die wirkung von khellin und natriumsalicylat auf den blutzucker normaler und alloxandiabetischer...

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Zeitschrift fiir die gesamte experimentelle Medizin 135, 58--65 (1961) Aus dem Pharmakologisehen Institut der Universit~t Freiburg i. Br. (Direktor: Prof. Dr. S. Jit~SSE~) Die Wirkung yon Khellin und Natriumsalicylat auf den Blutzucker normaler und alloxandiabetischer Ratten* Von L. Sc~IMmT, H. D. S(}LINGund W. JARRE Mit 3 Textabbildungen (Eingegangen am 17. Ap~'il 1961) Unter den sehr zahlreichen Indikationen ffir Khellin wird auch der Diabetes mellitus genannt. BLVMR6DER ~ beriehtet fiber die befriedigende Einstellung yon neun zuekerkranken Patienten naeh Khellinearbonsiiure, bei weiteren ffinf Patienten konnte der Insulinbedarf gesenkt werden. Die hierbei wirksamen Khellindosen lagen bei 60 mg, die Applikationsart ist nieht angegeben. L~MMERZ 1~ fand naeh 80--200 mg Khellincarbon- sgure per os bei 22 Diabetespatienten eine deutliehe Verbesserung der Kohlenhydrattoleranz. Allerdings sah er nur in wenigen Fi~llen eine Ver- ringerung der Glueosurie. Naeh 50 mg Khellin i.v. zeigten die Blut- zuekerbelastungskurven einen weniger steilen Anstieg. Die beiden Auto- ten ffihren die Beeinflussung des Blutzuekers dureh Khellin auf eine ver- besserte Pankreasdurehblutung oder auf das ,,vermehrte Auftreten yon Redoxpotentialen" zurfiek. Angesiehts der nieht sehr eindrueksvollen Behandlungsergebnisse des Diabetes mellitus dutch Khellin legten wit uns die Frage vor, in welehem AusmaB dem Khellin eine blutzuekersenkende Wirkung zukommt. Das Khellin selbst ist wasserunlfslieh. Um es in LSsung zu bringen, werden als Lfsungsvermittler Theophyllin und Natriumsalicylat verwendet. In einer frfiheren Publikation (ScIIMIDT 16 und RE~IDE~ u. SCItMIDT 12) wiesen wir drauf bin, dab die eoronarerweiternde Wirkung handelsfib- lieher Khellinpri~parate zu einem betr~ehtliehen Teil dutch das als LS- sungsvermittler zugef/igte Natriumsalicylat vorget~useht wird: Die neuerdings als ,,reinstes Khellin" angebotene wasserlSsliehe Khellin- earbons/~ure zeigte keinerlei eoronarerweiternden Effekt, ebenso dfirfte die angeblieh positiv inotrope Wirkung des Khellins auf das I-Ierz den * Herrn Professor Dr. S. JA~rss~r zum 70. Geburtstag gewidmet.

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Zeitschrift fiir die gesamte experimentelle Medizin 135, 58--65 (1961)

Aus dem Pharmakologisehen Institut der Universit~t Freiburg i. Br. (Direktor: Prof. Dr. S. Jit~SSE~)

Die Wirkung yon Khellin und Natriumsalicylat auf den Blutzucker normaler und alloxandiabetischer Ratten*

Von

L. Sc~IMmT, H. D. S(}LING und W. JARRE

Mit 3 Textabbildungen

(Eingegangen am 17. Ap~'il 1961)

Unter den sehr zahlreichen Indikationen ffir Khellin wird auch der Diabetes mellitus genannt. BLVMR6DER ~ beriehtet fiber die befriedigende Einstellung yon neun zuekerkranken Patienten naeh Khellinearbonsiiure, bei weiteren ffinf Patienten konnte der Insulinbedarf gesenkt werden. Die hierbei wirksamen Khellindosen lagen bei 60 mg, die Applikationsart ist nieht angegeben. L~MMERZ 1~ fand naeh 80--200 mg Khellincarbon- sgure per os bei 22 Diabetespatienten eine deutliehe Verbesserung der Kohlenhydrattoleranz. Allerdings sah er nur in wenigen Fi~llen eine Ver- ringerung der Glueosurie. Naeh 50 mg Khellin i.v. zeigten die Blut- zuekerbelastungskurven einen weniger steilen Anstieg. Die beiden Auto- ten ffihren die Beeinflussung des Blutzuekers dureh Khellin auf eine ver- besserte Pankreasdurehblutung oder auf das ,,vermehrte Auftreten yon Redoxpotentialen" zurfiek.

Angesiehts der nieht sehr eindrueksvollen Behandlungsergebnisse des Diabetes mellitus dutch Khellin legten wit uns die Frage vor, in welehem AusmaB dem Khellin eine blutzuekersenkende Wirkung zukommt. Das Khellin selbst ist wasserunlfslieh. Um es in LSsung zu bringen, werden als Lfsungsvermittler Theophyllin und Natriumsalicylat verwendet. In einer frfiheren Publikation (ScIIMIDT 16 und RE~IDE~ u. SCItMIDT 12) wiesen wir drauf bin, dab die eoronarerweiternde Wirkung handelsfib- lieher Khellinpri~parate zu einem betr~ehtliehen Teil dutch das als LS- sungsvermittler zugef/igte Natriumsalicylat vorget~useht wird: Die neuerdings als ,,reinstes Khellin" angebotene wasserlSsliehe Khellin- earbons/~ure zeigte keinerlei eoronarerweiternden Effekt, ebenso dfirfte die angeblieh positiv inotrope Wirkung des Khellins auf das I-Ierz den

* Herrn Professor Dr. S. JA~rss~r zum 70. Geburtstag gewidmet.

Wirkung von Khellin und Natriumsalieylat auf den Blutzueker 59

ve rwende ten LSsungsve rmi t t l e rn N~ t r i umsa l i ey l a t bzw. Theophy l l in zu- zuschre iben sein (BUI~GDORF 3, NOELLEll).

Unsere Un te r suchungen sowie die Tatsache , dab die b lu tzuckersen- kende W i r k u n g yon Sa l icy la t sei t l angem b e k a n n t is t (s. Ubers ich t bei CR]~VTZF~LD U. SSLI~GS), liel3en es uns gerech t fe r t ig t erscheinen, die W i r k u n g des Khel l ins au f den B lu tzucke r einer t i e rexper imente l l en Prfi- fung zu unterz iehen, wobei fes tzuste l len war, ob die b lu tzucker senkende W i r k u n g der Khe l l incarbons~ure deut l icher ausgeprag t is t als die des e igent l ichen Khel l ins .

Methodik

Die Untersuchungen wurden annormalen und alloxandiabetischen Ratten beider- lei Gesehlechts durehgefiihrt. Normaltiere: Diese Ratten erhie]ten Latz-Trocken- futter* (Rohprotein 21,18~ Fet t 4,13%, N-freie Extraktivstoffe 62,27~ tlohfaser 2,80/0, Asche 4,61~ sowie Wasser ad libitum. 12 Std vor Versuchsbeginn bekamen die Tiere kein Futter mehr. Alloxandiabetische Tiere: Wir erzeugten den Alloxan- diabetes durch intravenSse Injektion von 30 mg/kg Alloxan (Merck, Darmstadt) zusammen mit 235 mg/kg Methylenblau. Der Zusatz yon Methylenblau soll nach LAZZAROW U. LIAMBEIS 9 DiMurs~ure, ein Abbauprodukt des Alloxans, zu Alloxan reoxydieren und so eine lange Alloxanwirkung herbeifiihren. Es kamen nur Tiere zum Versuch, die fiber mindestens 3 Wochen einen station~ren Diabetes (festgestellt an der HShe des Nfiehternblutzuckers und der Glucosurie) aufwiesen. Fiitterung erfolgte ebenfalls mit Latz-Standardkost, dazu Wasser ad libitum. 8 Std vor Ver- suchsbeginn wurde das Futter entzogen. W~hrend des Versuches sagen die t latten in Einze]kgfigen, die der GrSBe der Tiere angepaBt werden konnten. Niichtern sowie 1, 2, 4 und 8 Std nach der Gabe des Medikamentes wurde der Blutzuckergehalt aus dem Schwanzvenenblut bestimmt (Glucoseoxydasemethode (K~ILIN u. H A R T ~ s) entsprechend der Vorschrift der Firma C. F. ]3oehringer & S6hne, Mannheim- Waldhof).

u

Zun/~chst un t e r such t en wir 7 Gruppen mi t je 10 n ich t d iabe t i sehen Ratt.en. Diese wurden wie folgt behande l t :

G r u p p e 1 : 100 mg/kg Na t r i umsa l i cy l a t , Gruppe 2 : 5 0 0 mg/kg Na t r i umsa l i cy l a t , Gruppe 3: 7 mg /kg Na t r i umsa l z der Khe]lincarbons/~ure, Gruppe r 24 mg /kg N a t r i u m s a l z der Khe l l incarbonsgure , Gruppe 5: 7 mg /kg Khe l l in gelSst m i t 100 mg/kg N a t r i u m s a l i c y l a t , Gruppe 6: 34 mg /kg Khe l l in gel6st mi t 500 mg/kg N a t r i u m s a l i c y l a t , Gruppe 7 : 10 Kont ro l l t i e re .

Nach der B l u t a b n a h m e zur Bes t immung des Nf ich te rnb lu tzucker - wertes wurden die Subs tanzen in t r ape r i t onea l inj izier t . Die Beobaeh- tungsze i t be t rug e twa r Std. Bei den Kon t ro l l en und den m i t Khel l in - carbonss behande l t en Tiere b e s t i m m t e n wir a u g e r d e m auch den Blu t - zucker nach 8 Std.

* Latz I4raftfutterwerk K.G., Euskirchen (l%hld.).

60 L. SCI~YIIDT, I-I. D. S6L:~G und W. JAm~E:

Im weiteren Verlauf der Untersuehungen nahmen wir alloxandiabetischer Rat ten ins Experiment:

Gruppe 1 : (12 Tiere) 100 mg/kg Natriumsalieylat i.p., Gruppe 2 : (14 Tiere) 200 mg/kg Natriumsalieylat i.p., Gruppe 3 : (15 Tiere) 500 mg/kg Natriumsalieylat i.p., Gruppe 4: ( 6 Tiere) 7 mg/kg Natriumsalz der Khellinearbons~ure i.p., Gruppe 5 : (14 Tiere) 14 mg/kg Natriumsalz der Khellinearbonsi~ure i.p., Gruppe 6 : (12 Tiere) 34 mg/kg Natriumsalz der Khe]linearbonsi~urei.p., Gruppe 7 : (15 Tiere) 14 mg/kg Khelhn gel6st mit 200 mg/kg Natrium-

salicylat, Khellin gel6st in 500 mg/kg Natrium- salicylat.

Gruppe 8: (15 Tiere) 34 mg/kg

8 Gruppen

Die verwendeten alloxandiabetisehen Tiere wurden vorher stets einem Kontrollversueh ohne Medikamentgabe unterworfen. Die Beobaehtungs- zeit betrug 8 Std, lediglieh die Gruppen, die 500 mg/kg Natriumsalicylat bzw. die Kombination yore 34 mg/kg Khellin und 500 mg/kg Natriumsali- eylat erhalten batten, konnten nur fiber 4 Std beobaehtet werden, da diese im hypoglyk/imisehen Sehock zugrunde gingen, wenn nieht Glucose gegeben wurde.

Ergebnisse

Nichtdiabetische Tiere (7 Gruppen). Die Ergebnisse sind in Tabelle 1 zusammengefM]t.

Ein yon den Kontrolltieren abweiehendes Verhalten zeigten nur die Tiere, die 500 mg/kg Natriumsalieylat alleine erhalten bat ten und die-

Tabelle

G r u p p e B e h a n d J u n g Ni ichternl 1 S t 4 2 S td 4 S t 4 8 S td

100 mg/kg Salicylat 500 mg/kg Salieyla~ 7 mg/kg Khellincarbon-

s~ure 34 mg/kg Khellincarbon- s:~ure

7 mg/kg Khellin -k 100 mg/kg SMicylat

34 mg/kg Khellin -k 100 mg/kg Salicyla~

Kontrollen

81,1 75,4

97,7

78,9

96,4

98,7 88,3

81,5 95,4

95,0

75,7

98,0

160,0 88,7

82,1 96,9

92,3

77,9

99,6

156,7 84,1

88,6 69,6

96,8

76,6

98,2

132,2 78,8

89,7

69,3

56,6

jenigen, die die Kombination mit Khe]lin erhielten. Bei diesen Tieren kam es zun~chst zu einem deutlichen Blutzuckeranstieg und erst zwischen der 2. und 4. Std fallen die Werte langs~m wieder ~b. Die fibrigen Rat ten

Wirknng yon Khellin und N~triumsalicylut auf den Blutzucker 61

hatten w~hrend der ersten 2 Std verh/tltnism/~Big konstante Blutzucker- werte. I)anaeh kam es zu einem langsamen Blutzuckerabfall.

Alloxan-diabetische Tiere: (8 Gruppen) : Die Ergebnisse sind in der Ta- belle 2 zusammengefaBt. Bei den Kontrolltieren land sieh zwisehen der

Tabelle 2

Gruppe I Behandlu l lg Ni ich tern 4 Std 8 Std

1 I Kontrollen 100 mg/kg Salicylat

2 I Kontrollen 329,7 I 200 mg/kg i

Salicyl~t 275,9

3 Kontrollen 346,7 500 mg/kg

S~licyl~t 329,8

4 Kontrollen 365,0 7 mg/kg Khellin-

c~rbons~ure 314,1

5 Kontrollen 318,7 14 mg/kg Khellin- curbons~ure 333,4

Kontrellen 346,7 34 mg/kg Khellin-

carbonsSure 335,5

7 Kontrollen 321,6 14 mg/kg Khellind-

i 200 mg/kg S~licyl~t 264,3

8 Kontrollen 270,6 34 mg/kg Khellin-]-, 500mg/kg S~licyl~t i 327,4

1 Std 2 Std

327,8 318,4 327,5

284,5 283,7 274,0

321,8 332,4

247,3 231,5 340,0

255,4 231,0

357,6 340,5

295,5 306,1

312,2 320,2

322,0 338,4

347,6 340,0

339,5 346,5

311,6 322,0

242,7 239,2

I 290,2 272,0

275,9

243,0

2 ,9

222,1

318,6

156,5

263,3

284,0

316,2

192,8

164,4

225,0

167,0

275,6

228,0

215,3

209,2

318~6 232,6

318,5 256,0

280,0 227,0

223,4 166,0

253,4

219,8

2. und 4. Std ein mggiger Blutzuckerabfall. Naeh 8 Std betr/~gt die Blut- zuckersenkung etwa 30~o. Vollkommen g]eiches Verhalten zeigen die mit Khellincarbonsaure und die mit 100 mg/kg Natriumsalicylat behandelten Ratten. Bei den mit 200 mg/kg Natriumsalicylat und den mit Khellin und 200 mg/kg Natriumsalicylat behandelten Tieren stellte sieh eine leiehte, aber nicht signifikante Erniedrigung des Blutzuckers ein. Demgegeniiber kam es nach 500 mg/kg Natriumsalieylat stets zu einem sehr ausgeprggten Absinken der Blutzuckerwerte. Weniger deutlich ist dieser Effekt nach der gleiehzeitigen Verabreiehung von 500 mg/kg Natriumsalieylat und 34 mg/kg Khellin. Diese Kombination ffihrte zu einem hochtoxisehen Erscheinungsbfld, das nach alleiniger Natriumsalicylatgabe nieht zu be- obachten war: Die Versuchstiere wurden vollkommen apathisch und ein

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o 7 2 ~ S~d Abb, 1 a - -e . Der Blul~zncker al lox~ndialoet~eher Ratben imoh Nal,i 'Jums~lieylat

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-~.-_ 7m, g/kg ICkelh'n "u,

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o l 2 Std 3 Abb. 2 a - - c , Der Blu tzucker anoxandiabe t i scher R a t t e n naeh Khel l incacbons~ure

SCttlVIIDT e t . a l . : W i r k u n g y o n K h e l l i n u n d N a t r i u m s a l i c y l a t a u f ] 3 l u t z u c k e r 6 3

Teil starb zwischen der 4. nnd 8. Std nach der Injektion. Glucosegaben beeinflugten das Krankheitsbild nicht. Die Ergebnisse sind in den Abb. 1--3 dargestellt, hier wurde der jeweilige Blutzuckerausgangswert = 100~o gesetzt, die nachfolgenden Werte sind darauf bezogen.

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Abb. 3 a u. b. Der g l u t z u e k e r Mloxand iabe t i sohe r R a t t e n n a o h Khe l l i n m i t Na t r iumsa , l i cy l a t gelSst

Besprechung der Ergebnisse

In unseren Versuchen senkt Natriumsalicylat den Blutzucker bei nor- malen Rat ten nicht. I tohe Dosen bewirkten sogar eine Blutzuckersteige- rung. Diese Befunde stehen in l~bereinstimmung mit denen yon SMITH 17 (Ratten), SPI~OULL 19 (Mause), SMITH, MEADE U. BORNSTEIN 18 (Ratten), sowie BAR, OUR U. t IE~MA~ 1 (ttunde). Die blutzuckersteigernde Wirkung hoher Salieylatdosen kommt durch eine Stimulation der Adrenalinaus- sehfittung zustande. Einen Hinweis dara.uf gibt die Verminderung des Leberglykogens. Blutzuckeranstieg nach Einnahme toxischer Salicylat- mengen wurde auch beim Menschen beschrieben 15, 4. Bei der Kombinat ion yon 500 mg/kg Natriumsaliey]at mit 34 mg/kg Khellin beobachteten wir bei nichtdiabetischen Rat ten eine st~rkere Blutzuckersteigerung a]s nach Salicylat alleine. Demnach diirfte Khellin den adrenergischen Effekt des Salicylats verstarken. Khellincarbons/~ure, deren pharmako]ogische Eigenschaften denen des Khellins vSllig entsprechen sollen, hat keinerlei Einflug auf den Blutzuckerspiegel gesunder l~atten. I m Gegensatz dazu reagierten alloxandiabetische Tiere nach hSheren Natrinmsalicylatdosen (500 mg/kg) mit einer deutlichen Blutzuckersenkung. Wir konnten damit die yon SMITH, MEADE U. BOI:~NSTEIN 18 an alloxandiabetischen und die yon INGLE U. MEEKS ~ an tei lpankreatomierten Ra t ten erhobenen Be- funde bests

Auff~llig ist, dab in unseren Versuchen die Blutzuekersenkung naeh Verabreichung der Kombinat ion yon 500 mg/kg NatNumsalieylat mit

64 L. SCttMIDT, i . ]). S6LI~G und W. JAmes:

34 mg/kg Khellin weniger ausgepragt war als naeh der gleiehen Salioylat- dosis alleine. Dieses Ergebnis s t immt mit dem h6heren Blutzuekeranstieg fiberein, der dureh diese Kombinat ion bei niehtdiabetischen Rat ten be- obaehtet wurde. 0ffenbar kommt es hierbei zu toxischen Gegenregula- tionen, woffir auch die verh~l tn i sm~ig hohe Mortalit~tt nach Verab- reichung hoher Dosen der Kombinat ion Natriumsalieylat-Khellin spricht. Das wasserlSsliehe Natriumsalz der Khellincarbonsaure hat te auf den erh6hten Blutzuekerspiegel alloxandiabetischer Ra t ten ebensowenig Ein- flu~, wie auf den Blutzucker gesunder Ratten. Die yon BLU~I~DDEI~ 2 nnd LEMMI~z 1~ beschriebene blutzuckersenkende Wirkung konnte also tier- experimentell n icht bestatigt werden. Untersuchnngen fiber die Wirkung des wasserl6slichen Natriumsalzes der Khellincarbonsaure auf die diabe- tische Stoffwechsellage wurden bisher nicht vorgelegt, obwohl die entspre- chenden Pri~parate zur ]~ehandlung des Altersdiabetes angeboten werden.

Die blutzuckersenkende Wirkung yon Salicylaten bei menschlichem Diabetes war bereits vor der Entdeckung des Insulins bekannt (s. aueh bei CREUTZFELD n. SOLINGS). ~euerdings ist yon HECgT U. GOLDNE~ 6, REXD und Mitarbeitern TM 14 fiber den blutzuckersenkenden Effekt yon Salicylaten (auch yon Aspirin) berichtet worden. I~EID, MACDOVGALL U. ANDREWS la sowie HEC~T u. GOLDN~ 6 konnten mit 4,8--9,6 g Aspi- rin pro Tag leichte Diabetesfalle yon Insulin auf Aspirin umstellen und in anderen Fallen bis zu 72 E Insulin einsparen. Ein gewisser therapeu- tischer Effekt ist nur yon denjenigen Pr/~paraten zu erwarten, in denen das Khellin mit ttflfe yon Natriumsalieylat als LSsungsvermittler gel6st ist. Allerdings ist der blutzuckersenkende Effekt hier wohl im wesent- lichen auf das Natriumsalicylat zurfickzuffihren und nicht auf das Khellin. Abschliel~end ist zu betonen, da$ den Salicylaten in der Klinik allenfalls wissenschaftliche, keinesfalls aber eehte therapeutische Bedeu- tung zuzubilligen ist.

Zusammenfassung Natriumsalicylat, Khellin mit Natriumsalieylat als L6sungsvermittler

und das Natriumsalz der Khellincarbonsiiure wurden an normalen und alloxandiabetischen l~atten auf ihre blutzuekersenkende Wirkung hin untersueht :

1. t t6here Dosen (500mg/kg) yon Natriumsalieylat steigern den Blut- zueker normaler Rat ten. Dagegen wird dureh entsprechende Dosen der Blutzuckerspiegel diabetischer Tiere deutlich gesenkt.

2. Khellin mi t Natriumsalicylat als L6sungsvermittler steigert den Btutzucker normaler Ra t ten mehr als Natriumsalieylat alleine. Der Blut- zueker alloxandiabetischer Rat ten wird dureh diese Kombinat ion weniger stark gesenkt als durch entspreehende Dosen yon Natriumsalicylat alleine.

Wirkung yon Khellin und ~atriumsalicylat auf den Blutzueker 65

3. Das wasser lSs l iche N a t r i u m s a l i c y l a t de r K h e l l i n c a r b o n s ~ u r e h a t

w e d e r a u f d e n B l u t z u c k e r s p i e g e l n o r m a l e r , n o c h a l l o x a n d i a b e t i s c h e r

R a t t e n e inen Einfiul~.

L i t e r a t u r

1 BAm~ou~, H. G., and J . B. HERMA~N: J . Pharmacol. exp. Ther. 18~ 165 (1921). 2 BLUMt~SDER, W . O. v . : Fortschr. Med. 74, 130--131 (1956). 3 BURGDOI~F, E . : P e r s S n l i c h e Mitteilung. 4 C~AaTE~S, H. D. : Brit. med. J . 1944/I, 10. 5 C~VTZF~LD, W., u. H. D. SSLI~r Ergebn. inn. Med. Kinderheilk. 15, 1 (1960). 6 HECHT, A., u. G. GOLDN:ER: Metabolism 8, 418 (1959). 7 INGLE, D, J. , and R. C. MEEKS: Amer. J. Physiol. 171, 600 (1952). s KEILIN, D., and E. F. H ~ T ~ E : Biochem. J . 39, 293 (1945); 42, 230 (1948). 9 LAZZAROW, A., and J . LIA~B~IS: Proe. Soc. exp. Biol. (bL Y.) 73, 323 (1950).

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Professor Dr. L. SC~IDT, Freiburg i. Br., Katharinenstra2e 29, Pharmakologisches Inst i tut der Universitat

Dr. H.-D. S6LI~G, Freiburg i. Br., Hugstetterstraf]e 55, Medizinische Universit~tsklinik

Z. ges. exp. NIed., Bd . 135 5