die fundorte des ornithologen in nord-ost-afrika

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481 Die Fundortc des Ornithologen in Nord.Ost.Afrika. Von Dr. Alfred Edm. Brehm. ($chluss. yon S. 362--384.) Auf den h6chstea hesten einer Mimose sitzt tier pbantastisehe Tockus erythrorh!/nchos. Das Mitnnchen liisst unter den scheinbar an- strengendsten, zugleich abet hiichst komischen Bewegungen des Ober- kiirpers sein acht his zehn Mal wiederholtes, immer schneller werdendes thuht, tuht, tut, tudt, tutt, h0ren, und begleitet dessert Endstrophe mit lebhaften Fliigelschliigen und komischen Gesten. Aus dem Diekicht er- schallt ein iihnlicher Ruf. Es ist das Rucksen der kleinen allerliebsten Erdtaube, Peristera chalcospilos Sws., ganz verschieden yon allem iibrigen Taubenrucksen. bas niedliche Thierchen weiss sich so trefflich zu versteckea, dass man es lange nicht bemerkt. Da zeigt sieh der lachende Turtur risorius und der ibm fihnliche T. semitorquatus viel freier. Man sieht beide in jeder Waldparthie in zahlreichen Gesell- schaften. Wie das Erdtiiubchen, liebt auch die auffa]lende P a p age i- t aube, Oena capensis, die dunkleren Gebiische, wena sie auch gern die Giirten der St~idte bezieht und bewohnt. DerWald beherbergt noeh mehrere Taubenarten. Die grosse Columba guinea, die seltene C. albi- torques Riippell und die prachtvolle papageigrUne C. abyssinica sind abet mehr auf den Siiden beschr~inkt, und kommen diesseits des 13. Grades n. Br. nicht vor. Grosse VOlker der Numida ptilorhyncha durchlaufen die freieren Stellen des Waldes und werden yon den Ein- gebornen raft trefflichen Windhunden gejagt; Francolinus Clappertonii Riippell ist seliner~ aber stets auch in Familien. An den Biiumen hfin- gen mehrere Arten kleiner Spechte; lr/iufiff ist der Dendromus aethio- picus, seltner Den&'obates poliocephalus, wenig zu bemerken der Den- drobates Hemprichii (Ehrenb.), ein Thierchen, kaum so gross als unser Picus minor! Von anderen Kletterv(igeln sieht man die merkwiirdigen Bartviigel, vorziiglich Laemodon Fieillotii hiiuiig, eine grOssere schwfirz- liehe Art: L. haemantops WagI.? ist selten, einen anderen, sehr klei- hen grtinlichen (wahrseheinlich L. aurifrons,) hort man oft, ohne ihn entdecken zu k6nnen. Mit den Bienenfressern: yon denen die tropischen Wiilder reich drei Arten: Merops superbus sire coeruleocephalus, M. Bulockii and l)l. erythroplerus (M. Cuvieri ist mehr ein Bewohner der Steppe) kennen lehrten, sitzt Dacelo senegalensis und Halcyon cheliculi Sws. auf den Zweigen der Gestr/iuche, um den Insecten aufzulauern. ¥on den Kuckuken sieht man den Coccystes glandarius selten, Cen- tropus senegalensis abet hfiufiger; Cuculus serratus ist rail dem plfich- tigen C. (Chr!/sococcyx) auralus schon bei Charthum nicht selten. Niedliche kleine Finken, yon denen ich nor Fringilla (Eslrelda) minima, astrild, bengala, cinerea und elegans auffiihren will, beleben mit der sch0nen Emberiz~a flavigasler die niederen dornigen Gebtisehe. Zu ihnen treten noch mehrere Arten kiinstliche Nester bauender W e b e r- Jouru. f. Urnith., III. Jahrg.~ Nr. 18~ November 1855, 31

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Page 1: Die Fundorte des Ornithologen in Nord-Ost-Afrika

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Die Fundortc des Ornithologen in Nord.Ost.Afrika.

Von

Dr. Alfred Edm. Brehm. ($chluss . yon S. 3 6 2 - - 3 8 4 . )

Auf den h6chstea hesten einer Mimose sitzt tier pbantastisehe Tockus erythrorh!/nchos. Das Mitnnchen liisst unter den scheinbar an- strengendsten, zugleich abet hiichst komischen Bewegungen des Ober- kiirpers sein acht his zehn Mal wiederholtes, immer schneller werdendes thuht, tuht, tut, tudt, tutt, h0ren, und begleitet dessert Endstrophe mit lebhaften Fliigelschliigen und komischen Gesten. Aus dem Diekicht er- schallt ein iihnlicher Ruf. Es ist das Rucksen der kleinen allerliebsten Erdtaube, Peristera chalcospilos Sws., ganz verschieden yon allem iibrigen Taubenrucksen. bas niedliche Thierchen weiss sich so trefflich zu versteckea, dass man es lange nicht bemerkt. Da zeigt sieh der lachende Turtur risorius und der ibm fihnliche T. semitorquatus viel freier. Man sieht beide in jeder Waldparthie in zahlreichen Gesell- schaften. Wie das Erdtiiubchen, liebt auch die auffa]lende P a p a g e i- t a u b e , Oena capensis, die dunkleren Gebiische, wena sie auch gern die Giirten der St~idte bezieht und bewohnt. DerWald beherbergt noeh mehrere Taubenarten. Die grosse Columba guinea, die seltene C. albi- torques Riippell und die prachtvolle papageigrUne C. abyssinica sind abet mehr auf den Siiden beschr~inkt, und kommen diesseits des 13. Grades n. Br. nicht vor. Grosse VOlker der Numida ptilorhyncha durchlaufen die freieren Stellen des Waldes und werden yon den Ein- gebornen raft trefflichen Windhunden gejagt; Francolinus Clappertonii Riippell ist seliner~ aber stets auch in Familien. An den Biiumen hfin- gen mehrere Arten kleiner Spechte; lr/iufiff ist der Dendromus aethio- picus, seltner Den&'obates poliocephalus, wenig zu bemerken der Den- drobates Hemprichii (Ehrenb.), ein Thierchen, kaum so gross als unser Picus minor! Von anderen Kletterv(igeln sieht man die merkwiirdigen Bartviigel, vorziiglich Laemodon Fieillotii hiiuiig, eine grOssere schwfirz- liehe Art: L. haemantops WagI.? ist selten, einen anderen, sehr klei- hen grtinlichen (wahrseheinlich L. aurifrons,) hort man oft, ohne ihn entdecken zu k6nnen. Mit den Bienenfressern: yon denen die tropischen Wiilder reich drei Arten: Merops superbus sire coeruleocephalus, M. Bulockii and l)l. erythroplerus (M. Cuvieri ist mehr ein Bewohner der Steppe) kennen lehrten, sitzt Dacelo senegalensis und Halcyon cheliculi Sws. auf den Zweigen der Gestr/iuche, um den Insecten aufzulauern. ¥on den Kuckuken sieht man den Coccystes glandarius selten, Cen- tropus senegalensis abet hfiufiger; Cuculus serratus ist rail dem plfich- tigen C. (Chr!/sococcyx) auralus schon bei Charthum nicht selten. Niedliche kleine F i n k e n , yon denen ich nor Fringilla (Eslrelda) minima, astrild, bengala, cinerea und elegans auffiihren will, beleben mit der sch0nen Emberiz~a flavigasler die niederen dornigen Gebtisehe. Zu ihnen treten noch mehrere Arten kiinstliche Nester bauender W e b e r -

Jouru. f. Urnith., III. Jahrg.~ Nr. 18~ November 1855, 3 1

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v 0 ge 1, dieksehniibliger K e r n b e i s s e r ~ wie Coceothraustes fasciata, und mehrere Sperlingsarten: Pyrgita lutea Lichtenst. SwainsoTtii und petronella ? a) An Ra u b v ii ge 1 n ist besonderer Reichthnm. I)er M (i n c h s - g e i e r (Neophron monachus Temm., pileatus auct.) horstet in Gesell- schaften auf den hohen lYlimosen; Gyps bengalensis Lath. erscheint Abends, um sieh einen Platz zu seiner Naehtruhe ausznwiihlen; Aquila Brehmii v. Miill. lebt paarweise in den hoehst~immigen Wfildern mit den drei versehiedenen Arten des Raubadlers (Aquila rapax Temm., raptor nobis und albicans Rtippell?) Spi~a~tos occipitalis zieht mehr das Unterholz vor~ und sitzt mit seiner Haube spielend oft stundenlang bewegungslos auf ein- and derselben Stelle; ttalia~tos vocifer erscheiut yore Flusse, Circaetos brachydactylus et orientalis nobis auch wohl Helotarsus ecaudatus, von der Steppe aus, um im Waide aufzubiiumen; Falco peregrinoides und Feldeggii lieben die hi~ehsten Zweige der Adansonien, stiirzen sich pfeilschnell yon ihnen herab, um irgend einen Fangversueh zu maehen, und kehren in we*nigen Minuten nach ihren erhabenen Standpunkten zurtiek; der prfiehtige Falco ruficollis Sws. ist ein stetiger Bewohner der kiinig]ichen D u h l e h l - und dickichtbildenden T o m p a l m e ; Sparvius niger und Nisus hybrius durchst6bern die Dickichte, Melierax polyzonus und gabar jagen in den Kronen der Biiume ; Polyboroides t!/picus, dieser merkwiirdige langsame Vogel, wfihlt die im tiefsten Walde einzeln stehenden $Iimosen zu seinemReviere; Poli- ornis rufipennis Strikl. ffingt sieh im Grase Hetzsehrecken. Manchmat sieht man auch den fig~cptischen r (i th I i c h e n B u s s a r d ~ seltner unseren einfarbig braunen Buteo eximius, welter stidlich wohl auch den Buteo Augur Rtippell u, B. Tachardus (Le Vaill.) Von den E u l e n finden wit die kleine Passerina pusilla, Ephialles scops, Bubo lacteus und Otas africanus vor.

Abet anch viele eurt)pfiische Wanderviigel erscheinen hier wtihrend tier Regenzeit, auf dem Zuge. Die Wfilder bieten fiir alle Nahrung genng. Da sieht man piirchenweise die Aquila pennata und selten A. Bonelli, einzeln den dentschen Wanderfalk (Falco peregrinus)~ mehrere Ar tender Rtithelfalken~ oft in Gesellschaften yon dreissig und mehr Exemplaren, vorztiglich da, wo die Wanderheusehreeke einen Wald- theil zu verheeren beginnt:~a), mehrere W e i h e n a r t e n , die k u r z - 0 h r i g e E u I e (Otus brachyotos); Caprimulgus europaeus und Cyp- selus apus iiberwintern hier, die Schwalben Deutschlands ziehen mit Merops apiaster und M. superciliaris noeh welter. Neben den bier ein- heimischen fiehten Wiirgerarten (z. B. Lanius assimilis, ruficaudus, leuconotus und paradoxus nobis) erseheinen noeh Lanius collurio~ excubitor~ rufus nnd minor auf ihrem Zuge, um hier den Winter zuzu-

*) Ein seltenes, kleines, dem Steinsperlinge fihnliehes Thierchen, welches ich nur zwei l~lal erlegte. Ob der Vogel richtig bestimmt ist, oder nicht, lasse ieh unentschieden. A. Br.

1st wahrscheinlieh die~ in eirtem fr/iheren Berichte unseres Journals~ (Jahrg. II, S. 445--450 besprochene Carpospiza brach~tdact~dla. Der Herausg.

~ ) Ieh babe sehon friiher erziihlt, dass die Nahrung tier im Sudahn mau- sernden ROthelfalken last aur in Heusehreeken besteh~.

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bringen. Oriolus galbula, Petrocoss.qphus cyanus und saxatilis, Mus- cicapa grisola und collaris, und viele S y l v i e n suchen undfinden bier ebenfalls ihr Winterasyl. So hat der Forscher fortwfihrend Unterhaltung und immerwiihrenden Genuss. Er macht jeden Tag eine neue Beobach- tung, entdeckt stiindlich einen neuen Charakterzug dieses oder jenes Vogels.

Unsere Schilderung ist jedoch noeh nicht beendet. Wit haben noch der F u h l a h t und B i r a k e t a l zu gedenken, welche die tropisehen Wfilder in sich bergen. Durch die herabstiirzenden und sich in einer l~iederung sammelnden Regen entstehen die ersteren, dureh das Ueber- treten eines der Str0me die letzteren. Mehrere Monate hindurch sind sie mit Wasser geftillt; die gr0sseren bewahren es oft sogar yon einer Regenzeit 7.ur andern. Sie finden sich entweder mitten im Walde in einer vollkommen baumfreien~ nur yon Geh01z umschlossenen Gegend, oder sind fiacher, und gleichen, den egyplisehen Brtichen, oder iiberschwem- men einen hochstfimmigen Mimosenwa]d~ und selzen dessen 51iederholz unter Wasser. Diese R e g e n t e i c h e sind die Versammlungsorte einer ganzen ¥ogelwelt; sie sind die Anfenthaltsorte der S u m p f - und W a s - s e r v 0 g e ] der tropischen Wfilder und ihrer Str0me, welche letzleren wir noch besonders belraehten miissen. Wie an den Seen und Briiehen Eg)'ptens sieh auch die Adler und Falken aufhalten~ nm mit Leichtig- keit Beute zu machen, so kommen auch bier die Raubv(igel Sudahns in gleicher Absicht zusammen. Die Regenteiche sind fischreich, obgleich man nicht immer begreift, wie die Fische in sie hineingekommen sind. Manche Fu hl a h t steht mit keinem der Str0me in Verbindung~ trocknet (wie in K o r d o f a h n mehrere) bis auf den Grund aus, und enthfilt dennoeh eine bedeutendere l)Ienge grosser Fisehe. Man hat dieses sonderbare Phfinomen unter andern dutch die H~fpothese erklfiren wol- len, dass die Fische der Regenteiche dutch den Laich, welcher sich unverdaut in den Excrementen der yore Strome herkommenden Wasser- vogel befunden h~itte, entstanden wfiren. Allein diese Annahme ist schon aus dem Grunde falseh, well eine Ente, welehe z.B. yore weissen Flusse nach einer grossen, in der Nfihe yon O b e i d in K o r d o f a h n alljiihr- lich auftretenden, wasser- und fischreiehen Fuhla fiiegen wollte~ minde- stens vier Stnnden brauehen~ und wfihrend dieser Zeit allen Laieh ver- daut haben wiirdel lch weiss keine Erklfirung ftir das evident erwiesene~ obgleich yon mir selbst nicht beobaehtele Vorkommen der Fische in diesen Regenteichen, und fUhre die Thatsaehe nur an~ weil sie mir ein Grnnd zu dem Bestehen einer weiter unten namentlieh aufgefiihrten zahl- reichen Artenzahl yon Fische fressenden V0geln zu sein scheint. Einige gr0ssere B i r a k e t am blauen Flusse heherbergen sogar 5rilpferde. Ich glaube sie nicht besser besehreiben zu k0nnen, als wenn ich ein- zelne Stellen meines Tagebuchs w0rtlich wiedergebe:

~) Beide Worte sind ziemlich gleichbedeutend; Bi rke t bezeichnet im Su- dahn gew0hnlich einen grSsseren~ meist durch dell Fluss gefiillten~ Fuhla einen kleineren nur dutch Zusammenfluss yon Regenwasser entstandeaen Teich- oder Bruch. Biraket oder Birkaht ist der Plural yon Birket~ Fuhlaht der yon Fuhla,

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,Am 28. November (t850.) ,Das laute Gesehrei einer Balearica pavonina ffihrt uns an das

uns gegenfiber liegende Ufer (des blauen Flusses). Dort setzt jedoeh ein undurehdringlieher l)ornenwald unserem kiilmen Vordringen bald genug Grenzen. Ein A/'aber und dessen Begleiter~ ein Berber aus D a h r el M ahass~ tlbernehmen es, reich dureh das Diekmht zu ffihren, und bringen mieh~ naehdem sie mieh auf die Fiihrtespuren eines Pan- thers, der ihnen in den vorigen 5Tiiehten zwei Esel get0dtet hat, auf- merksam gemaeht haben, auf einem sehr versehlungenen Pfade zu einem ausgedehnten Sumpfe,'der yon den mannigfaltigsten Vtigeln bewohnt ist. Jetzt wird mir pl0tzlieh die massenhafte Anhiiufung des heiligen Ibis erklarlieh~ denn gerade aus dieser Fuhla kamen die Fltige yon Hnnder- ten, (aus denen wir am 16. und 17. September fiber dreissig Stiieke erlegten) herfibergeflogen. Der Brueh hatte ihnen den sehSnsten Platz zu einer Nistkolonie geboten. Die Thiere hfitten keinen besseren finden kiJnnen Zerstreut stehende~ aber immer noeh einen Wald bildende S u n t h - (Mimosen-) B ~i u m e waren unter Wasser gesetzt worden, und wegen der zwischen ihnen liegenden Dornen, und des grundlos gewor- denen Bodens unerreiehbar. Gleieh bei meiner Ankunft fielen mir fol- gende VOgel ins Auge: Ibis religiosa, Ardea cinerea, Anastomus lamelligerus , Himcmtopus rufipes , Totanus glottis, Grus pavonina, Anser aegyptiacus, Anas viduata, Casarca r~ltila, Fulica atra, Gal- linula porzana, Carbo cormoranus, Turtur risorius, Laniari~ts ery- throgaster, Ccateropus leucocephalus, Cercotrichas erythropterus etc., welche im Wasser des Sumpfes sehwammen oder auf Inseln und Btiumen sassen. An Raubv(igeln fehlte es nicht. Aquila rapax, pennata et spec.? llaliadtus vocifer, Buteo spec.? und Falco spec.? kreisten in der H0he; Cerchne~s ceuchris et C. fasciata Brm. waren ungemein hiiufig und jagten Heusehreeken "~') Ausserdem zeigten sieh 3 - - 4 T a u b e n - und fast alle W f i r g e r a r t e n . Unter diesen ffillt mir ein dem Lanius excubitor fihnlicher Vogel besonders auf." tEs folgt nun die Besehrei- bung yon Lanius leuconotus nobis, Cab. Journal 1854 Seite 147). ,Der Bruch war mit uuziihligen prachtvollen weissen Wasserlilien be- deekt; an den troekneren Stellen wuehsen Sehlingpflanzen mit seh0nen blassrotben, windenartigen Blumen. Was die Fuhla in ihrem Inneren bergen moehte, war und blieb uns Geheimniss; ich war bei meinem Fieber nieht im Stande, einen ¥ersuch zu machen, das Geheimniss zu enthiillen. Wir koimten sie der Dornen wegen nieht einmal umgehen, und deshalb blieb unsere Jagd ohne besonderen Erfolg. (Es folgt nun die Aufzfihlung der Beute, die Maasse und kurze Besebreibungen einiger uns bisher ungew0hnliehen'VSgel.)

Ein anderes Mal (15. December 1850) heisst "es: ,Zum A a s s r (Zeit des mohammedanischen Naehmittagsgebetes,

ungef~ihr zwei Stunden vor Sonnenuntergang)kamen wir zu einer reich belebten Sandinsel. Petecanus minor Riippell~ Tantahts Ibis~ Lepto- ptilus argalla und Anastomus lamelligerus wurden sehon yon fernher

*) Siehe Journal f. Ornith. Jahrgang 1853, Seite 76.

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erkannt. Aber wir hatten Ungltick. Ich erlegte auf mehrere Sehiisse nicht einen efnzigen Vogel, verscheuchte alte yon der Sandbank und sah, class alle VOgel dem gegentiberliegenden Walde zutlogen. Deshalb liess ich iibersetzen; wir stiegen arts Land und fanden im Walde bald die Ursache dieser grossartigen Vtigelversammlung. Es war eine kaum mehr als fuhfzig Schritte breite, aber sechs his acht hundert Schritte lange, flache Lache. An und in ihr wimmelte es yon V0geln. Das kleinere, in Schaaren versammelte Strandgewimmel blieb unberticksich- tigt, zwei grosse, von mir noch nie gesehene V(igel zogen unsere ganze Aufmerksamkeit auf sich. Sic waren dem Tantahts lbis iihnlich, yon ibm jedoch durch ihre gewaltige Gr(isse; und vorztiglich dadurch unter- sehieden, dass bei ihnen der ausgebreitete Fliigel hinten nicht schwarz gesiiumt erschien, wie bei dem iNimmersatt, sondern dass das Schwarz bei ihnen yon einer Fltigelspitze zur andern iiber den Rticken in einer sch0nen Wellenlinie weglief, und am Fliigel vorn und hinten nur einen weissen Saum freiliess. Unsere Bemtihungen, sic zu erlegen, waren leider fruchtlos¢*). Dagegen erlegten wir mehrere Nimmersatte und zwei Pelekane. ~

,Einem Halia~tos vocifev nachschleiehend, kam ich in einen Wald, wie ich bisher noch keinen betreten hatte. Hohe, pracbtvolle Mimosen standen ziemlich vereinzelt in einer yon Unterholz freien Ebene, und bildeten: sich oben verzweigend, ein schattiges Laubdach. Der herein- brechende Abend brachte in diesen imposanten Hallen ein zauberisches Halbdunkel hervor. Die Biiume mussten viele Papageien (Palaeornis cubicularisWagl.) beherbergen: ich hi/rte ihre gellenden Rufe ohne Unterbrechung oben ill den Kronen erschallen, bekam aber den, bei Tage schon sehwer zu entdeckenden Vogel jetzt gar nicht zu Gesicbt. ~:

,Die M a r a b u hatten sich mit den N i m m e r s a t t e n und K l a f f - s e h n i i b e l n (Anastomus) auf hohen B~iumen zum Schlafen gesetzt, wurden aber durch die fallenden Sch(isse" so in ihrer Ruhe gest(irt, dass wir noeh tief in die Nacht hinein, das Gerfiusch ihrer Fliigelschliige vernehmen konnten. In der Ferne hSrten wit das Grunzen des Leo- parden, vor uns tauehten zwei Nilpferde in den Fluthen auf und nieder~ und im letzten Drittel der 51acht wollen die Leute das ferne Gebriill eines Lfwen vernommen haben."

.,Es ist mir in der That ganz unbegreiflich, wie sich wohl gegen tansend VOgel, von denen mehrere Hunderte nicht zu den Anspruchs- losesten gehiiren, an einer einzigen verhiiltnissmiissig so kleinen Fuhla erhalten ki~nnen. Die iNimmersatte, Klaffschniibet und Pelekane sind starke Fresser, abet die Gefriissigkeit des M a r a b u iibersteigt Alles, was Fressen heisst. Und bier waren mehrere Hundert derselben ver - sammelt; die erlegten sind wohlgen~ihrt und haben den Magen voll yon Fischen" etc.

Am 24. December (1850) entdeckten wir einen sehr grossen Regen- reich, der an V(igelreichthum Alles tibertraf, was wir bis jetzt gesehen hatten. Um auch einen Begriff yon der Mannigfaltigkeit der dort beob-

*) Es war die praehtvolle l~l~vcleria ephippiorh~tncha Riippel.

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achteten Vogelarten zu geben, lasse ich die ~lamen aller imTagebuche als ,gesehen" bezeichneten VOgel hier folgen:

Neophron percnopterus ; 3[. pileatus s. monachus. Vultur (Gyps) tli$ppellii mihi; V. bengalensis Lath. ; V. occipitalis; V. (Otogyps) auricularis. Buteo rufinus Riipp. Aquila rapax, (spec.) u. A. pennata. Helotarsus ecaudatus. Circa~tos brachydactylus. IIali- a~tos vocifer. Pandion halia~tos. Meli~rax poly~onus. Falco pere- grinoides und F. ruficollis. Circus pallidus und C. aeruginosus. Cerchne~s in mehrerem Species.

Cypselus caffer Licht. Cecropis rufifrons ; Cotyle riparia. Cora- cias abyssinicus. Alcedo coeruleo.cephala. Merops superbus s. coe- ruleocephalus ; M. Bullockii und M. minullus, (erythropterus).

Sylvia brevicauda Ri~pp.; Acrocephalus tenuirostris nobis ~). Calamoherpe einige Species. Bud qtes flavus, cinereocapillus und mehmocephalus. Cercotrichas er~lthroptera. P!/cnonotus Levaillantii. Crateropus leucocephalus. Dicrourus lugubris. Lanius paradoxus und L. ruficaudus nob.; L. personatus; L. (Nilaus) Brubru; Lania- rius erythrogaster und L. er!]thropterus. Ploceus flavo-viridis, P1. sanguinirostris und Pl. personatus. Vidua paradisea und V. serena, (erythrorhyncha). Emberiza flavigaster; Tockus erythrorhynchus und T. nasutus. PaIaeornis cubicularis. Centropus senegalensis. Lae- modon Vieilloti. Picus (Dendromus) aethiopicus.

Columba (Turtur) semitorquata; C. tOena) capensis; C. (Pe- ristera) chalcospila.

Numida ptilorhyncha. Coturnix communis, sehr zahlreich. Pluvianus aeg.qptiacus. Oedicnemus senegalensis. Vanellus

leucurus. Lobiranellus senegalensis; Hoplopterus spinosus. Grus cinerea und G. Virgo; G. (Anthropoides) pavonina. Ardea atrigu- laris Wagl.; Herodias brachyrhyncha nob. ArdeoIa bubulcus. Cico- nia alba und C. leucocephala; Mycteria ephippiorhyncha Rtipp. Anastomus lamelliger. Tantalus lbis. Ibis religiosa; L (Harpi- prion) Hagedasch. Totanus glottis, calidris , stagnatilis, glarebla und hypoleucus. Himantopus rufipes. Telmatias gallinago ; Rhyn- chaea variegata. Gallinula porzana. Fulica atra.

Phalacrocorax carbo und Ph. africanus. Plotus Ie VailIantii. Anser ( Plectropterus) gambiensis ; A. (Sarkidiornis) melanonotus. Anas: drei verschiedene Arlen. Sterna anglica und St. leucopareja. Rhynchops flavirostris.

Ich habe hiermit zugleich ein fast vollstfindiges Verzeichniss der an solehen Regenteichen und Siimpfen vorkommenden VOgel gegeben und es b]eibt nut noch eine kurze Betrachtung de,r StrOme and Fliisse des Ostsudahn und ihrer Ornis iibrig.

Die S t r O m d habe ich bereits genannt. Von den F l i i s s e n ist mir nur der A l b a r a : Raha dt und T e n d a r bekannt geworden; die vielen, bis jetzt entdeckten Zufltisse des B a h hr el a b ia d sah ich leider nicht.

*) Dem 2/. turdoides fihnlich, mit t~ingerem, sehr diinnem Schflabe], mit um 6'" kfirzeren Fltigetn und mehr ins Braune fatlender Hauptfarbe. A. Br.

Ist Acrocephalus ~tentoreus; s. Journ. Jahrg. II, S. 445. D. Herausg.

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Alle drei kann man mit dem im Sudahn gebr~iuchlichen Namen C h o h r bezeichnen~ der etwa mit , R e g e n s t r o m " fibersetzt werden kOnnte. Man versteht unter C h o h r einen periodisch wiederkehrende.n, wfihrend der Zeit derDtirre aber ganz oder theilweise vertrocknenden~ nur dutch den Regen entstandenen Fluss. Aueh die genannten drei Fliisschen, yon denen sich die letzteren in den biauen Fluss ergiessen~ trocknen w~ihrend der Zeit derDiirre bis aaf einzelne Ttimpel aus. In diesen herrscht dann ein eignes Leben. Die Bewohner desFlusse% yore Nilpferd an bis znm Strandliiufer herab ziehen sich hier zusammen. Aber die Jagd ist in der N~ihe dieser Wasserbehiilter geffihrlieh. Aueh ~ler Ltiwe und Leopard, das Nashorn, der Elephant und Biiffel halten sich an des Wasser, und so versammeln sieh gerade hier die stiirksten Raubthiere~ welehe sonst im Walde zerstreut waren, mit den nieht minder gefahrdrohenden Diek- htiutern. Wiihrend der Regenzeit sieht man diese Flfisse his an den Rand geftiltt. Die B~iume des Waldes iiberwtilben sie an manchen Stellen mit ihren Aesten und Zweigen, oder senden Ausliiufer der ihre Wipfel umstriekenden Sehlingpflanzen fiber sie hinweg~ sehwankende, aber begangene Brfieken fiir die gauekelnden Affen herstellend. Dor- nige ~Iimosenhecken tauehen am Ufer unter dem Wasser empor und erschweren oder verhindern die miihsame Schifffahrt selbst auf den grfisseren Fliissen. Jede Schlucht, jeder Wad i (Niederung) schickt seine, leider, nur w~ihrend des Charief fliessenden B~chlein dem Fluss- thale zu. Das sind die tlerzadern des Lebens der Urwalder. An ihnen vereinigt der Wald und die Laehe ihre gefiederten Bewohner. Der goldgelbe Ploceus personatus Temm. hfingt sein kiinstliehes, dem Regen undurehdringliches Nest fiber der Wasserfl~iche an den dtinnsten und biegsamsten Zweigen auf und tiberl/isst es dem Winde sich und seine Brut zu schaukeln, wie er wilt; der kohlschwarze Textor alecto sire Alecto albirostris verwirrt die ohnehin schon zum undurchdringlichen Knfiul verzweigten Aeste der Ha r a ss i unter Liirmen und lautem Ge- schrei mit seinem fiir ihn riesigen Neste; die starke Aquila rapax sucht sieh die hi~ehsten Wipfel ftir ihren breiten, dutch Dornen un- nahbar gemachten Horst ans; die niedliche, griinschillernde, kleine Arden Sturmii sehltipft behend durch die halb fiber das Wasser ragen- den, ha]b unter seiner Oberflfiche verborgenen Wurzeln der Bfiume und sp~iht nach kleinen Fischen; ihre gr6ssere Schwester~ die Arden atri- collis Wagl., hat sich mehr freiere Stellen zu ihrem Aufenthalte aus- ersehen. I)er Papagei schaukelt sieh auf den Schlingpfianzengehiingen mit dem hie besor~en Alien um die Wette; der Go|dkucknk kriecht mit dem Centropus senegalensis dutch das diehteste Gezweig; die a b y s s i n i s e h e M ~ n d e l k r i i h e briistet sich in ihrem Prachtgewande gleich den schimmernden G l a n z d r o s s e l n , (Lamprotornis aeneus, minor Riipp., superbu~ Riipp.~ nitens und erythrogaster.) Zur 5Taeht- ruhe wiihlen der rosenfiiigelige 5Ti m mer s a tt und gekr6nte P fa u e n- oder K O n i g s k r a n i c h ~ der laute, (wie ein unartiges Kind sehreiende0 metallgliinzende Harpiprion Hagedasch und kahlhiilsige Ibis religiosa, der gefriissige P e l i k a n nnd sammetbrtistige S e h l a n g e n h a l s v o g e l die dicht am Wasser stehenden B~iume. Da, wo das Wasser eine Ufer-

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stelle nicht bedeckt oder eine Sandbank frei liis~t~ sieht man die kleine bante Gans des Sudahn, (yon dem Chenalopex aeyyptiacus speeifiseh versehieden,) oft in grossen Sehaaren sehnellftissig hin und her rennen, oft ist sie 'in Gesellsehaft mit Sarkidiornis melanonotos und Plec'tro- pterus #ambensis. Der kleine dunkle Dendrocyynus viduatus hiilt gewiJhnlieh in sehr grosset Zahl die Ausliiufer der Sandbiinke besetzt und erhebt beim Anbliek einer ankommenden, bier seltenen Bark~ ein dnrehdringendes Gesehrei, liisst aber dennoeh den Jiiger sehussreeht nahen. Auf grSsseren. Sandinseln, welehe der Strom erst mit seinem Fallen siehtbar werden liisst, dann aber aueh yon Tag zu Tag vergriJs- sert, finder stets ein Zusammentreffen vieler VOgel Start. Der aus Europa angekommene graue Kranieh bevtilkert mit seiner lieblichen Schwester, Grus virgo, die Dtinen; die imposante ~lycteria ephippio- rhyncha Rtipp, K iJ ni g s k r a n i e h e , sudahnesische St5rehe, (Ciconia Abdimii und albicollis,) F i s e h - und P u r p n r r e i h e r , Dickfiisse,(Oe- dicnemus affinis R~ipp. und 8enegalensis Sws.,) S t r a n d - , U f e r - und W a s s e r l ~ i u f e r , Gf inse , E n t e n , S e e s c h w a l b e n , S e h e e r e n - s e h n f i b e l sind ihre Gesellschafter; unbesorgt um das dort schlafende Krokodil und die Mittags erseheinenden Edeladler sonnt und badet sich die friJhliche Schaar den ganzen Vor- und Nachmittag hindurch; nut am Morgen gingen sie ihrer Nahrung nach. Viele der sonar noch das Gezweig und Rohr der Fltisse durchschltipfenden und durchkriechenden ¥i~gelchen, svlbst viele yon denen, die gross und miichtig durch die Liifte schweben und immer und immer zu den Fliissen zurtickkehren, weiss ich nicht zu nennen. Auch soll ja meine Arbeit keine Namen- aufziihlung sein.

Das ist ein fltichtiges Bild des b l a u e n F l u ' s s e s und seiner Zu- fitisse. Leider bin ich nicht im Stande~ auch den w e i s s e n F l u s s zu sehildern. Ich habe ihn nur wenige Breitengrade stidlich befahren. Aber alle Berichte Deter, welche ihn welter bereiseten~ gleichviel~ ob es Europfier oder Araber~ Naturfreunde oder Kaufleute waren, stimmen darin tiberein, dass die Vogelwelt dieses Stromes eine unendlich reiche, nicht zu schildernde ist. In der That babe ich auf der kurzen Strecke meines Weges an den Ufern, auf dem Spiegel uad den Sandbfinken des weissen Flusses nicht zu sehfitzende Massen yon WasservOgeln gesehen, rand in den ausgedehnten tropischen W~tdern zu beiden Seiten des Stro- rues eine so reiche Ornis gefunden, dass ihr gegeniiber die des blauen Flusses noeh in den Sehatten treten diirfte. Hat man doch erst vor wenig Jahren den mfichtigen Balaenicep8 rex"") in seinen Siimpfen

~') Ich sahe die Original-Exemplare in Charthum in den It~inden eines Italie- ners und rieth dem Baron ~'on Miiller zu deren Ankanf. ~eider konnte dieser wegen der Gauner¢i des Itatieners aieht bewerkstelligt werden. Jetzt hat mein Freund H e u g l in , (derzeit in Charthum wohnend,) 3 Exemplare dieses Vogels erhalten, worauf ich ]/useen und $ammler einstweilen aufmerhsam machen will.

A. Br. Das eine dieser Exemplare hat Hr. Heugl in mit anerkeanenswerther Libe-

ralitfit, zugleieh mit vielen anderen seltenen, zum Theile erst yon ihm neu ent- deekten Vogelarten dem Berliner Museum als Geschenk fibermaeht. Die anderen Exemplare des Balaeniceps sind, soviel ich weiss~ naeh Wien und Frankfurt a/M. gekommen. D. tlerausg.

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entdeekt, einen Vogel, de rnur ihm eigenthiimlich ist, and dennoeh ist sein Flussgebiet erst wenig oder nicht bekannt geworden. Der weisse Fluss war mir das unerreichte Ziel meiner Wtinsche auf allen meinen Reisen in Nord-Ost-Afrika; er ist vielleicht die reichste Fundgrube, die es fiir den Ornithologen tiberhaupt geben kann.

Nach Norden und Westen zu ver]ieren sigh die tropischen Wii]der in t i le Steppe.

Wir betrachten in ibr ein neues Jagdgebiet. Ein ganz eigenthiim- licher gandstrich, beherbergt sie viele ihr einzig and atlein, oder doch zum grossen Theile angeh(irige Thiere. Die C h a l a , wie tier Sudah- nese seine Steppe nennt, ist yon der Wiiste, mit der sie zusammen- .hiingt, wohl zu unterscheiden. Diese hat fast Nichts, als Sand und Steiae; nut bier and da zeigt sich in einer gtinstig gelegenen Niede- rung eine tiberaus sparliche Vegetation. Die Steppe hat ihre Graswiil- der, wie die Savanne Siid-Amerika's, hat ihre einzein stehende Mimose, die, wenn sie auch nicht immer zum Stature erstarkte~" doeh wenigstens hohe Biische bildet, sie hat ihre N a b a k - and M u r d j g e s t r i i u c h e ¢:) und in ihren zahlreiehen Gohr s sogar recht iippigen Pflanzenwuchs. Die Steppe ist das Bindeglied zwischen den Iropischen Wi~ldern und der Wiiste; eiazelae Parthien kann man dieser, ~ndere wieder, jenea zurechnen. Sic beginnt innerhalb des Bereichs der tropischen Gewitter- regen, ungef~ihr zwischen dem 17. und 18. 6r. n0rdt. Br., reicht bis zum I4. und 13. Grade und zieht sich wie ein schmaler, schlangen- fi~rmig gebogener, bald n~rdlich vorspringender, bald siidlich zuriick- tretender G0t'tel darch einen grossen Theil des centralen Afrika. Wie welt sie reicht~ wissen wit nicht, wohl aber, dass D a h r f u h r (gew0hn- lich Darfur geschrieben,) zum gr0ssten Theile Steppenland ist. Wo der Wald aufh0rt, beginnt die Steppe, wo er zuriickweicht, tritt sie vor, wenn er stetlenweise dutch das Feuer oder die Axt vernichtet wird, bemiichtigt sie sich des verlassenen Gebietes und stellt den Wald aIl- miihlich wieder her; sie beherrscht binnen Jahr and Tag wieder das verwahrlosete oder verfidete Feld und vernichtet in wenig Jahren ein verlassenes Doff dutch ihren Regen mit Htilfe der Termite, bis aut' die geringste Spur. Alle fi'eien, d. h. nicht yon e'iaem der Fliisse aus bewiisserten Felder tier Sudahnesen liegen in der Steppe, jede grosse Horde betrachtet sie als ihre Geburtsstiitte, die Horde des Nomaden als ihre Wohnung.

Die Steppe ist fast iiberall eben. Einzelne Bergkegel erheben sieh bier und da isolirt aus dieser Ebene; za Gebirgsziigen vereinigen sie sich selten. Die A uadi ~") sind flach, abet dtlrch reichere Vege- tation ausgezeichnet. Sonst sieht man meilenweit keine Abwechselung des Bodens in der Ebene. Einige Grasarten entsprossen dem ziemtich diirren Boden, sie werden oft so hoch, class sie einen Mann iiberragen; andere sind niedriger und sehr wohlriechend. Dann sieht man auch

*) Murdj, eine Leguminose, welche ziemlich hohe, merkwfirdige Btische bildet. Das Holz dieses Strauchs gebrauchen die Sudahnesen, um durch Reibung Feuer zu erzeugen.

~) Plural yon Wadi, Niederung, Thai.

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grosse Streeken mit dem sehon erw~ihnten Askan i t bedeekt. Dazwi- sehen erheben sieh einzeln stehende Gestr~iuehe, die setten mehr, als 30 Fuss HGhe erreiehen. In den fruehtbareren Striehen sieht man aueh Bhume, ja an einzelnen Often treten sogar zusammenh~ingendere W~il- der aut: Je mehr man sieh dem Siiden zuwendet, um so mehr nehmen diese an Gr0sse, Ueppigkgit und Praeht zu und gehen allmahlieh in die Urw~ilder tiber.

Wie iJberall, tritt aueh hier die Zersttirung feindlieh gegen die erzeugendo Kraft anf. Die stolze Mimose f~illt einem kleinen Thier- ehen: der T e r m i t e zum Opfer. Sie iiberzieht den ganzen Baum, selbst den noeh gviinenden, his in die feinsten Zweige hinauf mit einer erdigen Kruste, unter deren Sehutze sie das Werk der Verniehtung be- ginut. Jedes Zweiglein wird zernagt, jeder Ast ausgeh~lt, der Stamm yon unz~ihligen Verbiudungskan~ilea durehbohrt. Ein Sturm stiirzt das morsehgewordene Pflanzengebfiude tiber den Haufen, wirft den Baum wie einen Spietbal/ bin and her und stellt ihu endlich auf seine brei- teste Basis: die Krone. Vor der Regenzeit ztindea die N'omadeu das 6ras der Steppe an. Did Flammen verbreiten sieh bei dem zu dieser Zeit herrsehenden Winde mit entsetzlieher E!le; ein Feuermeer r0thet den Himmel. Meilen~veit debut sieh das verheerende Element naeh allen Riehtungen aus; der diirr gewordene Baum~ das verwelkte Gras giebt ibm neue Nahrung. Tausende yon giftigen S e h l a n g e n , Millio- nen yon S e o r p i o n e n ~ T a r a n t e l n und anderem Ungeziefer, abet aueh.harmlose E i d e e h s e n , hier unsehfidliehe ~l~iuse, selbst gr0ssere Sfiugethiere gehen zu Grunde. Die grossen fliiehten sieh gefingstet in meilenweit entfernte Gegenden, die VOgel sehweben ersehreekt tiber dem entsetzliehen Brande; nut die B i e n e n f r e s s e r f~rchtensiehnieht vor dem Qualm und stiirzen sieh beherzt in den diehtesten Bauch, ,,veil das Feuer alle gefltigelten inseeten auftreibt. Doeh wird das die Pflauze vertilgende Feuer auch wieder gerade ein Mittel, die neu hervorspros- sen,te zu kr~iftigen. Fruchtbare Asehe bleibt auf tier Brandst~itte zurtiek, der erste Regen vermiseht sie mit dem Iockeren, sandigen Boden und nun w~iehst die naeh dem Regen neu grtinende Pflanzenwelt fr0hlieh empor. Jetzt treibt der wandernde Nomade seine zahlreiehe Heerde yon eiuem Weideplatze zum andern, unffef~ihrdet trabt das Kameel yon der grtinenden Mimose zum saftigen Grasplatze. Zahllose Rinder, Ziegen und Schal'e bleiben der Obhut des Mensehen anheimgestellt; sie werden yon ibm behiitet und bewahrt, damit nieht der hoehbeinige G e p a r d , (Felis jubata,) und die n~iehtlich sehleichende H y~ine eines der Thiere ergreife und t0dte. Weiter stidlich aber muss aueh alas Kameel der sehirmenden S e r i e b a anvertraut werde, n, denn dort, wo die W~ilder beginnen, haust aueh der m~iehtige L0we. Er fotgt dem Nomaden auf seinen Ziigen, der Kt~nig der Wildniss fordert mit lautem Gebriill seiuen Tribut. Ansser diesen Raubthieren finder sieh aueh noch tier r0thliehe Steppenluehs in der Chala, settener der bnnte [-Innd, (Canis pictus.) An Wiederk~iuern ist kein Mangel. Die langhalsige Giraffe durchstreift in Rndeln ihr weites Reich; Antilopen sind gemein. An geeigneten Orten sieht der Reisende tagt~iglich Hunderte der nied-

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lichen Gazelle, seltener den A e r i e l l der Araber, (Antilope arabs.) Der B a k h r el C h a l a , zu deutsch ,das Rind d e r S t e p p e % (An- tilope leucovix,) ist iiberall, abet stets einzeln zu flnden. Die Arten- zahl der fiberhaupt vorkommenden Antilopen kenne ich leider nicht; sie ist gross: denn die Steppe ist die eigentliche Heimath dieser geffilligen Thiere. In dem zwischen dem blauen F l u , s s e , dem r o t h e n Meere und dem B a h h r el A t b a r a lieffenden B e l l e d T a h k a soll sogar das N a s h o r n und ein w i l d e r , noeh yon keinem Naturforscher ge- sehener E s e l vorkommen. In K o r d o f a n sieht man sehr hfiufiff die HOhlen des seltenen S c h u p p e n t h i e r e s ~ (Manis macrura?) und die eines A m e i s e n b i i r ' s ? yon den Arabern A b u - D e l a h f genannt; am so seltener abet die merkwtirdigen Thiere selbst. I)ann giebt es auch noeh E r d e i e h h t i r n c h e n , Miiuse und R a t t e n in vielen Arten, W i i s t e n h a s e n und Anderes mehr. Gif t ige S c h l a n f f e n und f f rosse b i s s i g e , abet auch kleine, in den priiehtiffsten Farben schillernde Wfi- s t e n e i d e c h s e n sind ~iusserst hitufig.

Auch die Ornis der Steppe ist reich an Arten. Der e g y p t i s c h e A a s g e i e r , (Neophron percn@terus,) folgt mit dem M0nchsge ie r , dem weissnackigen und dem W ti s t e nr a b e n den dahin ziehenden Ka- ravalten und weidenden Heerden. Hoch in den Liiften schweben die griisseren Geier, (Oto.qyps a~'tricularis, Vultur occipitalis, Gyps ful- vus, bengalensis und R~ppellii mihi,) oft viele Meilen vom trinkbaren Wasser entfernt, obgleich sie tagtiiglich dahin zu~iickkehren miissen, am zu trinken. Yon den Adlern erwfihne ich die tiberalt vorkommende Aquila rapax und die his hierher ziehende A. Bonelli und pennata. Circa~tos orientalis nob. ist ziemlich hfiufiff und vertilgt mit dem phan- tastischen Helotarsus ecaudatus et brachyurus Brehm die zahllosen Reptilien. Der Letztere ist eine der merkwiirdigsten Erscheinungen, welche dem Reisenden in den Tropen aufstossen kann. Mit vollem Rechte nannte Le V a i l ! a n t diesen Vogel .,le b a t t e l e u r " uud Wief fmann czTv~)~eg. Er ist ein Gaukler. Sein Fluff ist das Vollen- detste yon Allem, was fiiegen heisst. Er tummelt sich nach Herzenslust dutch die Ltifte and wiegt sich behaglich im blauen Aether. Sein Er- scheinen ist ebenso schnell, als sein Verschwinden; der Vogel ist so fitiehtig, dass man nicht im Stande ist, ihn ordentlich kennen zu lernen. Dennoch kann der, welcher ihn nur einmal fliegen sah, seine m~irchen- hafte Erscheinung hie vergessen. Er ist ein ebenso sch(iner, als niitz- lieher Vogel. Fast ebenso merkwiirdig ist der Sekret~ir, (Gypogeranus serpentarius,) ein ebenso eifriger Schlangenvertilger und ein nur der Steppe angehiiriger Vogel. Seine trappeniihnliche Gestalt erregt die Aufmerksamkeit des Forschers ebenso sehr, als die des Sudahnesem Dieser kennt den Vogel, den er A b u - H a i e , (Vater der Giftschlan- gen,) nennt~ sehr wohl und weiss viel Eigenthiimliches yon ihm zu er- ziil~len. Leider ist der Vogel selten und so scheu, dass man ihn nur yon ferne zu sehen bekommt. Sein Lauf ist ehenso schnell, wie der eines Trappen. Dabei fliegt er vortrefflich. Nach Aussaffe der Sudah- nesen soll er auf der Erde nisten.'*) Die Edelfalken sind sehr selten

~) Das wiire ausser den Weihen, den Sumpf-Ohreulen~ dem in Taurien im

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in der Steppe. Dagegen kommt Melieraz poly~onus htiufig, M. gabar und Nisus hybrius seltener vor. Auch der allerliebste gabelsehw~inzige Elanoides Riovourii, jener gewandte und viele fliegende Heusehreeken- Vertilger, ist in der Steppe zu finden. In K o r d o f a n sieht man ihn 6fters, abet fast immer hoeh in der Luft. Von den Rtithelfalken habe ieh .mehrere Arten, Cerchneis fasciata Brehm, guttata nob., rupicolae- formis Paul v. Wfirtt. and C. cenchris,) beobachtet; wenn die Heu- sehreeken hfiufig sind, kommt auch Erythropus vespertinus in der Steppe vor. Die hfiafigsten Tagraubv6gel abet sind die Weihen. Der blasse Weihe ist tiberall gemein. Seltener finder man auch Circus cineraceus, sehr selten (yon mir nieht beobachtet,) auch einen Circus maurns? Poliornis rufipennis Strickl. ist wfihrend der Regenzeit nicht gerade selten, nach dieser Periode abet nicht mehr zu sehen. ¥on den Eulen b~merkt man Bubo ascalaphus, (iiberall h6chst selten,) Otus africamts and brachyotus, Or. leucotis Temm. (gemein) un(1 Strix splendens; unter den Ziegenmelkern geh6rt der praehtvolle goldgetbe Caprimulgus eximius der Steppe allein, Capt. climacurus abet auch dem Urwalde mit an. Er ist iiberall hfiutig and erfreuet den Jiiger durch sein gemiithliches Schnurren. Aueh (.,'apr. europaeus, infuscatus und aegyptius siad 'oft gesehene Gfiste der Steppe. Unter den Seg- lern bemerkt man (.~pselus apus im Winter in grossen Schaaren, C. caller Lieht. an abhfingigen Stellen, and C. parvus da, w o e s Tom- pahnen giebt; unter den Sehwfflben Cacropis rufi[rons, die sch6ne und auffallend grosse C. capensis, C. filicaudata? als einheimische, (Z ru- stiea, alpestris sire rufula and. Uhelidon urbiea als wandernde V6gel. Uoracias abyssinicus ist h~iufig and finder in dem schOnen r6thlichen C. Levaillantii eiaen Gattungsverwandten. In den Adonsonien wohnt Psittaeus Meyeri Riipp. Auch die Bienenfresser sind in der Steppe hliutig. Ieh beobaehtete sieben Arten: J~lerops superbus sire coeruleo- cephalus, Cuvieri, viridis, Bulockii, erythropterus, auf dem Zuge aueh M. apiaster und Savignyi sire aegyptius. Promerops cyanomelas, mi- nor Riipp. und erythrorhynchus kommeu an waldigen, Nectarinia pul- chella und metallica an busch- und blumen- resp. distelreichen Stellen vor. S t e i n s e h m ~ i t z e r und W i i r g e r treten in mehreren Arten auf; Cercotrichas erythropterus, Crateropus leucocephalus, Sphenura aca- ciae Riipp. und Dicrurus lugubris bewohnen die Biisehe; mehrere Finkenarten, (Fringitla astrild, bengala, minima, elegans, cantans,) sind in der Nfihe der Nomadenlager gemein; andere, Fring. (Pyrgita) lutea, Swainsonii, Ft. fasciata, Vidua paradisea und serena,) lieben die buschreichen, 6deren Orte. Unter den Lerchen habe ieh nur drei der Steppe eigeathiimliehe, die Melanocorypha rufescens nob., Pyr- rhullauda crucigera und leucotis Temm. gefunden, aIle iibrigen gehiJren aueh der Wiiste mit an und werden bei der Schilderung yon dieser ihre Stelle finden. Die Tauben sind nur ' in wenig Arten: Columba (Turtur) risoria, semitorquata, (Oena) capensis, abet in zahlreichen

Steppengrase horstenden Kaiseradler uud dem auf Island im tlaidekraute nisten- den Zwergfalken wohl das einzige Beispiel eines so tief briitenden Raubvogels.

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Exemplaren vertreten; yon den htihnerartigen VOgeln finder man das Pe r l h uhn ( N u m i d a ptilorhy~cha) in zahh'eichen, den Francolin (F. Clappertonii Riipp.) in weniger starken lietten; die europiiische Wachtel nimmt ihr Winterquartier in der Steppe; F l u g h i i h n e r (Pte-. rocles bicinctus, exustus und coronatus) sind bfiulig. In Kol'dofan finder man an einigen, mit niedcrem Grase bewachsenen Stellen auch ein sehr hiibsches, gern verborgen lebendes Laufhuhn, Ortyxelos Meifrenii.Vieill. Unter den RennviJgeln steht der Strauss oben an. Er ist iiberall in der Steppe zu finden, sie ist seine eigentliche Heimath. Er durchzieht diese in kleinen Trupps in allen Richtungen. Fast an allen sandigen Stellen sieht man seine leicht kenntliche F~ihrte, die einzelnen Tritte 6 - - 8 Pa- riser Fuss yon einander entfernt. Von den Trappen sieht man Otis arabs Lin., yon den Arabern el H h n b a h r a genannt, ~") und Otis nuba Riipp., den M a g g a r oder M a k h a r der Eingeborenen. Letzterer ist in l(ordofan gemein; man hiJrt sie triihmorgens fortwiihrend ihren laut- schallenden arabischen Namen rufen~ erstere ist weniger hfiufiff, aber keine Seltenheit. Dann ffihre ich yon Rennv(ig'eln noch Oedicnemus affinis Riipp., senegalensis Sws., sowie auch Cursorius isabellinus und C. chalcopterus Temm. als Stelipenbewohner auf. Zwei Lappenkiebitze: Lobivanellus senegalensis nnd pileatus sind biiufig; sie laufen in klei- hen Gesellschaften in busch- oder baamreichen Gegenden laut schreiend herum. S u m p f - und S c h w i m m v i i g ' e l finden sich begreiflicher Weise nicht in der Steppe, wohl aber in den in ihr entstehenden Regentei- chen; es sind dieselben, welche wit" bet Schilderung der B i r a k e t und F u h I a h t kennen ]ernten.

So hfitten wir auch die Steppe darchwandert und gelangen jetzt in die yon uns noch nicht beriihrte

~ F i i s t e . Sie ist die firmste, abet nicht die am wenigslen interessaate Fund-

grube des Ornithologen. Wet verm0chte sich des "eigentltihnlichen, grossartigen und beiingstigenden, erhebenden und niederbeugenden Ein- druckes zu entwehren, den die unendliche Waste abtI? Mit ihren Schrecken und mit ihrer n:,ichtlichen Pracht tritt sie gleich miichlig den Menschen an. S a h a r a nennt der Araher jenes unermessliche, einen Raum wie ganz Europa in sich aufnehmende, Sandmeer: S a h h r heisst der Zauber, S a h h a h r a die Zaubertibende, die Zauberiu. Ja, das ist sieI Bald tritt s i ea l s eine milde, hoch erhabene, bald wieder als eine furchterregende, griissliche Zauberin vor uns bin. Weun der liebliche Abend fiber die ermattete Karavane hereinbricht und die erquickende Nacht den mtiden Wanderer labt, dann enffaltet die Waste eine eigene Prackt. Dann ist es, als wolle sich alas Heer der Sterne hernieder- senken zu dem klaren Auge des Ruhenden; dann ist es, als trenne uns nut der Raum und nicht der trabe Dunst unserer kalten Zone von jeneu

*) leh bezweitle, dass Otis houbara Gm. in jenen Steppe,, vorkommt. Irre geleitet yon dem arabischen Namen der Otis araSs, habe ich frfiher in der ,Naumannia" yon der Kragentrappe, als Bewohner der kordofahnesischen Steppe gesprochen, abet auf allen meinen spiiteren Reisen hie diesen Vogel gesehen~ oder vail den Eingeborenen beschreiben hiiren.

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leuchtenden Wolken, die nur in der Wiiste in unffeahnter Sch0nheit and ewiger Reinheit zur Erde niederschimmern. Dann errasst das Gefiihl der Unendlichkeit des Seh0pfers das Gemtith des Menschen und mit dem Auge schweift der Geist empor zu jenen geahnten R~iumen. m Aber wenn dann am 5~Iorffen die Sonne biutigroth am fahlgrau iiberzogenen Himmel emporzieht; wenn sie nach einer kurzen Spanne Zeit ihre g'lii- henden Strahlen herunterbfftzt auf den verlassenen Menschen; wenn der sucheiide Blick iiberall im endlosen Sande endet, kein Baum~ kein wirth- lich Dach sich zeigt und mit dem flammeustrahlenden Gestirn des Tages sich der ,Gifthauchende" (der Samuhm) vereint, -- da entsinkt selbst dem beherzten Manne der Math, denn alle Schrecken der folgenden Tage treten todtgrauend vor den ahnungsvollen Geist. Doch auch die Schrecken der Wtiste verschwinden~ der ertOdtende Samuhm ermattet und der Ahead bringt wieder jene unendlich wohlthuende R~hle und Rnhe.

So m~ichtiff wirkt die fnrchthare und dennoch wieder hochheilige Waste auf den Geist, gleich m~ichtiff wirkt sie auf seine Hiille: den K0rper. Sie modelt ihreu Bewohner nach ihrem Gesetz; sie ffiebt dem ill ihr lebenden Thiere ihr eigenes Gep'r~ige. So scharf~ wie sich die Fauna und Flora der Alpen uud des Meeres yon der anderer Gebiete unterscheidet, ebenso scharf begrenzt ist die Fauna und Flora der Wiiste. Alpen, Meer and Wiiste, diese drei sind gleich erhaben, gleich fnrchtbar, gleich eigenthiimlich. Jedes dieser drei Gebiete hat sich seine eigenen Thiere, seine eigenen Pflanzen gebildet, aber nirgends tritt diese Eigenthtimtichkeit so hervor, wie in der Wiiste. Betrachten wit die Thiere etwas n~iher. Atte zeigen die drei Hauptfarben der Waste: S a n d g e l b , W e i s s and S c h w a r z ; die erstere nenne ich geradezu die W i i s t e n f a r b e , denn diese besitzen alle Gesch~pfe tier Waste mit grSs.seren oder g'ering'eren Abweichungen, yon dem B e- du in en , dem ,,Wiistensohne" an~ bis zu dem im Sande sich verkrie- chenden R~ifer herab. Ich kenne kein eigentliches Wiistenthier, wel- ches eine andere Farhe h~itte, als I s a b e l l , W e i s s oder S c h w a r z . Die erstere tritt iiberall vorherrschend auf, das Weiss ist fast hie rein und immer der Erde zugekehrt. Diese Waste selbst tr~igt diese Farben. Schwarz sind die Felsen; isabell, oft weisslich ist der Sand. Dariiber wOlbt sich der ewig blaue Himmel. Welch' treffender Beweis ist das yon der weisen Fiirsorge des Sch~pfers far alas Leben der Thiere. Alle diejenigen, welche sich vor Feinden verbergen miissen, haben ohne Ausnahme nur die Farbe des Sandes oder der Steine; die durch ihre Raschheit oder St~irke mehr gesicherten sind h~ufig schwarz. Ich nenne yon ersteren unter den V~geln die Renner (C~lrsorius), Lerchen und viele Steinschm~itzer, yon letzteren den Wtistenraben und die Saxico!a cachinnans. Gazellen und Hasen, Schlangen und Eidechsen, K~ifer and Spinnen liefern den Beweis, dass sich meine Ansicht auch auf andere Thierklassen ausdehnen l~isst.

Ebenso, wie sich die Gesch6pfe der Waste in ihrer Farbe iihneln, gleichen sie sieh auch in ihren Eigenschaften. Alle sind mehr oder weniger s c h l a n k , s e h n i g , k r~ i f t ig , f~ihig ungeheuere Anstren-

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gungen, Beschwerden, Hunger und Durst auf lange Zeit zu ertragen; alle lieben ganz unverkennbar ihre Heimath~ alle verktimmern sehnell~ wenn sie ihr entrissen werden~ oder verlieren wenigstens ihre sie aus- zeiehnenden Eigensehaften. Bei den hiiheren Thieren tritt diess deut- lieher hervor. Der Beduine und sein Ross sind in den St~idten, welehe sie besuchen~ gar nieht wiederzuerkennen. Der Reiter sehleicht sehlep- penden t~anges dureh die Strassen und nut sein blitzendes Auge verriith seine Heimath; sein Ross steht traurig, mit gesenktem Haupte und hiin- get,den Ohren~ da, beide sind nieht an ihrem reehten Orte. Da besteigt der Beduine sein Thier und trabt seiner Heimath zu. Freudig wiehernd begrtisst sie das Ross. Es sehniiffett begierig die trockene Luft ein. Jetzt fiihlt es den Sand der Waste unter seinen Hufen, stolz erhebt es sein Haupt, reekt die feinen, gelenkigen GIieder, Reiter und Ross ver- waehsen in Eins und dahin fliegen sie beide. Die der Wiiste entrissene Gazelle verliert ihre Munterkeit~ die bissige Eideehse ibre Wuth~ der Vogel seinen Frohsinn - - sie welken und sterben dahin. Das ist nieht der Verlust der Freiheit allein, denn alle abrigen Thiere ertragen diesen leichter, das ist eine tiefe, gliihende Sehnsucht nach ihrer rfithselhaften Heimath.

Die ZahI tier eigentlichen Wastenthiere ist geriug. Unter den S~iugethieren fiihre ieh die Gazelle, (Antitope dorcas,) und den A e r ie l l der Araber~ (Ant. arabsO einige Springmaus-Arten, (Dil)~is Gerboa-:~) uud andere~) wenige Mfiuse~ eine Ratte~ eine S t a c h e t m a u s ~ viele F l e d e r m a u s - A r t e n auf. Naeh erhaltenen Mittheilungen soil auch der sinaitische Steinboek, ( Ibex syriacus sire caucasicus?) in den egyptischen Wtistengebirgeu vorkommen. An den meisten Often tier Waste finder sich auch die Hyfine~ der r 0 t h l i c h e S t e p p e n l u c h s und der S c h a k a l ; doch gehOren diese Thiere nicht eigentlich der Wiiste~ sondern mehr der Steppe an. Yon Amphibien linden sich einige V i p e r n , die B r i l t e n s e h l a n g e ~ einige N a t t e r n uud sehr viele Eideehsen im allgemeinsten Sinne des Wortes. K~ifer und andere K e r b t h i e r e sind ebenfalls nur spifrlich vertreten; yon den tetzteren diirften zwei Arten yon Scorpionen die h~iufigsten sein. Ebenso gering ist die Zahl der V0gelarten, unter denen die Steinschmiitzer und Ler- chert die h~iufigsten siud. Fassen wit alle yon mir in der Wiiste ge- sehenen VSgel zusammeu, so ergiebt sieh ungefiihr folgendes Verzeich- niss: ~l'Veophron percnopterus, Valtur l~ulvus, Circa#tos brachydacty- lus , Falco peregrinoides , Cerchneis guttata , Athene meridionalis, Caprimulgus europaeus , aegyptius , infuscatus, Cypselus apus , Ce- cropis Boissonneautii , Neclarinia metaltica , Cyanecula suecica, ~) ~"Saxicola cachinnans~ aaurita~ "::'stapazina, alugens, %enanthe, ~sal- tatrix, :*gracilis, Motacilla alba, Petrocossyphus cyanus u. saxatilis, ~sSphenura acaciae , Lanius excubitor~ ~ Corvus umbcimts , ":~Cocco- thraustes cantans , ":~Emberi$a caesia u. ":~striolata , :~Melanocorypha calandra, "~'isabellina , ~'pallida , brachydactyla , ~Galerita tiara mihi cristata auct., Certhilauda desertorum et ~meridionalis nob., :~Pyr-

*) Dierboa ist der arabische Name der Springmaus. ~) Einmat~ e~wa 10 ~leilen yore Nile entfernt~ beobaehtet.

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rhutauda crucigera, aPyrrhula githaginea, Columba livia, semitor- quata, risoria, Perdix Hayii Rtipp., aPterocles, in allen seinen nord- ost-afrikanischen Arten, Oedicnemus senegalensis, ~Uursorius isabel- linus. Voa allen diesen VOgeln sind nnr die mit einem # bezeichneten iichte Wiistenbewohner: alle fibrigen haben sieh nur zufiillig dahin v t r - flogen.

Alle WiistenviJgeI leben in kteinen Gesellsehaften, erst zur Brutzeit sondern sie sich in Paare. Einige Arten, wit z. B. die Lerchen, sind auf kleinere Strecken besehrfinkt, andere kommen fast in allen Punkten der Wiiste vor. So die Steinschm~itzer. Nut wenige'Arten sind scheu, die meisten im Gegentheile ungemein zutraulieh und unbesorgt. Die Brutorte aller in der Waste wohnenden VOgel sind ungemein schwer zu entdeeken.

So h~itten wir die hauptsiichlichsten Jagdpliitze Nord-Ost-Afrika's kennen gelernt. Die alpinen Regionen der beiden Nebenliinder Abys- sinien und Arabien bieten wieder andere Anziehungspunkte und entrollen dem Jtiger wieder neae~ gr.ossartige nnd wechselvolle Bilder. Wir las- sen sit unberiihrt.

Mit den in diesen Bl'attern aufgeftihrten V(igelnamen babe ich zu- gleich ein ziemlieh vollstiindiges Verzeichniss der iiberhaupt yon mir beobachteten VOgel gegeben. Nut wenige Namen darften hier und da noch einzuschalten sein.

Das Betragen der m~nnli6hen RaubvOgel beim Horste. Von

Pastor L Brehm.

Es wiirde viel zu welt ffihren, wenn ich das Betragen auch nur der europliischen miinnlichen V0gel beim Neste sehildern wollte. Ich behalte mir vor~ dieses nach den verschiedenen Abtheilungen derselben ktinftig zu beschreiben; jetzt will ich hier nut die Miinnchen der Raubvfigel in Betracht ziehen.

Fraher war man al]gemein der Ueberzeugunff, dass die mfinnlichen Raubv~igel am Brutgesch~ifte gar keintn Antheil nfihmen; allein sp~itere Beobachtungen haben das Gegentheil bewiesen. Schon vor vie]en Jab- ren erlegte der Hr. Actuar MOdel in Gotha, nicht welt voia Zella St. Blasii, ein Mfinnchen des Wespenbussards bei dem Horsle, yon dessen Eiern er den Tag vorher das Weibchen geschossen hatte. Das Mfinn- chen hatte also das Brutgeschfift fortgesetzt und wiirde wahrscheinlich auch die Jungen allein aufgefiittert haben. Auch mein Sohn Alfred hat in Afi'ika das Mfini~chen yon Aquila rapax briitend gefunden, und Hr. Kriiper hat in Pommern den m~innlichen Seeadler, Halia~tos albi- cilla, als er yon den Eiern abfiog, gesehossen. Diese Beispiele be- weisen also ganz nnwiderspreeblicb, dass die mfinnlichen Tagraubviigel wenigstens zuweilen brtiten helfen. Regel scheint es jedoeh nicht zu sein, wenigstens nicht bei den hier gewfhnlichen Tagraabvageln, namentlich bei den Bussarden~ Habiehten, Sperbern, Thurm- und Baumfalken und