die nernst-lampe und ihr erfinder

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Zeitschrift f iir Chemie 23. Jahrgang . August 1983. Heft 8. ISSN 0044-2402 Herausgeber : Im Auftrage der Chemischen Gesellschaft der Deutschen Demokratischen Republik Prof. Dr. Helga Dunken, Prof. Dr. Lothar Kolditz, Prof. Dr. Roland Mayer Unter Mitarbeit von Prof. Dr. Dr. h. C. H.-H. Emons, Prof, Dr. R. Geyer, Prof. Dr. S. Herzog, Prof. Dr. H.-A. Lehmann, Prof. Dr. S. Rapoport,, Prof. Dr. Dr. h. c. G. Rieniicker, Prof. Dr. H. Sackmann, Prof. Dr. G. Schott, Prof. Dr. W. Schroth, Prof. Dr. 111. Schulz, Prof. Dr.-Ing. Dr. h. c. K. Schwabe und Prof. Dr. K. Schwetlick Die Nernst-Lamp iznd ihr Erfinder Haw Georg Hartel*), Gudrun Scholz*) und Fritz NcholP) Hum bold t -Universi tiit zii Berlin, Sektion Clieniie ,,Die Arbeit des forschenden Experimentators ist eine dauernde Erfindertltigkeit : Stets sind fur bestinimte Zwecke geeignete Geriite zu konstruieren oder Materialien auszuprobieren, genau so, wie wenn das Ziel niclit, die Herstellung eines Hilfsmittels fur einige wenige Meswingen, sondern die eines Gebraucbsgeriites fiir clas grolle Publikum wiire." M. Bodenstein, [l] Einleitnng TYalther Nernst hat znhlreiche, z . T. fundilmentale Beit,rage zur Entwioklung der N~~turwissenschafteii erbracht. Demgegeniiber gilt aber arich die Einschatzung, ,,do8 Nernsts ungeniein reiche wissenschaftliche Ernte, seine Eigenart und wine Leistungen keineswegs gebhhrcnd in das Bewufitsein der dffentlichkeit ge- riickt sind." p2] Wir nehnieii deshalb das hundcrt.jahrige Restehen dcs Gebiiudes, das einst das Physikalisch-chemisrhe Institut der Universitiit in der Berliner BunsenstraBe beherbergte, zum An- laI3, den groRen Gelehrten, der von 1905 bis 1942 dieses Institnt leitete, zii wiirdigen. Wie sehr gerade Walther Nernst (neben Max Bodewtein) mit der Bedeutiilig des Hauses verbunden ist, Bild 2 IYalthPr h'ernst (1. von links, stehend) mit L. Booltzmann (Mitte, sitzend), A. 2'. Ettingshausen (2. ion links sitzend) und S. Arrhenius (3. von links, stehend) wahrend seiner Zeit am Grazer Physikalischen Institut (reproduziert aus [@I) Bild 1 Walther Hermann Nernst (1864-1941) (reproduziert au8 111) f&te W. IIaberditzl [3] in die Worte: ,,In dcn cmten drei Dezen- nien dicses Jahrhunderts hattc die pl~ysikaliscli-clieniische For- schung an diesem Institut, geleitet von Nernst nnd Bodenstein, nicht liur Weltgeltung, sondeni nahln unbestritten die Spitzen- stellung in der Welt ein." Es ist nun aus verschiedenen Griinden weder rn6glich noch siimvoll, an diever Stelle eiiie umfasseiide Darstclhing der Forschungen und der Personlictikeit Wrdther Nernsts mi geben. D ~ B ist zu versotiiedcnen Anlasstm geschchen l) Bcrcich Physikalische und Theoretisclie Chemie, 1080 Berlin, BiinseiistraBe 1 2, 13ereich Analytisclie Chemie, 1040 Berlin, Hessische StraBe 1/2 [l], [a], [4]-[14], [31]-[33], SO daB hier die Tabellen 1 und 2 als (sicher unvollstiindiges) Resume genugen miissen. Andcrerseits ist ilber die Situation so geblieben, wie sie 1843 K. F. Bonhoeffer [7] schilderte : ,,Vide Dinge, die Nemd beschiiftigt hatten, sind.. . nicht oder nur andeutuiigsweise zur Sprache gekommen, so seilie technischen Bemuhungen um die nach ihm benannte ,Lampe', urn die Entwicklung des Neo-Bechstein-Fliigels, um die Konstruktion von Laboratoriuinsinstrumenten (Mikrowaage, Eisen-Wasserstoff- Widerstiinde, Galvanometer usw.)." Urn diese Liicke ein wenig zu schlieBen, wmde fur diesen Aufsatz die Newt-Lampe aasge- wlhlt, weil sie zugleich in Wechselwirkung mit zahlrcichen Ent- wicklungen und Prozessen steht, auf diese wirkte und -- im Sinne des Mottos - ,,ein Gebrauchsgerat fur das groBe Publikum" sein sollte. 1. Die historisehe Stollung der Nernst-Lsmpo in (lor Butwicklung der Liehttechnik Um tlieee Lampe in technischer und hishrischer Sicht einordlien zu kihnen, bedienen wir unil der ifbersiolit 1 iind der Tabelle 3, in denen keine Vollstiindigkeit angestrebt wurde und eines kurxen geschiclitlichen Abrisses. Eine ausfululiche Darlegung cler Ge- schichte der Lichttechnik ist in [l5]-[20] gegeben. Zuerst sol1 die

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Page 1: Die Nernst-Lampe und ihr Erfinder

Zeitschrift f iir Chemie 23. Jahrgang . August 1983. Heft 8 . ISSN 0044-2402

Herausgeber : Im Auftrage der Chemischen Gesellschaft der Deutschen Demokratischen Republik Prof. Dr. Helga Dunken, Prof. Dr. Lothar Kolditz, Prof. Dr. Roland Mayer Unter Mitarbeit von Prof. Dr. Dr. h. C. H.-H. Emons, Prof, Dr. R. Geyer, Prof. Dr. S. Herzog, Prof. Dr. H.-A. Lehmann, Prof. Dr. S. Rapoport,, Prof. Dr. Dr. h. c . G. Rieniicker, Prof. Dr. H. Sackmann, Prof. Dr. G. Schott, Prof. Dr. W. Schroth, Prof. Dr. 111. Schulz, Prof. Dr.-Ing. Dr. h. c. K. Schwabe und Prof. Dr. K. Schwetlick

Die Nernst-Lamp iznd ihr Erfinder

H a w Georg Hartel*), Gudrun Scholz*) und Fritz NcholP)

Hum bold t -Uni versi tiit zii Berlin, Sektion Clieniie

,,Die Arbeit des forschenden Experimentators ist eine dauernde Erfindertltigkeit : Stets sind fur bestinimte Zwecke geeignete Geriite zu konstruieren oder Materialien auszuprobieren, genau so, wie wenn das Ziel niclit, die Herstellung eines Hilfsmittels fur einige wenige Meswingen, sondern die eines Gebraucbsgeriites fiir clas grolle Publikum wiire." M . Bodenstein, [l]

Einleitnng

TYalther Nernst hat znhlreiche, z . T. fundilmentale Beit,rage zur Entwioklung der N~~turwissenschafteii erbracht. Demgegeniiber gilt aber arich die Einschatzung, ,,do8 Nernsts ungeniein reiche wissenschaftliche Ernte, seine Eigenart und wine Leistungen keineswegs gebhhrcnd in das Bewufitsein der dffentlichkeit ge- riickt sind." p2] Wir nehnieii deshalb das hundcrt.jahrige Restehen dcs Gebiiudes, das einst das Physikalisch-chemisrhe Institut der Universitiit in der Berliner BunsenstraBe beherbergte, zum An- laI3, den groRen Gelehrten, der von 1905 bis 1942 dieses Institnt leitete, zii wiirdigen. Wie sehr gerade Walther Nernst (neben M a x Bodewtein) mit der Bedeutiilig des Hauses verbunden ist,

Bild 2 IYalthPr h'ernst (1. von links, stehend) mit L. Booltzmann (Mitte, sitzend), A. 2'. Ettingshausen (2. i o n links sitzend) und S. Arrhenius (3. von links, stehend) wahrend seiner Zeit am Grazer Physikalischen Institut (reproduziert aus [@I)

Bild 1 Walther Hermann Nernst (1864-1941) (reproduziert au8 111)

f&te W . IIaberditzl [3] in die Worte: ,,In dcn cmten drei Dezen- nien dicses Jahrhunderts hattc die pl~ysikaliscli-clieniische For- schung an diesem Institut, geleitet von Nernst nnd Bodenstein, nicht liur Weltgeltung, sondeni nahln unbestritten die Spitzen- stellung in der Welt ein." Es ist nun aus verschiedenen Griinden weder rn6glich noch siimvoll, an diever Stelle eiiie umfasseiide Darstclhing der Forschungen und der Personlictikeit Wrdther Nernsts mi geben. D ~ B ist zu versotiiedcnen Anlasstm geschchen

l ) Bcrcich Physikalische und Theoretisclie Chemie, 1080 Berlin, BiinseiistraBe 1 2, 13ereich Analytisclie Chemie, 1040 Berlin, Hessische StraBe 1/2

[l], [a], [4]-[14], [31]-[33], SO daB hier die Tabellen 1 und 2 als (sicher unvollstiindiges) Resume genugen miissen. Andcrerseits ist ilber die Situation so geblieben, wie sie 1843 K . F. Bonhoeffer [7] schilderte : ,,Vide Dinge, die Nemd beschiiftigt hatten, sind.. . nicht oder nur andeutuiigsweise zur Sprache gekommen, so seilie technischen Bemuhungen um die nach ihm benannte ,Lampe', urn die Entwicklung des Neo-Bechstein-Fliigels, um die Konstruktion von Laboratoriuinsinstrumenten (Mikrowaage, Eisen- Wasserstoff- Widerstiinde, Galvanometer usw.)." Urn diese Liicke ein wenig zu schlieBen, wmde fur diesen Aufsatz die Newt-Lampe aasge- wlhlt, weil sie zugleich in Wechselwirkung mit zahlrcichen Ent- wicklungen und Prozessen steht, auf diese wirkte und -- im Sinne des Mottos - ,,ein Gebrauchsgerat fur das groBe Publikum" sein sollte.

1. Die historisehe Stollung der Nernst-Lsmpo in (lor Butwicklung der Liehttechnik

Um tlieee Lampe in technischer und hishrischer Sicht einordlien zu kihnen, bedienen wir unil der ifbersiolit 1 iind der Tabelle 3, in denen keine Vollstiindigkeit angestrebt wurde und eines kurxen geschiclitlichen Abrisses. Eine ausfululiche Darlegung cler Ge- schichte der Lichttechnik ist in [l5]-[20] gegeben. Zuerst sol1 die

Page 2: Die Nernst-Lampe und ihr Erfinder

Tabelle 1 Lebensdaten Walthr Nernsts - 1864

1883

1883- 1887

1887

1889

1890

1891

1892

1893

1894

1895

1897

1899

1904

1905

1905-1908

1914-1918

1918

1920

1921p2

1922- 1924

1924-1933

1926

1933

1941

Walther Nernst wird am 25. Juni in Briesen (heute Wabrezno) geboren

AbschluD des Gymnasiums als primus omnium

Studium der Physik in Zurich, Wurzburg, Berlin, Graz

Promotion bei F . Kohlrausch in Wurzburg mit der bei v. Ettingshawen ausgefuhrten Dissertation ,,Uber elektromotorische Krifte, welche durch den Magne- tiamus in von einem Wiirmestrom durchflossenen Metallplatten geweckt werden" (Bilder 2 und 3), Bekanntschaft mit S. Arrhenius, Beginn der Tatig- keit bei W. Ostuold in Leipzig

Habilitation bei 1V. Ostwald niit der Arbeit, ,,Die elektromotorische Wirksamkeit der Ionen" (Bild 4). im Sommersemester Assistent von Briihl in Heidel- berg

Assistent von Rieeke am Physiknlischeli lnst,itut in Gottingen

Nernst wird Extraordinorius an der Universit.lt Gottingen, Ablehnung eines Rufes nach GieDen, Aufstellung des Nernstschen Verteiliiiigssat~zrs

Heirat niit Ernma Lohmyer

Herausgabe des Lehrbuches ,,Theoretische Cliemie vom Standpunkte der Avogadroecheri Regel und der Thermodynamik" von Nernst bei Enlce in Stuttgart

Ablebnung des Rufes als Nachfolger L. Boltzrnanns nach Munchen, Erneiinung zum Ordinarius in Got- tingen, Einrichtung des Physikalisch-chemischen Iiistituts in der Gottinger BurgerstraDe fur Nernst

Erscheinendes Lehrbuches,,Einfiihrung in die mathe- niatische Behandlung der Naturwissenschaften" von b'chijnfliem und Nernst

Bau der ersteri Nernst-Lampe

Auf~tcllen des Nernstschen Reizschwellengesetzes

Berufong am 2 . Dezeniber durch Minister Althoff a19 Nachfolger von H. H. Landolt nach Berlin an das Physikaliscli-c.hemische 1nst.itut in der BansenstraWe

ubersiedlung zu Osterii nsch Berlin, Aufstellung des 111. Hauptsatzes der Thermodynamik, Wahl Zuni ordentlichen Mitglied der Akademie der Wissen- schaften

Vorsit>z der Elektrocheniischen Gesellscliaft (spater Deutsche Bunsengescllschaft)

Arbeiten an Aufgaben im Zusitnimenhitng mit dem I. Weltkrieg auch au8erhalb Deutschlands

Erscheinen der Monographie ,,Die Grundlagen des neuen Warmetheorems" von Nernst

Walther Nsrnat erhiilt den Nobelpreis fur Cheniie a d Grund seiner Arbeiten zur Thermodynaniik

Amtezeit als Rektor der Berliner Univemitat

Priisident der Physihlisch-Technischen Reichsan- stalt

Inhaber des Lehrstuhls fur Experimentalphysik an der Berliner Universitit, Leiter des Physikalischen Instituts am Reichstagsufer, u. a. kosmologische Arbeiten

Nemts Neo-Bechstein-Flugel kommt in den Handel

Emer i t ierung

Walther Nermt stirbt am 18. November auf seinem Landgut Ober-Zibelle bei Muskau/Oberlausitz

Tabelle 2 gesetze, Gleichungen und Erfindungen

Bezeichnune Erliiuterung

Mit dem Namen Walther Nernsts verbundene Nstur-

(1. und 2.) Ettings- hausen- N e m t - Effekt

Nernst-Effekt

Nernstsche Cleichung

NeriLstsche Diffusions- schirht

Ne rnst - No yes- Whitne y- sche Gleichung

Nernst- Einstein- Beziehune. Neinstsche

thermomagnetische Effekte: Befindet sich ein Leiter in einem Magnet'feld ruid besteht ein Temperaturgradient, so wird eine trangversale (1. Effekt) und eine longitudinale (2. Effekt) Potentialdiffe- renz induziert.

galvanomagnetischer Effekt: Befindet sich ein Leiter in einem Magnetfeld und wird von einem St,roni durchflossen, so wird eine longitudinale Temperaturdif- ferenz auftreten.

Proportionalitltsfaktor im Zutlammen- hang niit dem 1. Ettin~shausen-NemPt- Effekt

Znsammcnlinng zwischen dern Gleichge- wichtspotent i d einer Elektrode und den Aktivitlten

Die Wechselwirkungen gelBster Tonrn eiiies Salzes werden urn so grooer, je klei- iirr die Dielektrizitatskonstante des IA- sungsrnittels ist

Bchirht init angenahrt lineurem A l ~ h l l der Konzentration a,n einer FestkBrper- oberflilche

Gleichung fur die AuflCsuiigsgesoliwiri- keit von Festkorpern

Beziehung zur Ermittlung von Diffu- sionskoeffizienten

Gleichunides Diffusions- koeffizienten, Nernst- Hartleysche Formel

NenLstscher Vertei- I ungssat z

Ner~wtsches Reiz- schweIlengesetz

Nernst- Lmip? (Nernst - Brenne r ) Nernst-Stift, Nernst-Masse

Nerndsches Wiiriiic- theorem (Nernst- Plancbcher Wlrme- satz) Nernst-Kalorirneter

Nernstsclies Vakuum- kalorime ter

Bei der Verteilung eiiies Stoffes zwi- schen zwei fliissigen Phasen i9t das Ver- hkltnis der Konzentrationen bis imf Temperaturabhiingigkeit konstant.

-4bhangigkeit des Schwellenwertes der fur pine elektrische Nervenreizung notwen- digen Stronistiirke von der Frequenz des Wechselstromes fur kurze Reizzeiteii

siehe diesen Artikel

der 111. Hauptsatz der Thermodynaniik

lialorimeter, bei dem durch elektrische Aufheizung und Temperaturniessung die spezifische Warmekapazitat bestininit wird

evakuiertes Gcfii8, in dem cler SO unter- suchtc Stoff elektrisch erwarmt wird

Situation interessieren, die bei der Lampenentwicklung und -pro- duktion in der Zeit herrschte, als Nernst a n seiner Lampe arbeitetc. Hierbei sind auWer den Gluhlampen in erster Linie die mit diesen konkurrierende Gas- und Bogenbeleuchtung zu betrachten. EY ist aber anzumerken, da13 Sillirnan erst 1855 in den USA die Petroleum-Lampe entwickelte. Gerade die Gasbeleuchtung hatte, hniiptsiichlich bedingt durch die wachsende Industrialisierung und die zunehmende Herausbildung der kapitalistischen Produktions- weise, eine schnelle Entwicklung genommen. Diese Form der

2 78 Z. Chrm., 23. Jg. (1983) Ilej t 8

Page 3: Die Nernst-Lampe und ihr Erfinder

Tabelle 3 Tcchnischc Daten einiger Gliihlampen urn 1910 [lG]

h1;ltc~rlal Kohle, Kohle, Kolile, Nerntit- 0 s Tit W W unprap. prap. metnlltsiert Masse (gasgefullt )

Sp.lnnung/V %I 110 1111 110 37 1 to 110 110 Lichtstarke/cd 14,4 14.4 14.4 14,4 .>.I --, (; 14,4 14,4 m,a

Langelmm "I I 206 206 I2 280 .-, 5 1 440 J I : )

Fndcn Durchm./min 0,Il:i 0,117 0 ,07 0,4 0,087 li.035 Ii,W26 0,045

Masee/mg .) -, 6 3J 1,2 X( 1 :Ili 8.5 4.1; 11,8

spcx. Gewi~ht/g/cm-~ l,5 1,Tr l,6 .),.i 22,5 11 ;, .53 19,8 19,8

spez. Widerstand/

1 r J I

_ _

fl/mm2 m-1 bei '10 'C 33 24 4,25 00 0,095 11.t4.i 0,O.j.j 0,065

Schmelzpkt ./T -. > 4000 * 1 t;00 2 SO0 2 800 :J, 000

be1 Betrieb "I 1 :3 .j ,9 4 400 0,s IL94 0,63 0,85 - 0,9 -

Brtiiebsteinperntiir/'C 1x4;) 1 8 X 192.5 2 I IJO 2 000 1!M) 2 0.il J 2 500

Reflexionsvermbgen f.

vtsiieller Xutaeffekt drr gcs. Strahlu~ig/~,, O,Xi 0,X) O,% 0.5 0,i.j O.i%-) L O 2 , j

- siclitb. Licht/",, "I) 30 2 0 - 3 0 PO--:Ki 91, 40 ~ .-)I) 41 I 60

Bild 3 Titelseite ron Nernstr Dissertationsschrift. (Foto: R. Schmidt)

Lichterzeugung hntte erstmals praktische Bedeutung durch die Entwioklung von Einlochbrennern (Minkelaers 1783, Pikel 1785, Murdoch 1791). Nachdem es in England bereits eine StraOenbe- leuchtung mit Gas gab, wurde sie 1811 in Deutschlnnd durch W . A . Lrcmpdius erst.ma,ls in Freiberg eingefiilirt ; 67 Jnhre spiiter wwen es dnnn in diesem Lande bereits 530 Stiidte. Zur Erliohiing der Lichtst,&rke war inzwischen die Form der Brenner verbessert worden [Mehrlochbrenner, ringforniige Brenner in Anlehnung an die C)llampen von Argand (1789), Sclmitt- und Fischschwanz- brenner (lX3O)l. In den achtziger Jahren des 19. .Jahrhnnderts ent,wickelten Siemens und Wenhnm die Itegenerativlatttpe. Dem Leuchtgns set.zte man bes thmte St,offe zu (Benzin, Ligroin, Nnphthalen). Einen entscheidenden Fortschritt, brachte die An- wendung des Prinzips des Gliihlicht,es, das seine Entwicklung etwn

O b c r s i c h t I V c r e i n f a c h t e O b e r s i c h t i iber Lampenarten

Lampcn ( z u r ~ . i c t i t e r zeiigiing) '

Xienspan 11. i i .

F a c k e l n Kerzen (Wachs-, ' r a l g - , t S t e r i n - , P a r a f f i n - )

fes te Brenn s t o f i c r g a s Io rmi g e ,\ce t y 1 en2 J

Rrenns t o f f e I ,euchtgas2)

Verbrennungs - t lanipen

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I'e t ro leum') -E s p i r i tiis')

r l i i s s i g e B r e n n s t o f fc

L b l i sch 1 i c i i t - r lampen

Koh 1 e f ade n l ampen I

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Bogenlampcn ( I l e inko l i l e - , E f f e k t k o h l e - , Plnmmen-, H o r l i i n t e n s i t ~ t s - , Heck- ,

Ple t n l ldampf lampen [sn, t i g 7 1 , i : s , Cd, [:a, S p e k t r n l - ) lille1p;isl;impen Leiicht rdliren')

G a s e n t l a d i i n g s - ~ o 1 r r a m - J

" a n d e r e A r t e n : I l e i z l ampen , 1.iitlampen USW.

' ) i n r e i n e r Form o d e r a l s (:liililictitlniiipen

3 ) w e i t e r e U n t e r t e i l u n g i. R . nacli den verwende ten Docht

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voii S t o f f e n g e b r a u c h t [ 3 4 1 .

Lci s tungsaufnniinic , I.ii 1 1 p a s h z w , Vakuum, Spe :i a l a u s f i ihrungen

ve rwendun g 10 I I I,e 115 h t s t o f f e n auc 11 a 1 s 1.e i ic ti t 5 t o f f 1 ninpcn mi t &a1 t e l e k t r o d e h e z e i c l i n e t

-1 S p e z i a l i o rmen : ~ u a r z lampen (Ilp-Hocti'iriick 1 ampen mi t ~ u n r z - l o I h en) unll Leucli t s t o f f 1 ainpen [ m i t G 1 ii he 1 e k t r o d e , N i ede r - d ruck lampen, Riihrenfo i - m , \'c rwcndung von Leuch t s t o f f e n )

' )wei tere U n t c r t e i l u n p inacli vcrwcndetem Fletn11

"wei tere l l n t e r t e i l u n g aiicli nncli : I l ruck, B e t r i chsspannunp ,

( ~ s , ' ~ 3 , w); h'ol f ramlanipen wcrdcn :xiich a l s t1a l o g e n l ampcn ge T e r t i g t

E l e k t r o d e n a r t , F i i l l ung

z ( . / I P I I I . . Z?. Jg. (1983) Heft 8 279

Page 4: Die Nernst-Lampe und ihr Erfinder

rnit dem Drummondschen Kalklicht 1820 (CaO in Knallgasflamme) nimnit mid iiber rlns P1atinlic:ht von Gilltrrd 184G (Pt in Wnssrr- gasflamme), das Clamondsche Magnesialicht 1881 und Pahnehjehn- sche Magnesiakammlicht 1883 zum Auer-Strumpf, der Seltenerd- oxide enthiilt nnd erstmals 1892 in Deutschland von Auer v. Welsbach eingefiihrt wurde, endet. Damit ist auch die Zeit der Ent- wicklung der Nernst-Lampe erreicht. Bante zuerst Pintsch die Gliihlicht-Gas-Lampen nach dem Bunsenbrennerprinzip, so kam es bald zu Verbesserungcn, die dann in Konkurrenz mit den Gliih- lampen und damit auch mit der Nernst-Lampe parallel lanfen. Hier ist an die Einfiihrung des PreBgaslichtes im Jahre 1900 zur Steigerung der Lichtausbeut,e, an das hangende Gliihlicht und die NiederdruckstarklichtJampe um 1910 ZII denken. lmmerhin hat die Gasbeleuchtung der StraDen die Verwendung der Nernst- Lampe Iange iiberlebt.

Bild 4 TiteIseit,e von Nernsts Hsbilitationsschrift (Foto: S. Schmidt)

Erwiihnt sci, dab das Gliihlichtprinzip auch auf die Verwendung anderer Brennstoffe EinfluD nahm. Das gilt fiir dss Druckpetro- leum-, Acetylen- und Spiritusgliihlicht (1896). Es ist zu beachten, daB die Nernst-Masse eine dem Auer-St#rumpf iihnliche Zusammen- setzung besitzt. Ebenso wie CE nicht zufallig ist, daB ein gewisser Hohepunkt der Gaslampenentwicklung mit derjenigen der Nemst-Lnmpe zu- sammenfiillt, so gilt dasselbe fur die Bogen- und die Gliihlampen. Die ersteren haben ihren Anfang, als V. 8. Petrov 1802 in RUB- land und H . Davy etwas spiiter in England unabhangig vonein- ander die ersten Lichtbogen ziinden. Die Entstehung des letzteren untersuchten dsnn Davy, Nicholson, Ritter, Pfaff, Curtet, Smir- noff u. a. W . Grove bemuhte sich um die Schnffung geeigneter Materialien fiir die Elektroden, wiihrend Reiselt, Schm.idt und Casselmann den EinfluD der Triinkung der Kohlen auf die Eigen- schaften des Bogens erforschten. In den vierziger Jahren des vori- gen Jahrhundert,s beschiiftigten sich u. a. Davy und Grove (1840/41) mit dem EinschlieBen des Lichtbogens. Auch Foucault und Bunsen (1842) b2treiben die Ausnut,zung des Lichtbogens fur die Beleuch- tung. Die eigentliche Entwicklnng der Kohlebogenlampe begimt dann 1844. Die Different'ialbogenlampe von FriedricR v. Ilefner- Alteneck verdriingt 1879 die drei Jahre iiltercn Jablochkoff-Kerzen, welche 1878 etwa 800 m Pariser StraDen erleuchtet hatten. Von Jablochkoff wird spiiter noch die Rede sein. Die Versuche mit dem eingeschlossenen Bogen wurden 1886 von Streets u. a. fortgesetzt

und fiihrten 1893 zur Dauerbrandlampe von Jandus. Von den wcitercn Entwicklungen mien hier nur die Dauerbran(lf1animen- bogenlampe (1910) und die Diacarbonelampe (1925) erwiihnt, die einen gewissen AbschluD bildet.

Wenden wir uns nun den Gliihlampen zu, zu denen auch die Nernmf- Lampe gehort. Nach Bowers [19] ist es nicht bekannt, auf wen die Idee zuriickgeht, Licht durch elektrisches Erhitzen eines Leiters auf WeilJglut zu erzeugen. Schmellenmeier [20] erwahnt, daD bc- reits 1841 F. de Mollyn ein Patent einer Platingliihlampe an- meldete. Etwa urn diese Zeit betrieb W . Grove ebenfalls eine Lampe mit Platindraht, die er 1845 beschrieb [22]. King und Starr sprechen sich 1845 in den USA fur die Verwendung von Kohlefiiden aus. 1848 baut Strait in England eine Iridiumfadenlampe. Die erstc eigentliche Verwendung von Kohlefadenlampen ist rnit deni Jahr 1854 snzusetzen, als H. Goebe2 in New York seinen Uhrmaoher- laden mit diesen beleuchtet. Hatte T. A . Edison noch im Jnhrc 1877, in den1 Sawyer sich eine Lampe aus einem Stronileiter in cinem evakuierten Ballon patentieren IieD, ein Patent auf eirie Platinlitmpe angemeldet, so wurde er bald darauf ein heftiger Konkurrent von Sawyer, Man, Maxim, Swan u.a., die bereits an der Kohlefadenlempe und ihrer Weiterentwicklung arbeiteten. uber die geniale TLtigkeit Ediaons und sein erfolgreiches System von Schaltern, Sockel, Sicherungen usw. kann hier nicht bericht,et werden [20], [2l]. Jedenfalls blieb die Kohlefndenlampc etwa 20 Jahre in der Gliihlampmtechnik dominierend. 1881 grfinden Edison, Batchelor und Upton in Menlopark bei New York die erstJe Qliihlampenfabrik. I n De~it~schland griindet E . Rathenau eiri Jahr spiiter die Studiengesellschaft zur Answertung der Erfin- dungen Edisons, aus der die Deutsche Edison-Gesellschaft ent- steht, die 1887 den Namen Allgemeine Elektrizitiitsgesel1sch:rft (AEG) erhalt. Hier sei erwiihnt, daB 1883 die erste elektrische Be- leuchtung im Berliner ,,CafB Bauer" in der Friedriclist,raBe/Unter den Linden benutzt wurde [23], also im gleichen Jahr, in dem das genannte Institutsgeblude in der BunsenstraBe fertiggestelk wurde und yon diesem riiumlich nur wenig getrennt. Die erste Gliihlampenfabrik Deutschlnnds ent.stand 1884 in der Berliner SchlegelstraBe. Durch die Entdeckung des elektrodynamischen Prinzips durch W . v. Siemens (1867), die damit gegebene bequeme Moglichkeit der Stromerzeugung, durch die Kohlefadenlampe und das System fiir ihren Einsatz von Edison wurde nun die Gliihlampenbeleuch- tung zum Konkurrenten fur die bereits etablierten Gasanlagen und in geringerem Umfang fiir die Bogenlampen. Die Gasbeleuch- tung hatte groBe Investitionen fiir das Verlegen der Leitungsrohre erfordert, die sich nur langsam arnortisierten. Dieser Kollkurrenz- kampf, der selbstverstiindlich auf die Erlangung gesichertcr und wachsender Profite gerichtet war, wurde erbittert gefuhrt. Er entbrannte natiirlich auch zwischen den Herstellern von Glfih- lampen, d.h. in Deutschland zwischen der AEG und Siemens & Halske. Die Vielzahl der Forscher und Ingenieure haben wir u.a. deshalb erwiihnt, um den Hintergrund dentlich zu machen, vor welchem auch Konstruktion und Entwicklung der Nernst- Lampe zn sehen sind. In diesem Kampf ging es um den Nnchweis der Vorteile der eigenen Lampen und urn deren standige Weit,c%r- entwicklung. Das erstere initiierte eine Ausweitung der Licht- und Strahlenmessung in verschiedener Hinsicht, von der auch eiri gerader Weg zur Entdeckung der Quantenhypothese durch Max Planck im Jahre 1900 fuhrt. Die Nernst-Lampe stellt eine solche Moglichkeit der Weiterentwicklung dar, die einige Vorteile gegen- iiber den Kohlefadenlampen besitzt, aber auch Nachteile hat (siehe Tab. 3). Die AEG kauft die Patcnte und rechnet mit den Vorzugen der Lampe. Der Honkurrenzkampf ist sicher ein Haupt- grund f i i r die stiindigen Arbeiten Nernsts zur Verbesserung, von denen unten die Rede sein wird. Tatsaohlich mu6 ihn diese Tiitig- keit sehr beansprucht haben, so da13 auch J . H . van't Hoff in der Be- griindung zur Wahl #ern& zum ordentlichen Mitglied der Aknde- mie der Wissenschaften feststellt [24]: ,,Dan sodann eine mehr oder weniger bemerkbare Ruhepause in den rein wissenschaft -

2 80 2. Ctrem., 23. J g . (1983) Heft 8

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lichen Verbffentlichungen eintritt, hangt wohl mit dem Arbeits- aufwand zusamme:i, welche die Konstruktion der Nernst-Lampe erforderte." Voriibergehend ist die Nernst-Lampe auch fur die AEG wirtschaftlich ein Erfolg. Deshalb heidt es im Bericht der AEG 1900/01 [%I: ,,Ein voller Erfolg ist nach jahrelanger, miih- samer Arbeit) die Einfiihrung der Nernstlampe geworden. Die schone und sogleich sparsame Lichtquelle befindet sich in hun- derttausenden von Exemplaren bereits im Gebrauch und gewinnt infolge sehr giinstiger Betriebserfahrungen und der iiuDerst be- friedigenden MeDresultate der Physikalisch-Technischen Reichs- anstalt taglich neue Kreise." Tatsachlich ist Nernsts Lanipe popular und wird popular gemacht [26]. Das zeigt auch das Lied, das anlal3lich eines Besuches von Nernst in Kopenhagen von einem mit ,,E-n." bezeichneten Ver- fasser gedichtet wntrde und dessen erste Strophe lautet [27]:

,,Dam alle Theorie ist grau uns sagte der Goethe, und noch heute gibts gewagte.

Doch eine ist so heiter, gar weltberiihmt ihr Ruf; in einem kleinen Leiter das Nernst'sche Licht sie schuf.

Leiter zweit'r Klssse ist die Masse; die erfand, Meister erster Klasse,

Walther Nernst!"

Das damals beruhmte ,,Caf6 N." in Gottingen, dws zeitweilig auch Nernst gehorte, und seine Berliner Wohnung (bis 1912) sind mit, Nemqt-Lampen bcleuchtet worden. Bald nach dem Erscheinen der Nernst-Lampe schuf Auar v. Wels- 6ach eine Osniiumfadenlampe [ZS] , deren Fiiden aber sehr zer- brechlich war und die nur bis 76 V belastet werden konnte (in: Gegensatx zur inzwischen gebrauchlichen Netzspannung von 110 V). Sie konnte die Kohlefaden- bzw. Nernst-Lampen daher nicht ablosen, zumal es durch die Einfiihrung der nieta~llisierten Kohlefaden (Howell 1906 [29]) zu einem Aufschwung der ersteren kam. Ende 1904 bringen dann Bolten und Feuerlein bei Siemens & Halske die Tantalfadenlampe heraus [30], die auf Grund ihrer Vorteile die Kohlefaden- und Nernst-Lanipe zu verdrangen be- ginnt, was E. Rathenau zu den: Ausspruch ,,\Vir sind kaputt. Siemens hat eine neue Lampe, die vie1 besser ist als unsere" [25] veranla5te und die Forschungen an den alten Typen stimulierte. Nach verschiedenen Versuchen, das Metal1 niit dem hochsten Sohmelzpunkt - Wolfram - in Gliihlampen zu nutzen, gclang es Coolidge um 1907, die Grundliigen fur die pu1vern:etallurgische Hcrstellung von Wolfram und das Ausziehen von Wolfram- drahten zu legen. In Deutschland erwarben die AEG, Siemens & Halske und die Dertt,sche GasglBhlicht-Gesellschaft die entsprc- chenden Patente. Vervollstiindigt wird dieser Sieg, als der ehe- malige Nernst-Schuler I . Langmuir 1913 bei der General Electric Comp. dns bisher angewandte Evakuieren der Lampen durch eine Fiillung mit indifferentem Gas ersetzt und den Gliihfaden zur engen Wendel formt. Zu den Vor- und Nachteilen der Gltihlanipcii zur Zeit, um 1910 siehe Tab. 3. Aus Griinde;i der Vollstandigkeit miisseii mir bemerken,:dal3;es zur Zeit der Entwicklung der Nernst-Lampe die ersten erfolg- versprechenden Versuchc zur Ausnutzung eines weiteren Prinzips der Lichterxeugung gtb. Gemeint sind die Arbeiten von Aron (1892 uiid 18%;) zur Quecksilberentladungslampe, deren technische Rea- lisierung dann Cooper-Bewitt zu verdanken ist. n e r die B u s - rustung mit einer Quarzhiille durcli Kuch (1906) fiihrt die weitere Forschung zit den Hoch- und Hochstdrucklampen, die insbe- sondere mit, den Namen Marcella Pirani und Robert Rompe ver- bunden sind. Andere Typen von Entlitdungsliimpeii, die Edelgas- lampen mit NeonfCillung, wurderi bereits 1909 von Ramsay, 1910 von Claude und 1912 von Skaupy gebaut. Bevor wir zur Beschreibung der Nernst-Lampe ubergehen, seien noch einige Bemerkungen angefiihrt, die die Stellung Nernsta zit

seiner Lainpe und damit den Erfinder und Wkmischaftler selbst

beleuchtcn. Sie wird vielleicht an: besten ruit seinen eigenen Wor- ten charakterisiert [lo]: ,,Nichts ist praktischer als eine gute Theorie! Das sehen Sie an dem Augenspiegel von Helmholtz, an dem Gaslicht Auers, an den X-Strahlen Rontgens und an meiner Lampe." Nertzst bezeichete scherzhaft seine Erfindung als die einzige elektrische Lichtquelle, die wie eine Kerze angeziindet und ausgeblasen werden kann. E r denionstrierte das, indem er die Vorheizung mit einem Streichholz vornahm und die L a m p durch heftiges Pusten gegen den gliihenden Stift ausloschte. Als die i%let~alldrahtlampen die Vorherrschaft gewinnen, bexnerkt Nernst 1121 : ,,Es gibt Erfindungen, die fiir dicse Welt zu schon sind, immer- hin habe ich der Lichttechnik den Weg gezeigt, wie sie Fortschritte rrzielen kann, niimlich durch Steigerung der Gliihkorpertempe- ratur." Tatsachlich blieb er in gewissem Sinn der Beleuchtungs- teclmik weiterhin verbunden, zumal mehrere seiner Schiiler : I d

diesem Gebiet erfolgreich arbeiteten, so 1. Langmuir in den USA und Koref und Moers in den Osram-Werken in Berlin. Davon zeugt auch Nernsts Anregullg von 1906, die Hejner-Kerze durch einen schwarzen Korper bekannter Temperatur als Urnormal der Lichteinheit zu nutzen, was allerdings erst sieben J a k e nacli seineni Tode mit der Yestlegung der ,,candela" geschah.

2. Die technische Geschiehte tier Nernst-Lampe

Zu den erwahnten Nachteilen der Kohlenfadenlampen gehbrt die Tatsache, dal3 sie kein sehr helles Licht lieferten und ihre Licht- ausbeute nur 8 Im/W betriigt. Daher war man bestrebt, Gluh- lampen mit hohereni Wirkungsgrud herzustellen. Die Techniker waren auBerdem auf der Suche nach einem Material, das die Kohle- faden an Hitzebestandigkeit ubertrifft. Bei seinen Studien zur elektrischen Leitfahigkeit hochschmelzender Mctalloxide, d.h. Leitern zweiter Klasse, die bei Normaltemperat.ur Isolatoren sind, bei hohen Temperaturen aber gut den Strorn leiten, und angeregt durch die Erfindung des Auer-Strumpfes, kani Nernst auf den C: edankr n , cIaB best i mmte Met alloxi de z i im Ba II gut er Li cht - quellen geeignet sein musten. Vor allem die Seltenerdoxide kameii dafiir in Betracht. Das erste Ergebnis der Arbeiten Nernsts iutf diesem Gebiet war sein Patent von: 6. Juli 1897 [%I: ,,Ver- fahren zur Erzeugung von elektrischem Gluhlicht" (Bild 5). Nernst unt'erbreitete deli Vorschlag, zur Erzeugung von clektrischem Licht StSbchen oder Rohrchen aus Leitern zweiter IClasse zu ver- wenden, wobei man den ,,Durchgang cines Stromes durch eine Vorwarmang des Leuchtkijrpers in seiner ganzen Ausdehnung mittels einer von den Elektroden raumlich getrennten Heizvor- richtung einleitet und alsdann den Leit,er durch den Stroni gliihend und lcuchtend crhalt." [35] Eine derartige Heizvorrichtung komite E . B. die Plainme eines Streichholzes sein. Nernst versuchtc zunachst erfolglos, sein Patent an Hieniens & Halske zu verkaufen. Durch seine guten Beziehungen zii Emil Kuthenau, dem Grunder und Generaldirektor der AEG, ist es ihm gelungen, das Patent giinstig an diese Gesellschaft zu verkaufen und damit dessen weitere Entwicklung zu sichern. Es setzte eine etwa sieben Jahre anhaltende stiirniische Entwicklung der Lampe ein. Dic AEG konnte bereits 1899 auf 14 deutsche und 100 aul3er- deutsche Patente zur Lampe verweisen, von denen Nernst drei weitere eingereicht hatte [Z]. lnsgesamt umfaDt die ent,sprechende Patent,litcratur in Deutschland bis 1904 etwa 80 Schriften zu dierier Thematik. Diese Entwicklung griff auch sehr schnell auf andcre Lander fiber m d fiihrte so U . U . zur Griindung der ,,Nernst Elec- tric Light Limited" in London, die ihrerseits zur Wciterentwick- lung drr Lampe bcitrug (z.B.: 1371). Die Versuclie, die Nernst-Lampe in ihrer einfachsten Variat:t,e einzofiihren, stie5en auf erhebliche Schwicrigkeiten seitens drr Xutzer. hrernst meldete drei Monat,e nnch dem ersten Patent, am 2. 10. 1897, ein weiteres an 1381, &is zum Erhitzen des Gliih- kiirpers einen elektrischen Heizkorper vorsieht, der durch einen besonderen, nicht durch den Gliihkorper geleiteten Strom gespeist nird, welcher nacli den: Buflieizen des letzteren unterbrochen

Z Chrm , 2.I .Jg (1983) Heft S 0 281

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Bild 5 PVaZther Nernsts erstes Patent zu seiner L a m p [36]

wird. Diese Vorrichtung ist auf der dem Patent beiliegenden Zrich- nung dargestellt (Bild 6). Hier bezeichnet 0 die Heizvorrichtung (Hohlzylinder), die sus einem Porzellaninantel M und der darin eingelegten Xletallspirale P besteht nnd a n eine unabhlngige Stromquelle Ji2 angeschlossen wird. Durch SchlieBen des Strom- kreises 2 wird die Spirnle P zum Gliihen gebracht. Dadurch wird der Gliihkorper G' erhitzt und allmlhlich leitend. Da der Wider- stand von G sinkt, wild er zunehmend vom Strom durcldlossen, welchcr wiederuni zu dessen Temperaturerhohung beitrlgt. 1st

drr Strom geniigend grol3, ,,um die Kraft der Spiralfeder P zu iiberwinden, w i d der Eisenkern ?m heruntergezogen und der daranhiingende Gliihkorper tritt nus dem Hohlraum des Ofchens 0 hervor." [38] Nernst hat die Entwicklung seiner Lampe energisch vorangetrieben, besonders mit dem Ziel, deren Lebensdauer zu erhohen. In seinem Patent vom 19. 6. 1898 1391 schliigt er vor, mehrere elektrolytische Leuchtkorper parallel zii schalten. Es gliiht zunachst der Stift, der am schnellsten seine Anregungstemperatur erreicht, whhrend die fibrigen isolierrn. Drirch das nncheinwider erfolgende Abbren- ncn der Gliihkijrper wird eine kingere Lebensdauer der Lampe

Bild li

282

Vorrichtung zurn Erhitzen Nernstscher Gluhkorper [38] Bild 7 Nernst-Lampe mit mehreren parallelen Gliihkiirpern [39.

Z. CRenc., 23. Jg. (l%53) Ilt./t t

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erreicht. Bild 7 zeigt die dazugehorige Prinzipskizze. Hier sind Ankers den Heizkorperstrom unt,erbricht. Eine derartigc Vor- die parallelgeschalteten Leiter zweiter Klasse ; W und Wl

sind die genieinsamen Vorschalt~viderst iincle ; lf-Hl ist der Heiz- korper, der nach Gluhbeginn der Stifte ausgeschaltet wird; K ist, die Glaskugel. Von der Vielzahl der Weiterentwicklungen, die die Nernst-Lampe erfuhr, seien nur wenige noch genannt. Im D.R.P. 117549 [371 wurde das Problem der Schat,t,enbildnng der Heizspirale erfolgreioli beseitigt, indem der Heizkorper um die Achse des Gliihkorpors pendelnd aufgehiiingt wird, ,,so dsO er stets eine Lage unterhalb des Gluhkorpers einnimmt,, einerlei, ob die Lampe senkrecht oder waagerecht angeordnet wird." [37] Schwerpunkt der Entwicklung war die optimale Gest,altung der Heizvorrichtung und der Heizstromunterbrechung nach erfolgter Aufheizung [40]-[43]. So konnte die AEG im D.R.P. 119270 [40] einen lichtemittierenden, selbsttiitig ausschaltbaren Heizkorper zur Anregung des Gliihstiftes mit dem Ziel vorschlagen, auch wahrend der Anregungsperiode iiber eine Lichtquelle zu verfiigen. Die Anordnung eines Elektromagneten zur Heizstromunterbre- chung ist Inhalt eines weiteren Patentes der AEG [.ill. Spat.ere Patente von Nernst iind der AEG [42], [43] nutzten den in den Heizstromkreis der Lampe eingebauten Vorschaltwiderstand, indem die in ihm nach Anregung des Gliihkorpers entwickelte Wiirme zur Ausschaltung venvendet, wird [42] bzw. durch zu- satzlich eingebaute Vorschaltwiderstiinde im Heizstromkreis die Verwendung gleicher Heizkorper bei verschiedenen Betriebsspan- nungen ermoglicht wird [43]. 1903 patentierte Nernst gemeinsam mit dem ,,Consortium fur elekt,rochemische Indnst,rie, G.m.b.H., Niirnberg" einen Heizkorper [SO], [81], den man heute ale Cer- met bezeichnen wiirde [82], [8S]. Das Patent beschreibt die Her- stellung von Sinterkorpern am dem Pulver hochschmelmnder Meta,lle oder von Siliciden dieser Metalle mit Oxiden oder Porzellan- pulver. Es ist dies einer der ersten Versuche, Cermets herzustellen [84], [85]. Es gab schon vorher Vorschliige, Heizkorper nus Mi- schungen von Leitern erster Klasse mit Isolat,oren zu fert,igen [%]. Nernst war aber der erste, der solche elektrischen Heizkorper aus Materialien hildete, die weder bei der Produktion noch bei der Nutzung einen LuftausschluO erforderten und die er zur Vor- heizung seiner Lampen verwenden wollte. Zur damaligen Zeit konnten diese Patente keine weitere Anwendung in der Technik finden, da erst die Hochtemperaturtechnik (Raketen, Turbinen usw.) und die Atomtechnik die gezielte Entwicklung von Cermets notwendig machten. Das war aber Jahrzehnte nach der Hinter- legung dieser Patent.e, so dn.13 Nemsta Idee wieder in Vergessenheit gerie t . h i 9. 5. 1899, also fast zwei Jahre nach der Hinterlegung des er- sten Pttents diirch Nernst, hatte die AEG zur ersten offentlichen Vorfiihrung der Nernst,lampe in den Sitzungssaal der Berliner Elektrizitiitswerkc (LnisenstraBe 25, heute Hermann-Matern- St,raOe) eingeliiden 144). Wnlther Nernst stellte die Funktionsweise seiner Gliihlnmpe vor, deren wirtschnftliche Bedeutung von Emil Rnthenau einleiknd gewiirdigt. wurde. FaDt man die Inhalte und Entwicklungen der Pat'ente zusammen, so ergeben sich schlieBlich folgende Hnupt~bestandteile der Nernst-Lampe : 1. Der Leucht- korper, ein Gemisch aus Metalloxiden der seltenen Erden (8604 Zirkoniumoxid, 150; Yttriumoxid). Er ist ein Festelektrolyt (siehe weiter unten). 2. Der Heizkorper, ,,der aus einem 10-20 em langen etwa 1 mm starken Stiibchen ails porzel1anart)iger Masse hergestellt wird. Ein solches Stabchen wird mit einem iiu13erst feinen Platindraht in Spiralform umwickelt und dsnn rnit einer diinnen Schicht feuerfesten Materials iiberzogen, die den Platin- draht festhiilt." [46] Der Heizstab wird vorteilhnft, in Form einer Schlangenlinie gebogen. 3. Ein elektromagnethher Scha,lter, der vom Leuchtkorperstrom erregt wird und durch Anziehen seines

l) Modell A: Nernst-Lampe, die gro13ei-e Pliichen und Raume beleuchten sollte; Modell B: Variante der Nernst-Lampe, die zur Tischbeleuchtung geeignet war [52]

richtung ist in dem Roi*kel einer Nernst-Lanipe, Modell B') (Bild 8) ent>hnlten [46]. 4. Ein Vorschnlt,witIerst;tntl, tler verhindert, daO durch Spaiinungssteigeriiiig die krit,ische Sptnnung drs Leucht- korpers erreicht wird und dieser schmilzt. Als ein derartiger Regu- lator fur konstante Stromstirke bei vnriabler Spannung diente ein dunner Eisendraht, der in eine mit, Wasserstoff gefiillte Glns- rohre eingesrhlossen ist,. Eine drr wenigen erhdtenen Nernnt-Lampen wird im Bereich Physikalische imd Theoretixche Chemie cier Sektion ('lrrmie der Hum bold tJ-Uni versi t at zu Berlin auf bewa hrt (Bild 9).

Bild 8 Modell B der Nemst-Lampe (reproduziert a m [45])

Bild 9 Nernst-Lampc, die am Bereirh Physikalische und Theo- retische Chemie der Sektion Chemie der Hiimboldt-Univcr~it~t zii Berlin nnfbewahrt wird (Foto: 8. Schmidt)

3. Die Vor- und Nachtsile der Nernst-Lampe

Der fur den Nutzer zunachst bestechendste Vorteil gegeniiber der Kohlefadenlampe war ihre hohe Lichtausbeute, ihr ruhiges weiBes Licht. ,,Das Licht ist wegen seiner schonen, dem Tageslicht iihn- lichen Farbe bemerkenswerth. Jede Parbe kommt in diesem

Z. Cliem., 2.3. Jg. (1963) l l r f t 6 283

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Licht zur Geltung und es eignet sich daher besonders fiir Verkaufs- lager, Mubecn, Wohnriiume ; auch das Lesen bei dieser Beleuch- tung ist fiir die Augen angenehm." [46] Insbesondere aber die gleichmiiBige Verteilung des Lichtes machte es fur das Auge SO

angenehm. ,,Man erhdt nicht wie bei der iiblichen Bogenlicht- beleuchtung den steilen Abfall vom Maximum in der Niihe jeder Lampe bis zu dem Minimum zwischen zwei Lampen. Und menn auch die geeamte Hefligkeit unter Umstiinden geringer ist, so wird dennoch durch die gleichmiissigere Vertheilung des Lichtes der Gesammteindruck auf das Auge zu Gunsten des Nernst-Lichtes nusfallen." [62] Die Nernst-Lampe zeichnet sich durch eine - ab- gesehen vom Brenner - geringe Abnutzung der einzelnen Teile nus, eine Reparaturbediirftigkeit stellt sich erst nach ca. 1000 Brennstunden ein [4G]. Hervorgehoben sei noch, daB es sich bei der Nemst-Lampe nicht - wie sonst iiblich - um eine Vakuum- lampe handelte, sondern, daB die volle Funktionstuchtigkeit nur an der Luft gewghrleistet ist. Durch die bereits oben genannten Ur- sachen ka.nn die Lampe leicht an andere Spannungen angepadt werden. Gegeniiber zu groBen Spannungsschwankungen ist die Nernst-Lampe sehr empfindlich. Bei zu hohen Spannungen fun- giert der Vorachaltwiderstand als Sicherung des Leuchtkorpers und wird damit zcratort, ZII niedrige haben eine unmittelbare Zerstorung des Leuchtkorpers zur Folge [53]. Eindrucksvoll wer- den in [47] die finanziellen Vorteile der Nernst-Lamp (Modell A) demonstriert: So ersetzt eine Lampe dieses Typs rnit einer Lei- stung van 200 W 8,5 Kohlefadenlampen rnit je 50 W, wobei rnit der Nemst-Lamp 51,7% der durch die 8,5 Kohlefadenlampen bei gleicher Brenndauer verursachten Unkosten eingespart werden. Das heidt, daB die Venvendung der Nernst-Lampe nur etwa halb so vie1 Energie erfordert wie die Kohlefadenlampe. Die Gesamt- heit der aufgefiihrten Vorteile hat schliedlich dazu gefiihrt, dad bereits 1903 ca. eine Million Lampen im Verkehr waren. J e nach Beleuchtungszweck wurden Lampen mit einem bis 30 Gliihkor- pern eingesetzt [4G]. Nicht zu iibersehen sind jedoch die Nachteile der Nernst-Lampe. Zuniichst ist es ihr unpraktischer Gebrauch, hervorgerufen durch die lange Vonviirmzeit, die dazu fiihrt, daB nach dem Einschalten noch eine Zeit von ca. einer halben Minute bis zum Leuchten des Gliihstiftes vergeht. Dieser Nachteil wird um so verstiindlicher, wenn man bedenkt, daB Schmellenmeier [20] als den Hauptgrund, der die Einfuhrung der Leuchtatofflampen verlangsamt, deren Einschaltzeit von zwei bis drei Sekunden nennt. Auch die kost- spielige Herstellung wirkt sich nachteilig auf die Ent,wicklung der Nernst-Lampe aus. Nemta Lampe nimmt in der Geschichte der Beleuchtungstechnik unbestritten einen hervorragenden Platz ein, wenngleich sie sich gegen die Metallfadenlampe nicht durchsetzen konnte. Hier sei noch einmal auf Tab. 3 verwiesen. Beziiglich der Lichtausbeute liegt die Nernst-Lampe mit G Im/W iiber den Kohlefadenlampen aber merklich unter denen mit Metallfiiden. Nernst erkannte offenbar friihzeitig die spiitere Vorrangstellung der Metallfadenlampen. Nach Mendelssohn [141 weist bereits die Dis- sertation van Irving Lanpnuir (Giittingen 1906) in diese Richtung. Die Arbeit mit dem Titel ,,Ueber partielle Wiedervereinigung dis- sociierter Gase im Verlauf einer Abkuhlung" enthiilt jedoch keinen Hinweis darauf, dal3 Langmuir mit Metallfiiden arbeitete. Es wird hier nur anf die Moglichkeit einer Erhitzung von Gasen mit Hilfc gliihender Metallfiiden hingewiesen. Wie erwiihnt, hat Langmuir spiiter u. a. die Gasfullung der Metallfadenlampen vorgeschlagen, die ganz wesentlich zu ihrem Siegeszug beitrug. Vom regen An- teil, den Wulther Nernst an der Entwicklung der Beleuchtungs- technik nahm, zeugen auch seine Patente zur Quecksilberdampf- lampe [89], [go]. Sie betrafen die Verbeaserung der spektralen Eigensehaften durch Zusatz van Metallhalogeniden - ein Weg, der auch heute noch von Bedeutung ist [Wl. Von der Vitalitiit des Arbeit,sprinzips der Nernd-Lampc zeugt., daB bis in die Pegenwart Patente hinterlegt werden, die sich mit' ihrer Vervollkommnung beschiiftigen. So schlug unlhgst die Im-

perial Chemical Industries Ltd. vor [48], die Nernstschen Gliih- korper aus dotierten Zirkoniumdioxidfasern zii fertigen. Diese lassen sich mit Bindemitteln zu Papieren, Garnenusw. vermbeiten. die sich insbesondere durch hohe mechanische Stabilitiit auszeich- nen. Die Westinghouse Electric Corporation, die sich schon ZU

Lebzeiten van Nemst rnit der Entwicklung der Lampe beschaf- tigte, patentierte kurzlich die Venvendung eines Cermets als Gliihkiirper [49]. Dieser hat die Eigenschaft, keine Vorheizung 211 benotigen.

4. Walther Nernst und das Patentweson Zur Beurteilung der Personlichkeit Walther Nernsts ist es wichtig, seine Haltung zum Patentwesen ngher zu betrachten. In der Tat- sache, daB er sehr aktiv war, seine Ideen in Patenten niederzule- gen, nur kommerzielle Motive zu sehen, ware ganz sicher mge- recht. So iiuRerte N e r d diesbeziiglich einmal[50]: ,,Es wird hau- fig von Fernerstehenden iibersehen, daR bei der wirtschaftlichen Ausnutzung technischer Arbeit notwendig eine verstandige Patentpolitik nebenhergehen muB, und die Wenigsten wissen, wie- vie1 geistige Arbeit auf die Abfassung und Verteidigung bahnbre- chender Patentanmeldungen aufauwenden ist ;. . ." Nernsts Stel- lung zum Patentwesen, sein Bemiihen, durch patentrechtlichen Schutz die weitere Entwicklung neuer wissenschaftlicher Ergeb- nisse zu sichern, wird auch an folgendem deutlich: Den Anmel- dungen seiner Patente zur Lampe folgten viele Einspriiche und Beschwerden. Der Anmeldung des ersten Patentes folgten sechB Einspriiche und zwei Beschwerden, der des zweiten sogar sieben Einspriiche und drei Beschwerden [45]. Bald wurden auch Nich- tigkeitsklagen gegen beide erhoben, die in erster Instanz sogar erfolgreich waren. Erst das Reichsgericht hat als letzte Imtanz den Gegemtand der Nernstschen Patente anerkannt. Worin sind die Ursachen fiir diese Streitigkeiten zu sehen ? Hauptsiichlich war es das bereits 1877 von Pawel Jahloehkoff (1847-1894) hinter- legte Patent zur Lichterzeugung [2G]. Ein kleines Pliittchen aus Kaolin wurde durch einen Funkenstrom von hoher Spannung, der mit einem Funkeninduktor erzeugt wurde, sum Gliihen gr- bracht [45]. Die Einfiihrung der Jablochkojfichen Erfindung in die Praxis wurde jedoch durch verschiedene Miingel verhindert. Sie geriet daher in Vergessenheit. Erst mit den Nernstschen Pa- tenten wurde sie wieder allgemein bekannt, behauptet BuJmann [45]. Dagegen apricht allerdings die Tatsache, dad die Jablochkofl- sche Kerze in einem verbreiteten Lexikon von 1883 ausfiihrlich mit Abbildung beschrieben wird [87]. Nernst schreibt, dad er keine Kenntnis van dem Jablochkoffechen Patent hatte [2G]. Allein oben genannte Griinde veranladten ihn, die Metalloxide der selte- nen Erden auch fiir die elektrische Beleuchtung nutzbar zu ma- chen. Diese Tatsache wurde treffend von F'riedrich urn Hefner- Alteneck in [45] charakterisiert : ,,Patentrechtliche Fragen und wissenschaftlich-technischer Erfindungswerth sind etwaa ganz verschiedenes. Die Tatsache ist schliellich die, daB Herr Nernst und die Allgemeine Elektrizitiits-Gesellschaft etwas geschaffen haben, und daB Herr Jablochkoff rnit seiner Kaolinlampe nichts geschaffen hat. ... Herrn Nemet dagegen war - das ist unbestrit- ten, die ganz in Vergessenheit geratene Jablochkojfsche Erfindung unbekannt, er muBte von vorn anfangen und hat zusammen mit der Allgemeinen Elektrizitiits-Gescllschaft etwas geschaffen, was praktisch geht und bleibend ist. Das ist doch ein groRer Unter- schied." Was Nernst unter ,,verst&ndiger Patentpolitik" verstand, wissen wir von seinem Schiiler Max Bodenstein [i]: ,,Es mogen an dieser Stelle einige Worte iiber Nernets Stellung ztir Frage des Patent- nehmens gessgt werden. Dan diese Lampe nur als patentrechtlicb geschiitzte Erfindung denkbar war, das ist selbstverstiindlich. Aber auch ein Patentschutz fur technisch verwendbare, an sich rein wissenschaftliche Beobachtungen hielt er nicht fur unangr- bmcht. So hat er mir - wie wohl auch anderen - einmal mit aller Bestimmtheit crklart, daB Rontgen dadurch, dad er seine Strahlen unmittclbar der Welt zugiinglirh mnrhtr. der terhniarhen

284 Z. Client . , 23. Jg. (1983) Hell S

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Entwicklung der Rontgenrohre uhd damit ;~och ihrer wissen- schaftliclien Anwendung keinen D i e d erwieseii h;ibe. Einen ge- schiitzten Erfindungsgedanken technisch ausziigestalt.cn, dazu kann eine Pirma groWe Mittel aufwenden, da mit ihrer spiteren Wiedereinbringung gerechnet werden kanii, mi ungeschiitzt.cn Ideen experiment,ieren viele herum, itber jeder rnit bescheidenen Mitteln, die die Sache nicht, flott' fordern konnen." Offensichtlich wiirdigt>e Nernst die humanistische Haltung RiitLtqens iingeniigend, die ihn ditzu bewog, seine St~rahlen der gesa,mtcn Mensehheit, und nirht, ~ i u r einrr best,itiitnt,cn Pirniti zu iibrrgeben 1511.

5. Uer Nernst-Stift - tler ervte tec!hoisrh geuntzte Pestclek- trolyt

Im Mai 1899, d. 11. zwei Jii.hre nach der Hinterlegung des ersten Patentes zur Nernst-Lampe, hielt Walther Nernst auf der V11. Hauptversammlung der Deutschen Elektrochemischeri Gesell- schaft in Gottingen einen mit lebhaftem Beifall aufgenommenen Vortrag rnit dem Titel ,,Uber die elektrolytische Leitung fester Korper bei sehr hohen Temperaturen" 15.21. Nernst fiihrte am: ,,Gelegentlich von Versuchen, welche darauf hinzielten, feste Elektrolyte als Gliihkorper in elektrischen Lampen zu verwenden, habe ich konstatieren konnen, dass die elektrolytische Leitung fester Korper bei hohen Temperaturen gmz iiberraschend grosse Werte anzunehmen im stande ist ... Es zeigte sich alsbald das :rllgemeine Resultat, dass die Leitfiihigkeit reiner Oxyde, die ja ctllein in gliihendem Zustande Idtbestandig sind u n d die sich daher in erster Link zur Untersuchung empfahlen, sehr langsani init der Temperatur ansteigt mid relativ gering bleibt, wlhrend (kmische eine ganz ungeheuer vie1 grossere Leitfahigkeit, besitzen, cin mit dem bekrtnnten Verhalten der fliissigen Elektrolyte vo11ig iibereinstimmendes Resultat . . . Uni eine storetide Elektrolyse zii vermeiden, benutzte ich anfiinglich ausschliesslich Wechsel- strom, spater erst untersuchte ich dss Verhalten Gleichstroni gegeniiber. Es zeigte sich bald, dass Gemische von Oxyden Hunderte von Stunden durch Gleichstrom im Gliihen erhaltenwerden konnen, ohnc dass, wie nnfiinglich zu befiirchten war, eine storende Zer- setzung durch den St,roiii eintritt.. . Im stntioniiren Zustand geht nlso nach diesrr .4nsch;tuung in dcm Gliihkorper keine andere Ver- iiiiderung vor, ala ditss der Smerstoff an der Anode in Freiheit tritt, an der Katliode aber in deli Gliihkorprr Iiineinwitndert,. Nach dieser Auffassung ist nlso Sauerstoff notig, wem wir unscren Lcuchtkorper mit (Yeichstrom speisen wollen; dies bestatigt der Versueh, doch zeigt, sich, dass aehr geringe Mengen Sauerstoff, %vie sie z. B. durch Dissociation vorhandener Spuren von Feuchtigkeit, sich bilden, ziir Depolarisation bereits ausreichend sind." Nernst hntte also schon grundsatzlich den L~ituligsmechanisrniis erkannt. 1nt.erresstnt ist, daB er diese Erkenntnisse in erster Linic aim sehr einfachen Versuchsbeobacht,ungen ableitete. Wecler koniplizierte MeDmethoden noch subtile mathematische Buswertungen von RkDdaten fiihrt,en ihn zu seinen Anschauungen iiber die elektro- lyt,isehe Leit.ung von Oxiden. Einen Einblick in die Tiefe und Klar- lieit seines ~iaturwisseiischnftlichen Weltbildes gibt wohl seine Aul3erung beziiglieh der Verbindung von trietallischem Aussehen und metallischer Leitfiihigkeit 16.21: ,,Ich glaubr iiberhnupt,, dass man in der optischen Lichtabsorption bzw. in der dadurch nach &mi Kirchhoffscheii Strahlungsgesetze bedingten Lichtetnission eiii sehr einfaches Kriterium dafiir besitzt, ob es sich uni metalli- sohr oder el~ktrolyt~ische Leitung handelt." Am spatercr Zeit cxist,ieren keine Priblikationen von Nernst, die von eitier weit.rrrn Beschiiftigiing niit dem Lcit,ungsmechanisiiius von Pestelcktro- lyten zeugen. Nur a u s den Erinnerungen des grol3en sowjetisclien Physikers A . F. Jojje wissen wir, daU Nernst sich auch noch in seiner Berliner Zeit. rnit diesen l'roblemen befa5te Lbl]: ,,Er vrr- stand den clcktroniseheii Chttritkter des elektrischen Diirch- sclilages wesentlich besser uls ich . . . NeriLsts Ideeii vom Durch- schlitg dielekt,rischer Stoffe durch eine Elektronenlnwine hingen init der Natur tlc,r elekt~rischen St,riime in Metalloxiden zusnmnien. i i u s denen die Stiftr seiner Lnrnpe bestanden."

Atis lientiger Yicht muU es verwundri~i, daB;Nernst nie deli Ver- such m d i t e (bzw. nie publizierte), seine Oxidgemische a,ls Elek- trolyte in elektrochemischen Brennstoffeellen einzusetzen. Bei seiner Genialitat ist es unwahrscheinlich, daD er diese Moglichkeit nicht sah. SchlieRlich wm es Nernst, der die beriihmte Gleichung fand, die seinen Namen triigt, und die es gestattet, die maximale Nut,zarbeit einer elektrochemischen Zelle zu berechnen. So war es dann die Gruppe um E. Baur ( it'. D. Treadwell, G. Triimpler, 3. Rvunner, it. Preis) an der Eidgenossischen Tcchnischen Hoch- srhule in Ziirich, die, schon liinger an Brennstoffzellen arbcitend, erst 1937 iiber die Anwendung der Nernst-Masse als Pe~telektrolyt~ in solchen Zellen berichtete [bb], [XI . Es ist durchnus moglich, dnB Nernst ein Kostenanschlag von der Bearbeitiing dieser The- matik abhielt. Nach Baur [55] wnren die Kosten bei einer Bremi- stoffzelle mit Nernst-Masse etwa fiinfmal hoher ids in einem iib- lichen Kraftwerk. Fort,schritte nuf Clem Gebiet der Festkiirperphysik fiihrten in der ersten Halfte des 20. Jahrhunderts zii einem detaillierteren Bild der I~itfahigkeit von Festelektrolyten. Wesentliche Beitrage dszu lieferten E'renkel und Schottky. So g ~ l t zii Beginn der vierxiger Jahre bereits als gesichert, daB O2 --Leerstellen an der Leitflhigkeit, bcteiligt sind [57]. Zu dieser Zeit wiw es also in erster Linie der Bspekt der Leerstellenbildung (ban. der Besetzung von Zwischen- gitt,erpliit,zeii), der bei der Darstellung van Mischoxiden Beacht.ung fnnd. Bald gelang auch der massenspektrometrische Nachweis, daB sich iui der Anode eines Nernst-Stiftes Sauerstoff entwickelt [58] und die Diffusionskoeffizienten von Sauerstoffionen und der Kat ionen wiirden hestimmt L59], [M)]. Ausgehend von einfachen geometrischen Uberlegiingen ent>wickelte Mobius in der Folgezeit weitergehende Vorst,ellungen iiber die Ursachen der Leitflhigkeit von Pestelektrolyten [Gl]-[M]. Danach ist die Ionenbeweglich- keit eine Punktion cler Kristallstruktur und der GroDe der Ionen, die den Kristall aufbauen. Sind Anionen und Kationen im Gitter gleioh koordiniert, folgt eine Gleichverteilung der Mudelunq- Energie, deren Ungleichverteilung aber natiirlich die Ionenbe- weglichkeit der einen Ionensorte bei gleichzeitiger Diskriminie- rung der anderen begtinstigt. Aber die Kristallstruktur hat auch bGnflu5 auf den erforderlichen Grad der Deformierung der Ionen bri ihrer Wanderiing durch das Gitter. 1st beispielsweise ein Anion tct.riiedrisch unigeben und wandert es durch eine der Tetraeder- flkchen, so erfolgt eine Kompression der lonenradien um fi-ti%. Bei der entsprechenden Wanderung durch eine Oktaederflache ( h i oktaedrischer Umgebung) betragt die erforderliche Kom- pressioii der lonenradien niindestens 16'); ! Endlich ist, natiirlich wesrntlich, oh im Gitter geniigend Hohlraume (d. h. nicht unbe- dingt Leerstellcn) vorlianden sind, datni t Platzwechselvorglnge ablnufen konnen. Im n-AgI sind z.B. nur ' I s cler I,-Tetraeder init Silberionen besetzt. Daraus folgt cine sehr gro5e Beweglich- keit der Silberionen. Bus der Erkenntnis, daD neben der Kristall- struktur auch die GroDe der Ionen und deren Kompressibilitat Bedeutiing hat, folgt, daU man sogenannte Repulsionsfunktionen zur Erfassiing dieser GroBen definierte. Dieser Weg fiihrt vom Modell starrer Tonenkugeln zum Modell kompressibler raunifiil- lender Ionenpolyeder [G3], [G4]. Indem nun das Gitterpotential cines Ions bei seiner Wanderung durch das fehlgeordnete Git.ter als Sumtne aus Madelung-Term, Kepulsionstermen und solchen, die die Arbeit gegen die Ladung von Gitterdefekten beriicksich- tigen, berechnet wird, l a U t sich heute ziim Teil schon recht gut die lonrnbeweglic!l&eit verstehen. Zur experimentellen Untcr- suchung tler Leitfkhigkeit oxidisoher Festelektrolyte siehe z. B.

-

1651.

ti. Die Betloutung oxidischer Pestelcktrulytc in tler Glegenwart

Die groDte Bedeut.ung haben oxidisohe Festelektrolytc Begenwar- tig fur die Elektrochemie. Als Strahlungsquelle fur IR-Spekt,ro- meter findrn Nernst-Stifte praktisch keine Verwendung mchr.

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Ihre mechanische Empfindlichkeit und relativ geringe Lebens- dauer (besonders bei hLufigen Ziindungen) fiihrte zii ihrer Ablo- sung durch effektivere Quellen [GG]. Fur die Elektrochemie sind oxidische Festelektrolyte unent- behrlich geworden [67]. Man benutzt sie fur thermodynamische und kinetische Gruridli~genuiitersuchungen, in technischen Brenn- stoffzellen und in der Gasanalytik. Zm folgenden sollen diese Anwendungsgebiete kurz betrachtet werden. Durch EMK-Mes- sungen itn ga.lvanischen Zellen mit Festelektrolyten ist die freie Standardreaktionsenthalpie von Peststoffen bestiminbar. Exem- plarisch sei auf cine Arbeit yon Schmalzried u. Mitarb. [68] ver- wiesen. In ihr wird die Bestimmung dieser GroBe von Spinellen in der Iteaktion A 0 + M,O, --f AM,O, beschrieben. Kinetische Untersuchungen von metallurgischen Prozessen sind durch Sauer- stoffpotentialmessungen in den entsprechenden Metallschmelzen oder in der Gaspahse iiber diesen Schmelzen moglich [G7]. Tech- nische Bedeutung haben oxidische Festelektrolyte auch fur Brenn- st,offzclIen. Die meisten Hrennstoffxellen arbeiten jedoch mit, Fliissigelektrolyten [G9], [70]. Die Ursache dafiir liegt vor allem in der liohcn rlrbeit8temperatur oxidischer Festelektrolyte, die seit, Nernxt noch nicht geniigend gesenkt werden konnte. Fur die Verwendung von oxidionenleitenden Feststoffen als Elektrolyte in Brennstoffzellen ist es wunschenswert, daB die elektroiiische Leitfiihigkeit moglichst klein ist [78]. Als Elektrodenmaterial ist es aber durchaus vorteilha,ft, wenn elektronische und ionische Leitfiiliigkcit in der gleichen Grollenordnung vorliegt. Esaka 11.

Mitarb. [78] zeigten am System Bi,O,-Pr,O,,, wie durch Variation der Zusammensetzung das Verhiiltnis von ionischer zu elektronischer Leitfihigkeit in weiten Grenzen verlndert wer- den kann. Brennst,offzellen gewinnen 11. a. deshalb an Bedeutung, weil sie es ermoglichen, chemisch gespeicherte Energie (z. B. als H, und 0,) als elektrische Energie verfiigbar zu machen [79]. Die groBe Bedeutung oxidischer Festelektrolyte fur die Analytik erwiichst aus der schon von Nernst beobachteten Tatsache, daD bereits geringate Sauerstoffpartialdriicke ausreichen, die k i t - fLhigkeit dieser Elektrolyte zu garantieren. Kontaktiert man einen Nernst-St'ift (oder einen anderen oxidischen Festclektrolyten) an beiden Enden mit Platin und bringt jeden Platinkontakt in einen Raum mit, unterschiedlichem Sanerstoffpartialdruck, so bildet sich eine Konzentrationskette aus, deren Spannung pro- portional dem Verhiiltnis der Sauerstoffugazitlten ist. In fliissigem Eisen geloster Sauerstoff kann bis herab zu 10 ppm und in fliissi- gem linpfer bis 3 ppm bestimmt werden [(i7]. In H,/H,O-Gas- gemischen haben solche Elektroden bis zu einem Sauerstoff- partialdruck von Pa, Nernatsches Verhalten [71]. Thermo- dynamik und Kinetik dieser Elektroden siiid eingehend unter- sucht [72]. Oxiclische Festelektrolyte konnen auch zur Sauerstoff- entwicklung (an der Anode) eingesetzt werden. Damit ist eine gascoulometrische Titration geringer Wasserstoffgehalte in Gasen moglich [73]. Indirekt l l B t sich auch sehr genau die Zusammenset- zung von Oxiden auf diem Art iind Weise bestaimmen [74]. In galvanischen Zellen mit oxidischen Festelektrolyten kann man auch Wasserstoff trocknen (durch Wasserdampfelektrolyse) [76] bzw. die Wasserdampfspuren coulometrisch im Bereich von 1 VoLppm bis zu 1 Vol.-y& analysieren [77]. Neben den oxidischen Festelekt,rolyten mit Anionenleitung exi- stieren natiirlich auch solche mit, Kat'ionenleitung, die 11. a. fur Brennstoffzellen Interesse beanspruchen [7h].

7. Zusltiiimcafassiin~

Walther Nernsf hat iitiyerc iiaturwissetiHchaft lichen Kentitnisse einaigwt.ig bercichert,. Spin Xeme ist a.uf immer verbunden mit. der Entdeckung fundumentder ZusiinuncnhBiige in Physik und Chemie. Es wurde vcrsucht, am Beispiel der Nernst-Lampe wesent- 1 iche Ziige des groljen Gelehr-ten aufzuzeigen : sein geriales Konnen, das Theorie und Praxis harnionisch zii verbinden w uBte; seine Haltung zum wissenschaftlich und technisch Notwendigen; seine innige Liebe zu den Ergebnisse SeinerTiitigkeit, die itllerdings nicht

frei von Eitelkeit uhd der Suche nach Verdienst (auch finan- ziellem) war; Weitsichtigkeit und Einsichtigkeit und ein humor- volles Wesen. Wie so viele Ideen Nernsts hat auch die, Festelektrolyte als Gliih- korper in Lampen zu nutzen, in vielflltiger Weise die Entwick- lung von Chemie, Physik und Technik gefordert. In diesem Yinne lenchtet die Nernst-Lampe auch heute noch.

Frau S. Schmidt mochten wir sehr herzlich fur diehfertigung der Fotos und Reproduktiotien danken.

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Page 11: Die Nernst-Lampe und ihr Erfinder

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G53

1'2 (198") 235

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v. 15. 2.1906)

eiqgangen am 25. Marz 198.3 ZCA 7ti23

Stickstoffkreislauf und Urnwelt

Rolf KGrnmel

Technische Hochachule ,,Carl Schorlemmer" Leuna-Merseburg, Sektion Chemie, Wissenschaftsbereich Reinhaltung der Biosphiire

Die Beherrschung elementarer Stoffkreislaufe in Geosphare und Biosphiire ist eine wesentliche Vorausset,zung fiir die umfassende Nutzung nat,iirlirher Rohstoffressourcen durch den Menschen. Geo- uLid biochemische Zyklen stabiler Isotope folgen dem Gesetz von der Erhaltung der Masse. Aus Griinden, die vor allem auf die Bevolkerungsexplosion und das Welternkihrungsproblem zuriick- gehen, habcn anthropogene Aktivitilten in den let,zten Jahrzehn- ten eine deutliche Beschleunigung des Stickstoffkreislaufs be- wirkt und damit auch eine Reihe ijkologischer Fragestellungen aufgeworfen. Im folgenden sol1 versucht werden, den gegenwlr- tigen Stand der Stickstoffproblematik zusammenfassend vorzu- stellen.

1. Der Stickstoffkreislauf Die Gesamtmenge des Stickstoffs auf der Erde betriigt etwa 4 * 1Og Mt, wovon sich der weitaus groI3te Teil in Form von Ele- mentarstickstoff in der Atmosphjlre befindet. Dies resultiert aus der hohen Dissoziationsenergie des N,-Molekiils von 943 k J . mol-l, die nur dmch eine begrenzte Anzahl von Folgereaktionen ener- getisch kompensiert werden kann. Uber die Verteilung des nicht- atmospharisrhen Stickstoffs sowie die Mengen der den Stickstoff- kreislaiif charakterisierenden Stofffliisse liegen haufig nur un- genaue und stark divergierende Schatzwerte vor. Es kann ange- nommen werden, daD die als Stickstoff-Fixierung bezeichneten

biologischen und chemischen Prozesse imgesamt 600.. . G60 Mt . t&-l

aus der Atmosphare in Form von Stickstoffverbindungen in Hydrosphare, Biosphiire bzw. Lithosphare uberfiihren [1]-[4], eine Menge, die - bezogen auf die Erdoberfliiche - einer mittleren Stoffstromdichte (Flux) von l,% t km-2 . a-I entspricht,. Hier- fur kommen mehrere prinzipiell verschiedene Mechanismen in Betracht (Bild I).

Der dominierende Anteil des Stickstofftransfers entfallt auch heute noch auf die biologische Stickstoff-Fixierung, die sowohl durch freilebende Mikroorganismen wie aerobe, fakultat)iv an- aerobe und anaerobe Bakterien als auch durch Semisymbiosen und vor allem Symbiosen von Mikroorganismen mit lioheren Pflanzen (z. B. von Rhizobien mit, Leguminosen) bewirkt wird [5]-[7]. Die N,-Assimilation ist ein biokatalytischer ProzeO, der die -4nwesenheit des binaren Enzymsystems Nitrogenase erfordert. Die aus unterschiedlichen Quellen isolierte Nitrogenase besteht immer ails zwei Proteinkomplexen [8]: der Komponente I (Molybdoferredoxin) mit einer mittleren relativen Molekiilmassc von et>wa 220 000, die 2 Molybdsn- und 20 bis 40 Eisenatome sowie je 22 bis 30 S2--Ionen und Cystein-Gruppierungen enthiilt, und der Komponent>e I1 (Azoferredoxin) mit einer Molekiilmasse von 45 000. . . G5 000, die iiber je 4 Eisen- und Sulfidionen sowie 4 Cystein-R.este verfiigt. Eine Stickstoffbindung erfolgt nur dann, wenn auBer beiden Proteinkomplexen Elektronendonoren, ATP

%. rltrm., 23. .lg. (19883) l l c f l 8 287