dnebm: misshandlung von saeuglingen und kleinkindern - zwangsvorsorge-untersuchungen sind der...
Post on 31-Oct-2016
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DNEbM: Misshandlung von Saugling
Evidenz im Blick en und Kleinkindern – Zwangsvorsor-ge-Untersuchungen sind der falsche WegJohannes Forster
Wirksame Vorbeugung sollte auf gezielteFursorge fur Risikofamilien setzen.Im Jahr 2006 hat der Tod von Kindern durchVernachlassigung, Misshandlung und unterblie-bene Fursorge fur großes Aufsehen gesorgt.Losungen werden gesucht, solche Ereignissezu verhindern. Ein Vorschlag lautet, Kinder-vorsorge-Untersuchungen verpflichtend ein-zufuhren und damit Falle von Kindesmiss-handlung oder Vernachlassigung zu erkennen.Das Deutsche Netzwerk Evidenzbasierte Me-dizin (DNEbM) nimmt hierzu folgendermaßenStellung:Das Ziel, die Zahl von Kindesvernachlassigungund Kindesmisshandlung zu vermindern, wirdvom DNEbM ausdrucklich unterstutzt.Es gibt jedoch keinen Beleg dafur, dass einZwang zu Vorsorgeuntersuchungen beim Kin-derarzt eine wirksame Vorbeugung gegenVernachlassigung oder Gewalt gegen Kinderist.Solche eindeutigen Belege gibt es hingegenfur die aufsuchende Fursorge von Hochrisiko-familien durch ausgebildetes Personal.Es gibt keinen Grund, eine unbelegte undmoglicherweise wirkungslose Zwangsvorsorgeeinzufuhren, wenn es eine nachgewiesener-maßen wirksame Alternative gibt.Moglichst luckenlose Vorsorgeuntersuchun-gen bei Kindern sind wunschenswert, abernicht um Vernachlassigung, sondern um sichanbahnende medizinische Defizite zu erken-nen und entsprechende Gegenschritte zu ver-anlassen.
Erlauterung:
In der Frage, mit welchen Methoden Kindes-vernachlassigung und Kindesmisshandlung
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vorgebeugt werden kann, gibt es eine an-sehnliche Basis wissenschaftlicher Untersu-chungen. Belgische Wissenschaftler haben imJahr 2004 eine Analyse der internationalenStudien vorgelegt, in denen Fruhpraventiondurch Aufsuchen von Hochrisikofamilien un-tersucht wurde . Diese Programme zeigten ei-nen signifikanten Ruckgang der Vernachlas-sigung von und der Gewalt gegen Sauglingeund Kinder durch diese Maßnahme.Solche Belege fehlen aber fur die Wirkungvon Zwangsuntersuchungen. Keine Untersu-chung oder Studien zeigt, dass mit einerZwangs-Vorsorgeuntersuchung Vernachlas-sigungen und/oder Misshandlungen vonSauglingen und Kleinkindern vorgebeugt wer-den konnte. Das ware auch nicht zu erwar-ten. Gegen Zwangsuntersuchungen sprichtnamlich, dass misshandelnde oder ver-nachlassigende Eltern haufiger den Arztwechseln, so dass ein einzelner Arzt sich keinsolides Bild machen oder einen langjahrigenPatienten-Arzt-Kontakt aufbauen kann. Diesware zur Entdeckung von Vernachlassigungvon oder Gewalt gegen Kinder jedoch not-wendig.Der politischen Forderung, Zwangsuntersu-chungen zur Eindammung von Misshandlungund Vernachlassigung einzufuhren, fehlt alsonicht nur ein Beweis oder zumindest Hinweisauf einen Nutzen fur die Kinder. Der Vor-schlag lasst auch mogliche ‘‘Nebenwirkun-gen’’ außer Acht. Die Vorsorgeuntersuchun-gen fur Kinder werden heute von uber 90Prozent der Eltern akzeptiert. Diese Elternbringen ihre Kinder zum Kinderarzt, weil sieihm und seiner Kompetenz vertrauen, Ent-wicklungsdefizite rechtzeitig zu erkennen undbetroffene Kinder optimal zu fordern. Dieses
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bei uber 90% der deutschen Eltern bestehen-de Vertrauen ginge verloren gegenuber ei-nem Kinderarzt, der einen staatlichverordneten ‘‘Misshandlungs-Check’’ durch-fuhren musste. Außerdem lenken Zwangsun-tersuchungen von sinnvolleren Alternativenab.
Schlussfolgerung:
Die Forderung, zwangsweise Vorsorgeunter-suchungen fur Kinder einzufuhren, ist dernicht ausreichend durchdachte Versuch, einsoziales Problem auf medizinischem Weg zulosen. Nach den bislang vorliegenden Unter-suchungen gibt es dafur keine Erfolgsgaran-tie. Vielmehr lenkt der Vorschlag vonnachgewiesenermaßen wirksamen Maßnah-men ab.Das DNEbM befurwortet aufgrund der aktuel-len internationalen wissenschaftlichen Litera-tur die aufsuchende Fursorge in Hochrisiko-familien um die Zahl der Misshandlungen undVernachlassigungen von Sauglingen undKleinkindern signifikant zu senken.
Korrespondenzadresse:Prof. Dr. med. Johannes Forster, MME (Bern) -Mitglied des Vorstands des DNEbM -Kinderabteilung St. HedwigSt. JosefskrankenhausSautierstr. 1D-79104 FreiburgTel. +49 (761) 2711 2800E-Mail: [email protected].
.arztl. Fortbild. Qual.Gesundh.wes. (ZaeFQ)doi:10.1016/j.zgesun.2007.02.015