diagnostik der ruptur des vorderen kreuzbandes...patella,lig.patellae und tibia gebildete 720 | der...

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Der Orthopäde 8•2002 | 719 Zusammenfassung Die klinische Untersuchung des Kniegelenks hat zur Diagnostik von Band- und Meniskus- schäden nach wie vor ausschlaggebende Be- deutung. Nur die adäquate klinische Unter- suchung ermöglicht einen rationellen Ein- satz bildgebender Verfahren. Auch die einfa- che Röntgennativuntersuchung besitzt hohe Aussagekraft und unverändert großen Wert. Der größte Fortschritt wurde jedoch im ver- gangenen Jahrzehnt im Bereich der Kern- spintomographie erzielt. Dem wird im vorlie- genden Beitrag Rechnung getragen. Schlüsselwörter Vorderes Kreuzband · Knie · Lachman-Test · Magnetresonanztomographie Anamnese Nach Unfällen sind zunächst Zeitpunkt, Ort und Hergang zu erfragen. Bereits vor der ausführlichen Anamneseerhe- bung sollte geklärt werden, ob es sich um einen Arbeits- oder Wegeunfall han- delt, da bei Anamnese und Untersu- chung solcher Fälle die Formulare der Berufsgenossenschaften verwendet wer- den müssen, die sich verständlicherwei- se nur geringer Beliebtheit erfreuen. Es sollte geklärt werden ob die Art des Un- falls wirklich geeignet war, die vorlie- gende Verletzung zu verursachen oder ob es sich um eine Bagatellursache ge- handelt hat bei vorgeschädigtem insta- bilem Kniegelenk. Zwar ist bei der Erst- untersuchung kein Platz für gutachterli- che Fragen, andererseits kann oft von Anfang an die versicherungsrechtliche Situation in die richtige Richtung ge- lenkt und so eine spätere teurere, auf- wändige Begutachtung vermieden wer- den. Der Verletzte muss nach Vorverlet- zungen am betroffenen Knie und nach Begleitverletzungen anderer Körperre- gionen gefragt werden. Typische Unfallmechanismen sind das Flexions-Valgus-Außenrotations- trauma (Einfädelsturz an der Torstange beim Skifahrer) mit Zerreißung der me- dialen Kapsel-Band-Strukturen und des vorderen Kreuzbandes (VKB), das Fle- xion-Varus-Innenrotationstrauma (Überkreuzen der Skier) mit Verletzung der anterolateralen Kapsel-Band-Struk- turen und des VKB, das Hyperextensi- onstrauma mit Verletzung des VKB (Sturz nach vorne ohne Auslösen des Fersenautomats), das Valgustrauma mit Riss des Innenbandapparats (Gegen- spieler fällt von außen gegen das ge- streckte, feststehende Bein des Fußbal- lers), sowie das Hyperflexionstrauma mit Verletzung der Meniskushinterhör- ner und des VKB. Nach Zerreißung eines Kreuzban- des berichten einige Patienten spontan, dass sie ein „Plopp“ während des Unfalls gehört hätten. Eine rasch, also innerhalb 1–2 h nach dem Unfall einsetzende Knie- schwellung spricht für einen Hämar- thros. Der Schmerz ist bei Bandverlet- zungen oft umgekehrt proportional zur Schwere der Verletzung. Dies bedeutet, dass ein gedehntes Band mehr schmerzt als ein abgerissenes. Das Verhalten des Verletzten nach dem Unfall hilft bei der Einschätzung der Verletzungsschwere: Falls er nach dem Unfall noch mehrere Stunden Ski fahren konnte, muss an einer ausgedehnten Kapsel-Band-Ruptur gezweifelt werden. Schmerzen werden in der Regel über der Region der verletzten Kapsel-Band- Struktur angegeben. Bei der Angabe ei- ner Streckhemmung ist zu klären, ob die- se plötzlich auftrat oder sich allmählich entwickelt hat. Einklemmungen werden hauptsächlich von beschädigten Menis- ken,aber auch von freien Gelenkkörpern, von flottierenden Stümpfen eines geris- senen VKB, von hypertrophen synovia- len Zotten oder von Teilen des Hoffa- Zum Thema: Vorderes Kreuzband Orthopäde 2002 · 31:719–730 DOI 10.1007/s00132-002-0341-x D. Kohn 1 · G. Schneider 2 · M. Dienst 1 · S. Rupp 1 1 Orthopädische Klinik, Universitätskliniken des Saarlandes, Homburg/Saar 2 Radiologische Klinik, Universitätskliniken des Saarlandes, Homburg/Saar Diagnostik der Ruptur des vorderen Kreuzbandes © Springer-Verlag 2002 Prof. Dr. D. Kohn Orthopädische Klinik und Poliklinik, Universitätskliniken des Saarlandes, Kirrberger Straße, Geb.37, 66421 Homburg/Saar E-Mail: [email protected]

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Page 1: Diagnostik der Ruptur des vorderen Kreuzbandes...Patella,Lig.patellae und Tibia gebildete 720 | Der Orthopäde 8•2002 ... verletzungen werden in 3 Grade einge-teilt (Tabelle1),[9,26].GradIII

Der Orthopäde 8•2002 | 719

Zusammenfassung

Die klinische Untersuchung des Kniegelenks

hat zur Diagnostik von Band- und Meniskus-

schäden nach wie vor ausschlaggebende Be-

deutung. Nur die adäquate klinische Unter-

suchung ermöglicht einen rationellen Ein-

satz bildgebender Verfahren. Auch die einfa-

che Röntgennativuntersuchung besitzt hohe

Aussagekraft und unverändert großen Wert.

Der größte Fortschritt wurde jedoch im ver-

gangenen Jahrzehnt im Bereich der Kern-

spintomographie erzielt. Dem wird im vorlie-

genden Beitrag Rechnung getragen.

Schlüsselwörter

Vorderes Kreuzband · Knie · Lachman-Test ·

Magnetresonanztomographie

Anamnese

Nach Unfällen sind zunächst Zeitpunkt,Ort und Hergang zu erfragen. Bereitsvor der ausführlichen Anamneseerhe-bung sollte geklärt werden, ob es sichum einen Arbeits- oder Wegeunfall han-delt, da bei Anamnese und Untersu-chung solcher Fälle die Formulare derBerufsgenossenschaften verwendet wer-den müssen, die sich verständlicherwei-se nur geringer Beliebtheit erfreuen. Essollte geklärt werden ob die Art des Un-falls wirklich geeignet war, die vorlie-gende Verletzung zu verursachen oderob es sich um eine Bagatellursache ge-handelt hat bei vorgeschädigtem insta-bilem Kniegelenk. Zwar ist bei der Erst-untersuchung kein Platz für gutachterli-che Fragen, andererseits kann oft vonAnfang an die versicherungsrechtlicheSituation in die richtige Richtung ge-lenkt und so eine spätere teurere, auf-wändige Begutachtung vermieden wer-den. Der Verletzte muss nach Vorverlet-zungen am betroffenen Knie und nachBegleitverletzungen anderer Körperre-gionen gefragt werden.

Typische Unfallmechanismen sinddas Flexions-Valgus-Außenrotations-trauma (Einfädelsturz an der Torstangebeim Skifahrer) mit Zerreißung der me-dialen Kapsel-Band-Strukturen und desvorderen Kreuzbandes (VKB), das Fle-xion-Varus-Innenrotationstrauma(Überkreuzen der Skier) mit Verletzungder anterolateralen Kapsel-Band-Struk-turen und des VKB, das Hyperextensi-onstrauma mit Verletzung des VKB(Sturz nach vorne ohne Auslösen desFersenautomats), das Valgustrauma mit

Riss des Innenbandapparats (Gegen-spieler fällt von außen gegen das ge-streckte, feststehende Bein des Fußbal-lers), sowie das Hyperflexionstraumamit Verletzung der Meniskushinterhör-ner und des VKB.

Nach Zerreißung eines Kreuzban-des berichten einige Patienten spontan,dass sie ein „Plopp“ während des Unfallsgehört hätten. Eine rasch, also innerhalb1–2 h nach dem Unfall einsetzende Knie-schwellung spricht für einen Hämar-thros. Der Schmerz ist bei Bandverlet-zungen oft umgekehrt proportional zurSchwere der Verletzung. Dies bedeutet,dass ein gedehntes Band mehr schmerztals ein abgerissenes.

Das Verhalten des Verletzten nachdem Unfall hilft bei der Einschätzung derVerletzungsschwere: Falls er nach demUnfall noch mehrere Stunden Ski fahrenkonnte, muss an einer ausgedehntenKapsel-Band-Ruptur gezweifelt werden.Schmerzen werden in der Regel überder Region der verletzten Kapsel-Band-Struktur angegeben. Bei der Angabe ei-ner Streckhemmung ist zu klären,ob die-se plötzlich auftrat oder sich allmählichentwickelt hat. Einklemmungen werdenhauptsächlich von beschädigten Menis-ken,aber auch von freien Gelenkkörpern,von flottierenden Stümpfen eines geris-senen VKB, von hypertrophen synovia-len Zotten oder von Teilen des Hoffa-

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D. Kohn1 · G. Schneider2 · M. Dienst1 · S. Rupp1

1 Orthopädische Klinik, Universitätskliniken des Saarlandes, Homburg/Saar2 Radiologische Klinik, Universitätskliniken des Saarlandes, Homburg/Saar

Diagnostik der Rupturdes vorderen Kreuzbandes

© Springer-Verlag 2002

Prof. Dr. D. KohnOrthopädische Klinik und Poliklinik,

Universitätskliniken des Saarlandes,

Kirrberger Straße,Geb.37,66421 Homburg/Saar

E-Mail: [email protected]

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Zum Thema: Vorderes Kreuzband

D. Kohn · G. Schneider · M. Dienst · S. Rupp

Diagnosis of anterior cruciate ligamentrupture

Abstract

Clinical examination has remained the key

for diagnosis of meniscal and ligament le-

sions of the knee. Economical use of imaging

techniques is based on adequate clinical

examination. Standard radiographic exami-

nation is still a simple and valuable method.

Magnetic resonance tomography has made

great progress during the past few decades.

For this reason, this article centers on this

imaging modality.

Keywords

Anterior cruciate ligament · Knee ·

Lachman test · Magnetic resonance imaging

Kniefettkörpers, von Oberflächenläsio-nen des hyalinen Gelenkknorpels undvon pathologisch veränderten Plicae ver-ursacht. War das Kniegelenk nach VKB-Plastik zunächst voll streckbar und zeigtsich in den folgenden Wochen eine zu-nehmende Streckhemmung,kann ein Zy-klopssyndrom,die Ausbildung eines Nar-benknotens auf dem Bandersatzmateri-al,als Ursache angenommen werden [13].

Vor der Beratung eines knieverletz-ten Patienten sind Berufs- und Freizeit-anamnese aufzunehmen, um so seineErwartungshaltung in Bezug auf die Be-handlung richtig einzustufen. Klagt derPatient über ein chronisches Unsicher-heitsgefühl im Kniegelenk bzw. überwiederholtes Wegknicken oder unver-mitteltes Nachgeben (giving way), han-delt es sich entweder um ein patello-femorales Problem oder um eine Knie-instabilität infolge Bandinsuffizienz.

Für ein fehlendes VKB sind rezidi-vierende Episoden mit schmerzhafterKniesubluxation jeweils gefolgt von Knie-schwellung (Hämarthros) über einigeTage kennzeichnend. Instabile Kniege-lenke nach VKB-Verlust machen beson-ders dann Probleme, wenn der Betref-fende versucht aus vollem Lauf einenraschen Richtungswechsel durchzufüh-ren [1]. Weitere Auslöser sind Drehbe-wegungen des Körpers über dem fest-gestellten Fuß wie z. B. beim Aussteigenaus einem PKW.

Bei Kindern steigt mit beginnendersportlicher Beanspruchung im Schulal-ter die Häufigkeit von Unfällen. Eine inden ersten Stunden nach Unfall auftre-tende Knieschwellung spricht auch beimKind für das Vorliegen eines Hämar-thros und beinhaltet die Notwendigkeitzur orthopädisch-traumatologischen Ab-klärung innerhalb weniger Tage [12]. Ty-pische kindliche Verletzung ist der tibi-alseitige knöcherne VKB-Ausriss. Nachdem Unfall wird typischerweise über ei-ne schmerzhafte Streckhemmung ge-klagt.

Klinische Untersuchung

Wegen des vorne und seitlich fehlendenMuskelmantels und der spärlichen Fett-schicht sind die knöchernen Kontureneines unverletzten, gesunden Kniege-lenks gut tastbar und teils sichtbar. Einegeneralisierte Schwellung kann extraar-tikulär und/oder intraartikulär bedingtsein. Beim frisch verletzten Knie findensich Schwellung und Hämatomverfär-bung einerseits über der Anprallstelle,andererseits über verletzten Anteilender Gelenkkapsel.

Akutes Trauma

Palpatorisch wird zunächst der Ort derVerletzung eingegrenzt. Anschließendsoll der Patient das verunfallte Knie indem ihm möglichen Bereich bewegen.Gelingt eine Beugung auf 90°,erfolgt dieBetrachtung von der Seite als erste Beur-teilung des hinteren Kreuzbandes (HKB,Schwerkrafttest). Bei Riss dieses Bandeshängt der Unterschenkel der Schwerkraftfolgend nach hinten durch und seine vonPatella, Lig. patellae und Tibia gebildete

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Orthopäde 2002 · 31:719–730DOI 10.1007/s00132-002-0341-x

Tabelle 1Verletzung des medialen Kollateralbandes. (Nach [9])

Grad Befund

I Schmerz, fester Anschlag, Seitendifferenz <2 mmII Anschlag noch vorhanden, Seitendifferenz 3–5 mmIII Kein Anschlag, Seitendifferenz >5 mm

Abb. 1 � 45° Belastungsaufnahmen nach Ro-senberg. Nachweis einer medialen Gonarthrosemit Notcheingangsosteophyten 4 Jahre nachRuptur des VKB und arthroskopischer Innenme-niskusteilresektion bei einem 27 Jahre altenPatienten

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vordere Kontur ist konkav [10]. Kontra-hiert der Patient nun seinen Quadrizeps,wobei der Untersucher den Fuß auf derUnterlage fixiert, wandert der Tibiakopfin die Neutralstellung nach vorne (akti-ver Quadrizepstest). Danach wird dasKniegelenk in 20° Beugung gebracht undder wichtigste Test zur Prüfung des VKB,der Lachman-Test, durchgeführt [32].Der Lachman-Test ist positiv und sprichtmit hoher Sicherheit für die Ruptur desVKB, wenn vom Untersucher das An-spannen des Bandes, der sog. Anschlag,nicht gefühlt werden kann. Der Test sollimmer zuerst auf der unverletzten Seiteausgeführt werden.Bei sehr schmerzhaf-tem Gelenk oder sehr empfindlichem Pa-tient kann alternativ der No-touch-Lach-man-Test eingesetzt werden [7].

Ist die Verletzung durch ein Über-kreuzen der Skier, also ein Flexions-In-nenrotations-Trauma zustande gekom-men, deutet der Druckschmerz an derAnterolateralkante des Tibiaplateaus aufdas Vorliegen einer Ausrissverletzungdes Tractus iliotibialis hin [25].Die Pivot-shift-Tests haben in der Diagnostik desfrisch verletzten Kniegelenks ohne Nar-kose wenig Sinn.Sie sind zu schmerzhaftund deshalb häufig falsch-negativ.

Nach der Beurteilung von HKB undVKB erfolgt die Überprüfung der Kolla-teralbänder durch seitliches Aufklappendes Kniegelenks in Streckung und in 20°Beugestellung. Eine Aufklappbarkeit inStreckung spricht für eine Schädigungder dorsalen Kapselhälfte. Innenband-verletzungen werden in 3 Grade einge-teilt (Tabelle 1), [9, 26]. Grad III ent-spricht einer vollständigen Ruptur.

Chronisch instabiles Knie

Während die Bewegung der Gelenkkör-per beim aktiven Test (aktiver Quadri-zepstest nach Daniel, No-touch-Lach-man-Test,aktive Subluxation nach Shino)durch die Muskelkontraktion des Patien-ten erfolgt,übernimmt bei passiven Testsder Untersucher diese Aufgabe (Auf-klapptests, Schubladentests, Lachman-Test, dynamische Subluxationstests, sta-tische Subluxationstests).

Schubladentests sind Translations-tests und dienen primär der Beurtei-lung der Kreuzbänder. Die 90°-Schub-laden werden zusätzlich in verschiede-nen Rotationsstellungen des Unter-schenkels durchgeführt. Dabei wird bei

Außenrotation der mediale, bei Innen-rotation der laterale Bandapparat zu-sammen mit den Kreuzbändern beur-teilt [29].

Bei den dynamischen Subluxations-tests verursacht die Muskulatur des Pa-tienten bei den aktiven bzw. die Handdes Untersuchers bei den passiven eineSubluxation oder eine Reposition desKniegelenks.Die dynamischen,passivenSubluxationstests sind auch als Pivot-shift-Tests bekannt. Der „pivot central“ist der zentrale Stützpfeiler des Kniege-lenks.„Pivot shift“ bedeutet ein ruckar-tiges Verrutschen dieses Pfeilers und da-mit des momentanen Kniedrehzen-trums. Bei intaktem Innenband und in-taktem Tractus iliotibialis ist ein positi-ver Pivot-shift-Test pathognomonischfür den Verlust des VKB.

Das Problem dieser Verfahren istdie muskuläre Gegenspannung des Pa-tienten. Nur wenn diese unterbleibt istder Test aussagekräftig. Damit sollten

Abb. 2a–c � Anpassung der sagittalen Schnitte an den Verlauf des VKB im T1-gewichteten Bild.In einem sagittalen Schnitt, welcher das Band nur in Anteilen abbildet (a), werden Schichten senk-recht zum Verlauf des Bandes eingezeichnet. Das resultierende oblique koronare Bild (b) zeigt nundas Band bereits in seinem gesamten Verlauf, wobei bei erneuter Einzeichnung eines Schnittes senk-recht auf den Verlauf des Bandes ein optimal angepasstes sagittales Schnittbild resultiert (c)

Abb. 3 � Typische Darstellung des intakten VKBim T1-gewichteten Bild mit erhöhtem Signaldes posterolateralen Bandanteils

Abb. 4 � Fächerartige Aufzweigung und Inter-position von Gewebe mit erhöhter Signalinten-sität im Bereich des tibialen Ansatzes eines in-takten VKB im oblique koronaren T1-gewichte-ten Bild (Pfeil)

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Zum Thema: Vorderes Kreuzband

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die Pivot-shift-Tests Bestandteil der prä-operativen Narkoseuntersuchung sein.

Bei Knieschwellung lässt sich durchPalpation eine Flüssigkeitsansammlungzumeist von einer Weichteilschwellungunterscheiden. Bei einer Kniefüllung ab20 ml ist das Phänomen der tanzendenPatella auszulösen. Ist die Ursache derErgussbildung unklar oder führt derErguss an sich zu Beschwerden, solltepunktiert werden.

Röntgendiagnostik

Standardprojektionen

Zur orthopädisch-traumatologischenErstuntersuchung des Kniegelenks gehö-ren Röntgenbilder im a.-p.-, lateralenund axialen Strahlengang; a.-p.- und la-terale Projektionen reichen nicht aus,umdas klinisch wichtige Femoropatellarge-lenk ausreichend beurteilen zu können.Eine axiale Aufnahme ist daher den Stan-dardprojektionen zuzurechnen,währendalle anderen Einstellungen besonderenFragestellungen vorbehalten sind.

Die a.-p.-Aufnahme gibt grundle-gende Informationen zur Beurteilungdes Femorotibialgelenks, des distalenFemurs und der proximalen Tibia, derKreuzbandhöcker und des Fibulaköpf-chens. Differenzialdiagnostische Bedeu-tung haben insbesondere freie Gelenk-körper, knöcherne Kapsel- und Band-ausrisse und Impressionen.

In der seitlichen Aufnahme lassensich die ventral und dorsal gelegenenStrukturen des Kniegelenks überlage-rungsfrei beurteilen. Entscheidende Be-

deutung hat die laterale Projektion fürdie Patellahöhenbestimmung. Von denzahlreichen Methoden zur Bestimmungder Patellahöhe haben sich die Verfah-ren nach Caton, Insall-Salvati und Blu-mensaat bewährt [3, 30, 31]. Insbesonde-re bei noch wachsendem Skelett undentsprechender Anamnese sollte auf derSeitaufnahme nach knöchernen Aus-rissverletzungen gesucht werde [21, 37].Als Hinweis auf eine Fraktur mit Ge-lenkbeteiligung gilt der Lipohämar-thros. Insbesondere in der Aufnahme inRückenlage kommt dann eine charakte-ristische Zwei- oder Dreischichtigkeitzur Darstellung, die durch die unter-schiedliche Dichte von Knochenmark-fett und Blut zu erklären ist. Das leichte-re und strahlendurchlässigere Knochen-markfett schwimmt auf dem Blut [37].

Für die technisch anspruchsvolleaxiale oder tangentiale Darstellung desFemoropatellargelenks (FPG) werdenunterschiedliche Einstellungen beschrie-ben [31]. Die verhältnismäßig einfacheEinstelltechnik nach Merchant [23] hatsich im klinischen Gebrauch bewährt.Die Aufnahme wird in Rückenlage bei45°-Kniebeugung unter Zuhilfenahmeeines besonderen Lagerungsgestellsdurchgeführt.

Tunnelaufnahme

Besteht der Verdacht auf einen freienGelenkkörper, einen knöchernen Aus-riss oder chronische Insuffizienz desVKB, eine Osteochondrosis dissecansoder einen Morbus Ahlbäck, sollte dieTunnelaufnahme nach Frik angefertigt

werden. Eingesetzt wird sie außerdemzur präoperativen Planung einer Ersatz-plastik des VKB. Je nach Ausmaß derOsteophytenbildung ist eine Erweite-rung des Eingangs der Fossa intercondy-laris (Notchplastik) erforderlich, um einImpingement des Transplantats zu ver-meiden [15].

Die Tunnelaufnahme gestattet eineüberlagerungsfreie Beurteilung von Fos-sa intercondylaris (Notch), Eminentiaintercondylaris sowie der dorsalen Fe-murkondylenanteile. Die deutliche Ein-kerbung unmittelbar kaudal des Epi-condylus lateralis femoris bezeichnetden Ansatz der Sehne des M. popliteusam Femur.

Abb. 5 � T2-gewichtetes fettsupprimiertes Bildmit diffuser Signalintensitätsanhebung desVKB, wobei angedeutet der Bereich der akutenRuptur (Pfeil) zu erkennen ist

Abb. 6 � T2-gewichtetes fettsupprimiertes Bildeiner interstitiellen Ruptur des VKB mit Signal-intensitätserhöhung des Bandes und knöcher-nem Ödem im tibialen Ansatzbereich (Pfeile)

Abb. 7 � Kontinuitätsunterbrechung des VKB(Pfeil) im T2-gewichteten fettsupprimiertenBild bei einem Patienten mit subakuter Kreuz-bandruptur

Abb.8 � Wellige Kontur des VKB (Pfeil) im T1-gewichteten oblique-koronaren Bild als indirek-ter Hinweis auf eine subakute Kreuzbandruptur

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Schrägaufnahmen

Bei unauffälligen Standardprojektionen,aber klinischem Verdacht auf eine ossäreVerletzung oder Osteodestruktion, zurBeurteilung des exakten Verlaufs vonFrakturlinien, einer möglichen Depres-sion der Gelenkfläche und des Ausma-ßes der Fragmentdislokation können er-gänzend Schrägprojektionen des Knie-gelenks erforderlich werden [8].

Belastungsaufnahmen

Die Röntgenaufnahme unter Belastungbietet Informationen über die Dicke desGelenkknorpels und über den Kapsel-Band-Apparat. In der Ganzaufnahmebzw. Aufnahme im längeren Format

können ergänzend die Achsverhältnisseam Kniegelenk zw. der unteren Extremi-tät beurteilt werden.

Beurteilung

Rosenberg et al. beschrieben 1988 [27],dass sie bei Arthroskopien immer wie-der substanzielle Knorpelschädigungenbei unauffälligen Standardaufnahmenfeststellen mussten. Infolge der Beob-achtung, dass solche Knorpeldefektehäufig im Bereich der Gelenkareale lie-gen, die zwischen 30°- und 60°-Beugungbelastet werden, führten sie eine Auf-nahmetechnik ein, welche sich in derklinischen Anwendung bewährt hat(Abb. 1). Als Normwert für die Gelenk-spaltbreite werden 4 mm angegeben,

Verschmälerungen auf <2 mm gelten alssicherer Hinweis auf eine ausgeprägteKnorpeldegeneration [31].

Extensionsaufnahme in lateralerProjektion

Die laterale Projektion des Kniegelenksin maximaler Extensions- bzw. Hyper-extensionsstellung findet ihre Anwen-dung insbesondere zur Begutachtung derTransplantatlage nach Kreuzbandplastik(Notch-Impingement) und zur Doku-mentation eines Streckdefizits [21, 31].

Stressaufnahmen

Manuell oder apparativ gehaltene Auf-nahmen im Seitenvergleich können fürdie Diagnosesicherung und Dokumen-tation bei sagittalen (Kreuzbänder) odertransversalen (Seitenbänder) Instabili-täten hilfreich sein [11, 31]. Relevant sindgehaltene Aufnahmen zur Beurteilungder Stabilität unverschobener Abriss-frakturen, zur Differenzierung Epiphy-senlösung/Bandinstabilität am wach-senden Skelett und zur Dokumentationbei gutachterlichen Fragestellungen. Dieklinische Untersuchung steht in der Dia-gnose einer Instabilität an erster Stelleund wird nur bei den genannten Indika-tionen durch Stressaufnahmen ergänzt.

Magnetresonanztomographie

Einstellungen, intaktes VKB

In der Diagnostik von VKB-Rupturenwerden in der Literatur für die Magnet-

Abb. 9 � a T1-gewichtetes sagittales und b oblique koronares Bild einer chronischen Kreuzband-ruptur, wobei nur noch narbiges Weichteilgewebe (Pfeile) ohne Abgrenzbarkeitdes Bandes zu beobachten ist

Abb. 10a–c � Sog. „empty notch sign“ bei einem Patienten mit chronischer VKB-Ruptur.Im koronaren T1-gewichteten Bild fehlende Darstellung des VKB (weiße Pfeile in a–c) bei hypointen-ser Abbildung von Anteilen des HKB (schwarze Pfeile in b, c)

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Zum Thema: Vorderes Kreuzband

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Abb. 12 � STIR-Sequenz in sagittaler Schnitt-führung im Bereich des lateralen Femurkondy-lus. Knöcherner Kontusionsherd mit Ödemati-sierung des Markraums im Bereich des dorsa-len, lateralen Tibiaplateaus in Folge des Trau-mamechanismus einer VKB-Ruptur

Abb. 13 � T1-gewichtetes fettsupprimiertes sa-gittales Bild nach Kontrastmittelgabe im Be-reich des Sehnenansatzes der M. semimembra-nosus. Deutlich vermehrte Kontrastmittelanrei-cherung im Sehenansatzbereich (Pfeil) mit Sub-stanzminderung der Sehne im Sinne eines knö-chernen Teilausrisses im Zusammenhang miteiner akuten VKB-Ruptur

Tabelle 2Primäre und sekundäre Zeichen einer VKB-Ruptur

Primäre Zeichen

Diskontinuität des VKB (s. Abb. 5, 6, 7, 10) Fokale oder diffuse fehlende Darstellung der Fasern des VKB im sagittalen und koronaren Bild [20]

Abnormes Signal des VKB (s. Abb. 9) Fokale oder diffus erhöhte Signalintensität des Bandes im im T2- oder T1-gewichteten Bild [20]

Wellige Kontur des VKB (s. Abb. 8) Speziell der vorderen Anteile des Bandes [20]

Sekundäre Zeichen

Knochenmarködem,„bone bruise“ (s. Abb. 11, 12) Knochenmarkbereiche mit erhöhtem Signal im T2-gewichteten Bild bzw. erniedrigtem Signalim T1-gewichteten Bild (typischerweise im Bereich des lateralen Femurkondylus und des dorsalen,lateralen Tibiaplateaus), [5, 17, 25]

Tiefe des lateralen femoralen Sulkus Anlegen einer Tangente an die artikuläre Oberfläche im Bereich des lateralen Sulkus von der(„deep lateral notch sign“) aus über eine Senkrechte die Tiefe des Sulkus gemessen wird (Tiefe >1,5 mm pathologisch), [7]

Assoziierte Verletzungen (s. Abb. 13, 14) Ruptur oder Teilruptur des medialen oder lateralen Kollateralbandes, medialer Meniskuseinriss sowieknöcherner Teilausriss/Ausriss des tibialen Ansatzbereichs der Sehne des M. semimembranosus [5, 21]

Vermehrter vorderer tibialer Vorschub (s. Abb. 15) Messung der Distanz zwischen 2 senkrechten Tangenten, welche an den Hinterrand des lateralenFemurkondylus und des Tibiaplateaus angelegt werden [6, 36]

Posteriore HKB Linie (s. Abb. 16) In einem sagittalen Bild wird eine Linie tangential zum hinteren Rand des distalen HKB eingezeichnet.Wenn diese Tangente den Femur nicht innerhalb der distalen 5 cm schneidet gilt dieses Zeichenals positiv [29]

Angulationsindex des HKB (s. Abb. 17) Einzeichnen einer Linie zwischen dem am weitesten ventral liegenden distalen und proximalenAnsatzbereichen des HKB. Im Bereich der weitesten Biegung des HKB wird eine Senkrechte vonder eingezeichneten Linie zur inferioren Begrenzung des HKB gezogen. Das Verhältnis aus der Längeder senkrecht angelegten Linie zu der Linie zwischen den Ansatzbereichen des HKB entspricht demAngulationsindex [34]

HKB-Winkel (s. Abb. 18) Messung des Winkels zwischen dem proximalen und distalen Anteil des HKB (L)

VKB-Winkel (s. Abb. 19) Winkel zwischen der anterioren Begrenzung des VKB und einer Referenzlinie parallel zummittlatteralen Tibiaplateau [15]

VKB-Blumensaat-Winkel (s. Abb. 20) Winkel zwischen der posterioren Begrenzung des Femurs in der Fossa intercondylaris und demdistalen VKB [22]

Abb.11 � STIR-Sequenz in sagittaler Schnittfüh-rung im Bereich des lateralen Femurkondylus.Im Zusammenhang mit einer akuten VKB-Rup-tur kommt es zur Abbildung eines ausgeprägtenKnochenödems und einem traumatischen Ein-riss im Knorpelbelag des lateralen Femurkondy-lus (Pfeil)

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resonanztomographie (MRT) hohe Treff-sicherheiten mit Sensitivitäten von75–95% und Spezifitäten von 95–100%angegeben [2, 3]. Für solche Resultate istjedoch eine technisch optimale Untersu-chung notwendig. Nach den Richtliniender Bundesärztekammer müssen spezi-elle Standards in Hinblick auf die Unter-suchungstechnik erfüllt sein.

Aufgrund des Verlaufs des VKB vonposterolateral nach anteromedial istprinzipiell eine Anpassung der sagitta-len Schichten bzw. die Untersuchung in10–20° Außenrotation notwendig, umdas gesamte Band in seinem Verlauf be-urteilen zu können. Protokolle, die jenach Klinik unterschiedlich sein kön-nen, umfassen abhängig von der Frage-stellung eine Bildgebung im sagittalenund koronaren Bild, Zusätzlich könnenin Abhängigkeit von der Fragestellungaxiale Schichten angefertigt werden.

Die Vorgehensweise, um ein opti-male Anpassung des sagittalen Bildes anden Verlauf des VKB beim nicht außen-rotiert gelagerten Bein zu erreichen,zeigt Abb. 2. Falls im sagittalen Bild dasVKB nur in Anschnitten zur Darstellungkommt und eine Beurteilung der Inte-grität des Bandes nicht eindeutig mög-lich ist, kann eine Anpassung wie inAbb. 2a gezeigt (oblique coronar) an denVerlauf des Bandes durchgeführt wer-den. Auf das resultierende Bild, welchesdas Band nun in seinem gesamten Ver-lauf in koronarer Schnittführung dar-stellt (s. Abb. 2b) und meist schon zurBeurteilung der Integrität des Bandes

ausreichend ist, wird nun wiederumsenkrecht eine sagittale Schicht ange-passt, welche dem Verlauf des Bandesvon posteriolateral nach anteriomedialfolgt, wodurch das Band in den darausresultierenden schräg sagittalen Schnit-ten (s.Abb.2c) in seiner vollen Länge ab-gebildet werden kann.

Die Untersuchung erfolgt in spezi-ellen Spulen, welche sowohl die optima-le Lagerung des Kniegelenks als auch einoptimales Signal-Rausch-Verhältnis er-lauben. Allgemein eignen sich bei derUntersuchung des VKB T1- und T2-ge-wichtete Spinechosequenzen wie auch

Gradientenechosequenzen in 2D- oder3D-Technik. Ergänzt werden diese Stan-darduntersuchungstechniken durch pro-tonengewichtete Bilder wie auch durchT2-gewichtete fettunterdrückte Sequen-zen oder STIR-Sequenzen, wobei letzte-re speziell für den Nachweis möglicherBegleitverletzungen im Sinne von Kno-chenödemen sehr sensitiv sind und zu-mindest in einer Ebene grundsätzlichAnwendung finden sollten. Die Schicht-dicke bei der Untersuchung des VKBsollte <4 mm sein, das „field of view“(FOV) liegt typischerweise bei ca. 14 cmund die Matrix bei der Untersuchungsollte bei ≥512×256 Pixel liegen.

Das VKB zeigt im Vergleich zumHKB oder den Kollateralbändern eininsgesamt höheres Signal. Bei optimalerAnpassung der Schnitte an die langeAchse des VKB ist das Band in allen Se-quenzen als relativ dunkle, signalarme

Abb. 14a–c � Aufeinanderfolgende T1-gewichtete fettsupprimierte koronare Bilder nach Kontrast-mittelgabe bei einem Patienten mit akuter Ruptur der proximalen Anteile des VKB. Es zeigt sich sowohl in dem mehr ventralen Schnitt (a) ein Kontusionsherd im Bereich des lateralen Femurkondy-lus (Pfeil) als auch eine Ruptur mit vermehrter Kontrastmittelaufnahme des medialen Kollateralban-des (Pfeile in b, c) als direkte Folge des Traumamechanismus

Abb. 15a,b � Messung des tibialen Vorschubs im T1-gewichteten sagittalen Bild. Während beimnormalen Knie ein durchschnittlicher Vorschub von 2,17 mm zu beobachten ist (a), kann bei Pa-tienten mit Ruptur des VKB ein vermehrter Vorschub (im Mittel 6,18 mm) gemessen werden (b).Wird als Grenzwert zur Diagnose einer VKB-Ruptur ein Vorschub von 5 mm verwendet, resultierteine Sensitivität von 63% und eine Spezifität von 80%. Bei Erhöhung des Grenzwertes auf 7 mmsinkt die Sensitivität auf 41% bei jedoch einer deutlich erhöhten Spezifität von 91%

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Zum Thema: Vorderes Kreuzband

| Der Orthopäde 8•2002726

Struktur abgebildet, welche nahezu pa-rallel oder mit nur einem geringen Win-kel zum Dach der Fossa intercondylarisverläuft (Abb.3).Speziell in der Nähe destibialen und femoralen Ansatzes werdendie einzelnen Faseranteile des VKB durchGewebe höherer Signalintensität sepa-riert (Abb. 4). Dies scheint durch Einla-gerung von Fettgewebe und Synovialge-webe bedingt zu sein, wobei in Extensi-on eine niedrigere, in Flexion eine höhe-re Signalintensität durch unterschiedlichstark ausgeprägte Interposition dieserGewebe resultiert.

Die Dicke des VKB liegt in der Regelbei 3–4 mm, kann aber auch leicht da-rüber oder darunter liegen. Der vordereAnteil des VKB, das sog. anteromedialeBand, erscheint in der MRT oft signalär-mer als der hintere Anteil, das sog. pos-terolaterale Band (s. Abb. 3). Letztereskann an der tibialen Ansatzstelle fächer-artig aufgespreizt imponieren, wobeidurch die schon beschriebene, zusätzli-che Einlagerung anderer Gewebe das Sig-nal noch einmal deutlich erhöht wird(s. Abb. 4).

Altersabhängige Degenerationspro-zesse im VKB im Sinne einer mukoidenoder myxoiden Degeneration könnenzusätzlich deutliche Schwankungen derSignalintensität des gesunden Bandesbewirken. Bei optimaler Anpassung der

Schichten an den Verlauf des Bandes istjedoch i. Allg. eine intaktes Band gut zudiagnostizieren.

Verletztes VKB

Die Befunde einer VKB-Ruptur in derMRT sind u. a. entscheidend vom Zeit-punkt der Bildgebung nach dem ursäch-lichen Trauma abhängig.

Abb. 16a,b � Messung der posterioren HKB-Linie im T1-gewichteten, sagittalen Bild bei einem gesun-den Probanden (a) sowie bei einem Patienten mit chronischer Ruptur des VKB (b). Während beim ge-sunden Probanden der Schnittpunkt der eingezeichneten Linie mit dem Femur innerhalb der dista-len 5 cm des Femur liegt (a) ist bei dem Patienten mit chronischer Ruptur kein Schnittpunkt mit demFemur zu beobachten. Allgemein wird in der Literatur für dieses Zeichen eine Sensitivität von51–66% und eine Spezifität von 85,5–94% angegeben. Allerdings sollte die Sensitivität dieses Zei-chens bei akuten und chronischen Rupturen besser getrennt beurteilt werden, wobei dann bei ver-gleichbarer Spezifität Sensitivitäten von 45% für die akute Ruptur und Sensitivitäten von 76% fürdie chronische Ruptur beschrieben werden

Abb. 17a,b � Messung des Angulationsindex des HKB bei einem gesunden Probanden sowie beieinem Patienten mit subakuter Ruptur des VKB im T1-gewichteten Bild. Hierbei werden in der Li-teratur für das Verhältnis CD zu AB beim intakten VKB von im Mittel 0,19 angegeben (a), bei Pati-enten mit Ruptur des VKB (b) werden Werte von im Mittel 0,26 beschrieben (akute Rupturen 0,24;chronische Rupturen 0,29). Die in der Literatur angegebenen Sensitivitäten und Spezifitäten fürdieses Zeichen liegen ohne Berücksichtigung des als pathologisch betrachteten Grenzwertes bei17–58% bzw. 90–100%. Wird ein Grenzwert von >0,39 für den Angulationsindex bei der Diagnoseeiner VKB-Ruptur verwendet resultiert eine Sensitivität von 34% bei einer Spezifität von 100%

Akute Rupturen. Bei akuten Rupturenkann typischerweise eine Kontinuitäts-unterbrechung des Bandes beobachtetwerden, die meist im proximalen Ab-schnitt des VKB zur Darstellung kommt.Des Weiteren zeigen sich diffuse Signal-erhöhungen im T2-gewichteten Bild wel-che einem Ödem und/oder einem Hä-matom des Bandes entsprechen [19].Weitere Befunde im Zusammenhang miteiner akuten Kreuzbandruptur sind eineunscharfe Abgrenzbarkeit sowie eine dif-fuse Auftreibung des Bandes innerhalbödematös veränderter Gewebe (Abb. 5).

Bei sog. interstitiellen Rupturen desBandes,welche im Weiteren in eine kom-plette Ruptur übergehen können, findetman typischerweise ein erhöhtes Signalim gesamten Verlauf des VKB,häufig be-gleitet von Knochenödemen im femora-len wie auch im tibialen Ansatzbereich(Abb. 6), wobei jedoch von Seiten derMRT eine prognostische Aussage bezüg-lich eines Fortschreitens zu einer kom-pletten Ruptur oder einem Ausheilen derVeränderungen nicht möglich ist [34,38]

Subakute Phase. In der subakuten Phasenach VKB-Ruptur ist die Diagnose einerRuptur häufig einfacher zu stellen, daaufgrund des weniger ausgeprägtenBandhämatoms und des weniger starkausgeprägten perifokalen Ödems einedirekte Beurteilung des Bandes im MRT-Bild einfacher ist.

Neben den direkten Zeichen einerKontinuitätsunterbrechung (Abb.7),kön-

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nen Veränderungen wie eine wellige Kon-tur des VKB (Abb. 8) sowie eine Verlage-rung des tibialen und femoralen Band-abschnitts auf eine Ruptur hinweisen.

Indirekte Zeichen im Zusammen-hang mit einer subakuten Kreuzband-ruptur sind ein vermehrt horizontalerVerlauf des Bandes wie auch eine Re-traktion, wobei ein wichtiger Aspekt beider Diagnose einer subakuten Kreuz-bandruptur wiederum die Signalinten-sität des Bandes selbst ist.

Bei Teilrupturen des VKB findensich typischerweise fokale Zonen erhöh-ter Signalintensität bei ansonsten intak-tem Band und klinisch stabilem Knie.Abschnittweise können Deformierun-gen des Bandes beobachtet werden, ent-scheidend ist jedoch bei dem von derBildgebung her geäußerten Verdacht ei-ner partiellen VKB-Ruptur die Korrela-tion der Bildgebung mit dem klinischenBefund.

Chronische Ruptur. Beim Vorliegen einerchronischen Ruptur kann das VKB inder MRT-Bildgebung verschiedenste Er-scheinungsformen annehmen. Das typi-sche direkte, primäre Zeichen einer Dis-kontinuität des Bandes ist häufig nichtzu beobachten. Typische Befunde sindjedoch auch eine Ausdünnung sowie einatypischer Verlauf des Bandes. Häufigfindet sich anstatt des Bandes Narben-gewebe, innerhalb welchem Reste desBandes nicht mehr eindeutig abgrenz-bar sind (Abb. 9).

Wichtig bei chronischen Kreuz-bandrupturen ist v.a.die Darstellung desfemoralen Ansatzes, wobei speziell hierFehlaussagen resultieren können. In die-sem Zusammenhang sei noch einmalbesonders auf die optimale Anpassungder sagittalen Bilder an den Verlauf desVKB hingewiesen. Ein weiterer typi-scher Befund ist das sog. „empty notchsign“, welches die fehlende Darstellbar-keit des VKB im koronaren Bild be-schreibt (Abb. 10).

Zusammenfassend werden bezüg-lich der Wertigkeit der direkten Zeicheneiner VKB-Ruptur in der Literatur Sen-sitivitäten von 72–96% und Spezifitätenvon 86–100%, je nach Untersuchungs-

technik und verwendetem Gerät, ange-geben. Dementsprechend bietet die di-rekte Beurteilung des Bandes bereits dieMöglichkeit einer weitreichenden Aus-sage bezüglich des Vorliegens bzw. desAusschlusses einer VKB-Ruptur, wobeijedoch nochmals darauf verwiesen wer-den muss, dass die Diagnose in der MRTimmer im Zusammenhang mit dem kli-nischen Befund erfolgen sollte.

Neben den direkten Zeichen einerVKB-Ruptur gibt es eine Fülle indirek-ter Zeichen, welche auf das Vorliegen ei-ner akuten wie auch einer chronischenRuptur hinweisen können.Tabelle 2 fasstdie wesentlichen, in der Literatur ange-gebenen Zeichen zusammen.

Die indirekten Zeichen für das Vor-liegen einer VKB-Verletzung resultierenzum einen aus dem Verletzungsmecha-nismus zum anderen aus den Folgen ei-ner Kniegelenkinstabilität.

Häufigste Begleitverletzung bei einerakuten VKB-Ruptur, sind subchondraleKontusionsherde des Knochens (bonebruise),[4,16,24],die aus einer Impaktie-rung der Tibia gegen den Femur resultie-ren. Dabei kommt es zu Knorpelverlet-zungen,Knochenmarködemen sowie mi-krotrabekulären Frakturen, welche sichtypischerweise im T2-gewichteten Bildals Areale mit erhöhter Signalintensitätdarstellen (Abb. 11). Optimal zur Darstel-lung sind in diesem Zusammenhang T2-gewichtete fettsupprimierte Bilder wieauch sogenannte STIR-Sequenzen, da indiesen das hohe Signal des Fettmarkesunterdrückt wird und so praktisch nurnoch das Ödem des Markraums zum Si-gnal im betroffenen Areal beiträgt.

Der Orthopäde 8•2002 | 727

Abb. 18a,b � Messung des HKB-Winkels im Zusammenhang mit der Diagnose einer VKB-Ruptur imT1-gewichteten, sagittalen Bild. Wogegen beim gesunden Probanden (a) im Mittel ein Winkel von123° gemessen werden kann, ist bei akuter Ruptur des VKB in der Literatur ein Winkel von im Mit-tel 109° und bei chronischen Rupturen (b) von im Mittel 95° beschrieben. Wird der Grenzwert zurDiagnose einer VKB-Ruptur bei <107° angesetzt resultiert eine Sensitivität von 52% bei einerSpezifität von 94%, bei Absenkung des Grenzwertes auf <100° resultiert eine Verminderung derSensitivität auf 37% bei gleichzeitiger Anhebung der Spezifität auf 100%

Abb. 19a,b � Beurteilung des VKB-Winkels bei der Diagnose einer VKB-Ruptur im T1-gewichteten,sagittalen Bild. Beim Gesunden ist im Mittel ein Winkel von 55,6° zu messen (a), wird als Grenzwertfür die Diagnose einer VKB-Ruptur ein Winkel <45° angenommen (b), resultiert eine Sensitivitätdieses Zeichens von 91% bei einer Spezifität von 97%

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Zum Thema: Vorderes Kreuzband

Im T1-gewichteten Bild stellen sichdie Kontusionsherde als Areale mit er-niedrigtem Signal dar, da durch dasÖdem das normalerweise hohe Signaldes Fettmarkes vermindert wird. Bei derDiagnostik akuter Rupturen des VKBwerden in Bezug auf das Auftreten sol-cher Kontusionsherde Sensitivitäten von76% und Spezifitäten von bis zu 100%beschrieben.Wird die Beobachtung sol-cher Kontusionsherde bei akuten undchronischen Rupturen betrachtet, sinktdie Sensitivität auf 37–51% bei einer Spe-zifität von 97,5–100%.

Maximalformen dieser durch denTraumamechanismus bedingten Verän-derungen wären osteochondrale Frak-turen [17, 18], wobei diese wie auch dieKontusionsherde typischerweise im Be-reich des lateralen Femurkondylus wieauch im dorsalen lateralen Tibiaplateau(Abb. 12) lokalisiert sind. Andere, ausdem Traumamechanismus direkt resul-tierende Befunde sind assoziierte Verlet-zungen wie ein Einriss im Hinterhorndes Innenmeniskus wie auch ein „bonebruise“ bzw eine knöcherner Teilausrissim Ansatzbereichs der Sehne des M. se-mimembranosus [4], (Abb. 13).

Da die Mikrofrakturen bzw. die Im-paktierung des Knochens häufig im Be-reich des lateralen Sulkus zu beobachtenist, kann als indirektes Zeichen einerVKB-Ruptur, auch bei länger zurücklie-genden Verletzungen, das sog.„deep late-ral sulcus sign“ beobachtet werden,wobeidieses eine Tiefe des lateralen Sulkus vonmehr als 1,5 mm bezeichnet [6]. Weitere,

im Zusammenhang mit dem Traumame-chanismus gesehene indirekte Zeichen ei-ner VKB-Ruptur sind eine Ruptur oderTeilruptur des lateralen wie auch insbe-sondere des medialen Kollateralbandes[20, 22], (Abb. 14). In Bezug auf die Diag-nose einer akuten VKB-Ruptur aufgrundder Beobachtung einer Ruptur des media-len Kollateralbandes sind in der LiteraturSensitivitäten von nur 21% bei jedoch ei-ner Spezifität von 100% beschrieben.

Als Folge einer Kniegelenkinstabi-lität und hier speziell aufgrund der vor-

deren Schublade, können ebenfalls ver-schieden indirekte Zeichen einer VKB-Ruptur beobachtete werden. Hierbeikann in der MRT direkt der vermehrtetibiale Vorschub gemessen werden [5,35], (Abb. 15). In Fällen einer ausgepräg-ten vorderen Schublade ist die dorsaleVerlagerung des lateralen Meniskus einweiteres Zeichen, welches auf eine VKB-Ruptur hinweist [33]. Bei diesem Zei-chen ist das Hinterhorn des Außenme-niskus nicht mehr in Kontakt mit derKnorpelfläche im Bereich des dorsalen,lateralen Tibiaplateaus.

Weitere, indirekte Hinweise für ei-ne VKB-Ruptur betreffen Veränderun-gen des HKB, welche letztendlich eben-falls den vermehrten tibialen Vorschubanzeigen. Hierzu gehören die vermehrteAngulation und Biegung des HKB, wo-bei sowohl die posteriore HKB-Linie[28], (Abb. 16, 17), der Angulationsindex[33], (Abb. 18) als auch der HKB-Winkel[22], (s. Abb. 17) diese vermehrte Angu-lation im Sinne eines indirekten Zei-chens einer VKB-Ruptur anzeigen. Die-se Zeichen gelten zwar im Bezug auf dieDiagnose einer VKB-Ruptur als wenigsensitiv bei jedoch sehr hoher Spezifität.

Sekundäre Zeichen einer VKB-Rup-tur, welche die Darstellung des Bandes inder MRT selbst betreffen, sind der VKB-Winkel [14],(Abb.19) und der Winkel zwi-schen dem VKB und der Blumensaatlinie[22],(Abb.20).Beide Zeichen beschreiben

| Der Orthopäde 8•2002728

Abb. 20a,b � Messung des Winkels zwischen dem VKB und der Blumensaat-Linie zur Diagnoseeiner VKB-Ruptur im T1-gewichteten sagittalen Bild. Beim Gesunden können negative Winkel (a)von im Mittel –1,6° gemessen werden. Bei Ruptur des VKB resultieren positive Winkel (b) wobeiohne differenzierte Betrachtung des als pathologisch angesehenen Grenzwertes in der LiteraturSensitivitäten von 79–91% bei einer Spezifität von 86% angegeben werden. Wird der Grenzwertzur Diagnose einer VKB-Ruptur bei >9° gelegt resultiert eine Sensitivität von 91% bei einer Spezi-fität von 86%

Abb. 21 � Darstellung eines intakten Neoliga-ments nach Rekonstruktion des VKB innerhalbder ersten 3 Monate nach der Operation. Im T1-gewichteten Bild homogen niedriges Signal derKreuzbandplastik. Bedingt durch Metallabriebim Bereich des tibialen Bohrkanals kommt eszu Artefakten (Pfeile) welche sich gelegentlichauch auf das Band projezieren können undnicht als Signalveränderungen des Bandes mis-interpretiert werden sollten

Abb. 22 � Oblique koronares T1-gewichtetesBild einer teilrupturierten VKB-Plastik 3 Jahrenach Operation. Wogegen das Band in seinemproximalen Anteil ein normales Volumen mitnormaler Signalintensität zeigt (weißer Pfeil)sind in seinem mittleren Anteil (schwarzer Pfeil)nur noch einzelne Fasern des Bandes zu beob-achten

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den abnormen Verlauf des VKB nach derRuptur und geben eine Möglichkeit zurQuantifizierung desselben.

Zusammenfassend ist den meistensekundären Zeichen einer VKB-Ruptureine realtiv geringe Sensitivität bei rela-tiv hoher Spezifität gemeinsam, wobeis. Tabelle 2 die primären und sekundä-ren Zeichen zusammenfasst und in Zu-sammenhang mit den Abbildungen diein der Literatur beschriebenen Sensiti-vitäten und Spezifitäten wiedergibt.

Kreuzbandrekonstruktion

Bei der Beurteilung des VKB nach Re-konstruktion ist es entscheidend, denZeitpunkt zwischen der Operation undder Bildgebung zu berücksichtigen. Inden ersten 3 Monaten nach Rekonstruk-tion zeigt ein intaktes autologes Neoli-gament ein Signal vergleichbar dem desnormalen VKB bzw. dem der Patellar-sehne (Abb. 21). Innerhalb dieses Zeit-raums können dementsprechend die di-rekten und indirekten Zeichen einerRuptur wie bei einem originären BandAnwendung finden [30].

Nach etwa 3 Monaten zeigt sich einbeginnender Anstieg der Signalintensi-tät des Bandes, von welchem initial nurAnteile des Neoligaments betroffen sind.Dieser führt jedoch im Weiteren zu einerhomogenen Signalintensitätssteigerungdes Neoligaments,welche das Transplan-tat als nicht mehr von den umliegendenStrukturen abgrenzbare Weichteilmasseerscheinen lassen.

Die Ursache für die Veränderungder Signalintensität des Bandes scheintsowohl in einem Einwachsen von Blut-gefäßen in das Band als auch der Proli-feration von Fibrozyten, welche vomRand des Bandes zentrifugal in dasBand einwachsen, zu liegen. Hierbei fin-det sozusagen eine Transformation desavitalen Bandes in ein „bioenergeti-sches“ Neoligament statt, wobei die we-sentlichen Umbauprozesse nach etwa1 Jahr abgeschlossen sind. Innerhalb die-ses Zeitraums ist eine direkte Beurtei-lung des Verlaufs des Bandes in der MRTschwierig. Häufig kann jedoch der mitt-lere Teil des Bandes als hypointenseStruktur abgegrenzt werden [36].

Etwa 1 Jahr postoperativ, nach Ab-schluss der Umbauprozesse, ist in derMRT einer Kreuzbandplastik wieder einAbsinken der Signalintensität des Ban-des zu beobachten, welche im Weiterenzu einer homogen hypointensen Dar-stellung des Bandes führt.

Nach etwa 12–24 Monaten gelten beider Beurteilung der Integrität dement-sprechend wieder die Kriterien einesnormalen VKB, wobei das Hauptaugen-merk bei der Beurteilung der Integritätauf der direkten Visualisierung des Ban-des liegt (Abb. 22, 23). Die sekundärenZeichen einer VKB-Ruptur finden nureingeschränkt Anwendung, da diese beider Beurteilung von Neoligamenten einedeutlich eingeschränkte Sensitivität undSpezifität besitzen [30, 36].

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Der Orthopäde 8•2002 | 729

Abb. 23 � Darstellung einer Reruptur einerVKB-Plastik im T1-gewichteten sagittalen Bild24 Monate nach der Operation. Fehlende Konti-nuität der Kreuzbandplastik mit Darstellungabnorm verlaufender Anteile (Pfeil) im Bereichder Fossa intercondylaris

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| Der Orthopäde 8•2002730

Fachnachricht

Halten in 10 Jahren künstlicheHüftgelenke doppelt solange?

Künstliche Hüftgelenksköpfe werden heute ent-

weder aus Edelstählen,Cobalt-Chrom-Legierun-

gen,oder Aluminiumoxidkeramiken hergestellt.

Durch den Kontakt mit Körperflüssigkeit und

Gewebe korrodieren Metalle jedoch, was die

Lebensdauer eines solchen Hüftgelenks auf

etwa fünf bis zehn Jahre begrenzt. Die Folge ist

eine erneute, schmerzhafte Operation für den

Patienten. Der Chrom- und Nickelanteil einiger

Legierungen steht im Verdacht allergische Reak-

tionen des menschlichen Körpers auszulösen.

Aluminiumoxid besitzt den Vorteil, nicht giftig

und sehr abriebfest zu sein.Die Keramik ist aber

z.B.bei einem Sturz des Patienten bruchgefähr-

det, und sie ist teuer.

Eine ideale Lösung wäre eine (preiswerte-

re) Metallkugel als Kern mit einer Aluminium-

oxidschicht als „Haut“.Eine ganze Reihe von Ver-

suchen, eine solche keramische Beschichtung

auf eine Metallkugel aufzubringen, sind bisher

unbefriedigend verlaufen.Immer wieder gab es

Probleme mit der Haftung oder der Porosität der

Keramikschicht. Jetzt ist ein europäisches For-

schungskonsortium auf einem vielversprechen-

den Weg.

Prof.Dr.-Ing.Günter Borchardt vom Institut

für Metallurgie und sein Mitarbeiter Dipl. Phys.

Gernot Strehl oxidieren einen Hochtemperatur-

werkstoff, eine Eisen-Chrom-Aluminiumlegie-

rung (Fe-20Cr-5Al). Bei hohen Temperaturen,

aber noch unterhalb der Rekristallisationstem-

peratur bildet der Werkstoff selbst die Alumini-

umoxidhaut aus. Derart gefertigt, gibt es keine

Haftungsprobleme zwischen Metall und Kera-

mik. Die so hergestellte Oxidschicht ist dick

genug,um als chemische Barriere zwischen dem

Metall und der Körperflüssigkeiten zu wirken,

und sie ist unter den simulierten Belastungen

des Einsatzes im Körper so abriebfest, dass eine

Lebensdauer von 10-20 Jahren prognostiziert

wird.

„Die einzig offene Frage ist die Oberflä-

chenbeschaffenheit,denn es bilden sich Nadeln

auf der Korundschicht, die im Gegenstück, der

Hüftgelenksschale aus Polyethylen, zu Schäden

führen würden. Durch eine geeignete Führung

des Oxidationsprozesses wollen wir diese Nadel-

bildung unterdrücken“, erklärt Strehl.

Die europäischen Projektpartner sind das

spanische materialwissenschaftliche For-

schungslaboratorium CENIM in Madrid, das

Unternehmen Surgival in Valencia, das Unter-

nehmen Plansee im österreichischen Reutte,das

Biomechanische Institut (IBV) ebenfalls in Valen-

cia, das europäische Forschungszentrum JRC in

Ispra und das italienische Orthopädie-Institut

(IOR) in Bologna.

Weitere Informationen:

Dipl. Phys. Gernot StrehlThermochemie und Mikrokinetik

Prof. Dr.-Ing. G. BorchardtTechnische Universität Clausthal

Robert-Koch-Straße 42

38 678 Clausthal-Zellerfeld

Tel. 0 53 23/72 20 94 oder 0 53 23/72 31 84

E-Mail: [email protected]