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(Aus den tIeilstatten Friedrichsheim-Luisenheim der Landesversicherungsanstalt Bade~ [Tuberkulosekrankenhaus fiir Siidbaden]. - - Direktor und leitender Arzt: Dr. K. Briest t.~ Die Bedeutung des Yerhaltens der Gegenseite fiir die Anzeigestellung zur operativen Behandlung der Lungentuberkulose. Von Klaus Briest ~. (Eingegangen am 15. Juni 194d.) Die Untersuchungen yon BShme fiber das Verhalten der kontralaterale1~ Lunge nach Thorakoplastik und Pneumolyse, die an Hand yon 168 F~llen durehgefiihrt worden sind, bringen Ergebifisse, die ffir die Anzeigeste]lung zur chirurgischen Behandlung der Lungentuberkulose Berficksichtigung finden miissen. Wiewei~ Charakter und Ausdehnung der Tuberkulose auf der Gegen- seite in Rechnung gestellt werden miissen, ist bereits in der genannten Arbeit ausffihrlich dargelegt worden. Diese Erfahrungen sehen wir an unserem in- zwisehen (Anfang 1942--1944) angefallenen weiteren Krankengut im groBen ganzen best~i~igt. Es erscheint uns wesentiich, auf fo]gende zwei Punk~e nocb ausffihrlicher einzugehen : 1. die allgemeine Abwehrlage des Kranken, 2. die Operationsmethode. 1. Bei unserem alten, der Arbeit yon B6hme zugrunde liegenden Material 1 sind wir fiber die bekannten altgemeinen Grunds~tze zur Anzeigestellung viel- faeh hinausgegangen. Allgemeine Erholung, Abklingen etwaiger Temperaturen, Erreichung einer niedrigen Senkungszahl, im Blutbfld Verschwinden yon abso- lurer Leukoeytose, von Linksverschiebung und relativer Lymphopenie, steigen- des oder gleichm~l~iges K6rpergewicht, ausreichende Verminderung groBer Aus- wurfmengen, Beseitigung yon Begleitbronchitiden, ausreichende Atemfunktion, also das immunbiologische .Gleichgewicht im Sinne yon W. Schmidt, waren aueh ffir uns erstrebenswerte Ziele vor Einleitung operativer Eingriffe; Ziele, die aber aus versohiedenen Griinden nicht immer abgewarte~ werden konnten. In einer nieh~ geringen Zahl yon F~llen blieb dieser erwfinschte Effekt selbst nach vorbereitender, vi~,le Monate durehgefiihrter klimatischer und Ruhebehandlung aus, und wir haben uns dann gelegentlich doch noch zur Operation entschlossen~ um eine Wendung zu erzwingen. Unter diesen Umst~nden waren die Erfo]gs- aussichten yon vornherein wesentlich vermindert. Das Verha]tcn der Gegenseite war in solchen ~i~llen von der Gesamtentwicklung abhiingig, kontralaterale Exacerbationen, lymphohi~matogene Streuungen und seltener auch Aspirationen ereigneten sich eher als bei den ausreichend stabilisierten l~llen. 1 ]~s handelt sich um ein Krankengut, das zu einem nicht unwesent]ichen Tei~ bereits ein in grSB~em Umfang operativ ~iges Tuberku]osekrankenhaus durchl~fen hat,.

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(Aus den tIeilstatten Friedrichsheim-Luisenheim der Landesversicherungsanstalt Bade~ [Tuberkulosekrankenhaus fiir Siidbaden]. - - Direktor und leitender Arzt: Dr. K. Briest t.~

Die Bedeutung des Yerhaltens der Gegenseite fiir die Anzeigestellung zur operativen Behandlung

der Lungentuberkulose. Von

Klaus Briest ~.

(Eingegangen am 15. Juni 194d.)

Die Untersuchungen yon BShme fiber das Verhalten der kontralaterale1~ Lunge nach Thorakoplastik und Pneumolyse, die an Hand yon 168 F~llen durehgefiihrt worden sind, bringen Ergebifisse, die ffir die Anzeigeste]lung zur chirurgischen Behandlung der Lungentuberkulose Berficksichtigung finden miissen. Wiewei~ Charakter und Ausdehnung der Tuberkulose auf der Gegen- seite in Rechnung gestellt werden miissen, ist bereits in der genannten Arbeit ausffihrlich dargelegt worden. Diese Erfahrungen sehen wir an unserem in- zwisehen (Anfang 1942--1944) angefallenen weiteren Krankengut im groBen ganzen best~i~igt. Es erscheint uns wesentiich, auf fo]gende zwei Punk~e nocb ausffihrlicher einzugehen :

1. die allgemeine Abwehrlage des Kranken, 2. die Operationsmethode. 1. Bei unserem alten, der Arbeit yon B6hme zugrunde liegenden Material 1

sind wir fiber die bekannten altgemeinen Grunds~tze zur Anzeigestellung viel- faeh hinausgegangen. Allgemeine Erholung, Abklingen etwaiger Temperaturen, Erreichung einer niedrigen Senkungszahl, im Blutbfld Verschwinden yon abso- lurer Leukoeytose, von Linksverschiebung und relativer Lymphopenie, steigen- des oder gleichm~l~iges K6rpergewicht, ausreichende Verminderung groBer Aus- wurfmengen, Beseitigung yon Begleitbronchitiden, ausreichende Atemfunktion, also das immunbiologische .Gleichgewicht im Sinne yon W. Schmidt, waren aueh f f i r uns erstrebenswerte Ziele vor Einleitung operativer Eingriffe; Ziele, die aber aus versohiedenen Griinden nicht immer abgewarte~ werden konnten. In einer nieh~ geringen Zahl yon F~llen blieb dieser erwfinschte Effekt selbst nach vorbereitender, vi~,le Monate durehgefiihrter klimatischer und Ruhebehandlung aus, und wir haben uns dann gelegentlich doch noch zur Operation entschlossen~ um eine Wendung zu erzwingen. Unter diesen Umst~nden waren die Erfo]gs- aussichten yon vornherein wesentlich vermindert. Das Verha]tcn der Gegenseite war in solchen ~i~llen von der Gesamtentwicklung abhiingig, kontralaterale Exacerbationen, lymphohi~matogene Streuungen und seltener auch Aspirationen ereigneten sich eher als bei den ausreichend stabilisierten l~llen.

1 ]~s handelt sich um ein Krankengut, das zu einem nicht unwesent]ichen Tei~ bereits ein in grSB~em Umfang operativ ~iges Tuberku]osekrankenhaus durchl~fen hat,.

:K. Briest: Die Anzeigestellung zur operativen Behandlung der Lungentuberkulose. 399

Bei den in den beiden letzten Jahren operierten Kranken haben wit in ,diesem Punkte die Indikationsbrei te wesentlich enger gezogen, d. h. es wurden nur Kranke in weitgehend ausgeg]ichener Abwehrlage einem operativen Eingriff zugefiihrt. Die bessere Operationsreife hat te , soweit wir bisher sehen k6nnen, fi ir das Krankheitsgesehehen auf der Gegenseite wie fiir den Gesamtver]auI eine deutlich giinstigere Wirkung; das Weiterschreiten eines dutch die vorherige -klimatische Kur stabilisierten kontralateralen Prozesses ~mrde nur Selten beob- a e h t e t . Die ohne Zweifel zahlreichen pyogenen Infekte bei dem in der Arbeit yon :B6hme ausgewerteten Krankengut , deren Beseitigung vielfach nur sehwer u n d naeh l~ngerer Zeit gelang, belastete die Eingriffe durch ihre ungiinstigen Auswirkungen auf den Gesamtorganismus sohwer. Wir sind naeh unseren Er- fahrungen iibcrzeugt, daft schon die Einbringung geringster Keimmengen in <len Brut raum, den eine mi t Serum oder B l u r angefiillte Wundh6hle naeh Pneumolyse oder einer plas~ischen Operation darstellt, geniigt, um einen Infek t m i t Ei terung und Allgemeinreaktion hervorzurufen.

Wit haben uns eingehend bemilht, die Entstehung eines Infektes durch griindliche ~ntisep~ische Vorbereitung der Haul zu verhiiten. Sie wurde yon uns folgendermaBen 'dutch. geffihrt:

�9 1. 1%rmalinumschlag mit gleichzeitigem Lichtbfigel. 2. Rasieren der Haut mit sterilem Messer. 3. 10 Minuten Wasehungen mit Alkohol. 4. Erster Jodanstrich - - danach Lokalan•sthesie, die 5. durch einen zweiten Jodanstrich abgeschlossen wurde. Vorfibergehend haben wir auBerdem die ohnehin schon dureh Seifenbad gereinigte

:Haut 10 Minuten lang mit Bfirste und Seife bearbeitet, dieses Verfahren abet wieder auf. gegeben, als sich die Ergebnisse hierdurch nicht ~nderten.

6. Um die Gefahr einer Keimeinsaa~ durch die Luf~ zti verhiiten, haben @ir Quarz- lampen aufgestellt und jeweils vor dem Beginn der Operation die Luft des Dperationsraumes durchstrahlt, wie das in der nordamerikanischen-Fachliteratur vorgeschlagen worden ist.

Fortlaufende kulturelle Untersuchungen yon bei Qperationen entnommenen I~autteilen haben uns indessen gezeigt, dab esmit dem yon uns ausgefibte n Verfahren der antiseptisehen Vorbereitung des Operationsfeldes nicht v611ig sicher gelingt, das Angehen yon Staphylo- kokken im bebriiteten Bouillonr6hrchen zu verhindern. Es ist nicht selten gelungen, Wachs: ~um yon Keimen, wenn auch oft sp~rlich und naeh l~ngerer als der fiblichen Wartezeit (3;--4. Tag), nachzuweisen. Wir sind somit zu der Auffassung gelangt, dab Staphylokokken in der Tiefe der Haarbalgdriisen durch die angegebenen Methoden nieht sieher unsehadlich gemacht werden und eine Bedeutung fiir das Zustandekommen einer Infektiofi erhalten k6nnen, selbst wenn sie sonst als harmlose Schmarotzer anzusehen sind.

Die prim~re Ents tehung pyogener Infekte konnte also nicht wesentlich vermindert werden: Dagegen gelang es uns i n clen letzten J a h r e n mehr und mehr, die Infekt ionen dutch sofortiges energisches Angehen in verh~lmism/iBig kurzem Zei t raum z u beseitigen und die mi t ihren Folgen verbundenen Gefahren zu bannen. Die Behandlung gestaltete sich folgendermal]en:

Stiegen wenige Tage nach dem Eingriff die urspriinglieh im Absinken begriffenen Temperaturen wieder art und war oder blieb das Allgemeinbefinden beeintr~tcht~igt, so be- stand der Verdaeht auf eine beginnende Infektion der Operationsh6hle. Die Probepunktion ergab fast immer ein blutig-ser6ses, gelegentlichgetrfibtes Exsudat, aus dessen Beschaffen- heir nicht ohne weiteres auf das Vorliegen .einer Infektion geschlossen werden konnte. War das Ergebnis der mikroskopischen Durchsuchung des Punktatansstriches negativ, danu ergab die kulturelle Verarbeitung endgfiltige Klarkeit fiber das Vorhandensein eines Infektes. Das Ergr lag meist nach 48 Stunden vor. Bei festgestelltem pyogenen Infekt wurde

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,400 K. Briest: Die Bedeutung des Yerhaltens der Gegenseite

sofort Punktions- und Spfilbehandlung eingeleitet. ]:)as in der Pneumolysen- oder Plastik- hShle befindliche Exsudat wurde entfernt und eine reichliche Spiilung mit'Azochloramid, seltener mit" arideren antiseptischen Spiilmitteln, angeschlossen. Nach vflliger Entleerung der HShle wurde in den ersten 3 Tagen eine Stoi3behandlung mit etwa zusammen 12,---15 g eines Sulfonamids durehgeffihrt. Uns hat sich am besten Cibazol - - und zwar direkt in die Wundh6hle eingefiihrt - - bew/~hrt: Die VertrAglichkeit des Mitten wa~', abgesehen yon gelegenglichem Brechreiz, gut. Die Spiilbehandlung.muG tAglich durehgefiihrt werden. Im Anschlul~ an den CibazolstoB instillieren wir bei der Weiterbehandlung am SchluB jeder Punktion I00 ccm Azochloramid in die WundhShle und belassen das Mittel darin bis zum n~chsten Tag.

Bei einer so durchgefiihrten Behandlung kam es fast hie zu regelrechter Eiterbildung ; das an/angs triib-serSse Exsudat wurde bald vSllig klar. In hartn~ckigeren F~illen, in denen der kulturelle Na~hweis der Erreger nach einiger Zei$ noch gelang, wurde nach 2---3 Wochen Spiilbehandlung ein erneuter Su~fonamidstoB vorgenommen und die Behandlung danach entsprechend fortgesetzt, his ]~rreger im PUnktat nicht mehr fes~zustellen waren und die Sekretion versiegte. Schon 1--2 Tage nach Einleitung der Behandlung sanken die KSrper- temperaturen zur Norm ab, Allgemeinbefinden und Appetit besserten sich.

Es i s t ein]euchtend, dab es so gelang, Auswirkungen auf die Abwehrlage :des Kranken fas t g/~nzlich zu verhfiten. . . . . . : 2 . Unter Beriieksiehtigung des Sehieksals der Gegenseite haben wit ffir operative Eingriffe fiber einer tuberkul6s erkrankten Lunge yon der Operatigns- methode zu fordern, dab sie bronchogene Aussaat vermeidet, dab das operative Trauma m6gliehst gering gehalten wird und dab der Eingriff gewebssparend ist, also atemf~higes Gewebe der zu operierenden Seite schont u n d dami t die kontralaterale Lunge nieht iiberm~Big belastet .

Schon die Untersuchungen an dem Material yon 1939--1942 zeigen ein- ~leutig, dab bei der Wahl der Technik, wie sle an unserer Anstal t fiblich ist, bronchogene Streuungen zu den Seltenheiten geh6ren. Dami t ist eine Gefahr weitgehend ausgescha]tet, die yon vielen Seiten fiir den postoperat iven Ver]auf als wesentlich aussehlaggebend angesehen wurde. Wie fiihren diese Tatsache darauf zuriick, dal] Mediastinal- und Brustwandflat tern, paradoxe und Pendel- a tmung als Komplikat ionen den yon uns vorgenommenen Eingriffe nicht beob- aeh te t wurden .

: E s handelt sich bei diesen 1V[ethoden, wie yon JBShme erw~hnt, um die Pneumo- lyse mi t nachfolgendem extrapleuralem Pneumo- und Oleothorax in der Technik, wie sie yon W. Schmidt und fortentwiekelt yon Adelberger eingehend beschrieben worden ist, um eine Thorakoplast ik in der Form yon W. Schmid~.Gra] (vordere Sitzung mi t Paraffinstfitzplombe, hintere paravertebrale Sitzung), um eine para- vertebrale obere Thorakoplast ik ohne zus/itz]iche Vordersltzung und in letzter Zeit in immer zunehmendem Mal~e um die extrafasciale Apikolysenplasti k nach Semb.

Die unter anderem yon Kremer besonders heffirchtete Streuu.ng im An- schluB an die vordere Sitzung der Schmidt-Gra/schen Thorakoplast ik haben wit nur einmai als Sp~tfolge nach komplizierender Infekt ion gesehen. Die Ver- meidung der Streuungen glauben wir darauf zuriickffihren zu kSnnen, dab wir bei der Apikolyse Zerrungen der Kavernenwand zu vermeiden und die eingelegte Stfitzplombe so lange wie mSglich, notfalls unter haufiger Abpunkt ion des ent- stehen~den Reizexsudates, im P]ombenbet~ zu halten suchten, bis eine Verstei- ~nnglder v o r d e r e n Brustwand und des vorderen Mediastinums angen0mmen

filr die:Anzeige~tellung zur operativen Behandlung der Lungentuberkulose. 401

werden konnte. MuBte im Einzelfalle die Paraffinplombe vor Ablauf yon 10 bis 14 Tagen entfernt werden, so wurde durch Anlegung yon Pelotten und Gummi- ziigeln die Fixation de r Brustwand unter allen Umst~nden aufrechterhalten, so dab auch dann ein Brustwandflat.tern mit der auch unserer Ansieht nach fatalen Bedeutung fiir die ~ntstehung bronehogener Streuungen vermieden blieb.

Bei der paravertebralen Resektion hielten wires ffir entseheidend wizhtig, in erster Sitzung yon einer zu weitgehenden Resektion der 6. und folgenden Rippe in axillarer und dorsaler Richtung Abstand zu nehmen. Wir sehen in der 6. Rippe den wesentlichen Haltereifen ffir das Mediastinum im Zusammen- hang. mit dem Thoraxgefiige. In der Entfernung dieser Rippe fiber die hintere Axillarlinie hinaus erblicken wir eine Gefahr fiir die ~Entstehung yon ~Iediastinal- flattern bei noch weichem Mediastinum. Die Ausdehnung der Thorakoplastik fiber die. 6. Rippe hinaus sollte also bei den paravertebralen Methoden nur in einer weiteren Sitzung erfolgen, nachdem bereits im Ansehlul~ an die erste Sitzung eine ausreichende Versteifung des Mediastinums aueh in seinen caudalen Ab- schnitten eingetreten ist. In letzter Zeit haben wir nun mehr und mehr bei kavernisierten Obergeschol~prozessen die Methode nach Semb angewandt, die sieh uns hervorragend bew~hrt hat, nachdem es uns gelungen war,' auftretende Irdektionen der Apikolysenh6hle raseher zu beseitigen. Den Mitteilungen Sernbs entsprechend kSmuen auch wit best~tigen, dab das operative Trauma trotz der langen dureh die Technik bedingten Dauer des Eingriffes auffallend gering bleibt und mit den sonst gewohnten Bfldern postoperativer Verl~ufe kaum Beziehungen aufweist. Wir f fihren das mit auf die Aussehaltung der Sehmerzempfindung durch die Resektion de r Intercostalnerven, wie sie aueh G. Maurer fiir seine kombinierte Thorakoplastik besehreibt, und auf die vertikal in erster Sitzung nur wenig ausgedehnte Rippenresektion - - maximal 6 l~ippen - - zurfiek. Da der Haltering des Mediastinums zun~chst erhalten bleibt und bei weiteren Sitzungen eine 5Iediastinalversteifung die unerls Folge des ersten Ein: griffs ist, werden die Gefahren des Mediastinalflatterns v611ig vermieden, solange der Pleuraraum geschlossen bleibt oder ausgedehntere Pleurasynechien bestehen. Infolge der extrafaseialen Apikolyse mit AblSsung aller den Kollaps behindezn- den Muskel- und Bindegewebsverbindungen der Lunge - - die Ausdehnung des Kollapses ist schon naeh Durehtrennung allein der Serratus- und Scalenus- anss verblfiffend groB - - tritt trotz weitgehender Besehrs der Thorako- plastik in der l~egel eine sehr wirksame Entspannung des Kavernenbezirkes tin. Die Folgen, die man bei ausgespannt bleibenden Kavernen, wie sie sieh bei anderer Technik eher ergeben, beobachtet, sieht man nach der Sembschen Plastik kaum. So haben wir, wie aus den angefiihrten Untersuchungen und unseren Erfahrungen aus den beiden letzten Jahren hervorgeht, bronchogene Streuungen, insbesondere aueh in die kontralaterale Lunge, nicht beobachten kSnnen.

Wenn fiber die Ausdehnung der Thorakoplastik im allgemeinen angegeben wird, dab die Resektion um 2 Rippen tiefer ausgeffihrt werden muB, als der Erkrankungsprozel) reicht, so haben wir bei der Se~bschen Plastik diesen Grund- satz'verlassen kSnnen. Meist genfigte die Entknochung bis zu der Rippe, deren oberer Rand in gleicher H6he mit dem unteren Kavernenpol lag, weft die durch die angegebene Technik einschlieBlich der Apikolyse erzielte Entspannung einen

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ausreichenden Kollaps schaffte. Nur selten waren wir gezwungen, eine Nach- resektion einer weiteren Rippe vorzunehmen, um eine verbleibende Restkaverne endgiiltig zum Verschlu~ zu bringen. Nieht unbedingt notwendig erschien es uns, s~mtliche tuberkulGsen Herde der operierten Seite durch den Eingriff zu erfassen, vorausgesetzt, da6 eine ausreichende Konsolidierung dieser Herde vor der Operation erreicht war.

Die gleichen giinstigen Ergebnisse hinsichtlieh der Vermeidung des opera- riven Schocks, des Auftretens yon NIediastinalflattern und der bronchogenen Streuungen sowie der Schonung atemf~higen Lungengewebes, die wir bei unseren Plastiken nach Semb fanden, sahen wir auch bei unseren Pneumolysen. Im iibrigen decken sieh unsere Richtlinien bei der Indikationsstellung fiir die Thorako- plastik bzw. Pneumolyse mit denen, die in den bew~hrten Ausfiihrungen des Handbuches ,,Kollapstherapie der Lungentuberkulose" yon Hein-Kremer-Schmidt niedergelegt sind.

Den Untersuchungen yon BiSl~me war zu entnehmen, da0 das Schicksal operierter Tuberkul6ser recht oft vom postoperativen Verhalten der Gegenseite abh~ngig ist. Soweit sich nunmehr die Verl~ufe bei den in den letzten 2 Jahren Operierten iiberblieken lassen, k5nnen wir sagen, dab wit unter Beriicksichtigung der friiheren Erfahrungen jegzt dadurch wesentlieh bessere Resultate erzielt haben, dab wit vor dem Eingriff bei unseren Kranken eine weitgehende Stabfli- sierung des Gesamtzustandes abgewartet und bei der Schaffung des Kollapses Methoden angewandt haben, die fiir den Kranken mSgliehst wenig eingreifend waren und atemf~higes Lungengewebe schonten.

Selbst wenn in Einzelf~llen ein - - stabilisierter - - kavern6ser ProzeB der Gegenseite vorliegen oder wenn es sp~ter aus Griinden, die nicht mit der Opera- tion zusammenh~ngen, zur Exacerbation ruhender kontralateraler Herde kommen sollte, so sind bei unserem Verfahren die Atemreserven im allgemeinen wohl groB genug, um die Tuberkulose des Kranken auch auf der Gegenseite dureh sp~tere kollapstherapeutische NIaBnahmen zur Ausheilung zu bringen.