ein gefütterter imitativsolidus des iustinianus ii. (687–692) von andrid (Érendréd), rumänien

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Acta Archaeologica Academiae Scientiarum Hungaricae 64 (2013) 321–334 0001-5210/$ 20.00 © 2012 Akadémiai Kiadó, Budapest DOI: 10.1556/AArch.64.2013.2.3 EIN GEFüTTERTER IMITATIVSOLIDUS DES IUSTINIANUS II. (687–692) VON ANDRID (ÉRENDRÉD), RUMäNIEN A. HÁGó* – P. SOMOGYI** *Muzeul Municipal Carei, B-ul 25 octombrie nr. 1, 445 100 Carei, jud. Satu Mare, Romania. E-Mail: [email protected] ** E-Mail: [email protected] Abstract: A II Iustinianus (687–692) solidus imitation from Andrid (Érendréd), Romania. Andrid (Érendréd) is located in the Southwestern part of Satu-Mare county, to 23 km southwest to city of Carei (Nagy- károly) along the road 108, in the Valley of Ier (Ér). This area is very rich in archaeological settlements. The village was first menti- oned in 1398, as a territory of Endrédy family. From Andrid’s territory we know different archaeological finds from the Middle Neolitihic to the Late Medieval Period. The solidus imitation was find in the summer of 2009 by Cs. Tóth, on the left part of the road Andrid-Chereuşa, at Andrid-Legelő. He grands the finds to the Carei Local Museum. The goldplated solidus imitation can be dated on the Avaric period, at the 7 th century A.D. Keywords: Solidus imitation, Langobards, money circulation, Byzantine coin GEOGRAPHISCHE LAGE, FUNDUMSTäNDE Andrid (Érendréd) liegt im Südwesten des Kreises Satu-Mare (Szatmár megye), 23 km südwestlich von Carei (Nagykároly) entfernt, an der Kreisstraße 108M. Als Besitz der Familie Endrédy wurde die Siedlung 1332 namentlich als „Endred“ oder „Endrid“, 1398 das erste Mal urkundlich erwähnt. 1 Das Dorf ist in zwei Teile geteilt: Der erste Teil liegt auf der Terrasse des Baches Ier (Ér), der andere Teil befindet sich in Richtung Pişcolt (Piskolt), den Bach Zimolyás entlang. Aus dem Gemeindegebiet sind archäologische Funde vom mittleren Neolithikum an bis zum Spätmittelalter bekannt. 2 Im Jahre 2009 wurde nun auch eine stark fragmentierte goldplattierte Münze in der Flur Andrid-Legelő, 1,6 km östlich vom Rande des Dorfes in Richtung Chereuşa (Érkörös), auf einer Anhöhe in der Nähe eines Kanals von Ier, aufgelesen. Der Finder, Csaba Tóth, dem das Museum bereits mehrere archäologische Fundobjekte ver- dankt, überließ die Münze dem Stadtmuseum Carei (Inv.-Nr. 35 63). (Abb. 1–2) Im November 2012 haben wir zusammen mit Dr. János Németi (dem ehemaligen Direktor des Stadtmu- seums Carei) die Fundstelle mit Geländebegehung untersucht. Auf dem frisch aufgepflügten Acker konnten aber weder Keramikbruchstücke noch Funde anderer Art entdeckt werden. Der Fundort liegt auf einer Meereshöhe von 109 m; die geographischen Koordinaten sind: N 47°30ʼ O 22° 22ʼ, die Anhöhe selbst nimmt eine Fläche von ca. 350×200 m ein. 1 Szatmár vármegye 1910, 63; MIZSÉR 2001 210–213. 2 NÉMETI 1999, 27–29.

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Acta Archaeologica Academiae Scientiarum Hungaricae 64 (2013) 321–3340001-5210/$ 20.00 © 2012 Akadémiai Kiadó, Budapest

DOI: 10.1556/AArch.64.2013.2.3

Ein gEfüttErtEr imitativsolidus dEs iustinianus ii. (687–692) von andrid (ÉrEndrÉd), rumäniEn

a. HÁgó* – P. somogyi**

*muzeul municipal Carei, B-ul 25 octombrie nr. 1, 445 100 Carei, jud. satu mare, romania.

E-mail: [email protected]** E-mail: [email protected]

Abstract: A II Iustinianus (687–692) solidus imitation from Andrid (Érendréd), Romania. andrid (Érendréd) is located in the southwestern part of satu-mare county, to 23 km southwest to city of Carei (nagy-

károly) along the road 108, in the valley of ier (Ér). this area is very rich in archaeological settlements. the village was first menti-oned in 1398, as a territory of Endrédy family. from andrid’s territory we know different archaeological finds from the middle neolitihic to the late medieval Period. the solidus imitation was find in the summer of 2009 by Cs. tóth, on the left part of the road andrid-Chereuşa, at andrid-legelő. He grands the finds to the Carei local museum. the goldplated solidus imitation can be dated on the avaric period, at the 7th century a.d.

Keywords: solidus imitation, langobards, money circulation, Byzantine coin

gEograPHisCHE lagE, fundumständE

andrid (Érendréd) liegt im südwesten des Kreises satu-mare (szatmár megye), 23 km südwestlich von Carei (nagykároly) entfernt, an der Kreisstraße 108m. als Besitz der familie Endrédy wurde die siedlung 1332 namentlich als „Endred“ oder „Endrid“, 1398 das erste mal urkundlich erwähnt.1 das dorf ist in zwei teile geteilt: der erste teil liegt auf der terrasse des Baches ier (Ér), der andere teil befindet sich in richtung Pişcolt (Piskolt), den Bach Zimolyás entlang. aus dem gemeindegebiet sind archäologische funde vom mittleren neolithikum an bis zum spätmittelalter bekannt.2

im Jahre 2009 wurde nun auch eine stark fragmentierte goldplattierte münze in der flur andrid-legelő, 1,6 km östlich vom rande des dorfes in richtung Chereuşa (Érkörös), auf einer anhöhe in der nähe eines Kanals von ier, aufgelesen. der finder, Csaba tóth, dem das museum bereits mehrere archäologische fundobjekte ver-dankt, überließ die münze dem stadtmuseum Carei (inv.-nr. 35 63). (Abb. 1–2)

im november 2012 haben wir zusammen mit dr. János németi (dem ehemaligen direktor des stadtmu-seums Carei) die fundstelle mit geländebegehung untersucht. auf dem frisch aufgepflügten acker konnten aber weder Keramikbruchstücke noch funde anderer art entdeckt werden. der fundort liegt auf einer meereshöhe von 109 m; die geographischen Koordinaten sind: n 47°30ʼ o 22° 22ʼ, die anhöhe selbst nimmt eine fläche von ca. 350×200 m ein.

1 Szatmár vármegye 1910, 63; Mizsér 2001 210–213. 2 NéMeti 1999, 27–29.

Acta Archaeologica Academiae Scientiarum Hungaricae 64, 2013

A. HÁgó – P. Somogyi322

abb. 1. geographische lage des fundortes

Acta Archaeologica Academiae Scientiarum Hungaricae 64, 2013

Ein imitativsolidus dEs iustinianus ii. 323

abb. 2. die fundstelle der münzen

Acta Archaeologica Academiae Scientiarum Hungaricae 64, 2013

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diE münZE

goldplattierter imitativsolidus mit Buntmetallkern. avers: kurzbärtiges Haupt einer frontalbüste. die rechte gesichtshälfte ist bis zu der stirn gänzlich erhalten, somit die Haartracht und der diademansatz in form von zwei Perlenreihen klar zu erkennen sind. die linke gesichtshälfte zeigt nur das Kinn, die Wange und das auge; die Haarlocke, die schläfe und die stirn fehlen hier gänzlich. am rechten unteren Bruchrand zeigt sich eine kleine runde Wölbung, die bereits der linken schulter angehört. revers: Balkenkreuz auf stufen. das rechte Ende der untersten stufe fehlt, aus dem Kreuz sind nur der untere teil des längsbalkens und die untere Punktendung des rechten Querbalkenabschlusses erhalten. stark fragmentiert. aus dem originalen blieb nur der zentrale teil erhalten. rundum am rand und auch an manchen inneren stellen des fragmentes fehlt die goldplattierung (Abb. 3). dm: 15 mm, gewicht: 0,23 g. inv. nr. 35723

diE Emission dEr vorlagE

solidi, die eine frontalbüste mit stichbart und mit einem aus zwei Perlenreihen bestehenden diadem auf dem avers und ein Balkenkreuz auf stufen auf dem revers zeigen, wurden unter der regierung der byzantinischen Kaiser Constans ii. (miB 20–22, 647/8–651/2; Abb. 6), iustinianus ii. (miB 6–7, 687–692; Abb. 4–5), leontius (miB 1–3, Ende 695 – Herbst 698; Abb. 7), tiberius iii. (miB 1–5, Herbst 698 – 21.8.705; Abb. 8), Philippicus (miB 1–4, 4.11.711 – 3.6.713; Abb. 9), anastasius ii. (miB 1–3, 3.6.713 – Herbst 715; Abb. 10), theodosius iii. (miB 1–2, Herbst 715 – 24.7.717; Abb. 11) und leo iii. (miB 1–2, 24.7.717 – 25.3.720; Abb. 12) geprägt.3 auf dem fragment von andrid blieben zum glück auch weitere details erhalten, mit deren Hilfe sich der Kreis der in frage kommenden vorlagen schrittweise einschränken lässt.

das erste unter diesen unterscheidungsmerkmalen ist die frisur, von der das über dem rechten ohr fallende, unten nach innen gerollte seitenhaar deutlich zu erkennen ist. da die seitenhaare des tiberius iii., Philippicus, anastasius ii., theodosius iii. und leo iii. in drei oder vier Wellen über den ohren fallen, scheiden die solidi dieser Kaiser als mögliche vorlage eindeutig aus. demgegenüber sind die über den ohren fallenden seitenhaare des iusti-nianus ii. unten ebenfalls nach innen gerollt. diese Haartracht ist zum teil auf den solidi des Constans ii. und le-ontius auch belegt, insofern die über dem linken ohr fallenden Haare des Constans ii. bzw. die über dem rechten ohr fallenden Haare des leontius unten nach innen gerollt sind. an der jeweils anderen seite laufen die Haare jedoch nach außen spitz zu, wodurch sich eine asymmetrische, zum ersten mal bei Constans ii. belegte frisur ergibt. da vom linken seitenhaar auf dem fragment von andrid nichts zu sehen ist, lässt sich nicht mehr feststellen, ob diese frisur ursprünglich symmetrisch oder asymmetrisch war. deshalb kommen die solidi des iustinianus ii. und leontius als vorlage gleichwohl in frage. obwohl nicht das rechtsseitige, sondern das linksseitige Haupthaar auf den solidi des Constans ii. unten nach innen gerollt ist, reicht dieser unterschied dafür nicht aus, wenigstens sie als vorlage auszuschließen, weil die barbarischen imitativprägungen oft das spiegelverkehrte Bild des originalen zeigen.

Weitere unterscheidungsmerkmale liefert das gesicht selbst, woran die augen, augenbrauen, die nase und gesichtsform deutlich zu erkennen sind. die augen des frontalporträts von andrid sind als Kreise dargestellt, die augenbrauen sind bogenförmig. die nase ist an der Wurzel schmal, an der spitze breit, ihr umriss ist nach innen gewölbt. durch den stichbart zeichnet sich ein langes gesicht ab. die augen des Constans ii. sind durch Punkte oder Kreise angedeutet, die augenbrauen sind waagerechte striche, die mit der nase gerader Kontur je einen rech-ten Winkel bilden. das gesicht ist eckig. iustinianus ii. ist mit weit geöffneten, kreisförmigen augenlidern abge-bildet, die augen selbst sind als Punkte gezeichnet, wobei dieses detail oft entfällt. die augenbrauen sind bogenförmig. die nase ist an der Wurzel schmal, an der spitze breit, ihr umriss ist nach innen gewölbt. das gesicht ist lang. die augen des leontius sind durch die beinahe geschlossenen augenlider dargestellt, die augenbrauen sind leicht gewölbte striche, die mit der nase gerader Kontur je einen rechten Winkel bilden. das gesicht ist breit und rund.

3 die miB-Hinweise beziehen sich auf die Emissionen der münze von Konstantinopel. die gleichen solidustypen aus anderen münzstätten werden aus übersichtlichkeitsgründen nicht angeführt.

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Ein imitativsolidus dEs iustinianus ii. 325

abb. 3. goldplattierte imitativprägung mit Buntmetallkern von andrid (Érendréd). Josef fastus, Culturcentrum Carei (nagykároly) m=1:4

abb. 4. solidus des Justinianus ii. (miB 6–7, 687–692 n. Chr.) m=2:5

abb. 5. solidus des Justinianus ii. (miB 6–7, 687–692 n. Chr.) m=2:5

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aus dem vergleich der obigen merkmale geht nun eindeutig hervor, dass sie auf dem fragment von andrid ganz anders als auf den einschlägigen solidusemissionen des Constans ii. und leontius dargestellt sind, während aber die augenbrauen, die nase und gesichtsform mit denen des iustinianus ii. völlig übereinstimmen, und die kreisförmigen augen aus der gestaltungsart der augen des iustinianus ii. typologisch schön ableitbar sind. somit scheiden die solidi des Constans ii. und leontius ebenfalls aus und als byzantinische vorlage lässt sich nun der solidustyp miB 6–7 (687–692) des iustinianus ii. eindeutig bestimmen.

diE datiErung

Bekanntlich lehnt sich die im langobardischen Herzogtum Benevent unter gisulf i. (689–706) begonnene solidusprägung von der regierungszeit des romuald ii. (706–731) ebenfalls an diesen solidustyp des iustinianus ii. an, an dem sie bis zur regierungszeit des godescalcus (739–742) festhält.4 Eines der markantesten ikonographi-schen merkmale der beneventanischen solidi ist das stark gewölbte Perlendiadem (Abb. 13), welches in der zeitna-hen byzantinischen münzprägung nicht belegt ist. alle der oben angeführten Kaiser sind nämlich mit einem flachen oder leicht gewölbten Perlendiadem abgebildet. deshalb ist es überraschend, dass die ausrichtung des rechtsseitigen diademansatzes auf dem fragment von andrid wider Erwarten auf ein stark gewölbtes Perlendiadem zu schließen erlaubt. da jedoch die beneventanischen solidi auch merkmale aufweisen, die sich auf den solidi des iustinianus ii. nicht finden (augen als Punkte, Kugelkreuz auf stufen, monogramm des jeweiligen Herzogs im feld des re-vers), ist eher unwahrscheinlich, dass sie der imitativprägung von andrid gänzlich als vorlage gedient hätten. Es wäre höchstens vorstellbar, dass der graveur das stark gewölbte diadem einem beneventanischen solidus entnahm. freilich und gleichwohl hätte dieses detail auch ohne konkrete vorlage, entweder durch ungenaues oder bewusst adaptives Kopieren der solidi des iustinianus ii., entstehen können. geht man von dieser möglichkeit aus, dann könnte die imitativprägung von andrid im späten 7. oder frühen 8. Jahrhundert gefertigt worden sein, während die mitverwendung einer beneventanischen vorlage einen späteren fertigungszeitraum, das erste drittel des 8. Jahr-hunderts, impliziert. Wie auch immer: die goldplattierte imitativprägung von andrid gehört sowohl chronologisch als auch geographisch der kleinen gruppe byzantinischer fundmünzen des 8. Jahrhunderts an, die bis jetzt nur in den randgebieten des awarischen siedlungsraumes belegt sind.5

diE HErKunftsfragE

Wie die typochronologische Klassifikation der innerhalb des awarischen siedlungsgebiets als grab- und Einzelfunde zutage gekommenen byzantinischen imitativprägungen zeigt, dürften nur noch die nach italischen solidusteilstücken gefertigten goldenen oder goldplattierten imitativprägungen (gruppe 2) und die überwiegend silbernen münzimitationen vom typ Kiskőrös (gruppe 3) im späten 7. und womöglich auch noch im frühen 8. Jahr-hundert im umlauf gewesen sein. ob die imitativprägungen der gruppe 2 gleich in italien oder erst im awarenland hergestellt wurden, ist bei dem derzeitigen forschungsstand nicht zu entscheiden. demgegenüber ist es keine frage, dass die münzimitationen vom typ Kiskőrös Produkte lokaler Prägewerkstätten sind, zumal ihre einzigartige mach-art außerhalb des awarischen siedlungsraumes nicht belegt ist. der grund dafür, dass sie nur vage nachempfindun-gen der aus Konstantinopel stammenden gold- und silbermünzen des Constans ii. und des Constantinus iv. herstellen konnten, liegt womöglich darin, dass die um 650 eingesetzte Zufuhr dieser münzen mit den in den Jahren 674–681 geprägten solidi des Constantinus iv. plötzlich abbrach und die lokalen stempelschneider in zunehmen-dem mangel an entsprechenden konstantinopolitanischen vorlagen immer mehr aus der Erinnerung arbeiten muss-ten.6

4 GriersoN–BlackBurN 1986, 70 mit taf. 50, 1087 (soli-dus des romuald ii.) und 1091 (solidus des godescalcus); saMBoN 1912, 64–65 mit taf. vi, 379 (solidus des romuald ii.), 383 (solidus des audelahis, 731/2–733) und 385 (solidus des gregorius, 732–739).

5 soMoGyi 2009, 254–261 mit abb. 9.6 dazu ausführlich: soMoGyi 1997, 122–127.

Acta Archaeologica Academiae Scientiarum Hungaricae 64, 2013

Ein imitativsolidus dEs iustinianus ii. 327

abb. 6. solidus des Constans ii. (miB 20–22, 647/8–651/2 n. Chr.) m=2:5

abb. 7. solidus des leontius (miB 1–3, Ende 695 – Herbst 698) m=2:5

abb. 8. solidus des tiberius iii. (miB 1–5; Herbst 698 – 21.8.705) m=2:5

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abb. 9. solidus des Philippicus (miB 1–4, 4.11.711 – 3.6.713) m=2:5

abb. 10. solidus des anastasius ii. (miB 1–3, 3.6.713 – Herbst 715) m=2:5

abb. 11. solidus des theodosius iii. (miB 1–2, Herbst 715 – 24.7.717) m=2:5

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Ein imitativsolidus dEs iustinianus ii. 329

abb. 12. solidus des leo iii. (miB 1–2, 24.7.717 – 25.3.720) m=2:5

abb. 13. solidus des romuald ii. (706–731 n. Chr.) (nach saMBoN 1912, taf. vi/379) m=2:5

abb.14. solidus des Justinianus ii. (miB 6, 687–692 n. Chr.) von orşova. m=2:5 münzkabinett des ungarischen nationalmuseums, Budapest, inv.-nr.1896

Acta Archaeologica Academiae Scientiarum Hungaricae 64, 2013

A. HÁgó – P. Somogyi330

obwohl auch ein angeblich in orşova gefundener und seit 1896 im münzkabinett des ungarischen natio-nalmuseums aufbewahrter solidus des iustinianus ii. vom typ miB 6 (687–692) dem postkonstantinischen münz-bestand angehört (Abb. 14),7 erlaubt dieser Einzelbeleg nicht, auf den umlauf dieser solidi im awarenland zu folgern, der jedoch die grundvoraussetzung für die lokale fertigung der an sie angelehnten imitativprägungen wäre. gegen die lokale Herstellung des imitativsolidus von andrid spricht auch die qualitätsvolle Bearbeitung der münz-bilder, die der machart der vorlage sehr nahe kommt, und von der verballhornten ausformung der münzimitationen vom typ Kiskőrös, die im späten 7. und frühen 8. Jahrhundert die lokale münzprägung nach alten konstantinopo-litanischen vorlagen ausmachten, bei Weitem abhebt. in anbetracht dessen, dass eine schwache Zufuhr italo-by-zantinischer münzen in dieser Zeit ins awarenland zweifelsohne stattfand, ließe sich der gefütterte imitativsolidus von andrid eher einer italischen Prägewerkstatt zuordnen, die – insofern das stark gewölbte diadem in der tat an die beneventanische ikonographische innovation anlehnt – parallel mit der solidusprägung des romuald ii. (706–731) falschmünzen produzierte.

litEratur

GriersoN–BlackBurN 1986 = Ph. GriersoN–M. BlackBurN: medieval European Coinage. the Early middle ages (5th–10th cen-turies). vol. 1. Cambridge 1986.

mib = W. hahN: moneta imperii Byzantini. Bd. 1–3. Wien 1974, 1975, 1981.Mizsér 2001 = l. Mizsér: szatmár vármegye Pesty frigyes 1864–1866. évi helynévtárában. nyíregyháza 2001,

210–213.NéMeti 1999 = J. NéMeti: repertoriul arheologic al zonei Careiului. Bibliotheca thracologica 28. Bucureşti 1999,

27–29.saMBoN 1912 = G. saMBoN: repertorio generale delle monete coniate in italia e da italiani all’estero dal secolo v°

al XX°. Parigi 1912. soMoGyi 1997 = P. soMoGyi: Byzantinische fundmünzen der awarenzeit. monographien zur frühgeschichte und

mittelalterarchäologie 5. innsbruck 1997.soMoGyi 2009 = P. soMoGyi: Byzantinische fundmünzen der awarenzeit. Eine Bestandsaufnahme 1998–2007. aaC

42–43 (2009) 231–299.Szatmár vármegye 1910 = s. Borovszky (ed.): szatmár vármegye monográfiája [monographie des Komitats szatmár]. ma gyar-

or szág vármegyéi és városai. Budapest 1910.

7 soMoGyi 2009, 258, mit Hinweis auf die ältere literatur.