requirements on steel- and composite joints for the load case column removal | anforderungen an...

15
565 © Ernst & Sohn Verlag für Architektur und technische Wissenschaften GmbH & Co. KG, Berlin · Stahlbau 79 (2010), Heft 8 Eine lokale Schädigung innerhalb der Tragstruktur (z. B. Stützen- ausfall durch Anprall oder Explosion) kann zu einem Versagen der Gesamtstruktur und damit zum Einsturz des Gebäudes führen. Um solch ein globales Versagen durch lokale Schädigung zu ver- meiden, muss innerhalb der Tragstruktur eine Umlagerung der Schnittgrößen ermöglicht werden, d. h., es müssen sich alterna- tive Lastpfade ausbilden können. Solch eine Umlagerung, z. B. von einem reinen Biegezustand in einen gemischten Biege-/Mem- branspannungszustand, bedingt unter Umständen sehr große Ver- formungen, die zu großen Deformationen der Anschlüsse führen. Im Rahmen eines europäischen RFCS-Forschungsprojektes wurde versucht, mit Hilfe sehr duktiler Anschlussausbildungen die Robustheit von Stahl- und Verbundrahmentragwerken zu ver- bessern. Hauptaugenmerk bei der Konzeption der Anschlüsse war dabei, den Material- und Fertigungsaufwand der Anschlüsse so gering wie möglich zu halten und die Umlagerungsmöglichkei- ten für außergewöhnliche Bemessungssituationen vornehmlich über das Vorhalten hoher Verformungskapazitäten der Anschlüs- se zu aktivieren. Aus diesem Grund wurden hier nachgiebige teil- tragfähige Anschlüsse gewählt. Als außergewöhnliche Bemes- sungssituation wurde in diesem Projekt schwerpunktmäßig der Stützenausfall in einem Rahmentragwerk betrachtet. (RFCS Research Fund for Coal and Steel) Requirements on steel- and composite joints for the load case column removal. Local failure in a structure (e. g. sudden column loss due to impact or explosion) may lead to progressive collapse propagation of the global structural system resulting in a total collapse. To avoid progressive collapse initiated by local damage a redistribution of force from the damaged part of the structure has to be enabled by alternate load paths. Activation of alternate load paths by change of the bearing mechanism from pure bend- ing state to more or less pure membrane state is a measure that is only possible by allowing large deformations resulting in high deformation requirements for the joints. In the course of an European RFCS research project ductile joint solutions have been developed to improve the robustness as characteristic of the structure. Main focus of the joint design was to obtain the required deformation capacity for accidental design situations mainly from ductile joint and cause at the same time only few additional material and fabrication costs for the joints. As a result semi-rigid and partial-strength joint solutions have been chosen. Objectives within the project were to determine re- quirements of the joints concerning deformation capacity as well as M-N-resistance to enable the activation of catenary action for the load case notional column removal. 1 Einleitung Fragen der Kollapsresistenz und Resttragfähigkeit von Tragwerken bei lokalem Versagen spielen seit den großen Terroranschlägen eine zunehmende Rolle. Durch neue und effiziente Entwurfsmethoden für Stahl-Verbundtragwerke bei außergewöhnlichen Bemessungssituationen sollen ro- buste und gleichzeitig wirtschaftliche Konstruktionen ange- strebt werden. Im Rahmen eines europäischen RFCS-For- schungsprojektes [19] wurde versucht, mit Hilfe sehr dukti- ler Anschlussausbildungen die Robustheit von Stahl- und Verbundrahmentragwerken zu verbessern. Hauptaugen- merk bei der Konzeption der Anschlüsse war dabei, den Ma- terial- und Fertigungsaufwand der Anschlüsse so gering wie möglich zu halten und die Umlagerungsmöglichkeiten für außergewöhnliche Bemessungssituationen vornehmlich über das Vorhalten hoher Verformungskapazitäten der An- schlüsse zu aktivieren. Aus diesem Grund wurden hier nachgiebige teiltragfähige Anschlüsse gewählt. Als außergewöhnliche Bemessungssituation wurde in diesem Projekt schwerpunktmäßig der Stützenausfall in ei- nem Rahmentragwerk betrachtet. Das Arbeitsprogramm des Projektes sah vor, ein mehrstöckiges Rahmentragwerk in Stahl-Verbundbauweise als Referenzstruktur zu kon- zipieren, für den Grenzzustand der Tragfähigkeit und Gebrauchstauglichkeit angemessen wirtschaftlich zu di- mensionieren und anschließend einen planmäßigen Stüt- zenausfall zu berücksichtigen. Ziel des Szenarios Stützen- ausfall war dabei, die Anforderungen an die Verbund- anschlüsse hinsichtlich Duktilität und Tragfähigkeit detail- liert zu untersuchen. Hierzu wurde der Stützenausfall an ei- ner aus der Referenzstruktur extrahierten Substruktur expe- rimentell simuliert. Begleitend zu diesem Großversuch fan- den Knotenversuche unter gleichzeitiger Momenten- und Normalkraftbeanspruchung statt, um die Knotencharakte- ristik, im speziellen die Verformungskapazität und Momen- ten-Normalkraft-Interaktion zu bestimmen. Um das Potenzial des Werkstoffes Stahl in Rahmen- tragwerken nutzen zu können, bietet sich hier als Ent- wurfsmethode, zur Verbesserung der Kollapsresistenz des Bauwerks, die Alternative-Lastpfad-Methode [15], [27], [28] an. Für den Stützenausfall in der Referenzstruktur wurden alternative Lastpfade über die Aktivierung eines Spannband- oder Zugbandeffektes in den horizontalen Traggliedern – nach Stützenausfall – realisiert. Die Akti- vierung des Zugbandeffektes bedarf großer globaler Ver- Fachthemen Anforderungen an Stahl- und Verbundknoten bei Stützenausfall in einem Rahmentragwerk Ulrike Kuhlmann Lars Rölle Jean-Pierre Jaspart Jean-Francois Demonceau DOI: 10.1002/stab.201001352

Upload: myulg

Post on 26-Nov-2023

0 views

Category:

Documents


0 download

TRANSCRIPT

565© Ernst & Sohn Verlag für Architektur und technische Wissenschaften GmbH & Co. KG, Berlin · Stahlbau 79 (2010), Heft 8

Eine lokale Schädigung innerhalb der Tragstruktur (z. B. Stützen-ausfall durch Anprall oder Explosion) kann zu einem Versagen derGesamtstruktur und damit zum Einsturz des Gebäudes führen. Um solch ein globales Versagen durch lokale Schädigung zu ver-meiden, muss innerhalb der Tragstruktur eine Umlagerung derSchnittgrößen ermöglicht werden, d. h., es müssen sich alterna-tive Lastpfade ausbilden können. Solch eine Umlagerung, z. B. voneinem reinen Biegezustand in einen gemischten Biege-/Mem-branspannungszustand, bedingt unter Umständen sehr große Ver-formungen, die zu großen Deformationen der Anschlüsse führen.

Im Rahmen eines europäischen RFCS-Forschungsprojekteswurde versucht, mit Hilfe sehr duktiler Anschlussausbildungendie Robustheit von Stahl- und Verbundrahmentragwerken zu ver-bessern. Hauptaugenmerk bei der Konzeption der Anschlüssewar dabei, den Material- und Fertigungsaufwand der Anschlüsseso gering wie möglich zu halten und die Umlagerungsmöglichkei-ten für außergewöhnliche Bemessungssituationen vornehmlichüber das Vorhalten hoher Verformungskapazitäten der Anschlüs-se zu aktivieren. Aus diesem Grund wurden hier nachgiebige teil-tragfähige Anschlüsse gewählt. Als außergewöhnliche Bemes-sungssituation wurde in diesem Projekt schwerpunktmäßig derStützenausfall in einem Rahmentragwerk betrachtet.(RFCS Research Fund for Coal and Steel)

Requirements on steel- and composite joints for the load casecolumn removal. Local failure in a structure (e. g. sudden columnloss due to impact or explosion) may lead to progressive collapsepropagation of the global structural system resulting in a totalcollapse. To avoid progressive collapse initiated by local damagea redistribution of force from the damaged part of the structurehas to be enabled by alternate load paths. Activation of alternateload paths by change of the bearing mechanism from pure bend-ing state to more or less pure membrane state is a measure thatis only possible by allowing large deformations resulting in highdeformation requirements for the joints.

In the course of an European RFCS research project ductilejoint solutions have been developed to improve the robustness ascharacteristic of the structure. Main focus of the joint design wasto obtain the required deformation capacity for accidental designsituations mainly from ductile joint and cause at the same timeonly few additional material and fabrication costs for the joints.As a result semi-rigid and partial-strength joint solutions havebeen chosen. Objectives within the project were to determine re-quirements of the joints concerning deformation capacity as wellas M-N-resistance to enable the activation of catenary action forthe load case notional column removal.

1 Einleitung

Fragen der Kollapsresistenz und Resttragfähigkeit vonTragwerken bei lokalem Versagen spielen seit den großenTerroranschlägen eine zunehmende Rolle. Durch neue undeffiziente Entwurfsmethoden für Stahl-Verbundtragwerkebei außergewöhnlichen Bemessungssituationen sollen ro-buste und gleichzeitig wirtschaftliche Konstruktionen ange-strebt werden. Im Rahmen eines europäischen RFCS-For-schungsprojektes [19] wurde versucht, mit Hilfe sehr dukti-ler Anschlussausbildungen die Robustheit von Stahl- undVerbundrahmentragwerken zu verbessern. Hauptaugen-merk bei der Konzeption derAnschlüsse war dabei, den Ma-terial- und Fertigungsaufwand derAnschlüsse so gering wiemöglich zu halten und die Umlagerungsmöglichkeiten füraußergewöhnliche Bemessungssituationen vornehmlichüber das Vorhalten hoher Verformungskapazitäten der An-schlüsse zu aktivieren. Aus diesem Grund wurden hiernachgiebige teiltragfähige Anschlüsse gewählt.

Als außergewöhnliche Bemessungssituation wurde indiesem Projekt schwerpunktmäßig der Stützenausfall in ei-nem Rahmentragwerk betrachtet. Das Arbeitsprogrammdes Projektes sah vor, ein mehrstöckiges Rahmentragwerkin Stahl-Verbundbauweise als Referenzstruktur zu kon-zipieren, für den Grenzzustand der Tragfähigkeit undGebrauchstauglichkeit angemessen wirtschaftlich zu di-mensionieren und anschließend einen planmäßigen Stüt-zenausfall zu berücksichtigen. Ziel des Szenarios Stützen-ausfall war dabei, die Anforderungen an die Verbund-anschlüsse hinsichtlich Duktilität und Tragfähigkeit detail-liert zu untersuchen. Hierzu wurde der Stützenausfall an ei-ner aus der Referenzstruktur extrahierten Substruktur expe-rimentell simuliert. Begleitend zu diesem Großversuch fan-den Knotenversuche unter gleichzeitiger Momenten- undNormalkraftbeanspruchung statt, um die Knotencharakte-ristik, im speziellen die Verformungskapazität und Momen-ten-Normalkraft-Interaktion zu bestimmen.

Um das Potenzial des Werkstoffes Stahl in Rahmen-tragwerken nutzen zu können, bietet sich hier als Ent-wurfsmethode, zur Verbesserung der Kollapsresistenz desBauwerks, die Alternative-Lastpfad-Methode [15], [27],[28] an. Für den Stützenausfall in der Referenzstrukturwurden alternative Lastpfade über die Aktivierung einesSpannband- oder Zugbandeffektes in den horizontalenTraggliedern – nach Stützenausfall – realisiert. Die Akti-vierung des Zugbandeffektes bedarf großer globaler Ver-

Fachthemen

Anforderungen an Stahl- und Verbundknotenbei Stützenausfall in einem Rahmentragwerk

Ulrike KuhlmannLars RölleJean-Pierre JaspartJean-Francois Demonceau

DOI: 10.1002/stab.201001352

formungen der Struktur, die in diesem Fall hauptsächlichdurch die Duktilität der Anschlüsse erzeugt wurde.

Die Versuche waren erfolgreich und zeigten, dass esgrundsätzlich möglich ist, auch mit teiltragfähigen, dafüraber hoch duktilen Anschlüssen robuste Rahmentragwer-ke zu entwerfen. Es konnte gezeigt werden, dass das bishe-rige Konzept, die Fließgelenke aus den Knoten fernzuhal-ten, also die Knoten gegenüber den Riegeln überzudimen-sionieren, nicht zwingend erforderlich ist, sondern bei in-telligenter Knotenausbildung das Fließgelenk durchausauch im Anschluss liegen kann. Vorrausetzungen sind da-bei immer eine hohe Verformungskapazität und ausrei-chende Tragfähigkeit.

2 Stand der Technik und Normung

Die allerwenigsten in der Praxis tätigen Ingenieure werdensich bisher mit der Robustheit als zusätzliches Entwurfs-kriterium beschäftigt haben und das Thema Robustheithat auch im Hochbau im deutschsprachigen Raum bishervergleichsweise wenig Beachtung gefunden.

Mit Einführung der Europäischen Normengenera-tion, der Eurocodes, wird die bisherige Basisnorm DIN 1055-100 [2] durch die EN 1990 [6] ersetzt. Die neueBasisnorm EN 1990 [6] geht in ihren Anforderungen undden zu berücksichtigenden Bemessungssituationen nundeutlicher auf die außergewöhnlichen Bemessungssitua-tionen ein und fordert auch ausdrücklich die Vermeidungeiner unverhältnismäßigen Schadensfortpflanzung, alsoeines progressiven Kollapses. Zum weiteren Vorgehenwird auf die EN 1991-1-7 [7] verwiesen, die im Gegensatzzur DIN 1055-9 [1] auch auf außergewöhnliche Bemes-sungssituationen des Hochbaus eingeht.

Die EN 1991-1-7 [7] gibt zwar auch schon einige we-nige konkretere Entwurfs- und Nachweisregeln an, diesebeschränken sich aber auf Teilbereiche spezieller Trag-werksarten. Das Vorgehen an sich ist sehr allgemein ge-halten, da alle Werkstoffe und Bauweisen pauschal behan-delt werden und erst im Anhang einige ausgewählte Ent-wurfsregeln z. B. auch für die Rahmenbauweise angege-ben werden. Die Umsetzung der Empfehlungen imEinzelfall bleibt dem Ermessen und Können der Baupla-nenden und der Einsicht der Bauherren überlassen [27].

Die allermeisten planenden Ingenieure werden hieralso völliges Neuland betreten und u. U. große Problemebekommen, die Forderungen in einem wirtschaftlich an-gemessenen Rahmen umzusetzen, denn es fehlt in derEN 1991-1-7 [7] ein Konzept, dessen Strategien und Ent-wurfsregeln auf den Stahl- und Verbundhochbau zuge-schnitten sind und die Eigenschaften und Vorteile desMaterials Stahl effizient nutzen.

Damit die Stahl- und Verbundbauweise unter demGesichtspunkt der Robustheit bei Architekten, Bauherrenund Behördenvertretern keine Abwertung gegenüber derMassivbauweise erleidet, müssen hier effektive Bemes-sungsstrategien und Entwurfsregeln entwickelt werden,die das Potenzial des Stahls und seine Vorteile gegenüberdem Beton aufgreifen.

Die hohe Festigkeit, gute Duktilität, das Vorhaltenplastischer Reserven, die Energie-Absorbtionskapazitätsowie die Dämpfungseigenschaften des Stahls lassen sichfür außergewöhnliche Bemessungssituationen gezielt nut-

566

U. Kuhlmann/L. Rölle/J.-P. Jaspart/J.-F. Demonceau · Anforderungen an Stahl- und Verbundknoten bei Stützenausfall in einem Rahmentragwerk

Stahlbau 79 (2010), Heft 8

zen, wenn sich das Vorgehen bzw. die Regeln für Stahl-und Stahlverbundkonstruktionen von denen für Massiv-baukonstruktionen unterscheidet.

Die nationalen Ausführungsnormen im Stahl- undVerbundbau DIN 18800 [4] und DIN 18800-5 [5] gehenbisher auf das Thema Robustheit nicht ein. Der Massivbaugreift dagegen auf die weit zurückreichende intensive For-schung aus dem Bereich Erdbeben zurück, und so fandschon vor vielen Jahren ein eigenes Kapitel zur Schadens-begrenzung bei außergewöhnlichen Einwirkungen Eingangin die DIN 1045-1 [3] und ist auch in der EN 1992-1-1 [8]vorhanden. Diese Angaben sind zwar auf wenige spezielleAusführungsarten begrenzt und die tatsächliche Effektivi-tät dieser pauschalen indirekten Entwurfsregeln lässt sichschwer quantifizieren, aber zumindest wurde hier ver-sucht, erste Empfehlungen zur Verbesserung der Robust-heit des Tragwerks aufzubereiten. Diese Tatsache hat diebei manchen Architekten, Bauherren aber auch Ingenieu-ren vorherrschende Meinung begünstigt, dass robusteTragstrukturen eigentlich mit Beton zu realisieren sind.

Im Gegensatz dazu können die Ergebnisse des RFCS-Forschungsprojekts Robustness [19] zeigen, dass mit demWerkstoff Stahl mit geringem Mehraufwand robuste Trag-strukturen realisiert werden können, wenn die positivenWerkstoffeigenschaften, wie hohe Duktilität und Tragfä-higkeit, gezielt genutzt werden.

3 Alternative-Lastpfad-Methode als Entwurfsstrategie3.1 Allgemeines

Zur Gewährleistung von Kollapsresistenz stehen drei prin-zipielle Entwurfsmethoden zur Verfügung, die teilweiseauch schon in Normen verankert sind. Zu unterscheidensind dabei die direkten und indirekten Entwurfsmethoden[15], [26], [27], [28]. Als indirekte Entwurfsmethoden wer-den sogenannte präskriptive Entwurfsregeln bezeichnet, al-so konstruktive Regeln, die ein ausreichendes Maß an Ro-bustheit garantieren sollen. Direkte Entwurfsmethoden be-ruhen dagegen auf Tragwerksberechnungen unter der au-ßergewöhnlichen Bemessungssituation. Bei den direktenEntwurfsmethoden kann unterschieden werden in Ausbil-dung der Konstruktion mit hoher Sicherheit gegen lokalesVersagen oder Dimensionierung durch Nachweis für denLastfall lokales Versagen wie z. B. Stützenausfall. Hohe Si-cherheit gegen lokales Versagen ist sinnvoll, wenn Art undGröße des außergewöhnlichen Ereignisses bekannt sind.Oft ist dies aber nicht der Fall oder die Dimensionierungder Schlüsselelemente gegen lokales Versagen kann nichtoder nur mit unverhältnismäßigen Aufwand erfolgen. Dannbietet sich an, lokales Versagen einzelner Tragelement zutolerieren und die Tragstruktur unter Berücksichtigung lo-kaler Schädigung, z. B. planmäßigen Stützenausfall, nach-zuweisen [29]. Damit die Schnittgrößen aus dem geschä-digten Bereich in unbeschädigte Nachbarbereiche derStruktur umgelagert werden können, müssen alternativeLastpfade, also eine ausreichende Strukturredundanz zurVerfügung stehen. Geschossweise installierte Verstärkun-gen durch massive Lastverteilungsträger stellen hier eineMöglichkeit dar, haben aber i. d. R. hohe Zusatzkosten zurFolge (s. Bild 1). Eine andere Möglichkeit, alternativeLastpfade zu aktivieren, die sich insbesondere bei dem duk-tilen Werkstoff Stahl anbietet, stellt der Übergang von rei-

567

U. Kuhlmann/L. Rölle/J.-P. Jaspart/J.-F. Demonceau · Anforderungen an Stahl- und Verbundknoten bei Stützenausfall in einem Rahmentragwerk

Stahlbau 79 (2010), Heft 8

ner Biegetragwirkung zu Zugtragwirkung dar (s. Bild 2).Diese Aktivierung einer Zugband- oder Spannbandwirkungwird im Folgenden detaillierter beschrieben.

3.2 Alternative Lastpfade durch Zugbandwirkung3.2.1 Funktionsweise der Zugbandwirkung

Die Spannband- oder Zugbandwirkung nutzt durch dieüberwiegende Aktivierung von Membrankräften dieQuerschnitte optimal aus. Im Vergleich zur reinen Biege-tragwirkung lassen sich damit nicht nur plastische Tragre-serven, sondern auch Tragreserven durch eine optimierteQuerschnittsbeanspruchung aktivieren (vgl. Bild 3). Da-mit die vertikalen Lasten analog der Wirkungsweise einesSeiles abgetragen werden können, bedarf es ausreichendgroßer Verformungen der Tragstruktur. Die Größe derMembrankräfte in den horizontalen Traggliedern ist unteranderem abhängig vom Seilstich, also der ertragbarenDurchbiegung der Struktur. Große globale Verformungensind nur möglich, wenn auf lokaler Ebene ausreichendDuktilität zur Verfügung steht. Alle beteiligten Bauteile,aber vor allem die Anschlüsse unterliegen deshalb beson-ders hohen Anforderungen an die Verformungskapazität.

3.2.2 Anforderungen zur effektiven Wirkungsweisehorizontaler Zugbänder

Die Aktivierung von Spannbandwirkung in der Rahmen-bauweise findet vornehmlich in der Rahmenebene statt.Damit die Membrankräfte ihre Wirkung entfalten kön-nen, muss die Kontinuität des Zugbandes sichergestelltsein [7], [15], [27]. Für Verbundrahmen bedeutet dies,dass die Bewehrung der Betonplatte einen möglichst kon-stanten Querschnitt über die Trägerlänge aufweist und al-le Stöße mit ausreichend Verankerungslänge ausgeführtsind. Werden Feld- und Stützbereiche bewehrungsmäßigabgestuft und die Bewehrung nur entsprechend den Erfor-dernissen der Biegebemessung im Grenzzustand der Trag-fähigkeit (GZT, engl.: ULS – ultimate limit state) eingelegt,fällt das zur Verfügung stehende Zugband in der Beton-platte für die außergewöhnliche Bemessungssituation re-lativ gering aus. Das Gleiche gilt für den Stahlquerschnittdes Verbundträgers und hier im speziellen für die An-schlüsse. Diese müssen bei Stützenausfall auch positiveMomente aufnehmen können, obwohl sie im GZT nur für

negative Momente (Stützmomente) ausgelegt werden.Desweiteren stellt der Anschluss meist das schwächsteGlied dar und der Momenten-Normalkraft-Widerstanddes Anschlusses entscheidet damit über die Effektivitätdes Zugbandes. Die Anschlüsse müssen also für ausrei-chend Normalkraftwiderstand konzipiert werden undgleichzeitig so ausgelegt sein, dass der Übergang von Bie-ge- zu Membrantragwirkung ohne das vorzeitige Versagenvon Anschlusskomponenten von statten geht.

3.2.3 Duktilitätsanforderungen

Die Spannbandwirkung kann nur bei ausreichender Fes-tigkeit gepaart mit hoher Duktilität aktiviert werden. Un-ter Anforderungen an Duktilität sind hier nicht nur Anfor-derungen an die Rotationskapazität der Anschlüsse oderStahlprofile gemeint, sondern auch Anforderungen an dieVerformungskapazität unter Normalkraftbeanspruchung.Ausreichend Duktilität der Stahlprofile kann i. d. R. überdie Wahl duktiler Querschnittsklassen (Klasse 1) gesteuertwerden. Ausreichend Verformungskapazität der Beton-platte, speziell in den Bereichen negativer Momentenbe-anspruchung, kann über die Anordnung der Verbindung-mittel, die Wahl duktiler Bewehrung und den Beweh-rungsgehalt erreicht werden. Bei Verwendung nachgiebi-ger teiltragfähiger Anschlüsse ist die Abstimmung der amAnschluss beteiligten Komponenten entscheidend, es musssichergestellt werden, dass zu jedem Zeitpunkt der Belas-

Bild 1. Alternative Lastpfade durch Verstärkungen Fig. 1. Alternate load paths by transfer girders

Bild 2. Alternative Lastpfade ZugbandwirkungFig. 2. Alternate load paths by catenary action

Bild 3. Aktivierung von Spannbandwirkung durch denÜbergang von Biege- in Zugtragwirkung Fig. 3. Activation of catenary action by transition frombending to tensile capacity

tung eine duktile Komponente maßgebend ist. Die sprödenKomponenten des Anschluss, hauptsächlich die Schrauben,bzw. auch die Schweißnähte gilt es ausreichend überzudi-mensionieren. Auf Duktilitätsanforderungen, vor allem derAnschlüsse, wird bisher in keiner der vorhandenen Normen[7] oder Richtlinien [14], [28], [29] eingegangen.

3.2.4 Zu beachtende Nebeneffekte

Wird in einem Rahmentragwerk die Entwurfsstrategie deralternativen Lastpfade mittels Spannbandwirkung ge-wählt, ist zu beachten, dass sich bei Stützenausfall im un-tersten Geschoss in den unmittelbar darüber liegendenGeschossen der Zugbandeffekt ausbildet, in den oberstenGeschossen dagegen ein Druckbogen entsteht. Dies resul-tiert aus der Stützenschiefstellung durch die Zugbandwir-kung in den unteren Geschossen und die sich nach obenfortpflanzende Horizontalverformung der beiden unge-schädigten Rahmenbereiche links und rechts des Stützen-ausfalls. Da sich die Horizontalverformungen jeweils auf-einander zubewegen, werden die mittleren Riegel ge-staucht und erfahren so eine nicht zu vernachlässigendeDruckkraft. Zudem muss innerhalb des Rahmens die Zug-kraft aus der Spannbandwirkung wieder kurzgeschlossenwerden, damit ein Gleichgewicht der Schnittgrößen imRahmen vorliegt (vgl. Bild 4). Liegt nun ein Stahlrahmenmit aufgelegten Betonfertigteilen (z. B. Spannbetonhohl-

568

U. Kuhlmann/L. Rölle/J.-P. Jaspart/J.-F. Demonceau · Anforderungen an Stahl- und Verbundknoten bei Stützenausfall in einem Rahmentragwerk

Stahlbau 79 (2010), Heft 8

dielen) vor, bei dem der Stahlträger keine horizontale Hal-terung oder Drehbettung durch die Betonplatte erfährt,kann als globales Versagen beim Lastfall Stützenausfallein Biegedrillknicken dieser Riegel eintreten, bevor dieSpannbandwirkung voll aktiviert wird.

3.3 Alternative Lastpfade durch Aktivierung räumlicherTragwirkung

3.3.1 Allgemeines

Die Stahl-Verbundrahmenbauweise stellt ein gerichtetesTragwerk dar, bei dem üblicherweise die hierarchisch auf-einander aufbauenden Ebenen des Tragsystems in der sta-tischen Berechnung von oben nach unten separat bemes-sen werden. So werden zunächst die Decken bemessen,meist als einachsig gespannt und anschließend die Ver-bundträger. Für die standardmäßige Bemessung imGrenzzustände der Gebrauchstauglichkeit (GZG, engl.:SLS – seviceability limit state) und im GZT stellt die Ver-einfachung in 2D-Systeme eine effektivere und anschauli-chere Herangehensweise dar und liegt i. d. R. auf der si-cheren Seite, da die teilweise vorhandene tatsächliche3D-Wirkung zusätzliche Tragreserven darstellt. Je nachDeckensystem kann die Decke bei Lastfall Stützenausfallquer zur Rahmenebene zusätzliche Zugbandwirkung unddamit weitere alternative Lastpfade aktivieren.

3.3.2 Wirkungsweise unterschiedlicher Deckensysteme

In der Stahl-Verbundbauweise ist von der Tragwirkungund vom räumlichen Verhalten in drei unterschiedlicheSysteme zu unterscheiden. Ein reiner Stahlrahmen liegtvor, wenn das Deckensystem aus Fertigteilelementen ohneVerbund aufgelegt wird. Beispielhaft sei hier die Spannbe-tonhohldielendecke aufgelegt auf den Stahlrahmen ge-nannt.

Ein Verbundrahmen mit 2D-Wirkung liegt vor, wennein einachsig gespanntes Deckensystem mit Verbundwir-kung zum Stahlträger ausgeführt wird (s. Bild 5a). In Rah-menebene liegt ein Verbundträger vor, quer zur Rahmen-ebene sind die möglichen Zugelemente wie Trapezblech(einachsig gespannt, unverankert) und Bewehrung (nurMindestbewehrung) aber ohne Kontinuität ausgebildetoder haben nur minimale Tragkapazitäten.

Bild 4. Druckbeanspruchung der oberen Riegel durchBogentragwirkung Fig. 4. Compression stress in the top beams caused by anarch effect

Bild 5. Räumliches Tragverhalten in Abhängigkeit des DeckensystemsFig. 5. Structural behaviour depending on the flooring system

569

U. Kuhlmann/L. Rölle/J.-P. Jaspart/J.-F. Demonceau · Anforderungen an Stahl- und Verbundknoten bei Stützenausfall in einem Rahmentragwerk

Stahlbau 79 (2010), Heft 8

Volle 3D-Wirkung kann sich in einem Verbundrah-men einstellen, wenn die Decke in beide Achsen kontinu-ierlich und ausreichend bewehrt ist (s. Bild 5b). So kannneben der Spannbandwirkung des Verbundträgers in derRahmenebene auch eine Membranwirkung der Deckequer zur Rahmeneben aktiviert werden.

Neben der Aktivierung von Spannbandwirkung undplastischer Reserven stellt die Aktivierung der räumlichenTragwirkung für die Entwurfsstrategie der alternativenLastpfade eine weitere wichtige Option dar. Erste Ver-gleichsrechnungen der drei unterschiedlichen Systeme[18] haben hier deutlich die positive Wirkung und dieenormen Reserven einer biaxial aktivierbaren Betonplatteaufgezeigt. Insofern kann über die Wahl des Deckensys-tems der Grad der Redundanz entscheidend beeinflusstwerden.

4 Systemantwort eines Rahmentragwerks bei Stützenausfall4.1 Allgemeines

Für den Lastfall Stützenausfall wurden im Rahmen desRFCS-Projektes „Robustness“ [19] intensive Untersu-chungen an ebenen Rahmentragwerken durchgeführt. Einwichtiger Aspekt war dabei, das globale Verhalten desTragwerks bei Stützenausfall zu untersuchen, um an-schließend vereinfachte analytische Ansätze zur Berech-nung der erforderlichen Verformungskapazität der Bautei-le, aber vor allem auch der Anschlüsse ableiten und ent-wickeln zu können. Hierzu wurde ein Gesamtkonzept fürein allgemeingültiges Vorgehen erarbeitet. Dieses Konzeptsowie die vereinfachten analytischen Ansätze werden inden folgenden Abschnitten vorgestellt.

4.2 Gesamtkonzept

Wenn sich in einem Rahmentragwerk ein Stützenausfall,z. B. verursacht durch Anprall, ereignet, kann das Systemin zwei Bereiche aufgeteilt werden.– der direkt betroffene Teil: hier handelt es sich um die

Rahmenbereiche direkt über oder neben der beschädig-ten Stütze, einschließlich der dort befindlichen Riegel,Stützen und Anschlüsse

– der indirekt betroffene Teil: hier handelt es sich um dieNachbarfelder des betroffenen Rahmens, die einerseitsdurch die Lastumlagerung aus dem direkt betroffenenBereich zusätzlich beansprucht werden und andererseitsdas Tragverhalten des direkt betroffenen Bereiches be-einflussen

Schaut man sich die Situation an der beschädigten Stützegenauer an, sind kurz vor dem vollständigen Versagen fol-gende Schnittgrößen in vertikaler Richtung am Stützen-kopf zu identifizieren:– Querkraft V1 und V2 an den Riegelenden– Normalkraft Nup in der Stütze direkt oberhalb des Stüt-

zenausfalls– Normalkraft Nlo in der versagenden Stütze

Das Ziel der an der Universität Liège durchgeführten Un-tersuchungen war die Herleitung einer mathematischenFormulierung, mit der sich die Stützen-Normalkraft Nlo inAbhängigkeit der vertikalen Verformung ΔA am Punkt A

vorhersagen lässt unter gleichzeitiger Berücksichtigungzusätzlicher Membrankräfte durch Aktivierung vonSpannbandwirkung. Mit Hilfe dieser Kennwerte lässt sichim zweiten Schritt die erforderliche Duktilität der Bautei-le und Anschlüsse sowie der erforderliche Widerstand desindirekt betroffenen Bereiches zur Aufnahme der Lastenaus dem geschädigten Bereich bestimmen.

In Bild 7 veranschaulicht die Kurve die Entwicklungund Abhängigkeit der Stützennormalkraft Nlo und der ver-tikalen Verformung ΔA in der ausfallenden Stütze (s.Bild 6):– DerAbschnitt von Punkt (1) zu Punkt (2) (Phase 1) spie-

gelt das schrittweise Aufbringungen der Lasten auf dasungeschädigte Tragwerk wider. Es ergibt sich damit eineErhöhung der Drucknormalkraft der Stütze Nlo, gleich-zeitig kann ΔA zu Null angenommen werden. (Tatsäch-lich tritt eine minimale Verformung durch die Stau-chung und damit Verkürzung der Stütze auf, diese wirdhier aber vernachlässigt.) Es wird zudem angenommen,dass zu diesem Zeitpunkt ein rein elastischer Zustandim Rahmen vorherrscht, also noch keine Fließbereichesich ausgebildet haben.

– Im Kurvenabschnitt von Punkt (2) zu Punkt (5) wird dieStütze stufenweise entfernt. Ab Punkt (2) reduziert sichdie Stützendrucknormalkraft Nlo, bis am Punkt (5) kei-ne Kraft mehr in der Stütze ist, die Stütze somit als voll-ständig ausgefallen angesehen werden kann. Währendalso in diesem Bereich Nlo betragsmäßig immer weiter

Bild 6. Übersicht der verwendeten Definitionen an einemRahmen mit Stützenausfall Fig. 6. Representation of a frame losing a column and maindefinitions

Bild 7. Entwicklung der Kraft Nlo in Abhängigkeit der verti-kalen Verformung am Kopf der geschädigten Stütze aus Bild 6Fig. 7. Evolution of Nlo versus the vertical displacement atthe top of the impacted column in Fig. 6

abnimmt, vergrößert sich die Verformung ΔA immermehr. Dieser Abschnitt der Kurve kann in zwei charak-teristische Phasen unterteilt werden (vgl. Bild 7).– Von Punkt (2) zu Punkt (4) (Phase 2): Während die-

ser Phase bildet sich eine vollständige Fließgelenkket-te im direkt betroffenen Bereich aus. Punkt (3) ent-spricht dabei der Entstehung des ersten Fließgelen-kes.

– Von Punkt (4) zu Punkt (5) (Phase 3): In diesem Ab-schnitt nimmt die geometrische Nichtlinearität im-mer mehr zu und Zusatzschnittgrößen, verursachtdurch die zunehmende Verformung (Theorie II. O.,bzw. Theorie III. O.). spielen eine entscheidende Rol-le. Besonders die Aktivierung der Spannbandwirkungund die hieraus resultierenden Membrankräfte in denunteren Riegeln des direkt betroffenen Bereiches sindhier hervorzuheben.

Das Durchlaufen der Kurve von Punkt (1) zu Punkt (5) istnur unter folgenden Voraussetzungen möglich:– Die Kräfte, die vom direkt betroffenen Bereich in den

angrenzenden indirekt betroffenen Bereich eingeleitetwerden, führen nicht zu einem Versagen der dortigenBauteile (z. B. durch Knicken der Stützen oder infolgeEntstehung eines kinematischen Systems im indirektbetroffenen Bereich durch Fließgelenkbildung).

– Die beteiligten Bauteile und Anschlüsse müssen ausrei-chend Duktilität besitzen, um die für Punkt (5) erforder-lichen vertikalen Verformungen zu ermöglichen.

In gewissen Fällen kann es auch zur vollständigen Stüt-zenentlastung (Nlo = 0) vor Erreichen der Phase 3 (Mem-branwirkung) kommen.

Im Rahmen zweier Doktorarbeiten wurde das inBild 7 beschriebene Verhalten detailliert untersucht. DasSystemverhalten des Rahmens während der Phase (1) und(2) wurde dabei in der Arbeit von Luu [22] behandelt undausführliche Informationen zu der Systemantwort in Phase(3) finden sich in derArbeit von Demonceau [11]. Der Ein-fachheit halber wurde wegen der hohen Komplexität für al-le durchgeführten Untersuchungen die Annahme getrof-fen, dass keine wesentlichen dynamischen Effekte im Zu-sammenhang mit dem Ausfall der Stütze auftreten. So wur-de zunächst nur das statische Antwortverhalten desSystems untersucht, wobei allerdings mittlerweile an derUniversität Liège damit begonnen wurde, die auftretendendynamischen Effekte ebenfalls zu berücksichtigen.

Im Folgenden werden nur die entwickelten Ansätzezur Bestimmung des Antwortverhaltens der Struktur wäh-rend Phase (3) vorgestellt, da dieser Abschnitt die maß-geblichen Anforderungen an die Bauteile und Anschlüssehinsichtlich Widerstand und Duktilität stellt.

570

U. Kuhlmann/L. Rölle/J.-P. Jaspart/J.-F. Demonceau · Anforderungen an Stahl- und Verbundknoten bei Stützenausfall in einem Rahmentragwerk

Stahlbau 79 (2010), Heft 8

4.3 Vereinfachte analytische Ansätze

Wie in Abschnitt 4.2 beschrieben, entstehen im direkt be-troffenen Teil des Rahmens während Phase (3) nennens-werte Membrankräfte, was wiederum erheblichen Einflussauf die Riegel aber speziell auch auf die Anschlüsse hat.Die Untersuchungen in [11] haben gezeigt, dass dieseMembrankräfte sich hauptsächlich in dem untersten Ge-schoss des direkt betroffen Bereiches entwickeln. Auf-grund dessen wurde entschieden, die Untersuchungen aufdiese Geschossebene zu konzentrieren und hier ein Teil-system herauszuschneiden, um so ein vereinfachtes Mo-dell zu definieren, das mit ausreichender Genauigkeit dendirekt betroffenen Bereich simuliert. An dem herausge-schnittenen Teilsystem, das einem Zweifeldsystem ent-spricht (s. Bild 8), soll das Verhalten des direkt betroffe-nen Bereiches während Phase (3) des Stützenausfallsnachverfolgt werden. Dabei entspricht Q der Last der aus-fallenden Stütze, die Feder K stellt dabei die Steifigkeit desungeschädigten Rahmenbereiches dar, und FRd ist diedurch den umgebenden ungeschädigten Rahmenbereichaufnehmbare Kraft zur Verankerung des horizontalenZugbandes.

Die Parameter K und FRd charakterisieren die Eigen-schaften des indirekt betroffenen Bereiches und beeinflus-sen die Entwicklung der Membrankräfte in den Riegeln.Analytische Methoden zur Bestimmung der Kenngrößendieser Parameter wurden in [22] entwickelt und validiert.Das Vorgehen zur Berechnung der Steifigkeit K basiert aufeinem Federmodell, wie es Bild 9 veranschaulicht. Zieldieses Modells ist es, aus den vielen Teilsteifigkeiten ki ei-ne resultierende Kenngröße K mit bilinearem Verhaltenzu ermitteln, die am vereinfachten Modell als horizontaleFeder wirkt. Im Rahmen der durchgeführten Untersu-chungen [22] wurde diese Methode für ausgesteifte undunausgesteifte Rahmen, für konventionelle und nachgiebi-ge Anschlüsse sowie für verschiedene Positionen der ver-sagenden Stütze überprüft und bestätigt.

Unterschiedliche Versagensmechanismen des indirektbetroffenen Bereiches bestimmen die Größe der Veranke-rungskraft FRd, wobei das globale Versagen durch verschie-dene Möglichkeiten verursacht werden kann: Entstehen ei-

Bild 8. Aus dem Gesamtsystem herausgeschnittenes Teil-systemFig. 8. Extracted subsystem

Bild 9. Federmodel zur Abschätzung der Steifigkeit KFig. 9. Spring model used for the estimation of K

571

U. Kuhlmann/L. Rölle/J.-P. Jaspart/J.-F. Demonceau · Anforderungen an Stahl- und Verbundknoten bei Stützenausfall in einem Rahmentragwerk

Stahlbau 79 (2010), Heft 8

nes globalen Fließgelenkmechanismus im ungeschädigtenBereich, Versagen durch „Biegedrillknicken“ der oberstenRiegel durch nennenswerte Druckkräfte, resultierend ausder sich einstellenden „Bogentragwirkung“ (s. Bild 4) oderBiegeknicken der Stützen durch die zusätzlichen Vertikal-lasten aus dem geschädigten Bereich und Momente infolgeder Spannbandwirkung. Die Methode und das Vorgehenzur Bestimmung der horizontalen Grenztragkraft in Abhän-gigkeit des Versagensmechanismus sind in [22] erläutert.Diese Ansätze für das vereinfachte analytische Verfahrenberuhen auf den beschriebenen Annahmen und wurdendurch Parameterstudien abgesichert.

Wie in [11], [22] gezeigt, ist das vereinfachte Modelldes Zweifeldsystems in der Lage, den Stützenausfall unddas resultierende Verhalten des direkt betroffenen Berei-ches in der Phase (3) ausreichend genau abzubilden. MitHilfe einer mathematischen Formulierung lässt sich dieSystemantwort bis zum Ausbilden einer vollständigen Fließ-gelenkkette unter Berücksichtigung der entstehenden Mem-brankräfte beschreiben. An dem System in Bild 8 kann nunmittels der geometrischen Randbedingungen und der Steifig-keit K und der Verankerungskraft FRd die vertikale Verfor-mung ΔA in Abhängigkeit der Belastung p bestimmt werden.Diese analytische Methode wurde in [11], [19] entwickeltund konnte durch Vergleich mit Ergebnissen eines Versuchszur Simulierung eines Stützenausfalls an einem Teil einesVerbundrahmens (s. Abschnitt 5.3) bestätigt werden.

4.4 Schlussfolgerung

Mit Hilfe der entwickelten vereinfachten analytischenMethoden ist es möglich, die erforderliche Verformungs-kapazität der Fließgelenke (Anschluss oder Riegel) im di-rekt betroffenen Bereich des Rahmens zu ermitteln. Wer-den nachgiebige teiltragfähige Knoten verwendet, entwi-ckeln sich die Fließgelenke im Knoten, und die Verfor-mungskapazität muss durch die Anschlüsse erbrachtwerden. Dies ist über entsprechend duktile Komponentenzu gewährleisten. Im Gebrauchszustand vor dem Stützen-ausfall werden die Knoten überwiegend auf Biegung undQuerkraft beansprucht. Hier beschränkt sich die Anforde-rung an den Knoten hauptsächlich auf die Rotationskapa-zität bei Biegung. Nach dem Stützenausfall und der Akti-vierung der Membrantragwirkung sind die Knoten aller-dings einer Interaktion von Moment, Normalkraft undQuerkraft ausgesetzt. Damit muss die Duktilität am Kno-ten nicht nur unter Biegung sondern auch bei der Bean-spruchungskombination aus Biegung und Normalkraft si-chergestellt werden. Die vorgestellten Verfahren [11], [22]ermöglichen die Bestimmung der Anforderungen ohne ei-ne aufwändige globale Systemberechnung. Sie erfordernaber insgesamt eine duktile Knotenausbildung.

5 Experimentelle Untersuchungen duktiler Knoten-ausbildungen

5.1 Allgemeines

Ein Schwerpunkt des Vorhabens [19] war die experimen-telle Untersuchung von Verbundknoten unter gleichzeiti-ger Momenten-Normalkraftbeanspruchung bei Stützen-ausfall in einem Rahmen. Die Verwendung nachgiebigerteiltragfähiger Knoten zielte darauf ab, das Fließgelenk im

Anschluss anzuordnen und die Verformbarkeit haupt-sächlich über die Knotenduktilität zu erreichen. Die Duk-tilitätsanforderungen an die Knoten sind in diesem Fallbesonders hoch. Die Herausforderung bei der Anschluss-dimensionierung lag in der Abstimmung aller Einzelkom-ponenten, um so sicherzustellen, dass beim Durchlaufender angenommenen M-N-Interaktion keine spröde Kom-ponente maßgebend wurde und kein vorzeitiges An-schlussversagen eintrat. Zur Untersuchung des Anschluss-verhaltens unter M-N-Beanspruchung wurden Knotenver-suche für positive und negative Momentenbeanspruchungdurchgeführt (s. Abschnitt 5.2). Zur Simulation eines Stüt-zenausfalls und der anschließenden Aktivierung derSpannbandwirkung mit Hilfe duktiler Knoten wurde einTeilsystem des Rahmens aus dem Referenzgebäude getes-tet (vgl. Abschnitt 5.3). Desweiteren wurden zur detaillier-ten Untersuchung der Parameter am Knoten auch nochKomponentenversuche am sogenannten T-Stummel sowiean der Betonplatte durchgeführt.

5.2 Knotenversuche unter gleichzeitiger Momenten- undNormalkraftbeanspruchung

Der Stahlbauanschluss des Verbundknotens wurde als ge-schraubter Stirnplattenstoß mit zwei Schrauben in einerReihe ausgeführt. Die Stahlprofile wurden verhältnismä-ßig klein gewählt, da die gleiche Anschlusskonfigurationim Knotenversuch wie im Versuch am Teilrahmensystemgeprüft werden sollte und dort die Laborabmessungen dieDimensionen vorgaben. Durch die Skalierung der Ver-suchskörper ergaben sich die in Bild 10 gegebenen Abmes-sungen am Knoten.

Neben der Verformungskapazität der Verbundknotenist deren Momenten-Normalkraftwiderstand zur Aktivie-rung der Spannbandwirkung von elementarer Bedeutung.Im Gebrauchszustand (Phase 1 nach Bild 11a) sind alleKnoten durch ein Stützmoment beansprucht. Der direktbetroffene Knoten oberhalb der versagenden Stütze er-fährt bei Stützenausfall (Phase 2 nach Bild 11b) zunächsteinen Wechsel von negativer zu positiver Momentenbean-spruchung, in den benachbarten Knoten wird die negativeMomentenbeanspruchung unter Aktivierung plastischerTragreserven weiter gesteigert. Gleichzeitig nimmt die glo-bale Verformung zu. Durch die Zunahme der Verformun-gen kann die Spannbandwirkung (Phase 3 nach Bild 11c)im System aktiviert werden und in den Knoten findet eine

Bild 10. Geometrie Verbundknoten Fig. 10. Geometry of the composite joint

Umlagerung von reiner Biegebeanspruchung über eine ge-mischte Momenten-Normalkraftbeanspruchung bis hinzur reinen Zug-Normalkraftbeanspruchung statt.

572

U. Kuhlmann/L. Rölle/J.-P. Jaspart/J.-F. Demonceau · Anforderungen an Stahl- und Verbundknoten bei Stützenausfall in einem Rahmentragwerk

Stahlbau 79 (2010), Heft 8

Um in den Knotenversuchen diese drei Phasen nachBild 11 zu simulieren, wurde der Versuchsablauf nachBild 12 gestaltet. Zunächst wurde mittels einer vertikalenHydraulikpresse eine reine Biegemomenten-Beanspru-chung im Knoten erzeugt. Diese wurde bis nahe zum Er-reichen des theoretischen maximalen Grenzmomentesweggesteuert gesteigert. Anschließend wurde die vertikalePresse arretiert und es wurde begonnen, mit der horizon-talen Hydraulikpresse eine Zugkraft einzuleiten. Die Zug-kraft wurde ebenfalls weggesteuert bis zum vollständigenVersagen des Knotens gesteigert. Durch das Arretieren dervertikalen Presse wurde die vertikale Verformung und diedamit verbundene Knotenverdrehung begrenzt, was nichtvöllig der tatsächlichen Situation im Rahmensystem ent-spricht. Allerdings konnte nur so eine ideale M-N-Grenz-tragfähigkeitskurve nachgefahren werden (vgl. Bild 13). InRealität wird sich durch die eintretenden Verformungenschon vor Erreichen der maximalen Momententragfähig-keit Mu eine gewisse zusätzliche Normalkraftbeanspru-chung einstellen.

Bild 11. Phasen der Beanspruchung an den betroffenenKnoten bei Stützenausfall: a) Phase 1: Gebrauchszustand,b) Phase 2: Stützenausfall, c) Phase 3: SpannbandwirkungFig. 11. Phases of stress on the affected joints for the eventcolumn loss: a) Phase 1: working condition, b) Phase 2: column removal, c) Phase 3: catenary action

a)

b)

c)

Bild 12. Ablauf der Belastungsschritte der KnotenversucheFig. 12. Loading procedure of the joint tests

Bild 13. a) Momenten-Rotations-Kurve und b) M-N-Interaktion der Verbundknotenversuche Fig. 13. a) Moment-rotation curve and b) M-N-interaction curve of the composite joint tests

a) b)

573

U. Kuhlmann/L. Rölle/J.-P. Jaspart/J.-F. Demonceau · Anforderungen an Stahl- und Verbundknoten bei Stützenausfall in einem Rahmentragwerk

Stahlbau 79 (2010), Heft 8

Es wurden insgesamt fünf Knotenversuche, drei unternegativem Moment (Betonplatte unter Zug) und Normal-kraftbeanspruchung und zwei Versuche unter positivemMoment (Betonplatte unter Druck) und Normalkraftbe-anspruchung, durchgeführt. Bei allen Versuchen gelangein Durchlaufen der vollen Momenten-Normalkraft-In-teraktionskurve (vgl. Bild 13). Sowohl für negative alsauch positive Momentenbeanspruchung mit Normalkraftversagten zunächst die Bewehrungsstäbe. Erst nach Aus-bildung der vollen Zugbandwirkung trat ein endgültigesVersagen der Schrauben ein (vgl. Bild 14). Weitere Hin-weise zu den Verbundknotenversuchen (s. in [19], [23]) zuden begleitenden Stahlknotenversuche sind Informatio-nen auch in [21] enthalten.

5.3 Simulation eines Stützenausfalls an einerRahmenstruktur

Im Rahmen des Forschungsvorhabens [19] wurde an derUniversität Liège zur Simulation eines Stützenausfalls einVersuch an einem Teilsystem eines Verbundrahmensdurchgeführt. Das Hauptaugenmerk des Versuches lag aufder gezielten Aktivierung von Membrankräften infolgeSpannbandwirkung und deren Einfluss und Auswirkungauf das Trag- und Verformungsverhalten der Verbund-knoten mit nachgiebigen teiltragfähigen Anschlüssen, diegleichzeitig in isolierten Knotenversuchen in Stuttgart ge-prüft wurden (vgl. Abschnitt 5.2). Diese Anschlüsse wur-den zunächst vornehmlich für Biegebeanspruchung aus-gelegt, mussten dann aber während des Versuches durchdie Entwicklung der Membranzugkräfte in den Riegelnauch erhebliche Zugkräfte aufnehmen.

Um die Abmessungen des Teilsystems festzulegen,wurde zunächst als Referenzgebäude ein realistisches Ge-bäude mit typischer Verbundrahmenkonstruktion nach Eu-rocode 4 [10] für die Grenzzustände der Tragfähigkeit undGebrauchstauglichkeit dimensioniert. Die Hauptabmes-sungen und Eigenschaften des Rahmens und seiner Bautei-le sind in Bild 15 gegeben. Das Deckensystem besteht auseiner bewehrten Betonplatte, die über Kopfbolzen mit denStahlriegeln IPE verdübelt ist, um die Verbundwirkungsicherzustellen. Die Stützen sind reine Stahlstützen mitHEA 160-Profilen. Die Knotenanschlüsse sind die gleichenwie in den Knotenversuchen in Stuttgart (s. Bild 10).

Da es aus Platzgründen nicht möglich war, eine voll-ständige Rahmenebene des Verbundrahmens zu testen,

Bild 14. Verbundknoten nach Versagen Fig. 14. Composite joint after collapse

Bild 15. Abmessungen der Verbundrahmen des Referenzgebäudes und der einzelnen Bauteile, a) Referenzgebäude (referencebuilding), b) Abmessungen des Hauptrahmens (Dimension of the main frame), c) Abmessungen Decke (slab dimensions),d) Abmessungen Verbundträger (dimensions of the composite beam)Fig. 15. General layout of the reference composite building and of its structural members

a) b)

c) d)

wurde, wie in Bild 16 dargestellt, ein Teilsystem des Ge-samtrahmens als Versuchskörper herausgeschnitten. DieAbmessungen des Teilsystems wurden so gewählt, dasszum einen die geometrischen Bedingungen im Labor er-

574

U. Kuhlmann/L. Rölle/J.-P. Jaspart/J.-F. Demonceau · Anforderungen an Stahl- und Verbundknoten bei Stützenausfall in einem Rahmentragwerk

Stahlbau 79 (2010), Heft 8

füllt waren und zum anderen das Systemverhalten demdes tatsächlichen Verbundrahmens entsprach. Bild 17zeigt den endgültigen Versuchsaufbau des Teilsystems.Horizontale Hydraulikpressen wurden an jedem Ende desVersuchskörpers angeordnet, um, sobald sich Membran-kräfte entwickelten, die horizontale Nachgiebigkeit desungeschädigten, nur indirekt betroffenen Rahmenberei-ches zu simulieren.

Während des Versuchs wurde die Belastungsge-schichte eines Stützenausfalls simuliert. Zunächst war inder Mitte (unter Punkt A in Bild 17) noch eine vertikalePresse zur Idealisierung der später ausfallenden Stütze an-geordnet, die Belastung (ständige Lasten) wurde mit Hilfevon Betonblöcken und Stahlplatten aufgebracht. Dannwurde die vertikale Presse in der Mitte nach und nach zu-rückgefahren, um den Ausfall der Stütze zu simulieren.Damit wurde eine freie Spannweite von 8,0 m erreichtund es stellten sich schon größere Vertikalverformungenein. Schließlich wurden dem System durch die vertikalePresse weitere vertikale Verformungen eingeprägt unddiese bis zum Versagen gesteigert. Die Last-Verformungs-kurve gemessen am Punkt A ist in Bild 18 dargestellt.

Beim Aufbringen der Gleichlast durch die Betonblö-cke und Stahlplatten auf den Versuchskörper (Punkt O inBild 18) konnten schon kleine Risse in der Betonplatte imBereich der Knoten (Stützbereich) festgestellt werden.Nachdem die Presse unterhalb des Versuchskörpers inPunkt A komplett entfernt war, wurde eine maximaleDurchbiegung von 29 mm erreicht. Zu diesem Zeitpunktwaren die Rissbreiten in den Knotenbereichen schon

Bild 16. Herausschneiden des Teilsystems aus dem Verbundrahmen des ReferenzgebäudesFig. 16. From the actual frame to the tested substructure

Bild 17. Teilsystem als VersuchskörperFig. 17. Tested substructure

a)

b)

Bild 18. Last-Verformungskurve des Rahmensystems in Punkt AFig. 18. Vertical load at the jack vs. vertical displacement at point A curve

575

U. Kuhlmann/L. Rölle/J.-P. Jaspart/J.-F. Demonceau · Anforderungen an Stahl- und Verbundknoten bei Stützenausfall in einem Rahmentragwerk

Stahlbau 79 (2010), Heft 8

deutlich angewachsen, und im Stützensteg des Mittel-knoten (Punkt A) konnte bereits Fließen des Baustahlsbeobachtet werden. In Bild 18 ist auch zu sehen, dass bis zum Punkt A noch ein elastisches Systemverhaltenvorlag.

Nun wurden weitere vertikale Verformungen aufge-bracht, bis es schließlich zum Versagen kam. Von Punkt Azu Punkt B in der Last-Verformungskurve in Bild 18 trat nach und nach Fließen ein, bis im Punkt B sich einTrägermechanismus mit Fließgelenken in den Knotengebildet hatte. Zu diesem Zeitpunkt waren die Risse imBereich der Randknoten deutlich sichtbar und einige der Knotenkomponenten zeigten Fließerscheinungen (z. B. der Stützenflansch und Riegelsteg auf Druck). Am Mittelknoten hatten sich Stirnplatte und Stützen-flansch verformt, so dass ein erkennbarer Spalt entstan-den war.

Von Punkt B zu Punkt C in Bild 18 zeigt die Kurveein Plateau, was bedeutet, dass die vertikalen Verformun-gen bei nahezu gleichbleibender Vertikallast (~ 30 kN)immer mehr zunahmen. In dieser Phase wurde weiteresRisswachstum und Fließen der Stahlkomponenten beob-achtet. Am Mittelknoten begann die Betonplatte aufDruck an der Oberfläche zu zerbröseln. Ab Punkt C wur-den die horizontalen Pressen aktiviert, da sich Membran-kräfte entwickelten, was auch durch den Verlauf der Last-Verformungskurve in Bild 18 (Bereich CD) bestätigt wird.Am Punkt D trat Versagen der Bewehrungsstäbe an denRandknoten ein, so dass diese ab diesem Zeitpunkt nurnoch als reine Stahlknoten wirkten. Das Versagen der Be-wehrung hatte einen Abfall der Biege- und der Zugsteifig-keit der Randknoten zur Folge, wodurch das System wei-cher wurde und die Entwicklung weiterer Membranwir-kung begünstigt wurde.

Wichtige Erkenntnis war, dass das Bewehrungsversa-gen nicht zwangsläufig zum Gesamtversagen des Systemsführte. Die aufnehmbare Vertikallast konnte nach PunktD sogar weiter gesteigert werden, wie der KurvenverlaufDE zeigt. Dies war möglich, solange die reinen Stahlkno-ten in der Lage waren, die weiteren Membrankräfte aufzu-nehmen. Außerdem stiegen mit Versagen der Beweh-rungsstäbe die vertikalen Verformungen. Die Stahlknotenmussten also auch ausreichend duktil sein, um die zusätz-lichen Verdrehungen aus der steigenden Vertikalverfor-mung aufnehmen zu können. Dies war hier der Fall, wieauch die Knotenversuche in Stuttgart bestätigten (vgl. Ab-schnitt 5.2).

Der Versuch an dem Teilrahmensystem wurde amEnde gestoppt, als die Schweißnähte zwischen Stirnplatteund Riegelflansch IPE 140 am Mittelknoten zu reißen be-gannen. Es wurde eine maximale vertikale Verformungvon 775 mm bei einer Last der vertikalen Presse von114 kN (zusätzlich zur Gleichlast auf der Betonplatte) er-reicht. Die Verformungen des Versuchskörpers zu Ver-suchsende sind in Bild 19 zu sehen.

Anhand des durchgeführten Großversuchs war esmöglich, die Aktivierung der Spannbandwirkung und da-mit der Membrankräfte in Riegel und Knoten aufzuzeigenund die sehr hohe Verformungskapazität der teiltragfähi-gen Anschlüsse zu beweisen. Letztendlich konnte eine be-achtliche maximale Knotenverdrehung von 192 mrad ge-messen werden.

5.4 Erste Erkenntnisse

Die Versuche im Rahmen des Forschungsvorhabens [19]haben erfolgreich gezeigt, dass Verbundknoten mit ausrei-chender Verformungskapazität, die die Aktivierung einerSpannbandwirkung erlauben, realisierbar sind. Wichtigs-ter Grundsatz bei der duktilen Knotenausbildung im Sin-ne der Komponentenmethode ist es, die spröden Kompo-nenten unter Berücksichtigung aller Effekte, wie z. B.

Bild 19. Verformungen des Teilrahmensystems sowie derKnoten bei VersuchsendeFig. 19. Deformation of the specimen and the joints at theend of the test

a)

b)

c)

Überfestigkeit, stärker zu dimensionieren, so dass dieschwächste Komponente am Anschluss immer duktil ist.

Zur Erlangung robuster Rahmensysteme müssen alsonicht zwangsläufig volltragfähige biegesteife Anschlüsseausgebildet werden, die sicherstellen, dass das Fließgelenksich nur im Träger bildet. Es ist durchaus möglich, dasFließgelenk im Knoten entstehen zu lassen und dort die nö-tige Verformungskapazität vorzuhalten. Voraussetzung istallerdings eine sehr duktile und gleichzeitig ausreichend(für Moment und Normalkraft) tragfähige Auslegung desKnotens.

6 Konstruktive Ausbildung duktiler Knoten6.1 Allgemeines

Nachgiebige teiltragfähige Anschlüsse haben gegenübervolltragfähigen Verbindungen einen großen Vorteil hin-sichtlich Material- und Fertigungskosten, stellen aberi. d. R. das schwächste Glied in einem Rahmentragwerkdar. Ihre konstruktive Durchbildung ist deshalb von beson-derer Bedeutung, da in jedem Fall sichergestellt werdenmuss, dass keine spröde Komponente maßgebend wird undzu einem vorzeitigen Versagen des Anschlusses und damitder gesamten Tragstruktur führt. Es gilt die Komponentendes Stahlanschlusses und der Betonplatte so abzustimmen,dass ein Maximum an Verformungskapazität erreicht wird.Im Folgenden werden die wichtigsten Parameter zur Steue-rung der Verformungskapazität vorgestellt und erläutert.Zudem wird auch kurz auf den nicht zu vernachlässigen-den Einfluss der Überfestigkeitseffekte eingegangen.

6.2 Konstruktionskriterien für die Stahlkomponenten desKnotens

6.2.1 Parameter, die das T-Stummel-Verhalten beeinflussen

Ein Großteil der Verformungskapazität am Anschlusslässt sich über die Komponente des sogenannten T-Stum-mels aktivieren (s. Bild 20), also einem geschraubten An-schluss unter Zugbeanspruchung zum Beispiel am Stüt-zenflansch oder an der Stirnplatte im Bereich des Zug-gurtes, vgl. EN 1993-1-8 [9]. Mit Hilfe des Modells des T-Stummels werden die Komponenten Stirnplatte auf Bie-gung und Stützenflansch auf Biegung idealisiert und ihre

576

U. Kuhlmann/L. Rölle/J.-P. Jaspart/J.-F. Demonceau · Anforderungen an Stahl- und Verbundknoten bei Stützenausfall in einem Rahmentragwerk

Stahlbau 79 (2010), Heft 8

Tragfähigkeit und Verformungsfähigkeit bestimmt. DieTragfähigkeit des T-Stummels kann entweder durchSchraubenversagen, durch Versagen des Grundmaterialsoder ein gemischtes Versagen begrenzt werden. ReinesSchraubenversagen stellt dabei ein verformungsarmesbzw. sprödes Versagen dar und ist für die hier gewünsch-ten duktilen Knoten auszuschließen.

Parameter, die die Verformungskapazität des T-Stum-mels signifikant beeinflussen sind:– die Schraubenanordnung– das Verhältnis Schraubendurchmesser/Stirnplattendi-

cke dB/tEP– das Verhältnis Festigkeit Schraube/Festigkeit Grundma-

terial fuB/fy

Da die Anforderungen an die Duktilität des Anschlusseszur Aktivierung der Spannbandwirkung erheblich größersind als bei einer vollplastischen Bemessung im Grenzzu-stand der Tragfähigkeit, genügt das in EN 1993-1-8 [9] Ab-schnitt 6.4 definierte Duktilitätskriterium, das eine zuver-lässige Umlagerung der Schnittgrößen gewährleisten soll,hier nicht mehr. Außerdem ist dieses auch nur für reineStahlknoten entwickelt worden.

Für robuste Verbundknoten sollte der Stahlteil desAnschlusses so ausgelegt sein, dass die Bewehrung in derBetonplatte voll aktiviert werden kann und auch vorden Schrauben versagen kann. Hierzu müssen dieSchrauben ausreichend überdimensioniert werden. ErsteErkenntnisse des Forschungsvorhabens zeigten, dass dasVerhältnis dB/tEP im Bereich 1,5 oder größer (2,0 bis 2,5)zu wählen ist, je nach Wahl der beteiligten Stahlfestigkei-ten, um vorzeitiges Schraubenversagen zu vermeiden. ZurVerbesserung der Verformungskapazität bietet es sich zu-dem an, die Schraubenanordnung so zu modifizieren, dass der Abstand der Schraube zu Riegelsteg und -flanschgegenüber normalen Standardausführungen eher ver-größert wird (vgl. weitere maßgebende Parameter in Bild 21.

6.2.2 Sicherstellung ausreichender Duktilität

Für die Entwurfsstrategie der alternativen Lastpfade mit-tels Spannbandwirkung benötigt der Anschluss ein großesMaß an Duktilität. Mit Duktilität ist hier nicht nur die Ro-tationskapazität des Anschlusses, wie sonst üblich ge-meint, sondern auch die Verformungskapazität. Für die inBild 11 dargestellten Phasen 1 bis 2 wird vornehmlich Ro-tationskapazität benötigt, beim Übergang von Phase 2 zuPhase 3 und der Aktivierung von Membrankräften ist da-rüberhinaus Verformungskapazität erforderlich. Da beimDurchlaufen der M-N-Interaktion schrittweise auch die an-fänglichen Druckkomponenten am Ende auf Zug bean-sprucht werden, sollten für den Druckbereich (unter reinerMomentenbeanspruchung) des Stahlknotens die gleichenKriterien wie für den Zugbereich angewandt werden.

Da sich durch Verfestigungseffekte Verschiebungenergeben können, was die schwächste Komponente am An-schluss betrifft (eine Überfestigkeit der Stirnplatte kann z.B. zu einem vorzeitigen Schraubenversagen führen), mussdarauf geachtet werden, dass beim Durchlaufen der M-N-Interaktion zu jedem Zeitpunkt der Belastungsgeschichteimmer eine duktile Komponente die maßgebende ist.

Bild 20. Modell des T-StummelsFig. 20. Model of the T-Stub

577

U. Kuhlmann/L. Rölle/J.-P. Jaspart/J.-F. Demonceau · Anforderungen an Stahl- und Verbundknoten bei Stützenausfall in einem Rahmentragwerk

Stahlbau 79 (2010), Heft 8

6.3 Konstruktionskriterien für die Betonplatte

Anhand der aus dem Forschungsvorhaben gewonnenenErkenntnisse sowie aus Ergebnissen früherer Versuchekönnen für die duktile Ausbildung des Betongurtes erstemaßgebende Parameter identifiziert werden. Die Verfor-mungskapazität des Betongurtes im Knotenbereich wirddabei hauptsächlich von drei wesentlichen Faktoren be-einflusst, vgl. Bild 22:– dem Abstand des ersten Kopfbolzens zur Stütze– der Wahl des Bewehrungsgrades– der Art der Bewehrung, der Bewehrungsklasse und dem

Bewehrungsdurchmesser

Durch die Vergrößerung des Abstandes des ersten Kopf-bolzens zur Stütze verlängert sich die freie Dehnlänge derBewehrung und damit vergrößert sich die Verformungs-kapazität, vgl. [25]. Ein höherer Bewehrungsgrad bewirktneben einer Steigerung der Anschlusstragfähigkeit aucheine Erhöhung der Rotationskapazität. Versuchsergebnis-

se [17], [24], [25] belegen diesen Einfluss. Der Grund ist,dass der Bewehrungsgrad sehr stark die Erstrissspannungder Bewehrung σsr1 beeinflusst. Das Verhältnis der Erst-rissspannung zur Streckgrenze der Bewehrungsstahlsσsr1/fyk ist wiederum entscheidend für den maximal mög-lichen plastischen Dehnungsanteil εsmu der Stahlbeton-platte (s. auch ECCS Doc. 109 [13]).

Mattenbewehrung begrenzt die Verfomungskapazitäterheblich. Dieses Verhalten ist auf die angeschweißte Quer-bewehrung und der damit verbundenen sehr kurzen Veran-kerungslänge der Bewehrung zurückzuführen. Bei Stabstahlhat vor allem die Duktilitätsklasse entscheidenden Einflussauf das Dehnungsverhalten der bewehrten Betonplatte. Un-tersuchungen im Rahmen von [19] haben gezeigt, dass derVerfestigungsfaktor fu/fy hier eine wichtige Rolle spielt.

Als Ergebnis dieser sowie weiterer früherer Versuchekonnte gezeigt werden, dass bei einem Verfestigungsfaktordes Betonstahls fu/fy < 1,09 (Duktilitätsklasse A und B)sich weniger Risse bilden als bei größeren Verfestigungs-faktoren. Die Bewehrung plastiziert nur in kleinen Berei-

Bild 22. Parameter, die die Verformungskapazität des Betongurtes maßgeblich beeinflussenFig. 22. Parameters influencing the deformation capacity of the concrete slab

Bild 21. Parameter, die das T-Stummel-Verhalten maßgeblich beeinflussenFig. 21. Parameters influencing the behavior of the T-Stub

chen direkt im Rissbereich. Die Verfestigung des Beweh-rungsstahls reicht nicht aus, um größere plastische Berei-che neben dem Riss zu aktivieren, so dass die mittlereStahlbetondehnung unter 1 % liegt. Bei einem Verfesti-gungsfaktor > 1,13, der durch Verwendung des Stahls derDuktilitätsklasse C (Erdbebenstahl) nach [8] Anhang C zuerreichen ist, liegen die Dehnungen höher und das Verhal-ten ist entsprechend günstiger.

6.4 Berücksichtigung von Überfestigkeitseffekten

Mit Überfestigkeitseffekten wird u. a. der Einfluss der tat-sächlichen höheren Materialfestigkeiten [16] auf Tragfä-higkeit und Verformungsfähigkeit im Vergleich zu den inderAnschlussdimensionierung verwendeten charakteristi-schen Werten gemeint. Überfestigkeit des Grundmaterialsder Stirnplatte mit duktilem Versagen kann z. B. zu einemvorzeitigen spröden Versagen der Schrauben führen [25],[20]. Des Weiteren werden unter dem Begriff Überfestig-keitseffekte auch zusätzliche Trageffekte einzelner Kom-ponenten geführt, im speziellen lokale Membrantragwir-kung im T-Stummel der Komponenten „Stirnplatte aufBiegung“ oder „Stützenflansch auf Biegung“, die bei ent-sprechenden Verformungen der Stirnplatte oder des Stüt-zenflansches aktiviert werden [21]. Hierdurch ist einedeutliche Steigerung der Tragfähigkeit im Vergleich zurreinen nominellen Tragwirkung gegeben. Bei der Schrau-bendimensionierung sind diese Effekte zu berücksichti-gen, um ein vorzeitiges sprödes Versagen der Schraubenzu vermeiden.

7 Schlussfolgerung

Das RFCS-Projekt Robustness [19] war eines der erstenForschungsprojekte in Europa, das sich mit der Verbesse-rung der Robustheit von Stahl-Verbundrahmentragwer-ken im Hochbau beschäftigt hat und dabei versucht hat,die Redundanz des Tragwerks durch Ausnutzung desPlastizierungsvermögens des Werkstoffes Stahl sowie in-novativer Anschlusslösungen zu erhöhen. Durch minima-len Mehraufwand lassen sich hochduktile Verbundknotenkonzipieren und so die Umsetzung der Entwurfsstrategieder alternativen Lastpfade zur Vermeidung eines progres-siven Kollapses eines Tragwerks bei lokaler Schädigungermöglichen. Die erzielten Ergebnisse sind vielverspre-chend und haben gezeigt, dass sich im Stahl-Verbundbaurobuste Rahmentragwerke mit wirtschaftlich interessan-ten Lösungen erstellen lassen, wenn die Herangehenswei-se auf den Werkstoff Stahl und seine Fähigkeiten zu-geschnitten ist. Der Werkstoff Stahl bringt grundsätzlichdie besten Voraussetzungen für den Entwurf robusterTragwerke mit sich, da er hohe Festigkeit für Zug undDruck, Duktilität und gute Energie-Absorptionsfähigkeitbesitzt.

Nicht nur durch die Zunahme terroristischer Einwir-kungen sondern auch die Zunahme extremer Naturereig-nisse können für ein Bauwerk außergewöhnliche Bemes-sungssituationen entstehen lassen, die unempfindlicherobuste Tragwerke erfordern, die auch unter wirtschaft-lichen Gesichtspunkten noch interessant sind. Bei einemStahl-Verbundrahmentragwerk stellt die Konstruktion der Anschlüsse eine Schlüsselfrage dar, die sowohl für

578

U. Kuhlmann/L. Rölle/J.-P. Jaspart/J.-F. Demonceau · Anforderungen an Stahl- und Verbundknoten bei Stützenausfall in einem Rahmentragwerk

Stahlbau 79 (2010), Heft 8

den globalen Tragwiderstand des Systems als auch fürdie Wirtschaftlichkeit von entscheidender Bedeutung ist.

Für die Zukunft gilt es, die Forschung auf diesem Ge-biet voranzutreiben und die Redundanz der Tragsystemedurch intelligentes Konstruieren und nicht durch aufwän-dige Verstärkungsmaßnahmen zu verbessern.

Danksagung

Das Projekt [19] wurde gefördert durch eine finanzielleUnterstützung vom Forschungsfonds für Kohle und Stahl(Research Fund for Coal and Steel – RFCS) der Europäi-schen Gemeinschaft. Die Autoren bedanken sich herzlichfür die Unterstützung.

Literatur

[1] DIN 1055-9 (2003): Einwirkungen auf Tragwerke – Teil 9:Außergewöhnliche Einwirkungen. August 2003.

[2] DIN 1055-100 (2001): Einwirkungen auf Tragwerke – Teil100: Grundlagen der Tragwerksplanung, Sicherheitskonzeptund Bemessungsregeln. März 2001.

[3] DIN 1045-1 (2008): Tragwerke aus Beton, Stahlbeton undSpannbeton – Teil 1: Bemessung und Konstruktion. August2008.

[4] DIN 18800-1 (2008): Stahlbauten – Teil 1: Bemessung undKonstruktion. November 2008.

[5] DIN 18800-5 (2007): Stahlbauten – Teil 5: Verbundtrag-werke aus Stahl und Beton – Bemessung und Konstruktion.März 2007.

[6] EN 1990 (2002): Eurocode 0: Grundlagen der Tragwerks-planung. Oktober 2002.

[7] EN 1991-1-7 (2007): Eurocode 1: Einwirkungen auf Trag-werke – Teil 1-7: Allgemeine Einwirkungen – Außergewöhnli-che Einwirkungen. Februar 2007.

[8] EN 1992-1-1 (2005): Eurocode 2: Bemessung und Kon-struktion von Stahlbeton- und Spannbetontragwerken – Teil1_1: Allgemeine Bemessungsregeln und Regeln für den Hoch-bau. Oktober 2005.

[9] EN 1993-1-8 (2005): Eurocode 3 – Bemessung und Kon-struktion von Stahlbauten – Teil 1.8: Bemessung von An-schlüssen, Juli 2005.

[10] EN 1994-1-1 (2006): Eurocode 4: Bemessung und Kon-struktion von Verbundtragwerken aus Stahl und Beton – Teil1-1: Allgemeine Bemessungsregeln und Anwendungsregelnfür den Hochbau. Juli 2006.

[11] Demonceau, J.-F.: Steel and composite building frames:sway response under conventional loading and developmentof membrane effects in beams further to an exceptional acti-on. PhD thesis presented at Liège University, 2008 (downloa-dable at http://orbi.ulg.ac.be/handle/2268/2740).

[12] Demonceau, J.-F., Jaspart, J.-P., Klinkhammer, R., Oerder,R., Weynand, K., Labory, F., Cajot, L.-G. (2008): Recent deve-lopments in composite connections. Steel Construction 1,(2008), Issue 1, pp. 71–76.

[13] ECCS Document No. 109: Design of Composite Joints forBuildings. ECCS Technical Committee 11 – CompositeStructures, First Edition 1999. Anderson, D. (ed.), Aribert, J.-M., Bode, H., Huber, G., Jaspart, J.-P., Kronenberger, H.-J.,Tschemmernegg, F.

[14] FEMA 426: Reference Manual to mitigate potential terro-rist attacks against buildings. Washington: Federal Emergen-cy Management Agency 2003.

[15] Gebbeken, N., et al.: 2. Tragwerkskonzepte. Proceedings2nd Workshop Bau-Protect 2006. Sicherheit der baulichen

579

U. Kuhlmann/L. Rölle/J.-P. Jaspart/J.-F. Demonceau · Anforderungen an Stahl- und Verbundknoten bei Stützenausfall in einem Rahmentragwerk

Stahlbau 79 (2010), Heft 8

Infrastruktur vor außergewöhnlichen Einwirkungen. Univer-sität der Bundeswehr München. Oktober 2006.

[16] JCSS: Probabilistic Model Code: Part III Resistance Mo-dels – Steel. Joint Committee on Structural Safety 2001.

[17] Kemp,A. R., Nethercot, D. A.: Required and available rota-tions in continuous composite beams with semi-rigid con-nections. Journal of Constructional Steel Research 57 (2001),S. 375–400.

[18] Kleiner, A.: Untersuchung der Robustheit und Kollapsre-sistenz von Stahl- und Verbundtragwerken – numerische Si-mulation eines Stützenausfalls. Diplomarbeit. UniversitätStuttgart, Mitteilung des Instituts für Konstruktion und Ent-wurf Nr.2009-43X, 2009.

[19] Kuhlmann, U., Jaspart, J.-P., Vassart, O., Weynand, K.,Zandonini, R.: Robust structures by joint ductility. RFCS Pu-blishable Report Contract-No. RFS-CR-04046, 2008.

[20] Kuhlmann, U., Rölle, L.: Duktilitätskriterien für typisierteStirnplattenverbindungen. Schlussbericht, DASt-Forschungs-vorhaben im Auftrag der Arbeitsgemeinschaft industriellerForschungsvereinigungen Otto von Guericke (AiF), AiF-Vor-haben Nr. 14627, Dezember 2008.

[21] Kuhlmann, U., Rölle, L.: Duktilität von Stahl- und Ver-bundanschlüssen – Entwurfsregeln zur Verbesserung der Re-dundanz. Stahlbau 79 (2010), Heft 4, S. 267–277.

[22] Luu H. N. N.: Structural response of steel and compositebuilding frames further to an impact leading to the loss of acolumn. PhD thesis presented at Liège University, 2008.

[23] Rölle, L., Kuhlmann, U.: Alternate load path method forrobust design by ductile steel and composite joints. IABSESymposium 2009, Bangkok, September 2009.

[24] Odenbreit, C., Hahn, C., Jaspart, J.-P.: Untersuchung überdas Trag- und Dehnungsverhalten des Betongurtes bei Ver-bundanschlüssen. Stahlbau 78 (2009), Heft 1, S. 35–41.

[25] Schäfer, M.: Zum Rotationsnachweis teiltragfähiger Ver-bundknoten in verschieblichen Verbundrahmen. Dissertati-on, Universität Stuttgart, Mitteilung des Instituts für Kon-struktion und Entwurf Nr. 2005-1, 2005.

[26] Starossek, U.: Interaktion und progressiver Kollaps (Inter-action and progressive collapse). Report, 9. Dresdner Bausta-tik-Seminar, TU Dresden, Oktober 2005, B. Möller (ed.),S. 1615–9705.

[27] Starossek, U.: Progressiver Kollaps von Bauwerken. Be-ton-Kalender 2008, Teil 2, S. 157–223. Berlin: Ernst & Sohn2008.

[28] US Department of Defense (UFC 4-023-03): Design ofBuildings to resist Progressive Collapse, Washington, 2005.

[29] US General Service Administration GSA: Progressive Col-lapse Analysis and Design Guidelines 2003.

Autoren dieses Beitrages:Prof. Dr.-Ing. Ulrike Kuhlmann, [email protected]. Lars Rölle, [email protected]ät Stuttgart, Institut für Konstruktion und Entwurf, Pfaffenwaldring 7, 70569 Stuttgart

Prof. Dr.-Ing. Jean-Pierre Jaspart, [email protected].(PhD) Jean-Francois Demonceau, [email protected]ège University, ArGEnCo Department, MS2F Division, Chemin des Chevreuils, 1 B52/3, 4000 Liège, Belgium

Forschungsberichte beim Fraunhofer IRB

Aus dem Newsletter Bauforschung2/2010 wurden für den Stahlbau folgen-de interessante Forschungsberichte aus-gewählt:Bestimmung der Sicherheitselementefür die Anwendung von DIN EN 1993-1-5 „Plattenförmige Bauteile“ – Teil 1– Schlussbericht (2010, 29 Seiten, 13 Abbildungen)U. Kuhlmann, B. Braun – Univ. Stutt-gart, Inst. f. Konstruktion u Entwurf

Im Schlussbericht zu diesem For-schungsvorhaben werden der Inhalt undder Hintergrund des deutschen Nationa-len Anhangs zu DIN EN 1993-1-5:2006erläutert. Neben den nationalen Fest-legungen umfasst der Nationale Anhangeine Reihe von so genannten konflikt-freien nationalen Ergänzungen, die diezukünftige Bemessungspraxis erleich-tern und das bisherige Sicherheitsniveauauch in der Zukunft sicherstellen sollen.Der vorliegende Teil 1 des Schluss-

berichts stellt Inhalte und Vorschläge zuallen nationalen Festlegungen und kon-fliktfreien nationalen Ergänzungen vor.Die Festlegungen und Ergänzungen wer-den dabei so begründet, dass sie auchals Vorlage für eine europäische Harmo-nisierung dienen können. Die Vorschlä-ge werden im Detail begründet, dabeiwird in Teil II zu einigen einzelnennationalen Festlegungen gesondert Stel-lung genommen.

Sicherstellung ausreichender Trag-fähigkeit von Kopfbolzendübeln beiEinsatz von ProfilblechenU. Kuhlmann, M. Konrad – Univ. Stutt-gart, Institut für Konstruktion und Ent-wurf, Lehr- und Forschungsgebiet Stahl-bau, Holzbau, Verbundbau (2010,131 Seiten, zahlr. Abbildungen undTabellen)

Ausgehend von einer Datenbasis mit ca.300 Push-Out Tests konnte gezeigt wer-den, dass die normative Regelung inDIN 18800-5 zur Bestimmung der Kopf-bolzentragfähigkeit in Trapezblech-

sicken (senkrecht zum Träger) zum Teilungenügende Ergebnisse liefert. So be-rücksichtigt die Regel in DIN 18800-5die Haupteinflussparameter Einbinde-tiefe, Profilblechgeometrie, Kopfbolzen-position nur unzureichend. BestehendeModelle aus der Literatur versuchen un-ter Berücksichtigung dieser Parametersowie der vorhandenen Versagensme-chanismen die Kopfbolzentragfähigkeitbei Verwendung von Trapezblechprofi-len zu bestimmen. Der Vergleich dieserModelle mit den Versuchen der Daten-basis lieferte teilweise bessere Ergebnis-se im Hinblick auf Genauigkeit und demgeforderten Sicherheitsniveau. MancheModelle sind jedoch sehr komplex in ih-rer Anwendung und für die Praxis nurbedingt geeignet. Aus diesem Grundwird mit Hilfe einer FE-Parameterstudieein eigener Vorschlag zur Bestimmungder Kopfbolzentragfähigkeit bei Ver-wendung von senkrecht zum Trägerspannenden Trapezblechen gemacht.

Weiterführende Informationen unter:www.irb.fraunhofer.de/bauforschung.

Aktuell