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1 Exkursionsführer und Veröffentlichungen Schaumburger Bergbau Die Steinkohlengewinnung zur Zeit des Fürsten Ernst zu Holstein- Schaumburg, bis nach dem 30jährigen Krieg Erich Hofmeister Heft Nr: 17 Arbeitskreis Bergbau der Volkshochschule Schaumburg Hagenburg im November 2005 Exkurf. u. Veröfftl. AK Bergb. I H. 17 I 40 S. I 5 Abb. I 1 Tab. I Hagenburg 2009

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Exkursionsführer und Veröffentlichungen Schaumburger Bergbau

Die Steinkohlengewinnung zur Zeit des Fürsten Ernst zu Holstein-

Schaumburg, bis nach dem 30jährigen Krieg

Erich Hofmeister

Heft Nr: 17

Arbeitskreis Bergbau der Volkshochschule Schaumburg

Hagenburg im November 2005

Exkurf. u. Veröfftl. AK Bergb. I H. 17 I 40 S. I 5 Abb. I 1 Tab. I Hagenburg 2009

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Die Reihe „Exkursionsführer und Veröffentlichungen des Arbeitskreises Bergbau

der Volkshochschule Schaumburg“ wird vom Arbeitskreis Bergbau in lockerer Folge

herausgegeben.

Bisher sind erschienen:

Heft 01 Schunke & Breyer: Der Schaumburger Bergbau ab 1386 und von...

Heft 02 Ahlers & Hofmeister: Die Wealden-Steinkohlen in den Rehburger Bergen

Heft 03 Korf & Schöttelndreier: Die Entwicklung des Kokereiwesens auf den........

Heft 04 Hofmeister: Der Obernkirchener Sandstein

Heft 05 Hofmeister & Schöttelndreier: Der Eisenerzbergbau im Weser- u.Wiehen

Heft 06 Hofmeister: Die Steinkohlenwerke im Raum Osnabrück

Heft 07 Krenzel: Exkursionsführer in die Hilsmulde

Heft 08 Schöttelndreier & Hofmeister : Exkursion durch die Gemeinde Nienstädt

Heft 09 Ruder: Die historischen Teerkuhlen in Hänigsen bei Hannover.....

Heft 10 Hofmeister: Exkursion Steinzeichen am Messingsberg

Heft 11 Grimme: Das Endlagerbergwerk Gorleben.........

Heft 12 Schöttelndreier: Historische Relikte in der Samtgemeinde Nienstädt

Heft 14 Grimme et al: Der Wealden-Steinkohlenbergbau in Niedersachsen

Heft 15 Hofmeister: Die Entwicklung des bergmännischen Geleuchts

Heft 16 Schröder: Die Schachtanlagen Lüdersfeld & Auhagen

Heft 17 Hofmeister: Die Steinkohlengewinnung zur Zeit des Fürsten Ernst

Heft 18 Hofmeister: Graf Wilhelm und seine Maßnahmen zur Landesverteidigung ..

1. Impressum Herausgeber: Arbeitskreis Bergbau der Volkshochschule Schaumburg,

Wilhelm- Suhr- Straße 16, 31558 Hagenburg.

Redaktion: Karl- Heinz Grimme, Erich Hofmeister

Layout und Druck: Christian Abel, Obernkichen

Ludwig Kraus, Stadthagen

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2. Vorwort: Das Schaumburger Land, von den Rehburger Bergen bis ins Wesergebirge, ist reich an Bodenschätzen. Seit mehr als 600 Jahren prägte daher der Bergbau in Schaumburg nicht nur die Landschaft; er war zeitweise auch von erheblicher Bedeutung für das Leben zahlreicher Familien. So gab es u. a. Gesteins-, Ton-, Salz- und vor allem Kohleabbau. Heute werden nur noch (bei Obernkirchen und Steinbergen) Steine gebrochen. Der Abbau anderer Bodenschätze wurde eingestellt, so der Kohlebergbau zu Beginn der 60er Jahre. Doch gibt es noch viele ehemalige Bergleute, die von ihrem Arbeitsleben erzählen, Fachleute, die von ihren Kenntnissen über den einheimischen Bergbau berichten, und andere Zeitzeugen, die sich an manche Bergmannsgeschichte erinnern können. In den letzten Jahrzehnten haben sich in verschiedenen Schaumburger Orten Bergmannsvereine gebildet. Sie bemühen sich, Traditionen der Bergleute zu bewahren und Bergbaudokumente und -relikte zu sichern, zu pflegen und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. 1991 wurde im Rahmen der Volkshochschule Schaumburg ein Arbeitskreis mit dem Titel "Schaumburger Bergbau und der Bergbau der Rehburger Berge" gebildet. In ihm sind Mitglieder der verschiedenen Bergmannsvereine vertreten. Hans-Ulrich Drechsler (Hagenburg/Altenhagen) übernahm die Leitung und übergab sie 1997 an Erich Hofmeister (Hagenburg). Es fanden sich etwa 25 Personen, die nun schon über 10 Jahre regelmäßig an den Treffen teilnehmen und durch ihr Engagement und ihre Hilfsbereitschaft zum Erfolg des Arbeitskreises beitrugen und beitragen. Allen gebührt großer Dank, neben Hans-Ulrich Drechsler und Erich Hofmeister besonders Ernst Knickrehm (Obernkirchen), Werner Schöttelndreier (Nienstädt), Werner Ahlers (Rohrsen), Jürgen Ruder (Großburgwedel) und Karl- Heinz Grimme (Barsinghausen). In den ersten Jahren waren die Tagungen geprägt durch Berichte, Vorträge und Erzählungen einzelner Mitglieder aus ihrem Bergmannsleben. Alles Wesentliche wurde auf Tonband aufgenommen und damit für spätere Zeiten gesichert. Auf Exkursionen wurden die ehemaligen Arbeitsstätten, die alten Schacht- und Stollenanlagen des Bergbaues und verschiedene Steinbrüche aufgesucht und vor Ort die frühere Arbeit beschrieben und erläutert. Es folgte die Zusammenstellung und Durchsicht von Veröffentlichungen über den hiesigen Bergbau. Einzelne Mitglieder übernahmen Recherchen in öffentlichen und privaten Archiven. Außerdem wurden Fachleute zu bestimmten Einzelthemen eingeladen, die sich nach ihrem Referat meist noch zu weiterer Mitarbeit im Arbeitskreis Bergbau bereit erklärten. Von der ursprünglichen Absicht, eine umfangreiche Monographie über den Schaumburger Bergbau zu erstellen, wurde wegen des Umfangs Abstand genommen. Nun werden in loser Folge, Hefte mit einzelnen Bergbauthemen und/oder Exkursionsführer des Arbeitskreises Bergbau der VHS Schaumburg herausgegeben. Glück auf!

4 3. Langjährige Mitglieder des Arbeitskreises Bergbau Abel Barbara Obernkirchen Abel Christian Obernkirchen Abel Willi Obernkirchen Ahlers† Werner Rohrsen Bonitz † Gerhard Rodenberg Bremer Ursel Hagenburg Busatta† Fred Hagenburg Drechsler Hans-Ulrich Hagenburg Engelking † Carl-Friedrich Lauenau Gerdts Wolfgang Wunstorf Grimme Karl-Heinz Barsinghausen Henke† Kurt Obernkirchen Hofmeister Erich Hagenburg Kaussow, Sen. Günter Hagenburg Kaussow, Jun. Günter Hagenburg Klinger† Herbert Hagenburg Klinger Margret Hagenburg Knickrehm † Ernst Obernkirchen Knickrehm Ingrid Obernkirchen Koch † Fritz Obernkirchen Kording Wilhelm Nienstädt Korf† Walter Nienstädt Krassmann,Dr. Thomas Rodenberg Kraus Ludwig Stadthagen Krenzel Horst Egestorf Kröger,Dr. † Uwe-Dietrich Nenndorf Ludewig Gunter Lindhorst Maiwald Heinz Hagenburg Matthias Friedrich Bad Nenndorf Oberdanner Hans Rehburg-Loccum Poßin Wolfgang Hagenburg Ruder † Barbara Großburgwedel Ruder Jürgen Großburgwedel Rüppel† Hermann Barsinghausen Schewe Rita Auhagen Schewe Eckhard Auhagen Schiewe Karl-Heinz Garbsen Schlegel Detlef Wunstorf Schöttelndreier Anneliese Nienstädt Schöttelndreier Werner Nienstädt Schröder Konrad Suthfeld Schröder Ralf Suthfeld Schröder Wilhelm Suthfeld Voges Gisela Hagenburg Winterstein † Traude Hagenburg Wittkugel † Helmut Hagenburg

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4. Inhalt

1. Impressum

2. Vorwort der VHS

3. Langjährige Mitglieder des Arbeitskreises Bergbau

4. Inhalt

4a Abbildungen

4b Tabellen

5. Einleitung

6. Die Reformation

7. Graf Ernst zu Holstein- Schaumburg

8. Fürst Ernst als Bauherr

9. Abbau von Steinkohlen und Sandsteinen zu Zeiten des Fürsten Ernst

10. Berichte von Breyer und Schunke

11. Der 30jährige Krieg

12. Teilung der Grafschaft Schaumburg

13. Die Entlohnung der Kohlbrecher um 1700

14. Benutzte Literatur

4a Abbildungen Abb. 1 Stadtkirche Bückeburg

Abb. 2 Taufbecken in der Stadtkirche

Abb. 3 Tür zum „Goldenen Saal“ im Schloß Bückeburg

Abb. 4 Broncegruppen im Schlosspark Bückeburg

Abb. 5 Grablege im Mausoleum Stadthagen

4b Tabellen Tabelle 1: Alte Maße und Gewichte

6 5. Einleitung Wie überall in Deutschland sah es gegen Ende des 16.Jahrhunderts mit der religiösen

Bildung der Menschen recht traurig aus. „Man kann die Nachrichten davon nicht ohne

Wehmut lesen“, schreibt der Chronist Superintendant Karl Anton Dolle (1630). Ebenso

urteilt Anton Nothold 1625 in seiner Lindhorster Chronik. An Kirchen und Klöstern,

Mönchen und Nonnen fehlte es nicht. Auf den Dörfern und in den Städten waren

damals schon fast ebensoviel Kirchen vorhanden als heute. Aber es fehlte noch sehr

an Schulen. Die einzigen Schulen zur damaligen Zeit waren in Stadthagen und

Jetenburg bei Bückeburg.

Der Gottesdienst wurde in der Hauptsache in lateinischer Sprache abgehalten, er

bestand aus vielerlei Äußerlichkeiten und konnte so die einfachen Menschen nicht

besonders erreichen. Aberglaube, große Unwissenheit und Zuchtlosigkeit herrschten

weit und breit. Ein richtiges Vaterunser konnte kaum ein Laie beten. „In Lindhorst gab

es z.B. einen Küster Henrikus Kulpes, wenn dieser das Glaubensbekenntnis oder ein

Vaterunser vorbeten sollte, so hat er das St. Dionysus Lied (das ist der Heilige, dem

die Kirche in Lindhorst geweiht ist) gebetet: „ Sankte Dionysus, du bist ein heilig Mann,

in allen unsern Nöten, so rufen wir dich an.“

Über den Widerstand der Leute gegen die Einführung geistlicher Gesänge in den

Gottesdienst berichtet Nothold: „Wie Johann Rohde hier das Volk ermahnt hat, daß sie

sollten mitsingen, ist ein Bauersknecht aus Lüdersfeld gewesen, mit Namen Berend

Staelhudt, derselbe mag irgend gehört haben, daß ein jeder in der Kirche helfen sollte

singen, so viel er wüsste; da hat der Staelhudt gemeint, es wäre gleich was es wollte,

deswegen, da andere Leute gesungen haben: Allein Gott in der Höh sei Ehr, hat

dieser gesungen: Ich weiß mich drei Fohlen in einem Stalle stahn, die können so leise

traben, die muß ich haben.“

Doch hat es in jener Zeit nicht an hilfsbereiten Christen gefehlt, es wird berichtet, daß

auch viele Leute, ob arm oder reich, in der Besorgnis um ihr Seelenheil Schenkungen

an Kirchen und Klöster machten. Dies, obwohl die Bevölkerung ohnehin für die

Unterhaltung der zahlreichen kirchlichen Diener viele Opfer aufzubringen hatten. Dazu

gab es noch sehr viele Bettelmönche. So verstanden es besonders die

Franziskanermönche aus Stadthagen, den Bauern Gaben aller Art abzulocken. Wenn

sie gut eingeheimst hatten, so sangen sie ein merkwürdiges Dankgebet auf lateinisch:

7 Übersetzung

Deo Gratias, Gott sei Preis,

Quinos satias Er gibt uns Speis

De labore rusticorum Von der Bauern Schweiß.

Darüber hinaus fehlte es nicht an Wallfahrten, Bittgängen und Aufzügen, bei denen die

Gläubigen geschröpft wurden.

6. Die Reformation Luthers Auftreten in Wittenberg leitete endlich die Bewegung ein, welche die

Christenheit von Irrlehren und Missbräuchen befreien konnten. Als er 1517 seine

Thesen an die Schlosskirche zu Wittenberg nagelte und manch andere Schrift

verbreiten ließ, fand die evangelische Lehre in vielen uns benachbarten Gebieten

Eingang. In Schaumburg setzte man ihr aber noch lange heftigen Widerstand

entgegen. Hier war auf Graf Johann II. dessen einziger Sohn Graf Justus I. (1527-

1531) gefolgt, der von der neuen Bewegung nichts wissen wollte und an der

katholischen Lehre festhielt. Auf ihn folgte Adolf X. (1531-1544), der Domherr zu Köln

war und Vormund für seinen minderjährigen Bruder. Adolf unterdrückte die

Reformation, wo er nur konnte, er starb als Erzbischof von Köln 1556. Er hatte aber

schon 1544 die Regierung von Schaumburg an seinen Bruder Otto IV. abgetreten,

mit dessen Namen die Einführung des Luthertums in unserer Heimat sich eng

verknüpfen sollte,

Trotz der gewaltsamen Unterdrückung der evangelischen Lehre fanden sich in der

Grafschaft doch mutige Männer für die Verbreitung des, wie sie es nannten, „reinen

Evangeliums“.

Als solche gelten vor allem die Prediger Johannes Rohde zu Lindhorst, Matthias

Wesch zu Obernkirchen und Eberhard Poppelbaum zu Oldendorf. Johannes Rohde

erhob seine Stimme schon 1537 in Lindhorst für die neue Lehre, er gilt somit als der

erste, der für die evangelische Glaubenslehre in unserer Grafschaft eintrat.

Rohde hatte viel von seinem Küster, dem oben erwähnten Kulpes, zu leiden gehabt,

der ihn sogar verklagte. Wesch in Obernkirchen wurde während seiner Predigten oft

von den Nonnen des Klosters Obernkirchen unterbrochen.

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Otto IV. hatte im katholischen Löwen studiert und wurde 1531 Bischoff zu Hildesheim,

legte aber seine Bischofswürde schon 1537 wieder ab, um mit dem Kurfürsten

Joachim von Brandenburg gegen die Türken in den Krieg zu ziehen. Er beteiligte sich

auch an dem Krieg, den Philipp II. von Spanien, ein Todfeind von Martin Luther, gegen

die Franzosen führte. Allein kehrte er aber noch vor Beendigung des Krieges in seine

Heimat zurück.

Otto bewarb sich um die Hand der lutherisch erzogenen Prinzessin Elisabeth Ursula

zu Braunschweig - Lüneburg. Damit begann bei ihm eine merkliche Wendung

zugunsten der neuen Lehre. Ihre Brüder, die gleich dem Vater und der Schwester

treue Bekenner des Evangeliums waren, stellten Otto die Bedingung, seiner künftigen

Gemahlin entweder einen lutherischen Hofprediger zu halten oder aber der neuen

Lehre in seinem Lande fortan freien Lauf zu lassen. Otto ging auf diese Wünsche ein.

In Celle hörte er den jungen Prediger Jakob Damman, den er zu seinem Hofprediger

erkor. Im Sommer 1558 hielt Ursula Einzug in Stadthagen, und Ottos Bruder Anton,

der Erzbischof zu Köln, starb. Damman trat sein Amt als Hofprediger in Stadthagen zu

Anfang des Jahres 1559 an und verbreitete den Geist Wittenbergs sogleich in

Schaumburg. Darum ist als Jahr der allgemeinen Einführung der Reformation in

unserer Heimat 1559 anzusehen. Schon im Frühjahr übertrug Otto ihm die geistliche

Aufsicht über die gesamte Grafschaft. Als Grundlage diente die in demselben Jahr

vorgeschriebene Kirchenordnung, die von mecklenburgischen Theologen aufgesetzt,

von Philipp Melanchton durchgesehen und 1552 zu Wittenberg gedruckt war.

Mit der Einführung der Reformation gelangten die Stifte und Klöster unter weltliche

Obrigkeit und hörte der Einfluß des Papstes in unserm Land auf. Der Neuordnung

fügten sich die Städte am ersten. Auch die Andachten der Bergleute vor der Schicht

wurden nun von den Kohlvögten bzw. deren Vertretern nach der neuen

Kirchenordnung abgehalten. Später wurden diese von den Obersteigern in den

Zechenhäusern zelebriert, wofür diese eine geringe Entschädigung erhielten.

Die Zeit für die Andachten zählte nicht zu der regulären Arbeitszeit, sie fanden in der

Regel eine halbe Stunde vor der Einfahrt statt.

9 Weniger willig zeigte sich das Landvolk, wenn auch von ernstlichem Widerstand

nichts bekannt ist. Am meisten widersetzten sich die Klöster, besonders das

Jakobskloster in Rinteln und das Franziskanerkloster zu Stadthagen, auch die Klöster

zu Obernkirchen und Fischbeck. Die Klöster zu Stadthagen und Rinteln wurden 1560

und das Kloster Obernkirchen 1563 aufgehoben.

Die Klöster waren häufig durch Schenkungen des Adels gut ausgestattet, deshalb zog

Otto die Güter der Klöster Obernkirchen und Fischbeck nicht ein, so bestehen sie bis

heute als adelige Damenstifte.

Die Reformation machte solche Fortschritte, daß Otto bereits 1554 unter Dammans

Führung die erste Kirchenvisitation vornehmen konnte. Dabei hat man auch

festgestellt, daß zur dauernden Festigung und Förderung des kirchlichen Lebens die

Errichtung von Volksschulen dringend notwendig seien. Trotzdem dauerte es noch bis

zum Anfang des folgenden Jahrhunderts, bis von Fürst Ernst der eigentliche

Volksschulunterricht eingeführt wurde.

7. Graf Ernst zu Holstein- Schaumburg Merkwürdigerweise folgte Otto als spanischer Oberst 1566 Phillip II. in einen Feldzug

gegen die Niederländer. Otto hatte zu diesem Kampfe ein Kavallerieregiment von

1300 Mann auf eigene Kosten (für 2 t Gold = 200 000 Gulden oder auch Reichstaler)

ausgerüstet. Dadurch stürzte er sein Land in eine große Schuldenlast, zumal Spanien

später keine Entschädigung zahlte.

Nach dem Tod Ottos 1582 übernahm sein vierter Sohn, Adolf XI., der evangelisch

erzogen war, die Herrschaft, er verstarb aber schon 1601, und ihm folgte sein

Stiefbruder Ernst an die Regierung.

Ernst Graf zu Holstein – Schaumburg, der von 1601 bis 1622 regierte, erhielt eine

ungewöhnlich gute Ausbildung. Nach einem Studium an der Universität Helmstedt

unternahm er ausgedehnte Reisen in Deutschland und nach Italien. In Brüssel lernte

er die glanzvolle Hofhaltung und die reichen Kunstsammlungen des spanischen

Statthalters der Niederlande kennen. Seine Reisen, die ihn auch nach Prag führten,

schulten seinen Sinn für die bildende Kunst.

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Wenige Jahre nach seiner Hochzeit mit Hedwig zu Kassel, fiel ihm 1601 durch den

Tod seines Halbbruders überraschend die Landesherrschaft zu. Für die neue Rolle als

regierender Fürst erwies er sich als außerordentlich gut geeignet. Anders als seine

Vorgänger war er nicht mehr von ritterlichen Idealen geprägt, sondern ein Anhänger

der damals modernen humanistischen Ideen. Zu seiner Zeit galt er als ein

progressiver Landesherr, der seinen kleinen Staat neu ordnete.

Ernst zog mit seiner Gemahlin von Sachsenhagen zunächst nach Stadthagen und

nahm 1606 in Bückeburg dauernd Wohnsitz. Hier richtete er in dem von ihm neu

ausgebauten Schloß einen glänzenden Hofstaat ein. Durch den Bau zahlreicher

Gebäude und die Anlage breiter und schöner Straßen förderte er das Ansehen und

Wohl seiner Residenz Bückeburg, die er 1609 zur Stadt erhob. Außerdem stiftete er

noch bedeutende Summen für öffentliche und private Zwecke. Gute Einnahmen haben

ihm die Steinkohlenwerke geliefert, die er stark förderte und mit viel kommerziellem

Verstand führte.

Ernst hatte in Helmstedt Rechtswissenschaften studiert und später in Kassel am Hofe

von Moritz von Hessen sein Verständnis für den Bergbau entdeckt. Diese Kenntnis

wusste er wohl zu nutzen und für sich und sein Land profitabel einzusetzen. So erließ

er schon am 19. Oktober 1601 seine erste „Verordnung, die Kohlenberge betreffend.“

Da aber auch Ernst am Bergregal festhielt, war diese Verordnung keine echte

Bergordnung, sondern beschränkte sich auf Vorschriften über den Verkauf, das

Verladen und Abfahren von Steinkohlen sowie auf die Art des Abbaus und die

Abrechnungen.

Unter Ernst erlebte der Schaumburger Bergbau durch das kaufmännische Interesse

des Grafen eine Blütezeit. Insgesamt waren auf den verschiedenen Bergwerken etwa

300 Mann beschäftigt, die jährlich etwa 30 000 Fuder = t Kohlen förderten. Bereits am

4. Oktober 1604 kam die „Revidierte Ordnung des Grafen Ernst für die gräflichen

Kohlenbergwerke“ heraus. In besonderen Anordnungen wurden gleichfalls die Anzahl

der Abbaubetriebe gesetzlich bestimmt. 1606 wurden 10 000 Fuder auf der Weser

nach Bremen für die dortigen Schmieden geliefert. Nicht nur um den

Steinkohlenabbau kümmerte Ernst sich, auch die Gewinnung von Sandsteinen auf

dem Bückeberg lag in seinem Interesse.

11 Im Jahr 1607 schloss er einen neuen Vertrag mit den Steinhauern und

kümmerte sich um eine Steinniederlage zu Petershagen an der Weser, um den

Transport der Steine auf der Weser regulieren zu können. Die guten Einnahmen aus

den Bergwerken und Steinbrüchen erlaubten ihm auch die Landesschulden aus den

früheren Jahren zu tilgen und Kredite zu gewähren. Selbst der Feind der Reformation,

Kaiser Ferdinand II., bat den Protestanten Ernst um ein Darlehen von 100 000

Gulden, wie auch der „tolle“ Herzog Christian von Braunschweig, der um finanzielle

Hilfe nachsuchte. Zum Dank für die bereitwillige Hilfe verlieh der Kaiser dem Grafen

Ernst 1619 den Titel eines Reichsfürsten auf Lebenszeit. Ernst konnte diesen Titel

also nicht vererben, seine Nachfahren blieben Grafen.

Des Fürsten Ernst Fürsorge galt nicht nur dem wirtschaftlichen Aufschwunge seines

Landes, sondern auch der geistigen Hebung seiner Untertanen. Vor allem ist ihm die

Förderung des Schulwesens zu danken, das bei uns damals noch wenig entwickelt

war, da nur in Stadthagen und Jetenburg Schulen bestanden. Er gründete in

Bückeburg die jetzige städtische Knabenschule und ließ auch auf den Dörfern Schulen

anlegen, die er aus eigenen Mitteln reichlich unterstützte und mit tüchtigen Lehrern

versorgte. Ernst ist der eigentliche Begründer der Volksschulen in Schaumburg. Er

sorgte jedoch auch für höhere Bildungsanstalten. So errichtete er 1610 in Stadthagen

ein Gymnasium, das er bereits 1619 zu einer Universität erhob, die nach ihm

„Ernestina“ benannt wurde und die er 1621 nach Rinteln verlegte. Er stattete diese

Anstalt mit den Einkünften der ehemaligen Klöster zu Rinteln und Egestorf und der

Propstei Obernkirchen aus. Später kamen noch die Erträge des Möllenbecker

Klosters hinzu. An der Universität wirkte in Stadthagen und später auch in Rinteln der

Professor Josua Stegmann.

Diese Förderung des Bildungswesens gab der lutherischen Kirche in Schaumburg

dauernde Festigung. Eine wichtige Grundlage für Kirche und Schule wurde des Grafen

Kirchenordnung aus dem Jahre 1614.

8. Fürst Ernst als Bauherr Besonders herausragend ist die Tätigkeit des Fürsten Ernst auf dem Gebiet der Kunst.

Auf seinen Reisen in Deutschland, nach Italien und Prag war er mit einer Reihe

bedeutender Künstler in Berührung gekommen.

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Ich möchte hier besonders zwei seiner bedeutendsten Werke beschreiben, die

Stadtkirche in Bückeburg (Abb. 1) und das Mausoleum in Stadthagen (Abb. 5), in dem

Fürst Ernst und seine Gemahlin Hedwig beigesetzt sind und das mit Skulpturen von

Adrian de Vries geschmückt ist.

Adrian de Vries wurde 1555 in den Niederlanden geboren. Er arbeitete längere Zeit in

Florenz, Mailand und Turin. Schließlich wirkte er als Bildhauer am Hof Kaiser Rudolfs

II. in Prag. Als kaiserlicher Hofbildhauer gehörte Adrian de Vries schon von seiner

gesellschaftlichen Stellung her zur vornehmsten Schicht europäischer Künstler und

unter den Bronzeplastikern nahm er für seine Zeit eine führende Stellung ein. Auch

nach dem Tod von Kaiser Rudolph II. blieb er wegen des hervorragenden Könnens

der Prager Gießhütte in Prag und arbeitete dort für den dänischen König Christian IV.

und für Fürst Ernst zu Holstein-Schaumburg; dass man bei den Figuren von Adrian de

Vries vor außergewöhnlichen Plastiken steht, kann man auch an der handwerklichen

Qualität erkennen ( Abb. 2 u. Abb. 4). Die mächtigen Skulpturen wurden in einem

Stück gegossen. Keine heutige Gießerei würde einen solchen riskanten Guss wagen,

sagten Kunstkritiker Anfang des 20. Jh.

Sachsenhagen besitzt einen kleinen Ortskern, errichtet nach der Feuersbrunst 1663,

die nur Schloß und Rathaus verschonte. Von der im späten 15. Jahrhundert

errichteten Wasserburg sind heute nur noch Reste, unter anderem der

spätmittelalterliche Wohnturm, erhalten. Sehenswert ist das schöne Eingangsportal

mit Erker an der Ostseite. Das gegenüberliegende Amtshaus wurde gegen Ende des

15. Jahrhunderts als Wohngebäude für den Grafen Ernst errichtet.

Dieser hatte hier als nachgeborener Sohn seinen Wohnsitz, bevor er als Landesherr

zu höheren Aufgaben berufen wurde und nach Stadthagen bzw. Bückeburg

umsiedelte.

Die Stadtkirche in Bückeburg gilt als ein Hauptwerk repräsentativer sakraler Baukunst

und gehört zu den ersten frühbarocken Kirchen diesseits der Alpen (Abb. 1)

Mit der Inschrift: EXEMPLUM RELIGIONES NON STRUCTURAE (ein Zeugnis des

Glaubens, nicht der Baukunst), auf der Fassade setzte sich der Bauherr selbst ein

Denkmal, denn die Anfangsbuchstaben ergeben den Namen ERNST.

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Seit fast 400 Jahren, genau seit Pfingsten 1615, werden in der Stadtkirche in

Bückeburg alle Kinder über demselben Taufbecken getauft. Nur wenige Besucher der

Kirche kennen den Namen des Künstlers, der dieses Taufbecken geschaffen hat.

Ihnen geht es vielleicht wie dem englischen Touristen in Drottningholm in Schweden,

der angesichts von Plastiken des gleichen Bildhauers schon vor 300 Jahren

bewundernd ausrief:

“Diese Figuren scheinen aus Athen zu stammen und gehören zu den besten

Europas.“

Der Künstler ist Adrian de Vries.

Das Verhältnis von Fürst Ernst zu Adrian de Vries ist ein gutes Beispiel dafür, wie ein

kunstsinniger Auftraggeber nicht nur sein Geld gibt, sondern sich mit Ideen kreativ in

die künstlerische Arbeit einmischt. Ohne sein Zutun hätten die Plastiken des

Bildhauers sicherlich anders ausgesehen. Fürst Ernst hat den Künstler nicht

verändert, aber er hat ihn doch zu einer besonderen Leistung angespornt. Aus alten

Dokumenten wissen wir, dass er Adrian de Vries originelle Aufgaben gestellt hat. Das

war für den Künstler eine Anregung und die Herausforderung, etwas anderes zu

erschaffen, als das, was zu dieser Zeit üblich war. Es stehen eine Reihe von Figuren

im Schloßpark in Bückeburg und besonders schön ist die Tür zum „Goldenen Saal“ im

Bückeburger Schloß (Abb. 3).

Das Mausoleum des Fürsten Ernst in Stadthagen ist einzigartig in Deutschland, in

seiner Außen- wie Innengestaltung. Es gehört zu den bedeutendsten Sakralbauten der

Renaissance.

Fürst Ernst von Holstein- Schaumburg ließ es für sich und seine Familie als scheinbar

freistehenden Zentralbau hinter dem Chor der St. Martini- Kirche anbauen. Diese Idee

geht sicherlich auf das Vorbild der Grabkapelle der Medici an St. Lorenzo

in Florenz zurück. Das Mausoleum lässt in seiner einheitlichen Durchgestaltung nichts

mehr von seiner wechselvollen Entstehungsgeschichte spüren. 1619 wurde mit dem

Bau des klassischen, nüchtern wirkenden, siebeneckigen Baus begonnen, erst 1627

scheint auch die Innenausstattung vollendet gewesen zu sein. Es ist unbekannt, wie

weit die Pläne auf den hinzugezogenen Dresdener Hofarchitekten Nosseni

zurückgehen, der auch als Marmorlieferant auftrat, mit dem sich Ernst aber überwarf.

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Sicher ist, dass die Gestaltung als Zentralbau mit Wandepitaphyen und der großen

freiplastischen Auferstehungsgruppe in der Mitte auf Ernst selbst zurückgeht. Der

Besucher, der vom dunklen Chor der Kirche aus durch einen kleinen

Verbindungsgang in den Licht erfüllten Kuppelraum tritt, steht sofort dem Grabmal

gegenüber. Der dezent farbige Eindruck wird durch die harmonischen,

verschiedenfarbigen Töne des Marmors bestimmt. Die Skulpturen auf dem Grabmal

schuf Adrian de Vries von 1613 bis 1620, es symbolisiert das Grab Christi. Das

Grabmal besteht aus einem Sockel und dem Sarkophag, der von einer

überlebensgroßen Figur des auferstandenen Christus bekrönt wird (Abb. 5). Das Grab

Christi soll ideell auch das Grab von Ernst darstellen. Dadurch identifiziert sich Ernst

mit der Hoffnung der Christen auf die Auferstehung der Toten. Tatsächlich ist Ernst in

der Gruft unter dem Mausoleum begraben.

An den Seiten des Sarkophags befinden sich Reliefs, die dem Ruhm des Fürsten

zugedacht sind. Auf der Vorderseite des Sarkophags ist ein kleines Bildnis von Ernst

zu sehen. Auf dem Sockel sitzen vier lebensgroße Wächter. Der Vorderste scheint

sich geblendet nach oben zu Christus zu wenden. Dadurch verbindet er,

kompositionell gut gelungen, den unteren und oberen Teil des Grabmals. Die übrigen

Wächter sind in Schlaf versunken. Die Wächter zeigen eine große Vielfalt an

Haltungs- und Bewegungsmotiven und eine Fülle von Details an Kleidung,

Ornamenten und reliefartigen Darstellungen. Bemerkenswert ist die Sorgfalt, mit der

alle Einzelheiten ausgeführt sind. Auf Grabmälern vorangegangener Zeiten stehen die

Darstellungen der Verstorbenen im Vordergrund. Das Grabmal des Fürsten Ernst

vertritt einen völlig neuen Typus, in dem nicht mehr das Bild des Verstorbenen,

sondern ein religiöses Thema das Hauptmotiv ist.

9. Abbau von Steinkohlen und Sandsteinen zu Zeiten des Fürsten Ernst Es ist die mangelhafte Quellenlage, die die Anfänge des Kohlengrabens und deren

Auswirkungen auf die Lebensweise der Menschen um Obernkirchen weitgehend im

Dunkeln lässt. Während Cyriakus Spangenberg den Anfang der Kohlengräberei schon

vor 1320 vermutet, stellt der Kanzler des Fürsten Ernst, Herr v. Wietersheim, diesen

erst in das Jahr 1520. Sicher ist, dass der Beginn weit vor 1520 liegt. Quellen aus dem

16.Jahrhundert überliefern,

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dass unter dem Grafen Otto IV. der von 1544 – 1576 regierte, die Kohlengräberei

schon in gut organisierter Form betrieben wurde. Zeitweise fanden damals

Schaumburger Kohlen als Schmiedekohlen schon im gesamten norddeutschen Raum

ihre Abnehmer. Betreiber der Kohlengruben und Sandsteinbrüche war zu jener Zeit in

erster Linie das Kloster in Obernkirchen mit einer Klosterbruderschaft, obwohl

Nutznießer und Eigentümer der Sandsteinbrüche und Kohlengruben die Grafen zu

Holstein – Schaumburg waren.

Zu Beginn des 17. Jahrhunderts erlebte der Schaumburger Bergbau unter der Leitung

des Grafen Ernst zu Holstein-Schaumburg seine erste überlieferte Blütezeit. Unter

Ernst zu Holstein-Schaumburg waren etwa 300 Mann in verschiedenen Bergwerken

beschäftigt, die jährlich ca. 30 000 Bergfuder (t) Kohlen förderten. Ein Bergfuder

entspricht 40 Balgen zu je 25 kg = 1000 kg = 1 t. (Tab 1).

Der Bergbau war für das Fürstenhaus eine bedeutende Einnahmequelle und durch die

direkte räumliche Nähe leicht zu bewirtschaften. Die „Kohlbrecher“, wie die Bergleute

zu der Zeit genannt wurden, waren in der Regel Landwirte, die hier einen zusätzlichen

Erwerb fanden. Im Sommer, wenn der Absatz der Kohlen geringer war, arbeiteten sie

auf ihren Feldern, und in den Zeiten geringer Beanspruchung durch die Landwirtschaft

schürften sie in den Gruben nach Kohlen, während die Steinhauer meist das ganze

Jahr über in den Steinbrüchen arbeiteten, unterbrochen nur von starkem Frost und

Schneefall.

Bereits am 4. Oktober 1604 erließ Ernst eine revidierte Verordnung, die Kohlgruben

betreffend. Sie enthält im Besonderen Anordnungen über die Anzahl der

Abbaubetriebe.

Aber eine Schadenersatzregelung wurde nicht getroffen, obgleich das häufige

Zubruchgehen der Stollenbetriebe oder der wenig tiefen Schächte (10m -20m) es

gerechtfertigt hätte, Schadenersatz zu verlangen. Die älteste erhaltene Urkunde, in

der Schadenersatzansprüche angemeldet werden, stammt aus dem Jahre 1602 von

der Witwe Rösemeier von Rösehöfe/Obernkirchen.

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Im Jahre 1604 gab es drei Werke: 1) das Obernkirchener, 2) das Stadthäger und 3)

das Bückeburger Werk, dies ist wahrscheinlich mit dem Sülbecker Werk identisch. Da

im Jahre 1612 der Kohlenabsatz sehr stark war, wurde von Fürst Ernst verordnet, daß

allein auf dem Stadthäger Berge 8 Kuhlen neu gebrochen werden. Die Leitung der

einzelnen Werke hatte ein Kohlvogt (ab 1750 Berginspektor, dann Oberberginspektor).

Die Oberbehörde war die Rentkammer zu Bückeburg, nach der Teilung der Grafschaft

im „Westfälischen Frieden“ bestand die Oberbehörde aus der Oberrentkammer zu

Kassel und der Rentkammer zu Bückeburg.

Ab 1584 wurden Kohlen außer in den Ämtern Stadthagen und Schaumburg auch,

neben Salz (Salzbrunnen Wiedenbrügge), im Amt Sachsenhagen durch den Drosten

von Mengersen ausgebeutet, dem der hoch verschuldete Graf Otto bereits das

gesamte Amt Sachsenhagen nebst aller Privilegien verpachtet hatte.

Hier möchte ich einige alte Maße, Inhalte und Schichtbeschreibungen erläutern

(Bild 6):

1 schaumburgisch Zoll = 0,03 m

1 schaumburgisch Fuß = 10 Zoll = 0,3 m

1 schaumburgisch Lachter = 7 Fuß = 2,1 m

1 schaumburgisch Balge = 25 kg

1 schaumburgisch Fuder = 40 Balgen x 25 kg = 1000 kg = 1t

In einem alten Bericht über die Geologie und den Abbau von Steinkohlen heißt es:

„ An Schichten werden im Allgemeinen angetroffen:

1. Mutterboden

2. Steiniger Ton

3. Schieferton

4. Steinkohlen 3 – 9 Zoll= 0,09 -0,27 m mächtig Flöz 2

5. Quadersandstein

6. Schieferton, der sich schon dem Sandstein nähert

7. Steinkohlen 17 – 25 Zoll = 0,51 – 0,75 m mächtig Flöz 3

17

Dies ist die gewöhnliche Reihenfolge der Gebirgslagen, wie man sie bei Anlegung

neuer Schächte antrifft.

Die erste Lage Steinkohlen, Nr. 4, nennt man das kleine Steinkohlenflöz, es ist nur 3 –

9 Zoll (0,09 – 0,27 m) mächtig (Flöz 2), und man stößt schon auf dasselbe, wenn man

8 – 9 Lachter (56 – 63 Fuß oder 16,8 – 18,9 m) tief in die Oberfläche gedrungen ist.

Schade, daß es nicht noch ein oder zweimal so mächtig ist, oder daß man keine

zweckmäßige Mittel weiß, hier die Kohlen wegzuräumen; würde indes nur ein Mangel

an Kohlen fühlbar werden, so würde man gewiss eher an Mittel denken, dieses erste

Flöz zu benutzen. Doch würde es mit eben den Schwierigkeiten und selbst mit noch

größeren verbunden sein, als die Gewinnung mancher Kupfererzsteine, deren Flöze

oft nicht mächtiger sind (gemeint ist sicher der „Kupferschiefer“ im Raum Mansfeld).

Das Schlimmste indes ist, daß hier eine haltbare Decke fehlt, welche die Arbeiter

hinreichend sicherte und die Arbeit selbst erleichterte.

Unter Nr.7, dem 2. oder eigentlichen Steinkohlenflöz, das 17 -25 Zoll (0,51-0,75 m)

mächtig ist (Flöz 3), findet man Schieferton, der meist aus Muscheln besteht, und ein

aufgeschwemmtes Gebirge aus Tuffstein, Moorerde und Grand.

„Die Steinkohlenflöze nehmen den größten Teil der Grafschaft Schaumburg ein,

vorzüglich die Ebene, welche sich nach Norden erstreckt, selbst bis in die Nähe des

Steinhuder Sees, welches das königliche Hannoversche Steinkohlenflöz, unweit des

Rehburger Gesundbrunnens, ungefähr ¾ Stunden vom See, wo bekanntlich auch

Steinkohlen, wenn auch gleich von geringerer Qualität gewonnen werden, beweist;

man vermutet selbst mit vieler Wahrscheinlichkeit, dass sogar unter dem Steinhuder

See, wie unter einem Teile der Weser Steinkohlen zu finden sein mögen.

Die im Schaumburger Lande gewonnenen Steinkohlen werden alle durch

Menschenhände aus den Gruben gewunden, und man bedient sich hier nicht der

jenigen Maschinen, die man wohl bei anderen Gruben bemerkt, z.B. bei denen, unweit

Rehburg, wo Pferde oder Ochsen dieses Geschäft verrichten (sogenannte Göpel)“.

18

Die Kohlen in Schaumburg sind von ganz besonderer Güte, und stehen den

englischen Kohlen nichts nach; sie sind vollkommene Glanzkohlen, derb, von

glänzend schwarzer Farbe, im Bruche stark glänzend und oft pfauenschweifig

(Schwefel) angelaufen.

Die bedeutende Menge von Steinkohlen, die jährlich aus der Erde gewonnen wird,

erfordert, da sie, wie schon erwähnt, selten über 20 Fuß (0,60 m) mächtig sind, daß

alljährlich neue Schächte angelegt werden müssen. Der Bau eines solchen, der

gewöhnlich 72 bis 80 Lachter (151-168 m) von dem nächsten alten Schachte entfernt

angelegt wird, dauert gewöhnlich 2 Jahre. Bei größerer Mächtigkeit des Quader-

Sandsteins, wo der Felsen eine Stärke von 50 Fuß (15 m) und darüber hat, wird auch

wohl eine etwas größere Distanz als die angegebene gewählt.

Sobald sich die Bergleute, die mit dem Bau eines neuen Schachtes beschäftigt sind,

durch die verschiedenen Erdlager des sandigen Mergelschiefers, tonigen

Sphärosiderits, des Flözkalkes bis auf das kleine Steinkohlenflöz durchgearbeitet

haben, kommen sie auf den Quadersandstein oder den sogenannten Felsen. Dieser

muß nun erst mit einem stählernen Bohrer durchbohrt werden, um das in den oberen

Erdschichten sich findende Wasser, das bei der Arbeit sonst hinderlich sein würde, in

die Tiefe zu lassen, bevor sie weiter arbeiten. Das innere des Schachtes wird durch

dicke eichene Bohlen, so weit der Quadersandstein nicht reicht, bis auf das Flöz

verbaut, und das Gewinde oder der Haspel über dem Schacht allmählich erhöht, so

wie mehr Erdmassen herausgewunden sind, so daß diese Erhöhung wohl 10 – 12 Fuß

(3,0-3,6 m) und darüber beträgt, welche dann den Vorteil gewährt, daß an derselben

nachher die Kohlen desto besser heruntergelassen und auf die Wagen geschüttet

werden können, ohne daß ein großes Quantum derselben verloren geht. Ist der Bau

endlich vollendet und man auf das erwünschte Flöz gelangt, das eben sowohl, wie

das obere kleine Flöz, stets unter einem Winkel von 5 bis 6 Grad einfällt, so wird ein

kleines Bretterhaus zum Schutz für die Haspelknechte über dem Schachte erbauet,

und die Kohlhauer fahren, mit Lämpchen, Hammer und Schurzfell versehen, hinein,

um die ersten Kohlen daselbst zu gewinnen. Im Schachte selbst bekommt ein jeder,

oder mehrere zusammen, ein bestimmtes Ort angewiesen, wo die Arbeit beginnt, die,

wie dieses schon aus der Mächtigkeit der Kohlen zu schließen ist, in gestreckter Lage

des Körpers auf der einen Seite liegend verrichtet werden muß.

19

Ein Kohlhauer, welcher die Kohlen loshauet, kann wohl, wenn er fleißig ist, in 24

Stunden seinen Unterhalt verdienen, da er nach der grösseren oder geringeren

Quantität der gewonnenen Kohlen belohnt wird, d.h. es gab zu der Zeit schon

Gedinge- (Akkord-) Lohn.

Um die losgehauenen Kohlen von den verschiedenen Gegenden im Inneren der Erde

zu dem Orte, wo sie herausgewunden werden können, zu befördern, sind jüngere

Subjekte, sogenannte Laufjungen, angestellt, die die Kohlen in den Gängen oder

Kanälen (die nur 30 Fuß (0,90 m) hoch sind) auf kleinen Karren (Hunt genannt) hinter

sich herziehen oder schieben. Dazu muß er in gestreckter Lage des Körpers im

Dunkeln der Erde jeden Tag, wenn man alles zusammen rechnet, einen Marsch von 6

bis 7 Stunden zurücklegen.

Obgleich die Decke des Schachtes oder der Gänge gehörig mit Holz verbauet und

damit sie nicht sinkt, mit Stempeln gestützt wird. Der Bau der Gänge und Schächte

erfordert jährlich keine geringe Quantität an Holz. Es ereignet sich zuweilen doch,

daß Kohlhauer, die etwas nachlässig mit Unterstützung ihrer Arbeitsplätze verfahren,

im Schachte verschüttet werden und nicht selten ihr Leben dabei einbüßen müssen.

Aber dieses allein ist nicht die einzige Gefahr, der der Bergmann im Schaumburger

Bergwerk ausgesetzt ist; auch die matten Wetter (eine Unterversorgung mit

Sauerstoff) oder schlagende Wetter (eine Ansammlung entzündlicher Gase)

gefährden Gesundheit und Leben.

Auch die aus der Grube gewundenen Steinkohlen entzünden sich zuweilen von selbst,

wenn sie lange Zeit in einem großen Haufen liegen bleiben, wodurch sie sich erhitzen,

wie dieses noch kürzlich an einem Schachte der Fall war. Durch solches

Selbstentzünden der Steinkohlen geht viel von ihrer Hitzkraft und somit von ihrem

Wert verloren. Das sicherste Mittel zur Rettung derselben ist, daß man den ganzen

Haufen auseinander macht; denn mit Wasser würden sich die Kohlen nicht löschen.“

20 10. Berichte von Breyer und Schunke Um 1600 berichtet die Belegschaft des Stadthäger Werkes dem Kanzler Wietersheim,

daß auf dem Werk große Unordnung durch die Fuhrleute entstanden seien, indem

dieselben die Kohlen in den Balgen festtreten und auch noch mit Händen und

Schaufeln Kohlen auf den Wagen werfen. Hierdurch könnten sie nichts verdienen und

die Herrschaft würde stark geschädigt.

Es wird daraufhin angeordnet, daß nur in Gegenwart des Kohlenvogts und nur bei

Tage Kohlen abgegeben werden dürfen. Infolge der wiederholt vorkommenden

Missstände wurde gewünscht, eine Bergordnung zu erlassen. Dieselbe kam dann

auch am 19.10.1601 heraus, wie oben bereits erwähnt. Nach dieser Verordnung fand

der Verkauf im Sommer von 6,00 Uhr – 18,00 Uhr und im Winter von 7,00 Uhr – 15,00

Uhr statt. Unter einem Bergfuder sollten keine Kohlen abgegeben werden. Verkauf in

Säcken oder Karren war verboten. Ferner wurden auf allen Werken gleiche Balgen

eingeführt. Alle Vierteljahr mussten die Rechnungen und das Geld abgeliefert werden.

Die Käufer durften beim Laden nicht mithelfen.

Bereits 1602 wurden Verletzungen der Kohlenordnung festgestellt. Unregelmäßig-

keiten beim Laden und Annahme von Trinkgeldern). Die Beteiligten wurden

protokollarisch vernommen und in Haft gesetzt. Sie konnten nur freikommen, wenn sie

einen Bürgen stellten.

1604 wurden 4 Kohlbrecher auf die neue Kohlenordnung vereidigt.

Am 11. April 1606 wurde an den Bergmeister und Geschworenen des Fürstlich

Braunschweigischen Bergwerkes zu Clausthal und Zellerfeld wegen Überlassung

eines Bergmeisters zur Erforschung der Berge auf ihren Inhalt an Metallen

geschrieben. Es wurde ein Jakop Taube als Bergmeister für Kohlen und Metalle

angenommen. Der Bestallungsbrief des Taube ist am 29.7. ausgestellt. Als Gehalt

bekam er wöchentlich 3 Thaler, für Wohnung jährlich 10 Thaler und 3 Stamm Holz.

Zur Unterhaltung eines Reitpferdes jährlich 2 Fuder Hafer. Wie lange Taube hier am

Werke gewesen ist, ist nicht festzustellen. Aus einem schwer zu entziffernden

Schreiben geht hervor, daß Taube an verschiedenen Stellen nach Erzen gesucht hat.

21

Als Wegezoll wurde auf dem Kohlberge je Pferd ein „Körtling“ (Silbermünze 1,6 g 15. –

17. Jh. zu 8 Pfennigen) erhoben.

Ein Kaufmann und Bürger aus Bremen teilt mit, dass ihm von den sonst zollfrei nach

Windheim an die Weser gelieferten Kohlen auch einmal Wagenzoll abgenommen ist.

Er bittet den Grafen, zu veranlassen, daß dies nicht wieder vorkommt, da er sonst

nicht existenzfähig bliebe.

Betreffs Kohlentransport auf der Weser berichtet der Schiffer Kord Vogel aus Minden

1608, dass er mit seinem Schiffe etwa 12 Lasten zu je 5,5 Fuder( 66 t) fahren könne.

Als Lohn fordert er 32 Thaler, da er mit sieben Mann auf dem Schiffe sein müsse und

die 6 Knechte 18 Thaler kosteten. Wenn man nach Lasten ginge, so nehme man bei

Kleinwasser 3,5, bei Vollwasser 3 Thaler je Last. Ein Knecht erhielt von Johanni bis

Martini 3 Thaler, von Fastnacht bis Johanni 4 Thaler je Fahrt. Falls er fahren könne,

wenn es ihm passte, so wolle er ein Schiff für 28 Thaler nach Bremen bringen.

Mit diesem Schiffer wurde weiter verhandelt, und man einigte sich, dass er ein Schiff

von 10 Lasten für 25 Thaler nach Vegesack brachte. Ein- und Ausladen gehörte mit

hinein. Ob es sich hier nur um eine oder um mehrere Frachten handelte, ist nicht

festzustellen.

In einer Notiz über die Schiffahrt auf der Weser vom 2.6.1608 heißt es:

„In Oldendorf seien keine Schiffe, zu Lachen seien 2 Schiffe von 6 – 9 Last, zu

Rumbke ein Schiff von 4 Last, zu großen Wieden ein Schiff von 8 – 9 Last. Zu Rinteln

2 Schiffe von ungefähr 10 Last. Die beste Zeit zum Fahren von Johanni bis Martini.

Unkost und Schiffslohn.

Vor jede Last muß man geben 4 Thaler

Vor ein Schiff bis Bremen 20 Thaler

Vor Knechte zu lohnen 15 Thaler

(1 Knecht im Winter=6,sonst ,5 Thaler.)

Dazu einen freien Trunk, aber kein Essen.

22

Im Jahre kann man 8 - 9 Fahrten nach Bremen machen. Wenn weiter nach Vegesack

gefahren werden soll, muß in Bremen ein Steuermann bestellt werden. Es sei Klein-

oder Großwasser, wenn ein Schiff gedungen wird, muß für 20 soviel wie für 40 Fuder

bezahlt werden.

In einem Schreiben vom 3.6.1608 an de la Roche in Hamburg wird demselben

mitgeteilt, daß am 9. Juni ein Schiff mit Kohlen hier abgeht und in der Zeit vom 15. –

17. in Vegesack eintreffen wird, De la Roche soll dafür sorgen, dass rechtzeitig ein

Schiff in Vegesack ist, welches die Kohlen übernehmen kann. Damit unterwegs keine

Kohlen abhanden kommen, fährt ein Kohlschreiber mit nach Vegesack und nach

erfolgter Umladung weiter nach Hamburg. Die Kohlen sollen allda mit einem hiesigen,

von hier aus mitgeschickten Maße nachgemessen werden, um den genauen

Verkaufspreis feststellen zu können. Es wird erwähnt, in Vegesack eine Niederlage zu

errichten, damit die Kohlen nach Holland und Oldenburg dort abgeholt werden

können.

Dem Bürgermeister von Bremen wird mitgeteilt, dass demnächst ein Schiff mit Kohlen

und Sandstein über Bremen nach Holstein abgeschickt werde und dass er dieses

zollfrei passieren lasse, da die Ladung zum eigenen Gebrauch und aus eigener

Gewinnung bestehe. Empfänger war der Faktor de la Roche in Hamburg.“

Am 24.1.1608 erschien ein Erlaß einer Beiordnung zur Kohlenordnung.

Die Beiordnung bestimmt die Anzahl der Gruben und die Höhe der Förderung. Sie

wurde wiederholt geändert. 1608 sollten die 8 Stadthäger Gruben jede wöchentlich 18

Fuder, die 4 Schaumburger 12 Fuder ausbringen. Die Kohlbrecher erhielten pro

Fuder (t) 3 Groschen und zu Ostern statt der Weichelstuten 24 Groschen. Mit dem

Trinkgeld blieb es wie bisher, je Fuder 1 Balgen oder 2 Groschen.

Nach einer Nebenordnung des Grafen von 1609 wurden die belegten Gruben des

Stadthäger Werkes von 8 auf 4 und die des Obernkirchener und Sülbecker Werkes

von 4 auf 2 reduziert.

23

In der Grafschaft Schaumburg wurden jährlich etwa 14 000 Heringstonnen Holzkohle

gebrannt. Der Graf Anton zu Oldenburg wünschte einen Abschluß auf die gesamte

Produktion für seine Eisenhütten. Die Holzkohlen sollten in Oldendorf verladen

werden.

Änderung der Nebenordnung im Jahre 1610: Ab Oktober wird vorläufig am Stadthäger

Werk nur in 2 Kuhlen, auf den beiden übrigen Werken nur in einer Kuhle gebrochen.

Also hat der Arbeitgeber auch schon zu der Zeit Kurzarbeit angeordnet.

Im Jahre 1611 ergeht die Anordnung, dass sämtliche auf Halde liegenden Bestände

nachgemessen werden sollen, um den wirklichen Bestand festzustellen. Die fehlenden

Kohlen müssen unentgeldlich zugehauen werden. In Zukunft sollen die geförderten

Kohlen alle Monate auf einen besonderen Haufen gekippt werden, um möglichst

schnell den wahren Bestand feststellen zu können.

Friedrich Ulrich zu Braunschweig- Lüneburg befreit 1614 die Schaumburger

Untertanen von der Entrichtung des Zolles bei Kohlentransporten nach Braunschweig.

Das Schreiben ist ein „General - Mandatum“, in dem er „allen Offizieren, Beamten,

Dienern und lieben Getreuen, den dieser unser offener Brief vorgezeigt wird, mitteilt,

dass sie die Schaumburger Untertanen , welche Kohlen bringen und Momme (Bier)

mitnehmen, gegen Entrichtung des gewöhnlichen Zolles passieren lassen sollen.

Am Stadthäger Werk gab es 1616 für ein Fuder (t) Kohle zu brechen 4 Groschen.

In einem halben Jahre brauchte das Sooldorfer Salzwerk und der Apelernsche

Kalkofen 722 Fuder (t) Kohlen.

Im Michaelisquartal 1617 wurden insgesamt verkauft 818 Fuder und 5 Balgen. (Hierin

sind die Bremer und auch die zu herrschaftlichen Zwecken benötigten Kohlen nicht

enthalten).

Im Quartal 1618 betrug der Verkauf nur 480 Fuder und 11 Balgen.

24

Im 2. Quartal 1619 wurden jedoch wieder 2334 Bergfuder verkauft. An Geld wurden

4382 Thaler 30 Groschen und 6 Pfennig abgeführt. Die Ablieferung an Bargeld vom 3.

Quartal betrug 2475 Thaler 27 Groschen von allen drei Werken.

In diesem Jahr waren belegt: Stadthäger Werk 6 Kuhlen, davon förderten 4 gute Kohlen,

Obernkirchener Werk 6 Kuhlen, davon förderten 2 gute Kohlen und

Sülbecker Werk 3 Kuhlen, welche alle gute Kohlen förderten.

Im Jahre 1619 verleiht der Kaiser dem Grafen Ernst den Titel eines Reichsfürsten auf

Lebenszeit.

1626 kam es zu einem Vergleich zwischen der Fürstin Hedwig, Witwe des Fürsten

Ernst (er war 1622 gestorben) und dem Grafen Jobst Herrmann zu Holstein

Schaumburg. Die Fürstin Hedwig hatte als Witwensitz das Amt Stadthagen erhalten,

und so fielen ihr damit auch die Erträge der Stadthäger Gruben zu.

Die glückliche Zeit der Regierung von Fürst Ernst ging mit seinem Tod 1622 zu Ende,

damit erlosch auch der Titel Reichsfürst für die Grafen Holstein-Schaumburg.

11. Der 30jährige Krieg Es folgten für Deutschland und so auch für Schaumburg die schlimmen Jahre des

30jährigen Krieges, der 1618 ausgebrochen war.

Am selben Tag (21.03.1622) an dem Ernst in dem Mausoleum in Stadthagen

beigesetzt wurde, zog der bayerische Oberst Fleckenstein, der dem katholischen

Kaiser Ferdinand II. diente, mit seiner Söldnerschar auf dem Wege nach der Pfalz

raubend und mordend durch Schaumburg.

Manche Leiden wären unseren Vorvätern erspart geblieben, wenn dem Lande

während der Kriegswirren ein tüchtiger Herrscher vorgestanden hätte. Auf Ernst, der

kinderlos verstorben war, folgte ein schwacher Regent, Jobst Hermann.

25

Er stammte aus der Gehmenschen Seitenlinie des Hauses Schaumburg. Jobst

Hermann war in Gehmen herangewachsen, lebte dort mit seiner Mutter, trieb

Weinhandel, ackerte, pflügte, fuhr Holz und begleitete die Frachtwagen.

Er bekannte sich weder zur katholischen Kirche, in der er erzogen war, noch zur

evangelischen. Diese unparteiische Stellung hat jedoch nicht vermocht, das

Kriegsunwetter seinem Lande fernzuhalten. Die mittlere Wesergegend mit ihren

befestigten Orten wurde lange Zeit der Tummelplatz der streitenden Heere. So sah die

Grafschaft die Heerscharen der evangelischen und der katholischen Partei, die mit

ihren rohen, zügellosen Söldnern aus aller Herren Länder, allemal Schrecken und

Verwüstung brachten.

Im Juni 1625 rückte der König Christian IV. von Dänemark über Loccum in unser Land

ein und bis Hameln vor. Der gefürchtete Feldherr Tilly drängte ihn wieder zurück und

zog mit seiner Söldnerschar dabei sengend und brennend, raubend und plündernd

durch unser Land. Einem Kirchenbuch ist zu entnehmen:

“Was da für ein Elend gewesen, wie die Leute geflohen, alle Straßen in Bückeburg voll

gelegen von erschlagenen Menschen und Vieh, und wie sie gehauset im Land und die

Dörfer abgebrannt.“

Die raubgierigen Landsknechte durchsuchten die Häuser und nahmen Geld und

Wertsachen an sich. Die Kirchenbücher und alle wichtigen Schriften wurden verbrannt.

Was von den Feldfrüchten nicht mitgenommen werden konnte, wurde zerstört. Viele

Scheunen und Keller blieben leer. In solcher Not mußte das Land noch einmal den

Durchzug des Tillyschen Heeres ertragen, das der dänische Generalleutnant

Obentraut bei Nienburg geschlagen hatte und wieder zurück trieb.

Wenig später erschien der ebenso gefürchtete Heerführer Wallenstein mit seinem

30 000 Mann starken Heer und brachte die Evangelischen in arge Bedrängnis.

Schlimm wurde die Lage aber, als Tilly 1626 bei Lutter a. Barenberge König Christian

IV. von Dänemark vollständig geschlagen hatte.

Die Kaiserlichen, an deren Spitze bei uns meist Graf Gronsfeld und der Oberst

Waldecker erscheinen, hatten nun freiere Hand.

26

Sie besetzten abermals das Schaumburger Gebiet. Bei ihrem Anrücken flohen viele

Landleute mit ihrem Vieh und dem wenigen Hab und Gut in die Wälder, bei uns ins

Moor oder in das befestigte Stadthagen. Alsbald wurden dem Lande schwere

Kontributionen (Zwangssteuern) auferlegt.

So mußte ein gemeiner armer Bürger wöchentlich einen Taler entrichten. Etwa zehn

Jahre hindurch kam die Grafschaft Schaumburg nicht zur Ruhe. Einquartierungen,

Brandschatzungen und Plünderungen wiederholten sich Jahr für Jahr. Überall brach

Hungersnot aus. Kein Wunder, daß bald schwere Krankheiten folgten. Viele Leute

starben an der Pest.

In dieser bösen Zeit war unsere Heimat nahe daran, wieder katholisch zu werden. Ein

Zeitgenosse, der Pastor Rimphof in Wiedensahl, schildert die gefährliche Lage der

Evangelischen gegenüber den Katholiken mit folgenden Worten:

„Zum Lande heraus mit diesem, er ist ein Evangelischer! Man lege dem das Haus voll

Soldaten, man setze den vierfach in Kontribution, man weise den zum Lande hinaus,

man züchtige den mit Skorpionen, der den Papst und seine Jesuiten verachtet. Mit

einem solchen kann man es nicht zu grob machen.“

So triumphierten die Gegner. Bald wurde ihre Anmaßung noch größer. Der Kaiser

befahl nämlich, daß alle geistlichen Stifte und Klöster, die erst nach dem Passauer

Vertrag von 1552 lutherisch geworden waren, wieder katholisch werden sollten

(Restitutionsedikt von 1629) Nun besetzten katholische Mönche aus Corvey wieder

Stifte und Klöster in der Grafschaft Schaumburg und suchten in den übrigen Orten den

katholischen Gottesdienst aufs neue einzurichten. Sie rissen sogar die Güter der

Universität Rinteln an sich und verhöhnten den dortigen Professor und

Superintendanten Josua Stegmann so arg, daß er in ein Fieber fiel und starb.

Als Retter in der größten Not erschien der Schwedenkönig Gustav Adolf, der den

sieggewohnten Tilly 1631 bei Breitenfeld vollständig besiegte. Bei Lützen schlug er

darauf auch noch den Wallenstein, damit war die Macht der Feinde zwar erschüttert,

aber noch nicht gebrochen. Wichtig wurde das Jahr 1633. Mit den Schweden hatte

sich der Herzog Georg von Braunschweig verbündet.

27

Sein Plan war, die Wesergegend von dem Feinde zu befreien. Hier hatte im Winter

1631/32 der kaiserliche General Pappenheim gehaust und allein aus der Grafschaft

Schaumburg 7000 Thaler erpresst. Der Herzog besetzte zunächst Rinteln und lieferte

hier am 2. März im Verein mit dem schwedischen General Kniphausen den Truppen

Gronsfelds ein erfolgreiches Treffen. Beide rückten alsdann, nachdem Kniphausen am

9. März Bückeburg eingenommen und in Stadt und Schloß Besatzungen

zurückgelassen hatte, zur Belagerung der festen Stadt Hameln vor. Ihnen schloss sich

noch der hessische General Melander an. Da überfiel Gronsfeld am 5. Mai in aller

Frühe Bückeburg, plünderte die Stadt und zog mit großer Beute nach Minden, das

sich von vornherein den Katholiken angeschlossen und seine Tore den Truppen Tillys

geöffnet hatte.

Hier vereinigte er sich mit dem kaiserlichen General Merode, um Hameln zu befreien.

Auf die Kunde hiervon zogen ihnen die verbündeten Evangelischen, deren Heer aus

Schweden, Hessen und Lüneburgern bestand, mutig entgegen. Bei Hess.- Oldendorf

kam es zur Schlacht am 28. Juni 1633. Ein erbitterter Kampf entbrannte. Die Truppen

der Evangelischen nahmen sich nicht die Zeit, ihre Musketen wieder zuladen, sondern

drangen im heftigsten Handgemenge vor. Da meldete sich dem Herzog ein

Schäferknecht aus Segelhorst, Kurt Meyer, der nachher zum Rittmeister ernannt

wurde. Dieser erbot sich, da er geländekundig war, die Reiterei des Herzogs auf

Schleichwegen dem Feind in den Rücken zu führen. Der Plan gelang. Grenzenlose

Verwirrung war die Folge. Über die Hälfte der Kaiserlichen bedeckte das Schlachtfeld.

In den Wäldern wurden noch viele Flüchtlinge erschlagen. Der Rest flüchtete nach

Minden. Merode starb an den erlittenen Wunden in Nienburg. Der Jubel über den Sieg

der Evangelischen war so groß, daß auf Anordnung der Königin von Schweden in

ganz Schweden und Deutschland feierliche Dankfeste veranstaltet wurden.

Aber die Drangsale dauerten fort. Freund und Feind suchten unser Land schwer heim.

Am 2. Juli hatte es die kaiserliche Besatzung von Minden gewagt, Bückeburg

abermals zu überfallen. Zum zweiten Male in einem Jahr mußte die Stadt eine

schlimme Plünderung über sich ergehen lassen. Da wandte sich Graf Jobst Hermann

von Holstein- Schaumburg an den Herzog Georg von Braunschweig, der in Hameln

war, um Schonung für sein Land zu erbitten. Auf dem Rückweg wurde er zwischen

Arensburg und Luhden von kaiserlichen Reitern überfallen und

28

für einige Tage gefangen nach Minden gebracht. Stadt und Schloß Bückeburg

erhielten nun eine kaiserliche Besatzung, die erst im Sommer 1634 durch eine

förmliche Belagerung vertrieben werden konnte. In ihre Stellungen rückten wieder

schwedische Truppen. Die Not wurde immer größer im Lande. Viele Dörfer standen

öde. Der Ackerbau war in manchen Orten ganz eingestellt. Was an Vieh und Korn

noch aufzutreiben war, mußte den Schweden geliefert werden, die unter Georg vom

10. Juli ab Minden eingeschlossen hatten. Endlich am 3. November erfolgte die

Übergabe von Minden an die Schweden; die kaiserliche Besatzung von noch etwa

zweitausend Mann zog am 10. November ab.

Im Sommer 1635, als Georg auch die letzte starke Weserfestung Nienburg

eingenommen hatte, war die Wesergegend eine Zeitlang von Kriegstruppen geräumt,

so daß der schon genannte Prediger Rimphof in Wiedensahl einen Jubel- und

Dankgottesdienst abhalten konnte.

Am 5. November 1635 starb Jobst Hermann ohne Erben. In der Regierung folgte ihm

Otto V., der gleich seinem Vorgänger aus der Gehmenschen Seitenlinie des Hauses

Schaumburg stammte und durch seine Mutter Elisabeth ein Enkel Simons VI. von

Lippe war. Er war auf Veranlassung seiner Mutter am Hofe zu Detmold in der

reformierten Lehre erzogen, die er darum auch in seiner Schlosskirche zu Bückeburg

einführte. Seit dieser Zeit gehören die Mitglieder des schaumburg- lippischen

Fürstenhauses bis heute der reformierten Kirche an. Bei Übernahme der Regierung

fand er ein verwüstetes und entvölkertes Land vor. Da die katholische Partei wieder im

Besitz von Hameln war und die Schweden sich in Minden festgesetzt hatten, so

nahmen auch in Zukunft die Durchzüge und Einquartierungen, die Brandschatzungen

und Plünderungen noch kein Ende. Freund und Feind hausten gleich schrecklich im

Lande. Die Dörfer wurden ausgeplündert, das Vieh und Getreide geraubt, die Häuser

eingeäschert, die Saaten abgemäht oder zertreten, die Bewohner misshandelt und

zum Kriegsdienst gezwungen und die Fliehenden niedergeschossen. Dazu kamen

hohe Kriegssteuern und Lieferungen in die Lager der Truppen. Am härtesten aber

trieb es Herzog Georg, der sich inzwischen mit anderen deutschen Fürsten verbunden

hatte, die Schweden aus Deutschland zu verjagen. Da er mit Otto wegen des Amtes

Lauenau in Streitigkeiten geraten war, so rückte er am 20. September 1636 in

Bückeburg mit einem starken Heere ein,

29

das in den nächsten Tagen das ganze Land fürchterlich verwüstete. Am schwersten

hatte die Umgebung von Bückeburg zu leiden. In Jetenburg und den anderen

umliegenden Dörfern blieb nicht eine Handvoll Stroh; den Leuten wurden Fenster,

Haus- und Stubentüren genommen, die Häuser mutwillig niedergerissen und

beschädigt und selbst die Gartenzäune zerstört.

Auch Altenhagen und Hagenburg haben im 30jährigen Kriege viel ausstehen müssen.

Einige Höfe, deren Bewohner ausgestorben waren, blieben unbebaut liegen. Auf dem

nahen Tienberge bei Bokeloh hat man während dieser Kriegszeit eine Wache

gehalten. Hier war als Signal eine Stange mit einem Strohwisch aufgestellt.

Solange dieses Zeichen gesehen wurde, verrichtete jeder seine Arbeit zu Hause oder

auf dem Felde, sobald es aber entfernt war, wusste man, daß Landsknechte oder

andere streifende Parteien im Anmarsche waren. Dann suchte jeder mit seiner Familie

und seinem Vieh eine Zufluchtstätte im Moor. Einige Flurbezeichnungen zeugen heute

noch davon. Die Altenhäger haben zu diesem Zweck einen Damm nach dem

Torfmoore errichtet. Im Krieg soll auch ein Einwohner von Hagenburg namens Rust

einen oder zwei Grafen von Schaumburg vor den anrückenden Feinden nach dem

Meerbruch in Sicherheit gebracht haben. Er soll dafür außer sonstigen Wohltaten

einen freien Platz vor dem Schlosse erhalten haben (Freimanns Haus).

Das Schaumburger Land wurde auch noch in den Jahren nach 1637 von

fortwährenden Truppendurchzügen, Kontributionen und Lieferungen hart

mitgenommen. Bald sah es Schweden, Pfälzer, Hessen und Lüneburger, bald

Kaiserliche.

Mitte Oktober 1640 weilte der schwedische General-Feldmarschall Barner mit seinem

Stabe (Torstenson, Wrangel und Königsmark) in Bückeburg. Wieder wurde das Land

ausgesogen. Es mussten 1500 Fuder Korn und 500 Fuder Hafer nach Minden geliefert

werden, außerdem eine hohe Kriegssteuer nach Minden als auch nach Lemgo gezahlt

werden. Am 28. Oktober 1640 brach der Schwede Barner nach Hildesheim auf. Graf

Otto V. schloss sich ihm an, um Schonung für sein Land auszuwirken. Dort nahm er

an einem verhängnisvollen Gastmahl teil. Schon nach einigen Tagen traf er krank

wieder in Bückeburg ein und starb am 15. November 1640.

30

Mit ihm erlosch das alte Geschlecht der Schaumburger Grafen im Mannesstamm. Die

Kriegsdrangsale in der Grafschaft nahmen ihren Fortgang.

Nach jahrelangen Friedensverhandlungen in Münster und Osnabrück wurde am 24.

Oktober 1648 der Westfälische Frieden in Münster unterzeichnet und damit offiziell der

Krieg nach einer Dauer von 30 Jahren beendet. Aber die Kriegsvölker verließen unser

Land nicht so bald. Die Kaiserlichen verabschiedeten sich vier Wochen nach dem

Friedensschluss mit einer letzten Gräueltat; sie plünderten Kirchhorsten und Bergdorf

völlig aus, Die Schweden räumten erst im November 1649 das Schloß Bückeburg, in

dem sie sich fast neun Jahre als Herren eingerichtet hatten.

Die Folgen des Krieges waren für Schaumburg schlimm. Die Felder waren verwüstet,

das Vieh war geraubt, die Ortschaften waren entvölkert, viele Wohnstätten

niedergebrannt oder beschädigt. Handel, Verkehr und Handwerk lagen darnieder.

Auch der Bergbau lag fast völlig still, wie auch der Abbau von Sandsteinen auf dem

Bückeberg. Es war gar nicht einfach, diese Industrie wieder zu beleben.

Noch schlimmer aber war, daß während des langen Kriegslebens Gottesfurcht und

gute Sitten geschwunden waren. Die unter den Kriegsgräueln heranwachsende

Jugend war verdorben. Viele waren der Arbeit echt entwöhnt und legten sich aufs

Betteln oder Rauben.

Der Aberglaube hatte durch das Lagerleben des Krieges neue Nahrung erhalten.

Der Soldat wollte viele geheime Mittel kennen, die ihn gegen Verwundung oder Tod

schützen sollten. Mit dem Aberglauben nahmen aber auch die Hexenverfolgungen und

die Anwendung der Folter wieder zu. In der Nähe des Schlosses Arensburg gibt es

mehrere Teiche. Hier mussten die der Hexerei Bezichtigten die Wasserprobe

bestehen. Gingen sie unter, so waren sie unschuldig, schwammen sie oben wurden

sie für schuldig erklärt und in der Nähe verbrannt. Das Obernkirchener Kirchenbuch

berichtet:

„1659 den 11. November ist der Anfang gemacht mit dem Brennen der Hexen zur

Arensburg, und sind 20 Personen aus Obernkirchen gerichtet worden.“

31

12. Teilung der Grafschaft Schaumburg Die Wirrnisse des langen Krieges waren für die Grafschaft Schaumburg dadurch noch

fühlbarer geworden, dass die Regierung des Landes nach dem Fürsten Ernst in den

Händen schwacher und unerfahrener Herrscher lag. Nach einem schwachen

Regenten war ein recht jugendlicher gefolgt. Am schlimmsten aber war, daß die

Grafschaft Schaumburg 1640 nahe vor der Auflösung stand, da männliche Erben nach

dem Ableben Ottos V. nicht vorhanden waren. Nur durch die geschickt und vorsichtig

geführten Verhandlungen der Gräfin Elisabeth, der Mutter Ottos, die als einzige

gesetzliche Erbin das Land sofort in Besitz genommen hatte, wurde diese Gefahr

abgewehrt.

Leider konnte sie aber eine Teilung des viele Jahrhunderte hindurch vereinten und

ziemlich bedeutenden Gebietes nicht verhindern. Die Grafschaft Schaumburg

umfasste damals:

Das Fürstentum Schaumburg-Lippe,

den ehemals Kreis Schaumburg,

die Grafschaft Pinneberg in Holstein,

die Herrschaft Bergen in Holland,

Gehmen in Westfalen,

Grafschaft Sternberg in Lippe und

das Amt Lauenau.

Um nun ihren berechtigten Erbansprüchen, die ihr von verschiedenen Seiten streitig

gemacht wurden, in den unruhigen Zeiten mehr Geltung zu verschaffen, übertrug

Elisabeth 1643 ihre sämtlichen Rechte auf ihren Bruder, den Grafen zur Lippe, dem

sie bis zu ihrem Tode (1646) als Mitregentin zur Seite stand. Das Schicksal der

auswärtigen Besitzungen war schon früher ohne Widerspruch auf gütlichem Wege

schnell entschieden worden. So war 1641 die Grafschaft Pinneberg gegen eine

Entschädigung von 145 000 Talern in den Besitz des Königs von Dänemark gelangt

und die Herrschaft Bergen verkauft worden, während Gehmen den erbberechtigten

Grafen von Limburg überlassen wurde und die Grafschaft Sternberg an Lippe fiel.

32 Schwieriger und langwieriger ging die Teilung des Stammlandes an der Weser

vor sich. Braunschweig zog das Amt Lauenau mit Mesmerode und Bokeloh als

erledigtes Lehen ein;

Hessen forderte die ihm zu Lehen aufgetragenen Ämter Rodenberg, Hagenburg und

Arensburg; das Bistum Minden endlich erhob Ansprüche auf die Ämter Schaumburg,

Sachsenhagen und Stadthagen, wurde damit aber abgewiesen. Nach langen

Verhandlungen (Phillip hatte sich 1644 mit Sophie, Tochter des Landgrafen Moritz von

Hessen-Kassel, vermählt) einigten sich 1647 der Landgraf von Hessen und Graf

Phillip zur Lippe darauf, dass die ganze Grafschaft Schaumburg geteilt werden sollte.

Braunschweig behielt die schon in Besitz genommenen Ämter.

Hessen erhielt den Kreis Grafschaft Schaumburg, nämlich Schaumburg und

Rodenberg mit den Städten Rinteln, Obernkirchen, Rodenberg und Oldendorf, sowie

einen Teil des Amtes Sachsenhagen.

Dem Grafen Philipp verblieb nur das heutige Fürstentum Schaumburg- Lippe, also das

Gebiet, das die Ämter Bückeburg, Arensburg, Hagenburg und einen Teil des Amtes

Sachsenhagen umfasste. Dieser Teilungsvertrag wurde im „Frieden zu Münster“

bestätigt. Die Universität Rinteln und die Weserzölle blieben anfangs zwischen

Hessen und Schaumburg-Lippe gemeinsam, sie sind erst später (1665 und 1734)

gegen Entschädigung an Hessen abgetreten; die Steinkohlenwerke sind bis zum

Schluß der bergbaulichen Tätigkeit gemeinschaftliches Eigentum geblieben und als

Kommunions-Bergbau betrieben (wie der Bergbau im Harz). Von dieser Zeit ab

besteht auch wohl der Name „Sambt“. In dem aus der späteren Zeit der Name

„Sambt“ (Sambtbergwerke, Sambtkohlvogt, Sambtbediente usw.) bekannt wurde. Der

Ausdruck „Gesamtbergamt“ findet sich erst ab 1784. Ab dem 15. Juni 1648 wurden die

Kohlvögte in Gesamtpflichten des Hauses Hessen und des Gräflichen Hauses

Schaumburg genommen und verpflichtet.

Alljährlich zu Johanni wurden von den Rentkammern ernannten Kommisarien zu

Obernkirchen die Rechnungen abgehört. Hierbei wurden auch die besonderen

Beschlüsse über die Gestaltung der Werke, die Anstellung von Bedienten usw.

gefasst. Häufig kam es dabei zu erheblichen Auseinandersetzungen, die erst

„allerhöchsten Ortes“ zur Entscheidung kamen.

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Die Differenzen füllen ganze Aktenberge, sie entstanden hauptsächlich durch

einseitige Anstellungen von Bedienten, einseitige Anlegung von Kohlgruben und

Anmaßung der Direktion seitens Hessens.

12. Die Entlohnung der Kohlbrecher um 1700 Unter einem Schreiben vom 6. Oktober 1664 des Berggeschworenen Dionisens

Kröger befindet sich ein Siegel mit „Schlägel und Eisen“ und den Buchstaben D. K.

Dies ist der älteste gefundene Abdruck eines Schlägel und Eisen in Schaumburg.

Die frühesten Nachrichten über die Entlohnung, das Gedinge der Kohlbrecher liegen

mir aus der Zeit um 1700 vor:

„Obzwar der Kohlbrecher seine achtstündige Schicht durcharbeiten muß, so ist er

dennoch niemals in Schichtlohn, sondern folgender Gestalt bezahlt worden; und sie

bekamen:

Je Bergfuder a 26 Balgen,

Hauer 5 Mariengroschen (1 Mariengroschen im 17. Jh. =1/36 Taler)

Füller 1 Mariengroschen

Läufer 1 Mariengroschen

Haspelknecht 1 Mariengroschen

Er musste aber auch für Schärferlohn von sämtlichem Werkzeug und für sein

Geleucht selber sorgen.

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12. Benutzte Literatur:

1. Krumsiek, R. (1981): Obernkirchen; Stadt Obernkirchen.

2. Riedmayer, S. (1995): Quellen zur Geschichte des Schaumburger

Bergbaus im Staatsarchiv Bückeburg

(1500 – 1970); Veröffentl. Nieders. Archiv-

verwaltung, Bückeburg.

3. Schaumburger Landschaft (2000): Kulturpfad Schaumburg, Bückeburg.

4. Schaumburger Landschaft (2003): Schaumburger Land, Bückeburg.

5. Schunke & Breyer (2004): Der Schaumburger Bergbau ab 1386 und

von 1614 – 1920; Exkurf. u. Veröfftl. AK Bergbau,

H. 1, Hagenburg.

6. Wiegmann, W. (1912) : Heimatkunde des Fürstentums Schaumburg –

Lippe; Verlag H. Heine, Stadthagen.

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AK- Bergbau: Heft 17, Abb. 1

36

AK- Bergbau: Heft 17, Abb. 2

37

AK- Bergbau: Heft 17, Abb. 3

38

AK- Bergbau: Heft 17, Abb. 4

39

AK- Bergbau: Heft 17, Abb. 5

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AK- Bergbau: Heft 17, Tab. 1