die beurteilung von wurstwaren auf grund der chemischen und mikroskopischen untersuchung

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[Zeitsehr. f. Untersuchu ng 278 16. Hauptversammlung Deutscher Nahrungsmittelchemiker. l d. Nahr.- ~. Genulimittel. M. I-I. ! Zum Sehlusse ist noeh die Frage der Bean standungsgrenze zu erSrtern. Bei stimtlichen Wfirsten, die unter Wasserzusatz hergestellt werden, ist, mit Ausnahme der frischen Bratwurst, die Bereitung, wle die zahlre[ehen mitgeteilten Beobachtungen klar er~viesen haben, mit einem meist sehr betrtiehtllchen Wasserverlast verbunden, soda] die Beanstandungsgrenze bei den Wurstersatzsorten, bei welchen erhebliche Schiittungen in Frage kommen, wie bei 'Briihwiirsten, Leberwiirsten, Sehwartemagen, ganz unbedenklieh tie~er festgesetzt werden kann, als der zugelassene ~Vasserzusatz. Naeh meinem Daffirhalten wird dies zweckmtii~ig durch den Satz zum Ausdruck ge- bracht, dab Wfi~:ste, welche einen Wasseriiberschul~, berechnet aus der Differenz: Gesamt-Wassergehalt minus organi~ehes :Niehtfett )>( 4, yon mehr als 15 Teilen auf 100 Teile ung'ewtisserte Wurstmasse auh weisen, nicht mehr als so hergestellt gelten kSnnen, wie der Ver- braucher bereehtigterweise erwarten darf. Den verschiedentlich gemachten Vorschlag, die der Berechnung des M i n d e s t~ Wassergehaltes zugrunde gelegte VerhtiItniszahl 4 durch eine die Berechnung des wahrseheintiehen Fremdw~ssergehaltes ermSgliehende Verh~tltniszahl etwa yon 3,5 zu ersetzen, mSchte ich nicht unterstiitzen. Schon veto Standpunkte der Billigkeit aus diirfte es vorzuziehen sein, an der eine grSl~ere Sicherheit der Bearteilung Verbfirgen- den Zahl 4 festzuhalten. Wohl bin ich mir bewul~t, dal~ naeh meinen Vorschliigen manehe iiberm~tt~ige Wasserzus~tze der Feststellung noch entgehen. Jedoch mul~ es, da der wirkliche Fremdwassergehalt doeh nicht in allen F~llen ann~hernd genau ermittelt werden kann, genfigen, sagen zu kSnnen, dal~ m indestens so oder soviel Wasser zugesetzt wurde. Der I-Iauptzweck solcher fiir die Praxis bestimmten Methoden ist doeh durch den erzieherlschen Wert gekennzeiehnet, welcher darin liegt, da~ die Produzenten dutch die ErmSglichung der Aufdeekung yon Mi~st~inden in der Herstellung yon Lebensmitteln zur Abstellung derselben angehalten werden. Diesem Zweck abet diirfte die Annahme der yon mir empfohlenen Beanstandungsgrenzen in geniigender Weise gereeht werden. Dr. Seel (zur Gesehfiftsordnung): Um die Diskussion abzukfirzen, mSchte ich den Vorsehlag machen, dal~ ieh zuerst noch meinen Vortrag halte und dal~ dann die Diskussion erSffnet wird. Der Vorsitzende: Es steht noch aus der Vortrag <les tterrn Seel: Die Beurteiiung yon Wurstwaren auf Grund der chemischen and mikro- skopischen Untersuehungen. Ieh glaube, der eben gemachte Vorschlag ist nicht unpraktisch, ich bitte I-Ierrn Seel zuniichst seinen Vortrag zu halten. Die Beurteilung von Wurstwaren auf Grund der chemischen und mikroskopischen Untersuchung. Von Eugen Seel-Stuttgart. Wie ieh schon an anderer Stelle 1) ausgefiihrt babe, geh5rt die Untersuchung und Beur teilung yon Wurstwaren zu den schwierigsten Aufgaben der ~ahrtmgsmitteI- 1) Zeitschr. f. Fteisch- und Milchhygiene 1918, 28, 312 und 325.

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[Zeitsehr. f. Untersuchu ng 278 16. Hauptversammlung Deutscher Nahrungsmittelchemiker. l d. Nahr.- ~. Genulimittel.

M. I-I. ! Zum Sehlusse ist noeh die Frage der B e a n s t a n d u n g s g r e n z e zu erSrtern. Bei stimtlichen Wfirsten, die unter Wasserzusatz hergestellt werden, ist, mit Ausnahme der frischen Bratwurst, die Bereitung, wle die zahlre[ehen mitgeteilten Beobachtungen klar er~viesen haben, mit einem meist sehr betrtiehtllchen Wasserverlast verbunden, soda] die Beanstandungsgrenze bei den Wurstersatzsorten, bei welchen erhebliche Schiittungen in Frage kommen, wie bei 'Briihwiirsten, Leberwiirsten, Sehwartemagen, ganz unbedenklieh tie~er festgesetzt werden kann, als der zugelassene ~Vasserzusatz. Naeh meinem Daffirhalten wird dies zweckmtii~ig durch den Satz zum Ausdruck ge- bracht, dab Wfi~:ste, w e l c h e e i n e n W a s s e r i i b e r s c h u l ~ , b e r e c h n e t aus d e r D i f f e r e n z : G e s a m t - W a s s e r g e h a l t m i n u s o r g a n i ~ e h e s : N i e h t f e t t )>( 4, y o n m e h r als 15 T e i l e n au f 100 T e i l e ung 'ewt i s se r te W u r s t m a s s e a u h we i s en , n i c h t meh r a ls so h e r g e s t e l l t g e l t e n k S n n e n , wie d e r V e r - b r a u c h e r b e r e e h t i g t e r w e i s e e r w a r t e n dar f .

Den verschiedentlich gemachten Vorschlag, die der Berechnung des M i n d e s t~ Wassergehaltes zugrunde gelegte VerhtiItniszahl 4 durch eine die Berechnung des w a h r s e h e i n t i e h e n Fremdw~ssergehaltes ermSgliehende Verh~tltniszahl etwa yon 3,5 zu ersetzen, mSchte ich nicht unterstiitzen. Schon veto Standpunkte der Billigkeit aus diirfte es vorzuziehen sein, an der eine grSl~ere Sicherheit der Bearteilung Verbfirgen- den Zahl 4 festzuhalten. Wohl bin ich mir bewul~t, dal~ naeh meinen Vorschliigen manehe iiberm~tt~ige Wasserzus~tze der Feststellung noch entgehen. Jedoch mul~ es, da der wirkliche Fremdwassergehalt doeh nicht in allen F~llen ann~hernd genau ermittelt werden kann, genfigen, sagen zu kSnnen, dal~ m i n d e s t e n s so oder soviel Wasser zugesetzt wurde. Der I-Iauptzweck solcher fiir die Praxis bestimmten Methoden ist doeh durch den erzieherlschen Wert gekennzeiehnet, welcher darin liegt, da~ die Produzenten dutch die ErmSglichung der Aufdeekung yon Mi~st~inden in der Herstellung yon Lebensmitteln zur Abstellung derselben angehalten werden. Diesem Zweck abet diirfte die Annahme der yon mir empfohlenen Beanstandungsgrenzen in geniigender Weise gereeht werden.

Dr. S e e l (zur Gesehfiftsordnung): Um die Diskussion abzukfirzen, mSchte ich den Vorsehlag machen, dal~ ieh zuerst noch meinen Vortrag halte und dal~ dann die Diskussion erSffnet wird.

Der V o r s i t z e n d e : Es steht noch aus der Vortrag <les tterrn S e e l : D i e B e u r t e i i u n g yon W u r s t w a r e n a u f G r u n d de r c h e m i s c h e n a n d m i k r o - s k o p i s c h e n U n t e r s u e h u n g e n .

Ieh glaube, der eben gemachte Vorschlag ist nicht unpraktisch, ich bitte I-Ierrn S e e l zuniichst seinen Vortrag z u halten.

Die Beurteilung von Wurstwaren auf Grund der chemischen und mikroskopischen Untersuchung.

Von Eugen Seel-Stuttgart.

Wie ieh schon an anderer Stelle 1) ausgefiihrt babe, geh5rt die Untersuchung und Beur teilung yon Wurstwaren zu den schwierigsten Aufgaben der ~ahrtmgsmitteI-

1) Zeitschr. f. Fteisch- und Milchhygiene 1918, 28, 312 und 325.

aT. B, .a . 1 2 7 9 15. Juni 1919.] E. S e e 1, Bearteilang der Wurstwaren.

kontrolle~ wenn diese in gewissenhafter Weise vorgenommen wird und sieh nieht auf die Ausffihrung der Gesehmacksprobe oder eine oberfl~chliche Wurstbeschau oder eine abgekfirzte Untersuchung beschriinkt.

Zu einer r i c h t i g e n Beurteilung, wie sie besonders fiir gerichtliche Fi~lle wegen der hier entstehenden Folgen notwendig ist, kann man aber nur auf Grund einer grfi~dlichen Untersuchung der Zusammensetzung der betreffenden Wurst gelangen. I-Iierzu ist eine a u s f ii h r l i e h e chemisehe und mikroskoplsche Untersuehung unerl/il]lich, denn die Wurstherstellung ist leider in dea meisten F~llen immer noch ,,Vertrauens- saehe", die Wurst selbst ein ,,Kunstprodukt" und meist eine zum sofortigen Genusse ,,fertige Speise".

Der Sachverstiindige mull nieht nut mit den 5rtlichen Verh~iItnissen, den orts- iiblichen Gebr/iuchen und nicht zuletzt mit den Geheimnissen des Wurs tkessels iiber- haupt vertraut, sondern auch imstande sein, die einzelnen Bestandteile der Wurst zu erkennen, mit anderen Worten, mit Itilfe der chemisehen und raikroskopisehen Unter- suchang die Zusammensetzung der W u r s t zu erforsehen and so dem Geheimnis der Wurstbereitung auf den Grund zu gehen, ttierzu sind chemische und mikroskopiseh- histologische Kenntnisse notwendig. Der Chemiker mut~ sicla daher die letzteren aueh aneignen. Da]] dies mSglieh ist, babe ieh gemeinsam mit Herrn Dr. R e i h l i n g u n d Fraulein Z e e b I) in einer bereitu in Druck gegebenen Abhandlung zu zeigen begonnen.

Diese mikroskopisch-histologische Untersuehung bildet die notwendige Ergiinzung der ehemlschen Analyse. Wie letztere zweckm~ilgig ausgeffihrt wird, babe ich ~) in frfiheren Arbeiten, namentlich aber gemeinsam mit Herrn Dr. R e i h l i n g in einer in Arbeit befindlichen l~ingeren Abhandlung angegeben, sodaI] ich m]eh heute auf die B e u r t e i l u n g der Wurstwaren auf Grund der ehemischen und mit~roskopischen Untersuehung beschr~nken kann.

Auf c h e m i s che ra Wege wurde bisher meistens nut die a 1 lg em ei n e Zusammen- setzung der Wurst, und zwar deren Gehalt an Wasser, l~ett, Stiekstoffsubstanzen und Salzen ermittelt. Will man nun z. B. nut den ersteren, d. h. den Wassergehalt beurteilen, so mull man dennoeh wissen, welche Arten yon Fett und besonders yon Stickstoffsubstanzen und in weleher ann~hernden t~enge diese vorhanden sind. t t ier muI] sehon die mikroskopische Untersuehung helfend eingreifen, weil die Stiekstoff- substanzen der meist gekoehten Wfirste dureh chemische Verfahren nut mangelhaft getrennt werden kSnnen, der Wassergehalt der Grundsub~tanzen, d. h. der das Eiweil] enthaltenden Gewebe und Organe aber sehr verschieden ist. So z. B. enthiilt naeh A b d e r h a 1 d e n s) das elastisehe Bindegewebe, das in Lungen, derben Sehnen, Knorpeln usw. den I-Iauptbestandteil bildet, 50°/o Wasser, w~ihrend das leimgebende Binde- gewebe etwa 80~Io Wasser, das Muskeleiweil~ etwa 750/o Wasser enth/ilt. :Es mull daher auf mikroskopischem Wege festgestellt werden, welche Grundsubstanzen und somit welche Eiweii]arten und in welcher Menge dieselben vorhanden sind. Einzelne dieser Stickstoffsubstanzen vermSgen noch dazu bei der Wurstbereitung mehi: Wasser zu binden, als sie im urspriingliehen Zustande enthalten. Es kann je ein Teil Gelatine,

1) Diese Zeitschrif~ 1919, 37, 1. 2) Diese Zeitschrif~ 1916, 82, 13 und 1918, 85, 893. a) k b d e r h a l d e n , Lehrbuch der physiologischen Chemie in Vorlesungen 1915, S. 800;

siehe auch Diese Zeitschrift 1918, 85, 397.

[Zeitschr. f. Untersuehung 280 16. Hauptversammlung Deutscher Nahrungsmittelchemiker. [d. Nahr.- u. G'enufimitteI.

die aus leimgebenden Geweben entsteht und ein ~durchschnittlicher Bestandteil des Bindegewebes ist, mit 100 Teilen Wasser noch eine Gallerte bilden, also noeh fest~ werdeu.

Auch aus anderen Grfinden ist die mikroskopische Untersuehung Unerl~lich, z. B. um die einzelnen Bestandteile der Wiirste zu erkennen, wie die wertvolle Leber in Leberwfirsten oder wie geringwertige, unappetitliche und gar verbotene Organe (Lunge, Bti~ttermagen, GekrSse, Hoden, Augen usw.) in Wfirsten versehiedener Art oder Bezeichnung. Ebenso ist die Priifung auf gesundheitssch~dliche Organe, haupt- s~iehlich auf mikroskopischem Wege vorzunehmen, um Anhaltspunkte ffir diesbezfigliehe Beurteilung zu erhalten, z. B. bei Wurstvergiftungen, denn ,einzelne Organe gehen le~cht in F~ulnis fiber oder sind Tr~ger yon F~iulniserregern.

Auch fiir die riehtige Berechnung des Nfihrwerts einer Wurst ist die Erkennung der einzelnen E~weil~arten notwend~g; hierzu ist die Feststellung der Verdaulichkeit~ die auf chemischem Wege einigermal~en ermittelt wi~:d, unerlai~lieh; denn nur auf Grund dieser Eigenschaft l~l~t sich der wahre Wert einer Wurst beurteilen. Es kann z. B. eine Wurst haupts~chlich aus minderwertigen, grSStenteils unverdaulichen Stick- stoffsubstanzen, wie Knorpeln, Sehnen u. dergl, bestehen und doch hinsichtlich ihres Gehaltes an Wasser, Stiekstoffsubstanz, Fett und Salzen a n a ly s e n f e s t hergestellt sein und ein bestimmtes Verhaltnis yon Wasser zu organlschem Nichdett bei der Untersuchung aufweisen. Andererseits kann eine aus leiehtverdaulichen und guten Stickstoffsubstanzen, wie Muskelfaser, Leber, Blur u. dergl, unter Zugabe yon etwas Sulze bereitete Wurst eine gewisse Verh~iltniszahl iiberschreiten und daher wegen eines angeblieh zu hohen Wassergehaltes beanstandet werden, trotzdem sie preiswerter und nahrhafter ise als erstere. Man iibersieht dabei, dat~ in dem iibermal~igen Zusatz minderwertlger Fleischteile eine grSl~ere Verfi~Ischung n a c h § 10 des Nahrungsmittel- gesetzes liegt als in dem durch keine, gesetzlichen oder polizeilichen Bestimmungeu verbotenen Zusatz yon Wasser oder Brfihwasser, der sehon je nach dem benutzten Wurstrezept und der verwendeten Fleisehqualit~t usw. sehr verschieden ist und der die Sehmaekhaftigkeit der Wiirste wenigstens bis zu einem gewissen Grade noch giinstig beeinfl.ussen kann. lJber den'Wert oder Unwert der Anwendung einer Verhiiltniszaht bei der Beurteilung des Wassergehaltes der Wiirste babe ich 2) reich wiederholt so eingehend ausgesprochen, dat~ ich dariiber keine weiteren Worte mehr verlieren mSchte.

Sell also eine Wurst in j e d e r Hinsicht richtig beurteilt werden, so miissen ihre einzelnen Bestandteile erkannt und, soweit als mSglich, quantitativ bestimmt werden. Den bierzu nStigen ehemisehen und mikroskopisehen Untersuchungen sind hi~ufig noeh die Priifungen auf Bindemittel (St~irke usw.), Frisehhaltungsmittel, Farbstoffe und andere Verf~lschungsmittel (Pferdefleisch, ekelhafte Fteisehteite usw.) anzusehlie~en, um T~iuschungen bei der Beurteilung zu vermeiden. Aueh auf Wurstersatzmitte], wie z. B. Ziegen- und Kaninehenfleisch, kann zu priifen sein.

Man mu$ demnach eine gauze Reihe yon chemisehen und mikroskopisehen Prfifungen ausfiihren, wenn man eiu richtiges Bild v o n d e r Zusammensetzung und dem Wert einer Wurst gewinnen und ein unanfechtbares sachverstfindiges Gutachten abgeben will. Dabei sind die wertvollen und wenigstens gesundheitsunsehiidliehen Bestandteile, also Art und Menge von Fett, EiweiB, Wasser oder Briihwasser usw., gegeniiber den wertlosen oder sogar g e f i~ h r l i e h e n Bestandteilen uater Berficksichtigung

1) Chem.-Ztg. 1915, 89, 409 u. 431 und Diese Zeitschrif~ 1916, 82, 13 u. 29; 1918, 85, 393.

37, B a n d . 1 ~5. zuni ~9.1 16. Hauptversammlung Deutscher Nahrungsmittelchemiker. ~ 8 I

des Preises der Wurst abzuw~gen. Dieses Abwiigen wird wesentlich erleichtert durch eine vernunftgemiit~e tteranziehung der bet der Niihrwertberechnung sich ergebenden Werte, die wenigstens beziiglich des Heizwertes der Wurstwaren wertvolle Anhalts. punkte zu liefern vermSgen.

Einige Beispiele mSgen dies erl~utern ; da diese in der in Aussicht gestellten Ab- handlung fiber die eingehende chemische Untersuchung der Wurstwaren ausfiihrlich an- gegeben werden, kann auf ihre Wiedergabe an dieser Stelle verzichtet werden.

Jedenfalls ist zur Genfige bewiesen, dal~ zur gewissenhaften Beurteilung yon Wurstwaren, namentlich in gerichtlichen F~illen, eine a u s f f i h r l i c h e chemisehe und mikroskopische Untersuchung dem sachverstfindigen Gutachten zugrunde gelegt werden muir.

Der V o r s i t z e n d e : Wird zu den Referaten das Wort gewiinscht?

D i s k u s s i o n .

Dr. See l : Ich bitte, mir als dem Angegriffenen zu gestatten, die Diskussion zu eriiffnen.. Da babe ich zunachst zu sagen, dat~ die Feststellungen, did heute vorgeschlagen wurden, also beslimmte Zus~tze yon Wasser zu Ersatzwiirsten zuzulassen, yon den Nahrungsmittelchemikern allein nieht gemacht werden kSnnen; denn die Uberwachung der Wurstwarenherstellang bet den Kommunalverbanden und in den gruSen Fabriken ruht doch noch immer ill den Hitnden der Tierarzte; ich glaube daher, daft es ohne die Mitwirkung der Tierib'zte nieht m~glich ist, ill dieser Beziehung etwas zu erreiehen (Oho! und Widerspruch). Das ist m e i n e Ansicht. ]ch will als Beispiel nut einen Fail erwfihnen, in dem einer unserer Nahrungsmiftelchemiker verschiedene Wlirste aus einem Militiirsehlaehthans auf Grund der F eder'schen Verh~iitnis- zahl beanstandet hat. Es ist lhm dann von dem zust~indigen Kommandanten mitgeteilt worden, er miichte mit dem Material, das dem Schlaehihaus zur Verfiigung steht, selbst eine bessere Winst machen; alle Offiziere and- Mannschafteu, welche die Wtirste bekommen hliften, \ wiiren damit sehr zufrieden gewesen. Die Wfirste waren sehr w~isserig, dash ing aber mit dem Material zusammen.. Ich babe den beaufsichtigenden Tierarzt gefragt, wie er sich zu der Frage stellen wiirde, wenn man b e s t i m m t e Mengen Wasaer als erlaubt ansehen wiirde. Ja. sagte er, das kommt ganz ant das verwendete Wurstbr~t an; jedes Wurs~fieisch ist adders beschaffen, und danach richter sich der Wasserzusatz. Bis jetzt ist die Beanfsichtigueg der Wurstherstellnng leider nm' in den Handen der Tier~irzte, trotzdem ich schon vor Jahren den Vorschlag gemacht habe, daft sich die Nahrungsmittelehemiker um die Keuntnls der ani- malischen Nahrungsmittel etwas mehr als bisher bemiihen m6chten. Jedenfalis kiinnen wir ohne die M,twirkung der Tier~rzte in der Wurstfrage nicht gu~ zu einer Entscheidung kommen~ well wit eben ant Schwietigkeiten stofie~. Ich hatte erwartet, daft hente wenigstens die marl- gebenden Tierarzte Be~'lins eingeladen sein wiirden; denn ohne diese kiinneu wit die Sache nich~ machen. -- Dann i~t bet mir das zahtreiche Material bem~tngelt worden, das ich immer angektindigt, aber nieht veriif?entlicht h~ttte. Ich habe ziemlich viel Untersucbungsergebnisse verfffentlicht. Ein anderer grofier Tell war auch bereits der Redaktion unserer Zeitschrift eingesehickt; es handelte sich da abet am Konserven, die in militi~rischen Anstalten' gemacht wurden; die Zeilschrif~ hat aber die Erlaubnis nieht erhalten, die Abhandtung in das neutrale Ausland za senden Aui~erdem habe ieh noch eine ganze Menge Material you Wurst-~ besonders Kriegs- wm'stuntersuchungen, das ich noeh nicht yeriiffentlieht babe, well gerade bet den schwierigen, Untersuchungsverfahren noeh Verbesserungen notwendig waren, die ieh erst in der letzteu Zelt habe machen ]assert kSnnen, denn ich babe jeizt mehr zu tun als im Frieden. ]n der letzten Arbei~, die ich angekiindigt habe. ist das allen genau ausgeftihrt, and ich miichte daher vorschlagen, da$ man das Erscheinen dieser Arbeit abwartet. - - Ferner mSchte ich bert. der Verhfiltniszah| 4 diejenigen Herren bitten, welche in der Praxis Yerh~tltniszahlen bet Fleisch wie bei Wurst fiber 4 gefanden haben, dies doch mitzuteilen. Ieh weifi m~s meiner Schlacht- h aust~itigkeit, daft jedes Fleisch vom Kept bis zum Sehwanz hinsichtlich, des Wassergehaltes ~anz erheblich schwankt; die vordersten Teil e sind die saftigsteu und die besten. Nach dem jtidischen Gesetz werden ja nur die Vorderteiie des Rindes ats koscher angesehen, wahrend auf die troekenen Hinterteile mehr oder weniger verzichtet wird; daher kommt man, wie Herr Dr. C a n t z l e r auch in se[nem leizten Jahresberichte angegeben hat, bet einzelnen Fleischsorten zu Zahlen, die welt fiber 4 hinausgehen. Es ist mir auch yon anderen Herren

[Zeitschr. t Untersuch,mg 282 16. Hauptversammlung Deutscher Nahrungsmittelchemiker. td. Nahr . - u, Genufimit te l .

mi~ge[eilt worden, daf sic Verh~ltniszahlen yon welt fiber 5, sogar 5,8 in Fleisch gefanden b~tten. ]ch mSchte die Herren bitten, dies hente hier zu best~tigen, wenn sie da sind. Jedenfalls jbekommen wit in der Kriegszeit ganz andere Zahlen, wie in Friedenszeiten. Wet irgendwie Gelegenheit gehabt hat, Konservenfabriken zu besiehtigen und auch das dort zu schlachtende Yieh sieh anzusehen, der wird zugeben mfissen, daft die Qualit~ten yon Jahr zu Jahr scbleehter geworden sind; dabei kSnnen wit uns in S[iddeutsehland wohl einbi[den, daft wir in dieser Beziehung vielleicht noch besser daran sind, ale in Norddeutschland. - - Was die fibereinstimmenden Versuche anbetrifft, die mein Herr Vorredner angeffihrt hat, daft der eine Autor soviel gefunden hat und der andere sovieL so muff ieh sagen: Die t,~bereinstim- mung dieser Zahlen finder ihre Erkl~rung dadureh, daft die Herren immer Wurst untersucht haben, die nach derselben Vorsehrift hergestellt war und wom~glich aueh ungef~hr von dersetben ViehqualitRt; denn diese spielt dabei aueh elne sehr grofie Rolle. Daft sich dann ann~hernd t~bereinstimmende Zahlen ergeben, ist selbstverstRndtich. Aber wir k6nnen hei- spielswelse nicht in ganz Deutschland, ja nicht einmal in einzelnen Landstrichen ann~hrend fibereinstimmende Zahlen bekommen. Ich muff ferner noeh riehtigstellen, wenn n~mlich gesagt wurde, die Wurstherstellung geschRhe jetzt fast durchweg fabrikm~l~ig. Ich babe hier eine grofie Arbeit vor mir, aus der hervorgeht, daf die Wurst in Norddeutschland melst fabrikmR~ig hergestellt wird; far Sfiddeutschland trifft dies abet nicht zu~; dort gibt es gewif auch Metzger, die fabrikmRfig arbeiten, wie in Norddeutschland, aber diese FalJrikwfirste sind oft sehlechter ats die Wtirste der kteinen Metzger. - - So haben wit beispielswelse in Stuttgart die geschmackiosesten W~irste, die fiberhaupt nicht oder fast nicht gewiirzt sind, aber die BevSlkerung will es so; nnser Metzger z. B. weir genau, daft in Berlin besser gewfirzt wird; dazu komint, daft die kleinen Metzger bei uns alles fibriggebliebene Fleisch verwursten, in'biorddeutsehland i~t das weniger oder gar nicht der Fall; in S{iddeutschland ist eben die Warstbereitung hRufig nnch ein Ko~aservierangsverfahren ffir /ibrig gebliebenes Fleisch. Daher wird oft Fleiseh verarbeitet, das viel trockener ist als alas normale Fteiseh. Ich babe selbst bei der Fleisehbeschau oft die jungen Bullen vor den anderen Tieren be- 8chauen mfissen, damit der Metzger alas Bullenfleiseh gleieh naeh Hause bringen und fast noch blutwarm auf Wurst verarbeiteu konnte, ein Kniff, der erlaubt ist und veto Staate ge- duldet wird; infolgedessen kSnnen wir nieht vor~ehen, so]ange der Stunt solehe Kniffe gestattet und selbst w~isserigere Wi]rste macht, wie der Priva|metzger. Die Herren werden vielteicht am,h Beispiele angeben kSnnen dafiir, dass bei der Herstellung yon Kommunalwfirsten, yon Standortwfirsten and dergl, unter ihrer Aufsieht vielfaeh schlechter gearbeite~ wird als yon Privatmetzgern, und solange der Staat das duldet, kann der Privatmetzger deshafb nicht be- straft werden. Daft bier ein Wandel not tut, ist klar. ~ D er G e l a t i n e z u s a t z ist etwas, was in der Kriegszeit kaum mebr beanstandet werden kann, denn die Gelatine ist so teuer geworden, daf sic kein Mensch mehr braueht. Der Metzger maeht sich die netwendige Gelatine arts Bindegewebe selbst. [oh erinnere an einen Fall vor zwei Jahren, wo eine Leber- wurst beanstandet wurde, well sic Gelatine enth]elt. Die Wurst wnrde mit heil~em Wasser ausgezogen; dabei hatte sich herausgestellt, dat~ der Auszug nichts anderes war als Leim bezw. Bindegewebe, das za Leim verkocht war; diesen butte der Nahrungsmittelehemiker ausgezogen, and well er die leimgebenden Substanzen in der Wurst fibersehen butte, bean- standete er die Wurst wegen Gelatinezusatz; demnach war der ~Ietzger unschuldig. Jeden* fal ls sind in der Nabrungsmittelchemie wie bei der Fleischbeschau schon Fehler genug gemaeht'worden, sodafi man v o r s i c h t i g sein mnl~ bei der Herausgabe yon irgendwelchen Forderungen oder Vorscht~gen herr. des Wasse~znsatzes zu W i i r s t e n . - Ferner i s t gesagt worden~: ~S~mttiche Fachgenossen h~itten sieh auf den Standpunkt der Feder 'schen Ver- h~ltniszah[ gestellt. Dieser Vorwurf ist mir auch in einer Geriehtsverhandlung gemaeht worden, obwoht dies gar nieht dahin geh~rte: Ich kann diesen Vorwarf sofor~ dahin wider- legen, daft ich wohl der erste war, der dagegen geschrieben hat; ieh war es abet auch nur deshalb, well ich fiber die Sache gearboitet babe and Gelegenheit gebabt babe, ale Schlachthoftierarzt mir spezielle Kenntnisse darfiber zu verschaffen. Ich babe die Saehe aber in ganz kollogialer Weise zu erledigen versucht. Ich habe dem Kollegen erst ge- schrieben, gp~ter habe ieh ibm mein Manuskript zugoschickt; wenn das fernerhin nicht mehr mSglich gewesen war, so war das jedenfalIs nicht meine Schuld. Ieh wurde in der unglaubliehsten Weise angegriffen, sodaf ieh auf diese geh~ssigen Angrifle in den Zeitschrifteu nicht mehr untwortete. l~erner habe ich wiederholt festgestellt, daf sich bei den Wiirsten, fat" die ich so und soviele Prozent Wasser als HSehstgrenze angegeben hatte, dies alles auf die angefiibr~en Lieferungsbedingungen beziehe, und daf bei diesen Lieferungsbedingungen das Vieh durchsehnibttich gleichgute Qualit~t hatte, and daf das nur hierfiir gel~e, aber nieht beispiels/veise ffir Wurst, die jetzt in der Kriegszeit hergestellt wurde. Das sind alles Saehen, die ich schou l~ngst in der Zeitsehrift widerlegt habe, trotzdem aber werden sic in den Vet. ~iffentlichungen der Zeitschrift yon anderer Seite wieder vorgebracht. Ich habe yon vielen Faehgenossen aus Sfiddeutschland wiederholt die Nachricht erhalten, daf die Herren nieht naeh der Feder 'schen Verh~lmiszahl urteilen, sondern dais die einzelnen KommunMverb~nde

37..Band. ] 15. Juni lS19.] 16. Hauptversammlung Deutscher Nahrungsmittelehemiker. 283

ihre Vorschriften selbst gemacht haben und daft man dabei sehr vorsichtig mit der Zahl 4 sein mtisse, zumal meistens I-Ifchsfgrenzen fiir den Wassergehalt vorgeschrieben seien, wie frfiher in den Vereinbarungen. - - Daf ich Tabellen fiber den Wassergehatt einzelner Fleisch- teile vollst/~ndig in einer Ver~ffentlichung angefiihrt babe, kann nieht ein Grand zu einer Beanstandung oder gar L~icherlichmachung sein. Wenn ich derartige Listen wie diejenige yon A b d e r h a l d e n angeffihrt habe, so ist dies mi~ Absieht gssehehen, urn einen vollstiindigen ~berblick fiber den Wassergehalt der einzelnen Organe zu g eben. Das Beispiel yon den ,hagen" ist schon deshalb nicht zutreffend, well die Augen, wie ich schou frfih~r angegeben habe, zu den verbotenen Wurstbestandteilen gehbren. Im Sehlachthaus wird jedes huge bei der Beschau. sofort vernichtet, denn wenn ein Metzger ein Auge bekommen kann, so besteht Gefahr, d a f e s " eben mitverwurstet wird.

Der V o r s i t z e n d e : Ich babe nicht den Eindruck, daft Sie 1/icherlich gemacht werden sollten. Ich bitte, nut auf des einzugeben, was Kollege F e d e r gesagt hat.

Dr. S e e l : lob babe bei L e b e r w f i r s t e n nach~ewiesen,~ <la'fi gerade d i e Leberwfirste, die bei uns nach Berliner Art gemaoht werden, eine Verh~tltniszahl yon unter 3 haben. Wenn man solche Leberwiirste beurteiIen will, kann man nicht die Verh/iltniszahl 4 zugrunde ]egen, hier ist sie an and ftir sich viel za hoch. Die gew/ihnlichen Leberwfirste da~egen, die naeh sfiddeutschem Geschmacke magere Organe und alles mbgliehe, besonders Bindegewebssubstanzen enthalten, sind natfirlieh viel minderwertiger and baben aaeh eine hbhere Verhaltniszahl and einen hbheren Wassergehalt als die fetten Berliner Streichleberwfirste. Das w~ire so ziemlieh das hauptsachliehste, was ich zu den Ausffihrungen des I.ierrn F e d e r zu sagen habe. Ftir j e d e Vorschrift and ffir j e d e Sorte iat also eigentlich eine b e s o n d e r e Verh~ltniszahl nbtig; infotgedessen kann man mit der F ede r ' s chen Verhaltniszahl iiberhaupt nicht arbeiten.

Der V o r s i t z e n d e : Zur F(irderung der Diskussion miichte ich folgendes bemerken: Es handelt sieh - - und ich bitte die Herren, bei ihren Ausffihrungen darauf l~tleksicht zu nehmen - - um zwei Fragen: Ist es zul~issig, einen bes.timmten Wasserzusatz festzasetzen and ist die. Angabe der F e d er'scheu Varhaltniszahl richtig? Daran bitte ich die Herren sieh in tier Diskussion zu halten.

Geheimrat J u c k e n a e k : Grandsatzlich werden natfirlieh alle die F/ille ausseheiden Infissen, in denen auf Anordnung irgendeiner kommunalen oder staatliehen Behiirde irgend- weiche besonderen Wurstwaren angefertigt werden. Es kann sich bier nut darum handeln, wie wir uns in den Fallen zu verhalteu haben, wo lediglich des Nahrungsmlttelgesetz in Frage ~kommt.

Der V o r s i t z e n d e : Ich glaabe, das sind die beiden Hauptpankte, auf die es zunachst allein ankommt. Ich bitte, sich nicht atlzusehr in Einzelheiten zu verlieren und such nicht persbnliche Angr i f feauf den einen oder anderen zum Gegenstand der Er~irterung zu machen, denn dabei kommt nichts heraus, sondern sich auf die Kernpunkte zu besehrauken, and die sind: Ist ein Wasserzusatz zul~issig und stimmen die Angaben der F e d e r'schen Verh~iltniszahl?

ProL B e h r e : Es w/ire ganz gewif sehr erfreu[ich und zu begrtifefi, wenn es m~iglich w~ire, den Wassergehalt der Wfirste nicht nut richtig zu bestimmen, sondern ihn aueh so festzulegen, daI~ wir in der Praxis unser Urteil darauf grfinden k~nnen. Nun fiirchte ich abet, -daft des nicht mbglich ist. Wenn die Reicbsfleischstelle den Fleiseherinnungen Anweisungen gibt, in weleher Weise sie ihre Wurst herstellen k bnnen, und wenn die Reichsstelle ihnen, wie ich bier aus diesen Anweisungen an verschiedene Innungen fest~ellen mat~, 16°/o Wasser- zusaiz bei Blatwurst and 36°/0 Wasserzusatz bei Leberwursi anheimgibt, dann kann yon unserer Seite nicht gut etwas anderes, bescblossen werden. Des halte ich far den wichtigsten Punkt, weshalb wir fiber den Wasserzusatz zu sog. rationierten Wurstwaren Bestimmungen vorl/~ufig nicht treffen kbnnen. - - Dann ein anderer Punkt, niimlich der Wassergehalt des Fleisches se]bs& Ich "bin wiederholt in den Vel'i}ffentlichungen fiber'diesen Gegenstand mit als Kronzeuge benannt worden, d~tfi der Wassergehalt des Fleiscbes nieht den Grenzen entspricht, die Kollege F e d e r in seinen ersten Verfffentlichungen angegeben hat. Wenn ich mich mit dieser Frage bgschaftigt habe, so hat das den Grund, daf ich bei der Zusammenstellang der bisherigen Untersuchungsergebnisse gefnnden habe, daf doeh eigentlieh recht wenig Unter- suchungsmaterial fiber diesen Gegenstand vorbanden ,ist. Wenn man alle die Proben einmal zusammenzah]~t, die bisher nntersueht worden sind, und worauf die Grenzzahl yon F e d e r sieh aufbaut, so sind au~er den 247 Proben, die seinerzeit in dem Bueh ,Die menschlichen Nahrangs- und GenufmitteV yon J . . K / l n i g zusammengetragen worden sind, so'giel ieh bisher ersehen konnte, fiberhaupt nur 64 Proben Fl¢iseh tlntersucht worden, and aus diesen 64 -~- 247 Proben Fleiseh ist dann eine Verh~tltniszahl yon his zu 3,8 herausgezogen worden. In meinem Amte sind in der Zeit yon 1917 bis 1918 insgesamt 18 Froben Fleiseh untersucht worden, da- bei haben aeh~ Proben eine Verh~ltniszahl yon fiber 4 and zwei yon fiber 4,5 erzeben. Das mag vielleieht besondere Grfinde haben. Es is~ nieht ausgeseblossen, daf in Chemnitz jetz~ vielfaeh geringwertiges Vieh geschlachtet wird, wobei Fleisch gewonnen wird, das anormale Zahlen ergibt; ieh halte das nieht ffir ausgesehlosseu. Aber wenn des der Fall ist - - uud

284 16. Hauptversammlung Deutscher Nahrungsmittelehemiker. [Zeitschr. f. Untersuchun~ ld. Nahr.- u. GenulimitteL

die Zahlen stimmen ja - - dann miiflten meiner Ansicht nach noch mehr Untersuchu~geu ge- mac]at werden, um mit Sicherheit festzustellen, in wet chem Umfange die F ede r ' s chen Schlufl- folgerungen richtig sled. Ich wfirde also in dieser Beziehung empfehlen, bet der Anwendung der F e d er 'schen gerhaltniszahl 4 zum mlndesten vorsfchtig zu seth, vor allen Dingen in der Kriegszeit. Ieh wfirde welter empfehl,n, noch mehr Untersuchungen in verschiedenen Teiler~ des Retches zu machen, um festzustollen, ob die Verh~lttniszah] yon 4 iiberall als das HSchst- mafl angesehen werden kann. Fiir Chemnitz, wie gesagt, ist d~s nicht tier Fall. Ieh will zum Schltlf noeh die Zahlen anffihren, die gefunden wurden bet Proben, die auf dem Schlachthof entnommen worden sind: 4,98, 4.29, 4,08, 4,04, 4,25, 4,47 und 4,80. Das sind immerhir~ Zahlen, die Anlafl zu Bedenken geben und die die Anregung geben sollten, noch mehr Unter- suchungen in dieser Richtung auszufiihren. Dabei ware Fieisch yon verschiedene[~ KSrpe~'~eiien und auch sogenanntes Ausputzfleisch z u untersuehen. Aueh Gefrierfleisch ist yon uns in dieser Richtung geprtift w, ordea, l~ber das E~'gebnis aller dieser Untersuchungen werde ich demnachst in unserer Zeitschrift bericht'en.

Dr. L e o n h a r d : Ich wollte zuniichst dazu das Wef t ergreifen, daft, wenn man der Sache a.uf den Grand geht, Gegens~itze zwi~chen den H~erren S e e l und F e d e r gar nicht vor- handen sled. Es ist ganz selbstverstitndlich, daft, wenn vine Wurst die F e d e r ' sehe Verhfittnis~ zahl aufweist, damit noch lange nicht gesagt ist, daft sic' auch in allen anderen Punkten der~ Bes~immun~en des Nahrungsmltte]gesetzes und der ortsiiblicimn tIerstellungsweise entsprieht. Die F e d e r ' s c h e Zahl will nichts sein als eine Beur~eilung tier Wurstwaren in bezug aaf den Wassergehalt und ffir diesen Punkt ist sic nach meinen sehr reichlichen Erfahrungen auf diesem Gebiet in ihrer Grundlage sicher zutreffend. Die ADsicht des Koll~gen S e e l , dafl zur Beurteilung such die Art des verwendeten Rohmaterials heranzuziehen ist,. ist ebenfalls etwas Setbstverstandliches und steht nicht im g~rmgsten Gegensatz zu den F e de r 'schen Ausftihrungem Ieh stehe nicht an zu erkl~ree, dai~ a,ch mir eine Wurst, die 200/0 Wasserzusatz enth~tlt~ lieber ist. und wertvoller erscheint, als. eine Wurst, die kein zugesetztes Wasser enthiilt, aber ausschlieflich aus Knorpel and Bindegewebe und anderen Abfallstoffen besteht. Eine derart hergestetlte Wurst kann jedoch jederzeit, such wenn sic die F e d e r ' s c h e Verhaltniszahl halt, auf Grund des Nahrungsmittetgesetzes beansfandet werden, h'h babe bereits im Jahre 1913 sehr eingehende Untersuchungen fiber Wtirste gemacht, deren Beurteilung im Grunde auf die. F e d e r ' s c h e Verhltltniszahl hinauslauft, wenn diese Beurteilung auch damals nicht in der Verhaltniszahl ausgedrfickt wurde. Ich habe nut eine einzige Emwendung gegen die Zulassung der F ede r ' s chen Verh~iltniszahl zu m achen~ n~mlich bet der Beurteilung yon Blut wiirsten; da ist mir die F e d e r ' s c h e Verh~iltniszahl allerdings nicht verst~indlich, denn bet den Blut- untersuchungen, die wir vor~enommen haben, haben wit festgestellt, daft der Wassergehalt des Blu~es etwa 82% betriigt. Aul~erdem gibt das B lu tganz erhebliche Mengen Bestandteile bet der ~therextraktion ab, and dies muff bet der Berechuung der fettfreien Troekenmas~d ir~ Betracht gezogen werden, sodafl ein fettfreier Trockenriickstand des Blutes each unsere~ Uutersuchungen n~it 16,5--17°/o anzunehmen ist. Es ist mir nieht reeht verstandlich, wie

• F e d e r such bei Blur zur Verhaltniszahl yon 4 kommt; er wiirde richtiger die Verhaltnlszahl auf etwa 5,5 ber.echnen. - - Dann mSchte ich noch eines bemerken : Kollege F e d e r hat hingewiesen auf die Angaben, die ich in meinem letzten JahrPsbericht gemacht habe, daft ich aus dem Grunde die Beurteilung in der Weise vornehme, d~f ich angebe: Zur Herst,llung yon 1000 g Wurst sind verwendet worden: ~ g ursprtinglicbes fettfreies Fleisch, b g Fett, c g Kochsalz unter Zusatz yon x Teilen Wasser, well dm.~e Aufstellung fiir den Nmhtfachmann viel leichteF verstandtich ist, als die F e d e r 'sche Verhi~ltniszahl. Es raecht aufie~ordentliche Schwierigkeiten~ wie ich in verscbiedenen Verhandlungen gesehen habe, "dem Richter und namentlich dem Laien- richter das Wesen der F e d e r ' s c h e n VerhMtniszahl klar zu machen, wahrend er sich ohne weiteres klar ist, wenn ihm gesa~t wird: Zur'Herstellung der Wurst sind die und die Menger~ Rohmaterial oder folgende Zusatze verwendet worden. Ob es mSglich sein wird, heute schon eine Grenze fiic den Wasserzusatz der Wtirste f e s t z u s e t z e n , - ich'bezweifle es; es her~'schen in dieser Beziehung aufie~-ordentlich versehiedene Verh~iltnisse in 'den verschiedenen Gegenden. Die Wfirste werden selbst in verschiedenen Often desseiben Bezirks auf reeht verschiedene Art hergestel[t. Es muff da unbedingt nach meiner Auffassung zuerst eta erhebliehes Zahlen- material vorliegen, damit Festsetzungen getroffen werden ksnnen. Auf Grnnd der Unter- suchungen, die wir gemacht haben, kann ich aher best~tigen, was Kotlege F e d e r gesagt hat, dafl, wenn each der Verh~iltniszahl sich ei~ Wassergehait yon 10°/o berechnet, daft man dann mit ruhigem Gewissen sagen kann, daI~ mindeste~s 15°/~ Wasser zugesetzt worden sled, soda~ also die Verhaltniszahl in den Fallen, die mir bisher :~ur Beurteilung vorgelegt wooden sind und wo ich das babe' genau iibers,hen k{inne~, stets ein ffir den Metzger aufiero~dentlich gtinstiges Ergeb~ds zeigle, sod~i~ each meiner Ansicht eine Tfiuschung zu nngunsten des Metzgers bet Anwendung der F e d er ' schen Zahlen ausgeschlossen ers~.heint. Ich mS(.hte aber doch bitten, dafl ersb fesigestellt wird, in wetcher Menge oder in welcher iiblichen Weise das Wasser beim Metzger zugesetzt wird. Wir haben in ~eidelberg ~etzger, die his 400 und 500

3'/. Band. ] 15. ,tuili 1919.] ]6. ttauptversammlung Deutseher Nahrungsmi~telchemiker. 285

Teile Wasser auf die gleiche Menge Wurst zusetzen. Ich halts dies nichf ffir erlaubb, aber ich wollte nur auftihren, daft das Brauch ist, oder daft tier Brauch oder Mit~braueh bet uns emgerissen ist; es muf abet jedenfalls doch bet der Festsetzung der Grenza einigermsfien den ortsablichen Gewohnheiten Rechnung getragea werden; ich weir auch nicht, ob wir heute schon in der Lags sind, bestimmte Grenzen festzusetzen.

ProL B u t t e n b e r g : Es wurde vorgetragen, daft die Fettbestimmung in Fleisch nach S o x h l e t ausgefOhrt worden ist. Man kommt viel sehnelier vorwarts, wenn man die Wurst- masse mit Salzsaure aufschlieft und im Got t l ieb ' sehen Rohr ausschiittelt. Diese Arbeits- weise hat sieh in unserm Betriebe bet Massenuntersuchungen sehr bewahrt.

Dr. Fend le t : Die Festsetzung sines h~ehstzulassigen WasserSehaltes bet der Herstetlung der Ersatzw[irste hat vieles ftir sich. An sich erscheint die Forderung durehaus bereehtigt. daft der Wasserzusatz die techniseh notwendige Menge n~cht i~bersehrei~en soils. Der Zweek dieser Forderung is~ der Scbutz des Verbrauehers nor Obervorteitung; fibervorteitt wird er, wenn er gezwungen ist, stark wasserhaltige Wurst zu einem Preise zu kaufen, dernur ffir wasserarmere Wurst angemessen ware. Stark wasserhal~ige Wurst ist in bezug auf ihren Nahrwert verschlechtert. Bet den Preisen, die far Ers£tzwiirste heute leider angelegt we~den milssen, besitzen diese je~loch weniger den Charakter eines Nahrungsmittels als denjenigen oines Genufimittels. Sis haben in erster Linie die Bestimmung, sine Lticke in dem Mangel an Brotbelag- und Aufstriehm tteln auszuftillen, das Brot sehmackhafter zu machen und somit sine kleine Abweehselung in die einfSrmige BekSstigung zu tragen. Nut wenigen Begfiter[en wird es g~sta~tet seth; Ersatzwurst in solcben Mengen zu geniefien,, daft man yon der Zufahrung erheblicher N~ihrwerte ~prechen kann. Betrachtet man die Angelegenheit unter diesem Gesichts- punkto, so wird sich die Frage ergeben, ob es t~ich~ zweckmaSig ist, durch' die Zulassung sines hi~heren Wassergehaltes, als des teehnisch notwendigen, eine Verbilligung dieses Genuf- ~nittels zu bewirken. Dte Kaninchen- und Ziegenwiirste spielen auf dem Berliner Markte eine grofe Rolls. Iefolgedessen muffs die Ersatzmittels~elle Grof-Berlin sich eingehend mit ihnen befassen. Sie hat larige die Frage erSrtert, ob die Zulassung derartiger Ersatzwiirste in ihrem Zus~andigkeitsgebiete nicht grundsatzlich versagt werden sollte. Neben anderen Griinden. welche hier im Auzenblick mcht iuteressieren, war hierbei tier Gesiehtspunkt maf~gebend, daf dutch die Fabrikation yon Ersatzwiirsten dem Markie markenfreies Fleiseh entzogen werde. Dieser Gesichtspunkt wurde jedoeh fallen gelassen, da bet einem Ausschluf der Ersatzwurst- t'abrikation aus dem Gebiete Grof Berlins die Kaninchen und Ziegen voraussichtlich nach andern Gebieten abgewandert w~ren, welche sieh auf einen weniger ablehnenden Standpunkt stellen. Wenn schbefilich der Besehluf gefaft wurde, derartige WUrsts zu genehmigen, so geschah dies unter dem Gesichfspunkte, daf sin dringendes Bedfirfnis far derartige Brotbelag- nnd Aufstrichmittel besteht. Als Voraussetzung wurde jedonh geltend gemaeht, daf die Er- satzwfirste dem Markte zu Preisen zugefiihrt werden, welche den getegentlichen Erwerb dieses Genufmittels auch den weniger Begtiterten ermSglichen. Bet den hohen Preisen, welehe heute far Kamnchen und Ziegen angelegt werden mfissen, erscheint eine verhaltnismafige Niedrighaltung der Preise nur dutch zwei Mafinahmen mSglich.' Erstens soll die Herstellung nut dann zugelassen werden, wenn tier Hersteller keine fibertrieben hohen Preise far das Rohmaterial anlegt, zweitens soil durch die Zulassung eines hfheren als des techniseh notwenigen Wasserzusatzes sine Streekung erfolgen Unter diesem Gesichtspunkte hat die Ersatzmittel. stelle Gr,,f~-Berlin sich auf Grund eingehend erSrterter Kalkulationen Richtpreise gebildet, bet deren l~berschreitung sine Genehmigung nicht mehr erfolgt, such hat sie zugelassen, daft bis zu 40 Teite Wasser oder Briihe auf 60 Teile Fleisch und Kramteile verwendet werden. Die Preise sind selbstverstandlich dem Wasserzusatz entsprechend kalkuliert worden. Dureh eine Bekanntmachung ist tier Verbraucherkreis fiber den zugelassenen Wasserzusatz unterriehtet worden. Derartige Wiirste, welche uater der Aufsicht eines Kollegen hergestellt wurden, waren yon ausreiehender Qualitat. Der Wasser~ehalt betragt nach den angestellten Ver- suchen bet Jagdwurst nicht mehr als 80, bet Leberwurst nicht mehr als 75%. Diese Wasser- gehalte sind bosh. Sis entsprechen nich~ den'Anforderungen, welche wit an Friedenswarste zu stelien gewohnt sind, doeh habe ich auch yon mainem Standpunkt als Nahrungsmittel- chemiker mmh naeh reiflieher uberle_~ung genStigt gesehen, dieser Kriegsmafnahme zuzustimmen. Daft es sigh nut um eine Kriegsmafinahme handelt, glaube ich besonders betonen zu miissen; ich halte ea far selbstverstandlieh, daf bet ether Besserung der allgemeinen Verhaltnisse des Nahrungsmit~elmarktes auch bier sin Abbau stattfinden wird.

Dr. W i l t e k e : Wir hubert uns such mit der Priifung und Zulassung yon markenfreier Fleischwnrst eingehend befassen miissen. Wir sind aus den gleichen Erwagungen, die eben yon dem Herrn Vortragenden vorgebraeht worden sind, zu der Zutassung gekommen~ und zwar such nut mi~ ether Bogrenzung des hfichstzulassigen Wassergehaltes und des Preises. Allerd~ngs, zu den hohen Preisen sind wir nieht gekommen und such nieht zu den hohen Wasserzusatzen win sie an anderen Orten genehmigt sind. Die Wasserznsatze haben wit in gleieher H~he bemessen, win sis Far die kommunale Wurs~herstellung vorgeschrioben waren :

[Zeitsehr. f. Uutersuchung 286 16. Hauptversammlung Deutseher Nahrungsmittelchemiker, [d. Nahr.- u. Genufimittel.

Auf hundert Teile Fleischmasse 80 Teile Wasser, das waren ungefahr 25°/o. Die gauze Frage der zul~ssigen Wassermenge ist im Grunde nur eine Preisfrage. Also, wenn es nicht msglich ist, iiberhaupt abzusehen yon der Herstellung markenfreier Wurst - - u n d auf seiten dCr .sfid- deu[scbea Stellen scheint ja die Absicht zu bestehen, gegen die Zulassung yon markenfreier Wurs t anztrk~mpfen - - m~issen wir unbedingt den Wasserzusatz beschranken. Eine beliebige t i the des Wasserzusatzes bei solcher Wurst kann unmSglieh zugelas~en werden. Ich will ]hnen das an einem Beispiel zeigen. Die Frankfurter Konservenwilrste waren frfiher nach der Lokalverordnung nicht genehmigungspflichtig. Bei diesen Wlirsten bat sich ergeben, daft sie kurz nach ddr Hers~ellung pro Paar 100 g wogen, bei der Priifung im Labora- torium abet nur noch 70~ g, w~hrend Wfirste gleicher Herstellung, die zu gleicher Zeit auf einem Bahnhfff beanstandet wurden, gar nur 50 g schwer waren. Das Paar V~iirst- chen war also von 100 auf 50 g eingeh-oeknet. Der Wasserzusatz betrug bier nach unserem veto Herrn Vortragenden auf meine Veranlassung mitbeigebracht.en Material 50°/~ und mehr. Das bedeutet natfirlich eine Ubervorteilung de'r Kaufer, die auf keinen Fall als zul/lssig an- geseben werdeu kanu. Das ist ein Sehwindel, und die Preise fiir Kaninchen and Ziegen usw. sind nur durch derartige gewinnbringende Verarbeitung zu Wurst mit so hohen Wasserzus~ttzen so hoch getrieben women. Sobald die Herstellung ganz unterbunden wiirde, wiirde der Preis zweifellos genau wieder so sinken, wie er fiir Rol~fleisch und andere Fteiseharten gesunken ist. Also, grunds~tzlich wird davon auszugehen sein: Wenn man die Herstellung yon Wurst aus markonfreiem Fleisch tiberhaupt genehmigen will, muff man unbedingt einea hsehstzulassi- gen Wasserzusatz vorschreiben, lch bin der Meinung, nach unseren Erfabrungen k.ann man auch einen solchen h6chstzulassigen Wasserzusatz vorschreiben, well man mit Hi]fe der Ver- h~ltniszahl yon F e d e r doch die geniigende Sicherheit hat, festzustellen, ob er nicht erheblich iiberschritten worden ist.

Prof. R u p p : Die vorziiglichen Arbeiten fiber den Wassergehalt in Wurstwaren und die Yerhal|niszahten sind aufierordentlich dankenswert, aber 'nach meiner Ansicht ist die Frage des Wassergehaltes in Wurstwaren noeh nicht spruchreif, nnd zwar aus fotgenden Grfinden: Wie schon erw/~hnt, ist die Art tier Wurstherstellung durchaus verschieden, sowohl nach den einzelnen L~ndern, wie nach den einzelnen Bezirken. Ich erinnere daran: Frtiher war es in Siiddeutschland nicht iiblich, Starkemehl zur Wurstfabrikation zu verwenden, wahrend es in Norddeutsehland in manchen Gegenden jetzt noch ortsablich ist, S~arke bei der Wurst- fabrikation zu verwenden. Wir mfis~en namenflich bedenken, daf wir jetzt in der Kriegszeit weder das normale Rohmaterial, Fleisch und die sog. Schlachtabgange, worauf es auch ~anz besenders ankommt, zur Verfiigung haben, noch normale Arbeitskrafte besitzen. Wer macht denn heute die Wfirste, wenn man yon den Wurstfabriken absieht? Geben Sie in die land. lichen Bezirke, dort fehlen die nStigen Arbeitskrafte; sie stehen im Felde u n d e s mfissen Lehrlinge und soiche, die vielleicht niemals in ,hrem Leben Wurst fabriziert haben, zu dieser Arbeit he~angezogen werden. Es schwebt mir, aueh gerade bez[tglich der verschiedenen Arten der Wurstbereitnng, ein reeht guter Witz der ,Fliegenden Blurter ~ aus der letzten Zeit v0r, we der Lehrling beam W~irstemachen zu seinem Meister sagt: ,Meister, wenn das aber rauskommt, was da altes reinkommt !* (Heiterkeit.) tch will damit sagen: Die Wurstbereitung ist in den einzelnen Bez!rken so verschieden, daf wit jetzt eine Grenzzahl nicht feststellen kSneen, sondern daf wir vielle]cht gut tun, unsere Kollegen anzuregen, in der Friedenszeit Arbeiten fiber den Was~ergehalt der Wurstwaren und den Zusatz yon Wasser bei der Wurst- bereitung anzustellen, um dann vie]leieht erst der Frage n~her zu treten, ob es mSglich ist, eine Grenze ffir den Wassergehalt der Wurstwaren festzusetzen.

Dr. R o t h e n f u f i e r : Ich mSchte anschliefend an die Ausftihrungen des Herrn Veto redners mitteilen, daft es in Bayern diese Zubereit, u ngen wie Kaninchenwarste, Jagdwiirste, Ziegenwfirste und was da alles aufgekommen ist, eine lan'ge Zeit itberhaupt nicht gegeben hat. Auf einmal kamen sie auf, and zwar auch gleieh zu den hohen Preisen von 6, 7 and 8 M. wie be[ Ihnen; das hat allerdings nicht lunge gedauert; die Preise gingen zunachst wieder auf.6 M. zurii.ck, und dann warden HSchstpreise festgesetzt - - ieh glaube, ich weir es nicht genau, yon 4,50 M. - - und da sind diese Wiirste nat~irtich sehr schnell wieder ver- sehwunden, wie zu erwarten war; schlieflich wurde auch eine Art Bewitligung beschrankter Herstellung durehgefiihrt - - die Wtirste durften iiberhaupt nur mehr in bestimmten Sehlach- tereieu hergestellt werden - - und die Folge war, daf nur noch sehr wenig davon zu sehen war und zu verh~ltnismafig billigdn Preisen. Nun kommt die Gruridfrage: Warum werden diese Wiirste fiberhaupt he~gestellt? Die L6sung liegt in dem, was ich eben gesagt habe: Sic werden nur hergestellb um viel Geld zu machen. Wenn es mSglich ware, diese Wiirste fiberhaupt aus tier Welt zu schaffen und das Ziegen- und Kanincbenfleisch unmittelbar zu verkaufen, so ware das viel besser; ich babe real selbst einen solehen Schl~ehter gefragt: Warum macben Sie iiberhaupt solche Wiirs te? Er antwortete : An Ziegenfleiseh und Kaninchen- fleisch verdient man nieht genug*; die Folge ist also, daf Kaninchen- und Ziegenfleiseh iiber- haupt nur in Form dieser teuren Wilrs~e zur Verftigung steht. Was den Wassergehal~ betrifft,

37. Band. ] 15. Juni 1919J 16. Hauptversammlung Deutscher Nahrungsmittelchemiker. 287

so glaube ich aus den bisher geftihrten Ausffibrungen entnehmen zu kfinnen, daf doch noch nicht genug Erfahrungen vorliegen, um sine derartige Verhaltniszahl festzusetzen. Im iibrigen mfchte ich nocheinmal betonen: Es ware wiiuschenswert, diese Wtirste nberbaupt aus der Welt zu scha~en und daftir das Fleisch als solches zu verkaufen; wir wfirden damit jeden- falls besser fahren.

Dr. K o r t e n b a c h : lch mfehte erwahnen, daft schon im Winter 1914/15 in Duisburg sehr w~sserige Wurst in den Verkehr kam ; sofort habe ich reich mit der Sache befaf~ und fest- gestellt, daft ein ganz enormer Wasserzusatz erfolgt war und zwar mit einer Verh~iltniszahl yon 5--6. Naehdem d~raufhin einige l~estrafungen vorgekommen waren, ging der Wasser- gehalt sofort zuriick. Ich habe eine grofie Mange Material in Handen gebabt und habe dabei sofort ashen kfnnen, daft die durch die F e d e r'sche Verhahniszahl verlangten Fordernngen tats~ich- lich durchaus berechtigt waren. Veto Mai 1915 ab wurde bei" uns die ganze Wursterei in Kom- munalverwaltung genommen; icb babe dann eine st~indige ~berwachung vorgenommen und haba ein Material gehabt yon 600--700 Wtirsten ; im allgemeinen habe ich eine Verb.~iltniszahl yon nicht fiber 4,6 erreicht. Unter Bertieksichtigung der allgemeinen Verhaltnisse und auch, um mfglicbst viet Wurst zu bekommen, babea wir Zahlen yon 4,6 durchgetassen. Sobald hiihere Zahlen vorkamen, habe ich es moniert, und wurde die Angelegenheit dana auch geregelt. Aach in anderen Stadten~ fiir die wir die Untersuchung ebenfalls ansgefiihrt haben, babe ich die Forderung gestellt und erreicht. In einem Falle hat mir der Wurstobermeister, wie ich ihm sagte: ~Hfiren Sis real, die Wurst ist aber doch zu arg gew~tssert ~ erklar~: ,Ja, Sie haben recht; wit haben diesmal bedeutend mehr Wasser zugesetzt wie sonst'. Gute Wiirste habe ich yon den Landkreisen bekommen, we noch kleinere Metzger selbstandig die Wursterei inne hatton, die yon der Kommune das Fleisch bekommen hatten, and habe daraus die 0ber- zeugung gewonnen, daft die Beurteilung des fiberm~fiigen Wasssrzusatzes in Wiirsten aaf Grund des F eder~'sehen Verfahrens darchaus zu Recht besteht.

Dr. M ezge r : Wir haben in Stuttgart eine grofo Reihe von Kriegswfirsten hinsichtlieh der F eder'sehen Verhaltniszahl geprfift; wir haben in sehr vielen Fallen sine fiber 4 liegende Verhaltniszahl gefunden, aber wir haben uns bis jetzt nicht dazu entschliefien kfnnen, einen dieser F~iile vet Gericht zu bringen. Ich babe mich daraaf beschriink~, die Metzger auf den iiberm/ifiigen Wasserzusatz hinzuweisen, und zwar deshalb, well wir feststellen konnten, dug auch die unter amtlicher Aufsicht hergestellten Wfirste die Verhaltniszahl 6fters nicht ein- hielten; infolgedessen habe ich reich nicht entschliefien kfnnen, das Odium aaf reich zu nehmen, daf die sine Beh6rde an dem Strange zieht and die andere an dem anderen. In der Sachs selbst bin ich der Ansieht, daf die Frage fiir uns jetzt in der Kriegszeit noch nicht spruehreif ist. Bei uns auf dem Lande sind es jetzt vielfach die Frauen, die die Wurstberstellung betreiben milssen, und ob die alas Gewerbo so gut verstehen wie ihre Manner, weir ieh nicht; jedenfalla mfehte ich dringend zur Vorsieht mahnen, she wir eine Entschliefiung fassen.

Prof. B e y t h i e n : Mir seheint aueh, wie einer der Herren Vorredner schon ausgeffihrt hat, daf~ zwischen den Kollegen F e d e r und Seal ein grundsittzlicher Zwist gar nicht besteht, daf sis eigentlich gu~e Freunde sind. Es sdheint mir allerdings ein Mifverstandnis aaf seiten des Herrn Kollegen Sea l vorzuliegen, dean ich verstehe die Ausftihrungen des Herrn F e d e r nicht so, da i le r der $Ieinung ist, wenn nurder Wassergehalt in Ordnung ist, so ist die ganzo Wurst normal, gleichglEtig was sonst darin ist. So war es wohl nicht gemeint, er wollte nur einen besonderen Tell der Wurstantersuchung herausgreifon, and hat das meiner Ansicht nach allerdings in mustergtiltiger und erschfipfender Weise getan. Die Schwierigkeiten, die seiner Aufgabe entgegenstehen, sind uns bekannt; die treten uns bei den Untersuchungen samt- licher Nahrungsmittel immer entgegen. Das Verfahren, alas Herr Sea l im Auge hat zur ge- nauen Bestimmung des Wassergehalls, ist t h e o r e t i s c h zweifellos richtig. Wir mfissen mit Hilfe des Mikroskops zantiehst feststellen: Welehe tierisehen Gewebe sind in der Wurst vor- handen. Koltege Sea l hat aber tibersehen, daft diese Feststellung noah nicht genfigt; denn wir mtissen aufierdem wi~sen, wieviel von jeder Art tierisehen Gewebes in der Wurst ist. Wir miissen also mit Hil['e des Mikroskops eine quantitative Ermittelung vornehmea, wie- viel Sehnen, Augen, :Niigel nsw. (Hei~e~keit) darin sind - - alles das muf festgestellt warden nnd fiir jeden eiaze]nen Best~ndteil ist dana der zugehfrige Wassergehalt in Ansatz zu bringen. Wenn wir mit der Bek~tmpfung des itbermfifiigen W~sserzusatzes warten wo]lten, bis diese Aufgabe golfst ist - - das ist die Quadratur des Zirkels gewlssermafen - - so wird keiner yon ans das Eede erhben. Kollege Seal sehatzt uns ja nieht sehr bosh ein aaf diesem Gebiet, aber wir sind doch alle mehr oder weniger eingeweiht in die Mikroskopie, und die mikro- skopiscben Kenntoisse der Tierarzte sind doch auch noch nieht allzuweit gediehen (Heiterkeit); auch die Tier~irzte kfinnen nieht jedes einzelne Gewebe mit Sicherheit yon den anderen unter- scheiden. Es wird Herrn Sea l aach gegangen sein wie mir, daf er dariiber einige Erfahrungen sammeln konnte. MIch hat es geradezu sehmerzlich bertibrt, daf Herr Seel uns die Greazen unseres K(innens, wie mir seheint, etwas lieblos unter die Nasa gerieben hat. Wit kiinnen im allgemeinen wohl sagen, wit sind durehdrnngen yon der Unzutanglichbeit unseres Wissens,

[Zeitsehr. f. Unters~chung 288 16. Haup~versammlung Deutscher Nahrungsmittelchemiker. ld. ~ahr.- u. GenugmitteL

und es trite bet uns in jeder Versammlung bet jedem einzelnen Sprecher eine sehr scharfe Selbstkritik hervor; demgegentiber kann man wohl feststellen, daf den Tierarzten eine solche Selbstkritik niche zur Last zu legen isl~. Ira Gegenteil, sic kranken in der Regel an ether starken ~berschatzung ihres Kftmens; sic misehen sich, wie uns allen bekannt ist, in unsere Kreise hinein, sic aachen sich in Arbeitsgebiete, die wit als unsere ureigen~ten Gebiete zu be- trachten und zu sehatzen gewohn~ stud, einzudrangen und uns daraus zu verdrangen. - - Niche immer aus rein idealen Grtlnden, und deshalb hat es reich sehr schmel~lich beriihrt, daft dieser Gegensatz gerade heate hier zur Sprache gekommen i s t , - Was nun die Frage des Wasser- gehalts selbst betrifft, so w~irde ich es auferordenttich begriifen, wenn die Arbeiten und die Anregungen des Herrn F e d e r heute nich~ ganz im ~ande vertmfen. Ich verkenne ja nicht, daft gerade die jetzige Kriegszeit niche besonders geeignet ist, um die F e d e r ' s c h e Zahl auf ihre absolute Richt,gkei~ zu priifen. Die Kriegsverhaltnisse bedingen tatsachlich, daft das Material zur Wursthers~elluug doeh wahrscheinlich ein wesentlich anderes ist, wie es in normalen Zeiten gewesen ist. lch wfirde abet gar kein Bedenken haben,.dafi wir uns dahin aufiern, daft diese (~rundsaize F e d e r ' s unsere Biliigung finden, daf wit die Grandlagen seines Verfahrens an and far sich far richtig baleen und uns nur vorbehalten, noeh weitere Untersuchungen fiber die Grenzen der Verhaltniszahl anzustellen, wie wir das bei allen unserea bisherigen Vereinbarungen gemacht haben. - - Ieh erinnere an uusere Fruchtsaft-Statisfik und ahnliche Fragen. Diese auf- schiebende Haltung bet den Fruchtsaften hat uns niche gehindort, grebe Wasserzus~tze beim Himbeersirup zu beseitigen, und ieh glaube, wit sind sehr wehl in der Lage, grebe Verfal- schungen tier Wurst mit Wasser sehon je tz l zu bekampfen. Oh es nun zweckm/~fig ist, die Wurst. die gegen Marken, also im normaien Handel abgegeben wird, hinsiehtlieh des Wasser- gehatts zu begrenzen, diese Frage laf~ sich sehwer beantworten. Hier spiel~ wieder das Theme der Autosuggestion hinein, das wir sehon mehrfaeh ge~treift habea - - hierher gehfrt ja auch die Herstellung des zu 94% ausgemahlenen Brotes, oder vielmohr des Brotes aua so hoch ausgemahlenem Getreide - - and aus dem gteiehen Grunde m a g e s vielleieht zweckma$iz er- scheinen, den Leuten zunachst real ein mSglichst grofies Stack Wurst zu geben. Bet der Wurst, die im reellen Handel abgegeben wird, ist die t~efahr des Betruzs ja aueh niche so grofi; dringend erwanscht scheint mir aber, daf die sogenannte markenfreie Wurst sehr scharf be- obachtet wird, und hier ~rlff~ auch niche zu, was als Bedenken geaufiert worden ist , daft die Wurstbereitung in den ~'ersehiedenen Gegenden Deutschlands verschieden ist. Mit der Kaninchen- and Ziegenwurst braueht sich der eintache FJeischer gar niche zu beschaffigen, wenn er sic night in ether verh~tltnismafig anstandigen Weise herstellen kann, und da schcinen mir aller- dings die Versuche yon F e d e r sehr ausschlaggebend zu sein. Er hat festgestellt , daf man rnit tier and der Wassermenge eine normale Wurst herstelten kann; ich sehe nieht ein, warum man die Begrenzung niche so treffen solKe - - wenn ich ihn recht verstanden habe, schlagt er ~¢or 20% - - ich glaabe also, fiir diese Ersatzwilrste kfnnen wir ruhig eine Grenze des Wasser- zasatzes yon 20% festlegen.

Prof. K r u g : Die Ausfahrungen des I-Ierrn Kotlegen B e h r e bezw. die Erfahrungen, die er mit der F e d er'schen Zahl far reines Fleisch gemacht hat, haben reich etwas -aberraseht, weil sie im Wlderspruch stehen mit den F eder ' schen Untersuchungen, wie aueh mit unsereu Ergebnissen. Wir konnten namlich in keinem Fall eine Verhaltniszahl nach F e d e r yon ~iber 4 feststelten, obwoh[ bet der Untersuchung ein besonderer Were darauf gelegt wurde, da f die Proben yon Tieren mit versehiedenem Ernahrungszustand und Alter, wie auch yon verschiedenen Kfrperteilen entnommen waren. Die Richtigkeit der B e h r o'schen Untersuchungen vorausgesetzt, wfirde natarlich die Grundlage far die jetzige Beurteilangsnorm fallen und die Zahl 4 kfnnte niche mehr ale Grundlage in gerichflichen Fallen hdrangezogen werden. Wir haben immer schon aus praktischen Erwagungen, namentlizh um den dutch die Kriegsverhalt- nisse hervorgerufenen angiinstigen Verhaltnissen nach Mfgliehkei~ Rechnung zu tragen, bet ether Verhattniszahl yon wenig mehr als 4 yon einer Beanstandung Umgang genommen und erst dann beanstandet, wenn die Zahl 5 fib,rschritten war. Ich glaube auch, da f man in diesem letzten Fatle keinem Metzger ein Uni'eeht tat, denn der Konsument hat doeh schliefilich auch ein Recht darauf, d a f e r gegen derartige stark mit Wasser beschwerte Wurstwaren geschtitzt wird, da erfahrungsmafiig .solche Wurstwaren sehr bald verderben und aufierdem ganz wesent- tich in ihrem Nahrwerte herabgesetz~ stud. Schlieflieh ist es doeh au~'h unsere Pflicht darauf zu ,sehen, daf mar/ die Leberwurst noch mit der Gabel essen kann und nicht genatigt ist, den Lfffel zu verwenden, wie es jetzt leider vielfach tier Fall ist.

Geheimrat J u e k e n a c k : Ich mfehte nur ganz kurz folgendes sagen: Die Frage des Wassergehaltes hat zurzeit eine ganz erhebliche Bedeutung, insbesondere aus den Grfinden, die Kollege B e y ~ h i e n angeftihr~ hat: wegen der Ersatzwiirs~e. Nun ware die Sache sehr einfach, w~nn die Ersatzmittelstellen sieh schleehthin auf den Standpunkt stellen kfinnten: Es is~ un- wirtschaftlich, denn es f[ihrt nut zu ether Verteuerung des Fleischmaterials, wenn man aus Fleiseh Wurst anfertigt, also es ist am besten, des Fleisch als solehes in den-Verkehr zu bringen. Es fragt sich nar, ob alas praktisch so leicht darchfiihrbar ist. Eia anderer Gesichtspankt,

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der vielleich~ noch in Erwiigung zu ziehen w~r% i s t d e r : Wir gestatten die Herstellung yon Ersatzwfirsten nur aus bestimmten Teilen des Tieres; es dfirfen der gauze Rtickon, die Hinter- keu]en und Vurderviertel nicht zu Wurst verarbeitet werden. Das ware schon ein Gesicbtspunkt. Der Gesichtspunkt, den Herr F e n d 1 e r vorgetragen hat, hat auch munches ftir sich. ich bin selbst stutzig geworden, ate ich Ermittetungen dartiber anstellen Heft, ob sich iiberhaupt etwas der- artiges praktisch durchffihren lal~t; da habe ich gesehen, wie tats~chlich die Preise sind, mid zwar nicht nur in Berlin und den Grofsti~dten, wo an sich schon sehr viol hfhere Preise ge- zahlt werden rniissen, sondern auch in den Industriegebieten, wo das Bedilrfnis besteht, f i ir Millionen yon Menscben etwas zu beschaffen. Wenn *nan sich die Sache iit~erlegt, macht man die Beobaebtung, daft selbst drau~en in der Provinz vielfach heute die Kanincben je nach Ge- wicht mit sehr hohen Preisen hezahlt werden ;Tiere , die sich zur Herstetlang yon Dauerwurst nnd Schlackwurst besonders eignen, also Tiere, die im Durchschnitt ungefahr 8112 Pfund wiegen, also grofe schwere Kaninchen, die sine gute Dauerwurst geben, kosten abet heute sehon draufen das Pfund Lebendgewicht 3 M.; fiir 2--2,50 M. bekommen Sis nur T,ere, die vielteicht 2V2 Pfund wiegen, und *nan kann woht sagen: yon Tieren, die ein Lebendgewicht yon 21/2 Pfund haben, kfnnen Sis das Fleisch nicht als solches stiickweise verkaufen. Es fragt sieh also, wie *nan sich zu den schweren Tieren stelten soil. Wenn nun das Pfund Lebendgewicht 3 M. kostet, so kommt das Schlachtgewicht schon auf 6 M., und wenn Sis nun noeh rechnen, dag, wenn Sis die Ware in die Grofstadt hineinbekommen wollen, Sie noch hfher~ Preise anlegen miissen, dann kommt schon das Muskelfleisch einsehhot~li.ch Knoehsn auf mindestens 6,50--7 M. Da fragt es sich doch, wie sich die Bevflkerung zu dies.en Preisen stellen wiirde. Aus volkswirtschaftlichen Grfinden kann es demnaeh zweckmafig sein, die Verarbeitung des ganzen Tieres auf Wurst zu gestatten, damit die Wurst wenigstens zu Preisen in den Verkehr kommt, die far die Masse noch erschwinglich sind. ~ Za ~ der weiteren Frage, wie.viel Wasserzusatz gestattet werden kann, und ob ohne Wasserzusatz Preise heraus- zuwirtschaften sind, die dem Publikum noch begreiflich erscheinen, bemerke ich, daf~ ich es vel'stehen kann, daft die Ersatzmittelstelle Gref-Bertin dazu iibergegangen ist, den in Rede s~ehenden hohen Wassergehalt zu genehmigen. Allerdings ware es mir lieber, wenn welt geringere Wasserzusatze gemacht we*rden wtirden; amtlich babe ich noch nicht Gelegenheit gehabt, zu der ~'rage Stellang nehmen zu mfissen; sollte sich hierzu demnachst oin Anlaf bieten, so wird zu priifen sein, welches Obel unter den gegenwartigen Yerhaltnissen far die Allgemeinhelt 'das kleinere ist. Im Hinbliek hierauf halte ich es aueh far wichtig, daf fiber die F e d e r ' s c h e Zahl sine Besprechung stattfin(iet, um eine Kontrolle der Genehmigungs- bedingungen zu ermfglichen. Ich halts also auch im Hinblick hierauf die Ausftihrungen des Herrn F e d e r far auflerordentlich wichtig. Wie sieh demnachst in Friedenszeiten die Ver- haltnisse ges~ulten werden oder diirften, kana zur Zeit unerfrtert bleiben.

Dr. V o l l h a s e : Ich mgchte noch darauf aufmerksam machen, dug die Beschrankung des Wasserzusatzes zur Wurst auch ass dem Grunde yon grofer Bedeutung ist, well die Wurst um so weniger haltbar ist~ je mehr Wasser sis enthal~. Ich babe in dieser Hinsicht in letzier Zeit SLellung zu nebmen gehab% and zwar bezfiglich der Wurstwaren, die im Auf- trage der Landeszentralbehfrde yon einzelnen, besonders beauftragten Fabriken hergestellt werden, sowie auch beztiglich der in Mecklenburg hergestellten Ziegen- and Kaninchenfleisch- wiirste. Die im Auftrage der Regiertm.g hergestellteg Wiirste werden von den Fabrlken nach den einzelnen Ortsn ianerhalb Mecklenburgs versandt and gelangen bier zar Verteilung. Eine fiber*nafige Wasserung der Wurst mug ¢laher im Interesse tier Haltbarkeit unbedir~gt vermieden werden. ~ Eine seit ungefiihr 2 Jahren bestebende Kaninchenwurstfabrik stellte~ als sie er6ffnet wurde, sine gekochte Mettwurst mit einem WassergehaI~ yon 63,7°~o und einer F e d e r ' s c h e n Verhaltniszahl yon 2,4 her. Das war 1917! 1918 besaf die Wurst derselben Fabrik eiaen Wassergehalt yon 76,9°/o und eine F e d e r ' s c h e YerhMtniszahl von 5,52. Sie harts de.nnach einen Mindestwasserzusatz yon 26,8 g zu 100 Teilen ungewasserter Fleisch- masse erfahren. Die Folge hiervon war, da f die Wurst schon in mehr oder weniger ver- dort~en6m Zustande in die H{inde tier Verbraucher kam. Wit haben daher biergegen energische Mafiregeln getroffen. Ich selbst habe dann sparer Gelegenheit gehabt, die Fabrik zu revidieren and die tterstetlung der Wurstwaren zu verfolgen. Wfi.hrend der Besichtigung habe ich sowohl yon den Wurstmassen als auch yon den fertigen Wfirsten Probe~ entnommen. Auf Grnnd nnserer Untersnchungen kann ich bestatigen, daft der Wasserzusatz, den man in tier fertigen Wurst finde~, stets recbt erheblich zuriickbleibt hinter der Wassermenge, die in der Wurst- masse enthalten ist, d. h. tats~ichlich zugesetzt wurde. So fund sich in tier Wurstmass.e yon Brtihwtirstchen ein Mindestwasserzusatz zu 100 Teilen nngewiisserter Fleischmasse yon 36 g; in den fe~tigen Wtirstchen dsgegen fanden sich nur 26,4 g.

Dr. M u r d f i e l d : Ich habe in tier Praxis feststellen kiinnen, dug die F e d e r ' s c h e Zahl aueh b e i d e r Beurteflusg yen Kaninchen- und Ziegenwurst durcbaus brauchbar ist, and kann best~tigen, was verschiedene *neiner Herren ¥orredner auch schon ge~ag~ haben, dat~ man ,nit I-Iilfe der Verh~iltniszahl ¢ weniger Wasser findet ale tatsachlich zugesetz~ ist. l~eine

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290 16. Hauptversammlung Deutscher Nahrungsmittelchemiker. [Zeitschr. f. Untersuchung [d. Nahr.- u. Genuf~mittel.

Erfabrungen beruhen auf solchen F~illen aus der Pl'axis, in denen die Ersatzwfirste unter Angabe tier zugesetztea Wassermengen zur Prtifung vorgelegt win'den, bet der analytischen Naehprfifung ergab sieh dana bet Anwendung der Fed e r'sehen Zahl 4 regelm~fiig~ d af etwas weniger Wasserzusatz gefunden wurde, als angegeben. Die Prfifung verlief also immer zu gunsten des Herstellers. Es ergibt sieh daraus, daft die Fede r ' s che Zahl 4 ffir die Ersatz- wfirste durchaus, anwendbar, ist. In bezug, auf die. praktiscben. Ergebnis~e• unserer Er6rterun~en~, mfehte ich bitten, daft wlr doch zu lrgend emer Entseheldung kommen. Es werden Ersatz- wlirste in den Handel gebraeht, die sehr schwankend sind in ihrem Gehalt an zugesetztem Wasser, einer stellt sie mit 200/0, der andere mit 40°/o and der drifts sogar mit 70% her; man muf aber doch ir~end sine Norm haben, um beurteilen zu kfnnen, wie weir man da mit dsr Zu]assung gehen sell. Wenn man unter Berticksichtigung der Ausftihrungen vorJ F end le r , and J u c k e n a c k nicht festlegen will, daft hfchstens 20°/o zugesetzt werden dfirfen, kann man ja schlieflich einen etwas hfiheren Zusatz zulassen, aber zu irgend ether Normierung des zulassigen Wasserzusatzes miissen wir kommen, damit wenigstens sine gewisse Einheitliehkeit gewKhrleistet und den allen Gl'undsatzen der Nahrungsmittelbeurteilung hohnsprechenden jetzigen Zustanden ein Ends bereitet wird.

Dr. S p r i n k m e y e r : Ich bin auch-der Ansicht, daft wit uns b~ute nlcht fes$1egen auf einen Wassergehalt ftir die Markenwurs¢, sondern daf wir nur feststellen, welcbe Wasser- zusatze sind ft~r die Wurstersatzwaren zulassig, also ffir Kaninchenwtirste, Ziegenwurst, ins- besondere auch filr Fisehwurst, die jetzt sehr viol bet uns an der Wasserkante hergestellt wird und ~tie, wie KoIlege Fe der mir mitgeteilt hat, hauptsachlich nicht aus frischen Flschen hergestellt wird, sondern aus Stockfisch mit einem Zusatz von Karteffelu und Graupen, und da i s t der Wasserzusatz im allgemeinen recht hoch; natiirlich, der Zusatz von Kartoffel und Granpen ist auch nicht zulassig.

Dr. Leon hard : Es ist eben bereits gesagt'worden, was ich sagen wollte: Wir mfissen einen Unterschied machen zwischen Wurst, die allgemein gegen Abgabe yon ~Iarken her- gestellt wird, und markenfreier Wurst. Ich bin der Ansieht, daft far markenfreie Wurst sine Grenze festgesetzt .werden sell, wie ffir die anderen Wfirste.

H. T r i l l i e h : Ich mfichte nur betonen, daf ich es schon ffir zweckmafig halte, wenn Wurstwaren hergestellt werden und nicht an Stelle dessen des Fleiseh direkt gegeben wird. Wenn man nftmlich sieht, wie man in den Motzgerliiden betrogeu wird, wenp man Fleisch kaufen will, und daffir Knochen erhalt, dana ist es nicht zu verwundern, wean der Kaufer schlieflieh die Wurstware doeh vorzieht, denn da hat man doch wenigstens etwas sicheres. Dann mfehte ich noch eins sagen: Auf dem Gebiete disser Wurstwaren sind in Deutschland noeh recht verschiedene Brauche zu finden, sodaf man yon ether einheitlichen Feststellung iiberhaupt gar nicht sprechen kann. lch wfifite wirkiich nieht, wie z. B. die Mfinchener Leberwnrst und die Braunschweiger Leberwurst bezfiglich ihres Wassergehalts und tiberhaupt ihrer Zusammensetzung miteinander verg]ichen wetden kfnnen; ieh glaube, daft viele yon den Differenzen zwischen einzelnen Sachverstandigen schlieftich darauf zurtickzufiihren sind, daf die Herren im Gruude genommen yon ganz verschiedenen Dingen reden, wenn sic aueh die gleichen Namen nennen. Man kann deswegen unter gar keinen Umstanden beispielsweise allgemein einen Wasserzusatz yon 20°/0 fesfsetzen, des ist ga,z unmfglich. Da mfifite man schon ffir jede einzelne Wurstsorte nactr dem betreffenden Landes~ebrauch ffir die Herstetlung einen besonderen H5chstwassergehalt berficksichtigen, - - ieh wlifte wirklich nicht, wie man das sonst machen wollte.

Dr. L t in ing : Die Frage des Wassergehaltes der Wurst hat fiir die Konsumenten auch insofem eine grote Bedeutung, als die Menge Wurst, auf die der einzelne Konsument ein Anrecht hat, infolge der Rationierung durehaus beschrankt ist, Wenn man sagt, der Ken- sument erhalte infolge eines hfheren Wasserzusatzes m ehr Wurst. so trifft das nich~ zu; er erh~lt nicht mehr als eine ganz bestimmte Menge und nach meiner Meinm,g hat er sin Anrecht darauf, diese in Form yon normaler Wurst zu erhalten, nicht als Wurst mit erh5htem Wasser- gehalt. Gibt man ibm solche, so handelt es sich nicht mehr um Autosuggestion, sondern um Fremdsuggestion, auf Deutsch um ,Tauschung ". Ich babe bet Beratungen fiber die Fleischverteilung seitens der Stadt in meiner Helmet immer darauf hingewiesen, daf dem Konsumenten ein Anrecht'auf sine bestimmte Menge Fleisch zusteht and somit auch auf eine bestimmte Menge Fleisch in Form yon Wurst. Erhalt er z. B. 250 g Wurst, so mutt diese ~enge 200 g Fleisch ohne Knochen entsprechen, d. h. der Wasserzusatz daft nicht mehr als 25 °/o "betragen.

Dr. R i e c h e n : Herr Ko]lege B e h r e hat vorhin bem~ngelt, daf noch zu wenig Unter- suchungsmaterial vorliege, um sin zuverlassiges Urteil fiber die Feder ' sche Verh~ltniszahl zu gewinnen. Ich m5chte anregen, daft, wenn wetters Untersucbungen auf diesem Gebiete gemacht werden, doch aueh berficksichtigt wird, wie alt das Tier war, yon welchem Kfrperteil das Fleisch entnommen ist und wie sonst im allgemeinen die Ernahrungsverhaltnisse waren - - sonst kommen wit nachher wiedsr dazu, daft, wean einmal sine hfhere Zahl gefunden wird,

aT. sa~d. 1 16. Hauptversammlung Deutscher Nahrungsmittelchemiker. 291 15 J.uni t919. J

die Sache gleieh verallgemeinert wird. Finden wir aber dann einmal eine hShere Zahl, so haben wit doch wenigstens gleich die Unterlagen, und k5nnen ups sin besseres Bild yon der Saehe maehen. Ieh m~chte also deswegen anregen, bei zuktlnftigen Untersuchungen dies mehr zu be~cksichtigen, als es bislang geschehen ist.

Prof. R u p p : Ich mSchte den Antrag stellen, dsh wir, wie es schon angeregt worden ist, die Feststellung fiber den Wassergehalt der Wurstwaren zurficks~ellen bis zum Frieden, w/ihrend wit far die Ersatzwurs~waren einen Wassergehal~ feststellen k/~nnen, und zwar auf Grand der F e d e r ' sehen Verhaltniszahl.

Dr. See1 : Ich mSchte bemerken, da f wit auch das nicht machen kSnneu. Wir haben in den v s r s c h i e d e n e n Gegenden Deutschlands die v e r s c h i e d e n s t e n ortstlblichen Br/£uehe and Vorsehriften fiir alle diese Saehen, and da I/ifi~ sich eben keine Einheitliehkeit im Reiehe erzielen. Aufierdem stofien wit dabei auf Widerstande der Schtachthausdirektoren, rnit denen wit unbedingt reehnen mfissen, denn diese nehmen im allgemeinen einen gelinderen Standpunkt sin. teh babe z. B. vet einigen Jahren eine Sachs durehgefoehten, bei der ich Beanstandungen machen raufte, weil es sich um den Gehatt an wirksamen Sabstanzen gehandelt hat; da wurde mir aueh gesagt, wir sollten nicht so scharf sein, and jetzt in der Kriegszeit will man alas selbstverstandlich erst recht nicht haben. Ich glaube, wir dreschen fiber die ganze Wurst- geschichte 1seres Stroh; es ist wirklieh schade um die Zeit.

Dr. L e o n h a r d : Ffir die Friedenswurst gibt es ortsfibtiche Herstellungsweisen, die in verschiedenen Gegenden verschieden sind, far die Kriegswurst gibt es derartige orts~ibliehe Herstetlungsweisen nieht; es haben sich da alterhand Mifibrauche herausgebildet, die ki~nnen aber jetzt, we die Sachs noch im Enfstehen begriffen ist, noch erfolgreich bekampft werden and kein Bersteller kann sich darauf berufen, er habe diz Wurst nach ortstiblichem Braueh hergestell~ - - das gibts einfaeh nicht.

Dr. F e n d l e r : Ieh mSchte darauf aufmerksam machen, daft meine Ausffihrungen sieh nut auf Frisehwurst bezogen. Yon der Ersatzmittelstelle Grofi-Berlin wird keine Dauerwurst genehmigt, well zur tterstellung yon Dauerwurst vie1 mehr Fleisch erforderlich ist, was uicht ira Interesse der beabsicbtigten Streckung des Kaninchen- and Ziegenfleisehes liegt. Wenn Mettwurst, wie es in Schwerin geschehen ist, mit so hohem Wassergehalt hergestellt wird, so halts ich des f~r ganzlich unzulassig.

Dr. i ~ I u r d f i e l d : Aufier Brfih- and Bratwiirstehen handel~ es sich meines Wissens bei den Ersatzwiirsten vornehmlich um sog. Kaiserjagdwurst, nach Art der Berliner Fleischwurst, mithin stets um Frischw~irste, w~hrend eigentliche Dauerwtirste aus Kaninchen- und Ziegenfleiseh bisher.wohl kaum hergestellt wurden (Zurufe: Doch). Es kame jedenfalls aber in ers~er Linie darauf an, daf far die Frisehwtirste sine gewisse Norm far den zul~tssigen hSchsten Wasser- zusa~z festgelegt wtirde. Zum Zwecke der Ausschaltung unfrnehtbarer ErSrterungen m/~chte ich noehmals darauf hinweisen, daft es sich heute nicht darum handelt, daf wir bestimmte Normen ft~r die Beurteilung atler mSglichen Wurstsor~en im Sinne des Nahrungsmittelgesetzes aufstellen wollen, sondern daft wit gewisse Riehtlinien haben wollen ffir die Beurteilung des zul/~ssigen Wasserzusatzes bei der Prfifung nnd Beurteilung der Ersatzwtirste im Sinne der Verordnungen, betreffend die Genehmigungspfliebt yon Ersatzlebensmitteln.

Dr. C a n t z l e r : Es ist vorhin schon die Frage aufgeworfen werden, ob es nicht fiber- haupt unwir~sehaftlich sei, diese Ersatzwfirste herstellen zu lassen. Ieh kann mitteilen, daft wit in Mannheim auch Ziegenwfirste gehabt haben; aber die Landespreisstelle hat die Her- sfellung einfach nicht genehmigt; die Folge war, daft das Zieget, fieiseh wesentlich biltiger geworden ist; der Preis f~r Ziegenfleiseh ist jetzt ich glaube au~ 1,80 M. ffir das gauze Grofi- herzogtum Baden festgesetzt worden. Ich halte die Verwendung dieses Fleisches far die Wurstzubereitu~g fiir unzweckm/~fiig; denn es wird dadurch nur der Preis ffir die geringe Menge Fleiseh, das noeh markenfrei verkauf~ werden kann, gewaltig in die B~he getrieben. Wi t haben in Mannheim kein Interesse daran, da bei nns Ziegenwurst nicht mehr hergestellt werden darf.

Prof. B e h r e : Es scheint doeh so, als wenn der grSfite Tell der Anwesenden defer zu haben ist, eine Grenze far den Wassergehal~ bei Ersatzware (markenfreier Ware) festzusetzen, die auf Marked verteilte Ware abet aufier Betracht zu lessen. Das empfiehl~ sich auch aus dem Grunde, den ich sehon angeffihrt habe, n~mlich weft yon oben her ein Druek ausgefibt wird auf die Fleischerinnungen, und wir kein Reeht and keine MSglichkeit haben, dem ent- gegenzuwirken. Ich glaube also, das Ergebnis unserer Ausspraehe litSt sieh dahin zusammen- lessen, daft wir f/it die Ersatzware einen bestimmten Wassergehatt ffir wiinsehenswert halten, vielleicht in H~he yon 20°/o, daf wit den also als Grundlage far die neuen Beratungen fiber die Ersatztebensmittel, die demniiehst stattfinden sollen, empfehlen. Im fibrigen ist diese gauze Frage des Wasserzusatzes bei den Ersatzwarsten in der Haupfsache sine Preisfrage. Diese Ersatzwfirste sind ja genehmigungspflichtig, und es bleibt jeder Ersatzstelle nun vorbe- halten, festzustellen, wieviel Wasser im einzelnen bei der Wurst zugelassen werden sell, das muff ja naehher im Preise zum Ausdruzk kommen. Wenn wir abet heute sagen, wit wollen

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292 16. Hauptversammlung Deutscher Nahrungsmittelehemiker. [Zoits¢hr. f. Un~ers~,Im.g [d. Nahr.- u. Genufimittel.

einen Zusatz his 200/0 zulassen, so ist das flit die Ersatzmittelstellen doeh immerhin eine gewisse Grundlage, an die sic sich halten kfnnen.

Der V o r s i t z e n d e : Das Wort wird nicht mehr gewfinscht;; wir kommen nunmebr zur gbsLimmung tiber die Frage. Vorher mfchte ich, um volle Klarheit zu sehaffen, im lnteresse der beiden Herren Referenten noch ssgen, d a f e s sich hier nicht um einen Besehiuf handelt fiber den Umfang, in welchem eiae Wurstuntersnchung n5tig ist, um ein U~teil tiber ihre Glite zu gewinnen, sondern es handelt sich hier nur durum, ob wir den Wassergehalt in einer fertigen Wurstware besch~inken wollen oder nicht. Nun hat sich im Laufe der Debatte die Sache so zugespitzt, d a f e s yon den meisten Rednern fiir riehtig anerkannt wird, daf wir ffir die jetzt hergestellte Kriegsware einen Wassergehalt vorschlagen, der nicht fiber- sehritten werden sell, und da hat, glaube ieh, Herr L e o n h a r d ganz richtig zum Ansdruck gebraeht, daf wir das unbeschadet tun kfnnen, well bei den Ersatzwfirsten yon Gewohnbeiten und Br•uchen nicht geredet werden kann. Ftir die Friedensware kSnnen wir einen Beschluf iiber den zul~ssigen Wassergehalt heute nicht fassen, sondern den wollen wir for sp~tere Zeit verschieben, well hente diese Wurst nut eine ganz untergeordnete l~olle in der Ern~hrung spielt. Dagegen bin ieh der Meinung, es wtirde wundernehmen, wenn wir fiber die Kriegs- ware nicht einen Beschlu~ faften, oder doch faften etwa in der Richtung, dafi wir die Nor- mierung eines Wassergehaltes nieht ftir niitig hielten. :[c.h halte es durchaus fiir nfi~ig, well in der Beziehung ganz zweifellos grofer Unfug getrieben wird und viele Saehen vorkommen- die man nichg ctulden kann. Es kann sich jetz~ nur darum ha/adeln, die Hfhe des Wasser- gehaltes festzusetzen (Zurufe: 20°/0). Jawohl (Zuruf: Auf oder in Hundert). Wir miissen wohl auf Hundert sagen - - also, ein Wassergehalt yon 25o/0. (Zuruf: ]at es nieht zweckm~ifig, die Richtlinien des tIerrn F e d er noch einmal zur Verlesung zu bringen ?) Herr Kollege Fe d e r , wollen Sie noeh einmal verlesen? (Verlesung.)

Dr. W i l l e k e : Ich bitte den letzten Satz wegzulassen, wir wtirden uns sonst auf die Zahl 4 festlegen.

Dr. F e d e r : Ich habe fiir dieaen Fall noch eine besoadere Beanstandungsgrenze vor- gesehlagen.

Dr. W i l l e k e : Im iibrigen, glaube ieh, kfnnen wir den Leitsa~z annehmen, wir tun niemandem damit weh, well wit mi~ der Zahl 4 regelmitfig weniger Wasserzusatz finden als ta~s~eh]ich zugesetzt ist.

Dr. F e d e r : Ich habe diese Zustitze nut vorg~schlagen als wirklichen Zusatz bei der Bereitung; dagegen babe ich a]s Beanstandungsgrenze e m e n anderen Gehalt vorgeschtagen, and zwar habe ich dies zum Ausdruek gebrach~ in folgendem Satze (Verlesung).

Der V o r s i t z e n d e : Ieh glaube, wir miissen uns etwas bestimmter ausdrtieken, wenn unsere Beschliisse als Grundlage dienen sollen.

Dr. F e n d l e r : Ieh mfehte einen weitergehenden Antrag stel]en. Ieh beantraue, in die Richtlinien die Bestimmung aufzunehmen, daft die Herstellung yon Wfirsten aus Kaninchen- und Ziegenfleisch untersagt wi,'d, denn nur auf diese Weise wiirde es noeh miiglieh sein, der Allgemeinheit markenfreies Fleiseh zu erhalien. Wenn wit einen solch geringen Wassergehalt festsetzen, wie er vorgeschl~gen worden ist, werden jedenfalls auf dem Be|'liner Markt fiir die Minderbegiiterten d~e Ersatzwiirste nnerschwinglich. Ich mfchte afso den Antrag stellen, daf die Herstellung yon Ziegen- and Kaninchenwfirsten iiberhaupt unLersagt wird.

Der V o r s i t z e n d e : Ich wei~ niche, ob das unsere Zust~ndigkeit nich~ iiberschrei~en wiirde.

H. T r i l l i c h : Ich glaube, dieser Antrag zeig~, dal~ ich mit d e m r e c h i habe, was ieh eben sagen wollte- Ob wir nieht tiberhaupt in der Frage zu welt gehen. Auch in der Frage des Wasserzusatzes - - denken Sie nur daran, wetche Miihe es schnn kostet, bei der jetzigen Fleischnot der stiidtischen Bevflkerung such nur diese kleinen Mengen Fleiseh zuzuteilen; da ist es doch nnn vielleieht immerhin eine T~iuschung, aber doch eine angenehme Tauschung ffir die Leute, wenn sie ein grfferos Stiick Wurst dadurch bekomme,,, daf sie mi~ egwas mehr Wasser zubereitet ist - - es sieht doch immerhin nach etwas mehr aus. Ich bin tiber- zeug?~, wenn heuge ¥er t re ter der Reiehsregierung und der Fleischversorgungsstelle bier wfiren, so wtlr.den sie dringend bitten, yon allen derartigen Be.~ehltissen heute abzusehen, denn mfg- licherweise sind sie mergen schon n~ch~ mehr durchfiihrbar oder gerade das Gegenteil yon dem, was zweckm~fig ist.

Der V o r s i t z e n d e : Sie vergessen, daf das Gauze elne :Preisfrege ist; der fibermfifi;ge Wasserzusntz maeht es den Iterstellern solcher Wfirste mfgtich, sich iiberm~fig zu bereichern. Aus dem Grunde miissen wir doch einen Wasserzusatz normieren, der fiir die Berechnung des normalen Preises zugrunde zu legen ist.

Dr. R o t h e n f u f i e r : Es ist, soviel ich sehe, klar, daf fiir die normalen Wtirste nichts zu machen is t , aber fiir die Ersatzwfirste, ffir die eine Ortsfiblichkeit beziiglich der Herst'ellung nicht bes~eht, sind wir nicht gebunden. Ich glaube, da~ wir auf das riehtige kommen and

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beiden Teilen gerecht werden, wenn wir sagen : Ff~r alle Ersatzwtirste lassen wir anf 100 Teile Wurstmasse 20 Tells Wasser zu.

Reg.-get Dr. A u e r b a c h : Ich wollte auch empfehlen, daft yon den beiden Vorschliigen, die I terr F e d e r gemaeh~ hat, derjenige zur Grundlage der Beschlfisse genommen wird, der sich auf die Herstellung bezieh~, nicht aber auf die Unt:ersuchang - - es bleibt dem Chemiker unbenommen, Bin anderes Untersuchungsverfahren zugrunde zu legen. Ich kann also nur alas unterstiifzen, was Kerr g o t h e n fuf~ e r angeregt hat.

Der V o r s i t z e n d e : Es ist also jetz~ der Vorschlag gemacht worden, den ich auch un~ersttitzen wollte, da~ tier Wasserzusa~z bei Ers~tzfieischwtirsten (Frischwfirste) hSchstens 2 0 % betragen darf, d. b. auf 100 Te i leF le i sch 20 Teile Wasser. (Zuruf: Ohne &nfiihrung der einzelnen Sorten.) tch hal ts es each fiir sehr wertvoll, wean nur eine einzigo Zahl angefiihrt wird - - also fiir alie W~irs~e, Blutwiirste wie Leberwtirste - - , sonst sind wieder neue Be- reehnangen not, wendig.

Prof. W. F r e s e n i ~ s : Wenn wit sagen auf hunder t Tells ungew~ssertes F!eisch, is t da bei Blur, wurst des Blur zum Fleische mitgerech~e~ odor nleht? Wenn nun darin gar kein Fleisch ist, so haben wir fiir Blutwurst gar keine Grenze (Zuruf: Kommt nicht in Frage!).

Reg.-Rat Dr. A u e r b a c h : Es hel l ' t : Auf I00 Tells nngew~sserte ,Wurs tmasse% so war es formu|iert .

Dr. L e o n h a r d : Ich muff leider darauf hinweisen, de5 auch bei dieser Fassung ein I r r tum mSglich ist. Man darf nieht sagen : Aaf 100 Tei]e ursprtlnglicher Wurstmasse, sondern es muff heiiien: Auf 100 Teile ursprtingiiehes Fleise~, denn die Wurstmasse, die verwendet wird, kann gekoch~ sein, und damit kommt man zu ganz anderen Zahlen, well beim Kochen gsnz erhebhche Mengen Wasser herausgehen. Wenn man sine Beurteilung im Sinne des Herrn Fed e r iiberhaupt vornehmen will, mu~ man unbedingt zuriiekgreifen auf das urspriing- liehe Fleisch, also auf 100 Teile urspriingliches Fleiseh dfirfen nicht mehr als 20 Tells Wasser zugesetzt werden.

Geheimrat J n e k e n a e k : Dann mtissen Sis bei Fleisch in K]ammern eine nahere Definition hinzusetzen.

Dr. F e d e r : Ieh miichte diesem Vorschlage entgegenhalten, daft sich das tats~chlich gar nieht durchftihren l~fit. Wie sell man die Tells des ursprtinglichen Fleisehes wiegen? Bei dem Kleinvieh ist es ganz ausgesehlossen, die Kaninchen kSnnen nur vollstandig aas- gebeint werden, wenn sie ganz und gar welch gekoeh~ sind. Dasselbe ist bei ginderk6pfen usw. de r Tall. Das sind Sehwierigkeiten, die es technisch unmSglieh erseheinen lassen, die Teile ursprtingliehen Fleisches zur Sehatzung zu bringen.

Dr. R o t h e n f u~ e r : Mein Antrag lautet auf Gebrauch des Ausdruekes : ,Wurs tmasse" . Es ist nieh~ richtig ,Fleisch" zu sagen, well da die Schwierigkei~en entstehen, auf die schon hingewiesen worden ist, es muff heifien: ,Ungew~sser~e Wurstmasse%

Dr. W i l l e k e : Bei Leberwarst ist 200/0 aueh bereehtigt, denn wenn die Leberwurst such tats~tehlich moist aus gekochtem Fleisch hergestell t wird, so wird sis doeh meist an- gsraacher t verkauft und der Verlust, der beim Rituchern entsteht, gleicht den Zusatz wieder aus.

Dr. S p r i n k m e y e r : Ich mSciite noeh einmal die Frage ansehneiden, wie es mit dem Wasserzusatz bei Fischwurst gehalten werden sell, die aus Stockfisch hergestell.t ist, sis kommt bei uns sehr vie1 in den Handel.

Gebeimrat J u c k e n a e k : Ieh glaube, da~ man sich da ohne wei~eres aaf den S~and- punkt stellen mfifte, dab dureh die Verarbeitung yon Stoekfisch auf Wurs t der Stockfiseh in einer Weiss verteuert wird, die mit den Grunds~tzen der Verordnung nicht im Einklange steht.

Der V o r s i t z e n d e : Herr L e o n h a r d , wfirden Sis Ihren Antra~ zurtiekziehen? Dr. L e o n h a r d : Ieh verzichte auf das Wort. Es liegt sin Mifiverstandnis vor, das,

um die VerhandIangen nicht zu lange hinauszuziehen, bier nicht aufgekl~irt werden kann. Dr. F o n d l e r : Ieh vermag nieht~ einzasehen, warum wir nieht in der Lags sein sollen,

vorzuschlagen, daft Ersatzwiirs~e aus Kaninchen- and Ziegenfleisch nicht hergestell t werden diirfen. Ich glaabe niche, daft wir damit fiber unsere Kompetenzen hinausgehen wii~'den.

Der V o r s i t z e n d s : Ais ich gesagt babe, es bestebt das Bed'enken, ob des nicht nnsere Zust~ndigkeit tibersehreiten wiirde, bin ich dabei yon der Erw~igung aasgegangen, dafa wir uns hier in dieser Versammlung in] wesentlichen mi~ der Untersuchung and Beurteilung yon Nahrangsmit te ln besch~ftigen und nieht damit, ob es zweckmfifiig sei, irgend sin Nahrungs- mittel herzust~ellen odor za verbieten. Nur yon dem Gesichtspunkte aus habe ich geurteilt, sonst wiirde ieh reich als Mensch far genau so kompetent .balEen wie die Preispriifangs- stelien, die dariiber zu befinden haben. Aber es scheint sine atlgemeine SLimmung dagegen zu seia. (Widerspruch.) Wi r warden dana auf den Antrag zuriiekkommen, daft wit sage'n: daft auf 100 Tells ungew~isser~er Wurs tmasse nicht mehr sis 20 Teile Wasser zugesetzt sein solten, and zwar gilt das fiir alle Wurs tar tea (Zuruf: Ersatzkriegswiirs~e). B e i d e r Berecbnung haben wit uns auf die F e d e r ' s c h e Zaht nicht festgeleg~. Das mnl~ der Zukunft vorbehalten bleiben, wenn wir ers~ wieder normale Friedensware zu unseren Untersuchungen bekommen.

[Zeitschr. f. Untersuchung 294: 16. Hauptversammlung Deutscher Nahrungsmit~elchemiker. [d. Nahr.- u. Genul~mitteL

Wir haben uns im Sinne der Ausffihrungen des Herrn Seel darliber ausgelassen, in welchem Umfange iiberhaupt eine Beurteilung yon Wurstwaren notwendig ist. Und setbstverstgndlieh gehSrt dazu aueh die mikroskopische Untersuehung.

Der V o r s i t z e n d e : Damit kSnnen wir diesen Punkt verlassen und k~imen zum folgenden Punkte: , ,Br f ihwi i r fe l u n d S u p p e n in t r o e k e n e r F o r m " . ZunKchst mSchte ich die Herren fragen, ob Sie gewillt sind, jetzt noeh welter zu tagen (Rufe: l~ein!). Dann mSchte ich bitten, morgen punkt 9 Uhr wleder hier zu sein. (Zuruf 1[29 Uhr - - Widersprueh.) Ich nehme an, daS unsere gesch~iftlichen Verhandlungen mindestens 2 Stunden in Anspruch nehmen werden. Ieh teile zu Ihrer Orientierung mit, dal~ die neuen Satzungen, die wir beraten wollen, morgen nur in erster Lesung besproehen werden; die zweite Lesung wird erst fibers ffahr stattfinden, sodas wir mit Beratung der Satzungen und auch mit der Beratung der Standesinteressen wohl in 2 Stunden fertig werden und um 11 Uhr unsere 5ffentliche Versammlung wieder beginnen kSnnen, und zwar werden wir wieder einsetzen mit unserer Tagesordnung unter Ziffer 3 b, wit wfirden also zun~chst fiber Brfihwfirfel und Suppen in troekener Form zu sprechen haben.

(SehluS der 1. Sitzung abends 6 Uhr.)

2. S i t z u n g , Samstag, den 28. September 1918.

Den Beglnn der 2. Sitzung bildeten Beratungen fiber S t a n d e s f r age n und elnen E n t w u r f n e u e r S a t z u n g e n des Vereins, worfiber gesondert berichtet werden wird.

Der V o r s i t z e n d e : Wir kommen dann zu unserer wissenschaftlichen Tages- ordnung und haben nunmehr in der Reihenfolge zun~tchst fortzufahren unter Ziffer 3 b B r i i h w f i r f e l , S u p p e n in t r o e k e n e r Form. Ieh habe dann die,Absicht, nach- dem Punkt 3 b erledigt sein wird, da unsere Zeit sehr knapp ist, zunRchst nicht den Punkt 5, sondern erst den Punkt 6 zur Erledigung zu bringen: , ,Ha t es s i ch als w f i n s e h e n s w e r t e r w i e s e n , ' f f i r die U n t e r s u c h u n g y o n E r s a t z l e b e n s - m i t t e l n b e s t i m m t e V e r f a h r e n v o r z u s c h r e l b e n ? J weil daffir ein sehr grol~es Interesse vorhanden ist. Vorher hat das Wort ffir eine Mitteilung Herr M u r t f e l d t .

Dr. M u r t f e l d t : Vor einiger Zeit wurde uns ein B r o t aus einer Mindener B~ckerei von M. und drei halbe Brote aus tier Verkaufs-Nebenstelte yon F. zur Unter- suehung und Begutachtung fiberbracht. Alle vier Brote zeigten auf den SehnittflRehen starke Rasen eines orangefarbenen Sehimmelpilzes (Oidium aurantiacum). Iqach dem Genul3 des Brotes waren VerdauungsstSrungen eingetreten. Drei yon diesen Broten waren nach dem Ankauf 8 Tage in einer Speisekammer aufbewahrt worden, bei dem Anschneiden hatten sie gedampft, und einen Tag nach dem Anschneiden zeigten sie orangefarbene Stellen. Bei der Einlieferung ins Untersuehungsamt waren die Brote noeh warm; ein in das Brot eingeffihrtes Thermometer hielt sich 10 Tage hindurch auf 42 o (Temperatnr im Aufbewahrungsraum 18m20°). Die Schnittflachen der Brote und Stellen unter der geloekerten Rinde bddeckten sich in kurzer Zeit mit welt aus- gebreiteten, orangefarbenen Pilzrasen, im Innern hatte die Krume eine wei~lich-gelbe Marmorierung angenommen. Durch das Oidium aurantiaeum ist eine vSllige Zer- setzung der Kohlenhydrate unter starker Entwickelung yon KohlensRure erfolgt. Die Zersetzung ging bis zur Bildung yon Alkohol welter. Naeh K S n i g 1) ist die Bildung von Alkohol bisher nut bei Aspergillus nidulans beobaehtet worden.

i) j. K6n/g, Chemie der menschlichen Nahrungs- uad Genufimittel. IV. Aufl., Berlin 1904, 2, 681.

37. Band. ] 15. Juni 1919.] R. M a r d fie 1 d, Fleischbriihersatzwarfel. 295

:[ch erlaube mir, die Photographien Ihnen vorzulegen. Herr Prof. Dr. BSmer , dem ich die Photogramme einsandte, hatte Bedenken, die farbigen Photographien in <lie Zeitschrift aufnehmen zu lassen, well das Schwier]gkelten hot, und die nicht- farbigen Photographien zu wenig instruktiv wiiren.

Fleischbriihersatzwiirfel. Yon

Dr, R. Murdfield-I-Iamburg.

Durch die Bundesratsverordnung fiber Fleischbrfihwfirfel und deren Ersatzmittel vom 25. Oktober 1917 1) sind die ~irgsten Mi~st~nde im Handel und Verkehr mit diesen Erzeugnissen behoben worden. Die eigentlichen ,,Fleischbrfihwfirfel", deren Beschaffenheit in erster Linie durch diese Verordnung (§ 1) geregelt wurde, sind in- uwischen wegen des immer mehr ansteigenden Mangeis an Fleischextrakt so gut wie vSllig yore Markte verschwunden. Eine um so st~irkere Ausdehnung hat der Verkehr mit Ersatzmitteln hierfiir genommen, deren Zusammensetzung im § 2 der Verordnung gleichfalls eine gewisse Regelung erfabren hat.

In der laufenden Kontrolle der Fleischbrfihersatzwiirfel, sowie namentlich ge- legentlich der Prfifung solcher Erzeugnisse nach Mai~gabe der Bundesratsverordnung fiber die Genehmlgung yon Ersatzlebensmitteln vom 7. Miirz 1918 2) hat sich indessen ergeben, dai~ die Bestimmungen der Bundesratsverordnung vom 25. Oktober 1917 in bezug auf die Zusammensetzung der Ersatzwfirfel noch nicht vSllig ausreichen, ~)der der Lebenumitte]fiberwac]Jung noch nicht in allen Ffillen hinreichende Handhaben geben, um ungeeignete und minderwertige Erzeugnisse dieser Art ohne weiteres aus- zuschalten.

Insbesondere fehlt bei den Ersatzwfirfeln ein analytischer Wertmesser fiir den GenuS- und Wfirzwert dieser Erzeugnisse, wie er ffir die eigentlichen Fleischbrfihwfirfel durch die Festlegung des Mindestgehaltes an Stickstoff (als Bestandteil der den Ge- nui~wert bedingenden Stoffe) und an Gesamt-Krea t in in im § 1 unter Ziffer 2 ge- geben ist. Zwar wird auch ffir die Ersatzwfirfel i m § 2 ein gewisser Mindestgehalt an Stickstoff (als Bestandteil der den Genu~wert bedingenden Stoffe)*gefordert, doch genfigt diese Anforderung allein nicht, um einen hinre[chenden Wfirz- und Genul~wert 4ieser Erzeugnisse zu gewiihrle[sten.

Die Fleischbrfihersatzwiirfel bestehen zumeist aus Kochsalz, Wfirzen oder sog. Extrakten (vornehmlich Knochenbrfihextrakt), Auszfigen ans Suppenkr~utern und -ge- miisen sowie Gewfirzen. Der Kochsalzgehalt ist mit hSchstens 70O/o vorgeschrieben; in bezug auf die iibrigen Stoffe besteht abet nach Menge, Art und Wertbeschaffenheit weiter Spielraum, da in der Bundesratsverordnung nur ein Mindestgehalt an Stlckstoff (als Bestandteil der den Genul~wert bedingenden Stoffe) yon 2 °/0 vorgeschrieben ist. :Nun sind aber nach unseren Erfahrungen die zur Herstellung der Ersatzbriihwfirfel verwendeten Wfirzen, Extrakte u. dergl., dutch welche in erster Linie die Fleischbrfih- hhnlichkeit dieser Erzeugnisse bewirkt werden soil, nach ihrem Genut~- und Wfirzwert sehr verschieden. Diese Verschiedenheit kommt im Gehalte dieser Stoffe an Gesamt-

~) Reichs-Gesetzbl. 1917, 969; Gesetze und Verordnungen, betr. Nahrungs- und Genu~ mittel, 1918, 10, 10.

:) Reichs-Gesetzbl. 1918, 113 ft.