und anderen Kontexten bläst.“

2.5.2 Längstrompeten

In Tabelle 32 werden in Ostafrika verwendete Längstrompeten aufgelistet und untersucht: Tabelle 32: Ostafrika: Längstrompeten mit und ohne Mundstück

Instrument

Mundstück Längenmaß in cm

Material Verbreitungsgebiet Ethnie/Land

Ja Nein Abu X 150 Kürbis Luo / Kenia Bonder Balla und Bondoro Dañe

X 75 und 95 Berta Äthiopien

Digdo ?? Kürbis Tibasani / Sudan Dussul Ensemble X Plastik / Kürbis Nymang / Sudan Eggwara, Kawunde X ca. 60–65 Flaschenkürbis Baganda / Uganda Kanga X 30 – 40 Flaschenkürbis Dajo, Lotuko, Buri / Zentral– und

Südsudan

348 Die Kudu–Antilope ist eine afrikanische Antilope, die in den Gebieten Ost– und Süd-

afrikas beheimatet ist. Die Männchen tragen mehrfach geschwungene Hörner, die eine Länge von 1 Meter und mehr erreichen können (http://de.wikipedia.org/wiki/ Gro%C3%9Fer_Kudu).

Verbreitungsgebiet der Schnecken–

trompeten Dui Gunda–la–Kola

Koa im Küstengebiet Ostafrikas

Ergologie

280

Lilandi, Ntandara bzw. Ntanduka

X ? Kalebasse Kabwa, Ukerewe/ Tansania

Penah–Ensemble Gumuz / Sudan Pororessa X ca. 150 Holz Wollamo / Äthiopien Rango X Metall Tigray / Äthiopien Sinr X ca. 60–65 Flaschenkürbis Ingassana/Sudan Turumba, Trumba X Blech, Metall Amara u.a. / Äthiopien Uluru oder Luru X Bambus, Kürbis,

Kalebasse Madi, Lugbara / Uganda

Waza– Ensemble X Kalebasse Berta / Äthiopien und Sudan

ABU (Luo – Uganda) Name Klassifikation

Zusatz

Synonyme Form, Material Maße / cm Form/Anordnung Abu 423.121 L/D ohne Grifflöcher; ohne Mundstück Längstrompete aus Kalebasse

(Luo – Uganda) L = 150 Rohr aus mehreren zusammengefügten Kalebassenstücken

Die Längstrompete Abu (Abb. 200) wird aus mehreren Kürbissen gefer-tigt, deren Durchmesser von der Rohrspitze abwärts immer größer wer-den. Die einzelnen Teile werden miteinander verklebt und ergeben an-schließend ein großes Musikinstrument von ca. 150 cm Länge. Senoga–Zake (1981: 163) bezeichnet die Abu als eine der größten Kürbistrompe-ten Kenias. Die Abu ist bei den Luo Kenias anzutreffen. Insbesondere in früheren Zeiten erklang sie zur Mobilisierung der Männer für einen bevorstehen-den Krieg, doch heutzutage wird sie lediglich im Zusammenhang ge-meinschaftlicher Unterhaltung benutzt. Aus den dürftigen Quellen ist leider nicht bekannt, ob die Abu als Soloinstrument oder in Sätzen zu mehreren Musikern gespielt wird. Die von der Abu erzeugten Töne sind sehr tief, was auch die Länge des Instruments vermuten lässt (Senoga–Zake: ebd.).

BONDER–BALLA und BONDORO–DANE (Berta – Westäthiopinen) Name Nr. Klassifikation

Zusatz

Synonyme Form, Material Maße / cm Form/Anordnung

423.121 Längstrompeten aus Kalebassen

L/D ohne Grifflöcher, mit Mundstück

Bonder Balla

(Berta – Westäthiopien)

L = 75; ø = 10 konisch, Röhren aus mehreren Kale-bassen zusammengesetzt

Mundstück aus Kürbis L = 3.5; ø = 8 Mundstücke kesselförmig; im Rohr fest eingefügt

Bondoro–Dañe

423.121.12 L = 95; ø = 10

Mundstück aus Kürbis

L = 9; ø = 8

Abbildung 200 Senoga–Zake 1981: 163

281

Die offenen Längstrompeten Bonder–Balla und Bondoro–Dane wurden im Zusammenhang mit dem Bol–Negero–Ensemble der Berta aus West-äthiopien untersucht. In diesem Ensemble spielen gewöhnlich mehr als 10 gedackte Bambuslängsflöten, Bol und die Kesseltrommel Negero (sie-he ausführliche Beschreibung unter Punkt 2.3.3. Bol–Negero–Ensemble).

DUSSUL (Nymang – Zentralsudan) Name Klassifikation

Zusatz

Synonyme Form, Material Maße / cm Form/Anordnung

423.121 L/D keine Grifflöcher Dussul–Spiel

4 Längstrompeten aus Plastik-rohr und Kürbisgefäßen (Nymang – Sudan)

überwiegend zylindrisch, Rohrerweiterung mit einer wesentlich großen Kalebasse; scharfe Schneide des Blaslochs

1. Sargey L = 100 (Plastikrohr) L = 25 (Kalebasse)

2. Urudiya L = 80 (Plastikrohr) L = 30 (Kalebasse)

3. Wotu L = 75 (Plastikrohr) L = 25 (Kalebasse)

alle Plastikröhre besitzen ein Durchmesser von etwa 4.4 cm; der Durchmesser der hinzugefügten Kale-bassen sind durchschnittlich 15 cm

4. Aniga L = 60 (Plastikrohr) L = 20 (Kalebasse)

hier fehlt das Plastikrohr, jedoch wurden ungefähre Maße angegeben

211.252.1 Kamul zweifellige Konustrommel aus

Blechkanister Höhe = ca. 40 ø = 30 x 20

Fellspannung: W–Schnürung; Anhänger aus Leder-riemen

Die Längstrompete Dussul wird traditionsgemäß ähnlich wie die Längs-trompete Abu der Luo Kenias (siehe Abb. 200) aus etwa vier bis sechs passenden Kürbissen gefertigt. Die einzelnen meist kugelförmigen Kür-bisse werden mit einem Spezialklebstoff miteinander verklebt, den man auf Bäumen findet (Omda 2005349). Die Kürbisse werden zum Schallaus-trittsloch hin zunehmend größer. Der erste und kleinste Kürbis dient zugleich als Anblasloch. Die während der Forschungsreise in Zentralsudan350 aufgenommenen und oben aufgelisteten Trompeten entsprechen allerdings nicht ganz der in der Musiktradition der Nymang benutzen Dussul. Aufgrund ihrer langjähri-gen falschen Lagerung wurden die meisten Kürbisssegmente beschädigt, so dass bei jeder untersuchten Trompete nur der letzte und größte Kürbis unbeschädigt geblieben ist. Somit wurden die fehlenden Kürbisteile je-weils durch ein passendes Plastikrohr ersetzt (Abb. 201). Die Gesamtlänge einer Dussul liegt im Durchschnitt etwa zwischen 80 und 125 cm, während die hinzugefügten Plastikröhren ungefähr 4,4 cm Durchmesser betragen. Die Längen und Durchmesser der Kürbisse sind ungefähr 20 bis 25 cm.

349 Interview mit Mohammed Omda, April 2005, Kurmuti–Dorf, Kordofan, Zentralsudan. 350 Forschungsreise in Zentralsudan, Region Kordofan, Nuba–Berge: April 2005.

Ergologie

282

Instrumentenbesetzung: Ein Dussul–Ensemble setzt sich in der Regel aus vier Längstrompeten, die vom längenmäßig größten zum kleinsten Instrument 1. Sargey, 2. Urudiya, 3. Wottu und 4. Aniga genannt werden. Zum Trompetensatz gehört die zweifellige Konustrommel Kamul (Abb. 202), deren Resonator ein Blech- kanister ist. Bisweilen gibt es aber auch Kamul–Trommeln, die aus einem ausgehöhlten Baumstamm konstruiert werden. Beide Öffnungen werden mit Fell bespannt. Durch die an den Fellrändern gebohrten Schlitze werden die Lederschnüre (Fell–Schnur–Spannung / W–Schnürung) geführt und befestigt. Spannligaturen verlau-fen rings um die Korpusmitte herum. Ein Ledergriff ist jeweils an den oberen und unteren Fellrändern festgebunden. Im Gegensatz zu den ersten drei Längstrompeten Sargey; Urudiya und Wottu konnte die vierte Längstrompete Aniga (Abb. 203) nach Aussage meines Informanten Mahmud Omda (2005) nicht wiederhergestellt wer-den, weil dafür kein Plastikrohr zur Verfügung stand Daher fehlt sie auch in der aufgenommenen Musikaufführung. Ein Dussul–Satz wird von einem erfahrenen Instrumentenmacher gebaut. Wenn die Instrumente unter optimalen Temperaturen gelagert werden, können sie mehrere Jahre verwendet werden. Traditionsgemäß werden dafür häufig die unzähligen Höhlen in den Nuba–Bergen bevorzugt, da sonst die heiße und feuchte Luft die Instrumente schnell verderben kann. Spielweise der Dussul–Trompeten: Beim Spielen werden die Dussul vor dem Körper des Spielenden gehalten (Abb. 204a). Die unteren Enden der Instrumente berühren meistens den Erdboden. Leicht bückend greift jeder Musiker mit einer Hand die Mitte des zylindrischen Rohrs, während er die andere Hand unmittelbar am Anblasloch platziert. Zuweilen be-deckt er mit der rechten oder linken Hand auch den Mund (Abb. 204b). Ein kraftvolles Blasen in die Trompete mit entsprechender Lippenspan-nung ermöglicht die Tonerzeugung. Die Spielposition ändert sich nach einer kurzen Weile, wenn der Spieler die Dussul halb vertikal oder hori-zontal in die Luft hält. Von der anfangs gebückten Haltung begibt sich der Spielende nunmehr in eine aufrechte Position. Die Musik wird dabei nicht unterbrochen. Die Trommel Kamul wird ebenso wie die Dussul im Stehen geschlagen. Der Musiker hält die Trommel entweder zwischen seinen Oberschenkeln oder er trägt sie mittels des ledernen Anhängers auf der rechten oder lin-ken Schulter und schlägt auf das Fell nur mit einer Hand (Abb. 204c). Nur in seltenen Fällen wird die Kamul auf beiden Seiten geschlagen (Omda: 2005). In den Filmaufnahmen jedoch wurde die Trommel nur mit einer Hand geschlagen. Laut meinem Informanten Omda und den teilnehmenden Musikern, gibt es traditionelle Regeln hinsichtlich der Aufstellung aller Instrumenten-spieler, Tänzer und Sänger während einer Dussul–Aufführung. Vor Beginn einer solchen Aufführung wird der Sebu genannte Kreis ge-bildet (Abb. 205). Das Wort Sebu bezieht sich auf einen Stein, worauf der Gruppenleiter steht und sowohl die Instrumentalisten als auch den Chor leitet und bisweilen auch selbst das Trompetenspiel übernimmt, d.h. mit anderen Worten ist er für alle Aktivitäten in der Gruppe verantwortlich. Während des Singens hält er traditionsgemäß einen Speer in einer Hand. Diese Situation weist daraufhin, dass die Dussul–Aufführung in der Re-

Spielweise der Trommel Kamul

Abbildung 201 Längstrompete Sargey

Abbildung 202 Dussul–Satz und die Trommel

Kamul

Abbildung 203 Kürbis der Längstrompete

Aniga, Fotos: T. Teffera 12.04.2005, Kellara

283

gel für die Begleitung von Kriegsgesängen bestimmt ist. Jeder Dussul–Spieler nimmt seine Position ein und zwar je nach der Trompete, die er zu spielen hat. Verbreitungsgebiet: Das Dussul–Ensemble kommt bei den Nymang aus dem Zentrum des Sudan vor, die zu den sogenannten Nuba–Völkern zäh-len. Die schwarzafrikanischen Nuba, die sich aus mindestens 50 ver-schiedenen Volksgruppen zusammensetzen, unterscheiden sich in ihrer Kultur, Sprache sowie in ihrer ethnischen Abstammung deutlich von der arabischen Mehrheitsbevölkerung im Nord– und Zentralsudan. Das Bun-desland Kordofan ist in drei administrative Regionen eingeteilt und zwar West–, Nord– und Südkordofan. Die Nuba bewohnen überwiegend das fruchtbare Flachland Südkordofans und die so genannten Nuba–Berge. Die unmittelbar neben-einander liegenden und als Nitill, Kurmutti, Kella-ra, Tunir und Sellara bekannten Dörfer gehören zum Siedlungsgebiet der Landwirtschaft und Viehzucht betreibenden Nymang. Ähnlich wie viele andere Nuba–Völker dieser Region kamen die Nymang insbesondere nach der Unabhängigkeit des Sudans im Jahre 1956 mit der Islamisierung und Arabisierung in Kontakt, die von den sudanesischen Regierungen mit unterschiedlicher Härte gezielt durchgeführt wurden. Diese Propaganda führte letztendlich dazu, dass der überwiegende Teil der Nuba, ein-schließlich die Nymang, zum Islam übergetreten ist, während eine geringe Anzahl immer noch ihre traditionelle Religion oder das Christentum praktizieren. Hierzu gehören vor allem Bewohner weit abgelegener Berg-dörfer, die sich durch ihr eigenständiges kulturelles Leben von anderen Nuba–Gruppen erheblich unterscheiden (Omda: 2005351). Des Weiteren herrscht zwischen den zahlreichen Nuba–Gruppen eine sprachliche Hete-rogenität, so dass die Verständigung untereinander nicht einfach ist. In diesem Zusammenhang dient die arabische Sprache für die meisten Volksgruppen dieses Gebietes als Lingua Franka (Mohamed 1988: 28f.). Alle Instrumente des Ensembles werden ausschließlich von Männern gespielt. Da ihre musikalische Funktion insbesondere mit der Rolle des kriegerischen und kämpferischen Mannes im Zusammenhang steht, ist es Tabu für Frauen, die Instrumente zu berühren. In der Musikaufführung nehmen Frauen somit nur am Tanz und am Gesang teil. Das Dussul–Ensemble hat bei den Nymang eine historisch hochrangige Stellung. Das Spiel auf dieser Trompete signalisiert eine Gefahr. Daher werden Männer für einen bevorstehenden Kampf mobilisiert. Während des über 20–jährigen Freiheitskampfes im Sudan war die Benutzung der Dussul aus diesem Grund von der sudanesischen Zentralmacht verboten worden. Deshalb wurden die Instrumente über 12 Jahre in Höhlen gela-gert, so dass die Kürbisse am Ende völlig verdarben (Omda 2005).

351 Persönliches Gespräch mit Mahmud Omda (April 2005, Kellara). Nach Omda (ebd.)

bestand das Ziel der „Assimilierung“ nicht–arabischer und nicht–islamischer Teile der sudanesischen Bevölkerung, die mitunter gewaltsam vollzogen wurde, in der Schaffung eines vereinten Sudans mit einer Sprache, Religion und Kultur. Die Einführung der a-rabischen Sprache in allen Verwaltungszonen und in allen Schulen als Unterrichtsspra-che gehört zu den entscheidenden Maßnahmen der sudanesischen Regierungen, die zur Verwirklichung ihres Vorhabens dienten. Dieser Prozess hat jedoch unterschiedliche Auswirkungen hervorgerufen und die Kluft zwischen Nord– und Südsudan vergrößert.

a

b

c

Abbildungen 204a–c Fotos: T. Teffera

12.04.2005, Kellara

Geschichte und soziale Stellung des Dussul-

Ensembles

284

Abbildung 205: Aufstellung der Teilnehmer in der Dussul-Ensembleaufführung der Nymang

Um die Instrumente gegen die heiße und feuchte Luft zu schützen, lager-ten die Nymang die Trompeten bereits seit Generationen in den viel küh-leren Höhlen der zahlreichen Nuba–Berge. Laut Omda (2005) fanden Musikveranstaltungen mit Dussul–Trompeten meistens in den Sommer-monaten, d.h. etwa April bis Juni, statt. Dafür wurden die Instrumente aus den Höhen geholt. Darüber hinaus glauben die Nymang, dass der Klang dieser Trompeten auch eine heilende Kraft hat. Das Dussul–Ensemble dient zur Begleitung gemeinschaftlicher Gesänge und Tänze der Nymang, die insbesondere Kriegsgesänge zum Inhalt ha-ben. Die meisten Musikveranstaltungen finden während der Sommerperi-oden, zwischen den Monaten Oktober und April, statt. Während dieser Zeit soll sich jeder Angehörige der Nymang bemühen, keine Regeln und Tabus zu brechen. Das Beleidigen oder Wehtun anderer Menschen, die Benutzung von Waffen soll möglichst vermieden werden. Es soll zwi-schenmenschliche Harmonie herrschen, da die Dussul hoch geschätzte Musikinstrumente sind und solche Musikaufführungen eine sehr seltene Angelegenheit sind, die nicht an jedem beliebigen Tag stattfinden. Aufgrund der besonders respektierten Stellung wird vor dem Beginn einer Dussul–Ensembleaufführung zum feierlichen Anlass Tiere, z.B. Ziegen und Hühner, geschlachtet. Vor Beginn der Aufführung bilden die teilnehmenden Menschen zuerst einen Kreis. Im Zentrum dieses Kreises wird ein als Sebu bezeichneter Stein platziert, der von Anfang bis zum Ende der Musikaufführung dort bleibt. Der Vorsänger, meist ein sehr erfahrener und respektierter Mann, steht dann auf dem Sebu und singt. Während dessen hält er einen Speer in einer Hand, was darauf hindeutet, dass ein Dussul–Ensemble vorwiegend im Zusammenhang mit kriegeri-schen Handlungen steht. Auch die Position eines jeden Instrumentenspie-lers sowie die der gesanglich und tänzerisch begleitenden Teilnehmer ist in einer Aufführung bereits zu Beginn bestimmt. Das Gesangsrepertoire besteht aus Wechselgesängen zwischen einem Vorsänger und dem ihn begleitenden Chor. Zu einer solchen Musikveranstaltung können alle Gemeinschaftsangehörige ohne Alters– und Geschlechtsbegrenzung ihren Beitrag leisten. Die Nymang glauben fest daran, dass die Klänge der Trompeten eine besondere Heilkraft besitzen. Eine Aufführung mit all den begleitenden Handlungen ist deshalb von großer Bedeutung, weil

285

Abbildung 206: Akawunde-Längstrompete der

Baganda, (Wachmann / Trowell 1953: 363; Tafel 82E)

insbesondere kranke Menschen davon überzeugt sind, so von ihrer Krankheit geheilt zu werden. EGGWARA, KAWUNDE, (Baganda – Uganda)

Name Klassifikation

Zusatz

Synonyme Form, Material Maße / cm Form/Anordnung

Eggwara 423.121 L/D ohne Grifflöcher; mit Mundstück Kawunde Akawunde

Längstrompete aus Kalebasse (Baganda – Uganda)

L = ca. 60 – 65 konischer Rohrverlauf; scharfe Anblaskante, Mund-stück aus Kalebasse

Ergologie: Die Längstrompete Eggwara bzw. Kawunde wird aus zwei ineinander gesteckten Kalebassen gefertigt. Das konische Rohr, in dessen oberem Ende ein Mundstück aus Kalebasse steckt, besitzt eine Gesamtlänge von etwa 60 bis 65 cm. Nach seiner Fertigstellung wird das Rohr mit Fell überzogen und anschließend mit bunten Perlen in traditionellen Mustern dekorativ bestickt. Davon lässt sich auch das Wort Akawunde ableiten, um alle mit Perlen und Muschel bestickten Objekte zu bezeichnen. Das Schallaustrittsloch wird zusätzlich mit einem Ring von Muscheln bestickt (Wachsmann/Trowell 1953: 349f.). Die Eggwara in Abbildung 206 wurde im Nationalmuseum Uganda untersucht. Die Tradition des Eggwara–Spiels war früher bei den Baganda aus Zent-raluganda anzutreffen, doch das Instrument war bereits zum Zeitpunkt, als der bugandische Königshof noch existierte352, sehr selten in Gebrauch. Dies ist aus dem von Wachsmann und Trowell zuerst 1953 veröffentlich-ten Buch zu entnehmen, die über den damaligen Bestand von insgesamt nur vier solcher Trompeten berichten, wovon eine noch am königlichen Hof von einem einzigen zuständigen Musiker zu bestimmten Zeremonien von Zeit zu Zeit gespielt wurde, während eine andere Trompete dem Na-tionalmuseum übergeben worden war. Zwei weitere Eggwaras waren ihrer Vermutung zufolge in Privatbesitz. Nach Sempeke (2005353) diente die Eggwara als Ensembleinstrument, gemeinsam mit dem Mujaguzo genannten Trommelsatz, der am königli-chen Hof zur Unterhaltung des Kabaka, König. Dies wird auch bei Wachsmann und Trowell (ebd.) in ähnlicher Form beschrieben: „The Akawunde enjoys the privilege of being played together with the royal battery of drums Mujaguzo in the presence of the Kabaka seated on the throne. The akawunde trumpeter does not do any periodical service, Ki-sanja, in the Kabaka’s enclosure, but is called upon when a special occasion arises. The trumpeter himself, who is now in charge of the instrument believes that once there were many more of them and that they had tech-nical names in their set such as Ntabintabi, Ensosi, and Entegngezi, words known from the side–blown sets and from the notched flute ensemble (damit ist das Endere–Flötenensemble gemeint) of Baakasimba.”

352 Der Königshof Bugandas wurde erst 1966 abgeschafft (siehe Kubik 1983: 16) 353 Gespräch mit Dr. Albert Sempeke am 19.05.2005, Kampala.

Funktion

Verbreitungsgebiet

286

Die Eggwara wurde ausschließlich von Männern geblasen, deren offiziel-ler Titel jeweils der des Trompetenspielers Abakanga war. Als Diener des Hofes durften die Musiker in der Regel keine weiteren Berufe ausüben (Wachsmann / Trowell ebd.). Sempeke, einer der erfahrenen Hofmusiker Bugandas, der für die Auf-rechterhaltung der alten Musiktradition bis zu seinem Tod eine Rolle spielte, meint, dass heutzutage die junge Generation keine Interesse hat, die oral überlieferte Musiktradition zu übernehmen und somit auch die alten und erfahrenen Hofmusiker zu ersetzen. Das allmähliche Ver-schwinden dieser und anderer Hofmusiktraditionen und Musikinstrumen-te spiegelt sich auch in der sich stark reduzierenden Herstellung der ent-sprechenden Instrumente.

KANGA (Dajo, Lotuko, Buri –Sudan)

Name Nr. Klassifikation

Zusatz

Synonyme Form, Material Maße / cm Form/Anordnung

Kanga 423.121 L/D ohne Grifflöcher Akanga Längstrompete aus Flaschenkürbis

(Dajo, Lotuko, Buri – Sudan)

L = 30 – 40 leicht gebogen und konischer Rohrverlauf

Die Kanga bzw. Akanga ist eine Längstrompete aus Kürbis mit einer Gesamtlänge zwischen 30 und 40 cm. Die Kanga wird in Sätzen von vier bis sechs Musikern gespielt. Die Kultur dieser Kürbistrompeten begegnet uns bei den Dajo aus den Nuba–Bergen Zentralsudans, bei den Lotuko Südsudans sowie bei den Buri, die in dem Gebiet Bahar–al–Ghazal le-ben. Gemeinsam mit Trommelngruppen begleiten die Kanga die traditio-nellen Tänze dieser Volksgruppen (Al–Daw 1985: 78ff.).

LILANDI, NTANDARA, NTANDUKA (Kabwa und Ukerewe – Tansania)

Name Klassifikation

Zusatz

Synonyme Form, Material Maße / cm Form/Anordnung

423.121 L/D ohne Grifflöcher Lilandi Ntandara Ntanduka

Längstrompete aus Kalebasse (Kabwa und Ukerewe – Tansania)

variabel

aus mehreren Kalebassensegmenten zusammengefügt

Nach Hyslop (1976: 54) besteht die Längstrompete Lilandi aus 7 bis 14 Kalebassensegmenten, die mit speziellem Leim miteinander zusammen-geklebt werden. Die Kabwa verwenden die Lilandi auf Hochzeitszeremo-nien für die Begleitung ihrer traditionellen Gesänge. Auch der Beginn einer Beschneidung wird mit dem Spiel dieser Trompete angekündigt (Hyslop 1976:54 und Stephen 1998: 642).

Genderbeziehung

287

Abbildung 207

Penah–Ensemble (Gottlieb 1980)

Eine weitere Längstrompete, die als Ntandara bzw. Ntanduka bezeichnet wird und aus ausgehöhltem Holz vermutlich in verschiedenen dimensio-nierten Sätzen hergestellt wird, kommt bei der Ukerewe–Gemeinschaft aus Tansania vor (Stephen 1998: 642). PENAH–ENSEMBLE (Gumuz – Sudan)

Name Klassifikation

Zusatz

Synonyme Form, Material Maße / cm Form/Anordnung

Penah 423.121 L/D ohne Grifflöcher Vier bis fünf Längstrompeten aus flaschenförmigen

Kürbissen

(Gumuz – Sudan)

variabel zylindrisch, scharfe Anblaskante

Penah–Ensemble 1. Tula 2. Pina 3. Pina–Bbashaka Sangwa Bangia

fünfsaitige Schalenleier Resonator aus Holz, Saiten aus Hanf

Penah genannte Längstrompeten aus flaschenförmigen Kürbis-gefäßen kommen bei den sudanesischen Gumuz in unter-schiedlichen Dimensionen vor (Abb. 207). Solche Flaschen-kürbisse werden gewöhnlich als Haushaltsutensilien, etwa als Behälter für Öl, Korn oder als Wasserkrug verwendet. Auf Wunsch werden sie je nach ihrer Größe zu einem Musikinstrument umfunktioniert. Von der kleinen Trompete aufwärts werden diese Trompeten 1. Tula, 2. Pina und 3. Pina–Bashaka genannt. Das Blasloch wird auf dem breiten Ende des Kürbisgefäßes fixiert. Am entgegen gesetzten schmalen Ende des Gefäßes wird ein Schallaustrittsloch gebohrt (Gottlieb 1980354). Beim Spielen hält der Musiker das Instrument mit beiden Händen und bläst in das Gefäß hinein, wobei ein hallender Klang erzeugt wird. Manchmal setzt er eine Hand an das kurze Mundstück und stützt seine Lippen darauf. (Gottlieb ebd.). Die Penah begleiten im Zusammenspiel mit der fünfsaitigen Leier Sang-wa355 die Gesänge der Gumuz (Gottlieb ebd.). In diesem Zusammenhang schreibt Ismail (1995: 328f.) über den Einsatz von einem ähnlichen En-

354 Sudan I: Music of the Blue Nile Province: The Gumuz Tribe; Tonauufnahmen, Kom-

mentar und Fotographien von Robert Gottlieb, An Anthology of African Music, U-NESCO Collection; Bärenreiter Musicaphon BM 30 SL 2312; Signatur: P–3428, Sammlung: Phonogramm–Archiv der Abteilung Musikethnologie des Museums für Völkerkunde Berlin.

355 Die Schalenleier Sangwa wird aus ausgehöhltem Holz gefertigt und anschließend mit Rinderfell bespannt. Die aus Hanf hergestellten fünf Saiten werden gewöhnlich mit einem Plektrum (genannt Ge) geschlagen. Die Einzelnen Saiten besitzen jeweils einen Namen, die u.a. Badingding und Basese, Bilangwa, Bezikar und Badede genannt wer-den. Die Sangwa weist Ähnlichkeiten mit Leiern auf, die in anderen Musikkulturen im Sudan (z.B. bei den Dinka und Shilluk), im äthiopischen Hochland (bei den Amara und Tigray) sowie in vielen Kulturen Kenias und Ugandas vorkommen (Gottlieb 1980).

Spielweise

Funktion

288

semble, das den Moshembe–Da genannten rituellen Tanz begleitet, fol-gendes:

“The Moshembe Da is an exorcism dance of the south–eastern Sudan, performed to free a sick person from evil spirits. The ritual begins with the participants dancing in pairs, one couple at a time. The dancers face each other without touching, their hands on their waists to emphasize the hip movements. The healer then performs a solo dance which culminates in his inhaling the smoke from burning spices and coffee beans to induce the evil spirits to enter his own body, from which he finally expels them outside the house. The dance is accompanied by a group of five musical instruments: a Bangia lyre and four Penah gourd trumpets”.

Gottlieb führte 1980 eine Feldforschung bei den sudanesischen Gumuz in einem Shineisha–Dorf durch, das etwa 25 km nördlich der Blue–Nile–Region und Ed–Damazin liegt. Zu seinen Tonbeispielen gehören auch zwei Ensembleaufnahmen mit Penah–Trompeten und der Leier–Sangwa, die hier als führendes Melodieinstrument fungiert, während die Penah ostinate Rhythmusmuster spielen. Die von diesem Ensemble begleiteten Gesänge sind überwiegend im Wechsel mit einem Ruf–Antwort–Schema zwischen einer Vorsängerin und einem sie begleitenden Chor gestaltet.

PORORESSA (Welayitta – Äthiopien) Name Nr. Klassifikation

Zusatz

Synonyme Form, Material Maße / cm Form/Anordnung

Pororessa 423.121 Längstrompete aus Holz L/D ohne Grifflöcher

(Welayitta – Äthiopien) L = 150 ø = 3

zylindrisch, scharfe Anblaskante

Die offene und zylindrische Längstrompete Pororessa hat eine durch-schnittliche Länge von 150 cm und einen Durchmesser von ungefähr 3 cm. Das Pororessa–Spiel ist bei den Wellayitta356 Südäthiopiens anzu-treffen, die sie gewöhnlich in Sätzen von drei Musikern spielen und zwar für Gesangsbegleitungen. Die Welayitta bestreiten ihren Lebensunterhalt hauptsächlich durch den Ackerbau. Sie gehören zu den indigenen Ge-meinschaften Äthiopiens. In früheren Zeiten besaßen die Welayitta auch einen Königshofe. Diese Volksgruppe setzt sich aus ungefähr 200 Klans zusammen, die sich wiederum in zwei Hauptgruppen und zwar die Malla und Dogola klassifizieren lassen. Die Pororessa erzeugt in der Regel nur einen Ton, der möglicherweise durch Überblasen erweitert werden kann. Es ist zu vermuten, dass die Pororessa vor allem an den ehemaligen Höfen der Welayitta in Sätzen gespielt wurde. Lemma (1975: 19) beschreibt allerdings nur, dass das Instrument für die Begleitung von gemeinschaftlichen Gesängen der We-layitta verwendet wird. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass dieses Musik-instrument heute noch in Gebrauch ist.

356 Auch Wolaitta, Wolayitta, Ometa, Kulo, Dawla und Daura genannt.

Ergologie

289

RANGO (Tigray – Äthiopien) Name Nr. Klassifikation

Zusatz

Synonyme Form, Material Maße / cm Form/Anordnung

Rango 423.23 L/D ohne Grifflöcher Ventiltrompete aus Metall

(Tigray – Äthiopien) Zylindrisch konischer Rohrverlauf; drei

Ventilen; kesselförmiges Mundstück Die Längstrompete Rango ist kein einheimisches Musikinstrument. Sie entspricht der modernen europäischen Ventiltrompete aus Metall mit einem kesselförmigen Mundstück (Abb. 208). Die hier untersuchte Rango wurde bei den nordäthiopischen Tigray ge-funden357, wo sie seit einigen Jahrzehnten bereits in die einheimische Musiktradition aufgenommen wurde. Bis heute erfüllt sie bestimmte mu-sikalische Funktionen. Geschichtlicher Hintergrund: Es gibt leider nur Vermutungen, wie die Rango in dieses Gebiet eingeführt wurde und wie sich in die Musikkultur der Tigray integriert hat. Zum einen geht man davon aus, dass ihre Ver-wendung mit der Einführung moderner Musik etwa Anfang der 1920er Jahre zusammenhängt. Zu diesem Zeitpunkt holte der damalige äthiopi-sche Kaiser Haile Silassie I. (1930–1974) armenische Musiker nach Ä-thiopien, die neue Musik und Musikinstrumente mit sich brachten und somit für die Entstehung und Entwicklung der populären Musik in Äthio-pien den Grundstein legten. Einige Vermutungen gehen aber auch davon aus, das die Rango im Zuge der italienischen Invasion und während der Zeit der fünfjährigen Besatzung in Äthiopien eingeführt wurde. Eine dritte Version steht mit Ras Mengesha Siyoum zusammen, dem Gouver-neur von Gibat und Meccha in der ehemaligen Provinz Sidamo in Süd-äthiopien diente bis er etwa 1941 als Guverneur von Tigray ernannt wur-de. So kamen einige Rango–Spieler aus Südäthiopien gemeinsam mit Ras Mengesha Siyoum nach Tigray358. Damals erklang die Rango zweimal am Tag und zwar als die Flagge im Palast morgens gehisst und abends wieder eingeholt wurde. Diese Versi-on der Geschichte scheint eher einen Sinn zu ergeben. Die Vorfahren des heute in Meqelle, administrative Hauptstadt von Tigray, lebenden Rango–Spielers haben ihre Wurzeln in Südäthiopien. Nach Aussage einiger In-formanten folgte der Vater dieses Musikers gemeinsam mit anderen Süd-äthiopiern Ras Mengesha nach Meqelle, wobei die meisten von ihnen hauptsächlich als Bedienstete im Palast tätig waren. Ob sie jedoch die Rango mitbrachten, wie sie Zugang zu dem Instrument fanden und wer ihnen das Rango–Spielen beibrachte ist nichts bekannt. Fakt ist aller-dings, dass die Rango am Hof ihre feste Funktion besaß, eine Aufgabe, die von den verantwortlichen Musikern ausgeführt wurde. In Meqelle sowie in einigen Orten der Region Tigray erklingt die Rango heute ausschließlich auf Trauerzeremonien. Mit dem Rango-Spiel werden der Tod eines Menschen und die Vorbereitung auf einem bevorstehenden Trauerzug verkündet. Der charakteristische Klang dieses Instruments, das

357 Feldforschung in Nordäthiopien Juli – August 2006. 358 Siehe ausführliche Beschreibung von Haggai (1986: 203–209) insbesondere über die

politische Situation Äthiopiens kurz nach dem Ende der italienischen Besatzung.

Abbildung 208 Ventiltrompete ähnlich wie

die Rango der Tigray

Funktion

290

sonst zu keinem Anlass gespielt wird, ist aus der Ferne zu vernehmen. Sogleich versuchen die Menschen, sich zu erkundigen, wer gestorben ist und bereiten sich insbesondere auf ihre Teilnahme an der Begräbnisfeier vor. Es gehört zur Tradition, dass der Leichnam in Begleitung der Famili-enmitglieder, nahe stehenden Verwandten, Bekannten, Nachbarn und Freunde des Verstorbenen von dem jeweiligen Ort in die benachbarte Kirche feierlich zu Grabe getragen. Der Trompetenspieler läuft neben der Menschenmenge her und spielt eine kurze Melodiephrase, die er stets in zeitlich größeren Abständen wiederholt. Nach mündlichen Informationen (Desta 2006359), konnte ich feststellen, dass dieser Rango–Spieler augenscheinlich der einzige übrig gebliebene Musiker für dieses Instrument in Meqelle sei. Er erlernte die Spieltechnik und Spielweise auf der Rango von seinem Vater, so dass diese Tradition bis heute fortbestehen konnte. In der gesamten Tigray–Region gibt es vermutlich insgesamt nur drei Rango–Spieler. In der nördlich von Meqelle gelegenen Stadt Adigrat wird die Rango nicht nur für die Begleitung von Trauerzeremonien gespielt, sondern auch auf Hochzeitsfesten und auf besonders großen religiösen Festen der ver-schiedenen Kirchen. Sie wird neben den in Sätzen zu drei Musikern ge-spielten offenen Längsflöten Embilta360 solistisch geblasen. Zu den ver-schiedenen Anlässen werden auch entsprechend unterschiedliche Melo-dien auf der Rango ausgeführt. Sowohl die Rango als auch die Embilta begleiten gewöhnlich keine Gesänge (Tedla 2006361). Aufgrund ihrer musikalischen Funktion, ist die Rango heutzutage von dem Großteil der Tigray nicht mehr geduldet bzw. akzeptiert. Früher hatte ein Rango–Spieler nicht nur bei der Trauer– und Begräbniszeremo-nie das Instrument geblasen, sondern unmittelbar nach dem Tod eines Menschen und vor Beginn der Trauerzeremonie marschierte er von Ort zu Ort und verkündete den Tod des jeweils verstorbenen Menschen gegen Bezahlung. Jedoch wurde die zu zahlende Summe allmählich uner-schwinglich, so dass nur „wohlhabende“ Familien sich einen Trompeten-spieler für solche Anlässe leisten konnten. Dadurch entwickelte sich ein sozialer Konflikt zwischen arm und reich. Deshalb ergriffen einige hoch positionierte Menschen aus der Bevölkerung entsprechende Maßnahmen, um die Gefährdung des sozialen Miteinanders zu vermeiden. So wurde vor allem durch die Kooperation kirchlicher Organe versucht, die Bevöl-kerung gegen das Rango–Spiel zu mobilisieren. Heute ist es verboten, das Instrument zumindest in bestimmten Bezirken der Stadt Meqelle zu be-nutzen, was wiederum für den Rango–Spieler – dessen Haupteinnahme-quelle sich im Grunde auf das Rango–Spiel beruht – eine Gefährdung seiner wirtschaftlichen Existenz darstellt. Da der scheinbar einzige Rango–Spieler aus Meqelle leider ein Interview mit mir ablehnte, konnten auch keine Tonaufnahmen zustande kommen. Jedoch nutzte ich die Möglichkeit, als Trauergast eine Trauerzeremonie

359 Persönliches Gespräch mit Seged Desta, ca. 70 Jahre alt. 360 Siehe ausführliche Beschreibung des Embilta–Ensembles bei den Amara und Tigray

unter Pkt. 2.3.1. Offene Längsflöten ohne Grifflöcher. 361 Berhanu Tedla 68 jähriger Sänger und Masinqo–Spieler (einsaitige Kastenspießlaute)

aus Tigray wohnhaft in dem Ort Adigrat: Interviews und Gesangsaufnahmen; siehe Filmaufnahme 4 von 0:00 – 60:00 Minuten; Sammlung: Teffera 2006 (privat).

Musikanalyse

291

zu besuchen ohne Kamera und Aufnahmegerät und den Trompetenspieler zu beobachten, der in einer Ecke stehend hin und wieder in sein Instru-ment hinein blies. Die stets wiederholte markante und scheinbar einzige Melodiezeile (Notenbeispiel 62), ist für jeden Angehörigen der Tigray unmittelbar mit solchen Trauerfeierlichkeiten verknüpft. Notenbeispiel 62: Rango–Melodie zu Trauerzeremonie (transkribiert aus dem Gedächtnis)

SINR (Ingessana – Sudan)

Name Nr. Klassifikation

Zusatz

Synonyme Form, Material Maße /cm Form/Anordnung

Sinr 423.121 L/D ohne Grifflöcher; ohne Mundstück Längstrompete aus Flaschenkürbis

(Ingessana – Sudan)

geknickt, zylindrisch, scharfe Anblaskante

Die Sinr ist laut Gottlieb (1980362) eine etwa 26.8 cm lange offene Längs-trompete aus Aluminiumrohr. Sie begleitet das so genannte Bal–Flötenensemble der Ingassana (siehe ausführliche Beschreibung unter Punkt 2.3.3.). TURUMBA (Äthiopien)

Name Klassifikation

Zusatz

Synonyme Form, Material Maße / cm Form/Anordnung Turumba 423.121 L/D ohne Grifflöcher; ohne Mundstück Längstrompete aus Blech

(Amara, Tigray, Hamar u.a. – Äthiopien)

L = 31 ø = 1,4 ø = 7,4 (Rohrende)

konisch; scharfe Schneide als Anblasvorrichtung

Ergologie: Die Turumba ist eine offene Längstrompete, die überwiegend aus Blech oder Metall (Bronze) konstruiert wird. Ihre durchschnittliche Länge ist 30–40 cm. Die in den Abbildungen 209a–c dargestellte Trom-pete wird in der Musikinstrumentensammlung des Institute of  Ethiopian Studies der Universität Addis Abeba aufbewahrt. Das Instrument weist eine Gesamtlänge von 31 cm und ein Durchmesser von 1,4 cm am Mund-stück auf.

362 Schallplattenkommentar: Musik of the Blue Nile Province: The Ingessana and Berta Tribes 1980a; Signatur P–3317; Sammlung: Phonogramm–Archiv der Abteilung Mu-sikethnologie des Museums für Völkerkunde Berlin.

292

Abbildung 210a

Foto: T. Teffera, 18.03.2005 Addis Abeba

Die Turumba hat verschiedene Rohrformen, doch meistens ist eine koni-sche Bohrung zu beobachten. Ein etwa 10cm langes zylindrisches Rohr wird mit einem konischen Teil verschweißt, wobei die Verbindungsstelle einen Knick aufweist. Danach verläuft das zweite Rohrteil bis zum unte-ren Ende, wo es mit einem dritten, trichterförmigen Teil desselben Mate-rials wiederum zusammengeschweißt wird. Zum Röhrenende hin wird die Bohrung zunehmend breiter, so dass die untere Öffnung einen Durchmes-ser von ungefähr 7,4 cm besitzt. Verbreitungsgebiet: Die hier beschriebene Turumba aus Blech kommt auch in vereinzelten Gebieten Ostafrikas vor (Allen 1982: 24). In Äthio-pien wird die Turumba unter anderem in der Musikkultur der Amara Zentraläthiopiens genutzt. Zu den anderen Volksgruppen, die ähnliche Blasinstrumente wie die Turumba verwenden, gehören zum Beispiel die Hamar aus Südäthiopien und die Tigray aus Nordäthiopien. Darüber hinaus kommen weitere Blechtrompeten bei den Gumuz vor, die über-wiegend in der westäthiopischen Region (die so genannte Benishangul–Gumuz Region) sowie im Südsudan verteilt leben. Dort wird die Trompe-te fast ähnlich als Trumba bezeichnet. Diese und andere Blechtrompeten werden selbstverständlich in den verschiedenen Regionen unterschiedlich genannt. Auch ihre musikalischen Funktionen variieren entsprechend. Die Funktion des Turumba–Spielers bei den Amara: Bis auf einigen wenigen Ausnahmen wird die Turumba überwiegend von Männern ge-spielt. Diese Verwendung der Turumba bei den Amara ist überwiegend in städtischen Gegenden zu beobachten. Das Instrument fungiert hauptsäch-lich als Signalinstrument und erklingt bei Todesfällen sowie zum Aufru-fen einer Gemeinde zur Versammlung. Insbesondere wird eine bevorste-hende Begräbniszeremonie mit der Turumba rechtzeitig verkündet. Das Spielen auf der Turumba verlangt in der Regel keine besondere musikali-sche Fähigkeit, so dass jeder Mensch ohne große Anstrengung es bedie-nen kann. Turumba–Spieler gibt es in jedem Wohnbezirk. Sie werden gewöhnlich von der jeweiligen Gemeinde ausgewählt und erfüllen ihre Dienste gegen entsprechende Bezahlung aus der Gemeindekasse363. Für

ihre Dienste erhalten sie ein angemessenes monatliches Einkommen. Die Verantwortung eines Turumba–Spielers besteht darin, dass er von Haus zu Haus geht und wichtige Botschaften im richtigen Augenblick übermittelt. Im Falle des Ablebens eines Gemeindemitglieds oder dessen Familienmitglieds wird die Todesnachricht vor der Begräbnisfeier verkündet (Abb. 210a). So informiert der Trompetenspieler die Gemeinde über den Tod der jeweiligen Person und wann und wo, d.h. in welcher Kirche, die Bestattungszeremonie stattfindet. Der Vorgang des Trompetenspiels erfolgt so, dass der Spielende stets vor Beginn

363 Es ist im Allgemeinen üblich, dass in nahezu allen Gemeinden und Bezirken der Städte

und Dörfer soziale Vereine gegründet werden, die die Interessen der Gemeindemitglie-der vertreten. Sie werden beispielsweise in der Amariña–Sprache Idir genannt. In ei-nem solchen Verein, ist jedes Mitglied verpflichtet, einen angemessenen monatlichen Beitrag an die Gemeindekasse zu entrichten. Drei bis vier Gemeindemitglieder werden alle zwei bis drei Jahre in der Regel demokratisch neu gewählt, um den Verein zu die-nen. Jedes Mitglied profitiert von seiner Mitgliedschaft insofern, dass unter anderem bei Todesfällen oder anderen freudigen Ereignissen (z.B. Hochzeit) vor allem finanziel-le Unterstützung von der Vereinskasse erhält.

Abbildung 209 a

Abbildung 209b–c Sammlung: IES Museum

Foto: T. Teffera, 10.07.2006, Addis Abeba

293

seiner Ansage das Instrument bläst. Danach erfolgt die in Form einer Rezitation gestaltete Übermittlung der Todesbotschaft. Während der An-sage bleibt der Spielende meist an einem Punkt stehen, um kraftvoll und laut genug sprechen zu können. Nach einer kurzen Unterbrechung bläst er wieder seine Trompete, um weitere Bewohner dieselbe Information zu-kommen zu lassen. So versucht er jede Gasse eines oder mehrerer Bezir-ke zu erreichen. Nach etwa 2–3 Stunden beendet er dann seinen Einsatz. Die Verkündung von Todesnachrichten geschieht traditionsgemäß am frühen Morgen etwa zwischen 6–10 Uhr, denn nach dem Christlich Or-thodoxen Glauben soll der Leichnam am folgenden Tag nach dem Tode zu Grabe getragen werden. Daher ist es üblich, dass Bekannte, Verwand-te, Freunde und Nachbarn der trauernden Familie von dem Tod rechtzei-tig informiert werden, damit sie die erste und wichtigste Trauerzeremo-nie, das Begräbnis, nicht verpassen. Es ist von großer Bedeutung für die trauernde Familie Trauergäste in diesem wichtigen und besonders bewe-genden Moment bei sich zu haben und Trost von ihnen zu bekommen. Die Turumba wird bei den nordäthiopischen Tigray zwar auch in ähnli-cher Weise für die Verkündung von Todesfällen verwendet, doch sie begegnet uns auch auf Hochzeitszeremonien. So konnte ich in Meqelle beobachten, wie die Turumba gemeinsam mit drei jeweils zweifellige Zylindertrommeln Kebero364 für die Begleitung der Hochzeitsgesänge eingesetzt wurde365. Im Folgenden ist ein Beispiel einer allgemeinen Ankündigung mit der inhaltlichen Übersetzung angegeben:

phonetische Aussprache Übersetzung

yeqin Libona idirtegnoch yehonachihu bemulu An allen Mitgliedern des Qin Libona Vereins

Ato .... baderebachewu himem behikimina siredu qoyitewu Aufgrund seiner Krankheit verstarb Herr betinantinaw ilet kezih alem bemot sileteleyu …. am gestrigen Abend ye qebrachew sine siriat yemifetsemewu zare keqenu 10 seat be Geneteyesus bete kikristian new

Die Begräbniszeremonie findet heute gegen 16 Uhr in der Genete–Yesus Kirche statt

meqecha silale keqebru indatiqeru Im Falle einer Abwesenheit zahlt jedes Mitglied eine Geldstrafe

Des Weiteren benutzen die Hamar die soweit beschriebene offene Längs-trompete, dessen Originalbezeichnung unbekannt ist, ebenso im Zusam-menhang mit Initiationszeremonien. Im Gegensatz zu den Amara und Tigray, spielen hier Mädchen die Trompete. Bei der Zeremonie anlässlich

364 Die Kebero ist eine zweifellige Zylindertrommel (211.212.1). Der Resonator wird

gewöhnlich aus Blechdosen gefertigt, während beide Enden mit Fell bespannt werden, Fell–Schnur–Spannung mit Y–Schnürung. Die durchschnittliche Höhe der Trommel beträgt zwischen 50 und 60cm, während ihr Durchmesser ungefähr 50 – 55 cm beträgt. Ein Anhänger aus Lederriemen wird auf die Y–Schnüre befestigt, um das Instrument um den Hals und die Schultern zu tragen. Es wird mit beiden Händen auf nur einer Sei-te des bespannten Fells bedient. Für die Begleitung der traditionellen Gesänge der Tigray spielt die Kebero eine zentrale Rolle nicht nur in der Aufrechterhaltung eines regelmäßigen rhythmischen Ablaufs, sondern auch in der Ausschmückung eines jeden Gesanges.

365 Audiovisuelle Aufnahmen einer traditionellen Hochzeitsfeier der Tigray am 16. Juli, 2006 in Meqelle, Tigray (Privatsammlung: Teffera/Tigray/2006).

Funktion des Turumba–Spiels

bei den Hamar Südäthiopiens

Die Trumba bei den Tigray

294

des „Bullensprungs“, der die Initiation der jungen Männer ins Erwachse-nenalter markiert, verkünden die Hamar–Mädchen (Abb. 210b) mit dem Trompetenspiel die Ankunft der Maz, der vor kurzem initiierten Männer, also jener jungen Männer, die das Ritual bereits durchlaufen haben (Beckwith/Fischer 2000: 236–237). Stimmung: Die Turumba erzeugt in der Regel nur einen Ton. Durch Überblasen können technisch Tonhöhenerweiterungen möglich werden. Wenn es sich jedoch um die Verkündung von Todesnachrichten zumin-dest bei den zentraläthiopischen Amara handelt, wird allerdings nur ein sehr lang gehaltener Ton gespielt, der bis zum Beginn der Ansage einige Male wiederholt werden kann. Meistens kommt es vor, dass der Trompe-tenspieler versucht, etwa in derselben Tonhöhe wie das Instrument seine Nachricht zu übermitteln. Bei der, auf dem Hochzeitsfest in Meqelle (16. Juli 2006) gespielten Tu-rumba wurden zwei Tonhöhen in Abstand von einer großen Terz, etwa h – d#, gespielt. Basierend auf dem typischen rhythmischen Verlauf der vorgetragenen traditionellen Gesänge der Tigray erklingen die zwei Töne abwechselnd. Die Turumba–Spieler, ausschließlich Männer und Knaben, lösen sich in bestimmten Abständen gegenseitig ab und spielen variierte und frei gestaltete rhythmische Muster. Überwiegend setzt sich die zu-sätzliche Begleitung auf der Turumba im zweiten und intensiven Ge-sangsabschnitt fort. Im Vergleich zum ersten Gesangsabschnitt, der ent-spannten Phase, ruft die gesteigerte Spannungsphase den Höhepunkt des Gesanges hervor. Die drei bis vier Kebero–Spieler schlagen ihre Trom-mel noch kräftiger. Hinzu kommt dass im Metrum verdoppelte Klatsch-muster im Vergleich zu dem einzelnen Klatschmuster des ersten Ge-sangsabschnitts, die Triller der weiblichen Teilnehmer sowie der Telhit–Tanz, der entsprechend intensiver ausgeführt wird.

ULURU (Madi – Uganda) Name Klassifikation

Zusatz

Synonyme Form, Material Maße / cm Form/Anordnung

Uluru 423.121 L/D ohne Grifflöcher; ohne Mundstück Luru Längstrompete aus Bambus

und Kürbis (Madi– Uganda)

L (gesamt)= 66 L (Bambusrohr) = 22 ø (Rohrende) = 7

zylindrisches Bambusrohr steckt in einem kugel-förmigen Kürbis, Blasloch mit einer scharfen Kante versehen

Die Längstrompete Uluru wird aus mehreren Teilen zusammengefügt. Zunächst wird das etwa 22 cm lange zylindrische Bambusrohr in einem Flaschenkürbis hineingesteckt, der wiederum mit einem weiteren Kürbis-segment verbunden wird. Als Schallstürze dient ein überdimensionales Kürbisgefäß. Alle Teile werden mit Leim zusammengeklebt und danach mit roter Erde versiegelt. Die mittleren zwei Kalebassen sind von je 7 cm Länge, wäh-rend die letzte und größte Kalebasse eine Länge von 30 cm aufweist (Wachsmann / Trowell 1953: 348). Somit macht die Gesamtlänge der Uluru 66 cm aus (Abb. 211).

Ergologie

Abbildung 210 b

Hamar–Frau mit einer Blechtrompete (Foto:

Beckwith / Fischer 2000: 236f.)

295

Als eine weitere Methode der Befestigung der Segmente dient ein dünnes Lederband, das an den entsprechenden Stellen festgenäht wird. Das unte-re Ende der Kalebasse hat eine runde Öffnung mit einem Durchmesser von ca. 7 cm. Sie ist von außen mit einem Ring aus Muscheln dekoriert, die ebenfalls einzeln auf die Kalebasse angeklebt sind (ebd.). Die in den Abbildungen 212a–b veranschaulichten Bilder der Uluru–Trompete aus der Musikinstrumentensammlung des National Museum of Uganda in Kampala entsprechen der bisherigen Beschreibung. Beim Uluru–Spielen hält der Musiker das zylindrische Bambusrohr mit einer Hand, die er zugleich an das Anblasloch setzt. Mit der anderen Hand stützt er das große Schallstück (Nzita / Niwampa 1998: 146). Die Uluru begleitet oft die traditionellen Tänze der nordwestugandischen Madi. Es wird behauptet, dass die von der Uluru erzeugten recht tiefen Töne die Stimme des Löwen wiedergeben (Wachsmann / Trowell: ebd.). Längstrompeten mit großen Schallstücken begegnen uns auch in Musik-traditionen benachbarter afrikanischer Regionen wie beispielsweise in der Volksrepublik Tschad. Hier sind die Moundang zu Hause, bei denen un-ter anderem eine Hou–Hou genannte Längstrompete vorkommt. Das Instrument setzt sich aus zwei unterschiedlich großen Kürbisteilen zu-sammen, die letztendlich eine Gesamtlänge von ungefähr 75 cm ergeben. Das erste schmalere und konische Segment wird durch ein großes und halbkugelförmiges Kürbisschallstück erweitert. Die Hou–Hou wird so-wohl geblasen als auch als Megaphon benutzt. Die Verbindungsstelle wird ähnlich wie die der Uluru mit Leim verklebt. Charles Duvelle führte eine Feldforschung in den 1960er Jahren bei den Moundang durch. Als Ergebnis veröffentlichte er 1966366 die gesammelten Tonaufnahmen auf Schallplatte einschließlich Fotos und schriftlicher Kommentare. Ähnlich wie die Uluru wird die Längstrompete Hou–Hou von Männern gespielt. Sie wird hier allerdings ausschließlich zur Begleitung von Trauergesän-gen und Tänzen im Zusammenhang mit Begräbnisfeiern367 geblasen. Nach Duvelle (ebd.) sitzt der Trompetenspieler in der Mitte der tanzen-den und singenden Gruppe und bläst die Längstrompete, die er mit der linken Hand hält. Neben dem Trompetenspielen fungiert er auch als Ge-sangsleiter, wobei er auch in bestimmten Momenten in die Trompete hinein singt und so das Instrument als Stimmverstärker benutzt. Die Hou–Hou wird von einer Kürbisrassel begleitet, die ebenfalls von dem-selben Musiker in der rechten Hand gehalten und rhythmisch geschüttelt wird. Eine andere zweifellige Zylindertrommel, genannt Bilim, wird von einem anderen Musiker geschlagen368.

366 Siehe Tonaufnahmen und Schallplattenkommentar von Charles Duvelle in Anthology De  La Musique Du  Tchad; Signaturen P–1304–P–1306; Sammlung: Phonogramm–Archiv der Abteilung Musikethnologie des Museums für Völkerkunde Berlin.

367 Solche Trauerzeremonien finden allerdings nur dann statt, wenn respektierte Gemein-demitglieder sterben. Bei der von Duevelle beobachteten Trauerzeremonie handelte sich zum Beispiel um eine Medizinfrau. Die traditionellen Gesänge und Tänze wurden von Frauen, einschließlich Medizinfrauen, ausgeführt. Das Ende der Trauerfeier mar-kieren die Tänzerinnen, indem sie sich vor lauter Trauer gemeinsam auf dem Boden niederwerfen (Duvelle: 1966).

368 Ähnliche Längstrompeten, die zum Beispiel Matigéon, Oumkara und Mangari ge-nannt werden, kommen bei der benachbarten Toupouri in unterschiedlichen Längen (ca. 100–175 cm) vor. Sie werden zu unterschiedlichen Musikanlässen meistens in Sät-zen gemeinsam mit Querhörnern unter anderem geblasen (Duvelle: 1966).

Abbildung 211: Wachsmann / Trowell 1953:363, Tafel 82c

296

Abbildungen 212a–b

Sammlung: National Museum of Uganda, Kampala; Fotos: T. Teffera 24.05.2005, Kampala

WAZA (Berta – Äthiopien und Sudan) Name Nr. Klassifikation

Zusatz

Synonyme 421.121 Form, Material Maße / cm Form/Anordnung L/D ohne Grifflöcher, mit Mundstück Waza zehn und mehr Längstrompeten

aus Kalebassen (Berta – Äthiopien, Sudan)

variabel

konisch; Röhre aus mehreren zusammen-gefügten Kalebassensegmenten; kessel-förmige Mundstücke jede Trompete hat eine eigene Bezeichnung

1. Waz–Alu 45 2. Tere 55 3. Mepe Palu 60 4. Shoro Pala 70 5. Gino Oqi Dañe 80 6. Shiñir Balla 110 7. Asesehu 110 8. Nupe–Pali–Dañe 170 9. Gino Oqi Dañe 200 10. Shore Dañe

200

Angari 423.122.2 Querhorn aus Ziegen– oder Antilopenhorn

L = ca. 35 leicht gebogen und konisch; seitliches Blasloch (oval)

Asese 112.13 Kürbisrassel mit Stiel

L = ca. 20

Bulu–Pale Bal

111.22 Bulu = Schlegel aus Tierhorn oder Holz

meist Ziegenhorn, leicht konisch und gebogen

Pale = Astgabel aus Holz

Die Waza ist eine offene Längstrompete (Abb. 213–214), dessen Rohr sich aus drei, vier, sechs und mehr passenden Kalebassensegmenten369 zusammensetzen kann. Die einzelnen zunehmend konisch verlaufenden 369 Laut Hojele (Assosa: 2005) werden die Kalebassen speziell für die Herstellung von

Waza–Trompeten gesondert gepflanzt. Auch Gottlieb (1996: 8) berichtet, dass eine Ago genannte Kalebassenpflanze bei den sudanesischen Berta für denselben Zweck ver-wendet wird. Für den Bau von Musikinstrumenten sind einerseits die Qualität des ge-wünschten Materials sowie ihre unbegrenzte Verfügbarkeit sehr wichtig. Dafür spielen also ökologische Voraussetzungen eine zentrale Rolle, um Musikinstrumente traditi-onsgemäß weiter herzustellen. Materialien für den Bau von Musikinstrumenten schei-nen bei den Berta bis zur gegenwärtigen Zeit verfügbar zu sein, was in der immer noch bestehenden Herstellung der Waza zu beobachten ist. Diese Tatsache weist darauf hin, dass die Aufrechterhaltung eines gesunden ökologischen Lebensraumes auch die fort-währende Praktizierung des traditionellen Musiklebens einer Gemeinschaft ermöglicht (Mohamed 1982: 26).

Ergologie

297

Abbildung 213

Abbildung 214

Abbildung 215 Fotos: T. Teffera 13.02.2005

Gambella

Abbildung 216 Mundstück einer Waza

Fotos: T. Teffera 13.02.2005, Gambella

Teile werden wie ein Teleskop ineinander gesteckt (Gottlieb 1996370: 8; Simon 2001: 656 und 2003371: 5) und anschließend mit einem Adegella genannten Leim oder mit Honigwachs zusammengeklebt (Hojele / Assosa 2005; Kebede 1982: 74). Dünne Bambusstöcke, die in der Innenseite des Rohres in X–Form hinein geschoben werden, dienen der Rohrwand als Stütze (Abb. 215). Jede Waza–Trompete ist zusätzlich mit einem trichterförmigen Mund-stück ebenfalls aus Kalebasse ausgestattet (Abb. 216). Des Weiteren werden die Rohrwände der größeren Trompeten von außen mit bis zu fünf langen Bambusstöcken gestützt, die jeweils entlang der Instrumentenwand vertikal verlaufen. Für ihre Befestigung dienen Bindfäden aus Baumrinde oder pflanzliche Schnüre (Abb. 217). Die Trompeten 1–8 setzen sich jeweils aus drei bis vier, die 9. Trompete aus ungefähr 6 und die 10. Trompete aus mehr als 6 Kalebassensegmenten zusammen. Die Rohrlängen der untersuchten Trompeten372 liegen zwischen 45 cm und 200 cm, während der durchschnittliche Durchmesser der Mundstücke 4 und 6 cm beträgt. Alle Trompeten werden jeweils durch ihre eigenen Namen voneinander unterschieden. Von der längenmäßig kleinsten Trompete aufwärts heißen sie somit 1. Waz–Alu, 2. Tere, 3. Mepe–Palu, 4. Shoro–Pala, 5. Gino–Oqi–Dañe, 6. Shiñir–Balla, 7. Asesehu, 8. Nupe–Pali–Dañe, 9. Gino–Oqi–Dañe und 10. Shore–Dañe373. In den aufge-nommenen Waza–Stücken der Berta aus dem Dorf Gambella setzte sich das Ensemble aus 10 Trompetenspielern zusammen. In den Tonaufnahmen von Artur Simon bei Berta aus dem Sudan nahmen 10–12 Musiker im Ensemble teil. In der Regel erzeugen sie jeweils 1 Ton auf ihren Instrumenten (Simon 1994: 100 und 2003: 4). Auch Robert Gottlieb (1996: 9) führte bei den Berta aus dem Sudan Feldforschungen in den 80er Jahren durch. In seinen Tonaufnahmen waren 12 Musiker in dem Waza–Ensemble beteiligt. Das bedeutet also, dass 10–12 Waza häufig zusammenspielen, wobei zu besonderen Musikanlässen der Einsatz von weiteren Trompeten nicht auszuschließen ist, die normalerweise zur Verstärkung bestimmter Tonhöhen dienen.

370 Siehe CD–Kommentar: Musik  of  the Blue Nile Province: The  Ingessana  and Berta Tribes – Sudan II. Dieselben Tonaufnahmen wurden zuvor auf LP veröffentlicht; siehe Signatur P–3317; Sammlung: Phonogramm–Archiv der Abteilung Musikethnologie des Museums für Völkerkunde Berlin.

371 Siehe CD–Kommentar: Die Musik der Berta am Blauen Nil/ Music of the Berta from the Blue Nile – Sudan, 2003, Museum Collection Berlin, SM 17082, WERGO GmbH (Aufnahmen aus den Jahren 1982/83).

372 Feldforschung in Äthiopien;, Februar 2005, siehe Filmaufnahmen, Video 01: von 41:21 bis 60:00 und Video 02: von 00:00 – 31:48 Minuten (Privatsammlung: Teffera / Ostafrika/2005).

373 Die 5. und 9. Trompeten haben denselben Namen.

298

Abbildung 217: Bambusstöcke zum Schutz der Waza–Trompete Fotos: T. Teffera 13.02.2005, Gambella

Die Namen der 12 Waza, deren literarischen Bedeutungen und die Län-genmaße der einzelnen Trompeten listet Gottlieb auf (Tabelle 33).

Tabelle 33: Waza–Ensemble v. der höchsten Trompete in abwärts verlaufender Reihenfolge (Gottlieb 1996: 9)

Nr. Trompete Bedeutung Längenmaß in cm

1 Waza–Al–Meser erste Waza 40

2 Adolo–Bala kleines Blatt 46

3 Waza–Alu wichtige Waza 56

4 Mushung–Bala kleines Mädchen 66

5 Nely–Bala kleine Frau 77

6 Shinir–Bala kleiner Esel 86

7 Adodo Blatt 96

8 Agondo wildes Tier 108

9 Asezagu Rassel 120

10 Nely–Dang große Frau 140

11 Shinir–Dang großer Esel 155

12 Agrush lauter Ton 175 Es ist feststellbar, dass die Instrumentenbezeichnungen somit von einer Berta–Gruppe zur anderen bzw. von einem Ensemble zum anderen selbst innerhalb eines Dorfes Differenzen aufweisen können. Diese speziellen Namen beziehen sich meistens auf einen bestimmten Klang der jeweili-gen Trompete oder auf ihre spezielle musikalische Aufgabe, die jede Trompete in einem gegebenen Ensemble übernimmt374 (Gottlieb: ebd.). Zum Waza–Ensemble gehört ferner das Querhorn Angari (Abb. 218a–b) aus Ziegen– oder Antilopenhorn. Das bei den Berta untersuchte Angari war zum Beispiel aus Ziegenhorn und hatte eine Gesamtlänge von etwa 35 cm. Ein seitliches Blasloch ist neben der Hornspitze gebohrt. Das Instrument ist mit Franzen aus Tierhaar, Muscheln und mit bunten Perlen ausgeschmückt. Die Astgabel Pale (Abb. 219a–b), die gemeinsam mit dem Bulu genann-ten Schlegel aus Ziegenhorn als Rhythmusinstrument verwendet wird, darf in einem Waza–Ensemble nicht fehlen. Nicht zuletzt kommen meh-rere Kürbisrasseln mit etwa 20 cm Länge hinzu, die als Asese bzw. Ase-sehu bezeichnet werden (Abb. 220). Die Herstellungsweise der Waza-Trompeten und zwar insbesondere das Zusammenfügen mehrerer Kalebassensegmente zu einem meist koni- 374 Dies gilt auch für die verschiedenen Flötenensembles der Berta.

299

schen Rohr sind in fast allen Berta-Dörfern sowohl in Westäthiopien als auch im Südsudan identisch. Es ist auch üblich, dass ein solcher Trompe-tensatz meistens von ein und demselben Instrumentenmacher gefertigt wird. Der Fachmann beginnt zuerst mit der kleinsten Waza–Alu–Trompete. Sowohl die Dimension als auch die Tonhöhe der Waza–Alu dient somit als eine Grundlage für den Bau aller der Reihe nach folgen-den Waza. Diese Herstellungsmethode ermöglicht die gewünschte Stim-mung des gesamten Trompetensatzes. Die erzeugten Tonhöhen der ver-schiedenen Waza werden sowohl einzeln als auch im Zusammenspiel noch einmal überprüft, um eventuelle Korrekturen durchführen zu kön-nen. Der gesamte Arbeitsvorgang beruht auf langjährigen Erfahrungen des jeweiligen Instrumentenmachers (Gottlieb 1996: 9). Daher basieren die Maße der einzelnen Instrumente keineswegs auf exakten Berechnun-gen, sondern auf ungefähren Schätzungen, ein sehr häufig zu beobach-tendes Phänomen der Instrumentenherstellung in der gesamten ostafrika-nischen Region. Der ganze Satz der Waza wird in der Regel im Haus eines Dorfältesten, des jeweiligen Klanführers oder eines religiösen Oberhauptes aufbewahrt. In früheren Zeiten galten die Instrumente als Symbol der Autorität tradi-tioneller Berta–Höfe, so dass sie mitunter auch im Privatbesitz dieser Herrscher waren (Simon 2003: 4; Ismail 1995: 328). Vor ihrem Gebrauch im Ensemble wird reichlich Wasser in die Trompe-te gegossen, um undichte Stellen schließen zu können (Abb. 221; Gott-lieb ebd.: 9; Simon ebd.: 5). Der Tonerzeugungsmechanismus der Waza ähnelt dem einer europäi-schen Trompete mit einem Kesselmundstück, wobei die primären Schwingungserzeuger die Lippen des Bläsers sind, die sich auf den run-den bzw. ringförmigen Rand der Blasöffnung stützten (Abb. 222a–c). Während die Waza 1–5 horizontal vor dem Körper des Spielenden in die Luft gehalten und geblasen werden, liegen die Enden der großen Waza 7–10 auf dem Erdboden. Dabei stützen die Musiker oft mit der rechten Hand die Anblasöffnung und mit der linken Hand die Mitte des Rohrs. Der Angari–Spieler hält sein Querhorn in seiner rechten Hand. Auch die Kürbisrasseln Asese werden meistens in der rechten Hand der weiblichen Spieler gehalten und kräftig geschüttelt. Die Astgabel und Holz– oder Hornschlegel Bulu–Pale dagegen werden von den ersten fünf Waza–Spielern gleichzeitig bedient. Die Astgabel Pale wird auf der rechten Schulter des Musikers platziert. Den Schlegel Bulu hält der Musiker in der rechten Hand und die Trompete in der linken. Während einer Aufführung bilden die Musiker meistens einen Kreis, der von der singenden und tanzenden Menschenmenge (Frauen und Männer) zusätzlich umzingelt wird. Das Waza–Ensemble reflektiert bei allen Berta–Gruppen Äthiopiens und des Sudans den sozialen und musikalischen Alltag. Die Instrumentalbe-setzungen sind ähnlich bis auf einige Unterschiede in den Instrumenten-namen, die vermutlich mit unterschiedlichen Berta–Dialekten im Zu-sammenhang stehen. Heutzutage ist jedes Dorf im Besitz eines oder meh-

Abbildungen 218a

Abbildungen 218a–b: oben: Querhorn Angari; unten: Angari–Spieler; Fotos: T.

Teffera 13.02.2005, Gambella

Abbildungen 219a Sammlung: YMS, Addis Abeba Foto: T. Teffera Oktober, 2005

Addis Abeba

Abbildung 219 b Foto: T. Teffera 13.02.2005,

Gambella

300

Abbildung 220

Abbildung 221

Abbildung 222a

Abbildung 222b

Abbildung 222a–c Fotos: T. Teffera 13.02.2005

Gambella

rerer Ensembles, die nicht nur aus Trompeten, sondern auch aus Flöten bestehen375. Mit Ausnahme der von weiblichen Teilnehmern des Waza–Ensembles rhythmisch geschüttelten Asese–Rasseln376 werden alle anderen Musikinstrumente nur von Männern und Knaben gespielt. Frauen nehmen überwiegend an Tanz und Gesang teil, wozu sie auch klatschen und hin und wieder trillern. Waza–Ensembleaufführungen finden zu bestimmten Jahreszeiten statt, und zwar meistens während der Ernteperiode, d.h. etwa zwischen Sep-tember und Anfang November (Gottlieb: ebd.). Während der Regenzeit bzw. von Herbstanfang an ist es Tabu, die Trompeten zu spielen (Al–Daw 1985: 75–77; Simon 2001: 657). Den Hauptgrund erläutert Moha-med (1982: 26) wie folgt: „Die Leute befürchten, dass durch Geräusche ein Wind oder böse Geister entstehen, die die Ernte vernichten können. Dieser allgemeine Mangel an Musik während dieser Zeit ist jedoch weniger die Folge von Glaubensanschauungen als vielmehr die Tatsache zuzuschreiben, dass Musiker wie Nicht–Musiker Bauern sind, die auf die Felder einfach zuviel zu tun haben und abends, wenn sie nach Hause kommen, zu müde sind, um sich noch zum Musizieren und Tanzen zusammenzufinden. Erst nach der Landbestellung haben die Menschen endlich Zeit, sich zu erholen und ihren Vergnügungen nachzugehen“. Jedes mal vor der Benutzung eines lange gelagerten Instrumentensatzes wird zuerst ein Tier, z.B. ein Schaf, geschlachtet und das Blut sowohl auf jedes Instrument als auch in das Haus geträufelt, in dem die Instru-mente aufbewahrt werden (Gottlieb 1996: 9). Das Waza–Ensemble dient im Allgemeinen der gemeinschaftlichen Unterhaltung der Berta. Solche Ensembleaufführungen finden zu verschiedenen zeremoniellen und rituellen Anlässen statt wie z.B. zu Hochzeiten, Regenanbetungen und Erntedankfesten. Heutzutage werden auch zu großen jährlich stattfindenden Musikfestivals Waza–Ensembles gespielt (Simon 2003: 4). Nach Ismail (1995: 328) werden Waza auch zu Trauerzeremonien gespielt und zwar zum Tod von Persönlichkeiten oder Klanführern. Die Waza begleiten gewöhnlich Gesänge, die sowohl in Form von Wechselgesängen als auch unisono gestaltet und verschiedenartig strukturiert werden können. Die Gesangstexte bestehen meistens aus kurzen Verszeilen, die sich stets wiederholen. Die Gesangsinhalte sind sehr lebhaft und eignen sich für die gemeinschaftliche Unterhaltung beim Musizieren. Es gibt aber auch Texte, die passend zum gegebenen musikalischen Anlass spontan ausgedacht und vorgetragen werden.

In der Regel erzeugt jede Waza einen Ton. Daher ist während einer En-sembleaufführung die entsprechende Anzahl von Instrumentalisten wich-tig, um ein vollkommenes melodisches und metrorhythmisches Gebilde 375 So kommen neben den Waza–Trompetenensembles auch zum Beispiel Bol–Negero

und Bol–Tsitsim genannte Flötenensembles, die in dieser Arbeit mitberücksichtigt wor-den sind (siehe unter Punkt 2.3.3. die Untersuchung verschiedener Flötenensembles der Berta.

376 Die Kürbisrassel Asese wird auch in dem Bol–Negero–Flötenensemble der Berta von weiblichen Teilnehmern geschüttelt.

Stimmung

301

hervorbringen zu können. Die Stimmung der von mir aufgenommenen 10 Waza sieht folgendermaßen aus (Abb. 223):

Abbildung 223: Waza–Ensemble: Stimmung

Tabelle 34: Waza–Ensemble: Auflistung der Tonhöhen

Nr. Waza– Trompeten

Tonhöhen/ Cents

1. Teilton (Hz)

1 Waza–Alu d#’ +18 Cent 314,65 2 Tere c’ +37 Cent 282,10 3 Mepe–Palu a# +41 Cent 232,93 4 Shoro–Pala g +15 Cent 197,76 5 Gino–Oqi–Dañe f# –14 Cent 183,43 6 Shiñir–Balla d# +33 Cent 158,6 7 Asesehu c +45 Cent 134,26 8 Nupe–Pali–Dañe A# +12 Cent 128,14 9 Gino–Oqi–Dañe G +25 Cent 123,10

10 Shore–Dañe F 87,31

Tabelle 35: Waza–Stimmung v. der höchsten Trompete in abwärts verlaufender Reihenfolge (Simon 2003: 6)

Trompeten Uffud El–Nuweiri Uffud El–Tōm Abstände (Cents) Abstände (Cents) 1–2 Ganzton (206) Halbton+ (3/4 Ton) (133) 2–3 kleine Terz (287) kleine Terz + (323) 3–4 Halbton (108) Ganzton (206) 4–5 5/4–Ton (249) 5/4–Ton (245) 5–6 5/4–Ton (256) 5/4–Ton (258) 6–7 Ganzton (186) Halbton (93) 7–8 5/4–Ton (236) große Terz (375) 8–9 3/4–Ton (161) Ganzton + (224) 9–10 5/4–Ton+ (266) 5/4–Ton (238)

Die Spektraldarstellung zeigt die Grundfrequenzbereiche und die weite-ren Formanten aller 10 Trompeten des Waza–Ensembles bis zu einem

302

maximalen Frequenzbereich von 3 kHz. Sie entsprechen der der Reihe nach von jeder Trompete erzeugter Tonhöhe. Die Frequenzspanne zwi-schen der höchsten und der tiefsten Waza beträgt 87,31Hz bis 314,65Hz. Für einen besseren Überblick sind die Frequenzangaben (Hertz) der ers-ten Teiltöne aller Instrumente in Tabelle 34 aufgelistet. Je nach ihrer Tonhöhe werden die Trompeten nach Simon (2003: 6) in zwei Gruppen aufgeteilt. Die erste Gruppe bezieht sich auf die so genann-ten Waza–Bala „die kleinen Waza“ (Trompeten 1. – 5.) und die zweite Gruppe auf die Waza–Dang „die großen Waza“, (die tiefen Trompeten 6–10). Simons Tonaufnahmen wurden in verschieden Orten durchgeführt. Die aus zwei unterschiedlichen Ensembles der Waza–Trompeten resultie-renden Tonhöhen und Intervallverhältnisse (jeweils 10 Trompeten in einem Ensemble) listet Simon (ebd.) tabellarisch auf (Tabelle 35). Notenbeispiel 63 zeigt ferner die von Gottlieb (1996: 6) untersuchte Ton-reihe eines Waza–Ensembles, in dem 12 Trompetenspieler – in den oben genannten zwei Gruppen unterteilt – teilnehmen:

Notenbeispiel 63: Waza–Stimmung von der tiefsten Trompete in aufwärts verlaufender Reihenfolge (Gottlieb 1996: 9)

Eine andere Waza–Trompetenstimmung demonstriert Mohamed (1988: 62) im Notenbeispiel 64. Das Ensemble setzt sich hier aus 10 Trompeten zusammen:

Notenbeispiel 64: Waza–Stimmung von der tiefsten Trompete in aufwärts verlaufender Reihenfolge (Mohamed 1988: 62)

Aus den oben dargestellten Instrumentenstimmungen stellen wir fest, dass die Unterteilung der in einem Ensemble benutzten 10–12 Waza in zwei Gruppen eine festgelegte Regel ist. Bei den in Noten wiedergegebe-nen Stimmungen (Abb. 223 und Notenbeispiele 63 und 64) wird ersicht-lich, wie die fünf Tonhöhen der Gruppen I, von den weiteren fünf Trom-peten jeweils der Gruppe II um eine Oktave tiefer wiederholt werden. Das bedeutet also, dass alle darüber hinaus eingesetzten Trompeten (z.B. Notenbeispiel 63 Waza 11 und 12) die bereits in der Standardstimmung

303

vorhandenen Tonhöhen nutzen und entweder in tiefer oder höher liegen-den Oktaven erklingen. Daher dienen sie hauptsächlich der Stimmver-stärkung bestimmter Tonstufen und der Klangfärbung. Der Tonumfang eines jeden Waza–Ensembles erstreckt sich gewöhnlich über zwei Okta-ven, wobei er jedoch in besonderen Fällen wie etwa in Notenbeispiel 63 auch darüber hinaus erweitert werden kann.

2.5.3. Längstuben

APORO, ASUKUSUK, MELEKET (Labwor, Teso, Amara – Uganda) Name Klassifikation

Zusatz

Synonyme Form, Material Maße / cm Form/Anordnung Aporo 423.121.1 L/D ohne Grifflöcher, ohne Mundstück Längstube aus Holz

(Labwor – Uganda)

L = 91 ø = 5,5

zylindrisch; scharfe Schneide als Anblasloch

Asukusuk Längstube aus Holz und Kürbis (Teso – Uganda)

L = 140 zylindrisches Holzrohr mit einem halbkugelförmigen Kürbis am Rohrende hinzugefügt; Anblasloch mit scharfer Kante versehen

Meleket Längstube aus Bambus oder Holz und Metall

(Amara – Äthiopien)

L = 95–100 überwiegend zylindrisch mit konischer Schallstürze, kesselförmiges Mundstück meist aus Metall

Die Längstube Aporo has ein zylindrisches Rohr aus einem ausgehöhlten und etwa 91 cm langen Holz, das in der Lokalsprache der Labwor aus Uganda ebenfalls Aporo genannt wird (Wachsmann / Trowell 1953: 347f.). Der Durchmesser ist ungefähr 5,5 cm. Die Aporo–Längstuben werden in der Regel in der Küche über der Feuerstelle aufbewahrt. Durch den Rauch bekommt die Außenwand des Rohrs nach einer Weile eine schwarze Farbe (ebd.: 348). Die Aporo kann von beiden Enden her geblasen werden. Wachsmann und Trowell (ebd.) beschreiben den Spielvorgang so:

„It is blown into at either end with the cheeks well expanded; the hands hold it in the middle. The lips are sunk deeply into the tube, and the whole tube is supposed to vibrate on its own note.” Die Aporo kommt bei den nilotischen Labwor vor, die zwischen den nord– und nordostugandischen Acholi und Karamojong leben. Sowohl historisch als auch sprachlich sind die Labwor zwar mit den Karamojong sehr eng verwandt, jedoch haben sie im Laufe der Zeit den Lebensstil der Acholi (Landwirtschaft und Viehzucht) übernommen. Die Aporo wird traditionsgemäß von Labwor–Frauen geblasen und zwar vor allem zur Begleitung des Acut–Tanzes, der auch nur von Frauen ausgeführt wird. Es können mehrere Aporo zusammengespielt werden, wobei diejenigen Teilnehmerinnen die keine Aporo besitzen, aktiv am Gesang teilnehmen.

Aporo Längstube Ergologie und

Spielweise

Genderbeziehung

Funktion

304

Zu den musikalischen Funktionen dieser Längstuben in zeremoniellen und rituellen Zusammenhängen schreiben Wachsmann / Trowell (ebd.) folgendes:

“Aporo is also used to welcome home the returning husbands from a successful raid on a neighbouring tribe, to welcome the bridal procession bringing the possessions required for the marriage, to welcome home successful hunters, and lastly at the rain–seeking ceremony in the chief’s village where they dance acut. Acut means vulture and the rain–seekers are supposed to resemble these birds as they seek their prey.”

Für den Bau der Längstube Asukusuk (Abb. 224) wird ein zylindrisches Holzrohr verwendet, dessen Schallstück von einem weit ausladenden ovalen Kürbis gebildet wird. Beide Teile werden entweder zusammenge-bunden oder geleimt. Die Asukusuk kann bis zu 140 cm lang sein.

Abbildung 224: Asukusuk–Längstube der Teso

(Wachsmann/Trowell 1953: 363; Tafel 82 B Das Instrument wird in der Regel in Sätzen gespielt, wobei in einem sol-chen Ensemble laut Wachsmann und Trowell (ebd. 348) drei und mehr Längstuben eingesetzt werden können. Die Instrumente werden von Männern geblasen, die die traditionellen Tänze der Teso begleiten. Diese Gemeinschaft bewohnt hauptsächlich die Distrikte Soroti und Kumi in Zentralostuganda und gilt als zweitgrößte Bevölkerungsgruppe des Landes. Die Längstube Meleket wird entweder aus Bambus, Holz, Metall (Kupfer, Bronze und Messing) oder aus zwei verschiedenen Materialien, z.B. Bambus/Metall oder Holz/Metall zusammengesetzt (Powne 1968: 35; Kebede 1971: 164). Abbildung 225 zeigt 3 Melekets, die zur Dauerausstellung des Museums im Institute of Ethiopian Studies der Universität Addis Abeba gehören. Ihre Längen betragen 95–100 cm, die Durchmesser ihrer Mundstücke 3–4 cm und die Durchmesser der Schallaustrittslöcher 10–12 cm. Die Röhren weisen schmale Innenbohrungen auf. Die sowohl hier als auch in der Instrumentensammlung der Yared Musikhochschule in Addis Abeba näher untersuchten Melekets besitzen meistens kesselförmige Mundstü-cke aus Metall (Abb. 226), doch bisweilen werden auch Kalebassenspit-zen für diesen Zweck verwendet. Auffallend sind auch die trichterförmi-gen Schallstürzen, die einer europäischen Trompete ähneln (Abb. 227). In einigen Fällen können die Melekets mit Stimmlöchern versehen wer-den (Powne ebd.), doch bei den hier untersuchten Melekts wurden keine Stimmlöcher festgestellt. Das Fixieren von Stimmlöchern, die meistens zur Tonhöhenkorrektur dienen, wird auch bei ähnlichen Instrumenten wie etwa der offenen Längsflöte Embilta verwendet. Die Rohrwände der Melekets werden gewöhnlich dekoriert. Einige Ex-emplare sind in fingerbreiten Abständen mit Draht umwickelt, während andere entweder teilweise oder vollständig mit Fell überzogen sind. Bei

Längstube Asukusuk Ergologie Ensemble-besetzung und Genderbeziehung

Abbildung 225 Sammlung: IES-Museum

Foto: T. Teffera 10.07.2006, Addis Ababa

Längstube Meleket

305

den aus Bambus oder Holzrohr hergestellten Melekets werden verschie-dene Motive eingebrannt oder eingeritzt. Spielweise: Beim Spielen hält der Musiker das Instrument vor seinem Körper (Abb. 228). Aufgrund des meist kesselförmigen Mundstücks der Meleket, werden die Lippen des Spielenden ähnlich wie bei einer europä-ischen Ventiltrompete positioniert. Herkunft: Über die mögliche Herkunft der Meleket ist zwar wenig be-kannt, doch einige Wissenschaftler vermuten, dass sie möglicherweise mit den antiken ägyptischen Traditionen eine enge Verbindung haben könnte (Hickmann 1966: 773). In der amarischsprachigen Bibel werden die oft erwähnten Trompeten und Posaunen mit dem Wort Meleket ausgedrückt (siehe z.B. 4 Mose: 10. und Samuel 6:15, 1. Chronik 15:28, 2. Chronik 5:12–13). Daher hat die-ses Instrument in der christlich–orthodoxen Gemeinde Äthiopiens eine besondere Stellung. Funktion: Die Meleket war ein symbolträchtiges Instrument ehemaliger Königshöfe der Amara und Tigray Zentraläthiopiens. In den Höfen Ak-sums der Region Tigray erklang sie laut Tedla (2006377) z.B. während eines Festessens (Bankett) am Hof. Stets wurde sie solistisch geblasen. Im Zusammenspiel mit Embilta–Flöten, die stets in Sätzen zu drei Musi-kern geblasen werden und der Kesseltrommel Negarit wurde die Meleket auch oft zu öffentlichen Hofzeremonien der Amara eingesetzt. Das In-strument wird ausschließlich von Männern geblasen. Darüber hinaus dienten Melekets auch zu militärischen Zwecken. So begleiteten Meleket–Spieler den König und seine bewaffneten Truppen im Krieg. Powne (ebd.) zitiert Mondon–Vidailhet, der beschreibt, dass die Meleket einen schönen militärischen Klang besitzt und die Rolle des Meleket–Spielers darin besteht, diesem Klang einen besonderen Charakter zu verleihen. Meleket-Spieler: Traditionsgemäß waren es Sklaven, die ausschließlich als Eigentum des Hofes ihre musikalischen Dienste leisteten und als Menschen zweiter Klasse betrachtet waren. Dazu schreibt Kebede (1971: 163) das Folgende: „ …Embilta and Meleket players are traditionally always slaves reared in a noble household or those which were captured on the Sudanese boarder. The main reason for this is the existence of a dangerous notion that hard blowing on the aerophone instruments, like the Embilta and Meleket, causes incurable and painful haem-orrhoids around the blower’s anal tract (Tirumba menfat raib yigelebital). Any activity which required physical exertion or threatened health was obviously left for the slaves to perform. Although slavery does not exist any more, the same views and notions concerning musical performance are maintained until today.” Anhand Kebedes (ebd.) Beschreibung kann man somit feststellten, dass im Unterschied zu der Jahrhunderte langen und intensiven Pflege traditi-oneller Musik an anderen Königshöfen Ostafrikas, hatte sowohl das Mu-sizieren als auch das Vergnügen an der Musik keinen besonderen Platz in Äthiopien gehabt. Wenn man bedenkt, welche Rolle z.B. bugandische Könige für die Aufrechterhaltung der traditionellen Musik gespielt haben und dass sie manchmal selbst privat gemeinsam mit ihren Hofmusikern im praktischen Spielen aktiv waren, schien das Musizieren oder das In-strumentspielen eines Mitglieds der königlichen Familie in Äthiopien

377 Interview mit Berhanu Tedla in Adigrat, Tigray, Juli 2006.

Abbildung 226

Abbildung 227 Fotos: T. Teffera 10.07.2006

Addis Ababa

Abbildung 228 Spielposition auf der Längstube Meleket (Patterns of Progress )

306

eine große Schande zu sein und war überhaupt nicht denkbar. Musizieren war nur eine Sklaventätigkeit und keineswegs für einen „normalen“ Men-schen bestimmt. Diese völlig negative Einstellung zu Musik beeinflusste die Bevölkerung sehr. Jeder Mensch, der aus einer bürgerlichen Familie stammt und sich direkt oder indirekt mit künstlerischen und handwerkli-chen Aktivitäten beschäftigte (als Sänger, Instrumentenspieler, Tänzer, Maler, Dichter usw.) wurde von der Gesellschaft verachtet. Denn das Musikmachen gehörte nur zu den „Sklaven“, die als Menschen zweiter Klasse bisweilen sogar als Unmenschen galten. Die meisten Sklaven, die auch beleidigend „Shanqilla“ genannt wurden, waren im äthiopisch–sudanesischen Grenzgebiet gekauft worden. Dazu gehörten insbesondere die Berta, die nicht nur unter den äthiopischen Herrschern, sondern auch seit Ende des 19. Jahrhunderts unter den arabischen Sklavenhändlern sowie unter den Funj-Herrschern des Sudans litten. Viele von ihnen flo-hen aus Angst vor arabischen Sklavenhändlern und waren gezwungen, ihre heutige Heimat in Richtung Zentraläthiopien zu verlassen, wo es ihnen auch nicht besser ging.

2.5.4. Längshörner

  Längshörner mit dem charakteristischen Merkmal des geknickten bzw. gebogenen Rohrs kommen in Ostafrika nicht oft vor. Aus der dürftigen Materiallage konnten auch in der vorliegenden Arbeit nicht alle in Frage kommenden Längshörner vollständig untersucht werden. Daher werden einige dieser Instrumente nur am Rande erwähnt. Längshörner können entweder aus einem Stück Material wie z.B. Holz, Flaschenkürbis oder aus verschiedenen zusammengefügten Materialien hergestellt werden. Ihre Dimensionen können erheblich variieren. Dabei handelt es sich oft um einen zylindrischen und einen konischen Teil des jeweiligen Instruments. Zum Beispiel begegnen uns Längshörner, die aus einem zylindrischen Bambus– bzw. Holzrohr bestehen, an deren Rohren-den ein konisch oder trichterförmiges Hornstück oder eine Kalebasse hinzugefügt werden. Es existieren ferner auch Längshörner, die aus zwei verschieden großen Hornsegmenten hergestellt werden, wobei die Ver-bindungsstellen gewöhnlich mit Leder oder Fell überzogen sind.

OLWET, RIRANDI, SINGAR (Acholi – Uganda, Gussi – Kenia, Ingessana – Sudan) Name Klassifikation

Zusatz

Synonyme Form, Material Maße / cm Form/Anordnung 423.121.2 L/D ohne Grifflöcher Olwet Längshorn aus Bambus und Kürbis

(Acholi – Uganda)

L = 140–150 Rohr aus Segmenten unterschiedlicher Materia-lien zusammengefügt

Rirandi Längshorn aus Kalebasse (Gussi – Kenia)

variabel Rohr aus mehreren Kalebassensegmenten zusam-mengesetzt

307

Singar Längshorn aus Kalebasse (Ingessana – Sudan)

variabel zylindrisch, Rohr ist gebogen bzw. geknickt

Karumbeta Längshorn aus Bambus oder Holz und Kalebasse (Kikuyu –Kenia)

L = 180 cm zylindrisches Bambus– oder Holzrohr, konische Kalebasse als Schallstürze

Kurumbe Längshorn aus Holz oder Tierhorn (Mao, Komo – Äthiopien)

variabel Holzrohr = konisch; Tierhorn = vermutlich Ziegenhorn, konisch und leicht gebogen

Humbu Längshorn aus Flaschenkürbis ( Komo – Äthiopien)

L = ca. 55 konisch, Rohr aus zwei flaschenförmigen Kürbis-segmenten zusammengesetzt

Olwet: In einigen Fällen, wurden Ähnlichkeiten zwischen afrikanischen und europäischen Horninstrumenten festgestellt. Als Beispiel ist das Längshorn Olwet bzw. Oluett der Acholi aus Uganda zu nennen, das zwei unterschiedliche Größen und Formen aufweist. Die erste Variante setzt sich aus einem relativ schmalen Bambusrohr, dessen Ende mit einem trichterförmigen und leicht gebogenen Kürbis verlängert wurde (Abb. 229a). Die zweite Variante hingegen wird aus mehreren zusammengefüg-ten Kürbissegmenten hergestellt und weist letztendlich eine spiralförmige Krümmung auf (Abb. 229b). Aufgrund des zumeist gewundenen Rohrs und der konischen Form of-fenbart das Olwet eine auffällige Gemeinsamkeit mit militärischen Me-tallhörnern Europas aus der jüngsten Bronzezeit. Dazu zählen späterhin z.B. das Post–, Signal– und Halbmondhorn (Sachs 1976: 255). Auch Wachsmann und Trowell (1953: 351) bestätigen diese Hypothese und gehen davon aus, dass die zweite Variante des Olwet möglicherweise eine Imitation des europäischen Instruments sein könnte. Das Olwet setzt sich aus einem schmalen Bambusrohr zusammen, dessen Ende mit einer trichterförmigen und geknickten Kalebasse verlängert worden ist. Ein anderes Exemplar aus dem Nationalmuseum in Uganda stellt ein gekrümmtes Rohr dar, das aus mehreren Kalebassensegmenten zusammengefügt wurde. Somit ähnelt es europäischen Metallhörnern der jüngsten Bronzezeit mit ihrer spiralförmigen Gestalt wie etwa das spätere Posthorn, Signalhorn und das Halbmondhorn, die zum Rohrende hin deutlich konisch verlaufen (Abb. 230a–c). Rirandi: Das Längshorn Rirandi wird aus mehreren Kalebassensegmen-ten hergestellt, die ineinander gesteckt ein langes Rohr ergeben. Sie kommt bei den kenianischen Gussi vor, die sie meistens auf Trauerzere-monien verwenden. Auf einer von John Varum 1972 publizierten Schall-platte378 sind Tonaufnahmen der traditionellen Musik der Gussi enthalten, darunter das Längshorn Rirandi. Auf Trauerzeremonien wird das Rirandi gewöhnlich nur im Zusammenspiel mit einer Kayamba–Rassel geblasen. In anderen musikalischen Zusammenhängen jedoch, wird es beispiels-weise mit dem Querhorn Oroguncara gespielt. 378 Music of the Kuria and the Gusii of Western Kenya Ethnic Folkways Records FE

4223; 1972 Signatur P–1753, siehe Seite B: Musikaufnahmen Nr. 9 und 10; Sammlung: Phonogramm–Archiv der Abteilung Musikethnologie des Museums für Völkerkunde Berlin.

Abbildung 229a (Wachsmann/Trowell 1953: 363, Tafel 82d)

Abbildung 229b (Wachsmann/Trowell 1953: 363, Tafel 82d)

Abbildung 230a

Abbildung 230b

(Sachs 1976: 255f und 274)

308

Auf Trauerzeremonien begleitet das Rirandi keinen Gesang. In der Ton-aufnahme (Nr. 9) ist eine männliche Stimme zu hören (vermutlich ein Familienmitglied des Verstorbenen), der scheinbar einen Klagegesang vorträgt und gleichzeitig weint. Im Hintergrund kann man Frauenstim-men und von Zeit zu Zeit auch Frauentriller hören. Ebenfalls in relativ großen Abständen wird das Längshorn Rirandi geblasen. Es gehört zum Brauch der Gussi, das Rirandi vor dem Gebrauch mit Bier zu übergießen, damit sie besser klingt (Varnum: ebd.). Solche Fälle kommen in anderen ostafrikanischen Musikkulturen auch häufig vor. Beispielsweise übergießen die Berta ihre Waza–Trompeten (aus mehre-ren Kalebassensegmenten teleskopisch zusammengefügte Längshörner) mit reichlichem Wasser vor Beginn der Ensembleaufführung, damit sich mögliche Öffnungen in den Rohrwänden durch Aufquellen schließen. Dieser Schritt ermöglicht optimale Tonhöhen auf den Instrumenten zu spielen (siehe Waza–Ensemble). Singar: Das endgeblasene Längshorn Singar, das entsprechend seiner Form auch als Längstrompete bezeichnet werden kann, wird aus einem gebogenen bzw. geknickten Flaschenkürbis gefertigt. Das Instrument kommt bei den Ingessana aus dem Sudan vor, wo es im Zusammenspiel mit den Bal genannten Eintonflöten gespielt wird. Das Bal–Ensemble setzt sich aus fünf bis acht gedackten Bambuslängsflöten, dem Längshorn oder der Längstrompete Singar und mehreren Kürbisrasseln zusammen (siehe auch Bal–Ensemble unter Punkt 2.3.3.). Karumbeta und Kurumbe: Außer den soweit beschriebenen Längshör-nern sei die Karumbeta der Kikuyu aus Zentralkenia genannt, das bis zu 180 cm Länge haben kann. Das zylindrische Bambus– oder Holzrohr des Karumbeta, genannt Muhehe, wird in eine konische Kalebassenstürze hineingesteckt (Senoga–Zake 1981: 157). Das Längshorn Kurumbe der westäthiopischen Mao und Komo kann aus Holz (Abb. 231a) oder aus einem Tierhorn (Abb. 231b) in unterschiedli-chen Dimensionen gefertigt werden. Humbu: Hingegen setzt sich das gebogene und konische Längshorn Humbu der Komo (Abb. 232a–b) aus zwei Flaschenkürbissen zusammen. Das hier untersuchte Exemplar ist ca. 55 cm lang. Die Verbindungsstelle beider Segmente ist mit Leder überzogen. Die Anblasöffnung besitzt einen scharfen Rand. In der Musikinstrumentensammlung des Völkerkundemuseums Wien wurden einige Längshörner ostafrikanischer Kulturen untersucht. Als Beispiel sei das in der Abbildung 233 dargestellte gebogene und konische Längshorn aus Sudan genannt, das aus einem Tierhorn (vermutlich Anti-lopenhorn) und Kalebasse zusammengesetzt und nur an der Verbindungs-stelle beider Teile mit Leder überzogen worden ist. Es weist eine Gesamt-länge von 53 cm mit einem Durchmesser von 2,5–7,5 cm auf.

Abbildung 230c: Posthorn (Sachs 1976: 255f und 274)

Abbildung 231 a

Abbildung 231 b

Abbildungen 232a

Abbildungen 232b Sammlung: Museum

Assosa, Äthiopien, Fotos: T. Teffera 10.02.2005, Assosa

Abbildung 233 Längshorn, Region: Weißer

Nil Oberlauf/Sudan Sammler: Museum Mirama (1883), Sammlung: VKM

Wien; Foto: T. Teffera 15.05.2006, Wien

309

2.5.5. Quertrompeten Tabelle 36 veranschaulicht einige ostafrikanische Quertrompeten, die folglich im Einzelnen näher in Betracht genommen werden:

Tabelle 36: Ostafrika: Quertrompeten

Instrument

Längenmaß in cm

Material Verbreitungsgebiet Volksgruppe/Land

Agwara– Ensemble variabel Holz Alur / Uganda Amakondere–Ensemble variabel Holz, Kürbis, Horn Buganda / Uganda Dinke ca. 300 Bambus, Tierhorn Welayitta / Äthiopien Ebigwala–Ensemble I variabel Kalebasse Basoga / Uganda Hura, Hoora 40–150 Holz Keffa / Äthiopien Limba, Yuge und Mare ca. 60–138 Holz Madi, Kakwa und Lugbara /

Uganda Nkaanga, Kanga, Likhaan-ga

Flaschenkürbis, Holz, Tierhorn

Banyoro, Batoro, Alur und Luhiya / Uganda

Omwomba 4–6 Holz Kerebe / Tansania Quertrompete n.n. unbekannt Bambus Somalia ??

AGWARA–ENSEMBLE (Alur – Uganda)

Name Klassifikation

Zusatz

Synonyme Form, Material Maße / cm Form/Anordnung Agwara 423.122 L/D ohne Grifflöcher Agwara–Spiele

Etwa acht Quertrompeten aus Holz, Kürbis und Horn (Alur – Uganda)

L = 50–200

konisch; seitliche Anblaslöcher (überwiegend rund), jede Trompete besitzt einen eigenen Namen

Agwara– At–Zeu–Ensemble I Alur/Uganda

1. Nyatine Alur/Uganda 2. Nyare Alur/Uganda 3. Arum Alur/Uganda 4. Makambi Alur/Uganda 5. Makambi Alur/Uganda 6. Jumba Alur/Uganda 7. Molobe Alur/Uganda 8. Min Agwara Alur/Uganda Agwara–At–Payda–Ensemble II

Alur/Uganda 1. Nyitin Agwara Alur/Uganda 2. Nyig Agwara Alur/Uganda 3. Angola Alur/Uganda 4. Kakambi Alur/Uganda 5. Arum Alur/Uganda 6. Min Mulube Alur/Uganda 7. Min Manok Alur/Uganda 8. Min Agwara Alur/Uganda

310

Die Agwara ist eine Quertrompete, die sich aus zwei Holzröhren von gleicher Größe zusammensetzt. Diese werden dann Kante an Kante zu-sammengepresst und anschließend mit Leder überzogen und entlang der rechten und linken Kanten fest zugenäht. Agwara–Quertrompeten werden in Sätzen hergestellt. Ihre unterschiedlichen Längen betragen etwa 50 bis 200 cm (Wachsmann / Trowell 1953: 358f.; Cooke 2001: 37). Jede zum Ensemble gehörende Trompete besitzt einen eigenen Namen, der sich allerdings lokal unterscheidet. Die Namen sind anhand der am Anfang veranschaulichten Bezeichnungen der Agwara–Trompeten aus den At–Zeu und At–Payida genannten Ensembles ersichtlich. Beide Ensembles kommen bei den ugandischen Alur vor. Die hier aufge-listeten Namen von Agwara–Trompeten dienen zugleich als technische Begriffe für die Saiten der traditionellen Harfe dieser Gemeinschaft (Wachsmann / Trowell: ebd.). Auch wenn die Instrumentennamen bei den Agwara–Trompeten mitunter große Abweichungen aufweisen, blei-ben ihre musikalischen Funktionen in den jeweiligen Ensembles die glei-chen. Diese Situation wurde beispielsweise auch in einigen Berta–Dörfern Westäthiopiens beobachtet. Hier werden die einzelnen Instru-mente der zahlreichen Flöten– und Trompetenensembles sowohl von Ort zu Ort als auch von einem Ensemble zum anderen bisweilen sehr unter-schiedlich bezeichnet, doch die Art der Aufführungen und die Rolle des einzelnen Instruments sind prinzipiell identisch. Die Instrumente werden nur von Männern und Knaben gespielt, die sich während einer solchen Musikaufführung in einem Kreis bewegen. In früheren Zeiten begleiteten die Agwara die gemeinschaftlichen Tänze der Alur. Laut Cooke (2001: 37) scheinen diese Ensembles bei den Alur heu-te nicht mehr in Gebrauch zu sein, genauso wie die Quertrompete Tu’um der benachbarten Acholi, die auch in Sätzen gespielt wurde und ähnliche musikalische und soziale Funktionen trug.

AMAKONDERE–ENSEMBLES (Baganda – Uganda; Haya/Tansania; Tutsi/Ruanda und Burundi)

Name Klassifikation

Zusatz

Synonyme Form, Material Maße / cm Form/Anordnung Amakondere– Ensemble

423.122; 423.122.2 L/D ohne Grifflöcher

Eikondere Makondere Amakondera

Fünf und mehr Quertrompeten oder Querhörner aus Holz, Kürbis, Horn (Baganda –Uganda;Haya –Tansania, Tutsi – Ruanda und Burundi)

L = 80–150 bzw.

L = 20–45

konisch oder zylindrisch; seitliche Anblaslö-cher (meist oval); jedes Trompete besitzt sei-nen eigenen Namen

Amakondere–Ensemble I

Angaben nach Wachsman und Trowell (1953: 357)

Buganda 1. Enjauzi Buganda 2. Endese Buganda 3. Ensasi Buganda 4. Enkoli Buganda 5. Enzigalizi Buganda

Ergologie: Der Begriff Amakondere, der in den verschiedenen Gebieten Ostafrikas auch als Amakondera, Makondere, Eikondere, Eggwara unter anderem bekannt ist, bezieht sich auf Quertrompeten bzw. Querhörner.

Ergologie

Instrumentennamen

Genderbeziehung und musikalische Funktion des Agwara-Ensembles

311

Die Herstellungsweise, die Methoden der Dekoration und die Material-auswahl (Holztröge, Flaschenkürbisse und Tierhörner) zeigen eine große Vielfalt. In der Regel besitzt jede Trompete eines Amakondere–Ensembles eine eigene Bezeichnung. Wachsmann und Trowell (1953: 357) listen die weitgehend bekannten Namen verschiedener Amakondere–Ensembles auf, die jeweils aus fünf Instrumenten bestehen. Aus der oben veran-schaulichten Liste ist ersichtlich, dass die Instrumentenbezeichnungen von Ort zu Ort entsprechend variieren. Zum Beispiel werden sie bei den zentralugandischen Baganda von der kleinsten Trompete an aufwärts 1. Enjauzi, 2. Endese, 3. Ensasi, 4. Enkoli und 5. Enzigalizi genannt, wo-hingegen sie bei den Batoro als 1. Entabi, 2. Muteru, 3. Mulangi, 4. Nkara und 5. Dyangi bezeichnet werden. Im Nationalmuseum Ugandas wurden einige Amakondere untersucht379 (Abb. 234). Die meisten hier ausgestellten Instrumente gehören unter-schiedlichen Sätzen an. Der Museumsbeschreibung zufolge kommt eine der Trompeten vom ehemaligen Hof von Nyoro und 4 weitere vom Hof Bugandas. In einigen Fällen existiert nur ein einziges Exemplar. Andere sind zwar in der Mehrzahl vorhanden, jedoch nicht vollständig, wie sie in der Praxis verwendet worden waren. Ihre Längen liegen zwischen 80 und 150 cm. Bei allen untersuchten Quertrompeten handelt es sich um Röhren, die aus zusammengepressten Halbröhren hergestellt sind. Dies wurde auch von meinen Informanten Bissaso und Serwanga bestätigt (2005380). Die Röh-ren sind vollständig mit Fell (vermutlich Ochsenfell) überzogen und zu-sammengenäht. Ein ähnlicher Trompetensatz aus dem Demokratischen Republik Kongo (ehemals Zaire) wurde im Völkerkundemuseum Wien näher untersucht (Abb. 235a, Inv.–Nrn: 133400–402, Sammler: Schebesta, Paul 1950). Die neun Quertrompeten, die eine auffallende Ähnlichkeit mit den Amakon-dere aufweisen, besitzen unterschiedliche Dimensionen. Sie scheinen zu ein und demselben Satz zu gehören. Ihre Längen liegen zwischen 68 und 217 cm und ihre Durchmesser betragen etwa 5–9 cm an den Schallaus-trittslöchern. Die vermutlich zusammengefügten Halbröhren sind voll-ständig mit Bast umwickelt. Ihre runden oder ovalen Anblaslöcher (3,6 x 3 cm Länge und Breite; siehe Abb. 235b, Inv.–Nrn: 133395–399, Sammler: Schebesta, Paul 1950) zeigen identische Merkmale mit den meisten Amakondere. Alle Trompeten haben eine kleine Öffnung am oberen Rohrende381.

379 Feldforschung in Uganda, Mai 2005. 380 Interview mit Ludovi Servanga, traditioneller Musiker, Instrumentenmacher und In-

strumentenspieler aus Baganda am 19.05.2005 in Kampala. 381 Den Kataloginformationen zufolge sind unter Ethnie Bira und Medje vermerkt. Die

Bira sind vermutlich die unmittelbaren Nachbarn der Mbuti–Pygmäen, die die Ituri–Wälder im nordöstlichen Gebiet der Demokratischen Republik Kongo bewohnen. Die Medje dagegen, gehören vermutlich zu den in früheren Zeiten von den Mangbetu (auch Nemangbetu, Mangbettu, Mambetto, Amangbetu, Kingbetu) politisch dominierten und linguistisch und kulturell beeinflussten Bevölkerungsteilen dieses Landes. Das Volk der Mangbetu, die ein starkes Königreich (von 1815 – 1895) besaßen, lebt ebenfalls in der nordöstlichen Region der Demokratischen Republik Kongo.

Abbildung 234: Amakondere–Quertrompeten; Sammlung: Nationalmuseum

Uganda; Foto: T. Teffera, 9.05.2005, Kampala

Vergleichsexemplare in öffentlich

zugänglichen Museen und

Verbreitungsgebiete

312

Abbildung 235a-b: 9 Quertrompeten der Bira und Medje-Völker Sammlung: VKM Wien; Fotos: T. Teffera 15.05.2006, Wien

Eine Ähnlichkeit mit den soweit präsentierten Trompeten weist die Quer-trompete Tu’um der Acholi aus Uganda auf, und zwar in ihrer Herstel-lungsweise, ihren Dimensionen und ihrer Gestalt (Abb. 236). Ihre Ge-samtlänge kann zwischen 85 und 165 cm sein. Das Rohr wird ähnlich wie die Amakondere mit Fell überzogen und fest zugenäht und bisweilen auch mit Muscheln oder Perlen bestickt382 (Wachsmann / Trowell 1953: 358). Laut Wachsmann und Trowell kommen weitere Trompeten des Amakon-dere– bzw. des Tu’um–Typs bei den Karamojong, den Acholi, den Lan-go, den Alur und den Madi aus Nord–, Nordost– und Nordwestuganda vor. Sie werden Arupepe bzw. Apel, Gwara–Me–Akuta, Agwara und Turi bzw. Ture–Turungule genannt. Die Abbildungen 237a–b (Inv.–Nrn.: 014403 und 012295, Martin Hansal und Ernst Marno) zeigen einige Quertrompeten der Madi, die vermutlich die Turi genannte Quertrompete dieser Gemeinschaft repräsentieren. In der Sammlung befinden sich meh-rere Quertrompeten mit unterschiedlichen Dimensionen, was wahrschein-lich darauf zurückzuführen ist, dass diese, ähnlich wie die Amakondere, in Sätzen gespielt werden. Nach Driberg (1923: 124f.), scheinen beispielsweise die als Kriegs– und Tanzinstrumente wohlbekannten Quertrompeten Arupepe der ugandi-schen Karamojong in verschiedenen Dimensionen hergestellt worden zu sein. Über ihre Beschaffenheit schreibt er folgendes:

„….the longer trumpets are made of a hollowed–out stem of the Candelabra Euphorbia tree and then they are covered with the skin of a monitor lizard whereas the smaller trumpets are made of horn of Speke’s Tragelaphus. The mouthpiece is located near the narrow tip at the point of which is pierced a single stop and two notes at the interval of a minor third are the sole compass of this trumpet“.

Die Instrumentendekoration, z.B. das aufwendige Umwickeln der Rohr-wände mit Lederriemen (hier vermutlich Reptilienhaut; siehe Abb. 237b) der Rohrverlauf und die oft ovale Form der Anblaslöcher zeigen charak-teristische Gemeinsamkeiten mit den Amakondere–Trompeten. Die Quertrompete Tu’um der Acholi wird jedoch laut Cooke (2001: 40) heute vermutlich nicht mehr verwendet. Eine weitere quer geblasene Holztrompete der rund um das Kilimandscharo–Massiv in Nordosttansa-

382 Der Musikinstrumentenbau ist in vielen Musikkulturen dieses Gebiets sehr ausgeprägt.

Neben der hier abgebildeten Quertrompete Tu’um kommen somit auch zahlreiche Mu-sikinstrumente wie etwa Harfen, Leier, Flöten und Trommeln vor, die nach ihrer Fer-tigstellung meistens besonders ausgeschmückt werden (Cook 2001: 36).

Abbildung 236

Wachsmann / Trowell 1953: 364, Tafel 83I

313

nia bei den Chagga383 in Gebrauch ist, berücksichtigt Ankermann (siehe 1901: 46/Bild 96) in seinen Untersuchungen. Vorgänger der Amakondere: Die Amakondere Trompeten gibt es aller-dings nicht nur in den soweit beschriebenen Formen mit langen und schmalen Röhren, sondern auch in relativ kleinen Dimensionen, wie die Abbildung 238 zeigt. Nach Wachsmann und Trowell (1953: 354f.) wird dieses aus acht Querhörnern bestehende Ensemble als Vorgänger der Amakondere beschrieben. Von ihrer konischen und bisweilen irregulären Form her sehen sie zwar wie Tierhörner aus, doch sie wurden aus Kale-bassenspitzen384 gefertigt. Deren Längen sind etwa 20 bis 45 cm. Auch die ehemaligen Hofmusiker Bagandas Albert Sempeke und Ludowi Serwanga vermuten, dass das Ensemble der kleinen Amakondere eine weit ältere Ausstattung war, bis sie später von den langen Quertrompeten ersetzt wurden. Die dritte Variante der Amakondere stellt Trompeteninstrumente dar, die aus zwei und mehr Segmenten und verschiedenen Materialien bestehen, z.B. zwei zusammengesetzte längliche Kalebassenstücke oder ein Bam-bus– bzw. Holzrohr mit einem sich entweder konisch oder halbkugelför-mig erweiternden Schalltrichter aus Kalebasse. Bei den tansanischen Haya werden die als Makondere bekannten Quertrompeten bzw. Quer-hörner gewöhnlich auf diese Weise hergestellt und anschließend mit Rin-derschwanz überzogen, vor allem, um die Verbindungsstelle zu straffen. Auch in Ruanda begegnet uns diese Art von Amakondera385 bei den Twa (Cooke 2001: 39f.; Gansemans 1986: 50).

Abbildung 238: Satz von Amakondere–Trompeten

Wachsmann / Trowell 1953: 364

Die Amakondere werden in Sätzen von 5, 10, 15, 20 und mehr Musikern gespielt. Hinzu kommen meistens auch Trommeln, die die Ensembleauf-führung besonders ausschmücken. Zum Beispiel gehörten bei den Bayan-

383 Auch Dschagga oder Waschagga genannt. 384 Zu der Geschichte der Benutzung von Kalebassenpflanzen für die Fertigstellung der

Amakondere schreiben Rwamiti und Baguma (2006: https://www.newvision.co. ug/D/9/507/506741) so: “…..for all its connection to royalty, the Amakondere trumpet has its roots in a vegetable called Ebyara, which belongs to the gourd and pumpkin family. They are long, hard–skinned, climbing plants that exclusively grow in Kibiro on the shores of Lake Albert, Hoima district. Legend has it that ebyara made their way in-to Bunyoro from the neighbouring Democratic Republic of Congo. To curve the Ama-kondere trumpets, the marrow of Ebyara is removed to create a hollow structure.”

385 Dabei handelt es sich um fünf unterschiedlich bezeichnete Amakondera, deren Namen, Umurangi, Icurange, Urugunda, Inkanka und Insengo, sich oft auf die jeweils erzeugte Tonhöhe oder auf die musikalische Funktion der einzelnen Amakondera im Ensemble beziehen (Gansemans 1986: 50).

a

b

Abbildungen 237a–b: Quertrompeten der Madi

Sammlung: VKM Wien, Fotos: T. Teffera 16.05.2006; Wien

314

Abbildung 239: Amakondere–Trompete Musiker: Albert Bisaso; Foto: T. Teffera

09.05.2005, Kampala

Abbildung 240: Quertrompete Tu’um (Wachsmann/Trowell 1953: 358f.,

Bild 105B)

Abbildung 241: Amakondere–Ensemble Foto: mit freundlicher Genehmigung

von Peter Cooke

kole aus Südwestuganda früher etwa neun Amakondere zu einem Ensemble, die gemeinsam mit Engalabi und Engomba genannten Trommeln in Kreuzrhythmik gespielt wurden (Gansemans 1986: 50). Die Anzahl der genutzten Instrumente kann je nach der Situation variieren. Spielweise: Der Anblasvorgang und die Spielposition erfordern insbesondere bei den größeren Amakondere viel Energie, aber auch eine langjährige Erfahrung. Beim Spielen wird das Instrument entweder links oder rechts vom Körper des Musikers gehalten. Während er mit seiner rechten Hand das schmale Ende der Trompete festhält, stützt seine linke Hand am Anblasloch das Instrument. Albert Bissaso demonstriert diese Spielposition auf einer Amakondere aus der Sammlung des National  Museum  of  Uganda, die in Abbildung 239 veranschaulicht wird. Als Vergleich zeigt Abbildung 240 die Spielposition auf der Quertrompete Tu’um der Acholi. Dagegen sind in Abbildung 241 fünf Abakondere „Trompetenspieler“ aus dem ehemaligen Königshof von Bunyoro zu sehen. Dieses mir von Peter Cooke zur Verfügung gestellte Foto, entstand im Jahre 1967. Während einer Amakondere–Aufführung bewegen sich die teilnehmenden Musiker in einem Kreis oder in Reihen. Geschichte/Tradition: Die Amakondere–Ensembles besitzen eine lange Tradition und Geschichte in den Königreichen des Zwischenseegebiets (Wachsmann 1953: 355). Beispielsweise kann das Vorkommen des Amakondere–Spiels in Bunyoro bis in das 16. Jahrhundert zurückverfolgt werden. Diese alte Tradition kann auch für die bugandische Hofmusik zutreffen. Auch bei den Basoga kommen heute noch ähnliche Trompetenensembles vor, die hier als Ebigwala bezeichnet werden. Im Vergleich zu der Herstellungsweise der Amakondere, werden die Ebigwala–Trompeten aus mehreren Kalebassen-segmenten teleskopisch zusammengesetzt (siehe auch Ebigwala–Ensemble). Andere Völker, die vor allem in früheren Zeiten ebenfalls aus Kalebassen hergestellte

Trompetenensembles in ihren Königreichen besaßen, waren Banyoro, Batoro und Bayankole. Die meisten Ensembles bestanden mindestens aus fünf Quertrompeten unterschiedlicher Größen. Allerdings ist nicht be-kannt, ob die hier vorkommenden Instrumente auch aus zusammengesetz-ten Kalebassen wie im Fall der Ebigwala der Basoga oder nur aus einem Stück Flaschenkürbis hergestellt werden. Ähnlich wie im Amakondere–Ensemble, besaß auch hier jede Trompete des jeweiligen Ensembles ei-nen eigenen Namen386.

386 In Bunyoro wurden die zu einem Ensemble gehörenden Quertrompeten 1. Entabi, 2.

Eteru, 3. Olangi, 4. Kikara und 5. Rudyangi genannt, während sie in Toro als 1. Entabi, 2. Muteru, 3. Mulangi, 4. Nkara und 5. Dyangi bezeichnet wurden. Dagegen hießen sie in Ankole 1. Entabya, 2. Emyongo, 3. Omurangi, 4. Enkanga und 5. Ekigunda (Wachsmann / Trowell 1953: 357).

315

Amakondere–Ensembles gehörten und gehören wahrscheinlich heute immer noch zum Bestandteil der traditionellen Musik Ruandas, Burundis und Tansanias sowie der Zentralafrikanischen Republik (Cooke 1996: 446; Kubik 2001c: 85). Hinsichtlich der Geschichte der Amakondere in Ruanda (hier Amakondera genannt) vermutet Gansemans (1986: 50), dass die Instrumente eine fremde Herkunft besitzen und berichtet folgendes:

„In Ruanda, wo man dem Amakondera–Ensemble gelegentlich noch bei den Twa begegnet, scheint es fremder Herkunft zu sein. Sein Ursprung und die Zeit, in der dieses Ensemble nach Ruanda kam, liegen allerdings weit-gehend im dunklen. Einige Autoren geben an, dass unter Yuhi IV Gahindiro (um 1975), der mit fremden Höfen, namentlich denen des Ostens, in Verbindung stand, die ersten Amakondera in Ruanda auftauchten. Sie seien von Mwami von Karagwe (Tansania) als Zeichen der Freundschaft und des Bündnisses gesandt worden. Ande-ren Informanten zufolge gerieten unter dem Mwami Yuhi IV. Gahindiro die ursprünglich von den Hutu gespiel-ten Amakondera in Vergessenheit und wurden erst, dann allerdings von Twa–Musikern, unter den Mwami Mu-singa (1896) erneut ins Leben gerufen.“

Basierend auf seinen wiederholten Feldforschungen in Buganda be-schreibt Cooke (1996: 439f. und 446) seine Eindrücke über die Rolle der Abakondere, „Trompetenspieler des Königs“, ihre musikalische Funktion im Palast und ihre respektvolle Stellung im sozialen Alltag:

“The Abakondere the king’s trumpeters and praise drummers. These had their hut within the large palace compound near its entrance gate. Whenever the kabaka left his palace the drums and trumpets would play, signalling his departure. After they stopped no further music was to be played in his absence. In earlier years they would also go before him in porcessions. The Kabaka’s Abakondere were respected officials who in earlier times carried their trumpets in a pouch wherever they went and were immune from punishment for any misdeeds they committed”.

Im Vergleich zum bugandischen Königshof wurden die Amakondere–Spieler in Nyoro und Toro Omupaya genannt. Ihre musikalischen Dienste im königlichen Palast leisteten sie meisten für zwei und mehr Monate, bis sie dann von der nächsten Gruppe von Hofmusikern abgelöst wurden (Wachsmann / Trowell 1953: 356; Cooke 2001: 39f.) Amakondere–Ensembles exsitieren heutzutage vermutlich nur in sehr wenigen Kulturen. Der Hauptgrund liegt wahrscheinlich darin, dass die Amakondere in nahezu allen hier genannten Gebieten als hoch respektier-te Hofmusikinstrumente ausschließlich den jeweiligen Palästen dienten und somit unter den breiten Bevölkerungsschichten kaum zum musikali-schen Alltag gehörten. Die Abschaffung dieser Königtümer hat zum all-mählichen Verschwinden des Amakondere-Trompetenspiels beigetragen. Dazu gehört aber auch eine Reihe von musikalischen Sitten und Bräu-chen, die unmittelbar mit den sozialkulturellen und politischen Strukturen dieser Höfe verknüpft waren. Die Amakondere werden ausschließlich von Männern geblasen. In den ehemaligen Höfen Ugandas waren es zumeist ältere Männer, die ausrei-chende Erfahrungen besaßen und fast ausschließlich für ihre Dienste am Hof zur Verfügung standen. Sie wurden aus den verschiedenen Klans der jeweiligen Volksgruppe ausgewählt. Die Auswahl von Amakondere–Spielern für den Königshof der Bayankole war bestimmten Familien ü-berlassen, denen es eine besondere Ehre war, eine geeignete Gruppe von Musikern für den Hof zusammenzustellen (Gansemans 1986: 50). Die Amakondere–Ensembles begleiteten früher Gesänge und Tänze und treten sowohl zu öffentlichen Zeremonien, z.B. Krönungsfeierlichkeiten

Genderbeziehung

Funktion

316

und Geburtstage des Königs387, als auch zu privaten Anlässen, also zur Unterhaltung der Könige auf. In Bunyoro und Toro nahmen auch Frauen an den Tänzen teil. Im Gegensatz zu den freudigen Ereignissen an den Bunyoro– und Toro–Königshöfen durften Amakondere–Ensembles zu Zeiten des Trauerns und der Hungersnot nicht gespielt werden. Auch bei persönlichen Schicksalsschlägen der Omukuma, der Könige, erklang keine Musik, doch manchmal haben einige Könige solche Situationen einfach ignoriert und Amakondere–Aufführungen genossen, um ihre Sor-gen zu vergessen (Rwamiti / Baguma 2006388). Die Amakondere–Ensembles durften in Bunyoro und Toro nicht ohne die Erlaubnis des jeweiligen Palastes und ohne die Anwesenheit des Königs stattfinden. Anders als bei anderen ugandischen Höfen begleiteten Amakondere–Spieler auch die bewaffneten Truppen des Königs auf ihren Kriegszügen. Die majestätischen und durchdringenden Klänge der Amakondere sollten die Krieger animieren, den Feind zu besiegen. Gleichzeitig wurden die kräftigen Töne der Amakondere auch als Symbol der Macht des König-reiches betrachtet (Gansemans 1986: 50). Bei den Haya in Tansania fanden früher Makondere–Ensembleauf-führungen zu zeremoniellen Anlässen am Hof oder zur Verkündung der Heimkehr von Helden aus dem Schlachtfeld statt. Heute jedoch werden sie unter anderem nach einer erfolgreichen Jagd und zu bestimmten Ze-remonien im Hof eines Häuptlings zusammen mit verschiedenen Trom-meln gespielt389 (Kubik 2001c: 85). Ähnlich wie in Uganda fand Amakondera-Aufführung in Ruanda sowohl zu öffentlichen Musikveranstaltungen des Hofes als auch zu privaten Unterhaltungen der Könige statt. Im Vergleich zu den Ingomba genann-ten Trommeln, die nur innerhalb des Hofes gespielt werden dürften, er-klangen die Amakondera auch bei hochrangigen Persönlichkeiten aus der ehemaligen Tutsi–Monarchie. Heute finden Aufführungen immer noch zu großen Feierlichkeiten der Twa statt, wo sie nach wie vor hauptsächlich die traditionellen Itore–Tänze begleiten (Gansemans 1986: 50ff.). Der Amakondere–Satz der soweit genannten Volksgruppen besteht weit-gehend aus fünf Trompeten, die jeweils eine und maximal zwei Tonhö-hen erzeugen. Somit spielen alle darüber hinaus eingesetzten Trompeten gewöhnlich die höher oder tiefer liegenden Oktavtöne der ersten fünf Amakondere. Je nach ihrer Anzahl bilden diese Trompeten praktisch die zweite oder dritte Subgruppe innerhalb eines Amakondere–Ensembles. In Busoga besitzen beispielsweise Trompeten der höheren und tieferen Ok-

387 Wachsmann und Trowell (1953: 355) beschreiben die Krönungszeremonie des bugan-

dischen Königs, Kabaka Mutesa II, bei der ein Amakondere–Ensemble ausnahmsweise das Privileg hatte, mit den königlichen Trommeln im Wechsel zu spielen. Auch die Geburtstagsfeierlichkeiten des Kabaka gehörten zu den besonderen Ereignissen. Auf solchen für gewöhnlich ausgedehnten Festen fanden sich mitunter mehr als 60 Trompe-tenspieler, die sich relativ frei mit anderen Hofmusikern mischten und ihre Musik dar-bieten.

388 Siehe https://www.newvision.co.ug/D/9/507/506741. 389 Siehe Tonaufnahme und Kommentar von Hugh Tracy: Music of Africa Series, Songs and  Instrumental Music of Tanganyka; DECCA LF 1084, London; Signatur: P–419; Sammlung: Phonogramm–Archiv der Abteilung Musikethnologie des Museums für Völkerkunde Berlin; Nkete: Song to the Makondere horns; Seite A, Nr. 4.

Stimmung/Repertoire

317

taven mit technischen Termini voneinander unterschieden, die allerdings auch in anderen Gebieten Ugandas (im Zusammenhang mit den Amakon-dere–Ensembles) angewendet werden. So kommen zu den bereits beste-henden Instrumentennamen (siehe Liste oben) die Adjektive Enkulu = „groß“ (für die tiefen Trompeten) und Entono = „klein“ (für die hohen Trompeten). In einem Amakondere–Satz kommt also jeweils mehr als eine Trompete vor, die zwei oder mehr Oktavlagen repräsentiert, so dass oft 15 bis zu 20 Amakondere–Spieler in einer Ensembleaufführung teil-nehmen können (Wachsmann / Trowell 1953: 356). Kubik (1983: 30) bezeichnet die Makondere der tansanischen Haya als abgestimmte Zweitonhörner. Diese Trompeten bzw. Hörner können eine kleine Öffnung an ihren Spitzen haben, so dass die Erzeugung von mehr als einem Ton durch das Auf– und Abdecken dieser Öffnung ermöglicht werden kann (vgl. auch Cooke 1996: 446). Die kleinen Querhörner in Abbildung 237 haben jeweils eine Öffnung an ihren Spitzen. Öffnungen konnte ich auch in dem Instrumentensatz aus dem Kongogebiet (Abb. 234a–b) feststellen, wohingegen die Amakondere–Trompeten aus dem National Museum of Uganda keine Öffnungen an ihren Spitzen aufwei-sen. Im Falle der Bambus– / Kalebassen–Amakondera der ruandischen Twa wird gewöhnlich das Nodium entfernt, um alternierende Tonhöhen zu ermöglichen (Gansemans 1986: 50). Somit wird klar, dass die Metho-den der Instrumentenherstellung und die auf diesen letztendlich erklin-genden Tönen zwischen den Musikkulturen unterschiedlich sein können. Jede Trompete erzeugt also eine bis maximal zwei Tonhöhen, sodass in einer Ensembleaufführung das Hocketverfahren sinnvoll genutzt wird. Deshalb fügt jeder Amakondere–Spieler seine melodisch–rhythmischen Fragmente an den entsprechenden Stellen ein, um das jeweilige Stück zu spielen. Im Zusammenhang mit den Twa aus Ruanda schreibt Gansemans (ebd.) folgendes: „In Übereinstimmung mit ihrem Gesangsstil spielen die Twa–Musiker die Stücke im Hoquetusstil, wobei jede Trompete im Wechsel mit den übrigen Blasinstrumenten des Ensembles ihr musikalisches Ostinato auszuführen hat. Der Umurangi, Anführer des Ensembles, stimmt ein Stück an und die anderen Trompeten fallen nacheinan-der ein. Das Ganze ergibt eine rhythmische Struktur, die reich an Gegenrhythmen ist“.

Das Repertoire des Amakondere–Hofensembles in Buganda und mögli-cherweise auch an fast allen ehemaligen Königshöfen beinhalteten haupt-sächlich Preisgesänge, deren Textinhalte sich an dem jeweiligen König richteten, ihn lobten, ehrten und als Helden darstellten (Serwanga 2005 und Gansemans ebd.). Es gibt eine Reihe von Tonaufnahmen von Amakondere bzw. Hörnern, die aus den Feldforschungen verschiedener Wissenschaftler stammen. Unter anderem seien die folgenden Sammlungen genannt: Tonaufnahmen aus den Jahren 1961/63: 6 Amakondere–Hörner der Ba-ganda im Zusammenspiel mit Ensasi–Rasseln und Embutu, Empunyi und Nankasa genannten Konustrommeln; Signatur B 7225; Sammlung: Pho-nogrammarchiv Wien. Aus den mehr als 1500 Tonaufnahmen Wachsmanns, die sowohl im Nationalmuseum Ugandas als auch im British Library National Sound Archives http://www.bl.uk/collections/sound–archive/cat.html (unter der Nr. C4: siehe z.B. C4/25 S1–C1 und C5; Aufnahmen von 14.05.1954 aus

Quellenmaterialien (Tonaufnahmen)

Gerhard Kubik

K.P. Wachsmann

318

dem Nalweyo [Nalweyo–Dorf, Kiringente, in Mpigi–Distrikt] in Uganda) aufbewahrt sind, befinden sich auch Tonaufnahmen von Amakondere–Ensembles aus Uganda. AMA–Ausgabe LP: Music  of  Africa  Series,  Songs  and  Instrumental Music of Tanganyka; DECCA LF 1084, London; S. A, Nr. 4; Signatur: P–419; Sammlung: Phonogramm–Archiv der Abteilung Musikethnologie des Museums für Völkerkunde Berlin und AMA–Ausgabe CD: Royal Court Music from Uganda 1950 & 1952, SWP 008/HAT 02: hier befin-den sich zwei Tonaufnahmen von Amakondere–Aufführungen (Nrn. 18–19), die bei den Banyoro durchgeführt wurden

DINKE (Welayitta, Hadiyya und Kembatta – Äthiopien) Name Klassifikation

Zusatz

Synonyme Form, Material Maße / cm Form / Anordnung

Dinke 423.122 L/D ohne Grifflöcher Quertrompete aus Bambus und Horn

(Welayitta, Hadiyya, Kembatta–Äthiopien)

L = 3M und mehr; ø = 2–2,5 cm (Bam-bus)

überwiegend zylindrisch; Rohrende konisch; seitliches Anblasloch (überwiegend rund)

Die als Dinke bekannte Quertrompete besitzt ein auffallend schmales Rohr mit einer Länge von bis zu 3 Metern (Abb. 242a–b). Der überwie-gend zylindrische Teil der Dinke wird aus Bambus gefertigt, dessen Durchmesser ungefähr bei 2–2,5 cm liegen kann. Das Ende des Bambus-rohrs wird in ein leicht gekrümmtes Tierhorn (vermutlich Rinderhorn) hineingesteckt. Die Verbindungsstelle wird entweder mit Lederriemen oder mit Stoffstreifen festgebunden. Lange schmale Quertrompeten mit langen und auffallend schmalen Boh-rungen wie die Dinke begegnen uns in vielen Musikkulturen Ostafrikas. Einige Exemplare bewahrt das Völkerkundemuseum in Wien auf, wovon hier drei Quertrompeten aus dem Sudan und aus Tansania vorgestellt seien (Abb. 243 bis 245a–b). Die ersten zwei Quertrompeten kommen bei den sudanesischen Bari vor, während bei der dritten Quertrompete aus Tansania keine Volksgruppe, sondern nur die Region Donde im Katalog vermerkt ist. Von ihrer Gestalt her ähneln alle drei Quertrompeten der hier untersuchten Dinke sehr. Die erste Quertrompete (Abb. 243a–c) besitzt ein langes und schmales Bambusrohr (L = ca. 96 cm), das um zwei ineinander gesteckte konische Kalebassen erweitert worden ist. Die Verbindungsstellen sind mit Leder überzogen (L. = 148 cm, ø = 3–8 cm, Anblasloch = 4,6 x 5,2 cm). Die zweite Quertrompete der Abbildungen 244a–c hat ein zylindrisches Holzrohr (L = 80 cm), das durch zwei weitere ineinander gesteckte Horn-segmente (vermutlich Ziegen– oder Rinderhorn) erweitert wurde. Ähn-lich wie die erste Trompete aus den Abbildungen 243a–c sind auch bei diesem Exemplar die Verbindungsstellen mit Leder überzogen (L [ge-samt] = 125 cm, ø = 3,2 bis 6 cm, Anblasloch = 2,7 x 2 cm). Die dritte Trompete der Abbildungen 245a–c besitzt die Eigenschaften der ersten zwei Trompeten, bis auf die kesselförmige und weitausladende

Ergologie

319

Schallstürze aus Kalebasse. Die Verbindungsstelle zwischen dem Bam-busrohr und der Kalebasse ist mit einem Stoffstreifen verbunden (Bam-busrohr L = 93 cm; L [gesamt] = 121,5 cm; ø = 5,8 bis 10,2 cm; Anblas-loch = 1,5 x 3 cm Länge und Breite). Ankermann (1901: 46) stellt eine vollkommen identische Quertrompete der Sukuma aus Tansania dar (Abb. 246a), die ebenfalls aus einem mehrknotigen Bambusrohr und einer Ka-lebassenstürze hergestellt worden ist. Eine weitere Quertrompete aus dem Ufipa–Gebiet in Südwesttansania ist laut Ankermann (ebd.) aus Bambus-rohr und Tierhorn gefertigt (Abb. 246b). Die Verbindungsstelle zwischen Rohr und Horn ist mit Fell überzogen. Das Rohr ist außerdem vollständig mit Bast überzogen. Diese Quertrompete ist ergologisch mit der Dinke verwandt. Spielweise: Die vermeintlich sehr ungemütliche Spielhaltung der Dinke ist ebenso ungewöhnlich wie ihre Länge und Gestalt. Im Gegensatz zu besonders großen längs geblasenen Trompeten, deren Enden beim Spie-len aus praktischen Gründen in der Regel auf dem Erdboden abgesetzt werden, wird die Quertrompete Dinke umgekehrt nach oben in die Luft gehalten und geblasen (Abb. 247a–b). Inwiefern bei einer solchen Spielposition der Musiker das Gleichgewicht des schmalen und langen Bambusrohrs und das hinzugefügte, relativ schwere Tierhorn des Instruments kontrolliert, ist zunächst ungewiss. Ich hatte zwar die Gelegenheit einige wenige Dinke in den Musikinstru-mentensammlungen des Instituts für Äthiopische Studien (IES) und der Yared Musikhochschule der Universität Addis Abeba zu untersuchen, jedoch konnte ich keine weiteren Informationen über die Spielweise, –position und –technik erfahren. Meine Quellen beruhen lediglich auf den hier abgebildeten Fotos aus den Publikationen von Lemma (1975: 20), Braunkämpfer und Mishago (1999: 111). Auch über die oben als Ver-gleichsmaterial benutzten Quertrompeten aus Tansania und dem Sudan (Abb. 243–246) sind keine weiteren Einzelheiten über ihre Spielweisen bekannt. Daher bleiben viele Fragen offen. In seiner Untersuchung erwähnt zwar Powne (1968: 38 und 41) die Quer-trompete Dinke, doch seine Beschreibung beruht auch auf anderen Quel-len, die wiederum unvollständig sind. Aufgrund dessen können sowohl die Spielposition im Zusammenhang mit dem Anblasvorgang als auch die musikalisch technischen Aspekte nur durch eingehende Feldforschungen vor Ort geklärt werden. Verbreitungsgebiet: Im Vergleich zur Dinke kommt bei den Bodi aus dem südlichen Omo–Gebiet Äthiopiens die Trounotey genannte Quer-trompete vor, deren Gestalt mit der Dinke identisch ist. Auch die Trouno-tey wird aus den gleichen Materialien, Bambus und Tierhorn, gebaut. Der Unterschied zwischen beiden Trompeten liegt jedoch in den Spielpositio-nen. Der Trounotey–Spieler hält das Instrument horizontal rechts vom Körper (Abb. 248). Mit beiden Händen stützt er das Instrument an den für ihn geeigneten Stellen. Die Dinke ist in mehreren Orten Südäthiopiens anzutreffen. Als Beispiel seien die Welayitta390–, Kembatta391– und Hadiyya392–Gemeinschaften

390 Auch Wolaitta, Wolayitta, Ometa, Kulo, Dawla und Daura genannt. 391 Auch Kambaata genannt.

Abbildung 242 a: Dinke– Quertrompete; b) Sammlung:

Yared Musikhochschule, Addis Abeba, Foto: T. Teffera Oktober 2005, Addis Abeba

320

genannt, bei denen sie oft heute noch intensiv in Gebrauch ist. Die omo-tisch393 sprechenden Welayitta, deren Sprache ebenfalls Wolayitta bzw. Walayittato–Donna genannt wird, bewohnen die Gegend des Abaya–Sees in der ehemaligen Sidamo–Provinz in Südäthiopien etwa 360 km süd-wärts von der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba.

Abbildungen 243 a–c Abbildungen 244 a–c Abbildungen 245 a–c Abbildungen 246 a–b

a

a

a

b

b

b

c

c

c

a

b

Quertrompeten der Bari, Sudan; Inv.–Nrn. 012198 und 012200; Sammler: Pelz. H. und Reitz, H. (1881); Sammlung: VKM Wien; Fotos 243 – 245 a – c: T. Teffera 15.05.2006

Quertrompete aus Donde, Tansania; Inv.–Nr. 063918; Sammler: Bürger (1889)

Quertrompeten aus Bamus, Kalebasse und Horn, Tansania (Ankermann 1901: 46)

392 Auch Adiyya genannt. 393 Die omotische Sprachfamilie ist eine der fünf Sprachfamilien in Äthiopien. Der Beg-

riff ist denjenigen Volksgruppen zugeteilt, deren Siedlungsgebiet in unmittelbarer Nähe des so genannten Omo–Flusses im Südäthiopien liegt.

321

Abbildungen 247a-b: Spielposition auf der Dinke-Quertrompete (Bild: Engida,

Juni 2006), b) Ensemble von Trommel und Dinke- Quertrompeten auf einer

Begräbniszeremonie bei den Hadiyya (Braukämpfer und Mishago: 1999: 111)

In der Vergangenheit existierte auch das Welayitta–Königreich394, das in diesem Gebiet eine wichtige sozialpolitische und kulturelle Stellung be-saß. Die Volksgruppe setzt sich aus ungefähr 200 verschiedenen Klans zusammen, die sich in zwei Hauptgruppen, Malla und Dogala, unterglie-dern lassen. Ihren Lebensunterhalt bestreiten sie als sesshafte Ackerbau-ern. Die Hadiyya bewohnen die Region zwischen dem oberem Omo (Gi-be–Fluss) und den Ebenen des Zway–Sees. Ihr Siedlungsgebiet zählte früher zur Provinz Shewa und besaß den Status einer separaten Verwal-tungszone. Seit 1991 wurden jedoch die Hadiyya und viele andere Volks-gruppen Südäthiopiens nach ihrer ethnisch–geographischen und sprachli-chen Zuordnung in der administrativen Region Southern Nations, Natio‐nalities,  and People’s Region (SNNPR) zugeordnet. Diese neue Region ersetzt die ehemaligen Provinzen Illubabor, Sidamo, Keffa, und Shewa, wobei die ersten zwei Provinzen nur teilweise diesem Gebiet angehören. Die Kembatta sind die unmittelbaren südlichen Nachbarn der Hadiyya, die sprachliche und kulturelle Gemeinsamkeiten mit ihnen besitzen. Funktion, Genderbeziehung: Die Dinke–Trompeten werden bei allen hier untersuchten Volksgruppen nur von Männern geblasen. Frauen dür-fen Instrumente weder anfassen noch spielen. Obwohl uns keine verläss-lichen Quellen zur Verfügung stehen, ist zu vermuten, dass die Trompe-ten eher in Sätzen gespielt werden. Dies geht zumindest aus der Abbil-dung 247b hervor, in der drei Dinke–Spieler der Hadiyya zu sehen sind, die im Zusammenspiel mit einer Trommlergruppe ihre Musik ausführen. Das Dinke–Spiel findet hier ausschließlich zu Trauerzeremonien statt, die sowohl am Tag des Begräbnisses als auch an den nachfolgenden wichtigen Tagen von Mu-sikdarbietungen begleitet sind. Bei den Kembatta und Hadiya repräsentieren die besonders langen Dinke–Trompeten das männ-liche und die relativ kurzen das weibliche Geschlecht. Dies macht sich bei den Trauerfeierlichkeiten bemerkbar. Wenn ein männlicher Gemeinschaftsangehöriger stirbt, werden die großen und beim Tod einer weiblichen Person die kleinen Dinke–Trompeten gespielt (Powne 1968: 38). Während die Männer für das Instrumentenspiel verantwortlich sind, nehmen Frauen aktiv an Gesang und Tanz teil. Abbildung 249a zeigt eine trauernde Frauengruppe während einer traditionellen Begräbniszeremonie bei den Hadiyya. Gegenüber dieser Frauengruppe sitzt eine Männergruppe anscheinend mit Kesseltrommeln, hier sind vier solcher Trommeln zu beobachten, die offensichtlich mit jeweils einem Holzschlegel geschlagen werden. Im Vergleich dazu veranschaulicht die Abbildung 249b eine Gruppe trauernder

394 Die Welayitta–Königreiche existierten über mehrere Jahrhunderte, jedoch Ende des 19.

bis Anfang des 20. Jahrhunderts drang Kaiser Menelik II von Äthiopien in Welayitta ein und besiegte König Tona, den letzten König dieses Königreichs. Danach wurde die Be-völkerung zwangsweise ins orthodoxe Christentum konvertiert, so dass die traditionelle Religion allmählich nicht mehr praktiziert wurde. Einige Jahrzehnte später wurden die Welayitta erneut von protestantischen Missionaren aufgesucht, die das Evangelium pre-digten. Heute bekennt sich fast 80% dieser Volksgruppe zu evangelischen und protes-tantischen Christen, während etwa 15% sich zum orthodoxen Christentum und ein ge-ringer Teil den Islam praktiziert.

Abbildungen 247a

322

 Abbildung 248: Spielposition auf der

Trounotey–Quertrompete der Bodi, Foto: Bastien Langatta, 2005 Bodi

Männer und wahrscheinlich die gleiche Gruppe von Trommlern (Braukämpfer / Mishago: 1999: 110ff.). Besonders große Trauerfeiern finden oft beim Tod eines Dorfältesten, oder einer hochrangigen und wichtigen Persönlichkeit wie etwa Helden, erfolgreiche Jäger und Stam-mesführer der jeweiligen Gemeinschaft statt. Bei solchen Anlässen kann es vorkommen, dass je nach Wunsch die Anzahl der im Ensemble spielenden Musiker ansteigt. Die Dinke werden bei den Welayitta und Kembatta auch meistens zu Begräbniszeremonien bzw. zur Verkündung eines Todesfalls geblasen (Powne: ebd.).

Abbildung 249a: Frauengruppe, Begräbniszeremonie der Hadiyya

Abbildung 249b: männliche Musiker und

Trauernde; Begräbniszeremonie der Haddiya (Braukämpfer und Mishago: 1999: 110)

EBIGWALA –Ensemble (Basoga – Uganda) Name Klassifikation

Zusatz

Synonyme Form, Material Maße/cm Form/Anordnung

Ebigwala 423.122 L/D ohne Grifflöcher Amagwara Amagwala Eggwara

Etwa fünf bis acht Quertrompeten oder Quer-hörner aus Kalebassensegmenten und bisweilen aus Tierhörnern (Basoga – Uganda)

variabel konisch; Rohr aus mehreren Kalebassenseg-menten zusammengesetzt; Blaslöcher überwie-gend oval; jede Trompete hat eine eigene Bezeichnung

Ebigwala–Ensemble: Variante I

Angaben nach Cooke 1997: 34

1. Ndumurizi 2. Ndhesi 3. Ndhasasi 4. Empala 5. Enhamba bzw. Enyama Ebigwala–Ensemble: Variante II

Angaben aus Wachmann Tonsammlungen

1. Njasi 2. Ekkiriza 3. Ntoleire 4. Mpumi 5. Njazi 6. Nganyi 7. Onamudhoola

323

Abbildung 250: Ebigwala–Ensemble der Basoga; Nambote–Dorf, Bubago, Kreis Busiki,Fotos: Peter

Cooke 13.03.1994

Abbildung 251: Amagwala–Ensemble der Basoga (Kubik 1982: 85; Abb. 26)

211.251

Trommel einfellige Konustrommel (?) 211.261

Mugabe einfellige Bechertrommel Ergologie: Die Quertrompete Ebigwala bzw. Amagwara oder Eggwara (Abb. 250395) wird aus mehreren Kalebassen teleskopartig ineinander geschoben, eine Herstellungs-methode, die man in vielen ostafrikani-schen Kulturen begegnet, z.B. bei der Waza–Trompetenherstellung der Berta aus dem Sudan und Äthiopien. Als Ensemble-instrumente werden die Ebig-wala der Reihe nach in Sätzen gefertigt. Die schmalen Enden der Trompeten sollen nach Cooke (1997: 34) stets verschlossen sein. Deshalb werden eventuelle Öffnungen in den Kale-bassenspitzen mit Kautschuk versiegelt, die gleichzeitig zum Verkleben der einzelnen Rohrsegmente verwendet werden. Für eine zusätzliche Straffheit werden diese bisweilen fest miteinander zusammengenäht (Wachsmann/Trowell 1953: 34f.). Obgleich alle Ebigwala im Allgemeinen konisch verlaufen, weisen sie verschiedene Formen auf. Kubik (1982: 84) berichtet beispielsweise von Amagwala genannte acht Querhörner der Basoga, die in Abbildung 251 zu sehen sind. Diese sind überwiegend aus mehreren länglichen Kalebassenstücken zusammengesetzt. Nur bei dem Material des hoch gestimmten Horns, handelte es sich um ein Tierhorn. Ähnlich wie die Ebigwala besitzen auch die Amagwala–Hörner verschiedene Größen. Somit ist eventuell hier von dem gleichen Ensemble die Rede. Die Anzahl der in einem Ensemble gespielten Ebigwala kann von sich je nach gegebenem Anlass variieren. Im Folgenden werden die Namen ver-schiedener Ebigwala– bzw. Amagwala–Ensembles von dem hoch ge-stimmten Instrument in abwärts verlaufender Reihenfolge aufgelistet396:

395 Die Fotos in den Abbildungen 274 und 275 wurden mir von Peter Cooke am

26.01.2007 zur Verfügung gestellt. Sie entstanden während seiner Forschungsreise in Uganda im Jahre 1994; siehe auch Tonaufnahmen (CD) und Kommentar von Peter Cooke in: Village Ensembles of Busoga 1987–1994, Laurent Aubert (Hrsg.), Archives Internationales De Musique Populaire (AIMP L), VDE–CD 925, Switzerland1997.

396 Die hier benutzen Instrumentennamen werden auch teilweise für die Bezeichnung anderer Musikinstrumente der Basoga verwendet.

324

nach Cooke (1997: 33f.) nach Wachsmann397 nach Kubik (1982: 84) 1. Ndumurizi 1. Njasi 1. Endeka 2. Ndhesi 2. Ekkiriza 2. Endeterezi 3. Ndhasasi 3. Ntoleire 3. Endhikirizi 4. Empala 4. Mpumi 4. Nkoni 5. Enhamba bzw. Enyama 5. Njazi 5. Nzibiro 6. Nganyi 6. Nzibiro-Entono 7. Onamudhoola 7. Goma 8. Ntemi

Zum Ebigwala–Ensemble gehören nach Cooke (1997: 34) normalerweise vier Trommeln, darunter einfellige Konus– und Bechertrommeln. Auch Kubik (1982: 84) berichtet von zwei Trommeln, die für die Begleitung der Amagwala–Querhörner genutzt werden, darunter die hohe Becher-trommel Mugabe. Aus mehreren Kalebassensegmenten zusammengefügte Quertrompeten, sind auch bei den Banyoro und Batoro anzutreffen. Wachsmann und Trowell (1953: 34f.) schildern über die Beschaffenheit einiger untersuch-ter Quertrompeten dieser Volksgruppen:

“In Nyoro a piece of calabash slightly wider in diameter than that of the tube is sometimes sewn on to the gourd as the bell of the instrument; thin string is wound round the whole in wide spirals and cow’s skin, from which the fur has been removed, is fitted over the trumpet as the final cover. In Toro the trumpets are treated with butter, and this and frequent use have turned the colour of the skin a deep black.”

Im Unterschied zu den Methoden der Instrumentenherstellung der Banyo-ro und Batoro werden die Ebigwala der Basoga nicht mit Fell überzogen. Vor Beginn einer jeden Ensembleaufführung ist es üblich, die Innenseiten der Trompeten mit Wasser zu spülen, um eventuelle Risse an den Instru-mentenwänden zu verschließen und klarere Töne zu erzeugen. Die Zahl der Ebigwala–Ensembles der Basoga ist bereits seit mehreren Jahrzehnten zurückgegangen. Heute findet man nur in einigen Dörfern bzw. Gegenden solche Ensembleaufführungen (Cooke ebd.). Im Ver-gleich zu den Amakondere–Trompeten der benachbarten Baganda und ähnlichen Trompetenensembles der Banyoro– und Batoro–Königreiche, die ausschließlich im Bereich der königlichen Höfe gespielt werden durf-ten, wurden Ebigwala–Ensembles in Busoga den Regeln des Hofes nicht unterworfen. Einen solchen Trompetensatz konnte daher jeder durch-schnittliche Bürger besitzen (Cooke ebd.). Ebigwala–Ensembleaufführungen fanden zu großen Zeremonien statt, zu Begräbnis– und Hochzeitsfeierlichkeiten, zur Hausweihe oder zum Be-such einer wichtigen Person, etwa ein Stammes– oder Klanführer. Weite-re Verwendung fanden diese Ensembles im rituellen Bereich. Für diese Feierlichkeiten werden bisweilen die in den verschiedenen Busoga–Dörfern befindlichen traditionellen Musikgruppen auch gegen Bezahlung bestellt, ihre Musik dem jeweiligen Fest entsprechend vorzutragen. Bei

397 Siehe Tonaufnahmen und Notizen von K.P. Wachsmann, die in den British Library

National Sound Archives http://www.bl.uk/collections/sound-archive/cat.html unter der Sammlungsnummer C4, Aufnahmedatum 03.09.1954, Nr. 54.325 aufbewahrt und zu-gänglich sind.

Genderbeziehung

Verbreitungsgebiet

325

der Bezahlung handelt es sich oft um Geschenke in Form von Schafen oder Rindern. Heutzutage werden auch Hühner verschenkt (1997: 34). Nach Cooke (1997: 34) sind die Ebigwala–Trompeten pentatonisch ge-stimmt. Auf den Trompeten kann man eine oder maximal zwei Tonhöhen spielen. In dem von Kubik (1982: 84) vorgestellten Amagwala–Ensemble erzeugt jedes der acht Querhörner jeweils zwei Tonhöhen, wobei der zweite Ton durch Auf– und Abdecken der neben dem Blasloch liegenden Endöffnung ermöglicht wird. Dies ist bei den von Cooke untersuchten Quertrompeten nicht möglich, da hier die Öffnungen an den Kalebassen-spitzen absichtlich mit Kautschuk versiegelt werden. Daher kann ein zweiter Ton – wenn dieser tatsächlich erklingen sollte – wahrscheinlich nur durch Überblasen oder unterschiedlich starkes Anblasen zustande gebracht werden. Das Zusammenspiel einer entsprechenden Anzahl von Instrumentalisten ist in einem solchen Ensemble sehr wichtig, um die gewünschte melo-disch rhythmische Textur hervorzubringen. Daher wird in der Ebigwala–Ensembleaufführung das weit verbreitete Hocketverfahren genutzt, in dem jeder Musiker sein melodisch rhythmisches Fragment an der ent-sprechenden Stelle im Melodieverlauf einfügt. Die dabei entstehenden Melodien sind zugleich die Melodien der jeweils ausgeführten Gesänge. Über die erzeugten ein oder zwei Tonhöhen eines jeden Trompetenspieler schreibt Cooke (ebd.) folgendes: “He may also add his note as a harmonic equivalent of another pitch (usually two or three pitches away – thus producing occasional harmony in intervals approximate equivalent to European fourths or fifths. The result is a rich melodic–rhythmic texture”. In den von Peter Cooke 1994 aufgenommenen und mittlerweile auf CD398 veröffentlichten Tonbeispielen eines Ebigwala–Ensembles sind außer den fünf oben genannten Quertrompeten auch in Sätzen gespielte Trommeln zu hören. Die im Zusammenspiel gestalteten relativ kurzen Melodiephra-sen der Ebigwala basieren auf einem ostinaten Muster. Beide Musikstü-cke sind festmetrisch gestaltet. Der rhythmische Verlauf wird insbesonde-re von den Trommeln betont. Im ersten Stück Nr. 3 führt ein männlicher Teilnehmer einen Sologesang (überwiegend als Rezitation) auf, der in bestimmten Abständen von Frauentrillern begleitet wird. Im zweiten Stück spielen nur die Instrumente. Auch hier ist das ostinate Muster der Trompeten deutlich zu hören. In Notenbeispiel 65 wurde versucht, den aus dem Höreindruck gewonnenen melodisch und metrorhythmischen Verlauf der Trompeten sowie die Schlagmuster von zwei begleitenden Trommeln in Noten wiederzugeben. Das Stück, ein traditionelles Begrü-ßungsstück, ist in einem Zweiertakt, einem Marschtempo ähnelnd, aufge-baut und stellt nach Cooke (ebd.) eine Ausnahme des traditionellen Mu-sikrepertoires der Basoga dar.

398 Siehe Tonbeispiele Nr. 3 und 4 in Village Ensembles of Busoga 1987–1994, Laurent

Aubert (Hrsg.), Archives Internationales De Musique Populaire (AIMP L), VDE–CD 925, Switzerland1997

Stimmung und Mu-sikanalyse

326

Notenbeispiel 65: Extrakt eines Ebigwala–Ensemblestücks; Aufnahme: Peter Cooke: CD–Village Ensembles of Busoga 1987–1994, Nr. 4

Die Tonaufnahmen von Gerhard Kubik bei den Basoga fanden 1967/68 statt. Sie sind unter der Signatur B 12601 – 04 im Phonogrammarchiv Wien zugänglich. Weitere Tonaufnahmen von Emagwala–Ensemble-aufführungen der Basoga wurden von K.P. Wachsmann 1954 durchge-führt. Sie sind im British Library National Sound Archives unter der Sammlungsnummer C4 zugänglich (siehe u.a. Aufnahme Nr. 54.325).

HURA (Welayitta und Kembatta – Äthiopien) Name Nr. Klassifikation

Zusatz

Synonyme Form, Material Maße / cm Form / Anordnung

Hura 423.122 L/D ohne Grifflöcher Hoora Quertrompete aus Holz, Leder und

Stoffstreifen (Welayitta, Kembatta – Ähiopien)

L = 40–150 ø = 2,5–7

überwiegend zylindrisch; seitliches Anblasloch (oval, rund oder recht-eckig)

Die etwa 40–150 cm Länge in verschiedenen Dimensionen vorkommen-de Quertrompete Hura bzw. Hoora wird aus Holz gebaut (Abb. 252a–f). Der Durchmesser kann ungefähr zwischen 2,5 bis 7 cm an den Schallaus-trittslöchern besitzen. Das seitenständige ovale, runde oder rechteckige Blasloch befindet sich entweder in der Mitte des Rohrs oder unmittelbar neben dem oberen Rohrende, jedoch scheinen die Trompeten der zweiten Variante häufiger vorzukommen. Die meistens zylindrischen oder über-wiegend zylindrischen Röhren dieser Quertrompete werden verschieden-artig mit Ziegenfell oder Textilstreifen dekoriert. Besonders auffallend ist, dass die Röhren einiger Hura auch mit dem Fell von Ziegenbeinen einschließlich der Hufe entweder in regelmäßigen Abständen (Abb. 252c) oder an dem, zum Schallaustrittsloch führenden, unteren Ende (Abb. 252d und e) überzogen werden. Am oberen Rohrende besitzen die Hura eine kleine Öffnung, die beim Spiel für die Tonhöhenerweiterung ver-wendet werden kann. Alle hier veranschaulichten Hura gehören zu den Instrumentensammlun-gen des Institute of Ethiopian Studies und der Yared–Musikhochschule

Ergologie

327

Abbildung 253: Spielposition auf der

Hura (Bild: Engida Juni, 2006)

in Addis Abeba sowie des National Music Museum, University of South Dakota399. Verbreitungsgebiet: Die Hura kommt bei einigen süd-äthiopischen Volksgruppen vor, wie etwa bei den Welayitta, Kefficho und Kembatta. Hier werden sie hauptsächlich als Signalinstrument von Hirten benutzt, die durch bestimmte Blassignale miteinander kommunizieren. (Lemma 1975: 21). Spielweise: Beim Hura–Spiel (Abb. 253) hält der Musiker das Instrument schräg bzw. diagonal. Seine linke Hand positioniert er an der Rohröffnung, während seine rechte Hand die andere Rohrhälfte stützt. Durch Auf– und Abdecken der Rohröffnung mit der linken Hand erzeugt er alternierende Töne. Ob weitere Tönhöhen durch Überblastechnik hervorgerufen werden können, ist aufgrund der dürftigen Materiallage ungewiss.

399 Siehe auch http://www.usd.edu/smm/Africa/African.html#34

Abbildungen 252a–f: Hura–Trompeten aus Südäthiopien

a

b

c

d

e

f

a) Inv.–Nr.: (unbekannt) L = ca. 100; ø Schallaustrittsloch = ca. 5,5; L/B (Blasloch) = ca. 2,5 x 1,4; Sammlung: YMS, Addis Abeba b) Inv.–Nr. : 8593 ; L = ca. 90; ø (Schallaustrittsloch) = ca. 7 – 9; L/B (Blasloch) = ca. 2,5 x 1,4, Sammlung: IES–Museum c) Inv.–Nr. 8592 L = ca. 100; ø (Schallaustrittsloch) ca. 8– 9; L/B (Blasloch) = ca. 2 x 1,5, Sammlung: IES–Museum; Fotos: T. Teffera Oktober 2005 und Juli 2006 Addis Abeba

d–f) Inv.–Nr. 7269, L = 59,3 cm Sammlung: National Music Museum,

University of South Dakota (1925)

328

LIMBA, YUGE, MARE (Madi, Kakwa und Lugbara – Uganda) Name Klassifikation

Zusatz

Synonyme Form, Material Maße / cm Form/Anordnung

423.122 L/D ohne Grifflöcher

Quertrompeten aus einem Stück Holz

Limba

(Madi –Uganda) L = 60 ø = 20 Schallaustrittsloch ø = 4 Blasloch

leicht konisch; seitliches Blasloch (rund); Instrument in Menschengestalt geschnitzt

Yuge

(Kakwa –Uganda) L = ca. 138 ø = 23 Schallaustrittsloch ø = 4,1 Blasloch

überwiegend zylindrisch; seitliches Blasloch (rund), obere Rohrende in einer Phallusform geschnitzt

Mare (Lugbara –Uganda) L = ca. 128 ø = 32 Schallaustrittsloch ø = 4 Blasloch

zylindrisch; seitliches Blasloch (rund), kugel-förmiger Kürbis wird an der oberen Rohröff-nung hineingesteckt

Ergologie: Die Quertrompeten Limba, Yuge und Mare der Madi, der Kakwa und der Lugbara aus Uganda werden hier gemeinsam untersucht, weil sie Ähnlichkeiten in Material, Herstellungsweise und Spieltechnik aufweisen. Alle drei Instrumente werden aus einem massiven, ausgehöhl-ten Stück Holz gefertigt. Jeweils ein Exemplar dieser Quertrompeten (Abb. 253a–c, Abb. 254a–d und Abb 255) wurde im National Mmuseum of Uganda untersucht. Die wesentlich kleinere Limba hat eine Gesamt-länge von 60 cm und einen Durchmesser von etwa 20 cm am Schallaus-trittsloch (Wachsmann / Trowell 1953: 353). Die Quertrompete Limba: Die Limba stellt eine menschliche Figur400 dar. Ihr rundes Anblasloch (Abb. 254c) mit ungefähr 4 cm im Durchmes-ser befindet sich in der Mitte des Rohrs. Es repräsentiert einen Nabel (Wachsmann / Trowell ebd.). Die Quertrompete Yuge hat eine Gesamtlänge von 138 cm und einen Durchmesser von 23 cm am Schallaustrittsloch. Im Unterschied zur Lim-ba ist die Yuge in einer Phallusform geschnitzt (Abb. 255 b), die aller-dings bei Wachmann und Trowell als eine kurze Pyramide mit sechs Seiten beschrieben wird. Die Yuge besitzt ebenso ein rundes, im Durch-messer etwa 4,1 cm großes Anblasloch, das in der Rohrmitte gebohrt worden ist (Abb. 255c; Wachsmann / Trowell ebd.). Die Quertrompete Mare: Die dritte Quertrompete Mare (Abb. 256) hat eine Gesamtlänge von 128 cm und einen Durchmesser von 32 cm am Schallaustrittsloch. Ähnlich wie die ersten zwei Quertrompeten Limba und Yuge, wird die Mare zwar auch aus einem ausgehöhlten Stück Holz hergestellt, jedoch wird in das obere Ende des offenen Rohrs ein kugel-förmiger Kürbis hineingesteckt. Hier befindet sich auch das runde An-blasloch, dessen Durchmesser etwa 4 cm beträgt. Die Spielweise auf der Yuge, die ebenfalls für die Quertrompeten Limba und Mare zutrifft, wurde von dem Musiker Ludowi Serwanga demonst-riert (Abb. 255d). Er kippte das Instrument zunächst auf dessen linker Seite, ging gleichzeitig in die Hocke und platzierte das obere Ende der 400 Ähnliche Trompeten sind auch in weiteren Teilen Zentral– und Westafrikas zu finden

(Bebey 1969: 68).

Abbildungen 254a–c Sammlung: National Museum of Uganda, Fotos: T. Teffera

24.05.2005

329

Yuge auf seiner linken Knie. Wachsmann und Trowell (ebd.) beschreiben die Spielweise auf der Quertrompete der Mare:

„It is played side–blown with fully extended cheeks and the mouth pressed against the hole, while the open end of the trumpet is turned downwards or kept under the left arm.”

Die Kakwa spielen die Yuge, um die Gemeinde zum gemeinschaftlichen Tanz aufzurufen, aber auch als Begleitinstrument während der jeweiligen Musikaufführung. Gewöhnlich werden hier zwei unterschiedlich große Yuge eingesetzt. Die Funktion der Yuge in solchen Musikaufführungen besteht darin die rhythmischen Akzente der in Sätzen gespielten Trom-meln zusätzlich zu betonen (Wachsmann / Trowell ebd. 354).

NKAANGA, KANGA, LIKHAANGA (Banyoro, Batoro, Alur und Luhiya – Uganda) Name Nr. Klassifikation

Zusatz

Synonyme Form, Material Maße / cm Form/Anordnung 423.122

Quertrompeten aus Holztrögen, Flaschenkürbis, oder Tierhörnern

L/D ohne Grifflöcher

variabel

Nkaanga (Banyoro und Batoro – Uganda) Kanga (Alur – Uganda) Likaanga (Luhiya – Uganda)

es kommen entweder überwiegend koni-sche oder überwiegend zylindrische Röh-ren vor; bei den aus verschiedenen Mate-rialien zusammengefügten Trompeten sind beide Rohrformen feststellbar

a

b – c

d

Abbildungen 255a–c: Yuge–Quertrompete der Kakwa, 255d) Spiel-weise auf der Yuge; Sammlung: Nationalmuseum Uganda, Fotos: T. Teffera 24.05.2005

Abbildung 256 Wachsmann und Trowell 1953:

364, Tafel 83G

330

Bei den hier untersuchten Ensembleinstrumenten kann es sich um eine Quertrompete oder ein Querhorn handeln. Dies hängt nominell von dem für die Herstellung verwendeten Material ab. Selbst innerhalb eines En-sembles können Quertrompeten und Querhörner vorkommen. Deshalb ist eine klare Differenzierung dieser Instrumente nicht möglich und auch nicht sinnvoll. Die Nkaanga ist eine lange und schmale Kalebassentrompete, die im Zusammenspiel mit anderen Instrumenten (vermutlich Trommeln) in Sätzen gespielt wird. Die Kürbispflanze ausschließlich für die Herstel-lung der Nkaanga wurde von dem Omukuma, dem König, selbst ge-pflanzt. In früheren Zeiten gehörte sie zu den Hofmusikinstrumenten der Banyoro und Batoro aus Uganda (Wachsmann / Trowell 1953: 349). Die Kanga genannten Quertrompeten kommen dagegen bei den Alur aus Nordwestuganda vor. Hierbei handelt es sich um Instrumente, die aus zusammengepressten Halbröhren gefertigt und danach mit Fell überzogen und zugenäht werden. Ihre allgemeine Form und Dimension weist Ähn-lichkeiten mit den Agwara– und Amakondere–Trompeten der Alur sowie der Banyoro, Baganda und Bayankole Zentral– und Westugandas auf. Als respektierte Hofmusikinstrumente wurden die Kanga auch meistens innerhalb des Palastes aufbewahrt und nur zu besonderen zeremoniellen Anlässen herausgeholt (Wachsmann / Trowell 1953: 359). Nach Wachsmann und Trowell (ebd.) sind ähnliche Quertrompeten wie die Kanga auch bei den Acholi zu finden. Zu der besonderen Art der In-strumentendekoration bei den Acholi berichten sie folgendes:

“Decorations in Acholi often consist of a single row of corie–shells along the rim of the bell, and lines of cowrie–shells sewn on the bell, parallel to the axis of the tube, for about 20–30 cm. Leather thongs are plaited into the pirals of lizard skin which, as a rule, completely cover the Madi and Acholi instrument. Halfway down, the thongs form two loops for the dancer to hold with two fingers of the same hand which carries bow and arrows. The loose ends of these thongs carry tiny concussion bells without clapper which strike against each other and produce a tinkling sound.”

Heutzutage scheinen die Kanga nicht mehr in Gebrauch zu sein (Wachs-mann / Trowell 1953: 359). Eine Quertrompete der Luhiya aus Uganda, die in Kombination mit ei-nem zylindrischen Holzrohr und einem hinzugefügten Rinderhorn herge-stellt wird, begleitet traditionelle Gemeinschaftstänze. Des Weiteren fin-den wir bei den Logo aus dem nördlichen Gebiet der Demokratischen Republik Kongo die Kanga genannten, jedoch längs geblasene Kalebas-sentrompeten, die in Sätzen gespielt werden und jeweils einen eigenen Namen besitzen (Wachsmann / Trowell 1953: 349).

OMWOMBA, ENZOMBA (Kerebe u.a. – Tansania) Name Klassifikation

Zusatz

Synonyme Form, Material Maße / cm Form/Anordnung Omwomba 423.122 L/D ohne Grifflöcher

Quertrompete aus einem Stück ausgehöhltem Holz (Kerebe u.a. – Tansania)

ø = 4 – 6

Ergologie Verbreitungsgebiet

331

Die Quertrompete Omwomba wird laut Kubik (2001a: 85) aus einem ausgehöhltem Stück Holz gefertigt. Der Durchmesser beträgt etwa 4–6 cm. Das obere Ende des Rohrs ist geschlossen. Das Instrument ist bei den zentraltansanischen Kerebe anzutreffen, die die Omwomba überwiegend als Jagdinstrument benutzen. In diesem Gebiet kommen aber auch zahl-reiche Trompeteninstrumente vor, die auch als Jagdinstrumente genutzt werden, wie zum Beispiel das ebenfalls quer geblasene Enzomba, das aus einem Tierhorn hergestellt wird (Kubik: ebd.).

2.5.6. Querhörner In diesem Abschnitt werden zunächst die Querhörner untersucht, deren durchschnittliche Längen zwischen 20 und maximal 60 cm liegen. Sie werden aber auch wegen ihren physikalischen Ähnlichkeiten gemeinsam behandelt. Bei den Materialien handelt es sich zum größten Teil um Tier-hörner, und zwar hauptsächlich die verschiedener Antilopenarten, gefolgt von Ziegen–, und Rinderhörnern (Ankermann 1901: 42f; Wachsmann / Trowell 1953: 351). Ein charakteristisches Merkmal ihrer Form stellen die leichten Krümmungen und der überwiegend konische Rohrverlauf dar. Zudem seien die Anblaslöcher genannt, die sowohl kreisrund als auch elliptisch, rhombenförmig oder rechteckig sein können und die sich in der Regel nahe dem spitzen Ende des Horns entweder auf der konka-ven Krümmung nach innen oder auf der konvexen Seite befinden. Bei einem Teil der Instrumente ist das Anblasloch die einzige Bohrung. Da-her können Tonerweiterungen beim Spielen nur durch Auf– und Abde-cken der Schallöffnung mit der Handfläche der linken oder rechten Hand zustande gebracht werden. Wenn die Hörner jedoch an ihren Spitzen abgeschnitten worden sind, so sind die Möglichkeiten der Tonhöhenvari-ation vielfältiger. Somit kann der Spieler nach Bedarf sowohl diese Öff-nung als auch die Schallöffnung durch Auf– und Abdecken für die Er-zeugung weiterer Tonhöhen nutzen. Im Vergleich zu den Blasinstrumenten aus Tierhörnern, begegnen uns nur in einigen wenigen Fällen aus Holz, Elfenbein oder Kalebasse oder aus kombinierten Materialien, z.B. Holz/Kalebasse; Elfenbein/Tierhorn oder Tierhorn/Tierhorn gefertigte Querhörner. In einem weiteren Abschnitt werden die auffallend großen Querhörner berücksichtigt. Bei den hier verwendeten Materialien handelt es sich zwar auch überwiegend um Tierhörner, die bis zu 150 cm und länger sein kön-nen. Dazu gehören die sehr großen Querhörner aus Elefantenstoßzähnen und in einigen wenigen Fällen aus Metall, wie z.B. das Siwa genannte Querhorn aus dem ostafrikanischen Küstenstreifen. Eine weitere Unter-gruppe bilden auch hier die aus verschiedenen Materialien zusammenge-setzten riesigen Querhörner. Bei den Materialien kann es sich zum Bei-spiel um Elfenbein/Holz oder Horn bzw. Horn/Kalebasse handeln. Charakteristische Merkmale dieser Querhörner sind ihre mehrfach ge-schwungenen, s–förmigen sowie gebogenen bzw. gekrümmten Formen.

332

Tabelle 37: Ostafrika: Grifflochlose Querhörner

Name Klassifikation

Zusatz

Synonyme Form, Material Maße in cm Form/Anordnung

423.122.2 L/D

GRUPPE I

QUERHÖRNER: TIERHÖRNER (VER-SCHIEDENE ARTEN)

Querhörner aus Tierhörnern, z.B. Wasserbock–, Ziegen–, Rinder– und Antilopenhorn

gebogen und konisch, seitliche Anblaslöcher meistens oval, rund oder rechteckig

Angari (Berta/Äthiopien, Sudan)

L = ca. 35

Bulu Bulung

(Berta/Äthiopien und Sudan) L = 30 Antilopen– oder Ziegenhorn; bisweilen auch aus Holz

Borsher

(Nymang/Sudan) L = 30 – 43 ø = 6 – 7

vermutlich Antilopenhorn, kleine Öffnung an der Spitze

Diederi (Nymang/Sudan) L = 20 – 25 Obute (Acholi/Uganda) Engombe (Baganda/Uganda) L = ca. 40 Antilopenhorn (?) Enzomba (Kerebe/Tansania) Gaferi–Gurani (Maale/Äthiopien) L = ca. 30 Wasserbockhorn Ture–Angwa (Madi/Uganda) L = ca– 35 – 40 Guke (Lugbara/Uganda) L = ca. 30–35 Aluut (Karamojong/Uganda) L = ca– 35 – 40 Gees–Oogoodir (Somalia) Antilopenhorn Gunda (Wasamba/Nordtansania) L = 40; ø = 6 Antilopenhorn Tung (Lutoko/Sudan und Luo – Kenia)

L = 27 ; ø = 9

QUERHÖRNER: ELFENBEIN

Querhörner n.n.

Querhörner aus Elfenbein (verschiedene Gebiete)

L = 20 – 50 konisch; seitliches Blasloch (oval)

QUERHÖRNER: HOLZ, KALEBASSE, TIERHORN, ELFENBEIN

bisweilen Bambus

Adolo bzw. Adalo

Querhorn aus Antilopenhorn und Kürbis (Shilluk – Sudan)

gebogen, konisch; s–förmig bzw. mehrfach geschwungen

Muong Querhorn aus Antilopenhorn und Kürbis (Dinka – Sudan)

L (gesamt) = 90; L (Horn) = 56; ø (Horn)= 7 ø (Kürbis)= 15 ø (Schallöffnung) = 3,8

Horn: gebogen, konisch; Kür-bis: kugelförmig; seitliches Blasloch (oval)

Huldudwa Querhorn aus Tierhorn (vermutlich Rinderhorn) und Bambus (Gidole u.a. – Äthiopien)

L = 20 – 45 Bambus: zylindrisch; Horn: konisch; seitliches Blasloch (meist rechteckig)

333

GRUPPE II QUERHÖRNER: TIERHÖRNER, HOLZ,

KALEBASSEN, ELFENBEIN, ELEFAN-TENSTOßZÄHNE

verschiedene Querhörner aus Tier-horn; Elefantenstoßzahn, Kalebasse, Holz und Elfenbein

mehrfach geschwungen, s–förmig; gebogen; gekrümmt; konisch, seitliche Blaslöcher oval, rund oder rechteckig

Baragumu Querhörner aus Antilopenhorn (meist Kudu–Antilope) (Swahili – Kenia und Tansania)

ca. 65 – 70 konisch; seitenständiges Blasloch (meist oval)

Bangare (Azande und Shilluk – Sudan) Kadgur (Swahili – Kenia und Tansania) Emouo (Maasai – Kenia) Olukia (2 Typen) Horn (Osche und Rehbock) Lu-

hiya/Kenia L = ca. 64

Olukia Olwika Olwiga Shishiliva Kisiliva

Querhorn aus Tierhorn (Bukhayo und Luhiya – Kenia)

L = 64 – 70 L = ca. 70

entweder zwei zusammengefügte Hornsegmente, z.B. Rehbock und Rinderhorn oder ein mehrfach geschwungenes Horn; seitliches Balsloch

Querhörner n.n. (Sukuma und Shashi – Tansania) L = 78 – 98 Anblaslöcher konisch, oval oder rechteckig

Querhörner n.n. Querhorn der Kamba – Kenia L = 65,5; ø (Öffnung obere Ende) = 0,6 Schallöffnung = 6,5 x 4,8; Blasloch = 3 x 2

Horn mehrfach geschwungen; Anblaslöcher konisch, oval oder rechteckig

Querhorn der Madi – Uganda L = 66; ø (Öffnung obere Ende) = 0,6; Schall-öffnung = 7 x 5; Blasloch = 2,7 x 2

Horn mehrfach geschwungen; Anblaslöcher konisch, oval oder rechteckig

Querhorn der Bari – Sudan L = 61 ø (obere Öffnung Ende) = 0,4; Blasloch = 3 x 1,5

Horn mehrfach geschwungen; Anblaslöcher konisch, oval oder rechteckig

Tori Querhorn aus Tierhorn (Bari – Uganda und Sudan)

L = 61 – 70 ø = ca. 10 Blasloch = 3 x 1,5

s–förmig, konisch; seitliches Anblasloch oval; Rohrende mit Grasbearbeitung geschmückt

Zumbe Querhorn aus Antilopenhorn (Swahi-li/Tansania)

Siwa Querhorn aus Metall (Lamu, Swahili – Kenia und Tansania)

L = ca. 60 bis zu 230 gebogen, konisch; seitliches Anblasloch; Instrument mit ein-gravierten Mustern dekoriert

Querhorn Angari: Das Querhorn Angari der Berta aus Äthiopien und Sudan wird vermutlich aus einem Ziegen– und Antilopenhorn hergestellt. Ein bei den äthiopischen Berta untersuchtes Angari hatte zum Beispiel eine Gesamtlänge von ca. 35 cm. Das seitlich gebohrte Anblasloch hat eine ovale Form. Das Instrument wurde im Zusammenhang mit dem Wa-za–Trompetenensemble401 dieser Gemeinschaft untersucht. Hier fungiert das Querhorn als Rhythmusinstrument und wird periodisch in bestimmten zeitlichen Abständen des musikalischen Verlaufs geblasen. Es ist aller-dings nicht auszuschließen, dass es außerdem auch als Signalinstrument zur Vermittlung von Nachrichten unter anderem genutzt wird. Dieses Musikinstrument ist auch bei den im Sudan lebenden Berta in ähnlichen Ensembles zu beobachten.

401 Siehe auch Beschreibung des Waza–Ensembles der Berta aus Westäthiopien.

Abbildung 257: Foto: T. Teffera

13.02.2005, Nifro Gebeya

334

Querhorn Bulu: Das Querhorn Bulu der Berta aus dem Sudan und Äthi-opien sollte mit dem gleichnamigen Idiophon Bulu nicht verwechselt werden. Bei beiden Instrumenten handelt es sich zwar hauptsächlich um Tierhörner, meist Ziegenhörner, doch zum einen wird das Horn in dem Waza–Ensemble der Berta zum schlagen der Astgabel Pale aus Holz neben mehreren Asese–Rasseln als Rhythmusinstrument verwendet. Das Querhorn Bulu dagegen wurde nach meinen Beobachtungen bei den äthiopischen Berta in dem Bol–Tsitsim genannten Flöten-ensemble ge-blasen. Basierend auf seinen Feldforschungen bei den Berta aus dem Sudan listet Gottlieb402 ein Bulu–Querhorn, aller-dings hier ausnahms-weise aus Holz gefertigt, in dem Bulhu genannten Flötenensemble auf403. Nach Al–Daw (1985: 83) kommt das Bulu ferner auch in dem Waza–Ensemble der sudanesischen Berta vor, was allerdings bei dem von mir aufgenommenen Ensemble der Berta aus Westäthiopien nicht eingesetzt wurde. Ferner gibt es auch Bulu genannte Querhörner, die aus Antilopenhörnern hergestellt werden und im Gegensatz zu den oft aus Ziegenhörnern her-gestellten Bulu aus den oben genannten Flöten– und Trompetenen-sembles hauptsächlich als Signalinstrumente benutzt werden (Hojele / Assosa 2005). In dem Berta–Dorf Nifro Gebeya begegnete ich einem Jungen mit einem solchen Querhorn (Abb. 257)404. Querhörner Borsher und Diederi: Das aus Antilopenhorn angefertigte Querhorn Borsher405 der zentralsudanesischen Nymang hat eine durch-schnittliche Gesamtlänge von etwa 43 cm. Sein Durchmesser am weiten Ende des Horns beträgt 6 bis 7 cm. Die Hornspitze ist abgesägt. Bei den Nymang kommt auch ein Diederi genanntes Gazellenhorn vor, das eine Länge von etwa 30 cm aufweist (Omda 2005406). Mein Informant Omda (2005) demonstrierte das Spiel auf dem Querhorn Borsher (Abb. 258). Während des Spiels deckt er mit dem Daumen seiner rechten Hand die schmale Öffnung an der Hornspitze ab und auf. Sowohl Borsher– als auch Diederi–Hörner werden ausschließ-lich von den männlichen Angehörigen der Nymang–Gemeinschaft geblasen. Beide Querhörner werden hauptsächlich als Signalinstrumente genutzt. Durch ihren Klang werden Menschen z.B. zur gemeinsamen Feldarbeit wie etwa zum Dreschen zusammengerufen. Das Borsher erzeugt zwei bis maximal drei Töne, die durch Auf– und Abdecken der Öffnung an der Hornspitze und durch Überblasen ermög-licht werden (Omda 2005). Querhorn Obute: Ähnlich wie das Querhorn Borsher, dienen viele Hör-ner als Signalinstrumente unterschiedlichen Zwecken. Wachsmann und

402 Siehe LP und Kommentar in: Musik  of  the Blue Nile Province: The  Ingessana  and Berta Tribes: Sudan  II 1980; Signatur P–3317; Sammlung: Phonogramm–Archiv der Abteilung Musikethnologie des Museums für Völkerkunde Berlin.

403 Siehe ausführliche Beschreibungen der Bol–Tsitsim– und Bulhu–Ensembles der Berta aus Westäthiopien und Südsudan unter Punkt 2.3.3.

404 Feldforschung in Westäthiopien, Februar 2005. 405 Feldforschung in Zentralsudan bei den Nymang, April 2005 406 Gespräch mit Mahmud Omda in Kurmuti, Kordofan Region, Zentralsudan, April 2005.

Ein Diederi konnte mir Omda leider nicht zeigen.

Abbildung 258

Musiker: Mahmud Omda Foto: T. Teffera 13.04.200

Kumutti,Sudan

Abbildungen 259 a

Abbildungen 259 b

Sammlung: VKM Wien Foto: T. Teffera

15.06.2006, Wien

Abbildung 260 Wachsmann / Trowell 1953: 364, Tafel 83D

335

Trowell (1953: 353) nennen beispielsweise das Querhorn Obute der Acholi aus Uganda, das nur zu besonderen Anlässen als Alarm zum Ver-sammeln der Menschen erklingt. Dabei kann es sich entweder um den Tod einer wichtigen Person oder um einen bevorstehenden Krieg han-deln. Auch eine mögliche Gefahr durch wilde Tiere kann durch die A-larmsignale des Obute im Voraus verhindert werden. Im Völkerkunde-museum Wien wurde das in den Abbildungen 259a–b (Inv.–Nr. 010777, Sammler: Richard Buchta) dargestelltes Querhorn der Acholi untersucht, möglicherweise das Obute–Horn. Bei dem Material handelt es sich ver-mutlich um Ziegenhorn, das zur Hälfte mit Lederriemen bedeckt ist und die Hornspitze mit Metallringen umwickelt worden ist. Das Querhorn Engombe bzw. Ngombe der zentralugandischen Baganda wird aus einem Antilopenhorn gefertigt. Das Original des in Abbildung 260 veranschaulichten Engombe (siehe Wachsmann / Trowell 1953: 353 und 364) gehört zur Dauerausstellung des National Museum of Uganda in Kampala. Leider konnten jedoch keine brauchbaren Fotos erstellt werden, weil das Instrument im Schaufenster hängt und nicht herausgeholt werden durfte. Schätzungsweise könnte seine Gesamtlänge etwa 40 cm betragen. Das seitliche Anblasloch ist oval geschnitten und die Hornspitze hat eine kleine Öffnung. Somit ist ein Engombe–Spieler in der Lage durch Auf– und Abdecken dieser Tonhöhen zu variieren. Nach den Untersuchungen von Cooke (2001: 40) entsteht gewöhnlich ein Intervall von ungefähr einer kleinen Terz zwischen dem technischen Grundton und dem durch Abdecken der oberen Öffnung erzeugten Ton. Das Engombe dient bei den Baganda meistens rituellen Zeremonien. Hier wird es als Soloinstrument nur von dem Zauberdoktor geblasen (Wachs-mann / Trowell ebd.). Im Vergleich dazu werden auch mehrere Engombe im Zusammenhang mit Jagdzeremonien benutzt. Trotz der individuell sehr unterschiedlichen Herstellung dieser Querhörner, womit auch die zu erzeugenden Tonhöhen zusammenhängen, werden sie laut Cooke (2001:40) auf solchen Jagdritualen von mehreren Musikern zusammenge-spielt. Die dabei gespielten Tonhöhen und ihre jeweiligen Intervalle sind von großer Bedeutung für die gegenseitige Verständigung der Jäger. Der Hauptgrund hierfür liegt in der bugandischen Tonsprache. Cooke (ebd.) berichtet weiter:

“The Engombe are not tuned in relation to each other like the Amakondere or Amagwara trumpet sets. Because the hunters rely on horn–calls for coordinating the practical and ritual steps necessary for a successful hunt, the calls tend to follow in fixed sequences; in this sense the horns perform in consort and their sounds acquire ‘musical’ coherence” Auch das Enzomba genannte und vermutlich quer geblasene Tierhorn der tansanischen Kerebe407 ist laut Kubik (2001c: 85) ein Jagdhorn. Die Ke-rebe bewohnen das nordwesttansanische Gebiet und die Ukerewe ge-nannte Insel südlich von Viktoria–See. Sprachlich und kulturell sind sie mit den Haya und Zinza verwandt. Das Querhorn Gaferi–Gurani der in südäthiopischen Maale wird aus einem Wasserbockhorn gefertigt und besitzt laut Thubauvilles Untersu-chungen (2004: 105) eine Länge von etwa 30 cm. Die Hornspitze ist mit

407 Auch Ekikerebe und Kerebe genannt.

Querhörner

Enzomba und

Gaferi–Gurani

Querhorn Engombe

336

einer schmalen Öffnung versehen, die beim Spiel auf– und abgedeckt wird und so alternierende Töne erzeugt werden. Das Instrument wird vor allem für Tanzbegleitungen wie etwa zum Handalko–Tanz verwendet. Thubauvilles (ebd.) Erläuterungen zufolge werden offensichtlich mehrere solcher Hörner in den Tanzaufführungen geblasen. Sie schreibt dies:

“The players open and close the hole at the tip of the horn with their left forefinger and blow air into the larger hole (damit ist sicherlich seitliche Blasloch gemeint). …. people clap their hands in different rhythms, stamp with their feet on the floor and short sounds are blown in between by the Gaferi–Gurani.”

In diesem Zusammenhang seien auch die nach Wachsmann und Trowell (1953: 353) überwiegend für die Begleitung von Tänzen meistens von Männern und Knaben geblasenen Querhörner Ture–Angwa, Guke und Aluut genannt, die bei den Volksgruppen Madi, Lugbara und Karamo-jong aus Uganda vorkommen. Es handelt sich dabei um Tierhörner, die durchschnittlich 30–40 cm lang sind. Über die Beschaffenheit und die besonderen Eigenschaften dieser Querhörner machen Wachsmann und Trowell keine weiteren Angaben. Das Guke der Lugbara, vermutlich aus Rinderhorn, konnte ich im Nationalmuseum Uganda untersuchen408. Es ist ein kleines, maximal etwa 35 cm langes Querhorn, das eine auffallen-de Krümmung aufweist und außerdem zum Schallaustrittsloch hin zu-nehmend weiter wird. Die Hornspitze ist offen. Das seitliche Anblasloch hat einen rechteckigen Ausschnitt. Das Querhorn Gees–Oo–goodir: einiger Volksgruppen Südsomalias, wird aus dem Kudu–Antilopenhorn konstruiert und überwiegend von Kuhhirten im Süden Somalias gespielt (Johnson: 1980: 660; Wachsmann 1986: 857ff.). Im Gegensatz zu den nordsomalischen Gemeinschaften, wo Musikinstrumente eine eher sekundäre Rolle spielen409, werden bei den im Süden Somalias beheimateten Volksgruppen eine Reihe von Mu-sikinstrumenten für die Begleitung der traditionellen Gesänge und Tänze benutzt. Nach Johnson (ebd.: 661) wird das Querhorn gewöhnlich im Zusammenspiel mit der Schneckentrompete Buun–Oo–Caroog, der Holzklapper Shanbal und einem Paar gegeneinander schlagender Ha-ckenklingen, genannt Shagal–Oo–Biro gespielt. Gemeinsam mit diesen Instrumenten dient es überwiegend als Rhythmusinstrument. Querhorn Gunda: In einigen Swahili–Gebieten bezieht sich der Begriff Gunda auf ein Schnecken– oder Muschelhorn. Laut Allen (1982: 24) kann das Wort Gunda bisweilen auch Trommeln bezeichnen, die insbe-sondere bei den Mijikenda aus Kenia sowie in einigen Gebieten des tan-sanischen Küstenstreifens vorkommen. Vorwiegend steht jedoch Gunda für ein Querhorn, das gewöhnlich aus einem Antilopenhorn hergestellt 408 Das Instrument ist in einer Glasvitrine ausgestellt. Aufgrund des Gegenlichts konnte

auch hier keine gute Fotoaufnahme zustande kommen. 409 Die ohne Instrumentalbegleitung vorgetragene musikalische Dichtkunst hat vor allem

in Nordsomalia eine besondere Stellung. Die hier oft vorkommenden Musikinstrumente sind Trommeln, die nach Johnson (1980: 661) fast ausschließlich von weiblichen Mu-sikerinnen gespielt werden: „to accompany their serious genre, the Buraambur, which is recited principally at wedding and festivals. No instrumental accompaniment or hand–clapping was permitted with the male classical genres of Gabay, Jiifto and Geer-aar. Handclapping and an occasional drum, very often a simple petrol tin, are howe-ver, used to accompany the less serious and mixed–gender genres associated with So-mali dancing in this area.

Querhörner Ture–Angwa Guke Aluut

337

Abbildung 263: Querhorn der Lutoko, Sammlung/Foto: PRM

Abbildung 264 Sammlung: IES-Museum

Foto: T. Teffera 10.07.2006 Addis Abeba

wird und in Musikkulturen entlang der kenianisch tansanischen Küste in Gebrauch ist. Das hier beschriebene Gunda–Horn wurde bei den Wasamba auf Nord-tansania untersucht (Abb. 261), wo es hauptsächlich als Signalinstrument den Jägern dient, die heranwachsenden Getreidefelder vor unerwünschten Tieren zu bewachen. Die Gesamtlänge des Horns ist 40 cm mit einem Durchmesser von etwa 6 cm an der weiten Öffnung. Die Hornspitze hat keine Öffnung. Eine weitere Verwendung findet dieses Querhorn im Ensemble. Im Zu-sammenspiel mit Trommelsätzen wird es für die Begleitung der traditio-nellen Gesänge und Tänze der Wasamba nur von Männern geblasen (Jani 2005410). In der Regel erzeugt das Gunda nur einen Ton, jedoch werden durch besondere Überblastechnik Tonhöhenerweiterungen ermöglicht, die al-lerdings nicht mehr als 3 Töne übersteigen. Querhorn Tung: Ein quer geblasenes Horn wird bei den sudanesischen Anuak als Tung (Abb. 262, Inv.–Nr.: 1936.10.77; Sammler: Evans Prit-chard 1935) bezeichnet, während ein ähnliches Querhorn, vermutlich ein Rinderhorn, bei den Dinka als Tong bezeichnet wird (Al–Daw 1985: 83). Das Tung wird aus einem Antilopenhorn gefertigt und besitzt eine Länge von 27 cm mit einem Durchmesser von 0,9 cm am Schallaustrittsloch. Die Hornspitze ist offen. Das Instrument wird bei den Anuak sowohl als Jagd– und Signalinstrument als auch zur Unterhaltung von hochrangigen Personen geblasen411. Bei den Dinka dagegen erklingt das Tong auf traditionellen Kampf– bzw. Sportveranstaltungen, um die teilnehmenden Kandidaten anzuspornen (Al–Daw ebd.). Ein ebenfalls Tung genanntes Querhorn ist auch bei der Luo aus Kenia anzutreffen (Senoga–Sake 1981: 156). In derselben Sammlung wird auch ein ähnliches Querhorn aufbewahrt (Abb. 263, Inv.–Nr.: 1934.8.88, Sammler: Percy Horace Gordon und Powell–Cotton 1933), welches bei den benachbarten Lutoko vorkommt, doch sein lokaler Name ist unbekannt412. Das Instrument ist ebenfalls aus einem Antilopenhorn gefertigt und das Anblasloch befindet sich im Unterschied zu dem Tung der Anuak auf der konkaven Seite des Horns. Einige quer geblasene Antilopenhörner (Abb. 264), deren Längen zwischen 20 und 55 cm liegen, gehören zur Dauerausstellung des Institute of Ethiopian Studies der Universität Addis Abeba. Leider gibt es auch hier keine weiteren Informationen über ihre Herkunft und ihre möglichen musikalischen Funktionen. Als Ergebnis bisheriger Recherchen wurde das Vorkommen von El-fenbeinhörnern insbesondere in Uganda und dem Sudan festgestellt. Nach Wachsmann und Trowell (1953: 351f.) sind Elfenbeinhörner 410 Bila Jani, Angehöriger der Wasamba, war mein Gastgeber und Informant zugleich. 411 Siehe Detailbeschreibung unter http://southernsudan.prm.ox.ac.uk. 412 Ein weiteres fast 30 cm langes, quer geblasenes Tierhorn (vermutlich ein Wasserbock-

horn) der Baka aus dem Südsudan gehört auch zur Sammlung (siehe Pitt–Rivers Muse-um: http://southernsudan.prm.ox.ac.uk; Inv.–Nr. 1930.86.59; Sammler Evans Pritchard 1926–1930).

Abbildung 261 Foto: T. Teffera 16.06.2005

Vuga, Tansania

Abbildung 262: Querhorn Tung, Sammlung/Foto: PRM

338

überwiegend bei den in Westuganda beheimateten Volksgruppen zu fin-den, wo der Einfluss der Bantu aus dem zentralafrikanischen Kongo stär-ker zu sein scheint (Kubik 1982: 8). Unter den bantusprachigen Gemein-schaften Ugandas sind die Amba für ihre Querhörner bzw. –trompeten aus Elfenbein bekannt, die die Instrumente ganz oder teilweise unter an-derem mit Schlangen– oder Eidechsenfell bedecken und die Schallaus-trittlöcher mit Fransen bzw. Büscheln aus Tierhaar behängen. Weitere Ornamente sind bestickte Muschelstickereien. Für die Tonhöhenerweiterung werden die Hornspitzen oft durchstochen. Zusätzlich kann der Spieler auch durch Auf– und Abdecken der weiten Öffnung mit der Handfläche andere Töne erklingen lassen. Nach Wachsmann und Trowell (ebd.) werden solche Instrumente individuell unterschiedlich angefertigt und gewöhnlich für den solistischen Gebrauch vorgesehen. Sie erfüllen somit als Signalinstrumente unterschiedliche Zwecke, aber sie dienen auch der eigenen Unterhaltung. Der Besitz einer Trompete oder eines Horns aus Elfenbein galt und gilt vermutlich heute immer noch als Statussymbol in fast allen Gebieten Ostafrikas, wo diese Querhörner vorkommen. Mit Hilfe von Abbildungen veranschaulicht Ankermann413 (1901: 43; siehe Abb. 265a–h) einige der am häufigsten vorkommenden Formen von Elfenbeinhörnern vor allem aus der Demokratischen Republik Kongo, die für die vorliegende Arbeit sehr wichtig sind, um Gegenüberstellungen mit den hier untersuchten Instrumenten durchzuführen. Allerdings bemerkt Ankermann (ebd.), dass „deren Abweichungen voneinander im Wesentli-chen nur in der verschiedenartigen Gestaltung der Blasöffnung und ihrer Umrandung bestehen.“ Das Völkerkundemuseum Wien und das Pitt–Rivers–Museum bewahren kleine Elfenbeinhörner zwischen 26 und 42 cm auf, die bei den Azande aus dem Kongo sowie bei den Bongo und Idio aus dem Sudan zu finden sind (Inv.–Nrn.: 010893, 1886.1.522, 1938.34.87 und 1940.12.611, Sammler: Buchta, Richard 1880, John Petherick, Seligmann 1940 und Henry Balfour 1909, siehe auch Abb. 266–269). Aus der Museumsbe-schreibung geht hervor, dass solche Elfenbeinhörner bei den Azande aus Kongo ebenfalls als Statussymbol galten. Diese Instrumente verwendeten speziell die Azande oft als Militärinstrumente (Bebey 1969: 68). Eine weitere Gruppe von Querhörnern bilden aus mehr als zwei zusam-mengesetzten Teilen gefertigte Hörner. Dabei kann es entweder das glei-che Material, z.B. Kalebasse/Kalebasse oder es können verschiedene Materialien, z.B. Horn/Kalebasse sein. Abbildung 270 (Inv.–Nr: 063816; Sammler: Max Schoeller 1899) zeigt beispielsweise ein Querhorn der ugandischen Basoga aus der Sammlung des Völkerkundemuseums Wien. Das Rohr setzt sich vermutlich entwe-der aus Holz und Kalebasse oder aus zwei ineinander gesteckten Kale-bassen zusammen. Von der Hälfte an ist das Querhorn mit langhaarigem Tierhaar behängt. Das enge Ende des Rohrs hat eine kleine Öffnung.

413 Ankermanns Untersuchungen der afrikanischen Musikinstrumente basiert auf dem

großen Bestand des Berliner Völkerkundemuseums, wo laut Ankermann (1901: 1) etwa 440 Aerophone aufbewahrt sind.

Abbildungen 265a–h Ankermann 1901: 43

Abbildung 266 Querhorn der Idio, Sammlung: VKM Wien, Foto: T. Teffera

16.05.2006, Wien

Abbildung 267 Querhorn der Bongo, Sudan;

Sammlung/Foto: PRM, Oxford

339

339

Abbildung 268 Querhorn der Azande, Kongo

Abbildung 269: Querhorn der Azande oder Mangbetu, Kongo;

Sammlung / Fotos: PRM, Oxford

Abbildungen 270 Sammlung: VKM Wien; Foto: T.

Teffera 16.06.2006, Wien

Abbildung 271: Sammlung: VKM Berlin; Foto: T. Teffera 2006,

Berlin

Einige im Völkerkundemuseum Berlin beobachtete Querhörner414 (Abb. 271) sind entweder aus zwei zusammengefügten Kalebassen– (oben im Bild) oder aus zwei verschieden großen Hornsegmenten (unten im Bild) gefertigt. Alle Instrumente sind vor allem an den Verbindungsstellen beider Teile mit Fell überzogen, während zwei der Kalebassenhörner zusätzlich mit Muscheln bestickt sind. Querhorn Adolo: Das Adolo bzw. Adalo genannte Querhorn wird vermutlich aus verschiedenen Arten von Antilopenhörnern gefertigt. Bei dem von Kebede (1982: 74) abgebildeten Fotos eines Adolo-Spielers, handelt es sich um ein s–förmiges Antilopenhorn, an dessen Ende eine große Schallstürze aus einem halbkugelförmigen Kürbis hinzugefügt worden ist. Querhorn Muong: Ein vergleichbares Querhorn, genannt Muong, bewahrt das Pitt–Rivers Museum in Oxford auf. Ebenso wie das Adolo ist das Muong aus Antilopenhorn hergestellt, das mit einem kugelförmigen Kürbis zusammengefügt ist (Abb. 272a). Für die Befestigung beider Teile wurden laut Sparks (2005415) zunächst jeweils sieben kleine Löcher um die Windungskanten herum gebohrt und anschließend mit gedrehten Pflanzenfasern zusammengenäht. Die Verbindungsstelle wurde zusätzlich mit einer dicken Schicht Kuhmist versiegelt (Abb. 272b, Inv.–Nr.: 1979.20.85, Sammler: Patti Langton 1979). In den kugelförmigen Kürbis ist ein Schallaustrittsloch gebohrt, das einen etwa 3,8 cm starken Durchmesser hat. Das seitliche ovale Anblasloch ist 1,8 lang und 1,6 cm breit. Das Muong kommt bei den Dinka aus dem Südsudan vor, die in der Region Bahr–El–Ghazal das Obernilgebiet sowie die südliche Kor-dofan–Region bewohnen. Sie nutzen das Muong als Signalinstrument bei der Jagd und zu Initiationszeremonien. Laut Al–Daw (Al–Daw 1985: 83) begleitet das Adolo die traditionellen Gesänge der Shuluk aus Sudan, die ebenfalls im südlichen Sudan nahe der Stadt Malakal leben, ein sich in südliche Richtung bis zum Nil erstreckendes Gebiet. Sie leben vor allem von der Fischerei aber auch von Ackerbau und Rinderzucht. Das Querhorn Huldudwa der südäthiopischen Gidole besteht aus zwei verschiedenen Materialien, und zwar aus einem zylindrischen Bambusröhrchen, dessen Ende in ein weit ausladendes Tierhorn, meistens ein Rinderhorn, gesteckt wird. In einigen wenigen Fällen wird anstelle des Tierhorns die Schallstürze aus einer meist kessel-förmigen Kalebasse hergestellt. Das gewöhnlich rechteckig ausge-schnittene Anblasloch befindet sich stets direkt neben dem Endnodi-

414 Da diese Instrumente aus den Glasvitrinen nicht herausgeholt werden dürften, konnten

sie nur so, wie sie im Schrank hängen, fotografiert werden. Aufgrund der sehr ungüns-tigen Arbeitssituation im Berliner Völkerkundemuseum, die eine reibungslose Durch-führung der Bestandaufnahme erheblich erschwerten, konnten auch keine akkuraten Daten der hier fotografierten Gruppe von Querhörnern (und anderen Musikinstrumen-ten) erfasst werden.

415 Siehe Detailbeschreibung unter http://southernsudan.prm.ox.ac.uk: Rahel Sparks; Pitt–Rivers–Museum; 25. September, 2006.

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um des Bambusrohrs. Das Querhorn Huldudwa findet man in einigen Musikkulturen Südäthiopiens. Darunter werden beispielsweise die Gido-le, die Gurage und die Kembatta mit dem Gebrauch dieses Querhorns in Verbindung gebracht, die es hauptsächlich zu Begräbniszeremonien und zum Bekanntgeben eines Todesfalls blasen (vgl. Lemma 1975: 23). Eine Reihe solcher Querhörner, deren Gesamtlängen ungefähr zwischen 20 und 40 cm liegen, wurden in den Musikinstrumentensammlungen der Yared Musikhochschule und des Institute of Ethiopian Studies der Uni-versität Addis Abeba untersucht. Einige ausgewählte Exemplare aus der Sammlung des IES werden in den Abbildungen 273a–c (Inv.-Nrn: IES–2659, 2258 und 2764, Sammler: Agrarministerium 1964) gezeigt. Mehrfach geschwungene Querhörner: Das in Kenia und Tansania bekannte Querhorn Baragumu (Abb. 274a–b, Inv.–Nr.: NMM 4994) wird gewöhnlich aus dem Horn einer Kudu–Antilope hergestellt. Im Zusam-menhang mit Tansania nennt Allen (1982: 24) die Querhörner Mbiyu, Zumbe und Gunda, die auch aus Tierhörnern gefertigt werden und vermu-tet, dass die Namen dieser Hörner sich nicht auf den Instrumententyp, sondern vielmehr auf die musikalische Funktion beziehen, die sie in dem jeweiligen Moment bzw. zu dem jeweiligen Anlass zu erfüllen haben.

a

b

Abbildungen 274a–b: Baragumu–Querhorn; Sammlung: National Music Museum; University of South Dakota [vor dem 2. Weltkrieg von einem Engländer

gesammelt] Ähnliche Querhörner kommen in vielen Kulturen Ostafrikas vor. Bei-spielsweise seien die Kangdur– und Bangare–Querhörner der Shilluk und Azande aus dem Südsudan genannt, die auch oft aus Antilopenhörnern gebaut werden. Das Baragumu wird von Männern meistens im zeremoniellen Zusam-menhang gespielt. In einigen Kulturen Kenias und Tansanias besitzt es sowohl musikalische als auch außermusikalische Funktionen (Abb. 275). Geschichte: In der Vergangenheit wurde das Baragumu als Musikin-strument tansanischer Königshäuser benutzt. Neben den in Sätzen gebla-senen Trompeten und Hörnern erklang auch das Baragumu unter ande-rem bei der Ankunft oder dem Abschied wichtiger Persönlichkeiten (Kö-nige, Stammesführer oder Staatsoberhäupter). Dietz und Olatunji (1965: 68) berichten von einem königlichen Besuch von Prinzessin Margaret aus Großbritannien 1956 in Tansania, deren Ankunft mit dem zeremoniellen Willkommensgruß auf dem Baragumu zum Ausdruck gebracht wurde. Nach Allen (1982: 24) hatte dieses Querhorn früher speziell die Funktion eines Signalinstruments und wurde in Kriegen benutzt. Es diente aber auch zum Verkünden des Aufbruchs der Handelskarawane und zum Ver-sammeln von Menschen. Fischer aus Sansibar und anderen Orten ver-wendeten das Baragumu, um Kundschaft anzulocken.

a

b

Abbildungen 272a–b: Sammlung/Foto:PRM, Oxford

a

b

c

Abbildungen 273a–c

341

a

b Abbildung 276a–b

Fotos: Britta Kollberg, Juli 2005, Kenia

Abbildung 275 Bild: Samuel Baheru, Januar, 2007

Das National Museum, University of South Dakota416 bewahrt ein Exemplar des Baragumu, das ebenfalls aus dem Horn einer Kudu–Antilope hergestellt ist und eine Länge von ungefähr 48 cm hat. Aus der Instrumentenbeschreibung des Museums geht folgendes hervor:

“Hunting horn Baragumu, from Kenya or Tanzania, ca. 1925. Side–blown horn made from the twisted horn of the kudu antelope, with a carved, integral embouchure at the narrow end played by antelope hunters during the ritual held before their departure on the next hunt.” Das gewöhnlich aus Rinder– oder Büffelhorn gebaute Querhorn Mbiyu aus Tansania wird auch überwiegend für die Signal-gebung eingesetzt. Allen (ebd.) beschreibt seine Funktion so:

„Wenn die Stadtausrufer für ihre Nachrichten Aufmerksamkeit erwecken wollen, benutzen sie ein mbiyu genanntes Horn. Diese Aufga-be des Instruments illustriert das Kiswahili–Sprichwort „Mbiyu ya magambo akilia ina jambo“ (Wenn das Horn zur Allgemeinen Ver-sammlung ruft, dann ist etwas los).“ Auch die Querhörner Bagare und Kangdur der südsudanesischen Shilluk und Azande dienen vermutlich als Signalinstrumente zum Versammeln der Jäger (Al–Daw 1985: 83). Querhorn Emouo: Ein weiteres Signalinstrument aus dem Horn einer Kudu–Antilope kommt bei den kenianischen Maasai vor, die es Emouo nennen (Abb. 276a–b). Durch das Blasen des Instruments werden die Krieger aufgerufen, sich kampfbereit zu machen. Das Instrument wird außerdem zu großen Festen geblasen, um die Gemeinschaft zusammen zu rufen, und zum Anführen der rituellen Tänze. Interessant ist insbesondere, dass dieses Querhorn neben ein paar wenigen Fußreihenrasseln aus Hornspitzen das einzige Musikinstrument der Maasai überhaupt darstellt417. In Zentral– und Nordostuganda sowie in einigen Regionen Westkenias begegnen uns ungewöhnliche Methoden des Instrumentenbaus. Hier fin-den wir Querhörner, die aus zwei verschiedenen, dennoch passenden Hörnern konstruiert werden. Solche Querhörner tauchen bei den Luhiya, den Karamojong, den Teso und den Iteso in Nordostuganda und in West-kenia auf. In seiner Untersuchung über das Querhorn Oluika berichtet Hyslop (1975: 35), dass ein derartig seltsamer Instrumentenbau deshalb zustande kommt, weil dem Instrumentenmacher möglicherweise kein passendes Einzelstück mit der gewünschten Größe und Form zur Verfü-gung steht. Daher wurden zwei passende Hornsegmente zusammenge-

416 Siehe http://www.usd.edu/smm/Africa/4994/KenyanHorn.html 417 Information von Gisa Jähnichen, Gespräch am 12. Februar 2007, siehe auch Lemaso-

lai–Lekuton, Joseph: „Facing the Lion: Growing Up Maasai on the African Savanna“; Documentary, ed. by The National Geographic, New York 2006.

Olukia aus Bukhayo, Variante I:

342

Abbildung 277: Olukia–Querhorn aus Buhayo, (Hyslop 1975: 36)

fügt, die die Erwartungen beim Spielen des Instruments entsprechend erfüllen können. Im Folgenden werden das Querhorn Arupepe und zwei verschiedene Horntypen des Oluika, auch Olwika, Olwiga, Shishiliva und Kisiliva genannt, beschrieben. Mit dem Begriff Arupepe ist auch eine grifflochlose Quertrompete gemeint, wobei es sich bei den zwei Olukia lediglich um Querhörner handelt, die Abweichungen in ihren Kon-struktionen und Formen aufweisen. Die erste Variante des Olukia hat auffallende Gemeinsam-keiten mit dem Arupepe. Bei beiden Querhörnern bestehen

jeweils die oberen und schmaleren Hälften der Röhren aus Rinderhorn und die unteren, konisch verlaufenden Hälften der Röhren aus den Ikuhu-lu– und Epoli–Hörnern, Namen, die sich aus der Lokalsprache für eine Unterfamilie der Böcke ableiten. Die zwei Hornhälften werden anschlie-ßend zusammengefügt. Die fertige Luftsäule des Olukia wird an der Ver-bindungsstelle mit Kuhhaut bedeckt, während für das Arupepe–Rohr laut Senoga–Zake eine Rinderblase als Bedeckung und gleichzeitiger Dekora-tion verwendet wird (1981: 157). Bei der Länge und Form der Luftsäulen beider Querhörner, kommen sehr wenige und unwesentliche Abweichungen vor, die auf Typ, Form und Dimension der zur Verfügung stehenden Materialien zurückzuführen sind. Die Gesamtlänge beider Querhörner beträgt im Durchschnitt zwi-schen 60 und 65 cm, die offenen Schallaustrittslöcher sind ca. 6 bis 9 cm im Durchmesser und die seitenständigen Anblaslöcher liegen etwa zwi-schen 3,5 und 5 cm. In der Regel produziert das Olukia laut Hyslop (1975: 36) zwei Tonhö-hen, etwa a und h (unter dem c’), jedoch erklingt beim Überblasen eine undeutliche Septime über dem Ton a, also der Ton g’. Das Arupepe da-gegen erzeugt drei Tonhöhen, beispielsweise f, g und a (ebenfalls unter dem Ton c’), wobei ein Überblasen den Ton g’, d.h., eine None über dem Grundton f hinzufügt (Notenbeispiel 66). Bei der rein optischen Betrach-tung des Anblasens scheinen die Spieler solcher Querhörner kaum Atem-pausen vorzunehmen. Hyslop (ebd.) vermutet, dass die Überblastöne, also bei dem Olukia der Septimton g’ und bei dem Arupepe die Oberse-kunde, höchstwahrscheinlich in solchen Augenblicken zustande kommen, wenn der Spieler nach einem erneuten Atemzug, wieder kräftig in die Luftsäule hinein bläst.

Notenbeispiel 66: erzeugte Tonhöhen auf dem Olukia–Querhorn nach Hyslop (1975: 36)

Das Hornspielen wird in zahlreichen Regionen Afrikas von Generation zu Generation mündlich tradiert. Dadurch ist die einwandfreie Beherrschung des Olukia ohne eine langjährige Erfahrung undenkbar, denn es handelt sich hierbei nicht nur um die Art des Anblasens an sich, sondern um das

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Begreifen und Meistern der Atemtechnik. Der Anblasvorgang erfordert große Kraft und Anstrengung. Die Wangen des Spielers sind dabei sehr aufgebläht (Abb. 277). Die zweite Variante des Querhorns Olukia taucht am Ort Elgon in der Tachoni–Region Westkenias auf (Abb. 278). Im Unterschied zu dem Olikua aus Bukhayo oder der Arupepe, ist das Instrument nur aus einem einzigen s–förmigen Horn hergestellt, das in der Lokalsprache Semberere genannt wird. Das Anblasloch befindet sich unweit der Spitze, was auch in der ersten Variante des Olukia aber auch an vielen Querhörnern Ostaf-rikas feststellbar ist. Nach Hyslop (1975: 35) erzeugt das zweite Olukia gewöhnlich einen mehr oder weniger brummenden und ziemlich lang anhaltenden Ton e’ über dem c’ beim Begleiten von Gesängen (Noten-beispiel 67). Abbildung 278: Olukia–Querhorn aus Tachoni (Bild: Engida, Juni 2006)

Notenbeispiel 67: Olukia–Querhorn Variante II nach Hyslop 1975: 35

Sowohl die zwei Olikua–Hörner als auch das Arupepe begleiten oft solis-tische Gesänge, in denen mitunter auch Rezitationen vorkommen. Bei dem Olukia allerdings werden als zusätzliche Begleitinstrumente Fußschellen eingesetzt, die der Musiker an seine Beine bindet und rhyth-misch erklingen lässt. Es bestehen allerdings kleine und große Unter-schiede in der Auswahl des Gesangsrepertoires, da diese Quertrompeten in vielen Musikkulturen verwendet werden. Auch die metrorhythmischen Strukturen der Instrumentalbegleitungen variieren von Ort zu Ort.

Querhörner der Sukuma und Shashi: Mehrfach geschwungene Quer-hörner sind auch in weiteren Kulturen Tansanias bekannt (Abb. 279a–c, Inv.–Nrn.: 040817, 070038, 070039 und 060741; Sammler: Oskar Baumann 1891, H. Köther 1902 und Paul Kohlmann 1897). Im Völker-kundemuseum in Wien befindet sich eine Reihe solcher Instrumente, die

Abbildungen 279a–c Sammlung: VKM Wien;

Fotos: T. Teffera 17.05.2006, Wien

Olukia–Querhorn Variante II

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unter anderem bei den Sukuma und den Shashi anzutreffen sind. Jedes einzelne Horn besitzt seine eigene Dimension und seine natürliche Form. So beträgt die durchschnittliche Länge etwa 78–97 cm. Die seitlichen Anblaslöcher sind entweder oval oder rechteckig. Einige der Instrumente scheinen aus mehreren Segmenten zusammengefügt worden zu sein. Ihre Verbindungsstellen sind mit Leder überzogen. Ein Teil der Querhörner der Shashi könnten möglicherweise aus mehre-ren Hornsegmenten zusammengefügt oder auch nur aus einem einzigen Stück Horn gefertigt worden sein. Allerdings kann man äußerlich nichts erkennen, da die Instrumente teilweise mit Leder überzogen worden sind (siehe Abb. 280a–d, Inv.–Nrn: 049448 und 049449; Sammler: Oskar Baumann 1893).

Querhörner der Kamba, Madi und Bari: Weitere im Völkerkundemuse-um Wiens untersuchte Querhörner kommen unter anderem bei den Kam-ba (Abb. 281a–b, Inv.–Nr: 068016; Sammler: G. Säuberlich 1901) und den Madi (Abb. 282a–b, Inv.–Nr: 012986; Sammler: Marno Ernst 1881; Sammlung: VKM, Wien) in Kenia und Uganda vor. Ihre Längen liegen zwischen 61 und 66 cm und ihre Durchmesser betra-gen etwa 4,8 bis 7 cm an den Schallaustrittslöchern. Bei einigen dieser Instrumente ist zu vermuten, dass sie aus zwei oder drei Hornsegmenten gleicher oder unterschiedlicher Art zusammengefügt worden sind. In solchen Fällen kommt es oft vor, das ihre Verbindungs-stellen mit Leder umwickelt werden, um zum einen mögliche Öffnungen zu schließen und zum anderen aus ästhetischen Gründen die Bruchstelle unkenntlich zu machen. Die seitlich gebohrten Anblaslöcher haben ent-weder eine ovale oder eine rechteckige Form.

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b

Abbildungen 281a– b: Querhhorn der Kamba aus Kenia; Sammlung: VKM Wien; Foto: T.

Teffera, 17.05.2006, Wien

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Abbildungen 282a–b: Querhhorn der Madi, Uganda und Sudan; Sammlung: VKM Wien;

Abbildungen 280a–d Fotos: T. Teffera, 17.05.2006, Wien

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Querhorn Tori: Das Querhorn Tori der Bari Nordugandas (Abb. 283), welches eine s–förmige Form hat, wird laut Wachsmann und Trowell (1953: 352 und 364) mit einem aufwendigen Flechtwerk aus Gras am Rohrende dekoriert. Ein vergleichbares Querhorn wurde im Völkerkun-demuseum Wien untersucht (Abb. 284a, Inv.–Nr: 010854; Sammler: Richard Buchta 1880; Sammlung VKM, Wien). Das Instrument stammt von der Bari, die auch im Südsudan leben und eine ethnische Einheit mit den in ugandischen Bari bilden. Ähnlich wie das Tori hat das Museums-stück ebenfalls eine s–förmige Gestalt. Von der Rohrspitze an bis zu einer Länge von etwa 14,5 cm sowie von der Mitte bis zum anderen Ende ist das Rohr mit Fell überzogen. Das Rohrende ist ringsherum dekorativ mit Bastmaterial umflochten (Abb. 284c). Außerdem ist zu vermuten, dass das Rohr möglicherweise aus zwei zueinander passenden Hornseg-menten besteht, die zusammengefügt und anschließend mit Fell überzo-gen wurden (Abb. 284d). Die Gesamtlänge beträgt 61 cm und der Durchmesser ungefähr 10 cm am weiten Ende. Das ovale Anblasloch weist eine Länge von 3 cm und eine Breite von 1,5 cm auf. Das quer geblasene Horn Zumbe ist meistens von einer Kudu– oder Elen-antilope (Taurotragus Oryx418), wird jedoch bisweilen auch aus dem Horn einer Pferdeantilope (Hippotragus Equinus419) hergestellt. Es gibt auch Hörner einer Pferdeantilope, die gewöhnlich eine sechseckige Form

418 Die Elenantilope, die auch unter dem Namen Eland bekannt ist, ist eine afrikanische

Antilope aus der Gruppe der Waldböcke. Die Hörner einer Elenantilope sind eng ge-dreht und gerade (siehe auch http://de.wikipedia.org/wiki/Elenantilope).

419 Die der Gruppe der Pferdeböcke zugeordnete Pferdeantilope zählt mit einem Gewicht von ungefähr 270 kg und einer Schulterhöhe von 1,40 m neben der Elenantilope sie zu den größten Antilopen. Die Hörner sind stark geringelt, halbkreisförmig und nach hin-ten geschwungen. Diese charakteristischen Merkmale gelten für beide Geschlechter (http://de.wikipedia.org/wiki/Pferdeantilope).

Abbildung 283 (Wachsmann/ Trowell 1953: 364; Tafel 83c)

Abbildung 284a

Sammlung: VKM Wien; Fotos: T. Teffera, 17.05.2006, Wien

Abbildung 284b

Abbildung 284c

Abbildung 284d

Querhorn Zumbe

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aufweisen. Ferner wird es an der weiten Stelle, der Spitze und am Mund-stück mit einem Silberbeschlag dekoriert (Allen 1982: 24). An den ehemaligen Herrscherhöfen Ostafrikas wurden Trompeteninstru-mente, vor allem quer geblasene Hörner, mitunter auch aus Elefanten-stoßzähnen, Metall und Holz in unterschiedlicher Art und Weise und in unterschiedlichen Größen hergestellt420. Im Vergleich zu zahlreichen Musiktraditionen West– und Zentralafrikas, wo Instrumente aus Elfenbeinhörnern oft auch heute noch intensiv als Ensembleinstrumente421 genutzt werden, ist ihr Gebrauch in Ostafrika gegenwärtig nicht mehr zu beobachten. Für die Verwendung von großen Blasinstrumenten aus Elfenbein sind zum Beispiel die in Zentral– und Ostafrika lebenden Azande–Gruppen422 bekannt. Auch Gansemans (1986: 150) bestätigt das Vorkommen von quer geblasenen Elfenbeinhörnern, die eine Länge von bis zu 165 cm aufweisen, sowohl in der Volksrepu-blik Kongo und in der Zentralafrikanischen Republik als auch in Nordan-gola. Ihre oft näher an der Spitze gebohrten Anblaslöcher besitzen Ähn-lichkeiten mit dem von Ankermann in Abbildung 265a–h dargelegten Blasinstrumenten aus Elfenbein. Diese verschiedenartig bearbeiteten Blasöffnungen befinden sich in den meisten Fällen an der Innenseite der Krümmung des Elefantenstoßzahns. Das an den ehemaligen Herrscherhöfen der Swahili als Insignieninstru-ment wohlbekannte, riesige Querhorn Siwa wurde sowohl aus Elefanten-stoßzähnen als auch aus Bronze, möglicherweise auch Kupfer sowie aus massivem Holz konstruiert. Die Instrumente werden entweder aus einem einzigen Stück Holz oder Elfenbein ausgehöhlt oder sie bestehen aus mehreren Rohrsegmenten, z.B. einem zentralen Zylinder und einem Schallstück, die anschließend miteinander verriegelt werden konnten (Allen 1982: 90–93). Die Siwa–Hörner gehören zweifellos zu den historischen Kulturgütern der Swahili–Gemeinschaften Ostafrikas, die nicht nur von ihrer damali-gen Funktion als symboltragende Instrumente, sondern auch von ihrer

420 Die Jahrzehnte lange Tötung von zahlreichen Elefanten für den Handel hat dazu ge-

führt, dass mittlerweile vor allem für die Stoßzähne des Afrikanischen Elefanten ein internationales Handelsverbot beschlossen wurde (CITES–Konferenz 1989). Daher kann man heute davon ausgehen, dass die Herstellung von Musikinstrumenten aus die-sen Materialien in den letzten Jahrzehnten deutlich zurückgegangen ist, abgesehen da-von, dass vermutlich auch kaum mehr Bedarf besteht.

421 Ähnlich wie die uns aus den ostafrikanischen Musikkulturen bekannten Trompeten– und Hornensembles trägt jedes Instrument seine eigene Bezeichnung. Ihre musikalische Funktion beschreibt Gansemans (1986: 150):

„In einigen Fällen musizieren Elfenbeinhörner zusammen mit Idiophonen und Membranophonen in größeren gemischten Ensembles, vor allem im höfischen Rahmen. „Bei den Kongo in Bas–Zaire, Angola und in der Volksrepublik Kongo bilden Elfen-beinhörner – ihre Zahl schwankt zwischen vier und sieben – zusammen mit Trommeln die so genannten Masikulu–Ensembles, die bei den besonderen Anlässen im Leben ih-res Herrschers musizieren. …Bei den Kongo in Zaire setzt sich das Masikulu–Ensemble aus vier Elfenbeinhörnern und zwei Trommeln zusammen. Letztere werden von Musikern geschlagen, die Rasseln oder Schellen am Handgelenk festgebunden ha-ben. Die Blasinstrumente bestehen aus einem Elefantenstoßzahn und einem röhrenför-migen Schallstück aus Holz, das mit dem Elfenbein durch eine dichte, fast bis zur An-blasöffnung reichende Umwicklung mit Lianen verbunden ist“.

422 Die Azande (auch Zande oder Zandé) leben in dem nördlichen Gebiet der Republik Kongo und zwar in der Provinz Ober–Zaïre, im Südwestsudan sowie in der südöstli-chen Region der Zentralafrikanischen Republik (hier in den Orten Rafaï, Zémio und Obo).

Querhörner aus Elefantenstoßzahn, Metall, Holz

Querhorn Siwa

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Abbildung 285 : Siwa–Querhhorn der Swahili, (Bild: Samuel Baheru, Januar

2007)

außergewöhnlichen Größe und ihrem Gewicht her eine Besonderheit unter den Aerophonen darstellen. Einige Exemplare dieser heute nicht mehr benutzten Querhörner bewahren die Nationalmuseen in Pate, Lamu und Mombasa423 in Kenia sowie das Sansibar–Museum in Tansa-nia auf. Allen (1982: 88–95) untersuchte hier aufbewahrte Siwa– Hörner die aus den oben genannten Materialien hergestellt und teilweise mit Inschriften oder anderen dekorativen und kunstvollen Motiven versehen sind. Ihre Geschichte kann mindestens fünf Jahrhunderte zurück ver-folgt werden. Nach Allen (ebd. 88) betraf das Verbreitungsgebiet dieser Musikinstrumente nahezu alle Swahili–Gebiete zwischen „Kilwa im Süden von Tansania und Mogadishu in Somalia“. Das Siwa wurde in fast allen Swahili–Siedlungen ausschließlich von Sklaven geblasen, wobei nur eine einzige Person in jeder Siedlung für das Instrumentenspiel verantwortlich war. Allen (ebd. 88) vermutet, dass diese Tradition über mehrere Generationen vom Vater zum Sohn überliefert wurde, sodass das Instrument auch unter der Obhut der jeweiligen Sklavenfamilie blieb. Zum Spielen wird es mit einer Me-tallkette über die Schultern gehängt und geblasen (Abb. 285). Über die Rolle und Funktion der Siwa–Hörner in den Swahili–Staaten erläutert Allen (ebd.: 24f. und 88) das Folgende: „Staatsangelegenheiten werden seit Jahrhunderten durch Musikinstrumente wie die Siwa symbolisiert und signalisiert. Die meisten, wenn nicht alle Swahili–Staaten hatten königliche oder Staatsinsignien, ohne die die wichtigsten Staatshandlungen nicht sanktioniert werden konnten. Die Funktion des Siwa war, großartigen und feierlichen Anlässen noch eine besondere Betonung zu verleihen, zum Beispiel königlichen Festen, der Einsetzung von Regenten oder Begräbnissen. Das Instrument musste bei allen wichtigen Begebenheiten in der Karriere eines potentiellen Thronfolgers gespielt werden, von der Geburt und der Beschneidung bis zur Heirat, zu seiner Einsetzung als Regierender und schließlich zu seiner Bestat-tung. In Siedlungen mit republikanischen Regierungsformen kam es den Mitgliedern der älteren Familien mit gewissen Erbschaftsrechten zu, diese Form musikalischer Repräsentation in Anspruch zu nehmen. Mit diesen Instrumenten verband sich der Glaube, dass demjenigen, der ihren Klang hört, Glück und Segen zuteil werden. Manchmal heuerten kleinere Siedlungen die Siwa von größeren und zahlten eine Art Steuer für dieses Privileg. Dies brachte einerseits die Annahme eines eher unterwürfigen Status durch die Entlehner zum Ausdruck, ande-rerseits aber konnte es sein, dass sie sich vom Hören des Klangs der Instrumente Vorteile erwarteten: eine gute Ernte, Kriegserfolg usw.“

423 Feldforschung in Kenia, Juli 2005.

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Schlussbemerkungen  Die Entstehung und Entwicklung der ostafrikanischen Aerophone, deren großer Bestand bislang wenig erforscht ist, wurde in der hier unternom-menen Betrachtung soweit wie möglich ausführlich von ihren organolo-gischen und terminologischen Gesichtspunkten her behandelt. Allgemei-ne Aspekte der Musikpraxis, die selbstverständlich eng mit den zu unter-suchenden Musikinstrumenten verknüpft sind, wurden zwar auch berück-sichtigt, stellten jedoch nicht das Kernstück der hier angestrebten wissen-schaftlichen Untersuchung dar. Wichtig war vielmehr die Darstellung von Musikinstrumenten, die vorwiegend künstlerischen Aktivitäten dienen und die Erläuterungen zu ihrem Ursprung und ihrer Entwicklung, zu ih-ren ethnologischen und ethnographischen Verbreitungsgebieten, zu den Methoden ihrer Konstruktion, den verwendeten Materialien sowie zu den Spielweisen und Spieltechniken. Den Gegenstand dieser Arbeit bildeten außerdem die klanglichen und akustischen Eigenschaften der hier berück-sichtigten Aerophone und letzten Endes ihre außermusikalischen Bedeu-tungen und Funktionen in den verschiedenen Kulturen Ostafrikas. Aus der Gesamtheit der bisherigen Untersuchungen wurde festgestellt, dass in Ostafrika zahlreiche Typen von Aerophonen vorkommen, die alle Gruppen der Instrumentenfamilie repräsentieren. Sie leisten einen wichti-gen Beitrag zu den sozialen, politischen, religiösen, psychologischen, physiologischen, therapeutischen und pädagogischen Aspekten einer jeden Gemeinschaft. Außerdem stellen sie einen großen Anteil des kultu-rellen Erbes der Menschheitsgeschichte dar. Sie dienen magisch religiö-sen Zeremonien, als Symbol der Autorität und als Signal– und Rufin-strumente. Sie begleiten Tanz– und Gesangveranstaltungen. Ihr Einsatz ist also umfangreich und ihre Funktion und Bedeutung bisweilen sehr außergewöhnlich. Der überwiegende Teil der ostafrikanischen Aerophone besitzt einen lokalen Ursprung und wurde seit Jahrhunderten durch die mündlich über-lieferte Musiktradition von einer Generation zur nächsten weitergeleitet. Gestalt bzw. Form (konisch, zylindrisch, rund oder oval), Material (Holz, Ton, Bambus, Schilf, Früchtehülsen, Kürbis, Hirsestängel, die Spitze eines Horns oder manchmal auch Metall und Plastik), Mundstücke (ge-kerbt, oval, rechteckig oder kreisrund), Spielweise (quer– oder längs ge-blasen), Spieltechnik (z.B. Überblastechnik) Stimmung und Tonumfang variieren von Ort zu Ort bzw. von einer Musikkultur zur nächsten. Längs geblasene, offene Flöten mit Grifflöchern sind in nahezu allen ostafrikanischen Musikkulturen anzutreffen. Sie werden meistens aus Bambus– oder Schilfrohr hergestellt und mit zwei bis sechs Grifflöchern ausgestattet. Flöten werden überwiegend von Hirten genutzt, die sie ent-weder zum Zeitvertreib und zur Selbstunterhaltung oder zur Preisung ihrer Tiere blasen. Sie werden zwar oft als Soloinstrumente verwendet, jedoch begegnen sie uns aber auch im Zusammenspiel mit anderen Mu-sikinstrumenten. Neben den ausschließlich für den solistischen Gebrauch bestimmten Ae-rophonen kommen auch diejenigen vor, die als Ensembleinstrumente fungieren. In den ehemaligen ostafrikanischen Höfen Ugandas, z.B. in Buganda und Busoga, wurden solche Aerophone nicht nur für die private

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Unterhaltung königlicher Mitglieder benutzt, sondern auch auf unter-schiedlichen öffentlichen Hofzeremonien entsprechend eingesetzt. Dies betrifft vor allem gedackte und grifflochlose Längsflöten sowie Längs– und Quertrompeten. Aufgrund ihrer Tonhöhenbeschränkung (maximal 1–2 zwei Tonhöhen) ist es notwendig, dass eine entsprechende Anzahl von Musikern sie in Sätzen zusammenspielt. Durch das Ineinandergreifen und Überkreuzen von unterschiedlichen melodischen und metrorhythmischen Mustern (Hocket) werden also vollständige Melodiegebilde zustande gebracht. Als Beispiel seien das Mbasi–Flötenensemble der Wasangu aus Tansania, das Waza–Trompetenensemble der Berta aus dem Sudan und aus Äthiopien, das Amakondere–Trompeten– bzw. Hornensemble der Baganda, der Banyoro, der Batoro und der Bayankole und das Ebigwala–Trompetenensemble der Basoga aus Uganda genannt. Es gibt aber auch Flötenensembles, in denen offene und grifflochlose Längsflöten aus Me-tall, Holz oder Bambus ebenfalls nach dem Hocketverfahren in Sätzen gespielt werden, wie etwa das Embilta–Flötenensemble der Amara und Tigray aus Äthiopien und die Kome– bzw. Kumia–Ensemble der sudane-sischen und äthiopischen Gumuz. In diesem Zusammenhang sind aller-dings nicht nur Rolle und Funktion des einzelnen Musikers während einer Ensembleaufführung von Interesse, sondern auch die damit eng verknüpf-ten, meist synchron gestalteten Bewegungsabläufe der teilnehmenden Personen, der genderspezifische Aspekt und die Rollenverteilung zwi-schen Männern und Frauen und deren Altersgruppierungen. Im Zusammenhang mit den hier behandelten Instrumenten wurde auch die Art und Weise ihrer Herstellung näher in Betracht gezogen. Der In-strumentenbau in Ostafrika, der ohne einheitliche Norm nur mit Hilfe der langjährigen Erfahrungen eines jeden Instrumentenmachers vollzogen wird, hat sich im Laufe der Zeit in unterschiedlichen Orten verschieden-artig entwickelt. Im Allgemeinen kann man also davon ausgehen, dass sich die Herstellungsmethoden von Aerophonen in weiten Teilen Ostafri-kas stark ähneln. Eine der Methoden ist z.B. bei den in Sätzen gespielten Flöten– und Trompeteninstrumenten festzustellen. Instrumentensätze werden häufig von einem einzigen Instrumentenbauer gefertigt. Anhand der Länge des die Luftsäule umschließenden Körpers, legt er im Herstel-lungsprozess die entsprechenden Tonhöhen fest. Länge und Form sind sehr wichtig für die akustische Beschaffenheit eines jeden Blasinstru-ments. Dagegen sind die Form des Mundstücks oder die Art und Weise des Anblasvorganges von zweitrangiger Bedeutung. Gegenüber den offenen und gedackten Längsflöten, existieren Quer–, Spalt–, Gefäß– und Panflöten und Schalmeien in Ostafrika sehr verein-zelt. Unter den Spaltflöten seien insbesondere die aus Metall, Holz oder Plastik gebauten Schrillpfeifen genannt, die in den so genannten Ngoma–Musikaufführungen verschiedener Musikkulturen Tansanias und Kenias im Zusammenspiel mit anderen Instrumenten, meistens Trommelsätzen, benutzt werden. Das Vorkommen von Gefäßflöten beschränkt sich bis-lang nur auf einige wenige Musikkulturen Ugandas, Kenias und Tansani-as. Sie werden gewöhnlich aus Fruchtschalen hergestellt und oft als Kin-derspielzeuge genutzt. Bei den ostafrikanischen Panflöten, die ebenso schwach vertreten zu sein scheinen, handelt es sich um floßförmig anein-ander gereihte Röhrchen aus Schilf oder Bambus, deren Anzahl im Durchschnitt bei 10 bis 13 Röhren liegt. Den bisherigen Recherchen zu-

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folge sind sie bei den Basoga und den Alur aus Uganda und bei den süd-äthiopischen Konso und Maale anzutreffen. Es ist allerdings davon aus-zugehen, dass vor allem in Südäthiopien noch weitere, bislang uner-forschte Musikkulturen Panflöten benutzten. Unter den Schalmeien finden wir in der ostafrikanischen Region lediglich Doppelrohrblattinstrumente (Oboen), die insbesondere in dem Küstenge-biet Kenias und Tansanias aber auch im Sudan vorkommen. Des Weiteren sollen die unzähligen Arten von Hörnern nicht außer Acht gelassen werden, die in weiten Teilen des ostafrikanischen Kulturgebiets beobachtet werden können. Dies betrifft speziell quer geblasene Hörner aus verschiedenen Arten von Tierhörnern. Diese dienen gewöhnlich als Signalinstrumente mannigfachen Zwecken. In diesem Zusammenhang sei nicht nur die funktionale Ebene des jeweiligen Instruments in Betracht zu ziehen, sondern auch die ästhetische Ebene von Ton und Spiel, die nur durch jahrelange Übung und Erfahrung möglich wird. Die richtige Lip-penspannung und das richtige Maß an Atemluft macht die Kunst des Blasens aus. Auch wenn von der Anwesenheit ostafrikanischer Blasinstrumente (vor allem Flöten und Trompeten) in eine Reihe von Musikkulturen die Rede ist, wurde im Zuge der Untersuchung festgestellt, dass bei genauen Be-trachtungen lediglich bestimmte geographische Gebiete Ostafrikas in Frage kommen, bei denen diese soweit genannten Aerophone auffallend intensiv in Gebrauch sind. Dazu zählen bantusprachige Völker, wie z.B. die Baganda und Basoga in Zentral– und Südostuganda und die Digo und Giriama (Mijikenda) aus dem Küstengebiet Kenias. Auch kuschitische, omotische und nilotische Volksgruppen in West– und Südäthiopien, dem Zentral– und Südsudans, Nordkenia und Nord– und Westuganda benut-zen unterschiedliche Aerophone in ihren Musiktraditionen. Selbst wenn die hier angestrebte Untersuchung der Aerophone sich hauptsächlich auf Ostafrika beschränkt, war die Durchführung von ge-zielten Vergleichsanalysen mit Regionen außerhalb Ostafrikas von we-sentlicher Bedeutung. Der Hauptgrund dieser Vorgehensweise bestand vor allem darin, dass die historische, politische, kulturelle und religiöse Vergangenheit Ostafrikas eine sorgfältige Untersuchung der Musikin-strumente und ihrer Geschichte im Zusammenhang mit den im Laufe der Zeit stattgefundenen kulturellen Interaktionen verlangt, nicht nur mit benachbarten afrikanischen Gebieten (Nord–, West– Süd– und Zentralaf-rika), sondern auch mit Europa und Asien. Traditionen – als Identitätsmerkmale einer jeden Gemeinschaft – sorgen für Stabilität und Kontinuität. Musikkulturen vieler ostafrikanischer Ge-sellschaften werden bekanntlich seit Jahrhunderten mit weitgehend unter-schiedlich starken Wandlungsprozessen konfrontiert. Die unvermeidli-chen Veränderungen, die mit der massiven Kontaktaufnahme und der medialen Verbreitung „fremder“ Musik zusammenhängen, sind entwe-der direkt mit den Erneuerungen musikalischer Strukturen verbunden oder ganz wesentlich von außermusikalischen Faktoren abhängig. Die enge Verbindung von musikalischen Ausdrucksweisen und Formen mit den Jahrhunderte alten traditionellen Institutionen, wie der Musik der beispielhaften Königreiche, den Beschneidungsschulen und den Masken-tänzen hat andererseits aber auch für dauerhafte Stabilität verschiedener Musikkulturen Ostafrikas gesorgt. Insbesondere stellen diese mündlich

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überlieferten Traditionen eine wichtige Basis für die Rekonstruktion der afrikanischen Musikgeschichte dar. Die musikkulturellen Wandlungsprozesse ostafrikanischer Gemeinschaf-ten sind nicht allein auf sozialpolitische und historische Faktoren, wie z.B. den Kontakt mit Europa und die Expansion des Islams, zurückzufüh-ren. Selbstverständlich haben externe historische und soziale Prozesse für relativ plötzliche Veränderungen in den hier reflektierten Kulturen ge-sorgt. Im Laufe der Zeit wurden daher auch viele „fremde“ Musikfor-men auf unterschiedliche Weise in das bereits bestehende Musikleben integriert, hineininterpretiert und weiterentwickelt. Tatsache ist schließ-lich, dass sich, genauso wie in der Architektur und der Malerei, jede Mu-sikkultur in einem kontinuierlichen und dynamischen Prozess des Wan-dels befindet. Die in dieser Arbeit angestrebten Untersuchungen der ostafrikanischen Aerophone und ihre Ergebnisse werden hoffentlich weitere zukünftige Studien in dieser zum größten Teil wissenschaftlich unberührten Region Ostafrikas anregen, eine Region, die durch ihre Fülle an ethnischen Ge-meinschaften bekannt ist und eine sehr lange Geschichte aufweist. Nicht zuletzt ist es von Bedeutung und auch sehr empfehlenswert, nicht nur musikethnologische Forschungen, sondern vielmehr zusammenhängende, interdisziplinäre Studien zu betreiben, wie etwa Anthropologie, Ge-schichte, Ethnologie und Sprachwissenschaft.

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Anhang Verzeichnis der Abbildungen

Abbildung Beschreibung Seite

1 Physikalische Karte Ostafrikas 7 2 Reiseroute der Feldforschung in Ostafrika 2005 8 3 Querhorn der Acholi / Uganda 26 4 Längshörner aus Uganda 26 5 Offene Längsflöte der Basoga / Uganda 26 6a–b Quertrompeten aus Uganda 26 7 Längshorn der Acholi / Uganda 26 8–9 Querhörner der Haya und Songye / Tansania 27 10 Querhorn der Haya / Tansania 27 11 Offene Längsflöte der Haya / Tansania 27 12 Offene Längsflöte aus der Karagwe–Region / Tansania 27 13 Querflöte der Ngorime / Tansania 27 14 Querhorn der Lotuko / Sudan 27 15–16 Querhörner aus Sudan 27 17a–b Offene Längsflöten aus Äthiopien 28 18a–b Querhorn aus Keffa / Äthiopien 28 19a–b Mehrfach geschwungenes Querhorn der Kamba / Kenia 28 20a–b Querhörner der Kambe / Kenia 28 21–22 Knochenflöten aus verschiedenen Gebieten der Welt 43 23–24 Embilta–Flöten der Amara und Tigray / Äthiopien 48 25 Randbearbeitung der Embilta der Amara / Äthiopien 48 26–27 U–förmige Ausschnitte der Embilta der Amara und Tigray / Äthiopien 49 28 Embilta–Spieler aus Aksum / Äthiopien 49 29 Kumia–Flöten der Gumuz / Äthiopien 57 30 drei der größeren Kumia–Flöten, Gumuz / Äthiopien 57 31a Anblasvorrichtungen der kleinen Kumia–Flöten, Gumuz / Äthiopien 57 31b Kleinere Kumia–Flöten aus einem anderen Winkel, Gumuz / Äthiopien 57 32a–b Zweifellige Konustrommel Sirma der Gumuz / Äthiopien 57 33 Kome–Mdinga–Ensemble der Gumuz / Sudan 58 34 Zweifellige Konustrommel Mdinga der Gumuz / Sudan 58 35 Längstrompete Trumba der Gumuz / Sudan 59 36 Flötenspieler mit der tiefsten Flöte Obusgume, Gumuz / Sudan 59 37 Stimmung der Kome–Flöten der Gumuz / Sudan 61 38a–b Nsegu–Flöte der Bunyoro, Toro und Nkole / Uganda 64 39 Nsegu–Flöte der Amba und Konjo / Uganda 65 40a–b–42a–c Ecoc–Flöten der Lango / Uganda 66/67 43a–c Flöte der Acholi / Uganda 67 44a–b Lapile–Flöte der Lango / Sudan 68 45 Liri–Flöte der Didinga / Sudan 68 46 Lederner Deckel eines Querhorns der Lutoko / Sudan 69 47 Mala–Flöte der Madi / Uganda 69 48 Alamoru–Flöte der Acholi und Karamojong / Uganda 71 49 Alamoru–Flöte der Teso / Uganda 71 50 Ebune–Spieler der Turkana / Kenia 73 51 Ekinimba–Flöte der Kiga / Uganda 76

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Abbildung Beschreibung Seite

52 Ekinimba–Spieler der Kiga / Uganda 76 53 Endere–Flötensatz der Baganda / Uganda 78 54 V–förmige Kerbe Endere–Flöten, Baganda / Uganda 80 55 Endere–Flöte mit Franzen aus Ziegenhaar und Kupferdraht / Uganda 80 56–57 Endere–Spieler Albert Sempeke und Albert Bisaso, Baganda / Uganda 82 58 Entemyo– und Ensaasi–Flöten der Baganda / Uganda 86 59 Offene Längsflöten aus Äthiopien 89 60 Offene Längsflöte der Oromo / Äthiopien 89 61 Offene Längsflöte Foodhin der Bajuni / Somalia, Kenia 91 62a–c Lalego–Flöte der Lango 93 63a–c Pelo–Flöte der Larim / Sudan 93 64 Mlele–Flöte der Teso / Kenia und Uganda 95 65a–b 3 Olure–Flöten der Acholi / Uganda 98 66 Musikgruppe Heartbeat of Africa–Acholi / Uganda 102 67 Kalebassenschüssel mit Cili mit einer Rute aus Drahtbesen, Acholi / Uganda 102 68a–b Spielposition auf der Shulungo–Flöte der Maale / Äthiopien 108 68c Tonhöhen und Grifflochanordnungen auf der Shulungo–Flöte der Maale / Äthiopien 109 69 Shungul–Flöte der Ari / Äthiopien 110 70 Spielweise auf der Shungul der Ari / Äthiopien 111 71 Tonhöhen und Grifflochanordnungen auf der Shungul–Flöte der Ari / Äthiopien 112 72a–b Sorror–Flötenspieler der Nymang / Sudan 115 73a–b Washint–Flöten der Amara / Äthiopien 117 74 Rohrlängen und Durchmesser dreier Washint–Flöten / Äthiopien 117 75a–b Spielposition auf der Washint–Flöte der Amara / Äthiopien 118 76–77 Washint–Flötenspieler der Amara / Äthiopien 118 78 Tonhöhen und Grifflochanordnungen am Beispiel des Tizita– Qiñit der Amara / Äthiopien 120 79 Woissa–Flötenspielerin der Hamar / Äthiopien 123 80 Woissa–Flötenspieler der Beshada / Äthiopien 123 81 Flötensatz Abbi–Birare–Ensembles der Berta / Äthiopien 130 82 Abbi–Birare–Ensembleaufführung der Berta / Äthiopien 130 83 Abbi–Birare–Ensemble Flötenstimmung der Berta / Äthiopien 132 84 Bal–Ensemble der Ingessana / Sudan 136 85 Bal–Flöte und Sinara–Kürbisrassel der Ingessana / Sudan 136 86 Sinr–Längstrompete der Ingessana / Sudan 136 87 Herzangaben der Flöten des Bal–Ensembles 141 88 Bol–Flöten der Berta / Äthiopien 143 89 Rohrende der Bol–Flöte, Berta / Äthiopien 143 90 Profil der Bol–Flöte, Berta / Äthiopien 143 91 Lederbedeckung einer Bol–Flöte, Berta / Äthiopien 144 92 Bonder–Balla– und Bondoro–Dañe–Trompetenspieler der Berta / Äthiopien 144 93 Mundstück der Längstrompete Bondoro–Dañe der Berta / Äthiopien 144 94a–b Kesseltrommel–Negero, Berta / Äthiopien 144 95 Spielposition auf der Bol–Flöte, Berta / Äthiopien 145 96a–b und 97 Bol–Negero–Ensembleaufführung, Bewegungsmuster, Berta / Äthiopien 145 98–99 Aufstellung der Teilnehmer in einer Bol–Negero–Ensembleaufführung, Berta / Äthiopien 147 100 Frauengruppe in der Bol–Negero–Ensembleaufführung, Berta / Äthiopien 148 101 Asese–Kürbisrassel, Berta / Äthiopien 148 102 Stimmung des Bol–Negero–Ensembles, Berta / Äthiopien 149

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Abbildung Beschreibung Seite

103 Querhorn–Bulu der Berta / Äthiopien 155 104 Ariva–Längsflöte der Berta / Äthiopien 155 105 Dungul–Lafe und Bol–Flötenspieler, Berta / Äthiopien 155 106 Bol–Tsitsim–Ensemble: Spielweise der Flöten, Berta / Äthiopien 155 107 Ariva–Längsflöte: Spielweise, Berta / Äthiopien 156 108 Stimmung des Bulhu–Flötenensembles der Berta / Sudan 159 109 Hertzangaben der Mbasi–Flöten der Wasangu / Tansania 164 110 Osegu–Flötenensemble der Madi–Okollo der Madi / Uganda 166 111 Pilea–Flöten der Maale / Äthiopien 168 112 Gaylo–Spielern der Maale 169 113a Pilea–Flöten: Vorbereitungsphase, Maale / Äthiopien 169 113b Pilea–Flöten: Spielweise, Maale / Äthiopien 169 114 Aufstellung der Teilnehmer während einer Pilea–Aufführung: Reihentanz, Maale/Äthiopien 170 115 Gaylo–Spielerinnen während der Pilea–Aufführung 171 116 Aufstellung der Teilnehmer während einer Pilea–Aufführung: Kreistanz, Maale / Äthiopien 171 117 Pilea–Enesembleaufführung: Kreistanz, Maale / Äthiopien 172 118 Pilea–Ensembleaufführung: Reihentanz, Maale / Äthiopien 172 119 Pilea–Ensemble: Flötenstimmung, Maale / Äthiopien 173 120 Woissa–Flöten der Ari / Äthiopien 176 121 Yiccha–Fußschelle, Ari / Äthiopien 176 122 Spielweise der Woissa–Flöte, Ari / Äthiopien 177 123a–b Woissa–Ensembleaufführung der Ari / Äthiopien 177 124a–b und 125 Aufstellung der Teilnehmer einer Woissa–Ensembleaufführung der Ari / Äthiopien 177/178 126 Woissa–Flötenensemble: Stimmung, Ari / Äthiopien 178 127a–c Flöte der Bongo / Sudan 182 128a–b Flöte der Idio / Sudan 183 129a–c Flöte aus Sudan 183 130–131a–c Flöten der Dupa und Bamum / Kamerun 185 132–134 Otule–Flöten aus verschiedenen Materialien / Uganda 187/188 135 Chivoti–Querflöte der Giriama / Kenia 193 136a–e Herstellung der Querflöte Chivoti bei den Giriama / Kenia 194 137 Chivoti–Querflöte der Digo / Kenia 195 138a Anblasloch der Chivoti der Digo / Kenia 195 138b Verschluss aus Hartgummi: Chivoti der Digo / Kenia 195 139a–b Spielposition und Grifflochanordnung auf der Chivoti der Giriama / Kenia 196 140 Grifflochanordnung auf der Chivoti der Digo / Kenia 196 141a–b Spielposition auf der Chivoti der Digo / Kenia 196 142 Siedlungsgebiet der Mijikenda und ihre Kaya–Komplexe / Kenia 197 143 Grifflochanordnung auf der Querflöte Ekibiswi der Kuria / Kenia 203 144 Grifflochanordnung auf der Mlanzi–Querflöte der Wagogo / Tansania 208 145a–b Flöte der Ngorine / Tansania 210 146a–c Flöte der Shashi / Tansania 210 147a–c Filulu–Flöten der Sukuma / Tansania 211 148 Ludaya–Querflöte der Gishu / Kenia 213 149–152a–c Querflöte der Ngorime und Shashi / Tansania 223/224 153–154a–b Doppelquerflöten der Kamba / Kenia 225 155 Innenspaltflöten aus Holz und Bambus, Metall oder Plastik 227 156 Außenspaltflöte 227 157-159a–c offene Innenspaltflöten aus Afghanistan, Algerien und Syrien 229

356

Abbildung Beschreibung Seite

160a–c Innenspaltflöten aus Tansania 230 161 Ngoma–Ya–Kidembwa–Aufführung der Wasamba–Frauen / Tansania 231 162 Aufstellung der Teilnehmer im Ngoma–Ya–Kidembwa–Ensemble der Wasamba / Tansania 231 163 Nogma–Ensemble der Giriama / Kenia 232 164 Schrillpfeife der Wasamba / Tansania 234 165 Gefäßrassel der Wasamba / Tansania 234 166a-b Ngoma–Ndiola, Ngoma–Kubwa und Ngoma–Ndogo der Wasamba / Tansania 234 167 Aufstellung der Teilnehmer im Ngoma–Dumange–Ensemble der Wasamba / Tansania 235 168a–e Okarinen in verschiedenen Figuren und bunt bemalten Motiven 238/239 169–170 a–b Gefäßflöten aus Burkina Faso 239 171a–b Gefäßflöten Chigufe und Ombgwe der Shona Zimbabwe 240 172 Gefäßflöte Ebundi der Gishu / Kenia 241 173 Oncoba–Spinosa Frucht 241 174a Spielposition auf der Kigwara–Gefäßflöte der Gwere / Uganda 242 174b Kigwara–Gefäßflöte der Gwere / Uganda 242 175 Gefäßflöte Ndaku der Lugbara / Uganda 244 176a–b Floß– bündelförmige Panflöten 245 177a–b Fanfa–Panflöte aus 11 Schilfröhrchen 248 178 Auflistung der Enkwanzi–Panflöten 250 179a–c Enkzwanzi–Panflöte der Basoga / Uganda 250 180 Enkwanzi–Panflöte mit 12 Röhren der Basoga / Uganda 251 181 Enkwanzi–Panflötenspieler aus Busoga / Uganda 252 182a–d Rohrblätter verschiedener Oboen 260 183–186 Oboen aus der Türkei, Iran, Kamerun und Kamerun 264 187–188 Einzelklarinetten aus Lybien 264 189a–b Doppelklarinette syrischer Beduinen 265 190 Hornklarinette aus Zentralafrika 265 191a–b Doppelklarinette aus Libyen 266 192a–b Doppelklarinette aus Ägypten 266 193a–b Blattoboe der Digo / Kenia 268 193c Gegenschlagzungen der Blattoboe, Digo / Kenia 268 193d Spielweise auf der Blattoboe, Digo / Kenia 268 194a–d Blattoboen aus Ozeanien 268 195 Bungo–Oboe der Giriama / Kenia 269 196–197a–b Zomari–Oboen aus Kenia 271 198a–d – 199a–b Muschelhörner aus Ozeanien 277/278 200 Längstrompete Abu der Luo / Kenia 280 201 Sargey–Längstrompete der Nymang / Sudan 282 202 Dussul–Satz und die Kamul–Trommel der Nymang / Sudan 282 203 Kürbis der Aniga–Längstrompete der Nymang / Sudan 282 204a–c Dussul und Kamul–Spielpositionen, Nymang / Sudan 283 205 Aufstellung der Teilnehmer in der Dussul–Ensembleaufführung, Nymang / Sudan 284 206 Akawunde–Längstrompete der Baganda / Uganda 285 207 Penah–Ensemble der Gumuz / Sudan 287 208 Rango–Trompete der Tigray / Äthiopien 289 209a–c Turumba–Längstrompete der Amara 292 210a Turumba–Spieler zum Verkünden von Todesnachrichten / Äthiopien 292 210b Hamar–Mädchen mit der offenen Blechtrompete / Äthiopien 294 211–212a–b Uluru–Längstrompete der Madi / Uganda 295/296

357

Abbildung Beschreibung Seite

213–217 Waza–Trompeten der Berta / Äthiopien 297/298 218a–b Querhorn Angari der Berta / Äthiopien 299 219a–b Idiophon Bulu–Pale der Berta / Äthiopien 299 220 Asese–Kürbisrassel der Berta / Äthiopien 300 221 Waza–Trompetenspieler in der Vorbereitungsphase, Berta / Äthiopien 300 222a–c Spielposition auf der Waza–Trompete der Berta / Äthiopien 300 223 Waza–Ensemble: Stimmung der Berta / Äthiopien 301 224 Asukusuk–Längstube der Teso / Uganda 304 225–227 Meleket–Längstuben der Amara / Äthiopien 304/305 228 Spielposition auf der Längstube Meleket der Amara / Äthiopien 305 229a–b Olwet Längstrompete verschiedener Typen der Acholi / Uganda 307 230a–c Jagdhorn, Halbmondhorn und Posthorn 307/308 231–232a–b Längshörner Karumbe und Humbu 308 233 Längshorn aus Sudan 308 234 Querhörner Amakondere aus Uganda 311 235a–b Quertrompeten der Bira und Medje / Kongo 312 236 Quertrompete Tu’um der Acholi / Uganda 312 237a–b Quertrompeten der Madi / Uganda 313 238 Amakondere Trompetensatz aus Uganda 313 239 Spielposition auf der Quertrompete Amakondere der Buganda / Uganda 314 240 Spielposition auf der Quertrompete Tu’um der Acholi / Uganda 314 241 Amakondere–Ensembleaufführung der Bunyoro / Uganda 314 242a–b Quertrompete Dinke aus Äthiopien 319 243–246a–c Quertrompeten der Bari / Sudan 320 247a–b Spielposition auf der Dinke–Quertrompete, Hadiyya / Äthiopien 321 248 Spielposition auf der Trounotey–Quertrompete der Bodi / Äthiopien 322 249a–b Begräbniszeremonie bei den Hadiyya / Äthiopien 322 250 Ebigwala–Trompeten der Basoga / Uganda 323 251 Amagwala–Ensembleaufführung der Basoga / Uganda 323 252a–f Quertrompeten Hura aus Äthiopien 327 253 Spielposition auf der Hura / Äthiopien 327 254a–c Limba–Quertrompete der Madi / Uganda 328 255a–d Quertrompete Yuge der Kakwa / Uganda 329 256 Mare–Quertrompete der Lugbara / Uganda 329 257 Bulu–Querhorn der Berta / Äthiopien 333 258 Spielweise auf dem Borscher–Querhorn der Nymang / Sudan 334 259a–b Querhorn der Acholi / Uganda 334 260 Engombe–Querhorn der Baganda / Uganda 334 261 Querhorn Gunda der Wasamba / Tansania 337 262 Tung–Querhorn der Anuak / Sudan 337 263 Querhorn der Lutoko / Sudan 337 264 Querhörner aus Antilopenhörnern / Äthiopien 337 265a–h Querhörner aus Elfenbein 338 266–267 Querhorn der Idio und Bongo / Sudan 338 268 Querhorn der Azande / Kongo 339 269 Querhorn der Azande oder Mangbetu / Kongo 339 270 Querhorn der Basoga / Uganda 339 271 verschiedene Querhörner aus Afrika / Instrumentensammlung des VKM in Berlin 339 272a–b Muong–Querhorn der Dinka 340

358

Abbildung Beschreibung Seite

273a–c Huldudwa–Querhörner aus Äthiopien 340 274a–b Querhorn Baragumu aus Tansania 340 275 Baragumu–Spieler / Tansania 341 276a–b Querhorn Emouo der Maasai / Kenia 341 277–278 Olukia–Querhorn aus Buhayo und Tachoni / Kenia 342/343 279a–c Querhörner der Sukuma und Shashi / Tansania 343 280a–d–281a–b Querhörner der Sukuma und Kamba aus Tansania Kenia 344 282a–b Querhhorn der Madi / Uganda 344 283–284a–d Tori–Querhorn der Bari / Uganda und Sudan 345 285 Siwa–Querhhorn der Swahili 347

Verzeichnis der Tabellen

Tabelle Beschreibung Seite1 Tonsammlung/Kenia; Bestand: Phonogrammarchiv der österreichischen Akademie der Wissen-

schaften / Wien 15

2 Tonsammlung/Uganda; Bestand: s. Beschreibung in Nr. 1 16

3 Tonsammlung/Sudan; Bestand: s. Beschreibung in Nr. 1 17

4 Tonsammlung/Tansania; Bestand: s. Beschreibung in Nr. 1 18

5 Tonsammlung/Malawi; Bestand: s. Beschreibung in Nr. 1 18

6 Tonsammlung/Mosambik Bestand: s. Beschreibung in Nr. 1 19

7 Tonsammlung/Sambia; Bestand: s. Beschreibung in Nr. 1 20

8 Tonsammlung/Kenia (Schallplatten); Bestand: Phonogrammarchiv der Abteilung Musikethnologie des Museums für Völkerkunde Berlin

22

9 Tonsammlung/Tansania (Schallplatten); Bestand: s. Beschreibung in Nr. 8 23

10 Tonsammlung/Sudan (Schallplatten); Bestand: s. Beschreibung in Nr. 8 23

11 Tonsammlung/Äthiopien (Schallplatten); Bestand: s. Beschreibung in Nr. 8 24

12 Tonsammlung/Uganda (Schallplatten); Bestand: s. Beschreibung in Nr. 8 25

13 Ostafrika: Auflistung offener Längsflöten ohne Grifflöcher 47

14 Ostafrika: Auflistung offener Längsflöten mit Grifflöchern 70

15 Ostafrika: Auflistung gedackter Längsflöten ohne Grifflöcher 129

16 Hertzangaben der Abbi–Birare–Flöten 132

17 Bol–Negero–Ensemble: Auflistung einzelner Tonhöhen 149

18 Bulhu–Flötennamen und ihre Bedeutungen 158

19 Hertzangaben der Bulhu–Flöten 160

20 Pilea–Flötennamen und ihre Bedeutungen 169

21 Hertzangaben der Pilea–Flöten 173

22 Hertzangaben der Woissa–Flöten 178

23 Ostafrika: Auflistung gedackter Längsflöten mit Grifflöchern 182

24 Flötennamen des Otule–Ensmelbes nach Wachsmann und Trowell 189

25 Ostafrika: Auflistung von Querflöten mit Grifflöchern 193

26 Ostafrika: Auflistung von Querflöten ohne Grifflöcher 210

27 Ostafrika: Auflistung von Gefäßflöten / Okarina 217

28 Ostafrika: gedackte Panflöten und Panflötenspiele 247

29 Maße von drei Enkwanzi–Panflöten: Sammlung der Edinburgh Universität 251

359

Tabelle Beschreibung Seite30 Tonsequenzen von drei Enkwanzi–Panflöten 253

31 Ostafrika: Auflistung von Doppelrohrblattinstrumente: Oboen mit und ohne Grifflöcher 267

32 Ostafrika: Auflistung von Längstrompeten mit und ohne Mundstück 279

33 Waza–Trompetenensemble aufgelistet von der höchsten Trompete abwärts 298

34 Waza–Trompetenensemble: Auflistung einzelner Tonhöhen 301

35 Waza–Trompetenstimmungen von der höchsten Trompete abwärts 301

36 Ostafrika: Auflistung von Quertrompeten 309

37 Ostafrika: Auflistung grifflochloser Querhörner 332

Verzeichnis der Notenbeispiele

Nr. Beschreibung Seite

1 Tonhöhen der Embilta–Flöten I, II und III 522 Melodiezeile eines Embilta–Ensembles nach Mondon Vidailhet (Powne 1968: 33) 523 Praktische Anordnung der drei Embilta–Flöten 534 rhythmische Darstellung einzelner Embilta–Flöten 545 Transkription eines Embilta–Ensemblestückes 556 Kome–Flötenensembleaufführung, Tonaufnahme / Transkription: Robert Gottlieb, Beispiel 5, Nr.

5b, Sudan I–Music of the Blue Nile Province: The Gumuz Tribe, An Anthology of African Music: UNESCO Collection, Bärenreiter Musicaphon BM 30 SL 2312, Signatur P–3428, 1980

63

7 Ekinimba–Flötenstimmung entnommen aus einem solistischen Instrumentalstück, Tonaufnahme: Peter Cooke 23.04.1968, Nyarusizi–Kisoro, Bufumbira Distrikt, Uganda Nr. PCUG64–8.29.B7

77

8 Ausschnitt aus einer Ekinimba–Flötenstück, Aufnahme: s. Beschreibung in Nr. 7 779 Grundtöne der 6 Endere–Flöten demonstriert von Albert Bisaso auf dem Amadinda Xylophon (1 / 2

Ton tiefer notiert) und Interview mit Albert Sempeke und Ludowi Serwanga, Tonaufnahme: T. Teffera am 19.05.2005 Kampala

84

10 Stimmung eines Endere–Satzes jeweils in aufsteigender Folge des Abgreifens (Cooke 1970c: 27) 8711 Instrumentalstück auf der Flöte Entabitabi, Aufnahme: T. Teffera, 19.05.2005 Kampala, Musiker:

Albert Bisaso 88

12 Stimmung auf der Flöte Mlele (Hyslop 1975: 39 und Senoga–Zake 1981: 162) 9513 Gesang begleitet von der Mlele (Hyslop 1975: 40) 9614 Ausschnitt aus einem Auleru–Flötenmelodie; Titel: Lokican = „Der Leidende“, Tonaufnahme: P.

Cooke am 20.02.1968, Kwapa–Dorf, in der Nähe der Tororo–Region, Uganda, PC 22.A6; Flöten-spieler: John Okada; Rezitationsgesang: Manuel Okot

96

15a–b Nyamulere / Oluett–Flötenstimmung der Acholi aus Uganda, Tonaufnahme Gerhard Kubik 1959 / 60, Signatur B–5070, Sammlung: Phonogrammarchiv Wien

100

16 Nyamulere / Oluett –Flötenstück, Tonaufnahme Gerhard Kubik, Signatur B5068 von 1959 / 60 Uganda, Phonogrammarchiv Wien

100

17 ermittelte Tonreihen von 4 Olera–Flöten aus der Sammlung der Edinburgh Universität (Cooke 1993:13f.)

103

18 Ausschnit einer Omukuri–Flötenmelodie der Hima, Tonaufnahme: Peter Cooke 12.11.67, Kishan-gura Dorf, Nahe Kinoni, in Erifazi Rwaburiijono, Uganda, Sammlungsnr. 2 PCUG64–8.17B10

107

18a Omukuri–Flötenspiel, Zeile I, Tonaufnahme: s. Beschreibung in Nr. 18 10719 Shulungo–Flötenstimmung entnommen aus einem Musikstück; Tonaufnahme: T. Teffera,

10.03.2005, Beneta–Dorf, Maale, Südäthiopien 109

20 Shulungo–Flötenspiel der Maale, Äthiopien (Arbeitslied), Aufnahme: s. Beschreibung in Nr. 19 110

21 Shungul–Stimmung (mit den möglichen Obertönen) entnommen aus einem Musikstück; Tonauf-nahme: T. Teffera, März 2005, Jinka, Südäthiopien, Ausführende: Atire Iqubayso

112

22 Shungul–Flötenspiel: Trauermelodie, Tonaufnahme: s. Beschreibung in Nr. 21 113

360

Nr. Beschreibung Seite23 Sorror–Flötenstimmung mit möglichen Obertönen, Tonaufnahme: T. Teffera, 12.04.2005, Kellara,

Kordofan, Zentralsudan 115

24 Sorror Instrumentalstück, Nymang, Zentralsudan, Tonaufnahme: s. Beschreibung in Nr. 23 11625 Die tradtionellen Qiñit–Tonreihen der Amara in Äthiopien 12126 Washint–Flötenmelodie, Titel: Shepherd with the Flute „Der Hirte mit der Flöte“ von Ashenafi

Kebede (transkribiert aus dem Gedächtnis) 122

27 Stimmung und Intervalle einer Woissa–Flöte der Hamar mit den möglichen Obertönen, entnommen aus einer Flötenmelodie, Tonaufnahme: Ivo Strecker 1970–1976, Nyabole: Hamar–Südäthiopien, CD Publikation Museum Collection Berlin, SM 17072, WERGO GmbH, CD–Tonaufnahme 2, Flötenspielerin: Gardu Oita aus Hamar

125

28 Ausschnitt aus einer Woissa–Flötenstück der Hamar, Tonaufnahme: s. Beschreibung in Nr. 27 12629 Abbi–Birare–Ensemble: Extrakt eines Musikstückes, 6 Elementarpulsation: 80 M.M.; Tonaufnah-

me: T. Teffera, 13.02.2005, Berta, Westäthiopien 133

30 Stimmung des Bal–Ensembles nach Gottlieb 1980 13931 Bal–Ensemble, Tonaufnahme und Transkription: Robert Gottlieb 1996: 27 14032 Stimmung des Bal–Ensembles nach Kubik 1982: 98 14133 Bol–Negero–Ensemble, Extrakt eines Musikstückes; 18 Elementarpulsation M.M.; Tonaufnahme:

T. Teffera, 13.02.2005, Berta, Westäthiopien 152

34 Bol–Negero–Ensemble, Extrakt eines Musikstückes; 18 Elementarpulsation; Tonauf- nahme: T. Teffera, 13.02.2005, Berta, Westäthiopien

153

35 Stimmung eines Mbasi–Ensembles nach Kubik 1982: 144 16436 Stimmung der Osegu–Flöten nach Cooke 2001c: 37 16637 Extrakt einer Osegu–Ensembleaufführung der Madi–Okollo; Tonaufnahme: Peter Cooke

am 06.04.1968, Madi–Okollo, Arua Region, Westuganda (s. auch Cooke: 2001c: 37) 167

38 Pilea–Ensemble: Extrakt aus einem Musikstück; Elementarpulsation: 120 M.M., Tonaufnahme: T. Teffera, 10.03.2005, Beneta–Dorf, Maale, Südäthiopien

174

39a Darstellung der Pilea–Flöten 1–4; Gruppe I, Tonaufnahme: s. Beschreibung in Nr. 38 17439b Darstellung der Pilea–Flöten 7–9; Gruppe III, Aufnahme: s. Beschreibung Nr. 38 17540 Rollenverteilung der Pilea–Flötengruppen I und III, Tonaufnahme: s. Beschreibung in Nr. 38 17541 Melodiezeile und Varianten der Pilea–Flöten 5 und 6; Gruppe II, Tonaufnahme: s. Beschreibung in

Nr. 38 175

42 Vylanzi–Ensemble mit Gesang, Tonaufnahme: Hugh Tracy 1950, LP, Signatur P–656, Seite B, Nr. 2 (hier in der Gesangsmelodie verwendete Tonhöhen)

180

43 Primäre Stimmung zweier Chivoti in aufsteigender Folge des Abgreifens nach Jähnichen 1998: 165 19944 Primäre Stimmung von drei unterschiedlichen Chivoti, 6 Grifflöcher, in aufsteigender Folge des

Abgreifens nach Hyslop 1975: 41 200

45 Primäre Stimmung von drei unterschiedlichen Chivoti in aufsteigender Folge des Abgreifens nach Senoga–Zake 1981: 161

200

46 Primäre Stimmung der Chivoti mit 6 Grifflöchern in aufsteigender Folge des Abgreifens, Tonauf-nahme: T. Teffera 08.07.2005, Tiwi / Kenia

201

47 Auschnitt aus einer Chivoti–Melodie, Musiker: Juma Kibwana, Tonaufnahme: T. Teffera am 08.07.2005 Tiwi / Kenia

202

48 Auf einer Ekibiswi–Flöte vorkommende Tonhöhen entnommen aus der aufgeführten Instrumental-stück (ohne genaue Centangaben), Tonaufnahme: John Varnum 1972, LP Music of the Kuria and the Gusii of Western Kenya, Ethnic Folkways Records FE 4223, Signatur P–1753, Seite A, Nr. 7

205

49 Ausschnitt einer Ekibiswi–Flötenstück, Tonaufnahme: s. Beschreibung in Nr. 48, LP / Seite A, Nr. 7 20650 Filulu–Stimmung: s. Gregory Barz 2004: Begleit–CD zum Buch: Music in East Africa: Experienc-

ing Music, Expressing Culture, Oxford University Press, New York 2004, Musikbeispiel 2 212

51 Ausschnitt aus einer Filulu–Melodie: Tonaufnahme: Gregory Barz 2004, Quelle: s. in Nr. 50 21252 Teiltonreihe der Ludaya beim Aufdecken der unteren Rohröffnung (Cooke 1971: 81) 21553 Teiltonreihe der Ludaya beim Abdecken der unteren Rohröffnung (Cooke 1971: 81) 215

54 Ludaya–Flötenmelodie, begleitet von Isaasi und Bitsetse (Floß– und Fußrassel), Tonaufnahme: Peter Cooke, 30. Juni 1968, Gombolola HQ, Bumasifwa, Budadiri, Bugisu–Distrikt, Uganda, PCUG64–8.37.A1 und 1°

216

361

Nr. Beschreibung Seite55 Auf der Ikere gespielte Tonhöhen entnommen aus dem aufgeführten Instrumentalstück, Tonauf-

nahme: John Varnum 1972, Music of the Kuria and the Gusii of Western Kenya, Ethnic Folkways Records FE 4223, LP, Signatur P–1753, Seite A, Nr. 6

219

56 Ausschnitt einer Ikere–Flötenmelodie, Tonaufnahme: s. Beschreibung in Nr. 54 22057 Ausschnitt aus Notenbeispiel 56, Tonaufnahme: s. Beschreibung in Nr. 54 22058 Auf einer Umwere–Flöte vorkommende Tonhöhen entnommen aus der aufgeführten Instrumental-

stück, Tonaufnahme: s. Beschreibung in Nr. 54, LP / Seite A, Nr. 4 221

59 Ausschnit einer Umwere–Melodie, Aufnahme: s. Beschreibung in Nr. 54, LP / Seite A, Nr. 4 22260 ermittelte Tonreihen von 3 Enkwanzi, Sammlung: Universität Edinburgh (Cooke 1993:16f.) 25461 Ostinatofiguren der Bungo–Oboe, Tonaufnahme: Gisa Jähnichen 1993, West–Creek, Kilifi, Kenia 26962 Rango–Melodie zu Trauerzeremonie (transkribiert aus dem Gedächtnis) 29163 Waza–Trompetenstimmung von der tiefsten Trompete in aufwärts verlaufender Reihenfolge, s.

Gottlieb 1996: 9 302

64 Waza–Trompetenstimmung von der tiefsten Trompete in aufwärts verlaufender Reihenfolge, s. Mohamed 1988: 62

302

65 Ausschnitt aus einem Ebigwala–Ensemblestücks, Tonaufnahme: Peter Cooke: CD–Village En-sembles of Busoga 1987–1994, Laurent Aubert (Hrsg.), Archives Internationales De Musique Popu-laire (AIMP L), VDE–CD 925, Switzerland 1997, Klangbeispiel 4

326

66 erzeugte Tonhöhen auf dem Olukia–Querhorn (Hyslop 1975: 36) 34267 Olukia–Querhorn Variante II (Hyslop 1975: 35) 343

Liste der Klangbeispiele (Begleit CD)

Nr. Beschreibung vgl. mit Musikbeispiel 1 Embilta–Flötenensemble der Tigray mit Trommelbegleitung; Sammlung

des IES–Museum, Signatur IES 72–11–s Notenbeispiele 1–5

Musikbeispiel 2 Stimmung der Kome–Flöten, Tonaufnahme: Robert Gottlieb, LP / Seite A, Nr. 5a, Sudan I–Music of the Blue Nile Province: The Gumuz Tribe, An Anthology of African Music: UNESCO Collection, Bärenreiter Musicaphon BM 30 SL 2312, Signatur P–3428, 1980

Abb. 37

Musikbeispiel 3 Kome–Flötenensembleaufführung, Tonaufnahme / Transkription: s. Be-schreibung im Musikbeispiel 2, Seite A, Nr. 5b

Notenbeispiel 6

Musikbeispiel 4 Ausschnitt aus einer Ekinimba–Flötenstück, Tonaufnahme: Peter Cooke 23.04.1968, Nyarusizi–Kisoro, Bufumbira–Distrikt, Uganda Nr. PCUG64–8.29.B7

Notenbeispiel 8

Musikbeispiel 5 Grundtöne der 6 Endere–Flöten demonstriert von Albert Bisaso auf dem Amadinda Xylophon (1 / 2 Ton tiefer notiert) und Interview mit Albert Sempeke und Ludowi Serwanga, Tonaufnahme: Timkehet Teffera am 19.05.2005 Kampala

Notenbeispiel 9

Musikbeispiel 6 Instrumentalstück auf der Flöte Entabitabi, Tonaufnahme: Timkehet Teffe-ra am 19.05.2005 Kampala, Musiker: Albert Bisaso

Notenbeispiel 11

Musikbeispiel 7 Ausschnitt aus einem Auleru–Flötenmelodie; Titel: Lokican = „Der Lei-dende“, Tonaufnahme: Peter Cooke am 20.02.1968, Kwapa–Dorf, in der Nähe der Tororo–Region, Uganda, PC 22.A6; Flötenspieler: John Okada; Rezitationsgesang: Manuel Okot

Notenbeispiel 14

Musikbeispiel 8 Nyamulere / Oluett–Flötenstimmung der Acholi aus Uganda, Tonaufnah-me: Gerhard Kubik 1959 / 60, Signatur B–5070, Sammlung: Phono-grammarchiv Wien

Notenbeispiel 15

Musikbeispiel 9 Nyamulere / Oluett –Flötenstück, Tonaufnahme: s. Beschreibumg im Musikbeispiel 8, Signatur B5068

Notenbeispiel 16

Musikbeispiel 10 Ausschnit einer Omukuri–Flötenmelodie der Hima, Tonaufnahme: Peter Cooke 12.11.1967, Kishangura Dorf, Nahe Kinoni, in Erifazi Rwaburiijo-no, Uganda, Sammlung–Nr.: 2PCUG64–8.17B10

Notenbeispiel 18 (s. auch Flötenstimmung im Notenbeispiel 17)

362

Nr. Beschreibung vgl. mit Musikbeispiel 11 Shulungo–Flötenspiel der Maale, Äthiopien (Arbeitslied), Tonaufnahme:

Timkehet Teffera, 10.03.2005, Beneta–Dorf, Maale, Südäthiopien Notenbeispiel 20 (s. auch Flötenstimmung im Notenbeispiel 19)

Musikbeispiel 12 Shungul–Flötenspiel der Ari: Trauermelodie, Tonaufnahme: Timkehet Teffera, März 2005, Jinka, Südäthiopien, Musiker: Atire Iqubayso

Notenbeispiel 22 (s. auch Flötenstimmung im Notenbeispiele 21)

Musikbeispiel 13 Instrumentalstück auf der Flöte Sorror, Nymang, Zentralsudan, Tonauf-nahme: Timkehet Teffera, 12.04. 2005, Kellara, Kordofan, Zentralsudan

Notenbeispiel 24 (s. auch Flötenstimmung im Notenbeispiel 23)

Musikbeispiel 14 Instrumentalstück auf der Flöte Washint der Amara, Tonaufnahme: Tim-kehet Teffera, 19.07.2006 Addis Abeba, Musiker: Zelealem Liyih (Abb. 76) aus Gojjam, Zentraläthiopien

Abb. 73–78 und Notenbei-spiele 25 / 26

Musikbeispiel 15 Ausschnitt aus einer Woissa–Flötenstück der Hamar, Nyabole: Hamar–Südäthiopien, CD Publikation Museum Collection Berlin, Tonaufnahme: Ivo Strecker 1970–1976, SM 17072, WERGO GmbH, CD–Aufnahme 2, Flötenspielerin: Gardu Oita aus Hamar

Notenbeispiel 28 (s. auch Flötenstimmung im Notenbeispiel 27)

Musikbeispiel 16 Abbi–Birare–Ensemble: Extrakt eines Musikstückes, 6 Elementarpulsati-on: 80 M.M.; Tonaufnahme: Timkehet Teffera, 13.02.2005, Berta / West-äthiopien

Notenbeispiel 29

Musikbeispiel 17 Stimmung des Bol–Negero–Ensembles; Tonaufnahme: Timkehet Teffera, 13.02.2005, Berta / Westäthiopien

vgl. Abb. 102

Musikbeispiel 18 Bol–Negero–Ensemble, Extrakt eines Musikstückes; 18 Elementarpulsati-on M.M.; Tonaufnahme: s. Beschreibung im Musikbeispiel 17

Notenbeispiel 33 und 34

Musikbeispiel 19 Extrakt einer Osegu–Ensembleaufführung der Madi–Okollo; Tonaufnah-me: Peter Cooke am 06.04.1968, Madi–Okollo, Arua Region, Westuganda (s. auch Cooke: 2001c: 37)

Notenbeispiel 37 (s. auch Flötenstimmung im Notenbeispiel 36)

Musikbeispiel 20 Pilea–Ensemble: Extrakt aus einem Musikstück; Elementarpulsation: 120 M.M., Tonaufnahme: Timkehet Teffera, 10.03.2005, Beneta–Dorf, Maale, Südäthiopien

Notenbeispiel 38 (s. auch Abb. 119)

Musikbeispiel 21 Auschnitt aus einer Chivoti–Melodie I, Musiker: Juma Kibwana, Tonauf-nahme: Timkehet Teffera am 08.07.2005 Tiwi, Kenia

Notenbeispiel 47 (s. auch Notenbeispiel 43–46)

Musikbeispiel 21a Auschnitt aus einer Chivoti–Melodie II, Musiker: s. Beschreibung im Musikbeispiel 21

Vergleich zum Musikbei-spiel 21

Musikbeispiel 22 Ausschnit einer Ekibiswi–Flötenstück, Tonaufnahme: John Varnum 1972, Music of the Kuria and the Gusii of Western Kenya, Ethnic Folkways Records FE 4223, LP, Signatur P–1753, LP / Seite A, Nr. 7

Notenbeispiel 49 (s. auch Flötenstimmung im Notenbeispiel 48)

Musikbeispiel 23 Ausschnitt aus einer Filulu–Flötenmelodie: Tonaufnahme: Gregory Bartz 2004: Begleit–CD zum Buch Music in East Africa: Experiencing Music, Expressing Culture, Oxford University Press, New York 2004, Musikbei-spiel 2

Notenbeispiel 51 (s. auch Flötenstimmung im Notenbeispiel 50)

Musikbeispiel 24 Ausschnitt einer Ikere–Flötenmelodie, Tonaufnahme Nr. 6, s. Beschrei-bung in Nr. 22

Notenbeispiel 56 (s. auch Notenbeispiel 55)

Musikbeispiel 25 Ausschnit einer Umwere–Flötenmelodie, Tonaufnahme Nr. 4, s. Beschrei-bung in Nr. 22

Notenbeispiel 59 (s. auch Flötenstimmung im Notenbeispiel 58)

Musikbeispiel 26 Ostinatofiguren der Bungo–Oboe, Tonaufnahme: Gisa Jähnichen 1993, West–Creek, Kilifi, Kenia

Notenbeispiel 61 (s. auch Bungo–Oboe in Abb. 195)

Musikbeispiel 27 Waza–Ensemble: Stimmung der Berta, Tonaufnahme: Timkehet Teffera am 13.02.2005, Gambella–Dorf, Westäthiopien

s. auch Abb. 213–223

Musikbeispiel 28 Waza–Ensembleaufführung der Berta, Tonaufnahme: s. Beschreibung im Musikbeispiel 27

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Plankensteiner, Barbara (Mitarbeiterin des Museum für Völkerkunde in Wien): Informationsaustausch über Spaltflöten aus Tansania per E–Mail, 2006. Sempeke, Albert (Dr.): Dr. Albert Sempeke war ein bekannter Musiker im ehemaligen Hof der Baganda in Zentraluganda. Nach Abschaffung des Hofes leistete er sein Dienst als Musiker weiter. Kurz nach unserem Interview und Musikaufnahmen im Mai 2005 in Kampala starb Dr. Sempeke. Serwanga, Ludowi: Ludowi Serwanga war ein ehemaliger Hofmusiker am bugandischen Hof in Zentraluganda. Heute arbei-tet er im National Museum of Uganda in Kampala 2005. Tedla, Berhanu: 68 Jahre alt, sehr bekannter Masinqo–Spieler (einsaitige Kastenspießlaute) und Sänger, Videoaufnahmen und Interview über die Masinqo, offene Längsflöte Embilta und die äthiopische Geschichte und tradionelle Musik, Adigrat / Tigray –Nordäthiopien, 25. Juli 2006 Tekaw, Werede: 55 Jahre alt, Bauer aus dem Dorf Mai–Lomin der Region Tigray, Videoaufnahmen und Interview über den Awres genannten Tans– und Musizierstil sowie über die offene Längsflöte Embilta, Mai–Lomin, Tenben Distrikt, Tigray Region, Nordäthiopien, August 2006.  

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Glossar Im Text verwendete Fremdwörter: Musikinstrumente

Abamathan gedackte und grifflochlose Längsflöte aus Bambus; Instrument gehört zum Bulhu–Ensemble; L = 26,2

cm; Berta / Sudan. Ähnliche Ensembles kommen auch bei den Berta aus Westäthiopien vor. Die Instru-mentennamen können sowohl Ähnlichkeiten als auch Abweichungen besitzen (s. auch Bulhu–Ensemble).

Abamathan–Bishi

gedackte und grifflochlose Längsflöte aus Bambus; Instrument gehört zum Bulhu–Ensemble; L = 22,3 cm; Berta / Sudan. Ähnliche Ensembles kommen auch bei den Berta aus Westäthiopien vor. Die Instru-mentennamen können sowohl Ähnlichkeiten als auch Abweichungen besitzen (s. auch Bulhu–Ensemble).

Abamathan–Bishi–Dang

gedackte und grifflochlose Längsflöte aus Bambus; Instrument gehört zum Bulhu–Ensemble; L = 47 cm; Berta / Sudan. Ähnliche Ensembles kommen auch bei den Berta aus Westäthiopien vor. Die Instrumen-tennamen können sowohl Ähnlichkeiten als auch Abweichungen besitzen (s. auch Bulhu–Ensemble).

Abamathan–Dang

gedackte und grifflochlose Längsflöte aus Bambus; Instrument gehört zum Bulhu–Ensemble; L = 53,1 cm; Berta / Sudan. Ähnliche Ensembles kommen auch bei den Berta aus Westäthiopien vor. Die Instru-mentennamen können sowohl Ähnlichkeiten als auch Abweichungen besitzen (s. auch Bulhu–Ensemble).

Aban–Haran gedackte und grifflochlose Längsflöte aus Bambus; Instrument gehört zum Bulhu–Ensemble; L = 86,7 cm; Berta / Sudan. Ähnliche Ensembles kommen auch bei den Berta aus Westäthiopien vor. Die Instru-mentennamen können sowohl Ähnlichkeiten als auch Abweichungen besitzen (s. auch Bulhu–Ensemble).

Abejjia gedackte und grifflochlose Längsflöte aus Bambus; das Instrument gehört zu den Abbi–Birare– und Bol–Tsitsim–Ensembles; L = ca. 84–95 cm; ø = 3,5 cm Berta / Äthiopien. Ähnliche Ensembles kommen auch bei den Berta aus Südsudan vor. Die Instrumentennamen können sowohl Ähnlichkeiten als auch Abwei-chungen besitzen (s. auch Abbi–Birare– und Bol–Tsitsim–Ensembles)

Abbi–Birare–Ensemble

Bezeichnung für ein Ensemble, in dem gewöhnlich bis zu 9 gedackte und grifflochlose Längsflöten aus Bambus zusammenspielen; die Flöten besitzen unterschiedliche Dimensionen und Namen; L = etwa zwischen 25 und 95 cm; ø = ca. 3 bis 3,6 cm; Berta / Äthiopien. Ähnliche Ensembles kommen auch bei den Berta aus Westäthiopien vor. Die Instrumentennamen können sowohl Ähnlichkeiten als auch Abwei-chungen besitzen.

Abu Längstrompete aus mehreren zusammengefügten Kalebassensegmenten, L = ca. 150 cm; Luo / Uganda Achisare gedackte und grifflochlose Längsflöte aus Bambus; Instrument gehört zum Abbi–Birare–Ensemble; L =

ca. 30 cm; ø = 2,5–3 cm Berta / Äthiopien. Ähnliche Ensembles kommen auch bei den Berta aus Südsu-dan vor. Die Instrumentennamen können sowohl Ähnlichkeiten als auch Abweichungen besitzen (s. auch Abbi–Birare–Ensemble).

Achisare–Dañe gedackte und grifflochlose Längsflöte aus Bambus; Instrument gehört zum Bol–Tsitsim–Ensemble; L = 56 cm; ø = 3,2 cm; Berta / Äthiopien. Ähnliche Ensembles kommen auch bei den Berta aus Südsudan vor. Die Instrumentennamen können sowohl Ähnlichkeiten als auch Abweichungen besitzen (s. auch Bol–Tsitsim–Ensemble).

Acok–Bile (lit. = Flöten, die als erste „aufhören“?); gedackte und meist konische Längsflöte aus Tierhorn oder Ton; etwa 2 bis 3 vordere Grifflöcher; Instrument gehört zum Otule–Ensemble; bisweilen können je nach Ensemble zwei Acok–Bile–Flöten eingesetzt werden; Lango und Alur / Uganda (s. auch Otule–Ensemble)

Adadang (auch Adang–Bile, Adange, Adyere, Alub–Mine und Atong; lit. = mittlere Flöte); gedackte und meist konische Längsflöte aus Tierhorn oder Ton; gewöhnlich 3 vordere Grifflöcher; Instrumente gehören zum Otule–Ensemble; L = ca. 24 cm; Lango und Alur / Uganda (s. auch Otule–Ensemble)

Adalo s. Adolo Adang–Bile s. Adadang Adange s. Adadang Adet Querhorn vermutlich aus Holz oder aus einem Flaschenkürbis; konisch; Turkana / Kenia Adingil–Dañe gedackte und grifflochlose Längsflöte aus Bambus; Instrument gehört zum Bol–Negero–Ensemble; L =

69 cm; ø = 2,5 cm; Berta / Äthiopien. Ähnliche Ensembles kommen auch bei den Berta aus Südsudan vor. Die Instrumentennamen können sowohl Ähnlichkeiten als auch Abweichungen besitzen (s. auch Bol–Negero–Ensemble).

Adodo (lit. = Blatt); Längstrompete aus mehreren Kalebassensegmenten teleskopisch zu einem konischen Rohr zusammengefügt; Instrument gehört zum Waza–Ensemble; L = 96 cm Berta / Sudan. Ähnliche En-sembles kommen auch bei den Berta aus Westäthiopien vor. Die Instrumentennamen können sowohl Ähnlichkeiten als auch Abweichungen besitzen. (s. auch Waza–Ensemble)

Adolo (auch Adalo); Querhorn aus Antilopenhorn; Shilluk / Sudan

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Adolo–Bala (lit. = kleines Blatt); Längstrompete aus mehreren ineinandergeschobenen Kalebassensegmenten; Instru-ment gehört zum Waza–Ensemble; L = 46 cm; Berta / Sudan. Ähnliche Ensembles kommen auch bei den Berta aus Westäthiopien vor. Die Instrumentennamen können sowohl Ähnlichkeiten als auch Abwei-chungen besitzen. (s. auch Waza–Ensemble)

Adum s. Atin–Bilo Adum–Bile gedackte und meist konische Längsflöte aus Tierhorn oder Ton; etwa 2 bis 3 vordere Grifflöcher; Flöte

gehört zum Otule–Ensemble; bisweilen können je nach Ensemble zwei Adum–Bile–Flöten eingesetzt werden; L = ca. 18 cm; Lango und Alur / Uganda (s. auch Otule–Ensemble)

Adwili–Bilo s. Atin–Bilo Adyere s. Adadang Afyanza–Ensemble

Bezeichnung für ein Ensemble, in dem ungefähr 12 gedackte und grifflochlose Längsflöten aus Bambus zusammenspielen; gewöhnlich besitzen die Flöten unterschiedliche Dimensionen und jeweils eigene Bezeichnungen (hier jedoch nicht bekannt); Komo / Äthiopien

Agondo (lit. = wildes Tier); Längstrompete aus mehreren Kalebassensegmenten teleskopisch zu einem konischen Rohr zusammengefügt; Instrument gehört zum Waza–Ensemble; L = 108 cm; Berta / Sudan Ähnliche Ensembles kommen auch bei den Berta aus Westäthiopien vor. Die Instrumentennamen können sowohl Ähnlichkeiten als auch Abweichungen besitzen. (s. auch Waza–Ensemble)

Agrush (lit. = lauter Ton); Längstrompete aus mehreren Kalebassensegmenten teleskopisch zu einem konischen Rohr zusammengefügt; Instrument gehört zum Waza–Ensemble; L = 175 cm; Berta / Sudan Ähnliche Ensembles kommen auch bei den Berta aus Westäthiopien vor. Die Instrumentennamen können sowohl Ähnlichkeiten als auch Abweichungen besitzen. (s. auch Waza–Ensemble)

Agwara Querhörner aus Holz, Kürbis oder Horn; Alur / Uganda Agwara–At–Payda–Ensemble

Bezeichnung für ein Ensemble, das sich aus etwa 8 Querhörnern aus Holz, Kürbis und Horn zusammen-setzt; Alur / Uganda (s. auch Agwara–At–Zeu–Ensemble)

Agwara–At–Zeu–Ensemble

Bezeichnung für ein Ensemble, das sich aus etwa 8 Querhörnern aus Holz, Kürbis und Horn zusammen-setzt; Alur / Uganda (s. auch das Agwara–At Payda–Ensemble)

Akalere offene Längsflöte aus Bambus mit 4 vorderen Grifflöchern; zylindrisches Rohr mit scharfer Anblaskante; Busoga / Uganda

Akanga s. Kanga Akatemyo s. Entemyo Akawunde (auch Kawunde und Eggwara); Längstrompete, die aus zwei ineinander gesteckten Kalebassen gefertigt

wird; L = ca. 60–65 cm; Baganda / Uganda. Die Begriffe Akawunde bzw. Eggwara beziehen sich aber auch auf Quertrompeten der Basoga / Uganda

Akholay gedackte und grifflochlose Längsflöte aus Bambus; Instrument gehört zum Bulhu–Ensemble; L = 14,3 cm; Berta / Sudan; Ähnliche Ensembles kommen auch bei den Berta aus Westäthiopien vor. Die Instru-mentennamen können sowohl Ähnlichkeiten als auch Abweichungen besitzen. (s. auch Bulhu–Ensemble)

Alamoru offene Längsflöte aus Holz; 2 vordere Grifflöcher; L = ca. 50 cm; Acholi und Karamoja / Uganda Eine andere gleichnamige Flöte kommt auch bei den ugandischen Teso vor. Sie besitzt 4 vordere Grifflö-cher; L = ca. 50 -170 cm

Al–Meshir–Al–Awel

gedackte und grifflochlose Längsflöte aus Bambus; Instrument gehört zum Bol–Negero–Ensemble; L = 8,5 cm; ø = 3,5 cm; Berta / Äthiopien. Ähnliche Ensembles kommen auch bei den Berta aus Südsudan vor. Die Instrumentennamen können sowohl Ähnlichkeiten als auch Abweichungen besitzen. (s. auch Bol–Negero–Ensemble).

Al–Meshir–Atalit gedackte und grifflochlose Längsflöte aus Bambus; Instrument gehört zum Bol–Negero–Ensemble; L = 10 cm; ø = 3,5 cm; Berta / Äthiopien. Ähnliche Ensembles kommen auch bei den Berta aus Südsudan vor. Die Instrumentennamen können sowohl Ähnlichkeiten als auch Abweichungen besitzen. (s. auch Bol–Negero–Ensemble).

Al–Meshir–Atani gedackte und grifflochlose Längsflöte aus Bambus; Instrument gehört zum Bol–Negero–Ensemble; L = 9 cm; ø = 3,5 cm; Berta / Äthiopien. Ähnliche Ensembles kommen auch bei den Berta aus Südsudan vor. Die Instrumentennamen können sowohl Ähnlichkeiten als auch Abweichungen besitzen. (s. auch Bol–Negero–Ensemble).

Alub–Mine s. Adadang Aluti s. Aluut Aluut Querhorn aus Tierhorn. Das Instrument kommt bei den ugandischen Karamoja vor, wo es überwiegend

von Hirten geblasen wird, um damit Hyänen wegzujagen. Bei den kenianischen Teso wird dieses Quer-horn auch Aluti genannt und es besitzt vermutlich die gleiche Funktion; Karamoja / Uganda und Teso / Kenia

382

Amadinda 12–stäbiges Xylophon der Baganda aus Zentraluganda. Amadiñe gedackte und grifflochlose Längsflöte aus Bambus; Instrument gehört zum Bol–Negero–Ensemble; L =

17 cm; ø = 4 cm; Berta / Äthiopien. Ähnliche Ensembles kommen auch bei den Berta aus Südsudan vor. Die Instrumentennamen können sowohl Ähnlichkeiten als auch Abweichungen besitzen. (s. auch Bol–Negero–Ensemble).

Amadine–Dañe gedackte und grifflochlose Längsflöten aus Bambus in verschiedenen Dimensionen; Instrumente gehören zum Bol–Negero– und Bol–Tsitsim–Ensembles; L = 25,5–67 cm; ø = 3,5–4 cm; Berta / Äthiopien Ähnliche Ensembles kommen auch bei den Berta aus Südsudan vor. Die Instrumentennamen können sowohl Ähnlichkeiten als auch Abweichungen besitzen. (s. auch Bol–Negero–Ensemble).

Amagwala s. Ebigwala Amagwara s. Ebigwala Amakondere– Ensemble

(auch Eikondere, Makondere und Amakondera); Bezeichnung für ein Ensemble, das sich aus 5 und mehr Querhörnern aus Holz, Kürbis oder Horn zusammensetzt; Baganda, Basoga, Nyoro und Ankole / Uganda; Haya / Tansania und Tutsi / Ruanda und Burundi

Amane gedackte und grifflochlose Längsflöte aus Bambus; Instrument gehört zum Bol–Tsitsim–Ensemble; L = 33 cm; ø = 2,7 cm; Berta / Äthiopien Ähnliche Ensembles kommen auch bei den Berta aus Südsudan vor. Die Instrumenten–namen können sowohl Ähnlichkeiten als auch Abweichungen besitzen. (s. auch Bol–Negero–Ensemble).

Amwara Edir Querhorn aus Antilopenhorn; Nuer / Äthiopien Anditto gedackte und grifflochlose Längsflöte aus Bambus; Instrument gehört zum Pilea–Ensemble; L = 31 cm;

ø = 2,5 cm; Maale / Äthiopien (s. auch Pilea–Ensemble) Andinga–Ensemble

Bezeichnung für ein Ensemble, das sich aus etwa 5 gedackte und grifflochlose Längsflöten aus Bambus zusammensetzt; gewöhnlich besitzt jede Flöte ihre eigene Dimension und Bezeichnung (hier allerdings nicht bekannt); Gumuz / Sudan. Vermutlich kommen ähnliche Ensembles auch bei den in Westäthiopien lebenden Gumuz–Gruppen vor.

Angari Querhorn aus Ziegen– oder Antilopenhorn; L = ca. 35 cm, aber auch mehr; das Instrument gehört zum Waza–Ensemble; Berta / Äthiopien. Ähnliche Ensembles kommen auch bei den Berta aus Südsudan vor. Die Instrumentennamen können sowohl Ähnlichkeiten als auch Abweichungen besitzen. (s. auch Waza–Ensemble).

Angola Querhorn aus Holz, Kürbis oder Horn; Instrument gehört zum Agwara–At Payda–Ensemble; Alur / U-ganda (s. auch Agwara–At Payda–Ensemble)

Aniga Längstrompete aus einem zylindrischen Plastikrohr an dessen Ende ein halbkugelförmiger Kürbis hinzu-gefügt wird; Instrument gehört zum Dussul–Ensemble; Nymang / Sudan (s. auch Dussul–Ensemble)

Apel s. Arupepe Aporo Längstube aus Holz; L = 91 cm; ø = 5,5 cm; Labwor / Uganda Aqidare gedackte und grifflochlose Längsflöte aus Bambus; Instrument gehört zum Bol–Negero–Ensemble; L =

14,5 cm; ø = 3,5 cm; Berta / Äthiopien; Ähnliche Ensembles kommen auch bei den Berta aus Südsudan vor. Die Instrumentennamen können sowohl Ähnlichkeiten als auch Abweichungen besitzen. (s. auch Bol–Negero–Ensemble).

Ariva offene Längsflöte aus einem Flaschenkürbis mit einem zylindrischen Bambusröhrchen als Mundstück, das in die Öffnung des Kürbisses hineingefügt wird; die Ariva gehört zum Bol–Tsitsim–Ensemble Berta / Äthiopien. Ähnliche Ensembles kommen auch bei den Berta aus Südsudan vor. Die Instrumentennamen können sowohl Ähnlichkeiten als auch Abweichungen besitzen. (s. auch Bol–Tsitsim–Ensemble)

Arum Querhorn aus Holz, Kürbis und Horn; Instrument gehört zum Agwara–At–Zeu– bzw. Agwara–At Payda–Ensemble; Alur / Uganda (s. auch Agwara–At–Zeu–Ensemble)

Arupepe (auch Apel) 1. überwiegend zylindrische Quertrompete aus gleich großen Holztrögen verfertigt und anschließend Kante an Kante zusammengepresst; Rohr wird gewöhnlich mit Leder überzogen 2. Querhorn aus Tierhorn (vermutlich ein Rinderhorn); Karamoja und Teso / Uganda und Kenia

Aryembut vermutlich ein Querhorn aus Tierhorn; Sabot / Kenia Asese bzw. Ase-sehu

Kürbisrassel mit Stiel; L ca. = 20 cm; Instrument fungiert u.a. in den Bol–Negero– (Flöten– / Trommel) und Bol–Tsisim–Ensembles als Rhythmusinstrument; es wird gewöhnlich von Frauen geschüttelt; Berta Äthiopien. Ähnliche Ensembles kommen auch bei den Berta aus Südsudan vor. Die Instrumentennamen können sowohl Ähnlichkeiten als auch Abweichungen besitzen. (s. auch Bol–Negero– und Bol–Tsitsim–Ensembles)

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Asesehu Längstrompete aus mehreren Kalebassensegmenten teleskopisch zu einem konischen Rohr zusammenge-fügt; Instrument gehört zum Waza–Ensemble; L = 110 cm; Berta / Äthiopien. Ähnliche Ensembles kommen auch bei den Berta aus Südsudan vor. Die Instrumentennamen können sowohl Ähnlichkeiten als auch Abweichungen besitzen. (s. auch Waza–Ensemble)

Asezagu (lit. = Rassel); Längstrompete aus mehreren Kalebassensegmenten teleskopisch zu einem konischen Rohr zusammengefügt; Instrument gehört zum Waza–Ensemble; L = 120 cm; Berta / Sudan. Ähnliche En-sembles kommen auch bei den Berta aus Westäthiopien vor. Die Instrumentennamen können sowohl Ähnlichkeiten als auch Abweichungen besitzen. (s. auch Waza–Ensemble)

Asholfa mehrere gedackte und grifflochlose Längsflöte aus Bambus in unterschiedlichen Dimensionen; Instru-mente gehören zu den Bol–Tsitsim–, Bulhu–, und Bol–Negero–Ensembles; L = 17,5–37 cm; ø = 2,8–4,5 cm; Berta/ Äthiopien. Ähnliche Ensembles kommen auch bei den Berta aus Südsudan vor. Die Instru-mentennamen können sowohl Ähnlichkeiten als auch Abweichungen besitzen (s. auch Bol–Tsitsim–, Bulhu–, und Bol–Negero–Ensembles).

Asholfa–Dañe mehrere gedackte und grifflochlose Längsflöten aus Bambus unterschiedlicher Dimensionen; Instrumente gehören zu den Bol–Tsitsim– und Bol–Negero–Ensembles; L = 38–66 cm; ø = 3–4 cm; Berta / Äthiopien Ähnliche Ensembles kommen auch bei den Berta aus Südsudan vor. Die Instrumentennamen können sowohl Ähnlichkeiten als auch Abweichungen besitzen (s. auch Bol–Tsitsim–, und Bol–Negero–Ensembles).

Asholfa–Dang gedackte und grifflochlose Längsflöte aus Bambus; Instrument gehört zum Bulhu–Ensemble; L = 57,6 cm; Berta / Sudan. Ähnliche Ensembles kommen auch bei den Berta aus Westäthiopien vor. Die Instru-mentennamen können sowohl Ähnlichkeiten als auch Abweichungen besitzen (s. auch Bulhu–Ensemble)

Asili s. Odundu Asman gedackte und grifflochlose Längsflöte aus Bambus; Instrument gehört zum Bal–Ensemble; L = 17,6 cm;

Ingessana / Sudan (s. auch Bal–Ensemble) Astimsa gedackte und grifflochlose Längsflöte aus Bambus; Instrument gehört zum Woissa–Ensemble; L = 20

cm; ø = 2,2 cm; Ari / Äthiopien (s. auch Woissa–Ensemble) Asukusuk Längstube aus Holz und Kürbis; am Ende eines zylindrischen Holzrohrs ist ein halbkugelförmiger Kürbis

hineingesteckt; Teso / Uganda Aswan gedackte und grifflochlose Längsflöte aus Bambus; Instrument gehört zum Bal–Ensemble; Ingessana /

Sudan (s. auch Bal–Ensemble) Ataray gedackte und grifflochlose Längsflöte aus Bambus; Instrument gehört zum Bulhu–Ensemble; L = 12,2

cm; Berta / Sudan. Ähnliche Ensembles kommen auch bei den Berta aus Westäthiopien vor. Die Instru-mentennamen können sowohl Ähnlichkeiten als auch Abweichungen besitzen (s. auch Bulhu–Ensemble).

Athotho gedackte und grifflochlose Längsflöte aus Bambus; Instrument gehört zum Bulhu–Ensemble; L = 78,1 cm; Berta / Sudan Ähnliche Ensembles kommen auch bei den Berta aus Westäthiopien vor. Die Instrumentennamen können sowohl Ähnlichkeiten als auch Abweichungen besitzen (s. auch Bulhu–Ensemble).

Athotho–Bala gedackte und grifflochlose Längsflöte aus Bambus; Instrument gehört zum Bulhu–Ensemble; L = 19,8 cm; Berta / Sudan. Ähnliche Ensembles kommen auch bei den Berta aus Westäthiopien vor. Die Instru-mentennamen können sowohl Ähnlichkeiten als auch Abweichungen besitzen (s. auch Bulhu–Ensemble).

Athotho–Dang gedackte und grifflochlose Längsflöte aus Bambus; Instrument gehört zum Bulhu–Ensemble; L = 39,8 cm; Berta / Sudan. Ähnliche Ensembles kommen auch bei den Berta aus Westäthiopien vor. Die Instru-mentennamen können sowohl Ähnlichkeiten als auch Abweichungen besitzen (s. auch Bulhu–Ensemble).

Atin–Bile s. Atin–Bilo Atin–Bilo (auch Atin, Adum, Atin–Bile, Adum–Bile, Adwili–Bilo und Ayrem; lit. = Kinderflöte; schriller Ton oder

interpretierende Flöten); mehrere gedackte und meist konische Längsflöte aus Tierhorn oder Ton; ge-wöhnlich aus 2 bis 3 vorderen Grifflöchern; Instrumente gehören zum Otule–Ensemble; L = ca. 6 bis 9 cm; Lango und Alur / Uganda (s. auch Otule–Ensemble)

Atom Querhorn; Turkana / Kenia Atong s. Adadang Auleru bzw. Aulero

offene Längsflöte vermutlich aus Bambus mit 4 vorderen Grifflöchern; L = ca. 30 bis 40 cm; Teso/Iteso/ Uganda und Kenia

Aum gedackte und grifflochlose Längsflöte aus Bambus; Instrument gehört zum Abbi–Birare–Ensemble; L = ca. 75 cm; ø = 3,5 cm; Berta / Äthiopien. Ähnliche Ensembles kommen auch bei den Berta aus Südsu-dan vor. Die Instrumentennamen können sowohl Ähnlichkeiten als auch Abweichungen besitzen (s. auch Abbi–Birare–Ensemble).

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Awra offene und grifflochlose Längsflöte aus Bambus aus dem Embilta–Ensemble; Amara / Äthiopien Ayrem s. Atin–Bilo Bagakawa offene und grifflochlose Längsflöte aus Holz; Instrument gehört zum Kumia–Surma–Ensemble; L = ca. 9

cm; Gumuz / Äthiopien. Ähnliche Ensembles kommen auch bei den Gumuz aus Südsudan vor. Die In-strumentennamen können sowohl Ähnlichkeiten als auch Abweichungen besitzen (s. auch Kumia–Surma– und Kome–Mdinga–Ensembles)

Bal–Ensemble Bezeichnung für ein Ensemble, in dem etwa 5 bis 8 gedackte und grifflochlose Längsflöten aus Bambus zusammenspielen; alle Flöten haben unterschiedliche Dimensionen und Namen; zum Bal–Ensemble gehörnen außerdem die Längshorn Sinr aus Flaschenkürbis bzw. die Längstrompete Singar aus Alumini-um sowie die Kürbisrassel Sinara bzw. Singa; Ingessana / Sudan. Ähnliche Ensembles kommen auch bei den Gumuz aus Westäthiopien vor. Die Instrumentennamen können sowohl Ähnlichkeiten als auch Ab-weichungen besitzen

Balu–Naggaru s. Bol–Negero–Ensemble Balu–Shuru s. Bol–Negero–Ensemble Bangare Querhorn aus Antilopenhorn; Azande / Sudan Bangia s. Sangwa Baragumu Querhorn aus Antilopenhorn; Swahili / Tansania und Kenia Betetiya offene und grifflochlose Längsflöte aus Holz; Instrument gehört zum Kumia–Surma–Ensemble; L = 15

cm; Gumuz / Äthiopien. Ähnliche Ensembles kommen auch bei den Gumuz aus Südsudan vor. Die In-strumentennamen können sowohl Ähnlichkeiten als auch Abweichungen besitzen (Kumia–Surma– und Kome–Mdinga–Ensembles)

Bilu vermutlich eine Schrillpfeife (Material: Plastik, Holz oder Metall); Alur, Acholi / Uganda Biringi offene Längsflöte aus Holz; 4–8 vordere Grifflöcher; L = ca. 30 cm und mehr; Gikuyu / Kenia Bokombowa offene und grifflochlose Längsflöte aus Holz aus dem Kumia–Surma–Ensemble; Gumuz / Äthiopien (s.

auch Kumia–Surma–Ensemble). Ähnliche Ensembles kommen auch bei den Gumuz aus Südsudan vor. Die Instrumentennamen können sowohl Ähnlichkeiten als auch Abweichungen besitzen (s. Kumia–Surma– und Kome–Mdinga–Ensembles)

Bolmosha mehrere gedackte und grifflochlose Längsflöten aus Bambus in verschiedenen Dimensionen; Instrumente gehören zu den Abbi–Birare–, Bol–Tsitsim– und Bol–Negero–Ensembles; L = ca. 43–45 cm; ø = 3–3,6 cm; Berta / Äthiopien. Ähnliche Ensembles kommen auch bei den Berta aus Südsudan vor. Die Instru-mentennamen können sowohl Ähnlichkeiten als auch Abweichungen besitzen (s. auch Abbi–Birare–, Bol–Tsitsim– und Bol–Negero–Ensembles)

Bolmosha–Dañe gedackte und grifflochlose Längsflöte aus Bambus; Instrument gehört zu den Abbi–Birare–, Bol–Tsitsim– und Bol–Negero–Ensembles; L = ca. 25–50 cm; ø = 3–4,5 cm; Berta / Äthiopien. Ähnliche Ensembles kommen auch bei den Berta aus Südsudan vor. Die Instrumentennamen können sowohl Ähnlichkeiten als auch Abweichungen besitzen (s. auch Abbi–Birare–, Bol–Tsitsim– und Bol–Negero–Ensembles)

Bol–Naggara s. Bol–Negero–Ensemble Bol–Negero–Ensemble

(auch Bul–Nagaro, Bol–Naggara, Balu–Naggaru und Balu–Shuru) Bezeichnung für ein Flöten– / Trommelensemble, das sich aus etwa mehr als 12, 14, 15 und mehr ge-dackten und grifflochlosen Längsflöten aus Bambus zusammensetzt; die Flöten besitzen unterschiedliche Dimensionen und Namen, die allerdings von einem Ort zum anderen bzw. von Ensemble zum Ensemble große und kleine Abweichungen bzw. Unterschiede aufweisen; L = zwischen 8,5 und 71,5 cm; ø = 2,5 bis 4,5 cm; zum Bol–Negero–Ensemble gehören ferner die Kesseltrommel Negero und mehrere Kürbis-rassel, genannt Asese bzw. Asesehu; Berta / Äthiopien. Ähnliche Ensembles kommen auch bei den Berta aus Südsudan vor.

Bol–Tsitsim–Ensemble

Bezeichnung für ein Ensemble, das in der Regel aus 11 gedackten und grifflochlosen Bambuslängsflöten besteht; die Flöten haben unterschiedliche Dimensionen sowie jeweils eigene Bezeichnung, die allerdings von Ort zu Ort bzw. von einem Ensemble zum anderen große und kleine Abweichungen aufweisen; L = zwischen 24 und 84 cm; ø = 2,5 bis 3,5 cm; zum Ensemble gehören ferner 1–2 Bulu bzw. Bulung ge-nannte Querhörner (aus Tierhorn oder Holz); die Ariva = eine offene Längsflöte aus Kalebasse und Bam-bus; Asese bzw. Asesehu = mehrere Kürbisrassel und mehr als zwei Dungul–Lafe (auch Alafia)= dicker Holzscheit + ein ebenso dicker und meist runder Holzschlegel; Berta / Äthiopien Ähnliche Ensembles sind auch bei den Berta aus dem Sudan zu beobachten.

Bonder–Balla Längstrompete aus mehreren zusammengefügten Kalebassensegmenten; konischer Rohrverlauf mit einer weit ausladenden Schallstürze; die Trompete besitzt außerdem ein kesselförmiges Mundstück aus dem-selben Material; das Instrument gehört zum Bol–Negero–Ensemble; L = 75 cm; Rohrende ø = 10 cm; Berta / Äthiopien. Ähnliche Ensembles kommen auch bei den Berta aus Südsudan vor. Die Instrumen-tennamen können sowohl Ähnlichkeiten als auch Abweichungen besitzen (s. Bol–Negero–Ensemble)

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Bondoro–Dañe Längstrompete aus mehreren zusammengefügten Kalebassensegmenten; konischer Rohrverlauf mit einer weit ausladenden Schallstürze; die Trompete besitzt außerdem ein kesselförmiges Mundstück aus dem-selben Material; das Instrument gehört zum Bol–Negero–Ensemble; L = 95 cm; Berta / Äthiopien Ähnliche Ensembles kommen auch bei den Berta aus Südsudan vor. Die Instrumentennamen können sowohl Ähnlichkeiten als auch Abweichungen besitzen (s. Bol–Negero–Ensemble).

Borsher Querhorn aus Antilopenhorn mit einer kleinen Öffnung an der Spitze; leicht gebogen und konisch; L = 43cm; ø (Rohrende) = 6–7 cm; Nymang / Sudan

Bo’ule (auch U’uli); gedackte und grifflochlose Längsflöte aus Bambus; Instrument gehört zum Pilea–Ensemble; L = 38 cm; ø = 2,5 cm; Maale / Äthiopien (s. auch Pilea–Ensemble)

Bul–Nagaro s. Bol–Negero–Ensemble Bulu

(auch Bulung) Querhorn aus Tierhorn oder aus Holz mit ovalem Anblasloch; L = ca. 30 cm; Instrument gehört zum Bol–Tsitsim–Ensemble; Berta / Äthiopien; ähnliche Ensembles sind auch bei den Berta aus dem Sudan zu beobachten, doch bei den Bezeichnungen einzelner Instrumente können sowohl Gemein-samkeiten als auch kleine und große Abweichungen festgestellt werden

Bulung s. Bulu Bulu–Pale (auch Bal); Bulu = Astgabel + Pale = ein Horn oder dickes Holz als Schlegel; das Bulu / Pale–Paar

gehört zum Waza–Ensemble; Berta / Äthiopien (s. auch Waza–Ensemble) Bun längs geblasene Schneckentrompete aus Schneckengehäuse; Somali / Kenia Bungo Oboe aus Holz und Metall; konisch; 4 vordere Grifflöcher; L = 75; Giriama / Kenia Buun–Oocaroog s. Bun Cegura offene und grifflochlose Längsflöte aus Holz aus dem Kumia–Surma–Ensemble; L = 18,5 cm; Gumuz /

Äthiopien. Ähnliche Ensembles kommen auch bei den Gumuz aus Südsudan vor. Die Instrumentennamen können sowohl Ähnlichkeiten als auch Abweichungen besitzen (s. auch Kumia–Surma– und Kome–Mdinga–Ensembles)

Chivoti

offene Querflöte aus Bambus, Plastik oder Metall; 4–6 vordere Grifflöcher; L = ca. 18–26 cm; ø = 2.5 cm; Grifflochabstand etwa 2 cm; Giriama, Digo und Rabai / Kenia

Chondo s. Gunda Chondo–Dodi s. Gunda Chondothi s. Gunda Daag gedackte und grifflochlose Längsflöte aus Bambus; Instrument gehört zum Bal–Ensemble; Ingessana /

Sudan Dankera offene und grifflochlose Längsflöte aus Bambus aus dem Embilta–Ensemble; Tenben–Nordost–Tigray /

Äthiopien (s. auch Embilta–Ensemble) Dego gedackte und grifflochlose Längsflöte aus Bambus; Instrument gehört zu den Abbi–Birare– und Bol–

Tsitsim–Ensembles; L = ca. 24– 25 cm; ø = 2,5–3 cm; Berta / Äthiopien Ähnliche Ensembles kommen auch bei den Berta aus Südsudan vor. Die Instrumentennamen können sowohl Ähnlichkeiten als auch Abweichungen besitzen (s. Abbi–Birare– und Bol–Tsitsim–Ensembles).

Dego–Dañe gedackte und grifflochlose Längsflöte aus Bambus; Instrument gehört zu den Abbi–Birare– und Bol–Tsitsim–Ensembles; L = 26–28 cm; ø = 2,5–3,2 cm; Berta / Äthiopien. Ähnliche Ensembles kommen auch bei den Berta aus Südsudan vor. Die Instrumentennamen können sowohl Ähnlichkeiten als auch Abweichungen besitzen (s. Abbi–Birare– und Bol–Tsitsim–Ensembles).

Diay gedackte und grifflochlose Längsflöte aus Bambus; Instrument gehört zum Bal–Ensemble; Ingessana / Sudan (s. auch Bal–Ensemble)

Diederi Querhorn aus Tierhorn (z.B. Gazellen– oder Ziegenhorn); L = ca. 30cm; gebogen und konisch; Nymang / Sudan

Difin offene und grifflochlose Längsflöte aus Bambus oder Metall dem Embilta–Ensemble; Amara und Ak-sum–Nordwest–Tigray / Äthiopien (s. auch Embilta–Ensemble)

Dingil Balla gedackte und grifflochlose Längsflöte aus Bambus; Instrument gehört zum Bol–Negero–Ensemble; L = 67 cm; ø = 4 cm; Berta / Äthiopien. Ähnliche Ensembles kommen auch bei den Berta aus Südsudan vor. Die Instrumentennamen können sowohl Ähnlichkeiten als auch Abweichungen besitzen (s. Bol–Negero–Ensembles).

Dinke Quertrompete aus einem zylindrischen Bambus an dessen Ende ein Tierhorn (meist ein Rinderhorn) hinzugefügt wird; L = 3 Meter und mehr; ø (Bambus) = ca. 2–2,5cm Welayitta, Kembatta, Hadiya / Äthiopien; eine ähnliches Quertrompete, genannt Trounotey ist auch in der Musikkultur der Bodi aus Südäthiopien anzutreffen (s. auch Trounotey)

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Dogol–Daag gedackte und grifflochlose Längsflöte aus Bambus; Instrument gehört zum Bal–Ensemble; L = 21,7 cm; Ingessana / Sudan (s. auch Bal–Ensemble)

Dogol–Otho gedackte und grifflochlose Längsflöte aus Bambus; Instrument gehört zum Bal–Ensemble; L = 24 cm; Ingessana / Sudan (s. auch Bal–Ensemble)

Do’i gedackte und grifflochlose Längsflöte aus Bambus; Instrument gehört zum Woissa–Ensemble; L = 26 cm; ø = 2,3 cm; Ari / Äthiopien (s. auch Woissa–Ensemble)

Dokosi–Zaye Querhorn gerfertigt aus einem Wasserbockhorn ähnlich wie das Querhorn Shoroki–Zaye (s. auch Shoro-ki–Zaye); Maale / Äthiopien

Donkeri gedackte und grifflochlose Längsflöte aus Bambus; Instrument gehört zum Woissa–Ensemble; L = 23 cm; ø = 2 cm; Ari / Äthiopien (s. auch Woissa–Ensemble)

Dui Schneckentrompete aus Schneckengehäuse; Mijikenda / Kenia Dungul / Lafe ein relativ flacher Holzscheit (L = ca. 50 bis 70 cm; Dicke = 5 bis 7 cm) + ein meist runder Holzschlegel

(L = 35 bis 40 cm) mit unterschiedlichen Wölbungen; Instrumentenpaar gehört zum Bol–Tsitsim–Ensemble; Berta / Äthiopien. Ähnliche Ensembles kommen auch bei den Berta aus Südsudan vor. Die Instrumentennamen können sowohl Ähnlichkeiten als auch Abweichungen besitzen (s. auch Bol–Tsitsim–Ensemble)

Dureshkwa offene und grifflochlose Längsflöte aus Holz aus dem Kumia–Surma–Ensemble; L = ca. 13 cm; Gumuz / Äthiopien (s. auch Kumia–Surma–Ensemble). Ähnliche Ensembles kommen auch bei den Gumuz aus Südsudan vor. Die Instrumentennamen können sowohl Ähnlichkeiten als auch Abweichungen besitzen (s. auch Kumia–Surma– und Kome–Mdinga–Ensembles)

Dussul–Ensemble Bezeichnung für ein Ensemble, in dem gewöhnlich 5 Längstrompeten und die doppelfellige Konustrom-mel Kamul aus Blechkanister mit Fellspannung / W–Schnürung (Höhe = ca. 40 cm; ø = 30 x 20 cm) zusammenspielen; die Flöten bestehen aus zylindrischen Plastikröhren, die jeweils in kugelförmigen Kürbissen hineingefügt worden sind; L (Plastikröhre) = zwischen 60 und 100 cm; L (Kürbisgefäße) = 20 bis 30 cm; ø (Plastikröhre) = etwa 4,5 cm; ø (Kürbisgefäß) = etwa 15 cm; Nymang / Sudan

Dyangi Querhorn aus Holz, Kürbis oder Horn; Instrument gehört zum Amakondere–Ensemble; Batoro / Uganda (s. auch Amakondere–Ensemble)

Ebigwala–Ensemble

(auch Amagwara, Amagwala und Eggwara) Quertrompeten (bisweilen auch Querhörner) aus länglichen und ineinandergeschobenen Kalebassenstücken; sie werden in Sätzen gespielt; jedes Instrument wird durch seinen eigenen Namen voneinander unterschieden; Basoga / Uganda

Ebundi Gefäßflöte aus Fruchtschale (Oncoba–Spinosa) oder Kalebasse; kugelförmig; zwei seitlich gegenüberlie-gende Grifflöcher; Anblasloch rund und scharfkantig; H = ca. 11–13 cm; ø = ca. 10–12 cm; Gishu / Uganda

Ebune offene Längsflöte aus Bambus, Plastik, Metall; 2 vordere Grifflöcher; L = 60 bis 70 cm; Turkana / Kenia Echuka offene und grifflochlose Längsflöte aus Holz aus dem Kumia–Surma–Ensemble; L = ca. 11 cm; Gumuz /

Äthiopien. Ähnliche Ensembles kommen auch bei den Gumuz aus Südsudan vor. Die Instrumentennamen können sowohl Ähnlichkeiten als auch Abweichungen besitzen (s. auch Kumia–Surma– und Kome–Mdinga–Ensembles)

Egetureri Querhorn vermutlich aus Gazellenhorn; leicht gebogen und konisch; Gusii / Kenia Eggwara (auch Kawunde, Akawunde) ); Längstrompete, die aus zwei ineinander gesteckten Kalebassen gefertigt

wird; L = ca. 60 bis 65 cm; Baganda / Uganda. Die Begriffe Akawunde bzw. Eggwara beziehen sich aber auch auf Quertrompeten bzw. Querhörnern, Basoga / Uganda (s. Ebigwala)

Ekerongwe gedackte Querflöte aus Bambus; vier vordere Grifflöcher; L = ca. 40 cm; ø = ca, 3 cm; Kuria / Kenia Ekeroria Längsflöte aus Bambus mit Grifflöchern (Anzahl unbekannt). Als ein zeremoniales Musikinstrument

wird die Ekeroia ausschließlich von älteren Männern auf Begräbnisfeierlichkeiten geblasen; Gusii / Kenia

Ekibiswi

(auch Ikibiswi); offene Querflöte aus Bambus– oder Schilfrohr; 4 vordere Grifflöcher; L = ca. 20 bis 35 cm; ø = 2,5 bis 3 cm; Kuria, Kikuyu / Kenia

Ekigunda Querhorn aus Holz, Kürbis oder Horn; Instrument gehört zum Amakondere–Ensemble; Bayankole / Uganda (s. auch Amakondere–Ensemble)

Ekinimba offene Längsflöte aus Holz; 2 vordere Grifflöcher; L = 90 cm; ø = 1,5 bis 2,5 cm Kiga / Kenia Ekiwuuwe offene Längsflöte aus Bambus; 4 vordere Grifflöcher; Instrument gehört zum Endere–Ensemble; Bagan-

da / Uganda; (5. Flöte; L = ca. 62,6 cm) Ekiwuwa s. Ekiwuuwe Ekkiriza Quertrompete aus mehreren Kalebassensegmenten teleskopisch zusammengefügt; Instrument gehört zu

dem Ebigwala–Ensemble; Busoga / Uganda (s. auch Ebigwala–Ensemble)

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Eluma–Ensemble s. Eruma–Ensemble Embezi–Enene gedackte Panflöte aus 10 geraden und floßförmig angeordneten Bambus– und / oder Schilfröhren; In-

strument gehört zum Enkwanzi–Ensemble; Basoga / Uganda (s. auch Enkwanzi–Ensemble) Embilta–Ensemble

Bezeichnung für ein Ensemble, das sich aus drei offenen und grifflochlosen Längsflöten aus Bambus oder Metall zusammensetzt; die Flöten besitzen unterschiedliche Dimensionen; jede Flöte besitzt seinen eigenen Namen; L = ca. 65 bis 110 cm; ø = ca. 3 bis 5 cm; Tigray und Amara / Äthiopien (s. auch Embil-ta–Ensemble)

Emborogo offene Querflöte aus Bambus; 4 vordere Grifflöcher; L = ca. 25 cm; Kikuyu / Kenia Emouo Querhorn aus Antilopenhorn (gewöhnlich eine Kudu–Antilope); mehrfach geschwungen; konisch; seitli-

ches Anblasloch meist oval Maasai / Kenia Empala Quertrompete aus mehreren Kalebassensegmenten teleskopisch zusammengefügt; Instrument gehört zu

dem Ebigwala–Ensemble; Basoga / Uganda (s. auch Ebigwala–Ensemble) Empuru offene und grifflochlose Längsflöte aus Holz aus dem Nsegu–Ensemble; Nyoro, Toro, Nkole / Uganda Emyongo Querhorn aus Holz, Kürbis oder Horn; Instrument gehört zum Amakondere–Ensemble; Bayankole /

Uganda (s. auch Amakondere–Ensemble) Endasasi Quertrompete aus mehreren Kalebassensegmenten teleskopisch zusammengefügt; Instrument gehört zu

dem Ebigwala–Ensemble; Basoga / Uganda (s. auch Ebigwala–Ensemble) Endeka Querhorn aus Tierhorn; Instrument gehört zu dem Ebigwala–Ensemble; Busoga / Uganda (s. auch Ebig-

wala) Endere offene Längsflöte mit 4 vorderen Grifflöchern und mit einer u– oder v–förmigen Einkerbung der Schnei-

den; Baganda / Uganda Endese Querhorn aus Holz, Kürbis oder Horn; Instrument gehört zum Amakondere–Ensemble; Baganda / Ugan-

da (s. auch Amakondere–Ensemble) Endeterezi Quertrompete aus mehreren Kalebassensegmenten teleskopisch zusammengefügt; Instrument gehört zu

dem Ebigwala–Ensemble; Basoga / Uganda (s. auch Ebigwala–Ensemble) Endezi Quertrompete aus mehreren Kalebassensegmenten teleskopisch zusammengefügt; Instrument gehört zu

dem Ebigwala–Ensemble; Busoga / Uganda (s. auch Ebigwala–Ensemble) Endhikirii gedackte Panflöte aus 7 geraden und floßförmig angeordneten Bambus– und / oder Schilfröhren; Instru-

ment gehört zum Enkwanzi–Ensemble; Basoga / Uganda Endhikirizi Quertrompete aus mehreren Kalebassensegmenten teleskopisch zusammengefügt; Instrument gehört zu

dem Ebigwala–Ensemble; Busoga / Uganda (s. auch Ebigwala–Ensemble) Endumirizi Quertrompete aus mehreren Kalebassensegmenten teleskopisch zusammengefügt; Instrument gehört zu

dem Ebigwala–Ensemble; Busoga / Uganda (s. auch Ebigwala Ensemble) Enhamba bzw. Enyama

Quertrompete aus mehreren Kalebassensegmenten teleskopisch zusammengefügt; Instrument gehört zu dem Ebigwala–Ensemble; Busoga / Uganda (s. auch Ebigwala–Ensemble)

Engaisi gedackte Panflöte aus 10 geraden und einreihig angeordneten Bambus– und / oder Schilfröhren; Instru-ment gehört zum Enkwanzi–Ensemble, Basoga / Uganda

Engalabi Trommel aus Uganda Engomba Trommel aus Uganda Engombe Querhorn aus Tierhorn; Baganda / Uganda Enjauzi Querhorn aus Holz, Kürbis oder Horn; Instrument gehört zum Amakondere–Ensemble; Baganda / Ugan-

da (s. auch Amakondere–Ensemble) Enkanga Querhorn aus Holz, Kürbis oder Horn; Instrument gehört zum Amakondere–Ensemble; Bayankole /

Uganda (s. auch Amakondere–Ensemble) Enkwanzi–Ensemble

(auch Obulere und Oburere); Bezeichnung für ein Ensemble, in dem 4, 6, 7 und mehr Panflöten mit etwa 7 bis 13 gedackten und meist floßförmig miteinander verbundenen Bambus– und Schilfröhren oder aus Elefantengras sowie eine offene Bechertrommel mit Fellspannung (Instrumentenname unbekannt) zu-sammenspielen; L = ca. 6 bis 40 cm; ø = ca. 2 bis 3,5 cm; die Panflöten besitzen eigene Bezeichnungen; Basoga / Uganda; es ist durchaus möglich, dass sich die Instrumentennamen von Ort zu Ort bzw. von einem Ensemble zum anderen Unterschiede aufweisen können

Enkoli Querhorn aus Holz, Kürbis oder Horn; Instrument gehört zum Amakondere–Ensemble; Baganda / Ugan-da (s. auch Amakondere–Ensemble)

Enkologi offene Längsflöte aus Bambus; 4 vordere Grifflöcher; Instrument gehört zum Endere–Ensemble; L = ca. 71,7 cm; Baganda / Uganda

Enkombezi offene und grifflochlose Längsflöte aus Holz aus dem Nsegu–Ensemble; Nyoro, Toro, Nkole / Ugandas Ensaasi offene Längsflöte aus Bambus; 4 vordere Grifflöcher; Instrument gehört zum Endere–Ensemble; L = ca.

46,3 cm; Baganda / Uganda (s. auch Endere–Ensemble)

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Ensasi Querhorn aus Holz, Kürbis oder Horn; Instrument gehört zum Amakondere–Ensemble; Baganda / Ugan-da (s. auch Amakondere–Ensemble)

Ensegere Querhorn vermutlich aus Tierhorn; Kuria / Kenia Entabi Querhorn aus Holz, Kürbis oder Horn; Instrument gehört zum Amakondere–Ensemble; L = ca. 40 cm;

Banyoro und Batoro / Uganda (s. auch Amakondere–Ensemble) Entabitabi offene Längsflöte aus Bambus– oder Plastikrohr; 4 vordere Grifflöcher; Instrument gehört zum Endere–

Ensemble; L = ca. 40 cm Baganda / Uganda (s. auch Endere–Ensemble) Entabusi–Entono gedackte Panflöte aus 10 geraden und einreihig angeordneten Bambus– und / oder Schilfröhren; Instru-

ment gehört zum Enkwanzi–Ensemble; Basoga / Uganda (Enkwanzi–Ensemble) Entabya Querhorn aus Holz, Kürbis oder Horn; Instrument gehört zum Amakondere–Ensemble; Bayankole /

Uganda (s. auch Amakondere–Ensemble) Entemyo offene Längsflöte aus Bambus; 4 vordere Grifflöcher; Instrument gehört zum Endere–Ensemble; L = ca.

34,4 cm; Baganda / Uganda (s. auch Endere–Ensemble) Entengezzi offene Längsflöte aus Bambus; 4 vordere Grifflöcher; Instrument gehört zum Endere–Ensemble; L = ca.

53,3 cm; Baganda / Uganda (s. auch Endere–Ensemble) Enteru Querhorn aus Holz, Kürbis oder Horn; Instrument gehört zum Amakondere–Ensemble; Banyoro / Ugan-

da (s. auch Amakondere–Ensemble) Enyahurro Offene und grifflochlose Längsflöte aus Holz aus dem Nsegu–Ensemble; Nyoro, Toro, Nkole / Ugandas Enyana Querhorn aus Holz, Kürbis oder Horn; Instrument gehört zum Amakondere–Ensemble; Basoga / Uganda

(s. auch Amakondere–Ensemble) Enyana Quertrompete aus mehreren Kalebassensegmenten teleskopisch zusammengefügt; Instrument gehört zu

dem Ebigwala–Ensemble; Busoga / Uganda (s. auch Ebigwala–Ensemble) Enzigalizi Querhorn aus Holz, Kürbis oder Horn; Instrument gehört zum Amakondere–Ensemble; Baganda / Ugan-

da (s. auch Amakondere–Ensemble) Enzomba Querhorn aus Tierhorn, gebogen und konisch; Kerebe / Tansania Eruma–Ensemble (auch Eluma) Bezeichnung für ein Ensemble, das sich aus ungefähr 16 gedackten und grifflochlosen

Längsflöten vermutlich aus Bambus unterschiedlicher Dimensionen zusammensetzt; die Flöten besitzen unterschiedliche Dimensionen und möglicherweise auch jeweils eigene Bezeichnungen; L = ca. zwi-schen 8 und 60 cm; Amba und Konjo / Uganda

Esanta–Enene gedackte Panflöte aus 10 geraden und einreihig angeordneten Bambus– und / oder Schilfröhren; Instru-ment gehört zum Enkwanzi–Ensemble; Basoga / Uganda (s. auch Enkwanzi–Ensemble)

Esanta–Entono gedackte Panflöte aus 10 geraden und einreihig angeordneten Bambus– und / oder Schilfröhren; Instru-ment gehört zum Enkwanzi–Ensemble; Basoga / Uganda (s. auch Enkwanzi–Ensemble)

Esos bzw. Esosi vermutlich ein Querhorn aus Tierhorn und eine Schrillpfeife (Material: Plastik, Metall oder Holz); Teso / Kenia

Eshuka offene und grifflochlose Längsflöte aus Holz aus dem Kumia–Surma–Ensemble; Gumuz / Sudan und Äthiopien. Ähnliche Ensembles kommen auch bei den Gumuz aus Südsudan vor. Die Instrumentennamen können sowohl Ähnlichkeiten als auch Abweichungen besitzen (s. auch Kumia–Surma– und Kome–Mdinga–Ensembles)

Esrekan offene und grifflochlose Längsflöte aus Holz aus dem Kumia–Surma–Ensemble; L = 32 cm; Gumuz / Sudan. Ähnliche Ensembles kommen auch bei den Gumuz aus Südsudan vor. Die Instrumentennamen können sowohl Ähnlichkeiten als auch Abweichungen besitzen (s. auch Kumia–Surma– und Kome–Mdinga–Ensembles)

Fanfa

gedackte Panflöte aus geraden und einreihig angeordneten Bambus– und / oder Schilfröhren; L = ca. 25 –30 cm; ø (einzelnes Rohr) = ca. 1,5–2,5; Konso / Äthiopien

Fefe gedackte und grifflochlose Längsflöte aus Bambus; Instrument gehört zum Bal–Ensemble; Ingessana / Sudan (s. auch Bal–Ensemble)

Fila–Ensemble Bezeichnung für ein Ensemble, in dem etwa 14 gedackte und grifflochlose Längsflöten aus Bambus zusammenspielen; die Flöten weisen unterschiedliche Dimensionen und vermutlich auch jeweils ver-schiedene Namen auf; L = ca. zwischen 10 und 55 cm; Gidole/Äthiopien

Filimbi Das Wort Filimbi bezieht sich auf alle Flöteninstrumenten in der Kiswahili–Sprache. Hier bezeichnet Filimi eine Schrillpfeife der Sukuma aus Tansania. Der Begriff Filimbi steht aber auch für eine Querflöte der Hehe–Gemeinschaft ebenso aus Tansania.

Filulu grifflochlose Querflöte aus einer Kalebassenspitze; L = ca. 20 cm; Sukuma / Tansania

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Fle offene Längsflöte aus Bambus; 5 vordere Grifflöcher; Bambara / Sudan Fodima offene Längsflöte aus Bambus; 4 vordere Grifflöcher; L = ca. 45–60 cm; Afar / Äthiopien Foodhin offene Längsflöte aus Bambus; ca. 4–5 vordere Grifflöcher; L = ca. 33 cm; ø = 1,5 cm, Bajuni / Somalia Forimo offene Längsflöte aus Holz; mit Grifflöchern (Anzahl unbekannt); Midgan / Somalia Gaferi–Gurani Querhorn (?) aus Tierhorn; gebogen und konisch; Maale / Äthiopien Gaferta offene und grifflochlose Längsflöte aus Holz aus dem Kumia–Surma–Ensemble; L = 31,5 cm; Gumuz /

Äthiopien. Ähnliche Ensembles kommen auch bei den Gumuz aus Südsudan vor. Die Instrumentennamen können sowohl Ähnlichkeiten als auch Abweichungen besitzen (s. auch Kumia–Surma– und Kome–Mdinga–Ensembles)

Gahol offene und grifflochlose Längsflöte aus Holz aus dem Kumia–Surma–Ensemble; L = 19,5 cm; Gumuz / Sudan. Ähnliche Ensembles kommen auch bei den Gumuz aus Westäthiopien vor. Die Instrumentenna-men können sowohl Ähnlichkeiten als auch Abweichungen besitzen (s. auch Kumia–Surma– und Kome–Mdinga–Ensembles)

Gaholduma offene und grifflochlose Längsflöte aus Holz aus dem Kumia–Surma–Ensemble; L = ca. 9,5 cm; Gumuz / Sudan. Ähnliche Ensembles kommen auch bei den Gumuz aus Westäthiopien vor. Die Instrumentenna-men können sowohl Ähnlichkeiten als auch Abweichungen besitzen (s. auch Kumia–Surma– und Kome–Mdinga–Ensembles)

Gangula offene und grifflochlose Längsflöte aus Holz aus dem Kumia–Surma–Ensemble; L = 26 cm; Gumuz / Sudan. Ähnliche Ensembles kommen auch bei den Gumuz aus Westäthiopien vor. Die Instrumentenna-men können sowohl Ähnlichkeiten als auch Abweichungen besitzen (s. auch Kumia–Surma– und Kome–Mdinga–Ensembles)

Ganzarsdum offene und grifflochlose Längsflöte aus Holz aus dem Kumia–Surma–Ensemble; L = 15,5 cm; Gumuz / Sudan. Ähnliche Ensembles kommen auch bei den Gumuz aus Westäthiopien vor. Die Instrumentenna-men können sowohl Ähnlichkeiten als auch Abweichungen besitzen (s. auch Kumia–Surma– und Kome–Mdinga–Ensembles)

Garin vermutlich ein Querhorn aus Tierhorn; das Instrument kommt in verschiedenen Gebieten des Sudans vor, wo es überwiegend als Signalinstrument benutzt unterschiedlichen Zwecken dient, Sudan

Gasigwa offene und grifflochlose Längsflöte aus Holz aus dem Kumia–Surma–Ensemble; L = ca. 8 cm; Gumuz / Sudan. Ähnliche Ensembles kommen auch bei den Gumuz aus Westäthiopien vor. Die Instrumentenna-men können sowohl Ähnlichkeiten als auch Abweichungen besitzen (s. auch Kumia–Surma– und Kome–Mdinga–Ensembles)

Gaylo zwei dicke Holzplatten, die gegeneinander geschlagen werden; L = ca. 20–40 cm; B = ca. 7–20 cm; Dicke = 2–5 cm; die Gaylo gehören zum Pilea–Ensemble; Maale / Äthiopien; (s. auch Pilea–Ensemble)

Gees–Oogoodir Querhorn aus Antilopenhorn (gewöhnlich aus einer Kudu–Antilope); mehrfach geschwungen; konisch; seitliches Anblasloch meist oval; Südsomalia

Gino–Oqi–Dañe Längstrompete aus mehreren Kalebassensegmenten teleskopisch zu einem konischen Rohr zusammenge-fügt; Instrument gehört zum Waza–Ensemble; L = 80–200 cm; Berta / Äthiopien; (s. auch Waza–Ensemble)

Gobais offene Längsflöte aus Holz oder Bambus; mit Grifflöchern (Anzahl unbekannt); Somalia Goma Quertrompete aus mehreren Kalebassensegmenten teleskopisch zusammengefügt; Instrument gehört zu

dem Ebigwala–Ensemble; Busoga / Uganda (s. auch Ebigwala–Ensemble) Guke Querhorn aus Tierhorn (vermutlich Rinderhorn); gebogen, konisch, seitenständiges Blasloch (meist

rechteckig); Lugbara / Uganda Gunda Querhorn aus Antilopenhorn; L = 40 cm; ø = 5–6 cm; konisch, seitliches Anblasloch (rechteckig); in

vielen Gebieten Tansanias, z.B. bei den Wasamba / Nordtansania. Schneckentrompete aus Schneckenge-häuse; nördliches Swahili–Gebiet; es gibt auch weitere Schneckentrompeten, die in diesem Gebiet vor-kommen. Diese sind zum Beispiel Iduvi, Chondothi, Chondu und Chondo–Dodi

Gunda–La–Kola s. Dui Gwara–Me–Akuta

Quertrompete aus zusammengepressten Holztrögen und anschließend ganz oder teilweise mit Leder überzogen; L = 85–50 cm und mehr; Lango / Uganda

Habesem gedackte und grifflochlose Längsflöte aus Bambus; Instrument gehört zum Abbi–Birare–Ensemble; L = ca. 65 cm; ø = 3,6 cm; Berta / Äthiopien (s. auch Abbi–Birare–Ensemble)

Haitzasi s. Neo Hamedine gedackte und grifflochlose Längsflöte aus Bambus; Instrument gehört zum Abbi–Birare–Ensemble; L =

ca. 35 cm; ø = 3,5 cm; Berta / Äthiopien (s. auch Abbi–Birare–Ensemble) Hanata offenes Längshorn Horn, Gidole / Äthiopien

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Hii1 (auch Mep); gedackte und grifflochlose Längsflöte aus Bambus; Instrument gehört zum Pilea–Ensemble;

Maale / Äthiopien (s. auch Pilea–Ensemble) Hindeeru offene und grifflochlose Längsflöte aus Holz, L = 30–40 cm; ø = 3–4 cm; Arbore / Äthiopien Huldudwa

Querhorn: zylindrisches Bambusrohr wird in einem konischen Tierhorn (vermutlich ein Rinderhorn) hineingesteckt; seitenständiges Anblasloch ist meist rechteckig; Gidole u.a. Äthiopien

Humbu Längshorn aus Flaschenkürbis; L = 55 cm; Komo / Äthiopien Hura (auch Hoora) Quertrompete aus Holz, Leder und Stoffstreifen; L = ca. 120–150; ø = 2,5–3 cm; Welayit-

ta, Kembatta / Äthiopien Icombi Längstube aus Holz und Kürbis; L = 120 –150 cm; Gishu / Uganda Iduru Querhorn vermutlich aus Tierhon; Kuria / Kenia Iduvi s. Gunda Iise gedackte und grifflochlose Längsflöte aus Bambus; Instrument gehört zum Mbasi–Ensemble; Wasangu /

Tansania (s. auch Mbasi–Ensemble) Ikere gedackte Querflöte aus Bambus oder Schilf; vier vordere Grifflöcher; L = ca. 45–50 cm; ø = 3–4 cm;

Kuria / Kenia Ikibiswi s. Ekibiswi Ikondit (auch Kokondit); Querhorn vermutlich aus Tierhon; Kipsigis / Kenia Ilonge offene Bambusflöte mit Einkerbung der Schneide und mit Grifflöchern, Nyakyusa / Tansania Ima offene und grifflochlose Längsflöte aus Metall; Instrument gehört zum Embilta–Ensemble; Aksum–

Nordwest–Tigray / Äthiopien Incurange Quertrompete bzw. Querhorn; Instrument gehört zum so genannten Amakondera–Esnemble; L = ca. 35

cm; Twa / Rwanda (s. auch Amakondera–Esnemble) Inkanka Quertrompete bzw. Querhorn; Instrument gehört zum so genannten Amakondera–Esnemble; L = ca. 45

cm; Twa / Rwanda (s. auch Amakondera–Esnemble) Insengo Quertrompete bzw. Querhorn; Instrument gehört zum so genannten Amakondera–Esnemble; L = ca. 23

cm; Twa / Rwanda (s. auch Amakondera–Esnemble) Intore Die Bezeichnung Intore wird von dem Wort Gutera abgeleitet was soviel bedeutet wie „auswählen“.

Intore ist eine Tanzform in Rwanda, deren Geschichte bis in das 15. Jahrhundert zurückverfolgt werden kann und mit der Tutsi–Monarchie im engen Zusammenhang steht. Gasemans (1986: 52) beschreibt, dass die Tänzer gewöhnlich Söhne von Oberhäuptern und Würdenträgern der Tutsi waren, die in den jeweili-gen Königshöfen die entsprechende Schulung erhielten zu denen auch juristische und militärische Aus-bildungen gehörten. Die Intore–Tänze wurden nicht nur zur privaten Unterhaltungen und Belustigungen der Könige ausgeführt, sondern auch zu bestimmten Jahreszeiten wie z.B. beim Fest des ersten Aussaat und am Tage nach der großen Trauer, genannt Igicurasi, im Monat Juni (Gansemans ebd.). Es existierten mehrere Tanzgruppen in den verschiedenen Höfen, die sich konkurierend gegenüberstanden. Doch insbe-sondere galten die Twa als die besten Tänzer im ganzen Land. Auch heute werden Itore–Tänze in Rwan-da vermutlich bei den Twa praktiziert. Unter anderem werden diese Tänze von den wohlbekannten Ama-kondera–Quertrompeten und Hörnern und Trommeln begleitet, die in Sätzen gespielt werden (s. auch Amakondere).

Iriaget Querhorn aus Büffelhorn; Samia / Kenia Jumba Querhorn aus Holz, Kürbis oder Horn; Instrument gehört zum Agwara–At–Zeu–Ensemble; Alur / Uganda

(s. auch Agwara–At–Zeu–Ensemble) Kaen offene Längsflöte aus Bambus mit 4 Grifflöchern, Nuer / Äthiopien Kagunda Querhorn aus Holz, Kürbis oder Horn; Instrument gehört zum Amakondere–Ensemble; Uganda (s. auch

Amakondere–Ensemble) Kaisiki Querhorn aus Holz, Kürbis oder Horn; Instrument gehört zum Amakondere–Ensemble; Uganda (s. auch

Amakondere–Ensemble) Kakambi Querhorn aus Holz, Kürbis und Horn; Instrument gehört zum Agwara–At Payda–Ensemble; Alur / Ugan-

da (s. auch Agwara–At Payda–Ensemble) Kalur s. Kiluka Kamul doppelfellige Konustrommel aus Blechkanister mit Fellspannung: W–Schnürung; Anhänger aus Leder-

riemen; Höhe = ca. 40 cm; ø = 30 x 20 cm; Instrument gehört zum Dussul–Ensemble; Nymang / Sudan (s. auch Dussul–Ensemble)

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Kanga Quertrompete aus zusammengefügten Holztrögen; Instrument kommt bei den Alur aus Uganda; Kanga oder Akanga genannte Längstrompeten aus Flaschenkürbis kommen aber auch bei den Dajo–, Lotuko–, Buri–Gemeinschaften Zentral– und Südsudans; ferner benutzen die ugandischen Luluhya eine Likhaanga genannte Quertrompete, die vermutlich aus einem langen und schmalen Holzrohr, dessen Ende mit einem Tierhorn erweitert wird (s. auch Likhaanga und Nkaanga)

Kanga Längstrompete; Logo / Uganda; eine Kanga bzw. Akanga genannte Längstrompete aus Flaschenkürbis; L = 30–40 cm; Dajo–, Lotuko– und Buri–Volksgruppen / Sudan

Karumbeta Längshorn aus Bambus, Holz und Kürbis: zylindrisches Bambus– oder Holzrohr mit einer konischen Kalebassenstürze; L = ca. 180 cm; Kikuyu / Kenia

Kawunde s. Akawunde Keiyta (auch Algaita und Alghaita); Doppelrohrblattinstrument–Oboe aus Kalebasse und Metall; 3–4 vordere

Grifflöcher; Haussa / Sudan Khumulele offene Längsflöte aus Bambus; 4 vordere Grifflöcher; L = ca. 35–40 cm; Luhiya / Kenia; es gibt auch

eine ebenfalls Khumulele bzw. Kumurere genannte offene Längsflöte aus Bambus oder aus dem Ast eines Rizinusbaumes; 2 vordere Grifflöcher; L = ca. 25–30 cm; Gishu / Uganda (s. auch Kumurere)

Kigwara (auch Kigwari und Kigwala); Gefäßflöte aus Fruchtschale (Oncoba–Spinosa) oder Kalebasse; kugelför-mig oder oval; zwei seitlich gegenüberliegende Grifflöcher; Anblasloch rund und scharfkantig; H = ca. 11–13 cm; ø = ca. 10–12 cm; Gwere / Uganda

Kikara Querhorn aus Holz, Kürbis oder Horn; Instrument gehört zum Amakondere–Ensemble; Banyoro / Ugan-da (s. auch Amakondere–Ensemble)

Kilanzi offene Querflöte aus Bambus; 4–6 vordere Grifflöcher; L = ca. 45–60 cm; Hehe / Tansania Kilu s. Kiluka Kiluka (auch Kilu und Kalur) gedackte Längsflöte mit einem vorderen Griffloch, die aus einer Kalebassespitze

gefertigt wird; Das Blasloch mit konkav ausgeschnitten Ecken versehen; L = ca. 9 cm; ø = ca. 3,5 cm; Alur / Uganda

Kironge offene Längsflöte aus Hirsetengel; 2 vordere Grifflöcher; Doe / Tansania Kiseleva vermutlich ein quer geblasenes Horn aus Antilopenhorn; Luhiya / Kenia Koa s. Dui Kodeerem Querhorn aus dem Horn einer Kudu–Antilope, Baganda / Uganda Kokondit s. Ikondit Kome–Mdinga–Ensemble

Bezeichnung für ein Flöten–Trommel–Ensemble; das Ensemble setzt sich gewöhnlich aus zehn offenen Längsflöten aus Holz zusammen; die Flöten besitzen unterschiedliche Dimensionen und Namen; zum Ensemble gehört auch die zweifellige Konustrommel Mdinga; Gumuz / Äthiopien; ein ähnliches En-semble mit gleicher Instrumentenbesetzung kommt auch bei den äthiopischen Gumuz vor (s. Kumia–Surma– und Kome–Mdinga–Ensemble)

Konei Querhorn vermutlich aus Tierhon; Pokot / Kenia Koo–Koo gedackte und grifflochlose Längsflöte aus Bambus; Instrument gehört zum Bulhu–Ensemble; L = 65,6

cm; Berta / Sudan. Ähnliche Ensembles kommen auch bei den Berta aus Westäthiopien vor. Die Instru-mentennamen können sowohl Ähnlichkeiten als auch Abweichungen besitzen (s. auch Bulhu–Ensemble).

Kuli

gedackte und grifflochlose Längsflöte aus Bambus; Instrument gehört zum Woissa–Ensemble; L = 31 cm; ø = 2,2 cm; Ari / Äthiopien (s. auch Woissa–Ensemble)

Kumia–Surma–Ensemble

Bezeichnung für ein Flöten–Trommel–Ensemble, das sich aus etwa 10 offenen Längsflöten aus Holz zusammensetzt; die Flöten besitzen unterschiedliche Dimensionen und Bezeichnungen; zum Ensemble gehört auch die zweifellige Konustrommel Surma; Gumuz / Äthiopien; ein ähnliches Ensemble mit glei-cher Instrumentenbesetzung kommt auch bei den sudanesichen Gumuz vor (s. Kumia–Surma– und Ko-me–Mdinga–Ensemble)

Kumurere offene Längsflöte aus Bambus oder aus dem Ast eines Rizinusbaumes; 2 vordere Grifflöcher; L = ca. 25–30 cm; Gishu / Uganda

Kurumbe Quertrompete aus Holz; L = ca. 40–65 cm; Mao und Komo / Äthiopien Kwoyl wahrscheinlich eine längs geblasene Trompete aus Flaschenkürbis Lafe bzw. Alafia s. Dungul / Lafe Lalego offene Längsflöte aus Kalebassenspitze; 4 vordere Grifflöcher; L = ca. 9–12 cm;

ø = 3,5cm; Lango / Sudan Lalipe offene Längsflöte aus Wasserbockhorn; konisch, leicht gebogen; L = ca. 19–30 cm; Lango / Sudan Lalota vermutlich ein quer geblasenes Horn aus Tierhorn, Gidole / Äthiopien

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Lari gedackte und grifflochlose Längsflöte aus Bambus; Instrument gehört zum Woissa–Ensemble; L = 29 cm; ø = 2,4 cm; Ari / Äthiopien (s. auch Woissa–Ensemble)

Likhaanga Quertrompete, die vermutlich aus einem zylindrisch ausgehöhltem Holz hergestellt wird, das mit einem Tierhorn zusammengefügt wird; Luluhya / Uganda; Kanga oder Akanga genannte Längstrompeten aus Flaschenkürbis kommen aber auch bei den Dajo–, Lotuko–, Buri–Gemeinschaften Zentral– und Südsu-dans (s. auch Kanga und Nkaanga)

Lilandi Längstrompete aus aus mehreren Kalebassensegmenten zusammengefügt; Kabwa / Tansania Limba Quertrompete aus einem Stück Holz geschnitzt; Instrument weist eine menschliche Gestalt auf; Ein Ex-

emplar wird im Nationalmuseum in Kampala / Uganda aufbewahrt; L = ca. 60 cm; Madi / Uganda Limuka vermutlich ein Querhorn aus Tierhorn; Luhiya / Kenia Linga gedackte und grifflochlose Längsflöte aus Bambus; Instrument gehört zum Woissa–Ensemble; L = 18

cm; ø = 2 cm; Ari / Äthiopien (s. auch Woissa–Ensemble) Liri offene Längsflöte aus Tierhorn; L = ca– 25,5; ø = 4 cm; Didinga / Sudan Ludaya (auch Lusweye); Querflöte aus Lobeliabaum; L = zwischen 25 und 85 cm; ø = etwa 2,5 cm; Gishu /

Uganda Luka Holzplatten, die regelmäßig und rhythmisch gegeneinandergeschlagen das Afyanza–Ensemble unterstüt-

zen; L = ca. 30–45 cm; Dicke = 2–5 cm (s. auch Afyanza–Ensemble) Lunga offene und grifflochlose Längsflöte aus Holz aus dem Kumia–Surma–Ensemble; L = ca. 12,5 cm; Gumuz

/ Sudan. Ähnliche Ensembles kommen auch bei den Gumuz aus Westäthiopien vor. Die Instrumentenna-men können sowohl Ähnlichkeiten als auch Abweichungen besitzen (s. auch Kumia–Surma– und Kome–Mdinga–Ensembles)

Luru s. Uluru Lusweye s. Ludaya Macho s. Meccho Makambi Querhorn aus Holz, Kürbis oder Horn; Instrument gehört zum Agwara–At–Zeu–Ensemble; Alur / Uganda

(s. auch Agwara–At–Zeu–Ensemble) Maro–Kafo s. Mio Mashargen gedackte und grifflochlose Längsflöte aus Bambus; Instrument gehört zum Bulhu–Ensemble; L = 16 cm;

Berta / Sudan Ähnliche Ensembles kommen auch bei den Berta aus Westäthiopien vor. Die Instrumentennamen können sowohl Ähnlichkeiten als auch Abweichungen besitzen (s. auch Bulhu–Ensemble).

Mashargen–Dang

gedackte und grifflochlose Längsflöte aus Bambus; Instrument gehört zum Bulhu–Ensemble; L = 33,5 cm; Berta / Sudan. Ähnliche Ensembles kommen auch bei den Berta aus Westäthiopien vor. Die Instru-mentennamen können sowohl Ähnlichkeiten als auch Abweichungen besitzen (s. auch Bulhu–Ensemble).

Malkiti–Zaye Querhorn gefertigt aus dem Horn einer Wildziege; beide Enden des Instruments sind offen; für die Ton-höhenerweiterung werden das schmale Ende mit dem Daumen und das weite Ende mit der Handfläche des Musikers auf– und abgedeckt; Funktion: das Malkiti–Zaye–Querhorn wird bei dem Leiter einer Arbeitsgruppe geblasen, um die jeweiligen Mitglieder zur gemeinschaftlichen Arbeit zusammenzurufen. Maale / Äthiopien

Malko gedackte Panflöte aus Bambus oder Schilf (?); einreihig geordnete Röhren; Maale / Äthiopien Mbamu gedackte und grifflochlose Längsflöte aus Bambus; Instrument gehört zum Mbasi–Ensemble; Wasangu /

Tansania (s. auch Mbasi–Ensemble) Mbasi–Ensemble Bezeichnung eines Ensembles, das sich aus etwa 5 gedackten und grifflochlosen Längsflöten aus Schilf

zusammensetzt; die Flöten besitzen unterschiedliche Dimensionen und Namen; Wasangu / Tansania Mbiyu Querhorn Tierhorn (in der Regel aus Rinder– oder Büffelhorn), Tansania Meccho (auch Macho); gedackte und grifflochlose Längsflöte aus Bambus; Instrument gehört zum Pilea–

Ensemble; L = 35,5 cm; ø = 2,3 cm; Maale / Äthiopien (s. auch Pilea–Ensemble) Meleket Längstube aus Bambus oder Holz und Metall; uberwiegend zylindrischer Rohrverlauf mit konischer

Schallstürze, trichterförmiges Mundstück meist aus Metall; L = 95–100 cm; Amara / Äthiopien Mep s. Hii Mepe–Palu Längstrompete aus mehreren Kalebassensegmenten teleskopisch zu einem konischen Rohr zusammenge-

fügt; Instrument gehört zum Waza–Ensemble L = 60 cm; Berta / Äthiopien. Ähnliche Ensembles kom-men auch bei den Berta aus Südsudan vor. Die Instrumentennamen können sowohl Ähnlichkeiten als auch Abweichungen besitzen (s. auch Waza–Ensemble)

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Meri offene und grifflochlose Längsflöte aus Metall; Instrument gehört zum Embilta–Ensemble; Aksum–

Nordwest–Tigray / Äthiopien (s. auch Embilta–Ensemble) Min–Agwara Querhorn aus Holz, Kürbis oder Horn; Instrument gehört zum Agwara–At–Zeu–Ensemble; Alur / Uganda

(s. auch Agwara–At–Zeu–Ensemble) Min–Bilo (auch Otule und Mine; lit. = Mutterflöte bzw. Bassflöte); gedackte und meist knonische Längsflöte aus

Tierhorn oder Ton; gewöhnlich aus 3 –4 vorderen Grifflöchern; Instrument gehört zum Otule–Ensemble; (5. Flöte; L = ca. 50 cm); Lango und Alur / Uganda (s. auch Otule–Ensemble)

Min–Manok Querhorn aus Holz, Kürbis oder Horn; Instrument gehört zum Agwara–At Payda–Ensemble; Alur / U-ganda (s. auch Agwara–At Payda–Ensemble)

Min–Mulube Querhorn aus Holz, Kürbis oder Horn; Instrument gehört zum Agwara–At Payda–Ensemble; Alur / U-ganda (s. auch Agwara–At Payda–Ensemble)

Mine s. Min–Bilo Mio (auch Maro–Kafo); gedackte und grifflochlose Längsflöte aus Bambus; Instrument gehört zum Pilea–

Ensemble; L = 21 cm; ø = 2,2 cm; Maale / Äthiopien (s. auch Pilea–Ensemble) Mivungu Längstrompete aus Bambus, L = 150 cm; Chonyi / Kenia Mlanzi (auch Taarabu) offene Querflöte aus Bambus; 4 vordere Grifflöcher; L = ca. 25– 30 cm; Wagogo / Tan-

sania Mlele, Mulele offene Längsflöte aus Bambus; 4 vordere Grifflöcher; L = ca. 35–40 cm; Luhiya / Kenia (s. auch Khumu-

lele) Molobe Querhorn aus Holz, Kürbis und Horn; Instrument gehört zum Agwara–At–Zeu–Ensemble; Alur / Uganda

(s. auch Agwara–At–Zeu–Ensemble) Morou offene Längsflöte, vermutlich aus Lobeliabaum; 2 Grifflöcher; Mursi / Äthiopien; Ähnliche Flöten kom-

men wahrscheinlich auch bei den benachbarten Hamar– und Beshada–Gemeinschaften vor. Mouo Querhorn, vermutlich aus Tierhon; Samburu / Kenia Mpiluli Gefäßflöte aus Kalebasse, Fruchtschale (Oncoba Spinosa) oder aus der Spitze eines Tierhorns; kugelför-

mig oder oval; zwei seitlich gegenüber–liegende Grifflöcher; Anblasloch weist eine scharfe Kante auf; H = ca. 11–13 cm; ø = ca. 10–12 cm; Iramba / Tansania

Mpumi Quertrompete aus mehreren Kalebassensegmenten teleskopisch zusammengefügt; Instrument gehört zu dem Ebigwala–Ensemble; Busoga / Uganda (s. auch Ebigwala–Ensemble)

Mputa Quertrompete aus Bambus; Tansania Msherembe offene Längsflöte vermutlich aus Bambus; mit Grifflöchern (Anzahl unbekannt); Taita / Kenia Mugabe einfellige (?) Bechertrommel der Basoga, die für die Begleitung der Ebigwala genannten Quertrompeten

bzw. Querhörner verwendet werden; Basoga / Uganda (s. auch Ebigwala–Ensemble) Mukulembezi Querhorn aus Holz, Kürbis oder Horn; Instrument gehört zum Amakondere–Ensemble; Uganda (s. auch

Amakondere–Ensemble) Mulangi Querhorn aus Holz, Kürbis oder Horn; Instrument gehört zum Amakondere–Ensemble; Batoro / Uganda

(s. auch Amakondere–Ensemble) Muong ein Querhorn, das gewöhnlich aus Antilopenhörnern gerfertigt wird; Dinka / Sudan Mushung–Bala (lit. = kleines Mädchen); Längstrompete aus mehreren Kalebassensegmenten teleskopisch zu einem

konischen Rohr zusammengefügt; Instrument gehört zum Waza–Ensemble; L = 56 cm; Berta / Sudan Ähnliche Ensembles kommen auch bei den Berta aus Westäthiopien vor. Die Instrumentennamen können sowohl Ähnlichkeiten als auch Abweichungen besitzen (s. auch Waza–Ensemble)

Muteru Querhorn aus Holz, Kürbis oder Horn; Instrument gehört zum Amakondere–Ensemble; Batoro / Uganda (s. auch Amakondere–Ensemble)

Mūtūrirū offene Längsflöte aus Holz; 4–8 vordere Grifflöcher; L = ca. 30 cm und mehr; Gikuyu / Kenia Mwanzi offene Querflöte aus Bambus; 4–6 vordere Grifflöcher; L = ca. 45–60 cm; Makonde / Tansania Mwarutu Gefäßflöte aus Fruchtschale; meist kugelförmig; zwei seitlich gegenüberliegende Grifflöcher; Anblasloch

weist eine scharfe Kante auf; H = ca. 11–13 cm; ø = ca. 10–12 cm; Digo / Kenia Nakamunsale Querhorn aus Tierhorn; Baganda / Uganda Nakamunsale Querhorn aus Holz, Kürbis oder Horn; Instrument gehört zum Amakondere–Ensemble; Uganda (s. auch

Amakondere–Ensemble) Nanduka s. Ntanduka Ndaku Gefäßflöte aus Kalebasse; kugelförmig oder oval; zwei seitlich gegenüberliegende Grifflöcher; Blasloch

mit schafer Schneide versehen; H = ca. 11–13 cm; ø = ca. 10–12 cm; Lugbara / Uganda Ndere Singular von Endere (s. Endere)

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Nderei Querhorn aus Tierhorn; Dawida / Kenia Ndhasasi Quertrompete aus mehreren Kalebassensegmenten teleskopisch zusammengefügt; Instrument gehört zu

dem Ebigwala–Ensemble; Basoga / Uganda (s. auch Ebigwala–Ensemble) Ndhesi Quertrompete aus mehreren Kalebassensegmenten teleskopisch zusammengefügt; Instrument gehört zu

dem Ebigwala–Ensemble; Basoga / Uganda (s. auch Ebigwala–Ensemble) Ndulele (auch Ndulilo genannt) Querhorn, Wagogo und Sukuma / Tansania Ndumurizi Quertrompete aus mehreren Kalebassensegmenten teleskopisch zusammengefügt; Instrument gehört zu

dem Ebigwala–Ensemble; Busoga / Uganda (s. auch Ebigwala–Ensemble) Ndweru Querhorn aus Ziegenhorn Luo / Kenia Negero (auch Nagaro,Negera und Naggara) Kesseltrommel aus Holz mit vier Standbeinen; gewöhnlich mit

Gurtspannung mit X–Schürung; Höhe = ca. 30 cm; ø = 50 cm; die Negero wird mit Holzstöcken ge-schlagen; die Negero gehört zum Bol–Negero–Ensemble (Flöten– / Trommelensemble) der verschiede-nen Berta–Gruppen Äthiopiens und des Sudans; während einer Bol–Negero–Ensembleaufführung wird die Kesseltrommel Negero für die regelmäßige Aufrechterhaltung des ryhthmischen Ablaufs verwendet (s. Bol–Negero–Ensemble); ähnliche Ensembles sind auch bei den Berta aus dem Sudan zu beobachten, doch bei den Bezeichnungen einzelner Instrumente können sowohl Gemeinsamkeiten als auch kleine und große Abweichungen festgestellt werden

Nely–Bala (lit. = kleine Frau); Längstrompete aus mehreren Kalebassensegmenten teleskopisch zu einem konischen Rohr zusammengefügt; Instrument gehört zum Waza–Ensemble; L = 77 cm; Berta / Sudan. Ähnliche Ensembles kommen auch bei den Berta aus Westäthiopien vor. Die Instrumentennamen können sowohl Ähnlichkeiten als auch Abweichungen besitzen (s. auch Waza–Ensemble)

Nely–Dang (lit. = große Frau); Längstrompete aus mehreren Kalebassensegmenten teleskopisch zu einem konischen Rohr zusammengefügt; Instrument gehört zum Waza–Ensemble; L = 140 cm; Berta / Sudan Ähnliche Ensembles kommen auch bei den Berta aus Westäthiopien vor. Die Instrumentennamen können sowohl Ähnlichkeiten als auch Abweichungen besitzen (s. auch Waza–Ensemble)

Neo (auch Haitzasi); gedackte und grifflochlose Längsflöte aus Bambus; Instrument gehört zum Pilea–Ensemble; L = 24 cm; ø = 2,3 cm; Maale / Äthiopien (s. auch Pilea–Ensemble)

Nganyi Quertrompete aus mehreren Kalebassensegmenten teleskopisch zusammengefügt; Instrument gehört zu dem Ebigwala–Ensemble; Basoga / Uganda (s. auch Ebigwala–Ensemble)

Ngoli Querhorn aus Ziegenhorn Mijikenda / Kenia Ngoma einfellige Zylindertrommel aus Holz mit drei Standbeinen; Schnürungsart: Nagelspannung; H = 38 cm; ø

= 52 cm; u.a. Wasamba / Tansania Ngoma In zahlreichen Regionen Afrikas südlich der Sahara kann das Wort Ngoma bzw. Engoma, Goma, Gomo,

Ingoma, Lagoma, Ng’oma, Ngomba, Ngomm, Ngomo usw. (vgl. Cooke 2004d: 855f.) im weitesten Sinne mit dem Aspekt Musik / Tanz also mit allen Arten von gemeinschaftlich gestalteten Musik– und Tanz-aufführungen zusammenhängen. Kubik (1988: 61f.) übersetzt Ngoma als „Tanz“, aber auch „Tanzveran-staltung“, „Tanzfest“, „Musik“, „Musikaufführung“ (vgl. auch Bartz 2004: 4f.). Dabei werden Trommeln als Begleitinstrument meistens in Sätzen gespielt. Der Begriff Ngoma kann dennoch je nach Sprache und Musikkultur an unterschiedlichen Kontexten gebunden sein. Bei den Bantuvölkern Zentral–, Ostzentral– und Südafrikas kann sie sich überwiegend auf verschiedene Trommeltypen beziehen (vgl. Cooke 2004: ebd; Bartz ebd.). In der vorliegenden Arbeit wurde das Wort Ngoma vor allem im Zusammenhang mit Spaltflöten benutzt (s. auch Spaltflöten unter Pkt. 2.3.9).

Ngoma–Dumange–Ensemble

(lit. = „Trommel der Männer“); Bezeichnung für ein Ensemble, in dem gewöhnlich mehrere Schrillpfei-fen aus Holz oder Metall (L = ca. 7 cm; ø = ca. 3,5 cm), drei Trommeln und einige Gefäßrassel mit Griff aus Metall (L = ca. 20 cm; ø = 8–10 cm zusammenspielen; Die Trommel haben unterschiedliche Dimensionen, Namen und Typen: s. Ngoma–Kubwa–Trommel = einfellige Zylindertrommel aus Blechkanister; Fell–Schnurspannung mit

X– und Y–Schnürung; H = 52 cm; ø = 36 cm; s. Ngoma–Ndiola–Trommel = zweifellige Zylindertrommel aus Blechkanister; Fell–Schnurspannung

mit X– und Y–Schnürung; H = 39 cm; ø = 26 cm s. Ngoma–Ndogo–Trommel = offene Bechertrommel aus Holz mit einreihig aufgenageltem Fell (Nagel-

spannung); H = 31 cm; ø = 22 cm An den Musikaufführungen nehmen in der Regel ausschließlich und Knaben teil; Wasamba / Tansania (s. auch Ngoma–Ya–Kidembwa „Trommel der Frauen“ unter Spaltflöten)

Ngoma–Kubwa s. Ngoma–Dumange–Ensemble

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Ngoma–Ndiola s. Ngoma–Dumange–Ensemble Ngoma–Ndogo s. Ngoma–Dumange–Ensemble Niñe–Haro gedackte und grifflochlose Längsflöte aus Bambus; Instrument gehört zum Bol–Negero–Ensemble; L =

33 cm; ø = 4 cm; Berta / Äthiopien; ähnliche Ensembles sind auch bei den Berta aus dem Sudan zu beobachten, doch bei den Bezeichnungen einzelner Instrumente sind sowohl Gemeinsamkeiten als auch kleine und große Abweichungen feststellbar; ähnliche Ensembles sind auch bei den Berta aus dem Sudan zu beobachten, doch bei den Bezeichnungen einzelner Instrumente können sowohl Gemeinsamkeiten als auch kleine und große Abweichungen festgestellt werden

Njazi bzw. Njasi Quertrompete aus mehreren Kalebassensegmenten teleskopisch zusammengefügt; Instrument gehört zu dem Ebigwala–Ensemble; Basoga / Uganda (s. auch Ebigwala–Ensemble)

Njegembe Querhorn aus Holz, Kürbis oder Horn; Instrument gehört zum Amakondere–Ensemble; Uganda (s. auch Amakondere–Ensemble)

Nkaanga Quertrompete aus Flaschenkürbis, die gewöhnlich im Zusammenspiel mit anderen Musikinstrumenten (vermutlich Trommelgruppen) geblasen wird; Banyoro, Batoro / Uganda; Kanga oder Akanga genannte Längstrompeten aus Flaschenkürbis kommen aber auch bei den Dajo–, Lotuko–, Buri–Gemeinschaften Zentral– und Südsudans (s. auch Likhaanga und Kanga)

Nkara Querhorn aus Holz, Kürbis oder Horn; Instrument gehört zum Amakondere–Ensemble; Batoro / Uganda (s. auch Amakondere–Ensemble)

Nkoni Quertrompete aus mehreren Kalebassensegmenten teleskopisch zusammengefügt; Instrument gehört zu dem Ebigwala–Ensemble; Basoga / Uganda (s. auch Ebigwala–Ensemble)

Nntandara (auch Nanduka); Längstrompete aus Holz; L = 180 cm; Ukerewe / Tansania Npeta offene Querflöte aus Bambus; 4–6 vordere Grifflöcher; L = ca. 45–60 cm; Makua / Tansania Nsambwe gedackte und grifflochlose Längsflöte aus Bambus; Instrument gehört zum Mbasi–Ensemble; Wasangu /

Tansania (s. auch Mbasi–Ensemble) Nsasi s. Ensaasi Nsegu offene und grifflochlose Längsflöte aus Holz in verschiedenen Dimensionen; außer ihre Funktion als

Ensembleinstrument, ist die Nsegu auch als solistisches Instrument in den verschiedenen Musiktraditio-nen Ugandas in Gebrauch; Nyoro, Toro, Nkole, Amba und Konjo / Uganda

Nsegu–Ensemble Bezeichnung für ein Flötenesemble, in dem gewöhnlich fünf offene Längsflöten aus Holz in einem Satz zusammenspielen; die Flöten besitzen unterschiedliche Dimensionen und Namen; Nyoro, Toro und Nkole / Uganda

Ntabitabi s. Entabitabi Ntabyo Querhorn aus Holz, Kürbis oder Horn; Instrument gehört zum Amakondere–Ensemble; Uganda (s. auch

Amakondere–Ensemble) Ntemi Quertrompete aus mehreren Kalebassensegmenten teleskopisch zusammengefügt; Instrument gehört zu

dem Ebigwala–Ensemble; Basoga / Uganda (s. auch Ebigwala–Ensemble) Ntemyo s. Entemyo Ntengezi s. Entengezzi Ntoleire Quertrompete aus mehreren Kalebassensegmenten teleskopisch zusammengefügt; Instrument gehört zu

dem Ebigwala–Ensemble; Basoga / Uganda (s. auch Ebigwala–Ensemble) Nupe–Pali–Dañe Längstrompete aus mehreren Kalebassensegmenten teleskopisch zu einem konischen Rohr zusammenge-

fügt; Instrument gehört zum Waza–Ensemble L = 170 cm; Berta / Äthiopien; (s. auch Waza–Ensemble) Nyamarra Quertrompeten aus zusammengesetzten Kalebassensegmenten, die in dem ehemaligen Nyoro–Königreich

in Sätzen gespielt wurden; Banyoro / Uganda Nyamulere offene Längsflöte aus Bambus oder Schilf; 4 vordere Grifflöcher; L = ca. 25–30 cm; ø = 2 cm; Madi,

Lango und Acholi / Uganda (s. auch Nyamulero bzw. Oluett) Nyamulero offene Längsflöte aus Bambus oder Schilf; 4 vordere Grifflöcher; L = ca. 25–30 cm; ø = 2 cm; Madi,

Lango und Acholi / Uganda (s. auch Nyamulere bzw. Oluett) Nyare Querhorn aus Holz, Kürbis oder Horn; Instrument gehört zum Agwara–At–Zeu–Ensemble; Alur / Uganda

(s. auch Agwara–At–Zeu–Ensemble) Nyatine (auch Nyitin Agwara); Querhorn aus Holz, Kürbis oder Horn; Instrument gehört zum Agwara–At–Zeu–

Ensemble; Alur / Uganda (s. auch Agwara–At–Zeu–Ensemble) Nyeele vermutlich ein quer geblasenes Horn aus Ziegenhorn, Tonga / Sambia Nyimavana gedackte und grifflochlose Längsflöte aus Bambus; Instrument gehört zum Mbasi–Ensemble; Wasangu /

Tansania (s. auch Mbasi–Ensemble) Nyitin Agwara s. Nyatine

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Nyonishe gedackte und grifflochlose Längsflöte aus Bambus; Instrument gehört zum Mbasi–Ensemble; Wasangu / Tansania (s. auch Mbasi–Ensemble)

Nzibiro Quertrompete aus mehreren Kalebassensegmenten teleskopisch zusammengefügt; Instrument gehört zu dem Ebigwala–Ensemble; Basoga / Uganda (s. auch Ebigwala–Ensemble)

Nzibiro–Entono Quertrompete aus mehreren Kalebassensegmenten teleskopisch zusammengefügt; Instrument gehört zu dem Ebigwala–Ensemble; Basoga / Uganda (s. auch Ebigwala–Ensemble)

Nzomari (auch Nzumari, Zumari, Zomari, Somari usw.); s. Zomari Obusgume offene und grifflochlose Längsflöte aus Holz aus dem Kumia–Surma–Ensemble; L = 40 cm; Gumuz /

Sudan. Ähnliche Ensembles kommen auch bei den Gumuz aus Westäthiopien vor. Die Instrumentenna-men können sowohl Ähnlichkeiten als auch Abweichungen besitzen (s. auch Kumia–Surma– und Kome–Mdinga–Ensembles)

Obute Querhorn aus Tierhorn; Acholi / Uganda Odundu offene Längsflöte aus Bambus; 5 vordere Grifflöcher; Luo / Kenia Okalele offene Längsflöte aus Bambus(?);mit Grifflöchern (Anzahl unbekannt); Busoga / Uganda Olangi Querhorn aus Holz, Kürbis oder Horn; Instrument gehört zum Amakondere–Ensemble; Banyoro / Ugan-

da (s. auch Amakondere–Ensemble) Olera

offene Längsflöte aus Bambus oder Aluminiu; 4 vordere Grifflöcher; L = 30–40 cm; Acholi und Madi / Uganda

Olete s. Olera Oluett offene Längsflöte aus Bambus oder Schilf; 4 vordere Grifflöcher; L = ca. 25–30 cm; ø = 2 cm; Madi,

Lango und Acholi / Uganda (s. auch Nyamulere bzw. Nyamulero) Olukia (auch Olwika, Olwiga, Shishiliva, Kisiliva); Querhorn aus Tierhorn (Rinderhorn, Rehbock u.a.); unter-

schiedliche Formen: konisch, gebogen, s–förmig usw.; L = ungefähr zwischen 60 und 75 cm; u.a. Luhiya / Kenia

Olwet Längshorn aus Bambusrohr und Kürbis; L = ca. 140–150 cm; Acholi / Uganda Omukuri offene Längsflöte aus Lobeliaholz; 4 vordere Grifflöcher; L = ca. 90 cm; Nkole, Kiga, Hima / Uganda Omurangi Querhorn aus Holz, Kürbis oder Horn; Instrument gehört zum Amakondere–Ensemble; Bayankole /

Uganda (s. auch Amakondere–Ensemble) Omwomba Quertrompete aus ausgehöhltem Holz; vorwiegend als Jagdinstrument benutzt; Kerebe / Tansania Onamudhoola Quertrompete aus mehreren Kalebassensegmenten teleskopisch zusammengefügt; Instrument gehört zu

dem Ebigwala–Ensemble; Basoga / Uganda (s. auch Ebigwala–Ensemble) Oroguncara Querhorn vermutlich aus Tierhorn; Gusii / Kenia Osegu–Ensemble

Bezeichnung für ein Ensemble, das sich aus mehreren gedackten und grifflochlosen Längsflöten aus Bambus zusammensetzt; die Flöten besitzen entsprechend unterschiedliche Dimensionen; zum Osegu–Ensemble gehören auch zwei Trommel und eine Schriffpfeife aus Metall; Madi / Uganda

Oseke gedackte Panflöte vermutlich aus Bambus oder Schilf; einreihig geordnete Röhren; Alur / Uganda Otho gedackte und grifflochlose Längsflöte aus Bambus; Instrument gehört zum Bal–Ensemble; L = 12,8 cm;

Ingesana / Sudan Otule–Ensemble Bezeichnung für ein Ensemble, in dem 5 und mehr gedackte und meist knonische Längsflöten mit 2–4

vordere Grifflöcher zusammenspielen; L = ca. 6–65 cm; ø = ca. 2,5–5 cm; die Flöten werden aus Tier-horn oder aus Ton hergestellt, Anblasöffnungen mit konkav ausgeschnitte Ecken versehen; sie besitzen unterschiedliche Dimensionen und jeweils eigene Namen; je nach musikalischem Anlass kann sich die Anzahl der Instrumente erhöhen; die Instrumentennamen weisen von Ort zu Ort bzw. von einem En-semble zum anderen Gemeinsamkeiten, aber auch Unterschiede auf; Lango und Alur / Uganda;

Palale

gedackte Panflöte aus geraden und einreihig angeordneten Bambus– und / oder Schilfröhren; L = ca. 25–30 cm; ø (einzelnes Rohr) = ca. 1,5–2,5; Gawada / Äthiopien

Pelo offene Längsflöte aus Kalebassenspitze; 4 vordere Grifflöcher; L = ca. 9–12 cm; ø = 3,5cm; Larim / Sudan

Penah–Ensemble Bezeichnung für ein Ensemble, in dem gewöhnlich 3–5 längs geblasene Kürbistrompeten und einer fünfsaitigen Schalenleier genannt Sangwa (auch Bangia) zusammenspielen; Gumuz / Sudan

Pilea–Ensemble

Bezeichnung für ein Ensemble, das sich aus 8–9 gedackten und grifflochlosen Längsflöten aus Bambus zusammensetzt; die Flöten besitzen entsprechend unterschiedliche Dimensionen und jeweils eigene Namen; L = 21–38 cm; ø = 2–2,5 cm; zum Pilea–Ensemble gehören ferner mehrere Gaylo genannte dicke Holzplatten und Kürbisrassel mit Stiel; L = 20–25 cm; es ist durchaus möglich, dass sich die In-strumentennamen von Ort zu Ort bzw. von einem Ensemble zum anderen Unterschiede aufweisen kön-nen Maale / Äthiopien

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Pina

Längstrompete aus Kürbisgefäß; Instrument gehört zum Penah–Ensemble; Gumuz / Sudan (s. auch Pe-nah–Ensemble)

Pina–Bbashaka Längstrompete aus Kürbisgefäß; Instrument gehört zum Penah–Ensemble; Gumuz / Sudan (s. auch Pe-nah–Ensemble)

Pororessa Längstrompete aus Holz; L = 150 cm; ø = 3 cm; Welayitta / Äthiopien Rango Ventiltrompete aus Metall; zylindrisch–konischer Rohrverlauf; drei Ventilen; kesselförmiges Mund-

stück; Tigray / Äthiopien Rida offene und grifflochlose Längsflöte aus Holz aus dem Kumia–Surma–Ensemble; L = 21 cm; Gumuz /

Äthiopien . Ähnliche Ensembles kommen auch bei den Gumuz aus Südsudan vor. Die Instrumentenna-men können sowohl Ähnlichkeiten als auch Abweichungen besitzen (s. auch Kumia–Surma– und Kome–Mdinga–Ensembles)

Rirandi Längshorn aus Kalebasse: Rohr aus mehreren Kalebassensegmenten zusammengefügt; Gussi / Kenia Rudyangi Querhorn aus Holz, Kürbis oder Horn; Instrument gehört zum Amakondere–Ensemble; Banyoro / Ugan-

da (s. auch Amakondere–Ensemble) Sangwa

(auch Bangia); fünfsaitige Schalenleier mit einem Holzresonator und Saiten aus Hanf; Instrument gehört zum Penah–Ensemble; Gumuz / Sudan

Sargey Längstrompete aus Plastikrohr und Kürbisgefäß; L (Plastikrohr) = 100 cm; L (Kürbisgefäß)= 25 cm; Instrument gehört zum Dussul–Ensemble; Nymang / Sudan (s. auch Dussul–Ensemble)

Sereu offene Längsflöte; 4 vordere Grifflöcher; Tepeth / Uganda Shanqit offene und grifflochlose Längsflöte aus Bambus aus dem Embilta–Ensemble; Tenben–Nordost–Tigray /

Äthiopien Sheko gedackte und grifflochlose Längsflöte aus Bambus; Instrument gehört zum Pilea–Ensemble; L = 29,5

cm; ø = 2 cm; Maale / Äthiopien (s. auch Pilea–Ensemble) Shinir–Bala (lit. = kleiner Esel); Längstrompete aus mehreren Kalebassensegmenten teleskopisch zu einem konischen

Rohr zusammengefügt; Instrument gehört zum Waza–Ensemble; L = 86 cm; Berta / Sudan Ensembles kommen auch bei den Berta aus Westäthiopien vor. Die Instrumentennamen können sowohl Ähnlichkeiten als auch Abweichungen besitzen (s. auch Waza–Ensemble)

Shiñir–Balla Längstrompete aus mehreren Kalebassensegmenten teleskopisch zu einem konischen Rohr zusammenge-fügt; Instrument gehört zum Waza–Ensemble; L = 110 cm; Berta / Äthiopien. Ähnliche Ensembles kommen auch bei den Berta aus Westäthiopien vor. Die Instrumentennamen können sowohl Ähnlichkei-ten als auch Abweichungen besitzen (s. auch Waza–Ensemble)

Shinir–Dang (lit. = großer Esel); Längstrompete aus mehreren Kalebassensegmenten teleskopisch zu einem konischen Rohr zusammengefügt; Instrument gehört zum Waza–Ensemble; L = 155 cm; Berta / Sudan. Ähnliche Ensembles kommen auch bei den Berta aus Westäthiopien vor. Die Instrumentennamen können sowohl Ähnlichkeiten als auch Abweichungen besitzen (s. auch Waza–Ensemble)

Shinr Längshorn aus Kalebasse; Insgrument gehört zum Bal–Ensemble; Ingessana / Sudan (see auch Bal–Ensemble)

Shora Querhorn aus Rinderhorn; Ari / Äthiopien Bei den in dem Ort Shengama lebenden Ari–Gruppen wird das Shora–Horn nahezu ausschließlich für Trauerzeremonien verwendet, um die Todesnachricht selbst von großen Entfernungen aus an die Ge-meinde zu übermitteln. Auch am Tag des Begräbnisses wird das Shora–Horn eingesetzt. Das Horn er-zeugt unterschiedliche Tonhöhen mit Hilfe von Auf– und Abdecken des Schallaustrittslochs. Die relativ tiefen Töne des Shora werden als Trauertöne bzw. als Töne des Klagens empfunden (Fournell 20072)

Shoroki Zaye vermutlich Querhorn aus Antiloenhorn; Male / Äthiopien Shore–Dañe Längstrompete aus mehreren Kalebassensegmenten teleskopisch zu einem konischen Rohr zusammenge-

fügt; Instrument gehört zum Waza–Ensemble; L = 200 cm; Berta / Äthiopien. Ähnliche Ensembles kommen auch bei den Berta aus Westäthiopien vor. Die Instrumentennamen können sowohl Ähnlichkei-ten als auch Abweichungen besitzen (s. auch Waza–Ensemble)

Shoroki–Zaye Querhorn aus Antilopenhorn; gespielt wird das Horn von Häuptlingen, um die Mitglieder einer Arbeits-gemeinschaft (lokale und regionale Oberhäupter zusammenzurufen, Maale / Äthiopien

Shoro–Pala Längstrompete aus mehreren Kalebassensegmenten teleskopisch zu einem konischen Rohr zusammenge-fügt; Instrument gehört zum Waza–Ensemble; L = 70 cm; Berta / Äthiopien. Ähnliche Ensembles kom-men auch bei den Berta aus Westäthiopien vor. Die Instrumentennamen können sowohl Ähnlichkeiten als auch Abweichungen besitzen (s. auch Waza–Ensemble)

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Shugur offene und grifflochlose Längsflöte aus Holz aus dem Kumia–Surma–Ensemble; L = 22,5 cm; Gumuz / Sudan.Ähnliche Ensembles kommen auch bei den Gumuz aus Westäthiopien vor. Die Instrumentenna-men können sowohl Ähnlichkeiten als auch Abweichungen besitzen (s. auch Kumia–Surma– und Kome–Mdinga–Ensembles)

Shulungo offene Längsflöte aus Schilf oder Bambus; 4 vordere Grifflöcher; L = ca. 37 cm; ø = ca. 2–2,5 cm; Maale / Südäthiopien

Shungul offene Längsflöte aus Schilf oder Bambus; 4 vordere Grifflöcher; L = ca. 35 cm; ø = ca. 2–2,5 cm; Ari / Ähiopien

Sinr Länghorn aus Flaschenkürbis; Instrument gehört zum Bal–Ensemble; Ingessana / Sudan (s. auch Bal–Ensemble)

Sinara bzw. Singa Kürbisrassel; Instrument gehört zum Bal–Ensemble; Ingessana / Sudan (s. auch Bal–Ensemble) Singar Längstrompete aus Aluminium; L = 26,8 cm; Instrument gehört zum Bal–Ensemble; Ingessana / Sudan

(s. auch Bal–Ensemble) Siwa Querhorn aus Metall; Swahili, Lamu / Kenia und in Tansani Somari (auch Nzumari, Zumari, Zomari usw.); s. Zomari Sorror offene Längsflöte aus Kupferrohr; 2 vordere Grifflöcher; L = ca. 75 cm;

ø = 1,5 cm; Nymang–Sudan Sufara offene Längsflöte mit Grifflöchern (Material: vermutlich Bambus oder Holz); ein aus Ägypten nach

Sudan exportiertes Musikinstrument, das heutzutage in vielen Gebieten des Sudans in Gebrauch ist; Sudan

Taarabu s. Mlanzi Taldig gedackte und grifflochlose Längsflöte aus Bambus; Instrument gehört zum Bal–Ensemble; L = 19,2 cm;

Ingessana / Sudan (s. auch Bal–Ensemble) Tchachaze bzw. Tchecca Zaye

Längstrompete aus Bambus; L = variabel bis zu mehr als 2,5 Meter; Instrument wird in Sätzen gespielt, Welayitta / Äthiopien

Tego–Bala gedackte und grifflochlose Längsflöte aus Bambus; Instrument gehört zum Bol–Negero–Ensemble; L = 11 cm; ø = 3,5 cm; Berta / Äthiopien. Ähnliche Ensembles kommen auch bei den Berta aus Südsudan vor. Die Instrumentennamen können sowohl Ähnlichkeiten als auch Abweichungen besitzen (s. auch Bol–Negero–Ensemble–Ensemble)

Tego–Dañe gedackte und grifflochlose Längsflöte aus Bambus; Instrument gehört zum Bol–Negero–Ensemble; L = 11,5 cm; ø = 4 cm; Berta / Äthiopien. Ähnliche Ensembles kommen auch bei den Berta aus Südsudan vor. Die Instrumentennamen können sowohl Ähnlichkeiten als auch Abweichungen besitzen (s. auch Bol–Negero–Ensemble–Ensemble)

Teilo gedackte und grifflochlose Längsflöte aus Bambus; Instrument gehört zum Pilea–Ensemble; L = 27 cm; ø = 2,1 cm; Maale / Äthiopien (s. auch Pilea–Ensemble)

Teltya gedackte und grifflochlose Längsflöte aus Bambus; Instrument gehört zum Bal–Ensemble; Ingessana / Sudan (s. auch Bal–Ensemble)

Tere Längstrompete aus mehreren Kalebassensegmenten teleskopisch zu einem langen und konischen Rohr zusammengefügt; Instrument gehört zum Waza–Ensemble; L = 55 cm; Berta / Äthiopien. Ähnliche Ensembles kommen auch bei den Berta aus Südsudan vor. Die Instrumentennamen können sowohl Ähn-lichkeiten als auch Abweichungen besitzen (s. auch Waza–Ensemble)

Tindiwe Querhorn aus Rinderhorn; Nuba, Tong und Dinka / Sudan Tong Querhorn aus Rinderhorn; Dinka / Sudan Torhin–Mihin gedackte und grifflochlose Längsflöte aus Bambus; Instrument gehört zum Bulhu–Ensemble; L = 99,6

cm; Berta / Sudan. Ähnliche Ensembles kommen auch bei den Berta aus Südsudan vor. Die Instrumen-tennamen können sowohl Ähnlichkeiten als auch Abweichungen besitzen (s. auch Bulhu–Ensemble)

Tori Querhorn aus Rinderhorn; Dinka / Sudan; s–förmig konisch; L = 60–70 cm; ø (Rohrende) = ca. 10 cm; Bari / Uganda und Sudan

Trounotey Quertrompete aus einem zylindrischen Bambus an dessen Ende ein Tierhorn (meist ein Rinderhorn) hinzugefügt wird; L = bis 250 cm und mehr; ø (Bambus) = ca. 2–2,5cm; eine ähnliche Dinke genannte Quertrompete findet man auch in den Musikkultur einiger südäthiopischer Volksgruppen, darunter die Welayitta, Kembatta und Hadiya (s. auch Dinke)

Tula längs geblasene Kürbistrompeten; Instrument gehört zum Penah–Ensemble; Gumuz / Sudan (s. auch Penah–Ensemble)

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Tung Querhorn aus Tierhorn (Wasserbock ?); L = 70 cm; Luo / Kenia Ture–Angwa Querhorn aus Tierhorn; Madi / Uganda Ture–Turungule s. Turi Turi (auch Ture–Turungule) Quertrompete aus gleich großen Holztrögen, die anschließend zu einem koni-

schen Rohr zusammengefügt werden; L = ca. 80–165 cm; Madi und Lango / Uganda Turu Quertrompete aus Holz; L = ca.120 cm; Mao / Äthiopien Turumba Längstrompete aus Blech; L = 31 cm; ø = 1,4 cm; ø = 7,4 (Rohrende); Amara, Tigray, Hamar/ Äthiopien Turune Querhorn aus Tierhorn; L = ca. 150 cm Bodi / Äthiopien Tu’um Quertrompete aus zusammengefügten Holztrögen; konisch; L = ca. 85–165 cm; Acholi / Uganda Tsinzika Querhorn aus Tierhorn (?); Tsinzika–Querhörner werden vermutlich in Sätzen geblasen; Luhiya / Kenia Uluru (auch Luru); Längstrompete aus zylindrischem Bambusrohr und einem kugelförmigen Kürbis;

L (gesamt)= 66 cm; L (Bambusrohr) = 22 cm; ø (Rohrende) = 7 cm; Madi / Uganda Umburko Gefäßflöte mit 2–4 Grifflöchern, Material: vermutlich Fruchtschale; Instrument wird von Hirten gespielt,

Maale / Äthiopien Umukiri s. Omukuri Umurangi Quertrompete bzw. Querhorn; Die Umurangi = lit. „der Beginner“ hat den Status der Haupttrompete, mit

der die Stücke angestimmt werden (Gansemans 1986: 50); Instrument gehört zum Amakondera–Esnemble, L = 40–54 cm; Twa / Rwanda

Umwere

gedackte Querflöte aus Bambus; vier vordere Grifflöcher; L = ca. 57–60 cm; ø = ca. 2,5 cm; Kuria / Kenia

Urudiya Längstrompete aus Plastikrohr und Kürbisgefäß; L (Plastikrohr) = 80 cm; L (Kürbisgefäß)= 30 cm; Instrument gehört zum Dussul–Ensemble; Nymang / Sudan (s. auch Dussul–Ensemble)

Urugunda Quertrompete bzw. Querhorn; die Urugunda erzeugt den tiefen Ton im Amakondera–Ensemble (vgl. Gansemans 1986: 50); Instrument gehört zum Amakondera–Esnemble; L = 30; ø = bis zu 14 cm; Twa / Rwanda

U’uli s. Bo’ule Vylanzi–Ensemble

Bezeichnung für ein Ensemble, in dem mehrere gedackte und grifflochlose Längsflöten aus Bambus zusammenspielen; die Flöten besitzen vermutlich unterschiedliche Dimensionen und jeweils eigene Namen; Zamaro / Küstengebiet Tansanias

Washint offene Längsflöte aus Bambus; 4 vordere Grifflöcher; Schilf, Plastik und Metall L = 20–60 cm; ø = 1,5–3 cm; Amara / Äthiopien

Waza–Al–Meser (lit. = erste Waza); Längstrompete aus mehreren Kalebassensegmenten teleskopisch zu einem konischen Rohr zusammengefügt; Instrument gehört zum Waza–Ensemble; L = 40 cm; Berta / Sudan Ähnliche Ensembles kommen auch bei den Berta aus Südsudan vor. Die Instrumentennamen können sowohl Ähnlichkeiten als auch Abweichungen besitzen (s. auch Waza–Ensemble)

Waza–Alu (lit. = wichtige Waza); Längstrompete aus mehreren Kalebassensegmenten teleskopisch zu einem koni-schen Rohr zusammengefügt; Instrument gehört zum Waza–Ensemble; L = 46 cm; Berta / Sudan Ähnliche Ensembles kommen auch bei den Berta aus Südsudan vor. Die Instrumentennamen können sowohl Ähnlichkeiten als auch Abweichungen besitzen (s. auch Waza–Ensemble)

Waz–Alu Längstrompete aus mehreren Kalebassensegmenten teleskopisch zu einem konischen Rohr zusammenge-fügt; Instrument gehört zum Waza–Ensemble; L = 45 cm; Berta / Äthiopien Ähnliche Ensembles kommen auch bei den Berta aus Südsudan vor. Die Instrumentennamen können sowohl Ähnlichkeiten als auch Abweichungen besitzen (s. auch Waza–Ensemble)

Waza–Ensemble Bezeichnung für ein Ensemble, in dem gewöhnlich etwa 10–12 verschieden großen Waza–Längstrompeten aus mehreren Kalebassensegmenten (L = etwa zwischen 45–200 cm), dem Querhorn Angari (L = ca. 35), der Kürbisrassel Asese (auch Asesehu; L = ca. 20 cm) und dem Bulu / Pale–Paar eine Astgabel und ein Horn, das als Schlegel dient zusammenspielen; jede Waza–Trompete hat seinen eigenen Namen; Berta / Äthiopien; ähnliche Ensembles sind auch bei den Berta aus dem Sudan zu beobachten, doch bei den Bezeichnungen einzelner Instrumente können sowohl Gemeinsamkeiten als auch kleine und große Abweichungen festgestellt werden

Woisha vermutlich ein längs geblasenes Horn aus Rinderhorn, Welayitta / Äthiopien Woissa offene Längsflöte aus Bambus; 4 vordere Grifflöcher; L = 30 – 45 cm; ø = 2,5 cm; Hamar, Banna,

Bashada / Äthiopien Wotu Längstrompete aus Plastikrohr und Kürbisgefäß; L (Plastikrohr) = 75 cm; L (Kürbisgefäß)= 25 cm; In-

strument gehört zum Dussul–Ensemble; Nymang / Sudan (s. auch Dussul–Ensemble)

400

Wun gedackte und grifflochlose Längsflöte aus Bambus; Instrument gehört zum Bal–Ensemble; Ingessana / Sudan (s. auch Bal–Ensemble)

Yasili offene und grifflochlose Längsflöte aus Holz aus dem Kumia–Surma–Ensemble; L = ca. 8,5 cm Gumuz / Äthiopien. Ähnliche Ensembles kommen auch bei den Gumuz aus Südsudan vor. Die Instrumentennamen können sowohl Ähnlichkeiten als auch Abweichungen besitzen (s. auch Kumia–Surma– und Kome–Mdinga–Ensembles)

Yeze gedackte und grifflochlose Längsflöte aus Bambus; Instrument gehört zum Bal–Ensemble; Ingessana / Sudan (s. auch Bal–Ensemble)

Yiccha Fußschelle aus Metall; Instrument gehört zur Begleitung des Woissa–Ensembles; Ari / Äthiopien (s. auch Woissa–Ensemble)

Yima offene und grifflochlose Längsflöte aus Bambus aus dem Embilta–Ensemble; Amara / Äthiopien (s. auch Embilta–Ensemble)

Yotho gedackte und grifflochlose Längsflöte aus Bambus; Instrument gehört zum Bal–Ensemble; L = 15 cm; Ingessana / Sudan (s. auch Bal–Ensemble)

Yuge aus einem massiven Holz geschnitzte Quertrompete; L = ca. 140 cm; Madi / Uganda Zinjero offene und grifflochlose Längsflöte aus Bambus aus dem Embilta–Ensemble; Tenben–Nordost–Tigray /

Äthiopien (s. auch Embilta–Ensemble) Zolliti gedackte und grifflochlose Längsflöte aus Bambus; Instrument gehört zum Pilea–Ensemble; L = 33 cm;

ø = 2,4 cm; Maale / Äthiopien (s. auch Pilea–Ensemble) Zomari (auch Nzomari, Nzumari, Zumari, Somari usw.); Einzeloboe aus Holzrohr; L = ca. 33,5 cm; konisch; 3–4

vordere Grifflöcher; Digo, Rabai, Gubahin / Kenia und Somalia Zumbara offene Längsflöte aus Bambus Metall oder Kupfer; 2 vordere Grifflöcher; L = 30–90 cm; Sudan Zumbe Querhorn aus Antilopenhorn; konisch gebogen; Swahili / Tansania

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Eidesstattliche Erklärung Hiermit erkläre ich, dass ich die vorliegende Arbeit selbständig und nur unter Verwendung der angegebenen Literatur und Hilfsmittel angefertigt habe. Berlin, den Juni 2008