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Name: Matthias Langenbahn Anschrift: Kärlicher Str. 33; 56218 Mülheim-Kärlich Mail: [email protected] Studiengang: B. Ed. Germanistik/Philosophie/Ethik Matr.Nr. 210201593 Fachsemester: 5; Wintersemester 2012/2013 Veranstaltung: Seminar: Sprachförderung und Sprachstörung Dozent: Herr Prof. Dr. Wolf-Andreas Liebert Veranst. Nr.: 0203202
Die Interdependenzhypothese im Kontext Interkul-tureller Kommunikation
Versuch einer möglichen Darstellung problematischer und erfolgreicher Kon-zepte zum Zweit- und Fremdsprachenerwerb im Rahmen des Deutschen
Matthias Langenbahn
Universität Koblenz-Landau Campus Koblenz Institut für Germanistik Geschäftsführer: apl. Prof. Dr. Hajo Diekmannshenke
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Inhalt
1.0 THEMATISCHE EINFÜHRUNG ........................................................................... 3
2.0 DIE INTERDEPENDENZHYPOTHESE – GRUNDANNAHME ............................ 4
3.0 INTERKULTURELLE KOMMUNIKATION ALS BASIS HYPOTHETISCHER INTERDEPENDENZ ................................................................................................... 7
3.1 Kulturell konzeptionelle Annahmen ............................................................... 7
3.2 Inhalte eines fokussierten Kulturbegriffs ........................................................ 9
4.0 PERSPEKTIVE ZUKÜNFTIGEN ENTWICKLUNGEN ZUR INTERDEPENDENZHYPOTHESE ........................................................................... 12
4.1 Ansätze interkulturellen Unterrichts ............................................................. 12
4.2 Interkulturalität als akademische Disziplin ................................................... 16
5.0 FAZIT ................................................................................................................. 18
6.0 QUELLENVERZEICHNIS .................................................................................. 20
6.1Literatur ........................................................................................................ 20
6.2 Internetquellen ............................................................................................. 22
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1.0 Thematische Einführung Die Frage nach der Priorität von Kommunikation ist seit der Auflösung der Grenzen zwischen
Ost- und Westeuropa eine zunehmend dringlichere geworden. Auf diesem Wege treten, in
der Begegnung differenter Kulturen nicht nur hauptsächlich soziologische, sondern auch
sprachwissenschaftliche und sprachliche Probleme auf, die aus dem Feld der Soziolinguistik
aber auch aus demjenigen allgemein sprachlicher Systematik herausgegriffen sind.
Im Rahmen dieser Arbeit wird einer der theoretischen Ansätze aus dem Bereich des Erst-
und Zweitsprachenerwerbs, die Interdependenzhypothese, vorgestellt und in ihrer Funkti-
onsweise analysiert. Dazu soll zunächst die Positionierung der Interdependenz im sprach-
wissenschaftlichen Rahmen als Ausgangspunkt aller nachfolgenden Untersuchungsschritte
dienen, die in dieser Arbeit vorgenommen werden. Anhand der aus dieser Analyse gewon-
nenen Deutungsansätze wird die Systematik und Erwartungshaltung der Interdependenzhy-
pothese in den Kontext der Interkulturalität gesetzt, um Perspektiven und Chancen der Be-
gegnung von Kulturen zu ermöglichen. Hierbei wird auch auf einige kritischen Stellungnah-
men zur Interdependenzhypothese eingegangen, die von soziolinguistischer, aber auch von
Fürsprechern monolingualer Unterrichtskultur eingeworfen werden können.
Dabei soll verdeutlicht werden, dass die Interdependenzhypothese, deren Gewicht vor allem
aus der Kompetenzüberschneidung und reziproken Förderung zwischen der Erst- und Zweit-
sprache liegt, lediglich ein Konzept unter voneinander differenten, möglichen Ansätzen ist
und in ihrer Folge bereits konkrete Förderprojekte an Schulen und in anderen didaktischen
Räumen vorgenommen wurden, innerhalb derer der Erwerb der deutschen Sprache themati-
siert wird.
Durch die Majorität des sprachintegrativen Förderschwerpunkt der Hypothese kann schluss-
endlich in dieser Arbeit aufgezeigt werden, dass im Rahmen der interkulturellen Ebene von
Kommunikation und Spracherwerb einige nennenswerte Projekte wesentlichen Unterstüt-
zungsbedarf besitzen und ein langfristiger Ertrag nur durch flächendeckende Sensibilisierung
in diesem Bereich gezeigt werden kann. Dabei soll jedoch keineswegs die Entscheidung
über eine eindeutige Verifikation oder Falsifikation der Interdependenz getroffen werden,
sondern ein offener Standpunkt zum gegenwärtigen Entwicklungsstand getroffen werden,
welcher sich eine möglichst objektive Positionierung vorbehält.
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2.0 Die Interdependenzhypothese – Grundannahme
Eine der wesentlichen Problematiken auf dem Gebiet der Migration bildet das sprachliche
Hindernis, welches oftmals auf beiden Seiten auftritt. Insofern diese Problematik zugleich
immer ein Indikator für die Annährung zweier Kulturen – möglicherweise grundverschiedener
– ist, bildet die Erlangung und auch Förderung sprachlicher Kompetenzen den zentralen
Leitaspekt der interkulturellen Forschung auf dem Gebiet der interkulturellen Kommunikation.
Bereits in den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts formulierte der kanadischen Pä-
dagoge Prof. Jim Cummins zwei Hypothesen zum Erfolg sprachlicher Förderung in der
Zweitsprache (L2), in der er eine Wechselwirkung zwischen den Kompetenzen der Erstspra-
che (L1) und L2 vermutet.
Er stützt sich dabei erstlich auf die Grundlage des kanadischen Immersionsprogrammes,
welches von Wallace E. Lambert und Richard G. Tucker durchgeführt wurde.1 Dieses Pro-
gramm setzte sich zum Ziel, allen Teilen der kanadischen Bevölkerung „...die volle Beherr-
schung der französischen Sprache...“2 zu ermöglichen.
Der zweite Ursprungsgedanke der Interdependenzhypothese findet sich in einer Untersu-
chung aus dem Jahre 1976 wieder. Zusätzlich zur Interdependenzhypothese brachte dieses
Programm eine weitere Annahme Cummins hervor, die als Schwellenniveau-Hypothese Be-
kanntheit erlangte. Das hier durchgeführte Submersionsprojekt war ein schwedisch-
finnisches Experiment zur Sprachentwicklung von Schülern3 schwedischer Grundschulen.
Dieses, von Tove Skutnabb-Kangas und Henri Toukomaa durchgeführte Verfahren, sah vor,
Schwedisch als Hauptsprache in den Lernkontext einzubetten und damit die Sprachfähigkei-
ten im Finnischen zu steigern.
Das Projekt brachte Cummins zur Formulierung der Schwellenniveau-Hypothese. Sie be-
sagt, dass im Erwerb einer Sprache L2 die Kompetenzen der eigentlichen L1 gleichsam ge-
steigert werden können.4 Nach Cummins muss zunächst jedoch ein spezifisches Niveau in
der Erstsprache erreicht werden, damit die Zweitsprache überhaupt erst einen positiven Ef-
1 Tucker, Richard G./Lambert, Wallace E.: Bilingual education of children: The St. Lambert experiment; New-
bury House Publishers; Toronto; 1972. 2 Lengyel, Drorit: Kindliche Zweisprachigkeit und Sprachbehindertenpädagogik: Eine empirische Untersuchung
des Aufgabenfeldes innerhalb der sprachheiltherapeutischen Praxis; LAGA Nordrhein-Westfalen; Düsseldorf;
2001; S.34. 3 Für eine bessere Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung von männlichen und weiblichen
Sprachformen verzichtet. Die Personenbezeichnungen gelten gleichwohl für beiderlei Geschlechter. 4 Fthenakis, W. E./ Sonner, A./ Thrul, R./ Walbiner, W.: Bilingual-bikulturelle Entwicklung des Kindes. Ein
Handbuch für Psychologen, Pädagogen und Linguisten; Hueber Verlag München; München; 1985; Berichtsak-
tualisierung in: Legyel, Drorit; Kindliche Zweisprachigkeit und Sprachbehinderten-Pädagogik – Eine empirische
Untersuchung des Aufgabenfeldes innerhalb der sprachheiltherapeutischen Praxis; Landesgemeinschaft der
kommunalen Migrantenvertretung (LAGA), Nordrhein-Westfalen; 2. Auflage 2001; Köln; 2001; S. 35.
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fekt auf das erlernen der Erstsprache haben kann. Wurde dieses Niveau erreicht, kann sich
von dieser ersten Schwelle ausgehend die kognitive Entwicklung der Erstsprache durch
Kompetenzen in der Zweitsprache und deren primäre Förderung einstellen und möglicher-
weise eine zweite Schwelle, die vollständige Adaption der L2 erlangt werden. Kritisch be-
trachtet dies Fthenakis in seiner Ergebnissummierung: Beide Kompetenzen, sowohl in der
Muttersprache und der Zweitsprache waren über die Zeit des Submersionsprojekts hinweg
deutlich unterentwickelt.5 Dennoch konnte mit der Ergebnis der Schwellenniveau-Hypothese
zumindest belegt werden, dass der Erstsprachenerwerb an den Erwerb der Zweitsprache
gekoppelt ist. Für die Schwellen in seiner Hypothese spricht außerdem eine umfassende
Entwicklung, die sowohl sprachlich als auch kulturell ablaufen muss.
Zur Interdependenzhypothese summierte Cummins die Ergebnisse beider Projekte und stell-
te fest, dass es in keinem der beiden zu einer wechselseitigen Förderung beider, der L1 wie
auch der L2 Kompetenzen kommen konnte. Er schloss in Konklusion zu seiner Hypothese:
„... academic language proficiency transfers across languages such that students who have de-
veloped literacy in their L1 will tend to make stronger progress in aquiering literacy in L2. …”6
Als eine mögliche Definition der Interdependenzhypothese gilt „...Die Interdependenzhypo-
these besagt nun, dass die Muttersprache [...] als Grundlage für das Erlernen der Zweitspra-
che sehr wichtig ist. Ist diese Fähigkeit gut in der Muttersprache ausgebildet, wirkt sie sich
auf den Erwerb der Zweitsprache positiv aus. ...“7
Mit Cummins gesprochen heiße dies:
„...To the extent that instruction in Lx is effective in promoting proficiency in Lx, transfer of
this proficiency to Ly will occur provided there is adequate exposure to Ly (either in school or
environment) and adequate motivation to learn Ly. …“8
5 Fthenakis, W. E./ Sonner, A./ Thrul, R./ Walbiner, W.: Bilingual-bikulturelle Entwicklung des Kindes. Ein
Handbuch für Psychologen, Pädagogen und Linguisten; Hueber Verlag München; München; 1985. 6 Cummins, Jim: Language, Power and Pedagogy – Bilingual Children in crossfire; Bilingual Education and
bilingualism Band 23; Baker, Colin/Hornberger, Nancy (Hrsg.); Multilingual Matters LTD Clevedon; England;
2000; S. 173. 7 Cummins, Jim: The role of primary language development in promoting educational success for language mi-
nority students; In: California State Department of Education (Hrsg.): Schooling and language minority students.
A theoretical framework; Los Angeles; 1981; S. 3-49; angesprochen in: Legyel, Drorit; Kindliche Zweisprachig-
keit und Sprachbehinderten-Pädagogik – Eine empirische Untersuchung des Aufgabenfeldes innerhalb der
sprachheiltherapeutischen Praxis; Landesgemeinschaft der kommunalen Migratenvertretung (LAGA), Nord-
rhein-Westfalen; 2. Auflage 2001; Köln; 2001; S. 36. 8 Cummins, Jim: The role of primary language development in promoting educational success for language mi-
nority students; In: California State Department of Education (Hrsg.): Schooling and language minority students.
A theoretical framework; Los Angeles; 1981; S. 3-49.
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Liegen in der Muttersprache gefestigte Kompetenzen vor, so gab dies in der Vergangenheit
Anlass genug, verschiedenste, teilweise stark voneinander differenzierende Projekte und
Fördermaßnahmen in der Bundesrepublik umzusetzen, die den Spracherwerb vor allem für
Migranten und Kinder mit Migrationshintergrund erleichtern sollten. Von dieser ausgehend
lassen sich gefestigte Kompetenzen im Umgang mit Sprache (Produktions- und Rezeptions-
kompetenz) auf die Entwicklungen in der L2 übertragen, es erfolgt also eine reziproke Ent-
wicklung beider Sprachen.
Daran jedoch lässt sich begründet Kritik üben. „...Jeder L2-Erwerb setzt per Definition den
vorangegangenen Erwerb einer Erstsprache (L1) voraus. ...“9, womit die weit ausladende
Formulierung von Cummins in ihrem Umfang beträchtlich geschmälert und auf einen greifba-
reren Boden übergesetzt scheint. Hartmut Esser, Soziologe und Wissenschaftstheoretiker,
äußert sich ebenfalls kritisch gegenüber der von Cummins postulierten Hypothese, insofern
er die tatsächliche Empirie in Cummins Hypothese als wenig aussagekräftig und von zu ge-
ringem Anteil erachtet. 10
Trotz des vermeintlichen Ideals, welches Cummins mit seiner Hypothese anstrebt, bleibt es
zunächst strittig, inwieweit Cummins‘ hypothetische Annahme, eine reziproke Entwicklung
beider Sprachkompetenzen zeige sich durch eine eindeutig nachzuweisende Verbesserung
des L2 durch ein, zunächst in der L1 erlangtes Sprachniveau, zutrifft. Essers kritische An-
merkung, dass es von wissenschaftstheoretischer Seite aus betrachtet, zwar verifizierte
Aussagen zur Hypothese Cummins gebe, jedoch wurde deren unmittelbare Folge, die Förde-
rung von Sprachkompetenz sowohl, wie oben genannt, in der Schwellenniveau-Hypothese
als auch in verschiedenen Sprachförderungs- und Integrationsprogrammen in der Bundesre-
publik bisher nicht flächendeckend genug und zu unspezifisch vorgenommen. Das Potential
zur Visualisierung einer möglichen Verifikation oder eindeutigen Falsifikation der Interde-
pendenzhypothese bot das von 2004 bis 2009 durchgeführte FörMig-Projekt, welches jedoch
durch seinen geringen Forschungsumfang und seine daraus resultierende mangelnde Re-
präsentativität nicht ausreichte, eine eindeutige Bestätigung oder Negation Cummins zu for-
mulieren. Primär jedoch ist für die mangelnde Priorität des FörMig-Projekts die fehlende Kon-
trollinstanz, welche eine Aussage über den Gesamtentwicklungszyklus hätte gewähren kön-
nen.11
9 Koeppel, Rolf: Deutasch als Fremdsprache spracherwerblich reflektierte Unterrichtspraxis; Schneider Verlag;
Hohengehren; 2010; S.4. 10 Esser, Hartmut: Migration, Sprache und Integration. AKI-Forschungsbilanz 4; Berlin 2006. 11 Esser, Hartmut: Modell, Versuch, Irrtum. Frankfurter Allgemeine Zeitung – FAZ.NET. 2009; Einzusehen
unter: http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/forschung-und-lehre/migrantenfoerderung-modell-versuch-und-
irrtum-1826336.html (letzter Zugriff: 28. Juli 2013).
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Ein wesentlicher Schwerpunkt jedoch wurde trotz aller Beachtung des Unterrichtsgesche-
hens wenig berücksichtigt. Ein Einblick in die Förderung außerhalb der durch FörMig sub-
ventionierten Schulklassen und Schüler war nicht gegeben, was eine tatsächlich komparatis-
tische Betrachtung erschwert, da der individuelle, vom Elternhaus erfolgende Förderungsan-
teil sowie die Entwicklung in Schulklassen abseits von FörMig. Diese hätten sich, entgegen
der möglichen Perspektive einer Förderung durch das Projekt, ebenso gut wenn nicht sogar
besser entwickeln können, was jedoch in den Ergebnissen von FörMig nicht auftritt. Auf die-
ser Basis ist eine eindeutige Verifikation oder Falsifikation der Interdependenzhypothese
nicht möglich.
Wohl aber bietet sie Anlass zur Diskussion, was im Folgenden auf der Basis eines Modells
interkultureller Kommunikation ermöglicht werden kann.
3.0 Interkulturelle Kommunikation als Basis hypothetischer Interdependenz
3.1 Kulturell konzeptionelle Annahmen
Im Zuge der im Jahre 1983 auftretenden Forderung nach Diskursverständnis,12 traten in
Deutschland erstmals Konzepte auf, welche die Kulturgebundenheit von Entwicklungen in
Sprache und Problemlösung vom Konflikt differenter Kulturen betonen. Jochen Rehbeins
Studie Interkulturelle Kommunikation (1985) schlägt vor, „...durch diskursanalytische Inter-
pretation zusammenhängender Kommunikationsabschnitte die Zwischenräume zwischen
sprachlichen Gruppen bewusst zu machen [...] und Bedingungen für eine mehrsprachige
Verständigung zu skizzieren. ...“13.
Daraus generieren sich in der Vergangenheit vielfältigste Theorien, zu der auch Habermas
Theorie des kommunikativen Handelns14 fällt. Habermas differenziert zwischen strategischen
und kommunikativen Handlungsformen innerhalb des praktischen Handelns. Vor allem letz-
tere umfasst eine Vielzahl von Einflussfaktoren auf den interkulturellen Dialog, innerhalb
dessen reziproke Einflüsse festgestellt werden können. Für die praktische Dimension der
von Cummins definierten Hypothesen hat dies die Konsequenz, dass sie sowohl strategisch-
förderliche Hintergründe, – die sich in interkulturellen und auf den Förderbedarf individuell
12 Van Dijk, Teun Adrianus/ Kintsch, Walter: Strategies of Discourse Comprehension; Academic Press INC.
New York; New York; 1983. 13 Rehbein, Jochen: Interkulturelle Kommunikation; Narr Verlag Tübingen; Tübingen; 1985. 14 Habermas, Jürgen: Theorie des kommunikativen Handelns; Band 1: Handlungsrationalität und gesellschaftli-
che Rationalisierung; Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main; Frankfurt; 1981; S.395.
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angepassten Lehr-Lernkonzepten sowie daraus resultierenden Unterrichtsmodellen15 fundie-
ren lassen – als auch in kommunikativ-selbstleistenden Prozessen, – so etwa dem (im bes-
ten Falle größeren) Gesprächsanteil der Schüler im Unterricht sowie dem Erstellen konkreter
Lernprodukte in schriftlicher Form – Dimensionen ihrer tatsächlichen Anwendbarkeit erlan-
gen müssen, die sich zudem interkulturell und fächerübergreifend im Unterricht umsetzen
lassen16, um einen gesamtheitlichen Ertrag beim Erwerb der Zweitsprache zu ermöglichen.
Dies wird vor allem im Fazit dieser Arbeit eine zentrale Positionierung erfahren.
Was bei der Betrachtung dieser Theorie jedoch maßgeblich festgehalten werden muss ist,
dass sie von einem reduktiven Charakterzug gehalten wird, der sich in der Abstinenz zweier
wesentlicher Einflussfaktoren auf dem Gebiet der interkulturellen Kommunikation verdeut-
licht. Diese lassen sich darstellen als:
„...dürfen die Komponenten der Macht und der unergründlichen Lebensdynamik des Menschen
nicht vernachlässigt werden. ....“17
Die Begegnung zweier sprachlicher Gruppen kann gelingend jedoch nur erfolgen, wenn ein,
diese Standpunkte berücksichtigender Definitionsversuch eines Kulturbegriffes vorliegt, wel-
cher erlaubt, eine Annährung der Kulturen unter Wahrung ihrer Eigenstruktur aber auch in
reziproker Offenheit zu hypothetisieren sucht. Beispielhaft für einen solchen Kulturbegriff ist
der Vorschlag des interkulturellen Philosophen Hamid Reza Yousefis, dessen Kulturbegriff
sich als „...offenes, dynamisch veränderbares Sinn- und Orientierungssystem...“18 versteht, in
dessen Grenzen keine Zulässigkeit aller Motivationen zur Integration, sondern eine systema-
tisch-offene Haltung demonstriert wird, die grundsätzliche Interaktion zwischen Kulturkon-
zepten vorschlägt19. Die grundsätzliche Reziprozität zwischen den Sprachkompetenzniveaus
in L1 und L2 legt von sich aus nahe, im Rahmen der von Cummins postulierten Hypothesen,
von einem Kulturbegriff zu sprechen, welcher sich durch Transkulturalität charakterisiert.
Dieser zeichnet sich unter anderem auch durch „...einer völligen kulturellen Grenzenlosigkeit
15 derartige Modelle werden unter anderem vorgestellt bei: Esser, Harmut: Sprache und Integration. Die sozialen
Bedingungen und Folgen des Spracherwerbs von Migranten; Campus-Verla Frankfurt am Main; Frankfurt am
Main; 2006. aber auch: Jaitner, Thomas: Interkulturelles Lernen im Unterricht; Ministerium für Bildung und
Forschung Thüringen; Material des Institutes für berufliche Bildung und Weiterbildung e.V. (IBBW e.V.) Göt-
tingen; 1.Auflage 2005; Göttingen; 2005. 16 Jaitner, Thomas: Interkulturelles Lernen im Unterricht; Ministerium für Bildung und Forschung Thüringen;
Material des Institutes für berufliche Bildung und Weiterbildung e.V. (IBBW e.V.) Göttingen; 1.Auflage 2005;
Göttingen; 2005; S.15ff. 17 Yousefi, Hamid Reza: Selbst- und Fremdverstehen. Veranstaltungsmanuskript; Wissenschaftliche Buchgesell-
schaft 2012; Trier; 2012; S.26. 18 Yousefi, Hamid Reza: Selbst- und Fremdverstehen. Veranstaltungsmanuskript; Wissenschaftliche Buchgesell-
schaft 2012; Trier; 2012; S.44. 19 Yousefi, Hamid Reza: Selbst- und Fremdverstehen. Veranstaltungsmanuskript; Wissenschaftliche Buchgesell-
schaft 2012; Trier; 2012; S.43.
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und kulturellen Verflechtung aus, nach der Kulturen bis zu Unkenntlichkeit ineinander über-
gehen können. ...“20. Ein auf diese Weise herangezogener Kulturbegriff ist jedoch für die
sprachliche Entwicklung höchst problematisch, zeigt er auf, dass eine Entwicklung in Erst-
und Zweitsprache notwendigerweise nur durch Assimilierung der Lerner in den Kontext der
Zweitsprache erfolgen könnte. Dies wiederum lässt Rückschlüsse auf die Schwellenniveau-
Hypothese zu, da diese in der ihr zu Grunde liegenden, schwedisch-finnischen UNESCO-
Studie eher die Submersion, das heißt, das Eintauchen in den Kontext der Zweitsprache
vorsah, weniger die alleinige Wahrung der eigenen Kultur.21
Für eine gelingende Integration ist es jedoch unabdingbar, sowohl sprachlich als auch kultu-
rell mit einem Kulturbegriff zu arbeiten, der die Eigendynamik der jeweils zu integrierenden,
ethnischen Gruppen berücksichtigt und ihnen zugleich die Möglichkeit bietet, Kompetenzen
in und über die Kultur und Sprache zu erlernen, in welche sie integriert werden. Der interkul-
turelle Kulturbegriff Yousefis, Kultur als offenes, veränderliches und nicht hermetisch ge-
schlossenes System zu betrachten, eignet sich dafür im Besonderen, da er einen Erhalt kul-
tureller Eigenstruktur, aber zugleich auch die variable, reziproke Veränderung einer Kultur-
gruppe bereithält, die im Rahmen des Sprachenerwerbs benötigt wird. Dazu ist es notwen-
dig, den offenen Kulturbegriff in Relation zur erwarteten Interdependenz zu setzen, ohne
eine idealisierte Erwartungshaltung vorauszusetzen, die mit einer integrativen Interdepen-
denz verbunden werden könnte. Gleichsam macht dies erforderlich, die Basis dieses Kultur-
begriffs speziell für die Cummins-Hypothese zu verdeutlichen.
3.2 Inhalte eines fokussierten Kulturbegriffs
In seinen Erläuterungen zur Konstitution eines Kulturbegriffes, fasst Yousefi sieben Korrelat-
begriffe zusammen, welche den bereits erläuterten Kulturbegriff in das Feld von Interkulturel-
ler Bildung rücken.22 In Summierung bisheriger Theorien zur Generierung spezifischer Kom-
petenzen der interkulturellen Forschung23 schlägt Yousefi eine Struktur interkultureller Kom-
petenz vor, welche „...einen Prozess der Aneignung von Informationen und Verhaltenswei-
20 Yousefi, Hamid Reza: Einführung in die Philosophie. Veranstaltungsmanuskript; Wissenschaftliche Buchge-
sellschaft 2012; Trier; 2012; S.21 21 Lengyel, Drorit: Kindliche Zweisprachigkeit und Sprachbehindertenpädagogik: Eine empirische Untersuchung
des Aufgabenfeldes innerhalb der sprachheiltherapeutischen Praxis; LAGA Nordrhein-Westfalen; Düsseldorf;
2001; S.34 f. 22 Diese sieben Korrelatbegriffe werden hier exemplarisch auf lediglich zwei Begriffe reduziert, die interkulturel-
le Semantik und die interkulturelle Kompetenz. Fest steht jedoch, dass diese Korrelatbegriffe kontextualisiert
betrachtet werden müssen und es schwerlich möglich ist, sie separat voneinander zu fokussieren, da sie sich in
einem reziproken Verhältnis zueinander befinden und sich gegenseitig subventionieren beziehungsweise fixie-
ren, siehe dazu: Yousefi, Hamid Reza/Braun, Ina: Interkulturalität. Eine interdisziplinäre Einführung; Reihe:
Einführung Philosophie; Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt; 2011; S. 44ff. 23 Yousefi, Hamid Reza: Selbst- und Fremdverstehen. Veranstaltungsmanuskript; Wissenschaftliche Buchgesell-
schaft 2012; Trier; 2012; S.109; Fußnoten.
10
sen beschreibt. ...“24 Diese Kompetenzen richten sich sowohl mit einer intrakulturellen als
auch mit einer interkulturellen Perspektive an die Teilnehmer beider Seiten des hier zu
Grunde liegenden Integrationsprozesses.
Insofern kulturell geprägte Strukturen, wie etwa eine spezifische Kulturhistorie beziehungs-
weise ein Kulturgedächtnis lediglich transportiert, nicht aber transferiert werden, bleiben ihre
Inhalte und Bedeutungen selbst im neuen Umfeld erhalten, gewinnen jedoch zusätzlich Di-
mensionen ihrer neuen Umgebung hinzu, wodurch eine Bedeutungsanreicherung, nicht etwa
eine Stasis ihrer bisherigen Konzepte folgt25. Etwa bewahren auf diese Weise integrierte Mig-
ranten ihre spezifische Sprachherkunft und schaffen gleichzeitig ein Bewusstsein für politi-
sche und kulturelle Vorstellungen, aber auch soziale und gesellschaftliche Phänomene, die
in ihrer L1 aber auch in der L2 anhand von bestehenden Kompetenzen in L1 erklärt werden
können. Die postulierte Reziprozität dieses Anliegens verdeutlicht sich auch in der Evaluati-
on des IBBW 26 demnach lediglich 50% der Schülerinnen und Schüler mit Migrationshinter-
grund Kompetenzstufe I (in Cummins’ Theorie die erste Schwelle) erreichen konnten. Diese
Ergebnisse sind jedoch, wie auch Esser zum Förderprogramm der UNESCO anmerkt27, nicht
repräsentativ genug, um daraus Aussagen zur Makroperspektive des aktuellen Standes von
Sprachintegration zu geben, stellen aber einen verwertbaren Ansatz für aktuale Betrachtun-
gen dar.
Neben der interkulturellen Kompetenz ist für den Sprachenerwerb vor allem die interkulturel-
le Semantik von Bedeutung. Kulturell und Kontextuell bedingte Äußerungsformen stehen für
sie im Interessensfokus, ebenso wie die draus oftmals zwangsläufig in der Praxis resultie-
renden Missverständnisse.28
Diskutiert die allgemeine Semantik innersprachliche Verschiebungen und Generierungen von
Bedeutung, Sinn und Zeichen, so werden im Rahmen der interkulturellen Semantik vor allem
externe Bedeutungsstrukturen und -postulate im Vergleich mit unterschiedlichen, voneinan-
der differierenden Sprachstrukturen betrachtet. Auch analysiert die interkulturelle Semantik
vor dem Hintergrund distributiver Verfahrensweisen solche Missverständnisse, die durch
24 Yousefi, Hamid Reza: Selbst- und Fremdverstehen. Veranstaltungsmanuskript; Wissenschaftliche Buchgesell-
schaft 2012; Trier; 2012; S.109. 25 Yousefi, Hamid Reza: Selbst- und Fremdverstehen. Veranstaltungsmanuskript; Wissenschaftliche Buchgesell-
schaft 2012; Trier; 2012; S.115ff. 26 Jaitner, Thomas: Interkulturelles Lernen im Unterricht; Ministerium für Bildung und Forschung Thüringen;
Material des Institutes für berufliche Bildung und Weiterbildung e.V. (IBBW e.V.) Göttingen; 1.Auflage 2005;
Göttingen; 2005; S.4f. 27 Esser, Harmut: Sprache und Integration. Die sozialen Bedingungen und Folgen des Spracherwerbs von Mig-
ranten; Campus-Verla Frankfurt am Main; Frankfurt am Main; 2006. 28 Yousefi, Hamid Reza: Selbst- und Fremdverstehen. Veranstaltungsmanuskript; Wissenschaftliche Buchgesell-
schaft 2012; Trier; 2012; S.115.
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einen spezifischen Kontextgebrauch bestimmter syntaktischer Wörter, unter die auch Rede-
wendungen und Sprichwörter summiert werden können.
Diese sind, so stellt auch Peter Kühn fest, oftmals bedingt durch die Vielfalt interkultureller
Kommunikation, die in der Komplexität ihrer kulturellen Zusammenhänge begründet liegt29,
was es erschwert, Aussagen zuordnen zu können und mit bedeutungstragendem Inhalt zu
füllen. Ihre Analyse, welche das Hauptmerkmal der interkulturellen Semantik ausmacht, ver-
läuft nach allgemeinen pragmatischen und semantischen Kriterien und Kategorien ab, deren
Grundlagen sich bei John Langsahw Austin30 und John Rogers Searle31 wiederfinden las-
sen.32 So sensibilisiert die interkulturelle Semantik vor dem Hintergrund differenter sozio-
kultureller und historisch-flektierter Bedeutungskonzepte für die Unterschiede in ihrer konkre-
ten Verwendung.
Fraglich ist diese, an der linguistischen Bedeutsamkeit jeweils spezifischer, kulturell gepräg-
ter Wörter, orientierte Forschungsposition, insofern sie sich gänzlich in ihren Anfängen befin-
det, was unter anderem auch am Risiko eines möglichen Plädoyers ihrerseits für eine indi-
rekte Forderung von Kulturessentialismus liegt. Unter dieser Prämisse könnte die interkultu-
relle Semantik als die einzig maßgebliche Größe für das Verstehen und die Kommunikation
von Kulturen betrachtet werden, was jedoch nicht haltbar ist, da in das Feld der interkulturel-
len Kommunikation zu viele Einflüsse außer- oder paralinguistischer Aspekte einfließen, die
sich durch eine rein semantische Orientierung nicht erklären lassen33.
Ein Totalitätsanspruch der semantischen Positionierung zur Frage der Möglichkeiten von
interkultureller Kommunikation kann keinesfalls herausgestellt werden, doch lässt sich zwei-
felsfrei notieren, dass sie bedeutsam für die genauere Analyse der Integration und die inter-
kulturelle Forschung ist und als zukunftsweisende Perspektive betrachtet werden kann.
Ihre Position innerhalb der akademischen Disziplin der Interkulturalität kann vor allem als ein
Instrumentarium zur Konfliktprävention und Krisenmanagement subsummiert werden. Für
die Praxis ergibt sich daraus, dass vor allem in monoligualem Unterricht ein stärkeres Ge-
29 Kühn, Peter: Interkulturelle Semantik; Interkulturelle Bibliothek Band 38; Bautz Verlag; Norhausen; 2006;
S.16f. 30 Austin, John Langshaw: Zur Theorie der Sprechakte (englischer Originaltitel: How to do things with words);
Philipp Reclam jun. GmbH Stuttgart; Stuttgart; 1986; S.102ff. 31Searle, John Rogers: Sprechakte ; (englischer Originaltitel: Speech atcs); Erste Auflage: 1969 Cambridge;
deutsche Erstauflage 1983; Frankfurt am Main; 1983; S. 38ff. 32 Linke, Angelika/ Nussbaumer, Markus/ Portmann, Paul A.: Studienbuch Linguistik; Erstauflage; Zürich 1991;
5. erweiterte Auflage; Niemeyer Verlag Tübingen 2004; Zürich; 2003; S.149ff. 33 Einen Ansatz zur Erklärung dieser Phänomene bietet di über mehrere Generationen reichende Untersuchung
Haugs in der Formulierung des Sozio-ökonomischen Panels, in dem sehr positive Wirkungen im Zugewinn der
sprachlichen Kompetenz der Zweitsprache exemplarisiert wurden, siehe dazu: Haug, Simone: Zum Verlauf des
Zweitspracherwerbs im Migrationskontext. Eine Analyse der Ausländer, Aussiedler und Zuwanderer im Sozio-
ökonomischen Panel. In: Zeitschrift für Erziehungswissenschaft. 2005; Heft 2; S. 263-284.
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wicht auf sprachlich differenzierte, zuweilen auf Kontradiktion und Kontrarität34 zurückführba-
re Konfliktfälle gelegt werden sollte, damit ein gesichertes Sprachniveau nicht durch diese,
oftmals im ganz alltäglichen Sprachgebrauch auftretenden Phänomene gestört wird.35
Aus diesen vorgestellten Aspekten lässt sich summieren, dass bei Aufstellung der von
Cummins hergeleiteten Hypothesen die praktische Dimension keinesfalls zu vernachlässigen
ist, der kulturspezifische Ansatz von einem offenen, dynamischen Kulturbegriff ausgehen
muss, um kulturelle Interessen beider hier mit einander korrelierenden Kulturen zu wahren
und zugleich eine leichte Zugänglichkeit zu Inhalten beider gewähren zu können. Auch darf
dieser Hintergrund nicht mit der Hypothese kollidieren, prinzipiell grenzenlose Offenheit zu
instrumentalisieren, da hier immer auch Problematiken der kulturellen Struktur berücksichtigt
werden müssen, ebenso wie politische, religiöse und allgemein-staatliche Interessen ge-
wahrt werden müssen. Dies begründet Yousefi unter anderem in seinem Begriff der interkul-
turellen Toleranz, die sich aus dem reziproken Verhältnis aller anderen Korrelatbegriffe (in-
terkulturelle Semantik, Ethik, Hermeneutik, Komparatistik, Kompetenz sowie dem eignen und
dem anderen) ergibt.36 Daraus können Ansätze zu einer interkulturellen Didaktik mit dem
Schwerpunkt sprachlicher Kompetenzförderung abgeleitet werden, die sich rückbezüglich
wiederum mit der von Cummins postulierten Interdependenzhypothese konnektieren lassen.
4.0 Perspektive zukünftigen Entwicklungen zur Interdependenzhypothese
4.1 Ansätze interkulturellen Unterrichts
In der Bundesrepublik ist das Thema der interkulturellen Didaktik und des daran ausgerichte-
ten, interkulturellen Unterrichts von besonderem Interesse für die schulische Bildung, wie
unter anderem auch Krumm herausstellt37, indem er unterstellt, der Fokus sprachlicher Un-
terrichtspraxis liege hier vor allem auf monolingualen Strukturen. Zum Aufbau bilingualem
Unterrichts stehen verschiedene, teilweise zueinander konträre, teilweise kontrastive Kon-
zepte im gegenwärtigen Analysefokus der Forschung, von denen eine Auswahl hier gezeigt
werden soll, um den Versuch eines Überblicks zum aktuellen Stand zu gewähren. Diese
Konzepte sind auffallend oft auf Cummins’ Hypothesen und andere, gleichwertige Theorien
34 Hier nicht im streng liguistischen, denn im Anwendungsorientierten Sinne zu verstehen, siehe dazu: Linke,
Angelika/ Nussbaumer, Markus/ Portmann, Paul A.: Studienbuch Linguistik; Erstauflage; Zürich 1991; 5. erwei-
terte Auflage; Niemeyer Verlag Tübingen 2004; Zürich; 2003; S. 161ff. 35 Ein konkreter Vorschlag für die Unterrichtspraxis soll jedoch hier nicht geleistet werden, vielmehr dient dieser
Bezug lediglich zur Betonung der primär praxisorientierten Fokussierung der hier aufgeziegten Forschungsas-
pekte. 36 Yousefi, Hamid Reza/Braun, Ina: Interkulturalität. Eine interdisziplinäre Einführung; Reihe: Einführung Phi-
losophie; Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt; 2011; S. 44ff. und: Yousefi, Hamid Reza: Interkultura-
lität und Geschichte: Perspektiven für eine globale Philosophie; Lau Verlag KG; 1. Auflage 2010; Reinbeck;
2010. 37 Krumm, Hans Jürgen: Das Diktat der Einsprachigkeit und die mehrsprachige Identität von Migranten in: Jahr-
buch Deutsch als Fremdsprache 33 (Ausgabe 2008); Institut für Germanistik Universität Wien; Wien; 2007; S.
251-260.
13
(Assimilationstheorie Hartmut Essers38 und Seyla Benhabibs Multikulturalitätsbegriff39), die
aus neueren Forschungsergebnissen abgeleitet und mit dem Datenbereich verschiedener
Prüfungs- und Evaluationsinstanzen (PISA, LAGA) vergleichen werden können, zurückzu-
führen, was die bleibende Aktualität dieser theoretischen Hintergründe verdeutlicht. Auch
das bis 2006 geführte FörMig-Projekt bot eine nutzbare Ausgangsbasis für interkulturelle
Unterrichtskonzepte.
Rosemarie Tracy sieht im Erwerb von Sprachkompetenz nicht nur den oben angeführten
Sinn für die Orientierung in einer fremden Kultur40, sondern bindet die Entwicklung auf zwei-
sprachigem Niveau an drei Voraussetzungen:
„...(a) einer speziellen Veranlagung, (b) leistungsfähigen Verarbeitungsstrategien, die
das Erkennen und Speichern von Ähnlichkeiten und Kontrasten ermöglichen und (c) ei-
ner anregungsreichen sprachlichen Umgebung, dem sogenannten Input. ...“41
Anders als Cummins geht sie davon aus, dass die Grenze zwischen einer elaborierten und
einer restringierten Sprachfähigkeit42 nur bei denjenigen Migranten zeige, die nicht mit früher
Kindheit in den bilingualen Zweitsprachenerwerb eingegliedert wurden. Von Interesse ist hier
vor allem die Perspektive, welche sie im Bezug auf Cummins Schwellenniveau-Hypothese
postuliert, der sie mit „...liefert uns außerdem klare Evidenz dafür, dass es nicht nötig ist, erst
eine Sprache eine bestimmte Schwele überschreiten zu lassen (vgl. Cummins 1991), bevor
eine weitere hinzutritt. ...“43 klar entgegenspricht. Für Tracy erscheint es nicht notwendig, den
Spracherwerb in spezifische Kenntnisschwellen zu überführen.
Für den Erwerb mehrerer Sprachen ist es ihrer Auffassung nach nötig, ein vielfältiges
Sprachangebot kontinuierlich und ständig aufrechtzuerhalten, was den Input (den tatsächli-
38 Esser, Hartmut: Welche Alternativen zur „Assimilation“ gibt es eigentlich?, in: Bade, Klaus/Bommes, Michael
(Hrsg.): Migration-Integration-Bildung. Grundfragen und Problembereiche; Institut für Migrationsforschung und
Interkulturelle Studien; Heft23; Osnabrück; 2004; S. 41-59. 39Benhabib, Seyla:Kulturelle Vielfalt und demokratische Gleichheit; Fischer Taschenbuch Verlag Frankfurt;
Frankfurt am Main; Originalausgabe; 1999. 40 Tracy, Rosemarie: Wieviele Sprachen passen in einen Kopf? Mehrsprachigkeit als Herausforderung für Ge-
sellschaft und Forschung in: Anstatt, Tanja (Hrsg.): Mehrsprachigkeit bei Kindern und Erwachsenen – Erwerb,
Formen, Förderung; Attempto Verlag Tübingen; Göttingen; 2007; S.69-92. 41 Tracy, Rosemarie: Wieviele Sprachen passen in einen Kopf? Mehrsprachigkeit als Herausforderung für Ge-
sellschaft und Forschung in: Anstatt, Tanja (Hrsg.): Mehrsprachigkeit bei Kindern und Erwachsenen – Erwerb,
Formen, Förderung; Attempto Verlag Tübingen; Göttingen; 2007; S.69. 42 beide Termini wurden, zwecks Darstellung des Problemschwerpunkts aus der Bernstein-Hypothese destilliert
und sind in hier vorgestelltem Kontext zwar innersprachlich, jedoch in den Kontext des Erwerbs einer Zweit-
sprache gerückt worden, siehe dazu: Bernstein, Basil/Brandis, Walter/ Henderson, Dorothy: Soziale Schicht,
Sprache und Kommunikation (Primäre Sozialisation, Sprache und Erziehung); Schwann-Verlag Düsseldorf;
Düsseldorf; 1973. 43 Tracy, Rosemarie: Wieviele Sprachen passen in einen Kopf? Mehrsprachigkeit als Herausforderung für Ge-
sellschaft und Forschung in: Anstatt, Tanja (Hrsg.): Mehrsprachigkeit bei Kindern und Erwachsenen – Erwerb,
Formen, Förderung; Attempto Verlag Tübingen; Göttingen; 2007; S.87.
14
chen Zugewinn sprachlicher Kompetenz44) der Schüler erhöhen kann. Diese Kompetenzer-
höhung basiert, nach den Aussagen von Tracy vor allem auf der satzbaulichen und morpho-
logischen Ebene, die sie in detailreicher Form determiniert und zu dem Ergebnis summiert,
dass Mehrsprachigkeit immer an denjenigen beteiligten Sprachen und ihrer gesellschaftlich-
bildungsrelevanten Bedeutsamkeit gemessen wird.45 Auch schlägt sie vor, Kinder bereits in
früher Kindheit bilingual zu erziehen, was als 2L1-Erwerb (Erwerb beider Sprache auf bilin-
gualem Niveau ab der frühen Kindheit zur Erlangung bester Kompetenzen in beiden Spra-
chen) in einigen Theorien bereits umgesetzt wird.46
Eine dergleichen bilingual ausgerichtete Erziehung stößt auch außerhalb der rein linguisti-
schen Grenzen auf geteilte Meinungen. Krumm stellt dazu aus soziologischer Sicht vor, dass
„...der Großteil der von mir befragten Kinder und Jugendlichen – und das deckt sich mit den
meisten Befunden der Sprachbiographieforschung – […] die eigene Identität mehrsprachig
[konstruiert]. ...“47.
Diese These stützt zugleich die Erwartungen Yousefis, der Identität als ein Kompositum aller
kulturellen und individuell bedingten Einflüsse einer Person betrachtet, die sich durch den
interkulturellen Dialog und die integrative Haltung zur Offenheit als interkulturelle Identität
wandeln kann.48 Zwar zeigt sich in dieser grundsätzlichen Haltung zu kulturübergreifender
Offenheit ein idealisiertes Konzept, doch zeigt sich der praktische Nutzen dieses Konzepts
im reziproken Charakter beider Seiten, einander zu subventionieren und ohne Assimilations-
erscheinungen ineinander zu greifen.
Das große Problem einer konkreten schulischen Förderung von bilingualen Unterrichtskon-
zepten und -programmen, ergibt sich zumeist aus der Fokussierung mehrerer, zunächst als
unvereinbar erscheinenden Thesen.
44 Tracy, Rosemarie: Wieviele Sprachen passen in einen Kopf? Mehrsprachigkeit als Herausforderung für Ge-
sellschaft und Forschung in: Anstatt, Tanja (Hrsg.): Mehrsprachigkeit bei Kindern und Erwachsenen – Erwerb,
Formen, Förderung; Attempto Verlag Tübingen; Göttingen; 2007; S.69. 45 Tracy, Rosemarie: Wieviele Sprachen passen in einen Kopf? Mehrsprachigkeit als Herausforderung für Ge-
sellschaft und Forschung in: Anstatt, Tanja (Hrsg.): Mehrsprachigkeit bei Kindern und Erwachsenen – Erwerb,
Formen, Förderung; Attempto Verlag Tübingen; Göttingen; 2007; S.87. 46 Berhardini, Petra/Schlyter, Suzanne: Growing syntactic structure and code-mixing in the weaker language:
The Ivy Hypothesis in: Green, David W./ Li, Ping/Meisel, Jürgen M./Silva-Corvalan, Carmen (Hrsg.); Bilin-
gualism: Language and Cognition Vol. 7; Cambrigde University Press; Illinois; 2004; S.49-69. 47 Krumm, Hans Jürgen: Das Diktat der Einsprachigkeit und die mehrsprachige Identität von Migranten in: Jahr-
buch Deutsch als Fremdsprache 33 (Ausgabe 2008); Institut für Germanistik Universität Wien; Wien; 2007; S.
257. 48Yousefi, Hamid Reza: Kontextuelle Kommunikation: Eine Einführung; Veranstaltungsmanuskript; Wissen-
schaftliche Buchgesellschaft; Trier 2012.
15
Thesen der Assimilation wie etwa diejenige Essers49 basieren darauf, den Fremdsprachen-
erwerb durch vollkommende Eingelassenheit in die Zielkulturgruppe zu erreichen. Diese Ein-
gelassenheit schildert Esser als:
„...die Sozialintegration von Migranten in die Aufnahmegesellschaft, wobei sie ihre ethnischen
Bezüge aufgeben. Systematische Unterschiede zwischen den verschiedenen Gruppen ver-
schwinden, während alle individuellen Ungleichheiten beibehalten werden. ...“50
Dabei sollte jedoch berücksichtigt werden, dass der hier zu Grunde liegende Kulturbegriff ein
transkultureller ist, der begriffen werden kann als „...von der völligen Grenzenlosigkeit der
Kulturen [ausgehend]. Nach dieser Auffassung nimmt der Ansatz der Transkulturalität eine
gemeinsame Kultur jenseits bestehender kultureller Eigenheiten an. ...“51 Der auf diese Wei-
se betonte Kulturbegriff Essers ist jedoch, wie bereits das Submersionsprojekt aus Schwe-
den zeigte, nicht haltbar, wenngleich hieran multikulturelle Ansätze aufgezeigt werden kön-
nen. Auch kann verdeutlicht werden, dass Esser hier von einer Substitution bestimmter Ein-
flüsse und Eigenheiten einer ethnischen Gruppe ausgeht, die mit dem Eintritt in die Zielkul-
tur52 darunter fallende Werte und Konzepte der ihr bekannten Kultur ablegen und diejenigen
der Zielkultur übernehmen. Diese Perspektive ist kritisch, insofern die Assimilierung die Auf-
gabe eigener, kultureller Identität prognostizieren lässt, was sich als fraglich förderlich für
eine gelingende Integration erweisen kann.
Vor diesem Hintergrund betrachtet hat der interkulturell orientierte Schulunterricht eine
schwere Herausforderung zu meistern: Gleichsam wie er die Sprachfähigkeit der Schüler mit
Migrationshintergrund in beiden Sprachen fördern muss, hat er die Aufgabe, jeweils spezifi-
sche, kulturelle Eigenheiten zu wahren, sie für Angehöriger anderer Kulturen begreiflich zu
machen und um Anteile aus der jeweiligen Zielkultur zu erweitern. Dazu machen Fürspre-
cher der interkulturellen Forschungs- und Lehrprogramme bundesweit Vorschläge, wobei die
allermeisten davon ausgehen, dass eine interdisziplinäre und fächerübergreifende Förde-
rung, die ihren Schwerpunkt in Fächerverbundenheit und Sprachintegration hat, konzeptio-
nell gut geeignet erscheint.53 Zur Bereitstellung eines solchen Lehrfokus ist es zunächst nö-
tig, den akademischen Lehrbereich gleichsam auf die Bedürfnisse nach einer interkulturellen
49 Esser, Hartmut: Integration und ethnische Schichtung. Arbeitspapiere Nr. 40;
Mannheimer Zentrum für Europäische Sozialforschung; Mannheim; 2001; S.20, S.73f. 50 Zu Essers Assimilationstheorie siehe: Grote, Maik: Integration von Zuwanderern: Die Assimilationstheorie
von Hartmut Esser und die Multikulturalismustheorie von Seyla Behabib im Vergleich; Migremus Arbeitspapie-
re Nr. 2/2011; Hamburg; 2011; S.8ff. 51 Yousefi, Hamid Reza: Kontextuelle Kommunikation: Eine Einführung; Veranstaltungsmanuskript; Wissen-
schaftliche Buchgesellschaft; Trier 2012; S.53. 52 damit sei diejenige Kultur bezeichnet, in die sich die Migranten integrieren. 53 Dies zeigt sich in Konzepten fächerverbindenden Arbeitens und der daran orientierten Didaktik.
16
Lehrdisziplin hin anzupassen, da hier der Rahmen für die Ausbildung fachkundiger und fach-
integrativer Lehrkräfte gelegt wird.
4.2 Interkulturalität als akademische Disziplin
Gogolin kommentiert, dass „...die Kenntnis des Deutschen und der Erhalt von Bindungen an
die Sprache der Herkunft […] also kein Gegensatz [sind], sondern die angemessene sprach-
liche Ausstattung für ein mobiles Leben. ...“54, was sich als ein Ansatz der interkulturellen
Integration deuten lässt. Insofern nach Gogolin sowohl die Bindung an die Kultur der Her-
kunft wie auch eine Anknüpfung an die neue Kultur erfolgt, rekurriert dies auf den Kulturbe-
griff Yousefis, der die reziproke Auseinandersetzung von Kulturen prognostiziert, zugleich
aber auch die Wahrung der je eigenen Grundidentität beinhaltet, wie sie etwa Wolfgang
Welsch vorschlägt.55
Basierend auf diesen und den zuvor genanten Konzepten interkulturellen Unterrichts sowie
dem zu Grunde liegenden offenen Kulturbegriff ergibt sich daraus für die akademische Lehre
die Konsequenz, gezielte Kompetenzen in fächerverbindendem Lehren und Lernen einzu-
richten, die mit den jeweils aktualen Vorstellungen von didaktischen Konzepten, etwa dem
rheinland-pfälzischen Lehr-Lern-Modell56 interagieren können, um somit zur Sicherung eines
auf den interkulturellen Dialog hin ausgerichteten Sprach- und Kulturintegrativen Unterrichts
beizutragen. Erster Schritt dieses Vorhabens kann die historische Herleitung der Ursprünge
einer solchen Disziplin sein, die in ihrem Umfang sich interdisziplinär und mit variablen
Standpunkt verhält, nicht aber an Standpunktlosigkeit krankt. Orientiert sieht sich dieses Dis-
ziplin an jenem offenen, veränderlichen und dynamischen Kulturbegriff, der dem Anspruch
von Variabilität und Flexibilität vergleichsweise nahe kommt.
Maßgeblich für eine solche Strukturierung ist die Reziprozität und die praktische Dimensio-
nierung der Korrelatbegriffe des offenen Kulturbegriffs, deren Struktur gegenseitige Subven-
tion und Offenheit propagiert.
Verglichen mit Cummins Schwellenniveau-Hypothese und Interdependenzhypothese legt der
Sprachunterricht großes Gewicht auf Integration, da hier die unabdingbare Basis für die Er-
langung der im akademischen formulierten Kompetenzen liegt. Im sprachlichen Rahmen
heißt dies, eine Vermittlung der Migrantensprachen zu ermöglichen, ohne den Lehrfokus des
Deutschen zu verlieren. Das Schulsystem jedoch, welches primär konsensorientiert Deutsch
54 Gogolin, Ingrid: Erleichtert Zweisprachigkeit die Integration? Pro. Zweisprachigkeit hat nur Vorteile; Lesesaal
– FAZ.NET 2008; einzusehen unter: http://lesesaal.faz.net/limbach/pro_contra.php (letzter Zugriff: 29. Juli
2013). 55 Welsch, Wolfgang: Ästhetisches Denken; Philipp Reclam Verlang GmbH jun. Stuttgart; Stuttgart; 2003. 56 Leisen, Josef: Handbuch Sprachförderung im Fach - Sprachsensibler Fachunterricht in der Praxis; Varus Ver-
lag Bonn; Bonn; 2010.
17
als Hauptsprache unterrichtet, erschwert die Möglichkeit, interkulturell nach der Interdepen-
denz- und Schwellenniveauhypothese zu arbeiten, da hier die Befürchtungen von Isolierung
und Segregation einzelner ethnischer Gruppen besteht. Gestützt wird die Forderung nach
der Wahrung der kulturellen Identität in ihrer unverfälschten, offenen Dynamik auch durch
Artikel 29 der UN-Kinderrechtskonvention57, dessen praktische Umsetzung jedoch durch
idealistische Strömungen nur schwerlich innerhalb des momentanen Systems zu realisieren
ist.
Die gegenwärtige Situation ist, was den Unterrichtsablauf von Sprachunterricht angeht, je-
doch letztlich stagnierend, was in Kontrarität zu den heterogenen Bedingungen, unter denen
unterrichtet werden könnte und müsste – soweit den Forderungen nach interkulturellem Un-
terricht nachgegangen würde – steht. Die zirkuläre Entwicklung in diesem Feld wird zudem
von bundesweiten Rationalisierungsmaßnahmen im Bereich Bildung und Ausbildung sub-
ventioniert, was die überwiegend negative Bewertung deutscher Schüler in internationalen
Vergleichsstudien und Evaluationen nachweislichen Charakter verleiht.
57 UNICEF (Hrsg.): Übereinkommen über die Rechte des Kindes. UN-Kinderrechtskonvention im Wortlaut mit
Materialien. Link: http://www.unicef.de/fileadmin/content_media/Aktionen/Kinderrechte18/UN-
Kinderrechtskonvention.pdf. (letzter Zugriff: 26. Juli 2013).
18
5.0 Fazit Aufbauend auf Cummins Interdependenzhypothese ergibt sich, anhand von Konzepten der
interkulturellen Forschung und der Migrantenförderung keinesfalls eine eineindeutige Verifi-
kation oder Falsifikation für die von Cummins postulierten Thesen, wohl aber lassen sie sich
als förderlich diskutable Konzepte ansehen, die Anlass zu reichhaltigen und produktiven Dis-
kussionen boten. Letztere mündeten in einigen durchaus repräsentablen Projekten, deren
Mesostruktur jedoch aufgrund fehlender Kontrollinstanzen (FörMig) oder aber mangelnder
Subventionierung von staatlicher Seite (Merkator-Projekt) bisher die Makroebene umfassen-
der Förderprogramme nicht erreichen konnten. Darüber hinaus lässt sich für Cummins Hypo-
thesen festhalten dass sie, aus einem idealistischen Gedanken heraus formuliert, ebenso
produktive aber auch kritische Ansätze für die interkulturelle Didaktik und Interkulturalität
gesamtheitlich bereithalten.
In diesem interdisziplinären, maßgeblich jedoch durch die Kulturwissenschaftlichen und Phi-
lologischen Disziplinen geprägten Bereich ist es von Nöten, von einer Systemübergreifen-
den wissenschaftlichen Betrachtung Gebrauch zu machen, in der sich die darunter summier-
ten Disziplinen als Teilaspekte eines Gesamtkonzepts verstehen, innerhalb dessen reziproke
Strukturen und Forschungsschwerpunkte einzeln aufgegriffen und von dynamischer Stand-
punktveränderlichkeit ausgehend ihre jeweiligen Positionierungen vornehmen können, um
das Kernproblem der Interkulturalität in fortschreitenden Zeiten von Globalisierungen einge-
hender zu definieren.
Letztlich stellt die sprachliche Förderung in enger Konnektivität zum Bildungssystem und
bildungspolitischen Entscheidungen eine ebenso gewichtige wie fortschreitend primäre Kern-
frage dieser Forschung dar, die sich selbst rund vierzig Jahre nach Cummins’ Hypothesen
nahezu noch immer in den Anfängen befindet. Eine perspektivenreiche Zukunft aber ergibt
sich bereits aus der bloßen Analyse und Befragung derjenigen Hypothesen und Konzepte,
die seit dem ersten Aufflammen der Integrations- und Migrationsdebatte aufgestellt wurden,
geben diese letztendlich Aufschluss über zukünftige Projekte und Maßnahmen, die weiter
verfolgt werden könnten.
19
20
6.0 Quellenverzeichnis
6.1Literatur
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