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Deutscher Bundestag Drucksache 16/8434 16. Wahlperiode 28. 02. 2008 Zugeleitet mit Schreiben des Bundesministeriums der Justiz vom 27. Februar 2008 gemäß Beschluss vom 21. Oktober 2004 (Bundestagsdrucksache 15/3971). Unterrichtung durch die Bundesregierung Erfahrungsbericht über die praktische Umsetzung der §§ 100g, 100h der Strafprozessordnung Der Deutsche Bundestag hat am 21. Oktober 2004 einen Entschließungsantrag auf Bundestagsdrucksache 15/3971 angenommen, mit dem die Bundesregierung aufge- fordert wurde, dem Deutschen Bundestag bis zum 30. Juni 2007 einen Erfahrungsbe- richt über die praktische Umsetzung der §§ 100g, 100h der Strafprozessordnung (StPO) vorzulegen. Um der Entschließung nachzukommen, hat das Bundesministerium der Justiz das Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht in Freiburg (MPI) mit einer rechtstatsächlichen Untersuchung zur „Rechtswirklichkeit der Aus- kunftserteilung über Telekommunikationsverbindungsdaten nach den §§ 100g, 100h StPO“ beauftragt. Mit Schreiben des Bundesministers der Justiz vom 27. Februar 2008 wurde dem Deutschen Bundestag der zu dieser Untersuchung erstellte Forschungsbericht des MPI zugeleitet. Bei der nachfolgend wiedergegebenen Fassung des Forschungsbe- richts handelt es sich um eine vom MPI am 12. März 2008 zur Verfügung gestellte, redaktionell überarbeitete Fassung, die auch in der vom MPI herausgegebenen Fach- reihe „Kriminologische Forschungsberichte“ veröffentlich wird.

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Deutscher Bundestag Drucksache 16/843416. Wahlperiode 28. 02. 2008

Unterrichtungdurch die Bundesregierung

Erfahrungsbericht über die praktische Umsetzung der §§ 100g, 100h der Strafprozessordnung

Der Deutsche Bundestag hat am 21. Oktober 2004 einen Entschließungsantrag aufBundestagsdrucksache 15/3971 angenommen, mit dem die Bundesregierung aufge-fordert wurde, dem Deutschen Bundestag bis zum 30. Juni 2007 einen Erfahrungsbe-richt über die praktische Umsetzung der §§ 100g, 100h der Strafprozessordnung(StPO) vorzulegen.

Um der Entschließung nachzukommen, hat das Bundesministerium der Justiz dasMax-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht in Freiburg(MPI) mit einer rechtstatsächlichen Untersuchung zur „Rechtswirklichkeit der Aus-kunftserteilung über Telekommunikationsverbindungsdaten nach den §§ 100g, 100hStPO“ beauftragt.

Mit Schreiben des Bundesministers der Justiz vom 27. Februar 2008 wurde demDeutschen Bundestag der zu dieser Untersuchung erstellte Forschungsbericht desMPI zugeleitet. Bei der nachfolgend wiedergegebenen Fassung des Forschungsbe-richts handelt es sich um eine vom MPI am 12. März 2008 zur Verfügung gestellte,redaktionell überarbeitete Fassung, die auch in der vom MPI herausgegebenen Fach-reihe „Kriminologische Forschungsberichte“ veröffentlich wird.

Zugeleitet mit Schreiben des Bundesministeriums der Justiz vom 27. Februar 2008 gemäß Beschluss vom 21. Oktober2004 (Bundestagsdrucksache 15/3971).

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/8434

Forschungsbericht desMax-Planck-Instituts für ausländisches und internationales Strafrecht

– Forschungsgruppe Kriminologie –

Rechtswirklichkeit der Auskunftserteilung über Telekommunikationsverbindungsdaten nach §§ 100g, 100h der

Strafprozessordnung

Hans-Jörg AlbrechtAdina Grafe

Michael Kilchling

Freiburg i. Br., März 2008

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Drucksache 16/8434 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

SeiteI n h a l t s v e r z e i c h n i s

Seite

1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

A. Entwicklungen und Fragestellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

B. Veränderungen strafrechtlicher Sozialkontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19

C. Grundrechte, Sicherheitspolitik und Evaluation . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21

D. Ziele der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22

2. Rechtspolitische Entwicklungen und Stand der Forschung . . . . . . 23

A. Das verfassungsrechtliche Spannungsverhältnis von Persönlichkeits-recht und Sicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23

I. Grundrechte der Telekommunikationsteilnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . 23

1. Das Fernmeldegeheimnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23

2. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung . . . . . . . . . . . . . 24

3. Verfassungsrechtliche Legitimation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24

II. Grundrechte der Telekommunikationsanbieter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26

1. Die Berufsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26

2. Das Eigentumsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26

3. Verfassungsrechtliche Legitimation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26

B. Die gesetzliche Regelung der Verkehrsdatenabfrage . . . . . . . . . . . . . . 26

I. Entstehungsgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26

II. Begriff der Verbindungs- bzw. Verkehrsdaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28

III. Delikte und Verdachtsgrad . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29

1. Straftat von erheblicher Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30

2. Straftat, die mittels einer Endeinrichtung begangen wurde . . . . . . 30

IV. Arten der Verkehrsdatenabfrage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31

V. Subsidiarität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33

1. Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in § 100g I Satz 1 StPO . . . . . . . . 33

2. Subsidiaritätsklausel des § 100g II StPO (Zielwahlsuche) . . . . . . . 33

3. Subsidiaritätsklausel des § 100h I Satz 2 StPO (Funkzellen-abfrage) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33

VI. Anordnung der Auskunftserteilung und Begründung . . . . . . . . . . . . . . 34

VII. Dauer der Maßnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36

VIII. Durchführung der Maßnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36

IX. Betroffene und Benachrichtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37

X. Zeugnisverweigerungsberechtigte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 5 – Drucksache 16/8434

Seite

XI. Kostentragung für die Verkehrsdatenabfrage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39

XII. Vorratsdatenspeicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41

C. Entwicklungen im Ausland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44

D. Forschungsstand zu Häufigkeit, Anwendungsstrukturen und den Folgen der Verkehrsdatenabfrage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46

I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46

II. Entwicklungen in Telekommunikation und Telekommunikations-überwachung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46

III. Umfang und Entwicklung der Verkehrsdatenabfrage . . . . . . . . . . . . . . 48

IV. Empirische Untersuchungen zur Verkehrsdatenabfrage . . . . . . . . . . . . 52

1. Untersuchungen zu Häufigkeit, Anwendungsstrukturen und Nutzen für die Strafverfolgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52

2. Untersuchungen zu den Kosten der Implementation der Vorratsspeicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55

3. Untersuchungen zum Potential von Telekommunikations-verkehrsdaten für soziale Kontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55

4. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56

3. Methodische Vorgehensweise und Durchführung der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57

A. Methodenwahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57

B. Schriftliche Befragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58

I. Teilnehmer und Reichweite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58

II. Fragebogenkonzeption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58

III. Durchführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58

1. Rücklauf nach Bundesländern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59

2. Rücklauf nach Alter und Geschlecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60

3. Alter, Berufserfahrung und Tätigkeitsschwerpunkt der Befragten 61

C. Aktenanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63

I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63

II. Stichprobenziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63

1. Vorbereitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63

2. Stichprobenziehung und Repräsentativität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63

III. Fragebogenkonzeption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64

IV. Durchführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66

1. Aktenanforderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66

2. Dateneingabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66

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Drucksache 16/8434 – 6 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Seite

D. Expertengespräche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66

I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66

II. Fragebogenkonzeption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66

III. Durchführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67

4. Ergebnisse der empirischen Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69

A. Struktur und Eingriffsbreite von Verkehrsdatenabfragen . . . . . . . . . . . 69

I. Verkehrsdatenabfragen im Spiegel von Telekommunikations-unternehmensdaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69

II. Die Struktur der Verkehrsdatenabfrage und ihrer Erledigung . . . . . . . 69

III. Die Dauer der Überwachung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71

IV. Resultate der Verkehrsdatenabfrage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72

V. Die Eingriffsbreite der Verkehrsdatenabfrage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73

VI. Deliktsstruktur und Verkehrsdatenabfrage im Festnetzbereich . . . . . . 77

B. Grunddaten der Aktenanalyse und Befragungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 78

I. Aktenanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 781. Verfahren, Beschlüsse, Anschlüsse und Beschuldigte . . . . . . . . . . 782. Art der Anschlüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 803. Arten der Verkehrsdatenabfrage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 814. Anzahl der verpflichteten Anbieter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 845. Ermittlungsdelikte in den Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85

II. Schriftliche Befragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 881. Häufigkeit der Anordnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 882. Geschätzte Anzahl von Anträgen und Anordnungen . . . . . . . . . . . 89

III. Experteninterviews . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90

C. Anordnungspraxis und Durchführung der Maßnahme . . . . . . . . . . . . . 90

I. Delikte und Verdachtsgrad . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 901. Schriftliche Befragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90

a) Delikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90b) Straftat von erheblicher Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94c) Verdachtsgrad . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94

2. Aktenanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 953. Experteninterviews . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97

a) Polizeibeamte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97(1) Typische Kriminalitätsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97(2) Straftat von erheblicher Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97

b) Staatsanwälte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97(1) Typische Kriminalitätsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97(2) Straftat von erheblicher Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 7 – Drucksache 16/8434

Seite

c) Richter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98(1) Typische Kriminalitätsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98(2) Straftat von erheblicher Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98

d) Verteidiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99(1) Typische Kriminalitätsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99(2) Straftat von erheblicher Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99

e) Telekommunikationsunternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99(1) Typische Kriminalitätsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99(2) Straftat von erheblicher Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99

4. Zusammenfassung der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99

II. Initiative und Ablauf von Anregung bis Anordnung der Maßnahme . . 1001. Schriftliche Befragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100

a) Initiative zur Antragstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100b) Antragstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101

2. Aktenanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102a) Initiative zur Antragstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102b) Besprechungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102c) Zeitlicher Ablauf von der Antragstellung bis zur Anordnung . . 102

3. Experteninterviews . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104a) Polizeibeamte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104

(1) Geschäftsablauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104(2) Besprechungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105(3) Datensicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105(4) Bereitschaft zum Einsatz der Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . 105

b) Staatsanwälte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106(1) Geschäftsablauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106(2) Besprechungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106(3) Bereitschaft zum Einsatz der Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . 106

c) Richter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106(1) Geschäftsablauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106(2) Besprechungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106(3) Bereitschaft zum Einsatz der Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . 107

d) Verteidiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107e) Telekommunikationsunternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107

(1) Aufforderung zur Datensicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107(2) Anfragen zur Speicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107

4. Zusammenfassung der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107

III. Anordnung der Verkehrsdatenabfrage und Begründungen . . . . . . . . . 1081. Schriftliche Befragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108

a) Anteile der richterlichen und staatsanwaltschaftlichen Anordnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108

b) Richtervorbehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110c) Ablehnung von Anträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110d) Bestätigung von Eilanordnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110

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Drucksache 16/8434 – 8 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Seite

2. Aktenanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111a) Anteile richterlicher und staatsanwaltschaftlicher Anordnungen 111b) Richterliche Bestätigung von Eilanordnungen . . . . . . . . . . . . . 112c) Ablehnung, Änderung und Ergänzung von Anträgen . . . . . . . . 112d) Begründungen der Anregungen, Anträge und Beschlüsse . . . . 113e) Begründungen der Eilanordnungen und richterlichen

Bestätigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122f) Begründungen der Verlängerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126g) Begründungen differenziert nach Delikten . . . . . . . . . . . . . . . . 126

3. Experteninterviews . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130a) Polizeibeamte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130

(1) Zeitlicher Aufwand für die Prüfung der Voraussetzungen . 130(2) Beibehaltung des Richtervorbehalts . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130

b) Staatsanwälte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131(1) Begründung des Antrags bzw. des Beschlusses . . . . . . . . . 131(2) Zeitlicher Aufwand für die Prüfung der Voraussetzungen . 131(3) Zur Verfügung gestellte Unterlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131(4) Beibehaltung des Richtervorbehalts . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131

c) Richter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132(1) Begründung des Beschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132(2) Zeitlicher Aufwand für die Prüfung der Voraussetzungen 132(3) Zur Verfügung gestellte Unterlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132(4) Beibehaltung des Richtervorbehalts . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132

d) Verteidiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133(1) Begründung der Anordnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133(2) Beibehaltung des Richtervorbehalts . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133

e) Telekommunikationsunternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133f) Datenschützer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133

(1) Begründung der Anordnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133(2) Beibehaltung des Richtervorbehalts . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133

4. Zusammenfassung der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133

IV. Dauer der Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1341. Schriftliche Befragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134

a) Beantragte und angeordnete Dauer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134b) Verlängerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135

2. Aktenanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135a) Dauer der Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135b) Differenzierung nach der Art der Verkehrsdatenabfrage . . . . . . 136c) Deliktsspezifische Unterschiede in den Abfragezeiträumen . . . 136d) Verlängerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137

3. Zusammenfassung der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137

V. Verhältnismäßigkeit und Subsidiarität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1381. Schriftliche Befragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1382. Aktenanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 9 – Drucksache 16/8434

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3. Experteninterviews . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139a) Telekommunikationsunternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139

(1) Verhältnismäßigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139(2) Häufigkeit der Anfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139

b) Polizeibeamte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140(1) Verhältnismäßigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140(2) Berücksichtigung der Subsidiaritätsgrundsätze . . . . . . . . . 140(3) Gründe für die Zunahme der Anordnungen . . . . . . . . . . . . 140

c) Staatsanwälte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141(1) Verhältnismäßigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141(2) Berücksichtigung der Subsidiaritätsgrundsätze . . . . . . . . . 141(3) Gründe für die Zunahme der Anordnungen . . . . . . . . . . . . 141

d) Richter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142(1) Verhältnismäßigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142(2) Berücksichtigung der Subsidiaritätsgrundsätze . . . . . . . . . 142(3) Gründe für die Zunahme der Anordnungen . . . . . . . . . . . . 142

e) Verteidiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143(1) Verhältnismäßigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143(2) Berücksichtigung der Subsidiaritätsgrundsätze . . . . . . . . . 143(3) Gründe für die Zunahme der Anordnungen . . . . . . . . . . . . 143

f) Datenschützer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143(1) Verhältnismäßigkeit und Subsidiarität . . . . . . . . . . . . . . . . 143(2) Eingriffsintensität der Maßnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143(3) Gründe für die Zunahme der Anordnungen . . . . . . . . . . . . 144

4. Zusammenfassung der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144

VI. Durchführung der Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1451. Schriftliche Befragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145

a) Probleme mit den Netzbetreibern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145b) Speicherung der Daten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146c) Schwierigkeiten durch Verschlüsselungstechniken . . . . . . . . . . 147d) Technische Schwierigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147

2. Aktenanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150a) Nichtakzeptierung von Anordnungen und Verzögerungen . . . . 150b) Löschung von Daten und (teil)anonymisierte Daten . . . . . . . . . 150c) Technische Probleme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151

3. Experteninterviews . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151a) Telekommunikationsunternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151

(1) Geschäftsablauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151(2) Prüfungsrecht der Telekommunikationsunternehmen . . . . 152(3) Zeitaufwand für die Durchführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152(4) Probleme bei der Zusammenarbeit mit Polizei und Justiz 153(5) Anforderung der Daten ohne Beschluss . . . . . . . . . . . . . . . 154(6) Weigerungen der Diensteanbieter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154(7) Ordnungs- oder Zwangsmittel und Strafverfahren

wegen Strafvereitelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154(8) Drohungen seitens der Behörden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154

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Drucksache 16/8434 – 10 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

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b) Polizeibeamte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155(1) Probleme zwischen Polizei, Staatsanwaltschaft und

Gericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155(2) Probleme mit den Netzbetreibern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155(3) Speicherprobleme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156(4) Verschlüsselungstechniken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156

c) Staatsanwälte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156(1) Probleme zwischen Polizei, Staatsanwaltschaft

und Gericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156(2) Probleme mit den Netzbetreibern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156(3) Speicherprobleme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157(4) Verschlüsselungstechniken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157

d) Richter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157(1) Probleme zwischen Polizei, Staatsanwaltschaft

und Gericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157(2) Probleme mit den Netzbetreibern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157(3) Speicherprobleme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158

e) Verteidiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1584. Zusammenfassung der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158

VII. Betroffene und Benachrichtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1591. Schriftliche Befragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159

a) Benachrichtigung der Betroffenen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159b) Beurteilung der Benachrichtigungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . 160

2. Aktenanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161a) Betroffene der Verkehrsdatenabfrage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161b) Benachrichtigung der Betroffenen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163

3. Experteninterviews . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164a) Staatsanwälte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164b) Verteidiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164c) Datenschützer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164

4. Zusammenfassung der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164

VIII. Zeugnisverweigerungsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1651. Schriftliche Befragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165

a) Zeugnisverweigerungsberechtigte Betroffene . . . . . . . . . . . . . . 165b) Erweiterung des § 100h II StPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166

2. Aktenanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166a) Anteil betroffener Berufsgeheimnisträger und Berufshelfer . . . 166b) Anteil betroffener zeugnisverweigerungsberechtigter

Angehöriger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1663. Experteninterviews . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166

a) Polizeibeamte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166b) Staatsanwälte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167c) Richter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167d) Verteidiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167e) Datenschützer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167

4. Zusammenfassung der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 11 – Drucksache 16/8434

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IX. Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168

1. Schriftliche Befragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168

2. Aktenanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168

3. Experteninterviews . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169a) Telekommunikationsunternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169

(1) Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169(a) Kosten pro Maßnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169(b) Jährliche Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169

(2) Veränderungen des Unternehmens durch die Zunahme der Anfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170(a) Erweiterung der Abteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170(b) Zusammenhang mit den normalen Geschäftsabläufen 170(c) Einfluss auf andere Unternehmensentscheidungen . . . . 170

b) Polizeibeamte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170c) Staatsanwälte und Richter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171

4. Zusammenfassung der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171

X. Vernichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171

1. Aktenanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171

2. Experteninterviews . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171

3. Zusammenfassung der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172

XI. Verfahrensausgang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172

1. Verfahrensausgang allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172a) Anklage und Einstellung vor Anklageerhebung . . . . . . . . . . . . 172b) Begründungen für die Einstellungen vor Anklageerhebung . . . 173c) Verurteilung, Einstellung und Freispruch . . . . . . . . . . . . . . . . . 173d) Verurteilungsinhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173

(1) Freiheitsstrafe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175(2) Geldstrafe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175

2. Differenzierung nach Delikten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176a) Katalogdelikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176b) Sonstige Delikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176

3. Deliktsbezogene Betrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178a) Anklage und Einstellung bei Katalogdelikten . . . . . . . . . . . . . . 178b) Anklage und Einstellung bei sonstigen Delikten . . . . . . . . . . . . 178c) Verurteilungen bei Katalogdelikten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179d) Verurteilungen bei sonstigen Delikten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179

4. Fallzahlen differenziert nach Delikten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181

5. Zusammenfassung der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184

XII. Rechtsbehelfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184

1. Aktenanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184

2. Experteninterviews . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184

3. Zusammenfassung der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184

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Drucksache 16/8434 – 12 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

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XIII. Schwierigkeiten bei der Anwendung der Normen, Veränderungen gegenüber § 12 FAG und zukünftige Gestaltung der Maßnahme . . . . 1851. Schriftliche Befragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185

a) Veränderungen gegenüber der Regelung in § 12 FAG . . . . . . . 185b) Auskunft über Personendaten zu dynamischen IP-Adressen . . . 185c) Hinreichende Bestimmung des Betroffenen . . . . . . . . . . . . . . . 185d) Sonstige Unklarheiten der jetzigen Regelungen . . . . . . . . . . . . 186

2. Aktenanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1863. Experteninterviews . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186

a) Polizeibeamte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186(1) Veränderungen gegenüber der Regelung in § 12 FAG . . . . 186(2) Schwächen und Unklarheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187

b) Staatsanwälte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187(1) Veränderungen gegenüber der Regelung in § 12 FAG . . . . 187(2) Schwächen und Unklarheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187

c) Richter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188(1) Veränderungen gegenüber der Regelung in § 12 FAG . . . . 188(2) Schwächen und Unklarheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188

d) Verteidiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188(1) Veränderungen gegenüber der Regelung in § 12 FAG . . . . 188(2) Schwächen und Unklarheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188

e) Telekommunikationsunternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188(1) Unklarheiten und Schwächen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188(2) Verbesserung der Abwicklung der Verkehrsdatenabfrage 189(3) Vorratsdatenspeicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189

f) Datenschützer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190(1) Schwächen und Unklarheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190(2) Verbesserungsvorschläge für die zukünftige Gestaltung . . 190(3) Vorratsdatenspeicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190

4. Zusammenfassung der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190

D. Verhältnis der Verkehrsdatenabfrage zu anderen Ermittlungsmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191

I. Schriftliche Befragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1911. Verhältnis zur Telekommunikationsüberwachung . . . . . . . . . . . . . 191

a) Kombinierte Anwendung der Verkehrsdatenabfrage mit der Telekommunikationsüberwachung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191

b) Zeitliches Verhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192c) Erfolgsaussichten der kombinierten Anwendung . . . . . . . . . . . 192d) Kriminalistisches Verhältnis zwischen Verkehrsdatenabfrage

und Telekommunikationsüberwachung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1922. Verhältnis zu anderen Ermittlungsmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . 194

a) Kombinierte Anwendung der Verkehrsdatenabfrage mit anderen Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194

b) Zeitliches Verhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194c) Typische Fallkonstellationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 13 – Drucksache 16/8434

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II. Aktenanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1951. Zeitpunkt der Anordnung der Verkehrsdatenabfrage im

Ermittlungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1952. Sonstige Maßnahmen im Ermittlungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . 1963. Zeitpunkt der Anordnung der Maßnahmen im

Ermittlungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1984. Dauer der Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202

III. Experteninterviews . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2041. Polizeibeamte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204

a) Bedeutung der Verkehrsdatenabfrage im Verhältnis zur Telekommunikationsüberwachung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204

b) Bedeutung der Verkehrsdatenabfrage im Verhältnis zu anderen Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204

2. Staatsanwälte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205a) Bedeutung der Verkehrsdatenabfrage im Verhältnis zur

Telekommunikationsüberwachung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205b) Bedeutung der Verkehrsdatenabfrage im Verhältnis zu

anderen Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2053. Richter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205

a) Bedeutung der Verkehrsdatenabfrage im Verhältnis zur Telekommunikationsüberwachung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205

b) Bedeutung der Verkehrsdatenabfrage im Verhältnis zu anderen Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206

4. Verteidiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206

IV. Zusammenfassung der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206

E. Effizienz der Verkehrsdatenabfrage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207

I. Begriff der Effizienz und Übertragung auf den Untersuchungsgegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2071. Begriff der Effizienz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2072. Übertragung auf den Untersuchungsgegenstand . . . . . . . . . . . . . . . 207

II. Ziele der Verkehrsdatenabfrage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2081. Schriftliche Befragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2082. Aktenanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2093. Experteninterviews . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210

III. Erfolge der Verkehrsdatenabfrage für die Ermittlungen . . . . . . . . . . . . 2101. Schriftliche Befragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2102. Aktenanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211

a) Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211b) Anschlussbezogene Erfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211c) Beschlussbezogene Erfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212

(1) Allgemeine Erfolgseinschätzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212(2) Spezifische Erfolge der Beschlüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212(3) Erreichte Erfolge im Vergleich zu den Zielen . . . . . . . . . . 213

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Drucksache 16/8434 – 14 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

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d) Verfahrensbezogene Erfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215(1) Allgemeine Erfolgseinschätzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215(2) Spezifische Erfolge in den Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . 216

e) Beschuldigtenbezogene Erfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217(1) Allgemeine Erfolgseinschätzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217(2) Spezifische Erfolge bezogen auf den Beschuldigten . . . . . 218

f) Differenzierung der Erfolge nach Delikten . . . . . . . . . . . . . . . . 219g) Erfolge differenziert nach der Art der Verkehrsdatenabfrage . . 221

3. Experteninterviews . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222a) Polizeibeamte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222

(1) Ermittlungserfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222(2) Dezernatsspezifische Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222

b) Staatsanwälte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222(1) Ermittlungserfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222(2) Dezernatsspezifische Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223

c) Richter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223d) Verteidiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223

4. Zusammenfassung der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223

IV. Erfolge der Verkehrsdatenabfrage im weiteren Verfahrensverlauf . . . 224

1. Schriftliche Befragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224

2. Aktenanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224a) Zusammenhang zwischen Verfahrensausgang und Erfolg

der Verkehrsdatenabfrage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224b) Beweismittel in der Anklageschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224c) Stellenwert der Verkehrsdaten in der Anklage . . . . . . . . . . . . . 226d) Verkehrsdaten als Beweismittel in der Hauptverhandlung . . . . 227e) Verkehrsdaten als Beweismittel im Urteil . . . . . . . . . . . . . . . . . 227

3. Experteninterviews . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227a) Polizeibeamte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227b) Staatsanwälte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227c) Richter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227d) Verteidiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228

4. Zusammenfassung der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228

5. Zusammenfassung, Diskussion der Ergebnisse und Empfehlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229

A. Fragestellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229

B. Bisheriger Forschungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229

C. Entwicklung der Bestands- und Verkehrsdatenabfrage in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230

D. Untersuchungsmethoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 15 – Drucksache 16/8434

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E. Ergebnisse der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231

I. Verkehrsdatenabfragen im Spiegel von Telekommunikations-unternehmensdaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231

II. Anordnungspraxis der Verkehrsdatenabfrage: Struktur, Typ und Betroffene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232

III. Erfasste Delikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232

IV. Einleitung, Entscheidungen und Begründungsstrukturen . . . . . . . . . . . 232

V. Verfahrenserledigungen: Einstellungen, Anklage, Urteil und Rechtsmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233

VI. Verhältnis der Verkehrsdatenabfrage zu anderen Ermittlungsmaßnahmen und Subsidiarität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233

VII. Der Richtervorbehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234

VIII. Benachrichtigung und Löschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234

IX. Effizienz der Verkehrsdatenabfrage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234

X. Interaktionen und Probleme in der Implementation . . . . . . . . . . . . . . . 235

XI. Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235

F. Empfehlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236

I. Materielle Voraussetzungen und Klarstellungen im Gesetz . . . . . . . . . 236

II. Formelle Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236

III. Organisation und Abläufe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236

IV. Statistik und Evaluation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236

V. Speicherungsdauer Verkehrsdaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236

VI. Prüfungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237

VII. Entschädigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238

Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243

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Drucksache 16/8434 – 16 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Hinweis zu gender mainstreaming

Zur leichteren Lesbarkeit der Texte wurde die männliche Form von personenbezogenen Hauptwörtern gewählt. EineBenachteiligung des weiblichen Geschlechts ist damit nicht beabsichtigt.

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 17 – Drucksache 16/8434

1. Einleitung

A. Entwicklungen und Fragestellungen

Die vorliegende Untersuchung hat die Evaluation derNutzung von Verkehrsdaten der Telekommunikation imStrafverfahren zum Gegenstand. Es geht um Fragen derHandhabung der §§ 100g, 100h StPO in der Praxis derStrafverfolgung und deren Auswirkungen im Strafverfah-ren. Bezug genommen wird dabei auf die normativenGrundlagen der Verkehrsdatenabfrage, ihre Entwicklungund Reform ebenso wie auf die sozialwissenschaftlichenStandards der Evaluationsforschung. Über die rechtstat-sächlichen und evaluationsbezogenen Fragestellungen hi-naus bietet die Verkehrdatenabfrage für die Kriminologieauch in theoretischer Hinsicht ein beträchtliches Poten-tial. Hier geht es um die Analyse von Entwicklungenstrafrechtlicher Sozialkontrolle, die ausgelöst werdendurch Formen der organisierten und vernetzten Krimina-lität. Da es sich bei dieser Kriminalität weitgehend umopferlose Kriminalität handelt, entfallen Anzeige undZeugenaussagen als wesentliche Anknüpfungspunkte fürTatverdacht und die Einleitung strafrechtlicher Ermittlun-gen, Die strafrechtliche Sozialkontrolle formiert sich des-halb immer stärker um eine strategische und taktischeInformationsgewinnung, die der Aufklärung von Phäno-menen der opferlosen Transaktionskriminalität dient.Tansaktionskriminalität wie Drogen- und Menschenhan-del, allerdings auch der (internationale) Terrorismus sind– anders als die klassische individuelle Kriminalität – aufkontinuierlichen Austausch von Informationen – im KernInformationen zu Angebot und Nachfrage – angewiesen.1Transaktionskriminalität beruht auf Netzwerken von Ak-teuren sowie auf Mechanismen von Angebot und Nach-frage, der Rekrutierung, der Abstimmung, der Rechtferti-gung, Propaganda und der Planung2, die Ansätze fürstrategische Informationsgewinnung und Einzelfallunter-suchungen bieten.

Kriminalpolitik ist an der Evaluation von Gesetzgebungaus mehreren Gründen interessiert. Die rapide Verände-rung der Kommunikation und ihrer technischen Grundla-gen haben das Potential von Eingriffen in die Intimsphäredes Menschen drastisch erweitert, wie die Entscheidun-gen des Bundesverfassungsgerichts zur Wohnraum- undzur präventiven Telekommunikationsüberwachung aus-geführt haben.3 Zwar werden die Verkehrsdaten der Tele-kommunikation, das heißt, interpretationsfähige Daten zuOrt, Zeit und Art der Kommunikation, zu den Kommuni-kationspartnern und Kommunikationsschwerpunkten imAllgemeinen als weniger sensibel als die Kommunika-tionsinhalte selbst eingeschätzt.4 Doch ergibt sich aus der

Gesamtheit der Verkehrsdaten ein Potential des Einsehensin das Private, das von persönlichen Beziehungen, Pro-blemen und Präferenzen bis hin zu Bewegungsmusternreicht5. Vereinzelt wird deshalb auch bezweifelt, ob unterden Bedingungen digitaler Netzwerke der Kommunika-tion noch so trennscharf zwischen Inhalts- und Verkehrs-daten unterschieden werden kann, wie – internationalübereinstimmend und in der nicht anders durchführbarenAbstufung zu Inhaltsdaten der Telekommmmunikationnachvollziehbar und legitim – die Strafprozessgesetzevoraussetzen.6 Verkehrsdaten transportieren eben notwen-digerweise und in unterschiedlichem Umfang auch Informa-tionen zu den Inhalten der Beziehungen, der Kommunika-tion und aufgerufener Web Seiten.7

Die Untersuchung zu Telekommunikationsverkehrsdatenund ihrer Nutzung im Strafverfahren ist am Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrechteingebettet in eine Reihe von Studien zu dem Gebrauchneuer Ermittlungsmethoden und ihrem Stellenwert immodernen Strafprozess sowie in Systemen strafrechtlicherSozialkontrolle. Untersuchungen zur Telekommunikations-überwachung8, zur Überwachung des Wohnraums9 und zurRasterfahndung10 stehen neben Forschungen zu organi-sierter Kriminalität und ihrer Bewältigung durch Strafver-fahren, in denen verdeckte Ermittlungsmethoden eineSchlüsselrolle spielen sollten11. Die Einführung von ver-deckten (heimlichen) Ermittlungsmaßnahmen nicht nur inder Strafprozessordnung12, sondern auch in den Polizei-gesetzen der Länder verweist auf eine zunehmende Kon-vergenz zwischen Prävention und Repression ebenso wieauf die Konvergenz zwischen strategischer Informations-beschaffung und einzelfallbezogenen Ermittlungen sowiediejenige zwischen innerer und äußerer Sicherheit13.Hieraus ergeben sich auch neue Arrangements des Daten-austauschs und der Datennutzung, die in den Beziehun-gen zwischen Geheimdiensten, Polizei und Strafverfol-gungsbehörden Veränderungen hervorrufen14. Ausgelöstdurch den dramatischen technologischen Fortschritt ver-ändern sich Kommunikations- und Verhaltensmuster unddamit Ausgangspunkte für Gefahrenabwehr und Strafver-folgung, die in den aus Informations- und Kommunika-tionstechnologien folgenden Datenströmen eine breiteAnsatzfläche finden.15 Verdeckte Ermittlungsmethodentragen zu der deutlich erkennbaren Verschiebung der Ge-wichte von der Hauptverhandlung zum Ermittlungsver-

1 Vgl. den Forschungsstand in Fijnaut/Paoli, 2004.2 Zu grundlegenden Konzepten vgl. Arquilla/Ronfeldt, 2001.3 BVerfGE 109, S. 279 ff., zur akustischen Wohnraumüberwachung;

Entscheidung des BVerfGs vom 27. Juli 2005, 1 BvR 668/04, NJW2005, S. 2603ff. zum Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestal-tung für die Überwachung der Telekommunikation im präventivenBereich, die auch für strafprozessuale Eingriffe Geltung hat.

4 Caprioli/Saadoun/Cantero, Rutgers Journal of Law & Urban Policy,2006, S. 218; vgl. auch BVerfGE 107, S. 299ff sowie Wolter, SK St-PO, 2006, § 100g Rn. 1: „kleine Telekommunikationsüberwachung“.

5 Vgl. hierzu die Ausführungen unter 2. D. IV. 3.6 Goemans/Dumortier, 2003, S. 4.7 Vgl. hierzu BVerfG, 1 BvR 330/96 vom 12.3.2003, Absatz-Nr. 71.8 Albrecht/Dorsch/Krüpe, 2003.9 Meyer-Wieck, 2005.10 Pehl, 2007 (Zusammenfassung unter www.mpicc.de/ww/de/ext/for-

schung/forschungsarbeit/kriminologie/rasterfahndung.htm).11 Kinzig, 2004; Paoli/Fijnaut, 2004; Herz, 2006.12 Zur Entwicklung vgl. Kinzig, J., 2004, S. 102ff.13 Kinzig, J., 2004, S. 128ff; zu den Entwicklungen in Ländern der Eu-

ropäischen Union vgl. Tak, 2000, S. 1; Council of Europe, 2005,S. 39f.

14 Albrecht, P.-A., 2000, S. 17f; vgl. ferner das Antiterrordateigesetzvom 22. Dezember 2006, BGBl. I S. 3409.

15 Bignami, Chicago Journal of International Law 2007, SSRN: http://ssrn.com/abstract=955261, S. 3.

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Drucksache 16/8434 – 18 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

fahren bei16. Die Verlagerung wird vor allem bei opferlo-sen Straftaten in einer proaktiven Orientierung der Polizeiund der Strafverfolgungsbehörden sichtbar, zu der eskeine Alternative gibt17. Sie kommt zum Ausdruck indem Konzept von Initiativ- oder Strukturermittlungenund der Erforschung des Vorfelds der Kriminalität und sieist Bestandteil einer Politik der Risikovorsorge, die vorallem der organisierten und transnationalen Kriminalität18

und neuerdings dem internationalen Terrorismus gilt.19

Die Technik der Telekommunikationsüberwachung lässtdann beispielhaft die Eigenheiten verdeckter Ermittlungs-maßnahmen erkennen20:

– Verdeckte Ermittlungsmaßnahmen werden dem Tat-verdächtigen nicht offenbart,

– erfassen teilweise eine Vielzahl von nicht verdächti-gen Personen,

– sie generieren eine Vielzahl von Informationen, dienicht nur die Vergangenheit, sondern insbesondere dieZukunft oder das Vorfeld bzw. die Vorläufer von Straf-taten betreffen,

– sie können Informationen unabhängig von Zeugnis-verweigerungsrechten dritter Personen erfassen,

– sie erfassen Informationen unabhängig davon, wie in-tim und vertraulich die Kommunikation auch ist.

Mit der Umsetzung der Europäischen Richtlinie zur Spei-cherung von Telekommunikationsverkehrsdaten aus demJahre 200621 wird im Raum der Europäischen Union eineSteigerung insoweit sichtbar, als nunmehr im Wege derVorratsspeicherung Verkehrsdaten der Telekommunika-tion (wie in Artikel 5 der Richtlinie 2006/24/EG festge-legt) für mindestens sechs Monate und höchstens zweiJahre durch die Telekommunikationsanbieter gespeichertbleiben und für Zwecke der Strafverfolgung vorgehaltenwerden sollen. Die Datenerfassung betrifft Mobiltelefoneebenso wie Verbindungen, die über das Internet zustandekommen, und wird damit beständig und über die bereitsheute zu Abrechnungszwecken erfassten Daten hinausge-hend zu einer umfassenden Vorratsspeicherung von Ver-kehrsdaten in den Mitgliedsländern der EuropäischenUnion führen.

Die Verabschiedung der Europäischen Richtlinie zur Tele-kommunikationsverkehrsdatenspeicherung im Jahr 2006hat eine länderübergreifende Auseinandersetzung zu ei-nem vorläufigen Abschluss gebracht, in die neben Straf-verfolgungsbehörden, Geheimdiensten, Kriminalpolitikauch Datenschutzbeauftragte, Nichtregierungsorganisa-tionen mit menschenrechtlichem Schwerpunkt, Telekom-munikationsunternehmen, Journalistenverbände und Straf-

rechtswissenschaftler sowie Kriminologen einbezogensind.22 Die europäischen rechtspolitischen Diskurse ver-weisen in den Schwerpunkten auf die unterschiedlichenInteressenlagen von Akteuren, auf das Speichern von Da-ten für Zwecke der Repression und Prävention, den Stel-lenwert des Persönlichkeitsrecht in einer umfassenden Si-cherheitspolitik und ferner auf die Frage, wie weit privateSektoren in Unternehmungen der repressiven und präven-tiven Kontrolle der Kriminalität verpflichtet werden dür-fen.23

Der Zugriff auf Telekommunikationsverkehrsdaten ist einErmittlungsinstrument, dem in neuerer Zeit neben derÜberwachung der Kommunikationsinhalte eine zuneh-mende Bedeutung zugeordnet wird. Eine zentrale Rollespielen Verkehrsdaten in der Bekämpfung der Datennetz-kriminalität. Jedoch dürften Verkehrsdaten nunmehr an-gesichts der sich dramatisch verdichtenden digitalenKommunikation für Ermittlungen in fast allen Bereichender Kriminalität von Belang sein. Sie können zur Bestim-mung des Aufenthaltsorts von Personen, zur Beweis-ermittlung oder zur Offenlegung von Täterstrukturen undNetzwerken der Transaktionskriminalität dienen. Ver-kehrsdaten werden von der Praxis weithin – wie nicht zu-letzt die Richtlinie der Europäischen Union für die Vor-ratsspeicherung (2006/24/EG), der darauf bezogeneRegierungsentwurf vom 27. Juni 2007 (Bundestagsdruck-sache 16/5846) und das zum 1. Januar 2008 getretene Ge-setz zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwa-chung und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmensowie zur Umsetzung der Richtlinie 2006/24/EG (Bun-desgesetzblatt 2007, I, Nr. 70, S. 3198) demonstrieren –als unverzichtbare Informationsquelle angesehen.

Nicht zuletzt nehmen die Bestandsdaten zur Telekommu-nikation, also die durch § 3 Nr. 3 TKG (2004) definiertenInformationen zur Person von Telekommunikationsteil-nehmern, im Zusammenhang mit automatisierter und ma-nueller Auskunft nach §§ 112, 113 TKG (2004) eine be-deutsame Rolle ein. Nach der von der Bundesregierungim Verfassungsbeschwerdeverfahren 1 BvR 1299/05, indem die Verfassungswidrigkeit der Speicherung und derAuskunft von Bestandsdaten geltend gemacht wird, vor-getragenen Auffassung haben die §§ 112, 113 TKG einevergleichbare Funktion wie die entsprechenden Regelun-gen zum Kraftfahrzeug- und Melderegister sowie zur au-tomatisierten Kontenabfrage nach § 24c KWG und fügensich insoweit in vorhandene Strukturen der Erfassung,Aufbereitung und des Zugangs zu persönlichen Daten imnationalen Recht ein.24 Die Einrichtung von Dateien mitBestandsdaten der Telekommunikation lässt sich europa-weit und international beobachten. So wird in den Nieder-landen ein zentrales, beim Justizministerium angesiedeltesInformationssystem (Centraal Informatiepunt Opsporing

16 So schon Wolter, J., 1991, S. 35f; 17 Brenner, International Journal of Communications Law & Policy

2004, SSRN: http://ssrn.com/abstract=623283.18 Albrecht, Angewandte Sozialforschung 2002, S. 135f; Kinzig, 2004,

S. 122ff.19 Zusammenfassend Council of Europe, 2005. 20 Vgl. hierzu auch Council of Europe, 2005, S. 13–17.21 Richtlinie 2006/24/EG der Europäischen Union zur Speicherung und

Nutzung von Telekommunikationsverkehrsdaten.

22 Büllingen/Gillet/Gries/Hillebrand/Stamm, 2004; KPMG InformatieRisk Management, 2004; Breyer 2005; Nuno Alvaro, 2005; Larnhof,2006.

23 Steinhardt, Journal of Contingencies and Crisis Management 2003;Peissl, Journal of Contingencies and Crisis Management 2003;Kinzig, 2004.

24 Stellungnahme vom 22. Januar 2007, S. 16 ff, www.daten-speicherung.de/data/TKG-StN.pdf.

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Telecommunicatie (CIOT, Zentrale Informationsstelle fürdie Ermittlungen in Telekommunikationsangelegenhei-ten) aufgebaut, mit dem mittelfristig alle Telekommuni-kationsinformationen, einschließlich des Internets, zu-sammengefasst und der Polizei, den Geheimdiensten undder Justiz zugänglich werden sollen.25 In Australien wer-den die entsprechenden Informationen in einer „Integrier-ten Öffentlichen Adressdatenbank“ (TelecommunicationsAct 1997, Teil 4) zusammengeführt. Informationssys-teme, die die Identifizierung und die Wohnortbestimmungvon Personen über ihre Kommunikationsmittel ermögli-chen, zeigen an, dass sich das Kommunikations- undInformationsverarbeitungsverhalten der Gesellschaft imletzten Jahrzehnt erheblich verändert hat. Die Entwick-lungen verweisen auch darauf, dass die konventionellenRegister der Meldebehörden und Kraftfahrzeugverwal-tung zwar nicht ihre Bedeutung verlieren werden. In denVordergrund dürften sich jedoch in der Zukunft zentraleKommunikationsanschlussverzeichnisse schieben.26 Diesliegt in dynamischen Nutzungsmöglichkeiten begründet,die den konventionellen Registern nicht eigen sind.

Das Telefonieren über das Internet (Voice over IP) istnicht nur ein Beispiel für Fortschritte in der Kommunika-tionstechnologie, sondern auch für Konvergenz vonTelekommunikationsmedien27. Das Internet hat die Mög-lichkeit eröffnet, Alltagsgeschäfte wie Einkauf und Bank-überweisungen auf elektronischem Wege vorzunehmen.Die Zahl der Mobilfunkanschlüsse nahm zwischen Mitteder 1990er Jahre und 2006 stetig zu.28 In den nächstenJahren wird eine Sättigung der Gesellschaft mit mobilerKommunikation eintreten. Zunehmend verfügen Perso-nen über mehrere Rufnummern und über mehrere techni-sche Möglichkeiten auch mobiler Telekommunikation.Der Trend geht im Übrigen als Konsequenz der Breit-bandtechnologie zu einer erheblichen Beschleunigungund Erweiterung der Datenübertragung.

Insbesondere die Digitalisierung der Kommunikation hataber dazu geführt, dass beim Austausch von Informationenspeicherungsfähige und aussagekräftige Spuren hinterlas-sen werden. Denn zum Zwecke der Rechnungsstellungwird von den Telekommunikationsanbietern gespeichert,wann von welcher Rufnummer aus mit welchen anderenRufnummern wie lange Verbindungen bestanden. Stand-ort und Bewegungen werden teilweise festgehalten. Mit-tels der jedem Mobiltelefon zugehörigen elektronischenGerätekennung (IMEI) lässt sich der Ort der Einwahl ineine Funkzelle lokalisieren. Ähnlich verhält es sich im In-ternet. Immer wenn eine Verbindung in das Internet er-folgt, wird eine IP-Adresse zugewiesen. Für betrieblicheZwecke gespeicherte Verkehrsdaten sind für Ermittlungs-zwecke und zur Beweisführung geeignet, sie können im

Übrigen auch zur Verbesserung von Notrufsystemen undfür weitere Zielsetzungen Verwendung finden.29

Mit den technischen Möglichkeiten verändern sich fernerGelegenheitsstrukturen der Kriminalität. Internetstrafta-ten, wie beispielsweise das sog. Phishing, bei dem die Be-troffenen von angeblichen Kreditinstituten per mail zurEingabe der PIN-Nummer ihres Bankkontos aufgefordertwerden, oder Betrug bei Internetversteigerungen beruhenauf den durch die moderne Kommunikationstechnologiegeschaffenen Strukturen. Überall dort, wo Transaktionenden Kern der Straftaten bestimmen, verändert die Kommu-nikationstechnologie die Straftaten sowie das Gesamtbildder Kriminalität. Das Täterverhalten und die Tatphänome-nologie spiegeln die Entwicklung der Kommunikati-onstechnologie selbstverständlich wider. Gerade im Bereichder Transaktionskriminalität, zu der die Kernbereiche derorganisierten Kriminalität zu rechnen sind, erfolgen An-passungen – theoretisch bestimmbar als rationale Ent-scheidungen (rational choice) –, die die Transaktionskos-ten, die im Wesentlichen aus dem Entdeckungsrisikobestehen, verringern sollen. Die Anpassungen lassen sichdeskriptiv erfassen; hierzu zählen neben dem Wechsel vonMobiltelefonen und deren Beschaffung durch „Strohmän-ner“ der Tausch von SIM-Karten, der Einsatz von Prepaid-Karten oder die Verwendung ausländischer Geräte imRoamingverfahren. Spuren können schließlich durch Ver-schlüsselungstechniken verwischt werden.30 Theoretischhandelt es sich insoweit um erwartbare Veränderungen, alsdiese recht einfach über rationale Kalküle vorhergesagtwerden.

B. Veränderungen strafrechtlicher Sozialkontrolle

Die Entwicklungen der Kommunikationstechnologie unddas veränderte Kommunikationsverhalten führen auch zueiner Erweiterung des Potentials für Überwachung, Gefah-renvorsorge und Strafverfolgung. Gerade die Verkehrsda-tenabfrage und die Telekommunikationsüberwachung ge-winnen nach Auffassung der Strafverfolgungsbehördenzunehmend an Bedeutung. Anhand von Verkehrsdatenkann zum Beispiel abgelesen werden, von welchen Mobil-funkanschlüssen in der Nähe eines Tatorts zur Tatzeit tele-foniert worden ist oder mit welchem Anschluss das Opfereines Tötungsdelikts vor der Tat Kontakt hatte. Bewe-gungsprofile und Verbindungsmuster erleichtern die Ein-sicht in Zusammenhänge zwischen Straftaten und Tätern,auch in Kontaktstrukturen, die unbeteiligte Dritte ein-schließen.31

Die Entwicklungen im Bereich der Telekommunikations-überwachung und verdeckter Ermittlungen allgemein ver-weisen auf grundlegende Veränderungen in Systemen so-zialer Kontrolle. Gary T. Marx, ein amerikanischerKriminologe, hat sich in einer Arbeit aus den 1980er Jah-ren aus einer über die bis dahin vorherrschenden dogmati-schen und rechtspolitischen Analysen hinausgehendenPerspektive mit proaktiven und verdeckten Ermittlungs-

25 Opinion from the Dutch Data Protection Authority (Dutch DPA)[College bescherming persoonsgegevens (CBP)] Legislative proposal(Bill) for implementation of the European Directive on Data Retention.Pertaining to the tender letter of 22 January 2007.

26 Im Jahr 2006 belief sich die Zahl der Abfragen aus der zentralen Be-standsdatenbank der Telekommunikation durch Sicherheitsbehördenauf 3,6 Millionen; Bundesnetzagentur, Jahresbericht 2006, S. 103.

27 Zusammenfassend OECD, 2007.28 OECD, 2007, S. 97–101.

29 Vgl. die Übersichten in Gow/Ihnat, Surveillance & Society 200430 Vgl. hierzu zusammenfassend Nuno Alvaro, 2005.31 Danezis/Wittneben, 2006.

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methoden befasst. Er hat verdeckte Ermittlungsmethodenals wesentlichen Bestandteil einer „neuen Kontrolle“ be-zeichnet32 und damit Transformationsprozesse des Straf-verfahrensrechts und der Strafverfolgungspraxis ange-sprochen, die seitdem noch deutlicher geworden sind.Noch in den 1970er Jahren wurde in Studien des Max-Planck-Instituts für die Ermittlungstätigkeit der Polizeieine ganz überwiegend reaktive Rolle nachgewiesen.33

Dies hat sich über die letzten vierzig Jahre hinweg dras-tisch verändert. Die neue Kontrolle zielt auf bislang ver-steckt gebliebene Teile einer Realität (einvernehmlicherTransaktionen), die mit Hilfe neuer Informationstechno-logie und proaktiver Strategien sichtbar gemacht werden.Ausgeleuchtet werden sollen Lebensbereiche, die dem re-aktiven Ansatz der Strafverfolgung wegen des Fehlens vonAnzeigeerstattern und aussagebereiter Zeugen verschlos-sen bleiben müssen. Ausgegriffen wird damit auch auf stra-tegische Neuorientierungen der Strafverfolgung, in der sichRisikokontrolle und Prävention in den Vordergrund schie-ben.34 Die grundsätzlichen Veränderungen werden fernerin einer Neubewertung von heimlichen und täuschendenErmittlungspraktiken und umfassenden Informations-sammlungen sichtbar. Historisch gesehen haben heimli-che Informationserhebung und umfassende Informations-sammlungene einstmals eine negative Bewertung deshalberfahren, weil sie als regelmäßiger Bestandteil des Kon-trollapparats repressiver und autoritärer Regime galten35.Die Neubewertung kommt in der international konsen-tierten Auffassung zum Ausdruck, dass heimliche Ermitt-lungsmaßnahmen für die Bekämpfung von schwersterKriminalität und bei strenger Kontrolle ihrer Anwendungunerlässlich sind36. Jedoch bleibt ein Spannungsfeld, fürdas das Bundesverfassungsgericht immer wieder die Be-deutung der Gewissheit, nicht heimlich überwacht zuwerden, als Garant für den aktiven Gebrauch der Men-schenrechte durch die Bürger und als zentrales Elementeiner funktionierenden Demokratie betont. Nicht nur dieFreiheit des Einzelnen, so das Bundesverfassungsgericht,kann durch eine stets präsente Gefahr heimlicher staatli-cher Informationsbeschaffung wesentlich gehemmt wer-den. Heimliche staatliche Zugriffe beeinträchtigen auchdas Gemeinwohl, weil Selbstbestimmung eine elementareFunktionsbedingung eines auf Handlungs- und Mitwir-kungsfähigkeit seiner Bürger gegründeten freiheitlichendemokratischen Gemeinwesens ist.37

Teil der von G. Marx beschriebenen neuen Kontrollpolitikist darüber hinaus das rechtspolitische Insistieren aufFreiwilligkeit, Eigeninteresse und Zustimmung der Bür-ger zu einer präventiv und repressiv begründeten Auswei-

tung der Überwachung zu Zwecken der Gefahrenabwehrund der Strafverfolgung. Das Freiwilligkeitsverlangen be-ruft sich auf eine kommunitäre Ideologie und Mitwir-kungsverpflichtungen der Bürger und der Zivilgesell-schaft an der Herstellung von Sicherheit38. Gleichzeitigist die Forderung freiwilliger Mitwirkung unterlegt mit Re-geln, die eine Teilnahme an der Kontrolle erzwingen las-sen. Dem liegt zugrunde, dass viele Bereiche der Zivilge-sellschaft, insbesondere auch die Medien, Informationenerzeugen und über Wissen verfügen, die grundsätzlich fürStrafverfolgungsbehörden, Polizei und Geheimdienstevon erheblichem Interesse sind. Insoweit lässt sich eineParallele herstellen zu der Geldwäschekontrolle, wo dieDritte Geldwäscherichtlinie der Europäischen Unionheute nicht nur Banken und Finanzdienstleistern, sondernauch Rechtsanwälten und Notaren sowie einer Vielzahlanderer Geschäftsbereiche Kontroll- und Mitteilungs-pflichten dort auferlegt, wo sich der Verdacht der Geld-wäsche oder der Terrorismusfinanzierung ergibt. Die Ein-bindung der Zivilgesellschaft in die Strafverfolgung unddie Herstellung von Sicherheit wird tendenziell ausgewei-tet. Dies zeigt sich auch in internationalen Entwicklun-gen. Im Jahr 2006 hat das australische Parlament ein Ge-setz verabschiedet (Telecommunications Interception(Amendment) Act 2006), das die Überwachung von Tele-kommunikationsinhalts- und -Verkehrsdaten beträchtlicherweitert, und zwar prinzipiell auf unverdächtige Dritte,soweit die Sicherheitsbehörden davon ausgehen, dass aufdiese Weise sicherheitsrelevante Informationen erlangtwerden können. Ein besonderer Schutz der Presse oderanderer Berufsgeheimnisträger ist hierbei nicht vorgese-hen. Während sich aus einer empirischen Perspektive dieVeränderungen deutlich abzeichnen, ist die Frage, was dieVeränderungen theoretisch und normativ bedeuten, einerkontroversen Diskussion ausgesetzt. Einerseits weisenStimmen darauf hin, dass die Ausdehnung der verdecktenErmittlungsmaßnahmen, insbesondere die Ausweitungder Überwachung der Telekommunikation, weder eineentsprechende Ausdehnung staatlicher Kontrolle über denBürger39 noch bedeutet, dass eine solche Kontrolle illegi-tim sei40. Ferner werden umfassende Informationen alsGrundbedingung für eine funktionierende Strafverfol-gung und vor allem für eine effektive Gefahrenabwehrhervorgehoben.41 Andererseits werden der „gläserne“Mensch, der autoritäre Sicherheitsstaat und eine unver-hältnismäßige Beschränkung von Freiheitsrechten be-fürchtet.42 Im Hintergrund steht jedoch ein Prozess derAusweitung formeller und zunehmend technisch ausge-richteter Sozialkontrolle, der nicht zuletzt den auch imBegriff der Risikogesellschaft angesprochenen Verlust aninformeller durch Familie, Nachbarschaft und die Einbin-dung in soziale Organisationen vermittelter Sozial- undVerhaltenskontrolle begleitet.

32 Marx, 1988, S. 206 ff.33 Steffen, 1976; Kürzinger, 1978.34 Marx, 1988, S. 217.35 Anechiarico/Jacobs, 1996; Ledergerber, 2005; Backes/Lindemann,

2006.36 Council of Europe, 2005, S. 13f. 37 BVerfGE 65, 1 ff; vgl. auch BVerfG, 2 BvR 1345/03 vom 22. August

2006 (zum IMSI Catcher); vergleichbar die Entscheidungsbegrün-dung des United States District Court Eastern District of Michigan,Southern Division, Case No. 06-CV-10204, zum alle internationaleKommunikation in den USA erfassenden Überwachungsprogramm derNationalen Sicherheitsbehörde (NSA), das sich auf Präsidentenerlassestützte und kurz nach dem 11. September implementiert worden war.

38 Grundlegend Etzioni, 1995; Ashworth, 2002, S. 119 ff.39 Hess, 2001, S. 333.40 Marx, 1988, S. 233.41 Vgl. beispw. Volkmar, Der Kriminalist 1997, S. 205, der die Tele-

kommunikationsÜberwachung als eines der wirksamsten Instrumen-te kriminalistischen Handelns bezeichnet; freilich gibt es auch vor-sichtigere Stimmen, wie Stellungnahmen in Ba-Wü LT Ds 11/4888zu entnehmen ist.

42 Covington/Burling, 2003; Farmer/Mann, Technology Review 2004.

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 21 – Drucksache 16/8434

Die rechtspolitische Diskussion zur Verkehrsdatenerfas-sung, -speicherung und -nutzung ist durch Interessenkon-flikte und -abwägungen gekennzeichnet. Auf der einenSeite stehen das aus dem Rechtsstaatsprinzip folgende In-teresse an einer effektiven Strafverfolgung, der Schutzder Bürger vor Straftaten und damit die Gewährleistungvon Sicherheit angesichts dynamischer Entwicklungen inden Phänomenen der Transaktionskriminalität und desTerrorismus. Auf der anderen Seite steht der Schutz derGrundrechte der Bürger, in die durch die Verkehrsdaten-abfrage und andere verdeckte Ermittlungsmethoden ein-gegriffen wird.

Die rechtspolitischen Entwicklungen weisen zunächst abEnde der 1980er Jahre angesichts der drastischen Erwei-terungen der mit der Telekommunikation verbundenenpersonenbezogenen Daten auf eine erhebliche Sensibili-sierung für den Schutz von Persönlichkeit und Privat-sphäre hin. Dies lässt sich in den Dokumenten der Euro-päischen Union unschwer ablesen43. Freilich verändertsich die rechtspolitische Perspektive im Hinblick auf dieSpeicherung und den Zugriff auf Telekommunikationsda-ten insbesondere nach dem 11. September 2001 schnell.Sicherheitsüberlegungen treten in den Vordergrund, demSchutz der Privatsphäre – so eine plausible Diagnose –wird angesichts massiver Bedrohungsszenarien wird nun-mehr geringeres Gewicht beigemessen.44

C. Grundrechte, Sicherheitspolitik und Evaluation

Im Mittelpunkt der verfassungsrechtlichen Diskussionstehen zunächst das Fernmeldegeheimnis (Artikel 10 GG),das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und dasallgemeine Persönlichkeitsrecht (Artikel 2 I i. V. m.Artikel 1 GG bzw. das Recht auf Privatheit, das über Arti-kel 8 EMRK den Bezugspunkt vor allem in europäischenLändern ohne Verfassung bietet).45 Der Schutz des Arti-kel 10 I GG umfasst neben dem Kommunikationsinhaltauch die Kommunikationsumstände, d. h. insbesondere,ob, wann und wie oft zwischen welchen Personen oderAnschlüssen Kommunikation stattgefunden hat oderversucht worden ist.46 Gerade weil die Kommunikationsich immer mehr auf den Fernmeldeverkehr und elek-tronischen Schriftverkehr verlagert, lassen sich anhandder so entstehenden Verkehrsdaten aussagekräftige Infor-mationen über Aufenthaltsorte, Kontaktmuster und Kom-munikationsintensität des von einer Person genutztenAnschlusses gewinnen. Das Bundesverfassungsgerichthat immer wieder bekräftigt, dass die Nutzung des

Kommunikationsmediums vertraulich möglich sein soll.Der effiziente Schutz des Fernmeldegeheimnisses verhin-dert, dass der Meinungs- und Informationsaustausch des-halb unterbleibt oder verändert verläuft, weil die Beteilig-ten damit rechnen müssen, dass sich staatliche Stellen indie Kommunikation einschalten und Kenntnisse über dieKommunikationsbeziehungen oder Kommunikationsin-halte gewinnen.47 Die Vorratsdatenspeicherung erhöhtnach Meinung von Datenschutzbeauftragten das Risikounerwünschter Einflussnahme auf das Kommunikations-verhalten. Verwiesen wird aus der Perspektive des Daten-schutzes auf die Gefahr der Entstehung eines Präven-tionsstaates, der seine Aktivitäten zunehmend in dasVorfeld der Gefahrenabwehr verlagert und dessen Infor-mationsbedarf deshalb weit über die durch Tatverdachtoder konkrete Gefahren gezogenen Grenzen hinaus-reicht.48 Das Bundesverfassungsgericht hat im Volkszäh-lungsurteil49 allerdings lediglich gegen eine Speicherungvon Daten auf Vorrat zu nicht konkret definierten ZielenStellung genommen. Mit diesen Vorgaben ist die Samm-lung nicht anonymisierter Daten auf Vorrat zu unbe-stimmten oder noch nicht bestimmbaren Zwecken nichtvereinbar. Ein Zwang zur Angabe personenbezogenerDaten setzt voraus, dass der Gesetzgeber den Verwen-dungszweck bereichsspezifisch und präzise bestimmt unddass die Angaben für diesen Zweck geeignet und erfor-derlich sind.50 Demgegenüber ist die Vorratsdatenspei-cherung mit dem allgemeinen Zweck der Strafverfolgung(Nutzbarkeit von personenbezogenen Daten für die Straf-verfolgung in der Zukunft) begründet. Das Bundesverfas-sungsgericht hat auch auf die Besonderheiten hingewie-sen, die sich aus der Verdecktheit bzw. Heimlichkeit derErmittlungsmethoden ergeben. Wegen der Unbemerkbar-keit der Eingriffe in das Fernmeldegeheimnis und der Un-durchsichtigkeit des anschließenden Datenverarbeitungs-vorgangs für die Betroffenen gebietet Artikel 10 GG eineKontrolle durch unabhängige staatliche Organe.51 Geradewegen der besonderen Schutzbedürftigkeit der Bürger,die aus dem Nichtwissen über einen Eingriff in ihreGrundrechte resultiert, bedarf es demnach einer effizien-ten Kontrolle der Überwachungsorgane und der Überwa-chungsmethoden.

Anlass zu rechtspolitischen Kontroversen bietet ferner dieInpflichtnahme Privater zu Strafverfolgungszwecken. Te-lekommunikationsanbieter werden bei der Telekommuni-kationsüberwachung und der Verkehrsdatenabfrage ver-pflichtet, Überwachungsmaßnahmen durchzuführen undAuskünfte zu erteilen. Strafverfolgung ist jedoch grund-sätzlich originäre Aufgabe des Staates. Die Mitwirkungan der Strafverfolgung wird teilweise als Umsetzung einerstaatsbürgerlichen Pflicht interpretiert, die staatlicheStrafverfolgung nicht zu vereiteln (vgl. § 258 StGB). EineVerantwortlichkeit wird aber auch für die Gewährleistung

43 Vgl. hierzu Directive 95/46/EC of the European Parliament and ofthe Council of 24 October 1995 on the protection of individuals withregard to the processing of personal data and on the free movementof such data; Recommendation 3/97 on anonymity on the Internet(WP 6 – 5022/97); Working Party on the Protection of Individualswith regard to the Processing of Personal Data. Second Annual Re-port. Adopted by the Working Party on 30 November 1998, DGXVD/5047/98, final; zusammenfassend Warner, University of Otta-wa Law & Technology Journal 2005.

44 Caprioli/Saadoun/Cantero, Rutgers Journal of Law & Urban Policy2006.

45 Ashworth, 2002, S. 105 f.46 BVerfGE 65, S. 157, 172; BVerfGE 85, 386, 396; BVerfGE 100,

S. 313, 358.

47 BVerfGE 100, S. 313, 359.48 Entschließung der 72. Konferenz der DSB des Bundes und der Län-

der v. 26./27. Oktober 2006, Das Gewicht der Freiheit beim Kampfgegen den Terrorismus.

49 BVerfGE 65, S. 1, 46.50 BVerfGE 65, S. 1, 46; BVerfGE 100, S. 313, 360.51 BVerfGE 30, S. 1, 23f., 30f.; BVerfGE 65, S. 1, 46; BVerfGE 67, S.

157, 185; BVerfGE 100, S. 313, 361.

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Drucksache 16/8434 – 22 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

der Strafverfolgung angenommen.52 Andere bewerten dage-gen zumindest die Tatsache, dass die Telekommunikations-anbieter teilweise auch zur Übernahme der Kosten für dieseStrafverfolgungsmaßnahmen verpflichtet sind, als Eingriffin die Berufs- und Eigentumsfreiheit. Wenn der Staat sichPrivater zur Umsetzung von Strafverfolgungsmaßnahmenbediene, dann müsse er auch die finanziellen Konsequen-zen einer solchen Inpflichtnahme Privater tragen.53

Die Aufgabe der Kontrolle der Grundrechtseingriffe wirdteilweise der Evaluation von Überwachungsmaßnahmenzugewiesen. Die Pflicht zur Evaluation gesetzlich be-gründeter Grundrechtseingriffe entsteht insbesondere imBereich der Sicherheitsgesetzgebung dann, wenn bei derEinschätzung der Geeignetheit und Erforderlichkeit vonzur Erreichung bestimmter Ziele gewählter Mittel aufUnsicherheiten in der Einschätzung komplexer (organi-sierter) Kriminalität und erwarteter Auswirkungen von Er-mittlungsbefugnissen zurückgehende Beurteilungsspiel-räume genutzt wurden.54 Denn ein Gesetz kann wegenUnsicherheiten des gegenwärtigen Erkenntnisstandes ver-fassungsmäßig sein, aber durch einen verbesserten oderdurch neue Entwicklungen veränderten künftigen Er-kenntnisstand eine veränderte Beurteilung in verfassungs-rechtlicher Hinsicht erfahren.55 Eine erfahrungsgestützteEvaluation dient demnach dazu, das zum Zeitpunkt desGesetzesbeschlusses bestehende Informationsdefizitnachträglich auszugleichen und die ursprüngliche Pro-gnose zu überprüfen.56 Auch der Bundesdatenschutzbeauf-tragte Peter Schaar misst einer unabhängigen Evaluationsowohl der Rechtsvorschriften als auch der Maßnahmenmit besonderer Eingriffstiefe eine besondere Bedeutungzu.57 Die mehrfache Befristung der Regelungen zur Ver-kehrsdatenabfrage – sowohl der Vorgängervorschrift des§ 12 FAG (Finanzausgleichgesetz) als auch der jetzigenVorschriften der §§ 100g, 100h StPO – zeigt, dass der Ge-setzgeber gerade diese Maßnahme für noch nicht ab-schließend regelungsfähig hielt und sie erst einer einge-henden Überprüfung unterziehen wollte.

D. Ziele der Untersuchung

Ziel der vorliegenden Untersuchung ist die Evaluation derVerkehrsdatenabfrage im Rahmen der §§ 100g, 100hStPO. Im Zentrum stehen die Antrags- und Anordnungs-praxis der Auskunftserteilung, die Nutzung der erteiltenAuskünfte sowie die Effizienz des Ermittlungsinstru-ments, auch in Kombination mit anderen Ermittlungs-maßnahmen. Dabei geht es um die Ermittlung vonGrunddaten zur Praxis der Anordnungen, der Anzahl derBetroffenen sowie um Anlass und Ergebnisse der Maß-nahmen. Es soll erforscht werden, in welchem Umfangdie Verkehrsdatenabfrage in der Praxis angewandt wirdund in welchem Verhältnis sie zu anderen Ermittlungsme-thoden steht. Fraglich ist, ob die Anordnungsvorausset-zungen hinreichend berücksichtigt werden und eine Be-

gründung der Maßnahmen durch Polizei und Justizerfolgt. Des Weiteren wird erhoben, welche Straftatenden Anordnungen zugrunde liegen. Von besonderem Inte-resse ist hier die Frage, ob Kinderpornographie, Organi-sierte Kriminalität und Rauschgiftdelikte die ausschlag-gebenden Deliktsbereiche darstellen, wie in derRechtspolitik hervorgehoben wird, oder ob die Schwer-punkte in anderen Kriminalitätsbereichen liegen. Von Be-deutung ist auch die Frage, ob der Eingriff durch die ver-deckte Ermittlungsmaßnahme in einem angemessenenVerhältnis zum Eingriffszweck steht und ob sie – soweitdie Zielwahlsuche (§ 100g II StPO) bzw. die Funkzellen-abfrage (§ 100h II Satz 2 StPO) betroffen sind – tatsäch-lich nur subsidiär angewandt wird. Hieraus folgt dieFrage, welche Erfolge mit der Ermittlungsmethode erzieltwerden können und ob der Eingriff in die Grundrechteder Beteiligten unter Effektivitätsgesichtspunkten ge-rechtfertigt ist. Weiter wird die Einhaltung der Benach-richtigungs- und Vernichtungspflichten Gegenstand derUntersuchungen sein. Darüber hinaus sollen rechtlicheund praktische Anwendungsprobleme erforscht sowie et-waige Schwächen und Unklarheiten der Normen der§§ 100g, 100h StPO aufgedeckt und Verbesserungsvor-schläge präsentiert werden.

Schließlich wird die Untersuchung Fragen der Einbezie-hung Privater in den Strafverfolgungsprozess, d. h. derVerpflichtung der Telekommunikationsanbieter zur Aus-kunftserteilung über Verkehrsdaten, aufgreifen. Dabei wer-den der Ablauf der Anforderung von Verkehrsdaten unddie Interaktionen zwischen Strafverfolgungsbehörden undTelekommunikationsanbietern untersucht. Ferner geht esum die Auswirkungen der Maßnahmen für die Netzbe-treiber wie beispielsweise die bei der Durchführung ent-stehenden Kosten, ohne dass es Aufgabe der vorliegendenUntersuchung sein kann, hierzu belastbare Aussagen zutreffen. Mit diesem Problemkreis hängen die – ebenfallsnicht in den Kernbereich dieser Untersuchung fallenden –Fragen zusammen, inwieweit die Indienstnahme Privaterzu Strafverfolgungszwecken verfassungsrechtlich zuläs-sig ist und ob und in welchem Umfang den Anbietern diefür sie entstandenen Kosten ersetzt werden, schließlichdie Frage, ob eine Kostentragungspflicht der Telekommu-nikationsanbieter mit dem Grundgesetz vereinbar ist.

Im Bericht werden auch Fragen der Vorratsdatenspeiche-rung und ihrer Regelungen im Regierungsentwurf (Bun-destagsdrucksache 16/5846) sowie in dem zum 1. Januar2008 in Kraft getretenen Gesetz (Bundesgesetzblatt 2007,I, Nr. 70, S. 3198) aufgegriffen.

Die Studie knüpft an die bereits abgeschlossenen Untersu-chungen des Max-Planck-Instituts für ausländisches undinternationales Strafrechts zur „Rechtswirklichkeit und Ef-fizienz der Überwachung der Telekommunikation nachden §§ 100a, 100b StPO und anderer verdeckter Ermitt-lungsmaßnahmen“ (1999 bis 2004) sowie zur „Rechts-wirklichkeit und Effizienz der akustischen Wohnraum-überwachung („großer Lauschangriff“) nach § 100c I Nr. 3StPO“ (2002 bis 2004) an. Sie ist Teil einer Schwer-punktsforschung, die sich mit der Rolle neuer und proakti-ver, präventiv ausgerichteter Ermittlungsmethoden für dieAusbildung strafrechtlicher Sozialkontrolle insbesonderein den Feldern der Transaktionskriminalität befasst.

52 Vgl. Waechter, VerwA 1996, S. 90.53 Schmidt-Preuß, 2005, S. 3.54 Weinzierl, 2006, S. 5.55 BVerfGE 90, S. 145 ff; Albers, 2005, S. 26.56 Bizer, KrimJ 2003, S. 290; vgl. zusammenfassend Blum, 2004.57 Schaar, MMR 2001, S. 714.

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 23 – Drucksache 16/8434

2. Rechtspolitische Entwicklungen und Stand der Forschung

A. Das verfassungsrechtliche Spannungs-verhältnis von Persönlichkeitsrecht und Sicherheit

Aus einer internationalen Perspektive erweist sich in denrechtspolitischen Debatten der Konflikt zwischen Privat-sphäre (privacy) und den Zugriffsmöglichkeiten auf Ver-kehrsdaten der Telekommunikation als zentral. Der Kon-flikt wird zuerst sichtbar in der Beantwortung der dieMöglichkeit des Zugriffs auf Verkehrsdaten entscheiden-den Frage, ob anonyme Telekommunikation grundsätz-lich zugelassen werden soll oder nicht. Denn eine effizi-ente Abfrage gespeicherter Verkehrsdaten ist prinzipiellnur denkbar, wenn ein anonymer Zugang zur Kommuni-kation über digitale Netze ausgeschlossen wird. Die Ent-scheidung der Europäischen Union, Verkehrsdaten derNutzung digitaler Netze zwischen sechs Monaten undzwei Jahren zu speichern, setzt deshalb voraus, dass einanonymer Zugang unzulässig ist und auch praktisch ver-hindert wird. Dabei geht es auch um die Zukunft des (an-onymen) „Prepaid“ Zugangs zur Kommunikation, dessenAnteil am Kommunikationsaufkommen ausweislich desOECD Berichts 2007 zur Entwicklung des Telekommuni-kationsmarkts in den OECD Ländern bei 42 Prozentliegt58. Insbesondere nach dem 11. September 2001 wer-den international Bestrebungen sichtbar, den Zugang zurTelekommunikation von einer Identifizierung der Nutzerabhängig zu machen und Telekommunikationsunterneh-men zu verpflichten, bei Kauf des Zugangs Nutzerdatenzu erheben und zu speichern. Die Einführung des „Knowyour Customer“ Prinzips in Telekommunikationsgesetz-gebungen hat in unterschiedlicher Art und Weise zu Erör-terungen zu den allgemeinen Beziehungen zwischen demSchutz der Privatsphäre und dem Interesse an effektiverStrafverfolgung vor allem in Fällen organisierter Krimi-nalität und des Terrorismus nach sich gezogen59. Hierauswerden bislang unterschiedliche Konsequenzen gezogen.Bislang hat sich eine Mehrheit der OECD-Länder dafürentschieden, einen anonymen Zugang zur Telekommuni-kation beizubehalten und auf die Feststellung der Identitätvon Telekommunikationsnutzern zu verzichten60. In Ka-nada und in Neuseeland haben Anhörungen zu Vorschlä-gen, Bestandsdaten zu registrieren und für Zwecke derStrafverfolgung und Gefahrenabwehr vorrätig zu halten,zum Abbruch der entsprechenden rechtspolitischen Be-strebungen geführt. Waren Konflikte zwischen dem Schutz der Privatsphäreund der Erfassung von Bestandsdaten in den Ländern derEuropäischen Union in der Vergangenheit wenig ausge-prägt61, so hat der Normgebungsprozess der Europäi-schen Union zur Vorratsspeicherung von Verkehrsdateneine noch andauernde Debatte über die Zukunft des Pri-vaten in einem durch Sicherheitsbelange geprägten politi-schen Umfeld weiter angefacht62.

Bezogen auf Deutschland werden die Bedingungen fürdie Lösung der Konflikte – und damit der Spielraum fürdie Ausgestaltung der Überwachung und ihre Grenzen –maßgeblich durch die einschlägigen grundgesetzlichenNormen determiniert. Maßgeblich sind dabei, wie bereitsangedeutet, Grundrechtspositionen sowohl der unmittel-bar und mittelbar betroffenen Kommunikationsteilneh-mer wie auch der – zwangsweise – in die Durchführungeinbezogenen Telekommunikationsunternehmen.

I. Grundrechte der Telekommunikations-teilnehmer

Durch eine Vorratshaltung von Verkehrsdaten für Zweckeder Strafverfolgung sowie durch die Mitteilung von Da-ten auf der Grundlage von § 100g I Satz 1 StPO ist zu-nächst das Fernmeldegeheimnis aus Artikel 10 GG be-troffen. Artikel 10 GG geht als spezielles Grundrecht demRecht auf informationelle Selbstbestimmung der Tele-kommunikationsteilnehmer vor63. Bestandsdaten der Te-lekommunikation unterfallen dagegen ebenso wie beinicht genutztem Mobilfunkbetrieb anfallende ortsbestim-mende Daten64 dem Schutzbereich des aus Artikel 2 inVerbindung mit Artikel 1 GG abgeleiteten Grundrecht aufinformationelle Selbstbestimmung.

1. Das Fernmeldegeheimnis

Das Fernmeldegeheimnis schützt zwar in erster Linie denKommunikationsinhalt, umfasst aber gleichfalls die Kom-munikationsumstände. Dazu gehört insbesondere, ob, wannund wie oft zwischen welchen Anschlüssen oder Endein-richtungen Telekommunikationsverkehr stattgefunden hatoder versucht worden ist.65 Demnach sind auch die Ver-kehrsdaten als Umstände der Telekommunikation vomSchutz des Fernmeldegeheimnisses erfasst. Die Auskunftüber Verkehrsdaten auf der Grundlage des § 100g StPOgreift in den Schutzbereich des Artikel 10 GG ein.

Auch nicht verdächtige Telekommunikationsteilnehmersind durch die Ermittlungsmaßnahme im Recht aus Arti-kel 10 GG tangiert. So werden bei der Zielwahlsuche ge-mäß § 100g II StPO, die auf die Ermittlung unbekannterAnschlussnummern, von denen Telekommunikationsver-bindungen zu einem Anschluss des Beschuldigten oderdes Nachrichtenmittlers nach § 100g I Satz 2 StPO herge-stellt worden sind (= eingehender Telekommunikations-verkehr)66, zielt, unbeteiligte Dritte erfasst. Zwangsläufigwird nicht nur der Anschluss des Beschuldigten oder desNachrichtenmittlers überprüft, sondern es werden auchDaten von Nichtverdächtigen in die Maßnahme einbezo-gen. Denn alle Anschlüsse werden daraufhin untersucht,ob Verbindungen zu einem bestimmten Anschluss herge-stellt worden sind. Insoweit handelt es sich um ein der

58 OECD, 2007, S. 99.59 Centre for Policy Research on Science and Technology, 2006, S. 20 ff.60 Centre for Policy Research on Science and Technology, 2006, S. 1f.61 Vgl. das Verfassungsbeschwerdeverfahren BvR 1299/05.62 Sofsky, 2007.

63 Leibholz/Rinck, 2007, Artikel 10, Rn. 3.64 BGH (Ermittlungsrichter) Beschl. v. 21. Februar 2001 – 2 BGs 42/

2001, StV 2001, S. 214; zusammenfassend Demko, NStZ 2004, S. 59 f.65 BVerfGE 67, S. 157, 172; BVerfGE 85, S. 386, 396; BVerfGE 100,

S. 313, 358; BVerfG 1 BvR 330/96, Urteil vom 12.3.2003, S. 47;Schäfer, in: Löwe-Rosenberg, 2004, § 100g Rn. 3; Leibholz/Rinck,2007, Artikel 10, Rn. 31.

66 Meyer-Goßner, 2006, § 100g Rn. 11.

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Drucksache 16/8434 – 24 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Rasterfahndung vergleichbares Verfahren, das letztlichdurch ein Ausschlussverfahren zu einem umfassendenKommunikationsprofil verdächtiger Personen führt.67

Das Bundesverfassungsgericht hat den Eingriffscharak-ter bei den durch die Zielwahlsuche erfolgenden Zugrif-fen auf Telekommunikationsverkehrsdaten nicht verdäch-tiger Personen im Ergebnis allerdings als nichtgrundrechtsrelevant eingestuft, da in der Praxis eine län-gerfristige Speicherung der Daten nur bei Treffern er-folgt.68

Nicht verdächtige Telekommunikationsteilnehmer sindauch bei der so genannten Funkzellenabfrage i. S. d.§ 100h I Satz 2 StPO in ihren Grundrechten betroffen. Beieiner Funkzellenabfrage werden sämtliche Daten der Mo-bilfunkkommunikation aus einem bestimmten Raum(Funkzelle, in die sich ein Mobiltelefon eingeloggt hat)erhoben. Dabei werden die Verbindungs- und Bestands-daten auch unverdächtiger oder nicht als Zeugen in Be-tracht kommender Personen erfasst.69 Hinsichtlich derGrößenordnung der Erfassung von Daten Unbeteiligterkommt es darauf an, auf welchen Raum sich die Funkzel-lenabfrage bezieht. Wenn beispielsweise eine Abfrage fürden Berliner Hauptbahnhof tagsüber erfolgt, werdenmehr Menschen von der Funkzellenabfrage erfasst als beider Abfrage in einer ländlichen Region. Aufschluss überGrößenordnungen geben beispielsweise anlässlich einerSitzung des Innen- und Rechtsausschusses des Schles-wig-Holsteinischen Landtags erörterte Fälle von Funkzel-lenabfragen in Ermittlungsverfahren wegen Brandstif-tungs- und Tötungsdelikten.70 Danach waren in einemBrandstiftungsverfahren etwa 700 Personen, die Mobil-telefone in einer relevanten Funkzelle zu einer bestimm-ten Zeit benutzt hatten, in die Ermittlungen einbezogenworden; in einem Verfahren wegen eines Tötungsdeliktswaren mindestens 120 Mobilfunknutzer betroffen. DieBetroffenen, so wird in der parlamentarischen Debattehervorgehoben, befanden sich erwartungsgemäß zunächstin einer Lage, in der durch zusätzliche Ermittlungen un-tersucht wurde, ob sie als Tatverdächtige, Zeugen odereben Nichtverdächtige in Betracht kommen.

2. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung

Da Artikel 10 GG als spezielles Grundrecht vorgeht,kommt für die Verkehrsdatenabfrage das Recht auf infor-mationelle Selbstbestimmung (Artikel 2 I i. V. m. 1 I GG)nicht unmittelbar in Betracht.71 Jedoch lassen sich dieGrundsätze, die sich aus dem das Recht auf informatio-nelle Selbstbestimmung ausführenden Urteil des Bundes-

verfassungsgerichts zum Volkszählungsurteil ergeben,auf den Umgang mit Verkehrsdaten anwenden.72 Danachhat der Bürger das Recht, darüber zu entscheiden, welchepersonenbezogenen Daten erhoben, verarbeitet oder Drit-ten mitgeteilt werden.73 Bei der Auskunftserteilung nach§§ 100g, 100h StPO wird in dieses Recht durch die Wei-tergabe der Daten der dazu verpflichteten Telekommuni-kationsunternehmen an die Behörden eingegriffen. DieTelekommunikationsteilnehmer können in einem solchenFall gerade nicht darüber entscheiden, ob die Daten wei-tergegeben werden oder nicht. Sie werden an diesem Ent-scheidungsvorgang nicht beteiligt. Mit der Umsetzungder Europäischen Richtlinie 2006/24/EG wird dieser Ein-griff erweitert werden. Denn auf dieser Grundlage sollenneben den Bestandsdaten auch alle wesentlichen Ver-kehrsdaten der Telekommunikation für bestimmte Zeit-räume erhoben und gespeichert werden.

3. Verfassungsrechtliche Legitimation

Eingriffe in das Fernmeldegeheimnis und in das Rechtauf informationelle Selbstbestimmung verlangen zu-nächst ein förmliches Gesetz74, das für den Fall der Ver-kehrsdatenabfrage in Gestalt der §§ 100g, 100h StPO vor-liegt. Wie bei jedem staatlichen Eingriff muss jedochauch bei der Verkehrsdatenabfrage die Verhältnismäßig-keit gewahrt sein. Gerade wegen der hohen Anzahl an un-beteiligten Betroffenen wurde im Gesetz die Verhältnis-mäßigkeit durch das Erfordernis der Subsidiarität für dieFunkzellenabfrage und die Zielwahlsuche konkretisiert.Gerade bei einer verdeckten Ermittlungsmethode, dieeine Vielzahl von Personen betrifft, spielt die Verhältnis-mäßigkeitsprüfung eine ausschlaggebende Rolle. Sie si-chert die Schaffung eines Gleichgewichts zwischen derdurch die Ermittlungsmaßnahme geförderten Sicherheitder Bürger und der dadurch gleichzeitig bewirkten Ein-schränkung der Grundfreiheiten. Die Verhältnismäßigkeitsetzt zum einen die Eignung der Maßnahme zur Verfol-gung eines legitimen Zwecks voraus. Legitimer Zweckder Ermittlungsmaßnahme ist die Strafverfolgung (unter-legt selbstverständlich mit dem Ziel, Rechtsgüterschutzzu leisten bzw. Sicherheit zu schaffen). Näher differen-ziert wird die Legitimität des Schutzzwecks durch die Be-stimmung der Einzelziele, die mit der konkreten Maß-nahme verfolgt werden. Geeignet ist die Maßnahme dann,wenn das vom Staat gewählte Mittel zur Erreichung deskonkreten Zwecks tauglich ist.75 Die Eignung lässt sichüberprüfen, in dem die Erfolgsquote der Ermittlungsme-thode bestimmt, also nachgewiesen wird, dass die Ab-frage von Verkehrsdaten die Ermittlungstätigkeit fördert.Des Weiteren setzt die Verhältnismäßigkeit voraus, dasskein milderes und gleichermaßen geeignetes Mittel zurZielerreichung vorhanden ist, die Maßnahme also erfor-derlich ist. Für dieses Element lassen sich Indikatorenbilden, die aus der Überprüfung der Effizienz der Maß-nahme und der relativen Bedeutung der Verkehrsdatenab-

67 Weßlau, ZStW 113 (2001), S. 693; kritisch unter Hinweis auf einewegen bloßer Willkürkontrolle durch Revisionsgerichte nur unzurei-chenden Wirkung der Subsidiaritätsklausel des § 100 g II StPO Wol-ter, in: SK StPO, 2006, § 100g, Rn. 8.

68 BVerfG NJW 2003, S. 1787, 1793 unter Verweis auf BVerfGE 100,S. 313, 366.

69 Schäfer, in: Löwe-Rosenberg, 2004, § 100g Rn. 28.70 Schleswig-Holsteinischer Landtag Stenographischer Dienst und Aus-

schussdienst, Niederschrift, Innen- und Rechtsausschuss, 16. WP – 5.Sitzung, 7. September 2005, S. 4ff.

71 Nack, in: Karlsruher Kommentar, 2003, § 100g Rn. 1.

72 BVerGE 65, S. 44 ff; Leibholz/Rinck, 2007, Artikel 10, Rz. 41.73 BVerfGE 65, S. 42; Holznagel/Enaux/Nienhaus, 2006, S. 254.74 Dreier, in: Dreier, 2004, Artikel 2 I Rn. 86.75 Dreier, in: Dreier, 2004, Vorb. Rn. 147.

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frage im Verhältnis zu anderen Ermittlungsmaßnahmenfolgen. Freilich können solche Indikatoren, die aus Straf-verfahrensakten, Befragung und Interview gezogen wer-den können, nicht gleichgesetzt werden mit einer direktenBeobachtung der allein auf eine einzelne Ermittlungs-maßnahme zurückführbaren Wirkungen. Eine direkte Be-obachtung und damit eine unmittelbare Entscheidung da-rüber, welche Annahme zur Erforderlichkeit zutrifft,könnte nur über ein kontrolliertes Experiment erfolgen76,in dem die Rahmenbedingungen gleich gehalten und le-diglich die Interventionen variiert werden.77 Ein kontrol-liertes Experiment ist freilich nicht durchführbar. Ent-sprechendes gilt für (weniger „harte“) Verfahren derNutzung „natürlicher“ Experimente. Die Bildung vonKontrollgruppen, die in anderen Bereichen strafrechtli-cher Interventionen (insbesondere strafrechtlicher Sank-tionen) einen, wenn auch nicht gleichwertigen, Ersatz fürkontrollierte Experimente schaffen soll, ist im Feld derempirischen Strafverfahrensforschung jedenfalls dannnicht möglich, wenn es um verdeckte Ermittlungsmetho-den geht.78 Es bleibt allein die Identifizierung geeigneterIndikatoren des Nutzens, die sich aus Dokumentenana-lyse und Interview ziehen lassen.

Schließlich muss die Maßnahme verhältnismäßig im en-geren Sinne sein. Die Antwort auf die Frage der Verhält-nismäßigkeit im Engeren setzt Abwägungen zwischenden betroffenen Interessen voraus und damit eine Evalua-tion der Eingriffsfläche und Eingriffstiefe des Instrumen-tes sowie seiner relativen Beiträge zur Förderung derstrafrechtlichen Ermittlungen. Jedoch ist diese Messungdurch die prinzipiell eröffneten empirischen Zugänge zuden Ermittlungsmaßnahmen begrenzt. Eine begleitendeBeobachtung, die um die empirischen Produkte der Er-mittlungen ergänzt wäre (und damit tatsächlich für ver-schiedene Ermittlungsmaßnahmen repräsentativ Nutzenund Eingriffstiefe erfassen könnte), kann im Feld der ver-deckten und technischen Ermittlungsmaßnahmen jedochnicht umgesetzt werden. Albers und Bize79 haben sich indiesem Punkt zur Untersuchung der Rechtswirklichkeitund Effizienz der Telekommunikationsüberwachung kri-tisch geäußert.80 Freilich ist über die in diesem Feld ein-setzbaren Methoden der Sozialforschung, nämlich Doku-mentenanalyse und Interview, nicht vollständigüberprüfungsfähig, wie die Streubreite der Maßnahmeund die Eingriffstiefe in dem von den Autoren beschrie-benen Sinne ausgestaltet sind. Albers ist beispielsweiseder Ansicht, dass festgestellt werden müsse, wie viele un-beteiligte Dritte wie häufig vom Einsatz einer Methodebetroffen sind81. Im Übrigen wäre natürlich für die Ein-griffstiefe auch entscheidend, welche Art der Kommuni-kation bzw. der Kontakte und welche Inhalte erfasst wer-den. Dies lässt sich jedoch beispielsweise bei einerFunkzellenabfrage im Bereich eines Bahnhofes über ei-

nen längeren Zeitraum schwer und vor allem nicht zuver-lässig feststellen. Ebenso wenig ist die Erhebung dieserInformation bei einer Telekommunikationsüberwachungbeispielsweise über mehrere Monate möglich. Zuverläs-sig feststellen lässt sich nur, wer unmittelbar von derMaßnahme betroffen war, d. h. der Beschuldigte, etwaigeandere Anschlussinhaber und -nutzer sowie Nachrichten-mittler. Die Argumentation von Albers und Bizer ver-kennt außerdem, welche Veränderungen die stetig wach-sende Zahl an Festnetz- und Mobilfunkanschlüssen mitsich bringt. In Zeiten der modernen Kommunikation ver-fügen die meisten Personen über mehrere Telefone bzw.Rufnummern (z. B. bei einem ISDN-Anschluss). Im Rah-men von Telekommunikationsüberwachungen und vor al-lem von Verkehrsdatenabfragen ist die Identität der in ir-gendeiner Form betroffenen Personen häufig nichtbekannt und es lässt sich kaum feststellen, wie vieleNummern einer Person zugeordnet werden können. Inso-fern wäre eine Bestimmung der Anzahl mittelbar Betrof-fener nicht präzise durchführbar. Der zweite Gesichts-punkt, der für die Angemessenheit relevant ist, beziehtsich selbstverständlich auf den Erfolg der Maßnahme.Der Erfolg kann auf verschiedenen Ebenen abgelegt sein.Auch hier stellen sich Probleme der Erfassbarkeit. Denndie Frage, ob mit dem Mittel der VerkehrsdatenabfrageMehrwert in Form von mehr Sicherheit erzeugt wird,dürfte lediglich über subjektive Einschätzungen beant-wortet werden können. Auf einer anderen Ebene liegtwiederum ein Erfolg, der sich als (kausaler) Beitrag zurÜberführung eines Tatverdächtigen (oder zur EntlastungBeschuldigter) abbilden lässt. Schließlich kann auch aneinen Erfolg gedacht werden, der sich in der simplenMachbarkeit von Überwachungsmaßnahmen äußert.82

Bei der Evaluierung der Verhältnismäßigkeit sollten auch– wie Bizer ausführt83 – nachträgliche VorkehrungenBerücksichtigung finden, die den Grundrechtseingriffmöglichst effektiv begrenzen sowie sichtbar und damitüberprüfungsfähig machen. Dies geschieht bei der Ver-kehrsdatenabfrage in Form der Benachrichtigungs- undVernichtungspflicht. Zu berücksichtigen ist, dass die Zu-ordnung der Rufnummern zu einer bestimmten Person, diefür eine Benachrichtigung notwendig wäre und meistensgar nicht vorgenommen wird, einen noch größeren Grund-rechtseingriff darstellen würde. Der Sinn der Benachrich-tigungspflicht besteht aber – auch – in einer Begrenzungdes Grundrechtseingriffs und nicht in deren Verstärkung.Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass die Evaluie-rung der Verhältnismäßigkeit von den Grenzen sozialwis-senschaftlicher Datenerhebungsmethoden, den Grenzeneines Versuchsaufbaus sowie den Besonderheiten ver-deckter Ermittlungsmethoden abhängig ist. Nicht zuletztwird dies sichtbar in der Entwicklung empirischer For-schung zu Überwachungstechniken, die ganz wesentlichbestimmt ist durch qualitative Methoden.84

76 Zusammenfassend Ortmann, 2002.77 Vgl. hierzu zusammenfassend Bremer Institut für Kriminalpolitik,

2000.78 Vgl. hierzu insbesondere Dorsch, 2005, S. 271ff.79 Albers, 2006, S. 32; Bizer, KrimJ 2003, S. 292.80 Albrecht/Dorsch/Krüpe, 2003..81 Albers, 2006, S. 32.

82 Hierzu beispw. die vom Bundesinnenministerium, 2005, vorgelegteEvaluation der Terrorismusbekämpfungsgesetze.

83 Bizer, KrimJ 2003, S. 291.84 Vgl. die in Marx, Law & Social Inquiry 2006, zusammengefasste

Forschung.

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Drucksache 16/8434 – 26 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

II. Grundrechte der Telekommunikations-anbieter

Von den Anordnungen zur Verkehrsdatenabfrage sindauch Rechte der Telekommunikationsanbieter betroffen.Gemäß § 100g I Satz 1 StPO haben diejenigen, die ge-schäftsmäßig Telekommunikationsdienste erbringen oderdaran mitwirken, aufgrund einer nach §§ 100g, 100h StPOergangenen Anordnung unverzüglich Auskunft über diein § 100g III StPO bezeichneten Telekommunikationsver-bindungsdaten zu erteilen, soweit die Auskunft für dieUntersuchung erforderlich ist. Sie müssen Auskunft ertei-len und haben im Falle der Weigerung sogar mit Sanktionenzu rechnen. Gemäß § 100h I Satz 3 i. V. m. §§ 95 II, 70 StPOkönnen gegen den Mitwirkungsverpflichteten Ordnungs-und Zwangsmittel festgesetzt werden, wenn der Mitwir-kungspflicht nicht nachgekommen wird. Insbesonderewegen der Verpflichtung zur unverzüglichen Auskunfts-erteilung kommt gar eine Strafbarkeit wegen Strafvereite-lung in Betracht.85 In Betracht kommen schließlich Ein-griffe in Artikel 12 GG und Artikel 14 GG. GemäßArtikel 19 III GG sind die Artikel 14 I GG und 12 I GGauch auf juristische Personen anwendbar.

1. Die Berufsfreiheit

Die gesetzliche Pflicht der Telekommunikationsanbieter,Auskunft über lediglich zu Rechnungszwecken gespei-cherte Daten zu erteilen, berührt die in Artikel 12 GG ver-bürgte Freiheit, die Art und Weise der Berufsausübungselbst zu bestimmen. In der Rechtsprechung des Bundes-verfassungsgerichts wird unterstrichen, dass sich die In-dienstnahme Privater für öffentliche Aufgaben auch amMaßstab des Artikel 12 I GG messen lassen muss.86

2. Das Eigentumsrecht

Artikel 14 I GG schützt nicht nur die unmittelbare Herr-schaft über den Eigentumsgegenstand, sondern auch Ver-fügungsfreiheit und Privatnützigkeit.87 Zur Umsetzungder Pflicht der Übermittlung von Verkehrsdaten an Straf-verfolgungsbehörden müssen aber Telekommunikations-anbieter in Hardware und Software investieren. Dabeihandelt es sich um die Herstellung einer Infrastruktur zurÜberwachung sowie deren dauerhafte Unterhaltung undAnpassung an technologische Entwicklungen. Sind dieentsprechenden, zur Überwachung geeigneten Einrich-tungen vorhanden, so müssen diese nach Maßgabe dergesetzlichen Vorschriften genutzt werden.88 Insoweit be-trifft die Pflicht zur Anpassung des Betriebs an Erforder-nisse der Überwachung und die Pflicht zur Übermittlungvon Verkehrsdaten die im Schutzbereich des Eigentumsliegende Eigentumsnutzungsfreiheit. Ob dies einen unzu-lässigen Eingriff in Artikel 14 I GG mit sich bringt, istumstritten.89 Für die Beurteilung von Eingriffen in Arti-

kel 14 GG geht es jedoch – wie bei Eingriffen in die Be-rufsfreiheit – prinzipiell um die Verhältnismäßigkeit.90

3. Verfassungsrechtliche LegitimationGrundsätzlich ist die Heranziehung Privater zur Erfüllungoriginär staatlicher Aufgaben nach einhelliger Auffas-sung zulässig91, wenn vernünftige Erwägungen des Ge-meinwohls die Heranziehung begründen. HerausragendeGemeinwohlbelange werden mit dem Ziel einer effekti-ven Strafverfolgung selbstverständlich angestrebt.92 Einebesondere und die Verpflichtung zu Leistungen begrün-dende Stellung der Telekommunikationsunternehmenfolgt aus ihrer ausschließlichen Verfügungsmacht überNetze und Speichermedien. Im Übrigen wird auch das In-teresse an einem wirksamen Geheimnisschutz genannt93.Die ausschließliche Verfügungsmacht sowie der Schutzder Daten der Kunden rechtfertigen daher die Indienst-nahme der Telekommunikationsunternehmen als privateRechtssubjekte.94 Die Grenze des verfassungsrechtlichZulässigen ergibt sich aus dem Grundsatz der Verhältnis-mäßigkeit.95 Umstritten ist allerdings die Frage, ob dieAuferlegung der Kosten für die Vorhaltung der Infra-struktur der Überwachung sowie für die beständige An-passung der Überwachungsinfrastruktur an den Stand derTechnik entschädigungslos erfolgen darf.

B. Die gesetzliche Regelung der Verkehrsdatenabfrage

I. EntstehungsgeschichteSeit 1. Januar 2002 ist die Verkehrsdatenabfrage in den§§ 100g, 100h StPO gesetzlich geregelt. Bis dahin befan-den sich die gesetzlichen Grundlagen außerhalb der StPO,nämlich in § 12 FAG. Diese Vorschrift wurde, wie das ge-samte Fernmeldeanlagengesetz, im Jahre 1928 geschaf-fen.96 Geändert wurde das Gesetz unter anderem im Jahr1989.97 Die Verkehrsdatenabfrage nahm zu dieser Zeit ver-ständlicherweise keine Bedeutung ein. Die fehlende prak-tische Relevanz beruhte darauf, dass im analogen Telefon-system nach Beendigung des Kommunikationsvorgangskeine Informationen mehr über den Vorgang vorhandenwaren. Dies führte zur weitgehenden Funktionslosigkeitdes § 12 FAG.98 Mit dem Prozess der Digitalisierungwuchs jedoch die Bedeutung der Verkehrsdatenabfrage,insbesondere auch deshalb, weil die Eingriffsermächti-gung keine Begrenzung auf bestimmte Straftaten ent-hielt.99 Gemäß § 12 FAG i. d. F. von 1989 konnten der

85 Nack, in: Karlsruher Kommentar, § 100g Rn. 3.86 BVerfGE 30, S. 292, 311; BVerfGE 85, S. 329, 334.87 Schmidt-Preuß, 2005, S. 8.88 Schmidt-Preuß, 2005, S. 8.89 Hammerstein, MMR 2004, S. 223; Kube/Schütze, CR 2003, S. 667.

90 Hammerstein, MMR 2004, S. 223.91 BVerfGE 30, S. 292, 311; zusammenfassend Schmidt-Preuß, 2005,

S. 29.92 Hammerstein, MMR 2004, S. 224.93 Welp, 2000, S. 136.94 Dorsch, 2005, S. 33; Welp, 2000, S. 136.95 BVerfGE 30, S. 292, 311; BVerfGE 85, S. 329, 334; Hammerstein,

MMR 2004, S. 223; Welp, 2000, S. 135.96 Gesetz über Fernmeldeanlagen v. 14. Januar 1928, RGBl. 1928 I,

S. 8 ff.97 BGBl. 1989 I, S. 1455 v. 3. Juli 1989: Bekanntmachung der Neufas-

sung des Gesetzes über Fernmeldeanlagen.98 Seitz, 2004, S. 149.99 Bär, MMR 2002, S. 358; Seitz, 2004, S. 149; vgl. auch Wolter, in: SK

StPO, 2006, § 100g Rn. 1.

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 27 – Drucksache 16/8434

Richter und bei Gefahr im Verzug auch die Staatsanwalt-schaft in strafgerichtlichen Untersuchungen Auskunftüber die Telekommunikation verlangen, wenn die Mittei-lungen an den Beschuldigten gingen oder wenn Tatsachenvorlagen, aus denen zu schließen war, dass die Mitteilun-gen von dem Beschuldigten herrührten oder für ihn be-stimmt waren. Dabei musste die Auskunft für die Untersu-chung von Bedeutung sein. Gemäß § 28 FAG, der 1994100

in das FAG eingefügt worden war, sollte das Gesetz insge-samt nach dem 31. Dezember 1997 außer Kraft treten.

§ 12 FAG war immer wieder Gegenstand verfassungs-rechtlicher Kritik. Die mangelnde Bestimmtheit der Ein-griffsvoraussetzungen wurde als bedenklich angese-hen.101 Die Regelung der Verkehrsdatenabfrage außerhalbder StPO wurde zudem als unzureichend empfunden. Ineinem Gesetzesentwurf der Bundesregierung von 1997war deshalb der Vorschlag unterbreitet worden, den Aus-kunftsanspruch in einem neuen § 99a StPO zu regeln.102

§ 99a StPO-E machte bei Verdacht einer nicht mittelsEndeinrichtung begangenen Straftat eine „Straftat vonnicht unerheblicher Bedeutung“ zur Voraussetzung.103

Ansonsten war eine zulässige Auskunft über die „näherenUmstände der Telekommunikation“ für jede Straftat imFalle der Erforderlichkeit der Auskunft für die Erfor-schung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufent-haltsortes des Beschuldigten vorgesehen. Durch Artikel 2Abs. 35 des Begleitgesetzes zum TKG (BegleitG)104

wurde jedoch die Geltungsdauer der Regelung des § 12FAG bis zum 31. Dezember 1999 verlängert, da ein Kon-sens im Hinblick auf eine Nachfolgeregelung nicht erzieltwerden konnte. Die Verlängerung stand unter der Bedin-gung der Vorlage eines neuen Entwurfs zu § 99a StPO biszum 30.4.1998 durch die Bundesregierung.105 Dabei soll-ten insbesondere die Berufsgeheimnisse angemessen ab-gesichert werden. Nach ergebnislosem Verstreichen derFrist wurde die Geltung des § 12 FAG bis zum 31. De-zember 2001 ausgedehnt.106 Gleichzeitig wurde Absatz 2des § 12 FAG eingeführt, der §§ 100b VI und § 101 I Satz 1StPO für entsprechend anwendbar erklärte und damit dieVernichtungs- und Benachrichtigungspflicht auf die Ab-frage von Verkehrsdaten erstreckte.107 Erst Ende 2001 ent-schloss sich der Gesetzgeber zu einer Neuregelung, die diebesondere Ermittlungsmaßnahme der Verkehrsdatenabfragesystematisch in den strafprozessualen Regelungskontext der

Normen über die Telekommunikationsüberwachung ein-gliedert. Dabei sollten die Anordnungsvoraussetzungenfür den Auskunftsanspruch im Interesse wirksamenGrundrechtsschutzes maßvoll angehoben werden.108 DieNachfolgebestimmungen in Gestalt der §§ 100g, 100hStPO traten am 1. Januar 2002 in Kraft.109

Der Inhalt der Bestimmungen wurde gegenüber der Vor-gängerregelung in mehreren Punkten verändert. Zum ei-nen bedarf es nunmehr in Fällen der Eilanordnung derAuskunftserteilung (Gefahr im Verzug) durch die Staats-anwaltschaft einer Bestätigung der Eilmaßnahme inner-halb einer Frist von drei Tagen durch den Richter. Außer-dem wird die Auskunftsanordnung auch über zukünftiggespeicherte Telekommunikationsverkehrsdaten zugelas-sen. Begründet wurde dies mit dem Interesse an einerwirksamen Strafrechtspflege.110 Zudem wurden die Vo-raussetzungen der „Straftat von erheblicher Bedeutung“oder „mittels Endeinrichtung begangenen Straftat“ in denGesetzestext aufgenommen. Die Geltungsdauer der Re-gelungen wurde zunächst auf den 31. Dezember 2004 be-fristet. Bis zu diesem Zeitpunkt sollte ursprünglich eineGesamtnovellierung der §§ 100a ff. StPO mit dem Zielerfolgen, ein harmonisches System aller verdeckten Er-mittlungsmaßnahmen zu schaffen und insbesondere fürdie Berücksichtigung der Zeugnisverweigerungsrechte eingeschlossenes Regelungskonzept vorzulegen.111 Da dieGesamtnovelle Ende 2004 noch nicht realisiert war,wurde die Geltungsdauer der §§ 100g, 100h StPO nocheinmal bis zum 31. Dezember 2007 verlängert.112

In seiner 132. Sitzung vom 21. Oktober 2004 forderte derBundestag dann die Bundesregierung dazu auf, bis zum30. Juni 2007 einen Erfahrungsbericht über die praktischeUmsetzung des „Gesetzes zur Verlängerung der Gel-tungsdauer der §§ 100g, 100h StPO“ und der §§ 100g,100h StPO seit deren Einführung vorzulegen und dabeiAnlass, Ergebnisse und die Anzahl der Betroffenen derMaßnahmen zu berücksichtigen.113 Dieser Entschlie-ßungsantrag wurde vom Rechtsausschuss des Bundesta-ges einstimmig angenommen. Der Antrag enthält sowohlden Auftrag, die bisherige Rechtswirklichkeit der An-wendung der genannten Rechtsnormen zu überprüfen, alsauch die Aufforderung, ein Konzept über ihre zukünftigeVerwendungspraxis zu erstellen.

Ein solcher Erfahrungsbericht kann nur auf der Grund-lage einer systematischen, empirischen Untersuchung derMaßnahmen nach §§ 100g, 100h StPO erstellt werden.Hierfür hat das Bundesministerium der Justiz dem Max-Planck-Institut für ausländisches und internationalesStrafrecht den Auftrag zur Durchführung einer An-

100 BGBl. 1994 I, S. 2325, 2368: Artikel 5 Nr. 20 des Gesetzes zur Neu-ordnung des Postwesens und der Telekommunikation vom 14. Sep-tember 1994.

101 Bundestagsdrucksache 14/7008, S. 1 v. 1. Oktober 2001; Bundes-tagsdrucksache 14/7679, S. 1 v. 28. November 2001; Wollweber,NJW 2002, S. 1554.

102 Bundesratsdrucksache 369/97; Bundestagsdrucksache 13/8016, S. 9v. 23. Juni 1997.

103 Bundesratsdrucksache 369/97, S. 13; Bundestagsdrucksache 13/8016,S. 9 v. 23. Juni 1997.

104 BGBl. I 1997, S. 3108, 3118; Bundestagsdrucksache 13/8776, S. 27.105 Bundestagsdrucksache 13/8776, S. 32; Bär, MMR 2002, S. 359.106 BGBl. I 1999 Nr. 57, S. 2491, 2492: Gesetz zur strafverfahrensrecht-

lichen Verankerung des Täter-Opfer-Ausgleichs und zur Änderungdes FAG v. 20.12.1999, Artikel 4 Nr. 2.

107 BGBl. I 1999 Nr. 57, S. 2491, 2492: Gesetz zur strafverfahrensrecht-lichen Verankerung des Täter-Opfer-Ausgleichs und zur Änderungdes FAG v. 20. Dezember 1999, Artikel 4 Nr. 1.

108 Bundestagsdrucksache 14/7679, S. 1.109 BGBl. I 2001 Nr. 73, S. 3879: Gesetz zur Änderung der StPO

v. 20. Dezember 2001.110 Bundestagsdrucksache 14/7679, S. 2.111 Bundesratsdrucksache 702/01, S. 10, 11.112 BGBl. I 2004 Nr. 66, S. 3231: Gesetz zur Verlängerung der Geltungs-

dauer der §§ 100g, 100h StPO v. 9. Dezember 2004; Bundestags-drucksache 15/3349, S. 1, 6.

113 Bundestagsdrucksache 15/3971, S. 3f. (Beschlussempfehlung v.20. Oktober 2004).

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Drucksache 16/8434 – 28 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

schlussstudie zur „Rechtswirklichkeit der Auskunftsertei-lung über Telekommunikationsverkehrsdaten nach§§ 100g, 100h StPO“ erteilt. Die Ergebnisse dieser Studiesollen Aufschluss über die Anwendungspraxis der Ver-kehrsdatenabfrage, ihre Probleme und ihre Effizienz,auch in Kombination mit anderen Telekommunikations-überwachungsmaßnahmen, geben.

II. Begriff der Verbindungs- bzw. Verkehrs-daten

Mit jedem Telekommunikationsvorgang fallen Verkehrs-daten an.114 Bei der herkömmlichen analogen Übertragunggehen diese Daten mit der Beendigung der Verbindungverloren. Demgegenüber erzeugt die digitale Vermitt-lungstechnik für jede Kommunikation einen Datensatz,der zumindest kurzfristig gespeichert wird.115 Während in§ 100g StPO noch der Begriff „Verbindungsdaten“ ver-wendet wird, ist im Telekommunikationsgesetz (TKG)von „Verkehrsdaten“ die Rede. Mit beiden Begriffen sinddieselben Daten gemeint. Der Begriff der Verkehrsdatenersetzt den bisherigen Begriff der Verbindungsdaten.116

Der Begriff der Verkehrsdaten wird in § 3 Nr. 30 TKG de-finiert. Danach sind Verkehrsdaten solche Daten, die beider Erbringung eines Telekommunikationsdienstes erho-ben, verarbeitet oder genutzt werden. Detaillierte Infor-mationen zum Inhalt des Verkehrsdatenbegriffs sind in§ 100g III StPO und in § 96 I TKG enthalten. Gemäߧ 100g III StPO sind Telekommunikationsverbindungsda-ten im Falle einer Verbindung Berechtigungskennungen,Kartennummern, Standortkennung sowie Rufnummeroder Kennung des anrufenden und angerufenen An-schlusses oder der Endeinrichtung, Beginn und Ende derVerbindung nach Datum und Uhrzeit, vom Kunden inAnspruch genommene Telekommunikationsdienstleis-tung sowie Endpunkte festgeschalteter Verbindungen, ihrBeginn und ihr Ende nach Datum und Uhrzeit. DieseAufzählung orientiert sich an den früheren Vorschriftendes TDSV117 und erfasst damit diejenigen Verkehrsdaten,die grundsätzlich erhoben, verarbeitet und genutzt wer-den dürfen.118 Nicht von § 100g StPO erfasst sind dage-gen Teledienstenutzungsdaten.119

Unter dem Begriff Kennung versteht man insbesonderedie IMEI-Nummer (International Mobile EquipmentIdentification = elektronische Gerätekennung von Mobil-telefonen, die im Rahmen der Telekommunikation über-tragen wird) sowie die IP-Adressen von Computern, dieeinen Zugang zum Internet herstellen.120 Bei den IP-Adressen ist zwischen dynamischen und statischenAdressen zu unterscheiden. Während eine statische IP-Adresse einem Nutzer dauerhaft zugewiesen ist, werden

dynamische IP-Adressen für jede Verbindung, die denZugang zum Internet herstellt, neu vergeben.121 Die sogenannte Standortkennung,122 die den Ort des Mobilfunk-geräts bestimmt, wird ebenfalls registriert. Bei Mobiltele-fonen wird zusätzlich die IMSI (International MobileSubscriber Identity = die auf der SIM-Karte abgelegteTeilnehmeridentifikationsnummer) gespeichert.123 EineE-Mail-Adresse stellt ebenfalls eine Kennung dar.124 DerInhalt der Betreffzeile und die Bezeichnung etwaiger An-lagen zur E-Mail können dagegen nicht nach §§ 100g,100h StPO herausverlangt werden, da sie zum Inhalt derKommunikation gehören und damit nur § 100a StPO un-terfallen.125

Die in § 100g III Nr. 1 StPO enthaltene Auskunftspflichterfasst nur Daten, die „im Fall einer Verbindung“ entstan-den sind. Ausgeschlossen sind daher Daten, die im Rah-men eines erfolglosen Versuches einer Kommunikationanfallen.126 Besondere Aufmerksamkeit wird durch denStand-by-Betrieb eines Mobilfunkgeräts entstehenden(„geografischen“) Daten zuteil.127 Jedes Mobilfunknetzist in Funkzellen, d. h. geographisch umschriebene Berei-che, unterteilt, in denen eine funktechnische Versorgungstattfindet.128 Ein auf Stand-by-Betrieb gestelltes Mobil-telefon meldet sich in der Funkzelle an, in der es sich be-findet,129 und kann daher lokalisiert werden.130 Auf derGrundlage der geografischen Daten kann ohne weiteresein (zeitnahes) Bewegungsbild erstellt werden. Ein Bun-desgerichtshof-Ermittlungsrichterbeschluss hat im Jahr2001 angenommen, dass §§ 100a, 100b StPO die Über-wachung von Mobiltelefonen im Bereitschaftsmodus er-lauben.131 Danach sind die Netzbetreiber verpflichtet, diezur Standortbestimmung des Mobiltelefons erforderli-chen geographischen Daten der betroffenen Funkzellenunabhängig von der Nutzung des Mobiltelefons zur Kom-munikation herauszugeben.132 Nach der Gesetzesbegrün-dung zu §§ 100g, 100h StPO sind jedoch Auskünfte überAktivmeldungen von Mobiltelefonen in „stand-by“-Funktion im Rahmen der Verkehrsdatenabfrage aus-geschlossen.133 Auf eine Erweiterung der §§ 100g,100h StPO um Stand-by generierte geografische Datenwurde wegen der hierdurch bedingten Vertiefung desEingriffs verzichtet.134 Die eindeutige Entscheidung für

114 Nack, in: Karlsruher Kommentar, 2003, § 100a Rn. 13.115 Nack, in: Karlsruher Kommentar, 2003, § 100a Rn. 13.116 Piepenbrock, in: Beck’scher TKG-Kommentar, § 3 Rn. 66.117 Aufgehoben durch § 152 II TKG vom 25. Juni 2004 (BGBl. I 2004

Nr. 29, S. 1190, 1242).118 Bundestagsdrucksache 14/7008, S. 7; Meyer-Goßner, § 100g Rn. 4;

Piepenbrock, in: Beck’scher TKG-Kommentar, 2006, § 3 Rn. 66.119 Nack, in: Karlsruher Kommentar, 2003, § 100g Rn. 8.120 Bundestagsdrucksache 14/7008, S. 7; Meyer-Goßner, 2006, § 100g

Rn. 4; Pfeiffer, 2005, § 100g Rn. 6.

121 Königshofen, in: BKA (Hrsg.), 2004, S. 75.122 Nack, in: Karlsruher Kommentar, 2003, § 100a Rn. 13.123 Nack, in: Karlsruher Kommentar, 2003, § 100a Rn. 13.124 Wohlers/Demko, StV 2003, S. 243.125 Seitz, 2004, S. 163.126 Welp, GA 2002, S. 554; Wohlers/Demko, StV 2003, S. 243.127 Demko, NStZ 2004, S. 57ff.128 Artkämper, Kriminalistik 1998, S. 202; vgl. auch Danckwerts, CR

2002, S. 540.129 Artkämper, Kriminalistik 1998, S. 202; Demko, NStZ 2004, S. 57;

Welp, GA 2002, S. 553; vgl. auch Deckers, StraFo 2002, S. 112.130 Weßlau, ZStW 113 (2001), S. 688.131 Ermittlungsrichter des BGH, Beschluss v. 21. Februar 2001 § 2 BGs

42/2001; BGH NJW 2001, S. 1587; BGH NStZ 2002, S. 103.132 Ermittlungsrichter des BGH, Beschluss v. 21. Februar 2001 § 2 BGs

42/2001, S. 3.133 Bundestagsdrucksache 14/7008, S. 7.134 Bundesratsdrucksache 702/01, S. 8; Keller, Die Polizei 2005, S. 112;

Meyer-Goßner, 2006, § 100g Rn. 5.

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 29 – Drucksache 16/8434

die Beschränkung auf den Fall einer Verbindung in§ 100g III StPO schließt aus, dass Stand-by generierte ge-ografische Daten in den Geltungsbereich der Ermittlungs-maßnahme der Verkehrsdatenauskunft fallen.135 Die geo-grafischen Daten haben freilich aus der Perspektive vonErmittlungsmaßnahmen – unabhängig, ob sie außerhalboder anlässlich von Kommunikationsvorgängen zustandekommen – auch die Funktion der Observierung des Mo-biltelefons (eingeschränkt auf die Beobachtung vonräumlichen Bewegungen und der Vornahme von Kommu-nikation).136 Die aus Kommunikationstechnologie undelektronischer Datenverarbeitung resultierenden Informa-tionen sind multi-funktional und können in jeweils ange-passter Art und Weise in die Ermittlungsmaßnahmen derObservation, der Telekommunikationsüberwachung undder Rasterfahndung eingeordnet werden. Dies gilt im Üb-rigen auch für die Datensysteme des elektronischen Zah-lungsverkehrs bzw. der Kreditkartenorganisationen, dienicht nur Informationen über wirtschaftliche Transaktio-nen, sondern Bewegungsbilder und Handlungsmuster ab-bilden.

Der Anspruch auf Auskunftserteilung beschränkt sich aufsolche Daten, die seitens der Diensteanbieter auf Grundbestehender Regelungen zulässigerweise erhoben und ge-speichert werden.137 Das sind nach § 96 II TKG nur sol-che Daten, die zum Aufbau von Verbindungen, zur Ent-geltermittlung und Entgeltabrechnung, zur Erstellungeines Einzelverbindungsnachweises, zur Erkennung bzw.Beseitigung von Störungen von Telekommunikationsleis-tungen oder von Missbrauch von Telekommunikations-diensten, benötigt werden.

Von den Verkehrsdaten sind die Bestandsdaten zu unter-scheiden. Bestandsdaten sind nach § 3 Nr. 3 TKG Dateneines Teilnehmers, die zur Begründung, inhaltlichenAusgestaltung, Änderung oder Beendigung eines Ver-tragsverhältnisses über Telekommunikationsdienste er-hoben werden. Erfasst werden dabei insbesondere Nameund Anschrift des Kunden.138 Dabei entstehen Unsicher-heiten in der Grenzziehung zwischen Verkehrsdaten undBestandsdaten insbesondere bei dynamischen IP-Adres-sen. Hier stellt sich die Frage, ob Name und Anschriftder hinter einer dynamischen IP-Adresse stehendenPerson zu den Verkehrs- oder zu den Bestandsdatenzählen. Während bei Personendaten hinter statischenIP-Adressen Einigkeit darüber besteht, dass es sich umBestandsdaten handelt139, ist die Zuordnung bei dyna-mischen IP-Adressen sowohl in Rechtsprechung alsauch in Literatur und ferner zwischen den Beteiligten

der Verkehrsdatenabfrage umstritten.140 Die Betrachtungeiner dynamischen IP-Adresse als Bestandsdatum stütztsich im Wesentlichen auf den Gedanken, dass mit demWissen über die Kennung eines an einem Telekommuni-kationsvorgang beteiligten Endgerätenutzers auch derbetreffende Anschlussinhaber eindeutig und unverwech-selbar individualisiert ist.141 Da der Kommunikations-vorgang selbst bereits bekannt ist, so wird nunmehr an-genommen, komme es nur mehr auf die Konkretisierungder Identität durch Namen und Anschrift an.142 Tatsäch-lich sprechen die technischen und betrieblichen Rah-menbedingungen zunächst dafür, dynamische und stati-sche IP-Adressen gleich zu behandeln. Der Bedarf anNutzung dynamischer Adressen folgt aus einer begrenz-ten Anzahl von Zugangsprovidern insgesamt zur Verfü-gung stehenden Adressen. Hierdurch wird erst eineDifferenzierung in der praktischen Nutzung der Kom-munikationsverbindungen erzeugt, die sich jedoch imnormativen Gefüge der §§ 113 I Satz 1 TKG, 100g StPOnicht wiederfindet. Dem steht die Argumentation gegen-über, dass allein durch die Kombination einer dynami-schen IP-Adresse mit Verkehrsdaten eben noch keinenAufschluss über eine einem bestimmten Anschlusszuordnungsfähige Kommunikation gegeben wird. Erstdie nachträgliche Herstellung der Zusammenhänge zwi-schen dynamischer IP-Adresse, Verkehrsdaten undBestandsdaten erlauben demnach einen Zugriff auf diein den Schutzbereich des Artikel 10 GG fallendenKommunikationsumstände.143 An den die Kommuni-kationsumstände begründenden Verkehrsdaten sindzwar Strafverfolgungsbehörden nicht primär interes-siert, doch ändert dies nichts daran, dass die Bestands-daten in diesem Fall mit den Verkehrsdaten so vermengtsind, dass nur IP-Adresse, Verbindung und Bestands-daten eine (umfassende) Information ergeben, aus dersich dann wiederum eindeutige Informationsbruch-stücke (wie Name und Adresse einer Person) lösen las-sen.144

III. Delikte und Verdachtsgrad

Gemäß § 100g I Satz 1 StPO ist Voraussetzung für eineAuskunftserteilung der Verdacht, dass jemand als Täteroder Teilnehmer eine Straftat von erheblicher Bedeutung,insbesondere eine der in § 100a Satz 1 StPO genannten

135 Überzeugend Demko, NStZ 2004, S. 57ff; vgl. im Übrigen Hoeren,wistra 2005, S. 3; Meyer-Goßner, 2006, § 100g Rn. 4; Piepenbrock,in: Beck’scher TKG-Kommentar, 2006, § 3 Rn. 66; Wohlers/Demko,StV 2003, S. 242; Keller, Die Polizei, 2005, S. 113.

136 Gercke, Bürgerrechte & Polizei/CILIP 71(2002), S. 24; Demko,NStZ 2004, S. 57f.

137 Hoeren, wistra 2005, S. 3; Meyer-Goßner, 2006, § 100g Rn. 4; Pie-penbrock, in: Beck´scher TKG-Kommentar, 2006, § 3 Rn. 66; Wohl-ers/Demko, StV 2003, S. 242.

138 Nack, in: Karlsruher Kommentar, 2003, § 100a Rn. 16.139 LG Hamburg, MMR 2005, S. 711, 712; Sankol, MMR 2006, S. 363.

140 Bundestagsdrucksache 14/7008, S. 7; LG Hamburg, MMR 2005,S. 711; LG Stuttgart, NJW 2005, S. 614; LG Stuttgart, DuD 2005,S. 232; LG Würzburg, NStZ-RR 2006, S. 46; Meyer-Goßner, 2006,§ 100g Rn. 4; Pfeiffer, 2005, § 100g Rn. 6; Sankol, JuS 2006, S. 702;Sankol, MMR 2006, S. 365; für die Einstufung als VerkehrsdatumLG Bonn, DuD 2004, S. 628; LG Ulm, CR 2004, S. 35; Bock, in:Beck’scher TKG-Kommentar, 2006, § 113 Rn. 24; Hoeren, 2004,Rn. 192; Nack, in: Karlsruher Kommentar, 2003, § 100a Rn. 13.

141 LG Hamburg, MMR 2005, S. 711, 712; LG Stuttgart, DuD 2005,S. 232, 233; LG Stuttgart, NStZ 2005, S. 285, 286; LG Würzburg,NStZ-RR 2006, S. 46, 47.

142 LG Würzburg, NStZ-RR 2006, S. 46, 47; LG Stuttgart, NStZ 2005,S. 285, 286; so auch Sankol, MMR 2006, S. 364.

143 Schramm, DuD 2006, S. 787.144 LG Bonn, DuD 2004, S. 628, 629; Bock, in: Beck’scher TKG-Kom-

mentar, 2006, § 113 Rn. 24; Köbele, DuD 2004, S. 609; Königshofen,in: BKA (Hrsg.), 2004, S. 75.

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Drucksache 16/8434 – 30 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Straftaten, oder eine Straftat mittels einer Endeinrich-tung begangen hat. Dabei genügt wie bei anderen ver-deckten Ermittlungsmaßnahmen ein sogenannter gestei-gerter Anfangstatverdacht,145 der sich aus Umständenergibt, die nach der Lebenserfahrung in erheblichemMaße darauf hindeuten, dass jemand als Täter oder Teil-nehmer eine Katalogtat oder eine andere unter § 100g IStPO subsumierbare Straftat begangen hat; der Tatver-dacht muss weder dringend noch vollständig konkreti-siert sein.146

1. Straftat von erheblicher Bedeutung

Weitere Voraussetzung ist das Vorliegen einer Straftatvon erheblicher Bedeutung. Die Straftat muss mindes-tens dem Bereich der mittleren Kriminalität zuzurech-nen sein, den Rechtsfrieden empfindlich stören unddazu geeignet sein, das Gefühl der Rechtssicherheit derBevölkerung erheblich zu beeinträchtigen.147 Für dieBestimmung der erheblichen Bedeutung ist auf denkonkreten Einzelfall abzustellen.148 Konkretisiert wirdder unbestimmte Rechtsbegriff „Straftat von erheblicherBedeutung“ durch einen (nicht ausschließenden) Ver-weis auf den Straftatenkatalog des § 100a Satz 1 StPO.149

Nach dem Willen des Gesetzgebers sollen durch denBezug auf die in § 100a StPO genannten Straftaten dieAnordnungsvoraussetzungen des Auskunftsanspruchsweiter präzisiert und „die für eine sachgerechte Anwen-dung der Vorschrift erforderliche Flexibilität“ erhaltenwerden.150 Diese Form der Präzisierung war bei Einfüh-rung der Vorschriften umstritten. Nach den Vorstellun-gen des Bundesrats sollte der Bezug auf die Katalog-delikte der Telekommunikationsüberwachung in § 100g ISatz 1 StPO entfallen, da der Verweis auf § 100a StPOim Ergebnis zu einer „kontraproduktiven Einschrän-kung“ führe und eine flexible Anwendung unnötig er-schwere. Durch das Kriterium der Straftaten von erheb-licher Bedeutung werde eine durch die Tatschweregeleitete Begrenzung der Anwendung ausreichend ge-währleistet.151 Dabei wird auch auf eine im Vergleichzur Telekommunikationsüberwachung nach §100a StPOgeringere Eingriffstiefe der Verkehrsdatenabfrage abge-stellt.152

Wegen Unbestimmtheit hat der Begriff der „Straftat vonerheblicher Bedeutung“ freilich teilweise auch Kritik auf

sich gezogen.153 Danach resultiert aus dem Verweis aufden Katalog des § 100a StPO die Gefahr ausgedehnterWertungsspielräume.154 Hinzu tritt eine kritische Betrach-tung bereits des Katalogs des § 100a StPO, dem verein-zelt ein Potential für allgemeine Aussagen über den ge-forderten Deliktscharakter abgesprochen wird.155 Jedochwird auch eine Übertragung des § 100a-Katalogs auf§ 100g StPO befürwortet.156 Das Bundesverfassungsge-richt hat indessen die Verwendung des Begriffs „Straftatvon erheblicher Bedeutung“ wiederholt nicht beanstandetund konkrete Vorgaben für die Ausfüllung des Begriffsaufgestellt 157.

2. Straftat, die mittels einer Endeinrichtung begangen wurde

§ 100g I Satz 1 StPO erlaubt die Abfrage der Verkehrsda-ten neben Straftaten von erheblicher Bedeutung auch beiDelikten, die mittels Endeinrichtung begangen wurden.Der Verweis auf die Definition des Begriffes der Endein-richtung in § 3 Nr. 3 TKG a. F. ist freilich überarbeitungs-bedürftig, da in § 3 Nr. 3 TKG n. F. heute der Begriff derBestandsdaten festgelegt wird.

Straftaten werden mittels einer Endeinrichtung begangen,wenn das Telefon, das Faxgerät oder der Internetzugangdes Computers eingesetzt werden.158 Denkbar sind hier-bei zum einen die typischen Internetstraftaten wie dasAusspähen von Daten, Datenmanipulation und Urheber-rechtsverletzungen. Daneben kommt die Verbreitung por-nographischer Bilder oder extremistischer Schriften inBetracht. Ferner fallen Betrugshandlungen bei Internet-auktionen oder mittels Telekommunikation begangeneBeleidigungen, Bedrohungen, Stalkingstraftaten oder Er-pressungen unter die Fallgruppe „Endeinrichtungen“ des§ 100g I StPO. In diesen Fällen ist die Verkehrsdaten-abfrage selbstverständlich ein zentrales Instrument derSachverhaltsaufklärung und Beweissicherung.159

Eine bloße Randbedeutung kommt der Frage zu, ob auchdie Straftaten, die mittels Endeinrichtung begangen wor-den sind, von erheblicher Bedeutung sein müssen. Nachvorherrschender Meinung in Rechtsprechung und Litera-tur bedarf es hier freilich keiner erheblichen Bedeu-tung.160 Denn der Gesetzestext stellt eindeutig fest, dasses sich um alternative Möglichkeiten handelt.161 DieseAuslegung entspricht dem Willen des Gesetzgebers, dem

145 Meyer-Goßner, 2006, § 100g Rn. 6; vgl. auch Bundestagsdrucksache14/7008, S. 6.

146 Nack, in: Karlsruher Kommentar, 2003, § 100a Rn. 22; Seitz, 2004,S. 158.

147 BVerfGE 103, S. 21, 34; Bundestagsdrucksache 13/10791, S. 5;Schäfer, in: Löwe-Rosenberg, 2004, § 100g Rn. 13; Seitz, 2004,S. 153.

148 Schäfer, in: Löwe-Rosenberg, 2004, § 100g Rn. 13; Seitz, 2004,S. 153.

149 Vgl. BGH NStZ 2001, S. 598; Nack, in: Karlsruher Kommentar,2003, § 100g Rn. 4.

150 Bundestagsdrucksache 14/7008, S. 6; Bundestagsdrucksache 14/7258,S. 4.

151 Bundestagsdrucksache 14/7258, S. 1.152 Bundestagsdrucksache 14/7258, S. 1.

153 Welp, GA 2002, S. 539; Wohlers/Demko, StV 2003, S. 245.154 Wohlers/Demko, StV 2003, S. 245.155 Welp, GA 2002, S. 540.156 Wohlers/Demko, StV 2003, S. 245; vgl. auch Welp, GA 2002, S. 538.157 BVerfGE 103, S. 21ff, S. 34; 109, S. 279ff, S. 344.158 Schäfer, in: Löwe-Rosenberg, 2004, § 100g Rn. 14; Meyer-Goßner,

2006, § 100g Rn. 6; Welp, GA 2002, S. 540.159 Schäfer, in: Löwe-Rosenberg, 2004, § 100g Rn. 14.160 LG Ulm, Anmerkung Bär, MMR 2004, S. 187; LG Wuppertal, MMR

2002, S. 560; Bock, in: Beck´scher TKG-Kommentar, 2006, § 88 Rn.37; Lüken, Die Polizei 2002, S. 224; Welp, GA 2002, S. 540.

161 Nack, in: Karlsruher Kommentar, 2003, § 100g Rn. 4; Schäfer, in:Löwe-Rosenberg, 2004, § 100g Rn. 14; Seitz, 2004, S. 152; Welp,GA 2002, S. 540.

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 31 – Drucksache 16/8434

es auch auf die Aufklärbarkeit weniger schwerwiegenderDelikte wie z. B. beleidigender Anrufe ging, wenn für dieUntersuchungen im Wesentlichen nur Verkehrsdaten er-folgversprechende Anhaltspunkte bieten.162 Wenn gleich-wohl die Gesetzesformulierung als „sprachlich nicht ge-lungen163„, als „etwas unklar formuliert164„ oder als„grammatikalisch unvollständig165„ bezeichnet wird166,dann lässt sich dies als Aufforderung an den Gesetzgeberinterpretieren, eine sprachliche Überarbeitung einzulei-ten.

IV. Arten der Verkehrsdatenabfrage

Die Verkehrsdatenabfrage bezieht sich auf verschiedeneTypen von Verkehrsdaten. Einerseits kann sich die Ab-frage auf bereits entstandene Daten beziehen und auf ei-nen Zeitraum in der Vergangenheit erstrecken. Die Ab-frage von Verkehrsdaten, die bereits entstanden sind, istin § 100g I Satz 1 StPO geregelt, diejenige von in der Zu-kunft entstehenden Daten ist in § 100g I Satz 3 StPO an-gesprochen.

Zukünftige Verkehrsdaten werden sowohl von § 100aStPO als auch von § 100g StPO erfasst.167 Im Rahmen derTelekommunikationsüberwachung werden Gesprächspro-tokolle erstellt, aus denen sich die Verkehrsdaten, ein-schließlich der geografischen Daten, ergeben.168 Jedochkann nicht davon ausgegangen werden, dass mit der Aus-dehnung der Verkehrsdatenabfrage gemäß §§ 100g, 100hStPO auch auf zukünftige Daten (im Gegensatz zu § 12FAG) §§ 100a, 100b StPO eine Anpassung dahingehenderfahren hätten, dass nur noch zukünftige Inhaltsdatenund nicht mehr Verkehrsdaten davon erfasst würden.169

Mit der Überwachung der Telekommunikation werdenauch Verkehrs- und geografische Daten erhoben. Im Üb-rigen sind die Anforderungen an die Telekommunika-tionsüberwachung im Vergleich zur Abfrage von Ver-kehrsdaten immer noch erhöht (wenngleich angeglichen),sodass es auch aus dieser Perspektive keinen Sinnmachte, die Verkehrsdaten aus der Anordnung der Tele-kommunikationsüberwachung herauszulösen.

Weitere Anwendungsbereiche sind die Zielwahlsucheund die Funkzellenabfrage. Gemäß § 100g II Satz 1 StPOdarf die Erteilung einer Auskunft darüber, ob von einemTelekommunikationsanschluss Verbindungen zu den in§ 100g I Satz 2 StPO genannten Personen hergestellt wor-den sind, angeordnet werden (Zielwahlsuche). Insoweitsollen solche noch unbekannte Anschlussnummern ermit-

telt werden, von denen Telekommunikationsverbindun-gen zu einem Anschluss hergestellt worden sind.170 ImRahmen der Ermittlung der herauszugebenden Verkehrs-daten müssen deshalb die Telekommunikationsverbin-dungen aller Kunden einbezogen und, ähnlich einer Ras-terfahndung, auf die Herstellung von Verbindungen zudem in der Anordnung angegebenen Anschluss abgegli-chen werden.171 Dieser Verarbeitungsschritt ist notwen-dig, weil Verkehrsdaten nur zu Abrechnungszwecken ge-speichert werden.172 Da der Kommunikationspartner desAnschlussinhabers aber dem Anbieter (abgesehen vonAnrufen aus dem Ausland) kein Entgelt schuldet, werdendie eingehenden Verkehrsdaten nicht gespeichert.173 DieSuchläufe werden von den großen Anbietern täglich fürmehrere Anfragen durchgeführt.174 Der Abgleich umfasstdamit alle Verkehrsdaten des deutschen Telekommuni-kationsverkehrs mit der Folge, dass diese Daten einer„permanenten strafprozessualen Kontrolle“ unterlie-gen175. Wegen der Reichweite der Zielwahlsuche hat derGesetzgeber eine besondere Subsidiaritätsklausel einge-fügt. Das Bundesverfassungsgericht176 hat allerdings an-genommen, dass ein Eingriff in Rechte Dritter nicht vor-liege, weil der Zugriff auf deren Daten nur flüchtig sei.Denn alle nicht betroffenen Telekommunikationsteilneh-mer werden unmittelbar aus dem Verfahren ausgeschie-den und eine Speicherung von Daten erfolgt nur im Fallevon Treffern. Aus einer anderen Perspektive werden so-dann die aktive Rolle der Telekommunikationsunterneh-men an den Ermittlungen und das besondere Maß ihrerVerpflichtung zur Durchführung von Ermittlungsmaßnah-men betont 177

Die Funkzellenabfrage wird durch § 100g i. V. m. § 100h ISatz 2 StPO erlaubt178. Sie ermöglicht im Falle einerStraftat von erheblicher Bedeutung den Zugriff auf Ver-kehrsdaten dann, wenn eine räumlich und zeitlich hinrei-chend bestimmte Bezeichnung der Telekommunikationvorliegt. Die Funkzellenabfrage dient dem Versuch derIdentifizierung noch unbekannter Täter und bezieht sichauf die Daten aller Mobilfunktelefonate, die während ei-nes bestimmten Zeitraums in einer bestimmten Regiongeführt wurden (vgl. hierzu weiter oben 2., A. I. 1.).179

Die Regelung der Funkzellenabfrage in der „Formvor-schrift“ des § 100h StPO wird als unsystematisch plat-ziert eingestuft.180

162 Bundestagsdrucksache 14/7008, S. 7; Bundestagsdrucksache 14/7679,S. 1; Bär, MMR 2002, S. 361.

163 Seitz, 2004, S. 152.164 LG Ulm, Anmerkung Bär, MMR 2004, S. 187.165 LG Wuppertal, MMR 2002, S. 560.166 AG Ulm, MMR 2003, S. 55.167 Demko, NStZ 2004, S. 59; Günther, in: BKA (Hrsg.), 2004, S. 65;

Schäfer, in: Löwe-Rosenberg, 2004, § 100a Rn. 49.168 Demko, NStZ 2004, S. 59.169 So wohl Wolter, in: SK StPO, 2006, § 100g Rn. 6, mit dem Hinweis,

§ 100a StPO stelle nach der Einführung des § 100g StPO ein „aliud“dar; überzeugend Demko, NStZ 2004, S. 59.

170 Bär, MMR 2002, S. 361; Meyer-Goßner, 2006, § 100g Rn. 11.171 Bundestagsdrucksache 14/7008, S. 7; Bär, MMR 2002, S. 361; Woll-

weber, NJW 2002, S. 1554.172 Schäfer, in: Löwe-Rosenberg, 2004, § 100g Rn. 27; Wohlers/Demko,

StV 2003, S. 247.173 Welp, GA 2002, S. 542.174 Welp, GA 2002, S. 543.175 Welp, GA 2002, S. 543.176 BVerfG NJW 2003, S. 1787, 1793.177 Wollweber, NJW 2002, S. 1554.178 Bundestagsdrucksache 14/7679, S. 8; Nack, in: Karlsruher Kommen-

tar, 2003, § 100h Rn. 4; Wolter, in: SK StPO, 2006, § 100h Rn.1.179 Schäfer, in: Löwe-Rosenberg, 2004, § 100g Rn. 19.180 Danckwerts, CR 2002, S. 541; Schäfer, in: Löwe-Rosenberg, 2004,

§ 100g Rn. 28.

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Drucksache 16/8434 – 32 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Von der Funkzellenabfrage ist die sog. Standortbestim-mung zu unterscheiden. Hier ist die Funkzelle oder derräumliche Bereich, in dem sich der Beschuldigte aufge-halten hat, unbekannt. Mittels der Standortbestimmungoder Geodatenfeststellung soll der Aufenthaltsort desVerdächtigen, bzw. der Ort, an dem sich das auf ihn zuge-lassene Mobiltelefon befindet, festgestellt werden. DieseStandortbestimmung wird aufgrund der Definition derVerkehrsdaten in § 100g III StPO mit dem Begriff„Standortkennung“ bezeichnet.

Für die Funkzellenabfrage gilt eine spezielle Subsidia-ritätsklausel. Die Anforderungen an die Abfrage werdendurch das Merkmal „Straftat von erheblicher Bedeutung“erhöht. Die Funkzellenabfrage erfasst eine zunächst un-

bekannte Anzahl von Telekommunikationsteilnehmern.181

Im Unterschied zur Zielwahlsuche bleibt die Erfassungallerdings nicht flüchtig, denn die Verkehrsdaten der Te-lekommunikation, die im in der Anordnung genanntenRaum und während des bezeichneten Zeitraums geführtworden ist, werden an die Strafverfolgungsbehörden wei-ter gegeben und dort zum Ausgangspunkt weiterer Er-mittlungen (vgl. hierzu weiter oben 2. A. I. 1.).182 In Tabelle 1 sind die einzelnen Arten der Verkehrsdaten-abfrage und dadurch betroffene Grundrechte zusammen-fassend dargestellt.

181 Wohlers/Demko, StV 2003, S. 247.182 Vgl. hierzu Danckwerts, CR 2002, S. 542.

183

Ta b e l l e 1

Arten der Verkehrsdatenabfrage

183 Siehe oben Fn. 68

Art der Abfrage Kriminalistische Bedeutung GrundrechtsbetroffenheitAbfrage vorhandener Daten Bereits vorhandene Daten werden ab-

gefragt, um z. B. festzustellen, mit wem das Opfer eines Tötungsdelikts im Zeit-raum vor der Tat Kontakt hatte. Es han-delt sich um eine Art Einzelverbindungs-nachweis über die von dem Anschluss aus geführten Telefonate.

Durch die Abfrage vorhandener Daten sind die Grundrechte des Anschluss-inhabers sowie die Rechte der Personen betroffen, mit denen der Anschlussinhaber telefoniert hat.

Abfrage zukünftiger Daten Zukünftige Verkehrsdaten enthalten Informationen über aktuelle Kontakte, beispw. in Fällen der Transaktions- oder Netzwerkkriminalität (Täterver-bindungen). Wie bei einer Telekom-munikationsüberwachung werden hier regelmäßig Daten vom Provider an die Polizei geliefert.

Auch bei zukünftigen Verkehrsdaten sind Grundrechte des Anschlussinhabers und der übrigen an den Gesprächen Beteiligten tangiert. Die Abfrage der Daten gleicht hier von der Vorgehensweise her der Telekom-munikationsüberwachung.

Zielwahlsuche Anhand der Zielwahlsuche kann die Rufnummer eines unbekannten Anrufers identifiziert werden. Die abgehenden Daten von allen Rufnummern zu einer konkreten Rufnummer werden ab-gefragt.

Die Zielwahlsuche gleicht einer Raster-fahndung und überprüft alle Telekommuni-kationsteilnehmer auf Verbindungen zu einem bezeichneten Anschluss. Der Zugriff bleibt jedoch flüchtig, da Verkehrsdaten nur für Treffer gespeichert werden183

Funkzellenabfrage Identifizierung unbekannter Täter: Mittels Funkzellenabfrage werden alle Ruf-/IMEI-Nummern, die inner-halb eines bestimmten Bereichs aktiv geworden sind, abgefragt.

Alle Personen, die sich in die abgefragte Funkzelle eingewählt haben, sind von der Abfrage der Daten betroffen.

Standortabfrage Die Standortabfrage dient der Fest-stellung, an welchem Ort sich eine Person zu einer bestimmten Zeit aufgehalten hat.

Anhand der Standortabfrage kann ein Bewegungsbild über eine Person erstellt werden.

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 33 – Drucksache 16/8434

V. Subsidiarität

Neben dem allgemeinen Grundsatz der Verhältnismäßig-keit, der in § 100g I Satz 1 StPO durch das Wort „erfor-derlich“ zum Ausdruck kommt, sind zwei ausdrücklicheSubsidiaritätsklauseln in den Gesetzestext eingefügt wor-den.

1. Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in § 100g I Satz 1 StPO

Wie jedes staatliche Handeln unterliegt auch die Aus-kunftserteilung dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.Gemäß § 100g I Satz 1 StPO besteht ein Auskunfts-anspruch nur, soweit die Auskunft für die Untersuchungerforderlich ist. Erforderlich i. S. d. § 100g I Satz 1 StPOist eine Auskunft, wenn kein milderes Mittel zur Verfü-gung steht, um das jeweilige Ziel der Ermittlungsmaß-nahme zu erreichen.184 So soll beispielsweise die Einrich-tung einer Fangschaltung dem Auskunftsverlangenvorgehen, falls diese zur Aufklärung ausreicht.185 Unge-achtet der vom Gesetz vorgesehenen speziellen Eingriffs-voraussetzungen (Deliktskatalog, Erheblichkeit der Straf-tat, bestimmte Tatsachen für die Verdachtsannahme,Subsidiaritätsklausel bei der Zielwahlsuche nach § 100g IIStPO und bei der Funkzellenabfrage nach § 100h I Satz 2StPO) ist dann in jedem Einzelfall zu prüfen, ob der Graddes Tatverdachts und das Gewicht der Straftat oder derTeilnahmehandlung die Verhältnismäßigkeit der Maß-nahme trägt.186 In die Abwägung ist auch – darauf weistdas Bundesverfassungsgericht187 hin – die Frage einzube-ziehen, welche Streubreite Eingriffe in Verkehrsdaten ha-ben. Dabei ist der objektiv-rechtliche Gehalt des Fern-meldegeheimnisses in Form der Vertraulichkeit derTelekommunikation in ihrer gesamtgesellschaftlichen Be-deutung zu berücksichtigen. Kritisch wird hervorgehobendass die Auskunftserteilung in der Praxis zu schnell undohne Prüfung etwaiger Alternativmaßnahmen angeordnetwird.188 Betont werden schließlich die Entwicklung derKommunikationsüberwachung zu einer standardmäßigenErmittlungsmaßnahme und der Wandel von „ultima ratio“Maßnahme zu einem „prima ratio“ Instrument 189.

2. Subsidiaritätsklausel des § 100g II StPO (Zielwahlsuche)

Gemäß § 100g II StPO darf die Auskunftserteilung darü-ber, ob von einem Telekommunikationsanschluss Verbin-dungen zu den in § 100g I Satz 2 StPO genannten Perso-nen hergestellt worden sind (Zielwahlsuche), nurangeordnet werden, wenn die Erforschung des Sachver-

halts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes des Beschul-digten auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich er-schwert wäre190. Die Einführung der Subsidiaritätsklauselim Rahmen der Zielwahlsuche als zusätzliche Eingriffs-schwelle ist wegen der Herausgabe der Telekommunikati-onsverkehrsdaten Unverdächtiger und des einer Raster-fahndung vergleichbaren Vorgehens begründet.191

Darüber hinaus erfasst jedenfalls der manuell (und weit-gehend ohne Speicherung bzw. Eingriff) vorgenommeneAbgleich alle Verkehrsdaten der deutschen Telekommu-nikation.192 Ob der Subsidiaritätsgrundsatz in allen Fällengenügt, verhältnismäßige Entscheidungen sicher zu stel-len,193 wird zum Teil bezweifelt.194 Begründet wird diesmit der Annahme fehlender praktischer Wirkungen, dieaus der (plausiblen) Überzeugung resultiert, die Zielwahl-suche sei wohl (insbesondere unter Kostengesichtspunk-ten) immer die effektivste Maßnahme.195 Damit dürfteeine Tendenz zur Entscheidung für das Vorliegen desMerkmals „wesentlicher“ Erschwernis der Ermittlungeneinhergehen.

3. Subsidiaritätsklausel des § 100h I Satz 2 StPO (Funkzellenabfrage)

Ein weiterer spezifischer Subsidiaritätsgrundsatz findetsich in § 100h I Satz 2 StPO. Ausgangspunkt ist hier diePflicht, den Antragsbetroffenen genau zu identifizieren.Deshalb muss die Anordnung gemäß § 100h I Satz 1StPO den Namen und die Anschrift des Betroffenen, ge-gen den sie sich richtet, sowie die Rufnummer oder eineandere Kennung seines Telekommunikationsanschlussesenthalten. Nach § 100h I Satz 2 StPO genügt jedoch imFalle eines noch nicht identifizierten Tatverdächtigenoder Nachrichtenmittlers sowie im Falle einer Straftatvon erheblicher Bedeutung eine räumlich und zeitlichhinreichend bestimmte Bezeichnung der Telekommuni-kation, über die Auskunft erteilt werden soll (Funkzellen-abfrage). Mit der Funkzellenabfrage werden die in einembestimmten Zeitraum entstandenen Verkehrsdaten allerMobilfunktelefonate in einer oder mehreren Funkzellenübermittelt. Dies führt auch zur Erfassung und Abgabeder Verkehrsdaten unbeteiligter Dritter, die allein deshalbin den Wirkungskreis von Ermittlungsmaßnahmen gera-ten und demnach auch einem generellen Tatverdacht aus-gesetzt werden196, weil sie zu einer bestimmten Zeit in ei-ner bestimmten Funkzelle ein Mobiltelefon benutzthaben. Die Subsidiaritätsklausel des § 100h I Satz 2 StPOdient ebenso wie bei der Zielwahlsuche der Verstärkungdes Grundrechtsschutzes anlässlich einer breitflächig an-greifenden Ermittlungsmaßnahme.

184 Seitz, 2004, S. 159.185 Meyer-Goßner, 2006, § 100g Rn. 7; Sankol, JuS 2006, S. 702;

Wolter, in: SK StPO, 2006, § 100g Rn. 15.186 Schäfer, in: Löwe-Rosenberg, 2004, § 100g Rn. 19.187 BVerfG NJW 2003, S. 1787, 1791 (Urteil v. 12. März 2003, 1 BvR

330/96 und 1 BvR 348/99).188 Dix, Kriminalistik 2004, S. 82; vgl. zu den Anforderungen auch

BVerfG NJW 2003, S. 1787, 1792.189 Dix, Kriminalistik 2004, S. 83.

190 LG Ulm, Beschluss v. 4. November 2004, 2 Qs 2099/04.191 Meyer-Goßner, 2006, § 100g Rn. 11; Wollweber, NJW 2002, S. 1554.192 Schäfer, in: Löwe-Rosenberg, 2004, § 100g Rn. 27; Welp, GA 2002,

S. 545.193 Schäfer, in: Löwe-Rosenberg, 2004, § 100g Rn. 27.194 Welp, GA 2002, S. 546; Weßlau, ZStW 113, S. 693 ff; Wohlers/

Demko, StV 2003, S. 247.195 Welp, GA 2002, S. 546; Wohlers/Demko, StV 2003, S. 247.196 Backes/Gusy, StV 2003, S. 252.

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Drucksache 16/8434 – 34 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

VI. Anordnung der Auskunftserteilungund Begründung

Die Anordnung der Auskunftserteilung über Verkehrsda-ten bedarf gemäß § 100h I Satz 3 i. V. m. § 100b I Satz 1StPO in der Regel eines gerichtlichen Beschlusses. Nur beiGefahr im Verzug darf die Verkehrsdatenabfrage gemäߧ 100h I Satz 3 i. V. m. § 100b I Satz 2 StPO durch dieStaatsanwaltschaft angeordnet werden. Eine Eilbefugnis fürErmittlungspersonen der Staatsanwaltschaft wurde nichteingeführt.197

Gefahr im Verzug liegt dann vor, wenn die vorherige Ein-holung der richterlichen Anordnung den Erfolg der Maß-nahme gefährden würde.198 Gemäß § 100g I Satz 3 StPOi. V. m. § 100b I Satz 3 StPO tritt die Anordnung derStaatsanwaltschaft außer Kraft, wenn nicht innerhalb vondrei Tagen eine richterliche Bestätigung erfolgt. Umstrit-ten ist, ob es für die Wirksamkeit der Eilanordnung fürdiese drei Tage immer einer richterlichen Bestätigung be-darf oder nur dann, wenn über den Zeitraum von drei Ta-gen hinaus weitere Daten benötigt werden.

In der Literatur wird überwiegend vertreten, dass Eilan-ordnungen der Staatsanwaltschaft auch im Falle fehlenderrichterlicher Bestätigung nicht nachträglich unwirksamwerden.199 Die Verpflichteten seien gehalten, auf eine ent-sprechende Eilanordnung Auskünfte zu erteilen, auchwenn eine anschließende richterliche Bestätigung nichterfolge und die Drei-Tages-Frist bereits vor der Aus-kunftserteilung abgelaufen sei.200 Die bis zu diesem Zeit-punkt erlangten Erkenntnisse bleiben demnach grundsätz-lich verwertbar.201 Die Regelung hat nach dieserAuffassung nur Bedeutung für zukünftige und über einenZeitraum von mehr als drei Tagen hinaus reichende Ver-bindungsabfragen.202 Begründet wird der Verzicht aufeine richterliche Bestätigung damit, dass die Auskunftser-teilung unverzüglich zu erfolgen habe und die Maßnahmedaher innerhalb der drei-Tages-Frist erledigt sei.203 He-rangezogen wird im Übrigen ein Umkehrschluss aus§ 98b I Satz 2, § 100d I Satz 2 und § 163d I Satz 2 StPO.204

Die Rechtmäßigkeit der durchgeführten Maßnahme seiauch nicht Gegenstand der richterlichen Bestätigung, son-dern nur die Entscheidung darüber, ob die Voraussetzun-gen zum Zeitpunkt des richterlichen Beschlusses nochvorliegen und die Maßnahme dementsprechend fortdau-ern soll.205

Fraglich ist dann aber, welche Funktion die richterlicheBestätigung in diesem Fall noch hat und ob der Verzichtauf die richterliche Bestätigung aus dem Blickwinkel des

Rechtsstaatsprinzips vertretbar ist. Liegt kein Eilfall vorund ist der Richter zu erreichen, dann muss eine umfas-sende Rechtmäßigkeitsprüfung stattfinden. Der oberfläch-liche Grund für den Verzicht auf eine richterliche Bestäti-gung liegt demnach in der Unerreichbarkeit des Richters.Hierin liegt das Risiko einer Aushebelung des Richtervor-behalts. Der Verzicht auf die Bestätigung lässt sich nurschwer mit dem Anspruch auf effektiven Rechtsschutzvereinbaren. Dem Grundsatz eines wirksamen Rechts-schutzes entspricht zunächst die präventive richterlicheKontrolle. Kann diese wegen Eilerwägungen nicht statt-finden, dann tritt an ihre Stelle (und als notwendiger Aus-gleich) die post facto durchgeführte richterliche Prü-fung.206 Auch der Vergleich mit Eilkompetenzregelungenzu anderen Ermittlungsmaßnahmen spricht für diese Aus-legung. Wenn beispielsweise eine Beschlagnahme odereine Rasterfahndung von der Staatsanwaltschaft angeord-net wurde, so muss diese (bei der Beschlagnahme nur beiVorliegen weiterer Voraussetzungen) binnen drei Tagengemäß § 98 II Satz 1 StPO bzw. 98b I Satz 2 StPO richter-lich bestätigt werden. Wenn diese Maßnahmen aber in-nerhalb dieser Zeit durchgeführt wurden, wovon auf-grund des Eilfalls auszugehen ist, macht es keinen Sinn,eine richterliche Bestätigung für eine Fortdauer der Maß-nahmen einzuholen. Die Maßnahmen sind bereits abge-schlossen. Ein entsprechendes Modell dürfte auch für dieVerkehrsdatenabfrage in Betracht zu ziehen sein.

Zudem ist die Anordnungskompetenz des Richters dasnötige Korrektiv zur Heimlichkeit und Eingriffstiefe derMaßnahme.207 Der Richtervorbehalt zielt auf eine vorbeu-gende Kontrolle der Maßnahme durch eine unabhängigeund neutrale Instanz. Erst die Einschaltung des Richtersgewährleistet den geforderten effektiven Rechtsschutz.208

Wenn dem Richtervorbehalt aber eine solche Funktionzugewiesen wird, dann ist nicht nachzuvollziehen, warumdem Betroffenen dieser Schutz nur deshalb nicht zuteilkommen soll, weil der Richter vor Anordnung der Ver-kehrsdatenabgabe nicht erreichbar war.

Problematisch gestaltete sich früher auch die Zuständig-keit des Gerichts. Unklar war, ob das Gericht am Sitz desTelekommunikationsunternehmens für die Anordnungder Verkehrsdatenabfrage zuständig ist oder das Gerichtam Sitz einer Zweigstelle, in der die Daten erhoben wer-den. Der Bundesgerichtshof klärte diese Frage im Jahre2003 mit der Entscheidung, aus § 162 I Satz 1 StPO folgedie Zuständigkeit des Gerichts, in dessen Bezirk die Ver-kehrsdaten zu erheben und die Auskünfte zu erteilensind.209

Anforderungen an die Begründung der Anordnung durchden Richter und im Eilfall durch den Staatsanwalt sind imGesetz nicht konkretisiert worden. Festgelegt ist nur, dass

197 Nack, in: Karlsruher Kommentar, 2003, § 100b Rn. 1.198 BVerfGE 51, S. 97, 111.199 Schäfer, in: Löwe-Rosenberg, 2004, § 100h Rn. 4; vgl. auch Günther,

in: BKA (Hrsg.), 2004, S. 60.200 Bock, in: Beck’scher TKG-Kommentar, 2006, § 110 Rn. 69.201 Bär, MMR 2002, S. 363.202 Bär, MMR 2002, S. 363; Günther, in: BKA (Hrsg.), 2004, S. 60;

Nack, in: Karlsruher Kommentar, 2003, § 100h Rn. 1.203 Bär, MMR 2002, S. 363.204 Nack, in: Karlsruher Kommentar, 2003, § 100h Rn. 1.205 Bock, in: Beck’scher TKG-Kommentar, 2006, § 110 Rn. 69; Günther,

in: BKA (Hrsg.), 2004, S. 60.

206 Schäfer, in: Löwe-Rosenberg, 2004, § 100b Rn. 23.207 Schäfer, in: Löwe-Rosenberg, 2004, § 100a Rn. 110; Wohlers, in: SK

StPO, 2006, § 162 Rn. 4.208 BVerfGE 103, S. 142, 151; BVerfG NJW 2001, S. 1121, 1122;

BVerfG NStZ 2003, S. 441, 442.209 BGH 2 ARs 252/02 v. 6. September 2002, NStZ 2003, S. 163;

BGH 2 ARs 276/02 v. 13. September 2002, NStZ-RR 2002, S. 369;BGH (mit Anmerkung Bär), MMR 2003, S. 266.

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 35 – Drucksache 16/8434

die Anordnung schriftlich ergehen muss und Art, Umfangund Dauer der Maßnahmen hinreichend zu bestimmensind (§§ 100h I Satz 3, 100b II Satz 1, 3 StPO). Insoweitist es Aufgabe des erlassenden Organs, den Eingriff in diegrundrechtlich geschützte Sphäre des Bürgers angemes-sen zu begrenzen210. Dem Richter ist eine genaue Festle-gung aufgegeben, ob abgehende oder ankommende An-rufe abgefragt werden sollen und welche Standorte oderFunkzellen erfasst sind. Der Zeitraum, für den Daten ab-gefragt werden sollen, muss konkretisiert werden und ins-besondere bei der Funkzellenabfrage ist der räumlicheBereich (und damit der Umfang) zu begrenzen. Wie dieUntersuchung von Albrecht/Dorsch/Krüpe gezeigt hat,bestehen – zumindest bei der Anordnung von Telekom-munikationsüberwachungsmaßnahmen – erhebliche Defi-zite bei der Begründung durch den Richter. Nur23,5 Prozent der überprüften Beschlüsse wurden in derUntersuchung als substantiell begründet bewertet.211 Zuähnlichen Ergebnissen kam auch die Studie von Backes/Gusy212. Diese bezeichneten es sogar als wahrscheinlich,dass die Richter die staatsanwaltschaftlichen Ausführun-gen inhaltlich oder sogar wörtlich unkritisch übernehmenund ihrer gesetzlich vorgeschriebenen Kontrollfunktionnur unzureichend nachkommen.

Die Anordnung muss nach § 100h I Satz 1 StPO den Na-men und die Anschrift des Betroffenen, gegen den siesich richtet, sowie die Rufnummer oder eine andere Ken-nung seines Telekommunikationsanschlusses enthalten. ImFalle einer Straftat von erheblicher Bedeutung genügt ge-mäß § 100h I Satz 2 StPO eine räumlich und zeitlich hin-reichend bestimmte Bezeichnung der Telekommunikation,über die Auskunft erteilt werden soll, wenn andernfallsdie Erforschung des Sachverhalts aussichtslos oder we-sentlich erschwert wäre. Letztere Regelung betrifft (vorallem) die Funkzellenabfrage.

Die Regelung des § 100 h Satz 2 StPO ist vielfacher Kri-tik ausgesetzt. Reichweite und Bedeutung der Pflicht zurBezeichnung des Betroffenen sind demnach nicht klar ge-nug bestimmt.213 Weit verbreitet ist die Ansicht, dass auf-grund der gewählten Formulierung Ermittlungshindernissebei Straftaten mit unbekanntem Täter auftreten können.Insbesondere wird geltend gemacht, dass die Aufklärungvon Straftaten, die über das Internet begangen werden, er-schwert sei.214 Denn der Inhaber einer IP-Adresse oderder für eine Homepage Verantwortliche seien häufig na-mentlich nicht bekannt. Auch bei Internet-Bestellungenunter falschem Namen steht regelmäßig nur die verwen-dete IP-Adresse fest.215 Bei beleidigenden oder bedrohen-den Anrufen ist zunächst nur die Nummer des anrufendenAnschlusses bekannt.216 Ein Teil der Literatur fordertedeshalb, dass die Anordnung gegen einen namentlichnicht bekannten, aber individualisierbaren Betroffenen

immer zulässig sein müsse.217 Nach dem Wortlaut des§ 100h I Satz 1 StPO ist dies jedoch nach teilweise vertre-tener Ansicht nicht möglich.218 Zum Teil wird auch ange-nommen, dass die in § 100h I Satz 1 StPO gefordertenAngaben nur aufgeführt werden müssen, wenn der Täterbekannt ist, dagegen nicht bei Ermittlungen gegen unbe-kannt.219

Die Anordnung setzt eine richterliche Einzelfallprüfungvoraus, die sich auf die Eingriffsvoraussetzungen und dieAngemessenheit des Eingriffs im konkreten Einzelfall be-zieht.220 Sie enthält auch die dem Beschuldigten zur Lastgelegte Straftat sowie den Grund der Überwachung unterAngabe der Verdachts- und Beweislage, die die Maß-nahme rechtfertigt.221 Der Bundesgerichtshof fordert dieDarlegung der den Tatverdacht begründenden Tatsachenund der Beweislage auch für die Begründung einer rich-terlichen Bestätigung.222 Allerdings genügt dabei im Ein-zelfall auch eine konkrete Bezugnahme auf Aktenteile.Ob die Verhältnismäßigkeitsprüfung, insbesondere auchdie Auseinandersetzung mit dem Subsidiaritätsgrund-satz, ebenfalls schriftlich erfolgen muss, ist nicht aus-drücklich festgelegt. Das Bundesverfassungsgericht hatjedenfalls ausgeführt, dass es Aufgabe und Pflicht des Er-mittlungsrichters sei, sich eigenverantwortlich ein Urteilzu bilden und nicht die Anträge der Staatsanwaltschaftnach einer nur pauschalen Überprüfung gegenzuzeich-nen.223 Die Eingriffsvoraussetzungen müssten sorgfältiggeprüft werden und eine umfassende Abwägung zur Fest-stellung der Angemessenheit des Eingriffs im konkretenFall erfolgen. Dies entspricht dem Anspruch an eine die„gründliche und umfassende Überprüfung“ der Voraus-setzungen224 nachvollziehende Begründung225, mit derSelbstkontrolle226 und die Überprüfung im Rechtsmittel-verfahren227 erst ermöglicht werden228.

Umstritten ist schließlich, ob eine Anordnung bei Vorlie-gen einer Einwilligungserklärung des Betroffenen ent-behrlich ist. Teilweise wird vertreten, dass der Betroffenedadurch auf den Schutz seines Fernmeldegeheimnisseszulässigerweise verzicht229. Die Kommunikationsbetei-ligten hätten das Recht zu entscheiden, ob sie Kommuni-kation geschlossen halten oder anderen zugänglich ma-

210 Wohlers/Demko, StV 2003, S. 244.211 Albrecht/Dorsch/Krüpe, 2003, S. 447.212 Backes/Gusy, 2003, S. 48 ff.213 Wolff/Neumann, NStZ 2003, S. 404.214 Nack, in: Karlsruher Kommentar, 2003, § 100h Rn. 5.215 Wolff/Neumann, NStZ 2003, S. 404.216 Wolff/Neumann, NStZ 2003, S. 404.

217 Meyer-Goßner, 2006, § 100h Rn. 3.218 Wolff/Neumann, NStZ 2003, S. 404.219 LG Ulm, Beschluss v. 21.3.2002 § 2 Qs 2016/02; LG Dortmund mit

Anmerkung Bär, MMR 2003, S. 54, 55; AG Köln mit AnmerkungBär, MMR 2003, S. 611, 612; Bär, MMR 2002, S. 363.

220 BVerfG NStZ 2003, S. 441; Gusy, NStZ 2003, S. 403; Meyer-Goß-ner, 2006, § 100h Rn. 3.

221 BGHSt 47, S. 362; Kinzig, StV 2004, S. 562; Meyer-Goßner, 2006,§ 100a Rn. 3; Pfeiffer, 2005, § 100b Rn. 2.

222 BGHSt 47, S. 362; so auch Pfeiffer, 2005, § 100b Rn. 2.223 BVerfG NJW 2003, S. 1787, 1792; BVerfG NStZ 2003, S. 441, 443.224 BGH NStZ 1995, S. 510, 511.225 Backes/Gusy, StV 2003, S. 249; Schäfer, in: Löwe-Rosenberg, 2004,

§ 100h Rn. 16.226 BGHSt 47, S. 362, 366.227 BGHSt 47, S. 362, 366; Schäfer, in: Löwe-Rosenberg, 2004, § 100h

Rn. 16.228 BVerfGE 42, S. 212, 220; Wohlers, in: SK StPO, 2006, § 162 Rn. 30.229 BGH NJW 1994, S. 596, 597; Dreier, in: Dreier, 2004, Vorbem.

Rn. 129; Dürig, in: Maunz/Dürig, 2006, Artikel 10 GG Rn. 30.

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Drucksache 16/8434 – 36 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

chen wollen.230 Das gelte auch dann, wenn der Dritteohne Wissen und Wollen des anderen Kommunikations-partners beteiligt wird.231 Ganz überwiegend wird es je-doch als nicht ausreichend angesehen, wenn nur einBeteiligter des Telekommunikationsvorgangs die Einwil-ligung erklärt232, da die Einwilligung eines Teilnehmersan der Telekommunikation nicht mit Wirkung für einenanderen Teilnehmer ausgestattet sei.233 Erforderlich istdemnach die Zustimmung aller Kommunikationsteilneh-mer.234

VII. Dauer der Maßnahme

Wie bei der Überwachung des Inhalts der Telekommuni-kation ist auch bei der Verkehrsdatenabfrage der Zeitraumder zulässigen Überwachung zukünftiger Telekommuni-kationsverbindungen beschränkt (§ 100h I Satz 3 StPO).Die Anordnung kann für höchstens drei Monate erfolgen(§ 100h I Satz 3 i. V. m. § 100b II Satz 4 StPO). Eine zeit-liche Begrenzung für eine Abfrage von Daten, die bereitsentstanden sind, ist im Gesetz nicht enthalten. Daten, dienoch verfügbar sind, können abgefragt werden. Der Ab-fragezeitraum wird demnach durch die jeweilige Praxisder Speicherungsdauer einzelner Netzbetreiber und dieRegeln des TKG begrenzt. Bei Wegfall der Anordnungs-voraussetzungen für die in die Zukunft gerichtete Ver-kehrsdatenabfrage ist die Maßnahme gemäß § 100h ISatz 3 i. V. m. § 100b IV StPO unverzüglich zu beenden.Bei der Abfrage von Verkehrsdaten, die in die Zukunftgerichtet ist, ist ferner eine Verlängerungsmöglichkeit fürdie Dauer von jeweils höchstens drei Monaten vorgese-hen (§ 100h I Satz 3 i. V. m. § 100b II Satz 5 StPO).

VIII. Durchführung der Maßnahme

Die Durchführung der Maßnahme obliegt der Staatsanwalt-schaft. Sie hat dem Betreiber der Fernmeldeanlagen die An-ordnung mitzuteilen.235 Auskunftspflichtig sind diejenigen,die geschäftsmäßig Telekommunikationsdienste erbringenoder daran mitwirken (§ 100g I Satz 1 StPO), also Anbieteri. S. v. § 3 Nr. 6 TKG. Danach ist Telekommunikations-diensteanbieter jeder, der ganz oder teilweise geschäfts-mäßig Telekommunikationsdienste erbringt oder an derErbringung solcher Dienste mitwirkt. Zu den Dienste-anbietern gehören Festnetz- und Mobilfunknetzbetreiber,Servicebetreiber sowie Internet-Service-Provider, soweitsie Telekommunikationsdienste wie Internettelefonie an-bieten.236 Dabei haben sie die Auskunft unverzüglich zuerteilen, d. h. ohne schuldhaftes Zögern.237 Überschreitetder Anbieter die Art und den Umfang der Auskunft, wie

sie in einer Anordnung festgelegt ist, so erfüllt dies denTatbestand des § 206 I StGB.238

Umstritten ist, inwiefern die Telekommunikationsunter-nehmen dabei eine Prüfungspflicht bzw. ein Prüfungs-recht bzgl. der Anordnungen haben. Gemäß § 88 II TKGsind die Diensteanbieter nämlich zur Wahrung des Fern-meldegeheimnisses verpflichtet. Die Anbieter befindensich also in der Konfliktlage, einerseits § 88 TKG beach-ten und andererseits der Verpflichtung aus § 100g StPOgerecht werden zu müssen. Nach herrschender Meinunghaben die Anbieter jedoch nicht die rechtlichen bzw. sach-lichen Voraussetzungen für die angeordnete Maßnahme zuüberprüfen.239 Mit der Annahme eines materiellen Prü-fungsrechts wäre freilich eine zu starke Behinderung derErmittlungsbehörden verbunden.240 Telekommunikations-unternehmen sind im Übrigen „weder private Ermitt-lungsorgane noch besteht Anlass, ihnen die Hintergründeder Anordnung zu offenbaren“241. Insoweit fehlt bereitseine ausreichende Informationsgrundlage.242 Dagegenmüssen die Anbieter die formellen Voraussetzungen einerAnordnung nach §§ 100g, 100h StPO überprüfen 243, beiFehlerhaftigkeit die Auskunft verweigern und damit un-berechtigte staatliche Eingriffe in das Fernmeldegeheim-nis verhindern.244

Bei Auskunftsverweigerung können Ordnungs- oderZwangsmittel verhängt werden (§ 100h I Satz 3 i. V. m.§ 95 II i. V. m. § 70 StPO). Wegen der Verpflichtung zurunverzüglichen Auskunftserteilung kommt bei einer signi-fikanten Verzögerung der Ermittlungshandlungen eineStrafbarkeit wegen Strafvereitelung in Betracht.245 DenVerpflichteten steht gegen richterliche Beschlüsse die Be-schwerde nach § 304 StPO zur Verfügung.246

Die Art und Weise der Durchführung ist im Einzelnen imGesetz nicht geregelt. Zweckmäßig erscheint es, zurErleichterung der Weiterverarbeitung die Daten auf elek-tronischen Speichermedien und nicht in Papierform zuübermitteln247. Nach einem Bundesgerichtshof-Ermitt-lungsrichterbeschluss vom 20. März 2003248 können derErmittlungsrichter und im Grundsatz auch die Staatsan-waltschaft die Modalitäten der Übermittlung unter Be-rücksichtigung der Verhältnismäßigkeit bestimmen. Diegesetzlichen Vorschriften zur Verkehrsdatenabfrage ent-halten danach konkludent die Ermächtigung zur Anord-nung solcher Begleitmaßnahmen, die mit der Übermitt-

230 BGH NJW 1994, S. 596, 597.231 BGH NJW 1994, S. 596, 597.232 BVerfGE 85, S. 386, 398; Bock, in: Beck’scher TKG-Kommentar,

2006, § 88 Rn. 56; Hermes, in: Dreier, 2004, Artikel 10 Rn. 55;Krüger, in: Sachs, 1999, Artikel 10 GG Rn. 43.

233 BVerfGE 85, S. 386, 399.234 Hermes, in: Dreier, 2004, Artikel 10 Rn. 55.235 Pfeiffer, 2005, § 100b Rn. 3.236 Bock, in: Beck’scher TKG-Kommentar, 2006, § 88 Rn. 22.237 Bock, in: Beck’scher TKG-Kommentar, 2006, § 88 Rn. 22; § 121 I

BGB.

238 Gnirck/Lichtenberg, DuD 2004, S. 602; Sankol, JuS 2006, S. 703.239 Ermittlungsrichter des BGH, CR 1998, S. 738, 739; Friedrich, 2001,

S. 80; Gnirck/Lichtenberg, DuD 2004, S. 602; Günther, in: BKA(Hrsg.), 2004, S. 66; Meyer-Goßner, 2006, § 100g Rn. 8; Sankol, JuS2006, S. 701; Wolff/Neumann, NStZ 2003, S. 407.

240 Ermittlungsrichter des BGH, CR 1998, S. 738, 739.241 Wolff/Neumann, NStZ 2003, S. 407.242 Friedrich, 2001, S. 80.243 OLG Hamm DuD 2000, S. 234; Friedrich, 2001, S. 80.244 Wolff/Neumann, NStZ 2003, S. 407; OLG Hamm, DuD 2000, S. 234.245 BGHR StGB § 258 I Vollendung 1; Nack, in: Karlsruher Kommentar,

2003, § 100g Rn. 3.246 Meyer-Goßner, 2006, § 100b Rn. 10.247 Schäfer, in: Löwe-Rosenberg, 2004, § 100g Rn. 31.248 BGH 1 BGs 107/2003, Beschluss vom 20. März 2003; Ermittlungs-

richter des BGH, NStZ 2005, S. 278.

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 37 – Drucksache 16/8434

lung der Daten notwendig verbunden sind. Da dieAuswertung einer großen Datenmenge auf Papier zu ho-hem Zeitaufwand und einer größeren Fehlerquote führt,die Netzbetreiber im Übrigen ohne zusätzliche Belastungelektronisch gespeicherte Daten zur Verfügung stellenkönnen, ist die Verpflichtung zur Übermittlung elektroni-scher Daten gerechtfertigt.

Schließlich wird darauf verwiesen, dass sich Lücken, Un-klarheiten und Widersprüche der gesetzlichen Vorschriftennegativ auf die Zusammenarbeit zwischen Strafverfol-gungsbehörden und Diensteanbietern auswirken.249 Erheb-liche Rechtsunsicherheit wird hinsichtlich der gesetzlichenVoraussetzungen für Auskunftsverlangen im Bereich derInternet-Nutzung festgestellt.250 In der Rechtsunsicherheitwird ein Grund für Verweigerungen der Mitwirkung imEinzelfall gesehen.251 Deshalb wird die Herstellung vonNormenklarheit angemahnt, mit dem Ziel, eine konflikt-freie und reibungslose Zusammenarbeit zwischen denStrafverfolgungsbehörden und den Service-Providern zusichern.252

Die durch die Auskunft erlangten Unterlagen sind unver-züglich zu vernichten, wenn sie zur Strafverfolgung nichtmehr erforderlich sind (§§ 100h I Satz 3 i. V. m. 100b VIStPO). Die Vernichtungsregelung des § 100b VI StPO giltentsprechend.253 Die Staatsanwaltschaft hat darüber Auf-sicht zu führen und eine Niederschrift anzufertigen.

IX. Betroffene und Benachrichtigung

Auskunft erteilt werden darf nur über Verkehrsdaten desBeschuldigten und der sog. Nachrichtenmittler.254 Diessind Personen, von denen auf Grund bestimmter Tatsa-chen anzunehmen ist, dass sie für den Beschuldigten be-stimmte oder von ihm herrührende Mitteilungen entge-gennehmen oder weitergeben oder dass der Beschuldigteihren Anschluss benutzt (§§ 100g I Satz 2 i. V. m. 100aSatz 2 StPO). Dabei spielt es keine Rolle, ob diese Perso-nen von der Nutzung ihres Anschlusses durch den Be-schuldigten oder davon wissen, dass sie Mitteilungen ent-gegennehmen. Es kommt dabei auch nicht auf den Willenan, Nachrichten vom Beschuldigten entgegenzunehmen.Gutgläubigkeit steht der Anordnung nicht entgegen.255

Bei Hacker-Angriffen unter Ausnutzung von Compu-ternetzwerken sind die Betreiber von dazu missbrauchten,zwischengeschalteten Computernetzwerken Nachrichten-mittler.256 Auch das Opfer einer Straftat (z. B. einer Er-

pressung oder Beleidigung) nimmt Mitteilungen vom Be-schuldigten entgegen.257

Anlässlich der Verkehrsdatenabfrage sind unbeteiligteDritte notwendigerweise betroffen.258 Die Überwachungwird deshalb aber nicht unzulässig.259 Gemäß § 101 I StPOsind die von der Verkehrsdatenabfrage Betroffenen (Be-teiligten) allerdings zu benachrichtigen. Dies gilt nichtnur für Maßnahmen nach §§ 100g, 100h StPO, sondernauch für solche nach §§ 81e, 99, 100a, 100b sowie 100f INr. 2, II StPO. Den Beteiligten wird nachträglich rechtli-ches Gehör gewährt,260 das im Vorfeld der Maßnahmewegen der Gefährdung des Untersuchungszwecks nichtmöglich war. Beteiligte sind alle von den Maßnahmen un-mittelbar Betroffenen.261 Auch Zielpersonen und ihre Ge-sprächspartner können Beteiligte sein, jedoch nicht zufäl-lig (unvermeidbar) betroffene unbeteiligte Dritte.262 Sosind beispielsweise bei einer Zielwahlsuche oder Funk-zellenabfrage diejenigen Anrufer, deren Anruf keine Be-weisbedeutung hat, nicht zu benachrichtigen.263 In diesenFällen sind den Ermittlern lediglich die Rufnummern undnicht die Anschlussinhaber bekannt. Die Zuordnung derRufnummern zu einer bestimmten Person, die für eineBenachrichtigung notwendig wäre, würde daher denGrundrechtseingriff nur verstärken. Der Sinn der Benach-richtigungspflicht besteht aber in einer Begrenzung desGrundrechtseingriffs und nicht in deren Verstärkung.

Eine Benachrichtigung darf jedoch nur stattfinden, wenndies ohne Gefährdung des Untersuchungszwecks, der öf-fentlichen Sicherheit, von Leib oder Leben einer Personsowie der Möglichkeit der weiteren Verwendung eineseingesetzten, nicht offen ermittelnden Beamten gesche-hen kann (§ 101 I Satz 1 StPO). Wenn die Verkehrsdatenalso im laufenden Verfahren oder auch in anderen Verfah-ren gegen den Beschuldigten oder Mitbeschuldigte wei-terhin benötigt werden und der Ermittlungserfolg durchdie Benachrichtigung beeinträchtigt werden könnte, wirddie Benachrichtigung zunächst zurückgestellt. Das Bun-desverfassungsgericht hat in der Entscheidung zur akusti-schen Wohnraumüberwachung die Zurückstellung derBenachrichtigung eingeengt264. Für die Ausführung derBenachrichtigung ist die Staatsanwaltschaft zuständig.265

Die Telekommunikationsunternehmen sind den Beteilig-ten gegenüber zum Schweigen verpflichtet.266

Auch in Bezug auf die Benachrichtigungspflicht zeigtendie Untersuchungen zu §§ 100a, 100b StPO für Zeiträumevor 2000 Defizite auf. Im Rahmen der Untersuchung desMPI zur Telekommunikationsüberwachung wurde festge-stellt, dass nur in 15,3 Prozent der Fälle in den Akten aus-drücklich niedergelegt wurde, dass eine Benachrichtigung

249 Günther, in: BKA (Hrsg.), 2004, S. 57.250 Königshofen, in: BKA (Hrsg.), 2004, S. 78.251 Günther, in: BKA (Hrsg.), 2004, S. 57.252 Günther, in: BKA (Hrsg.), 2004, S. 57; Königshofen, in: BKA

(Hrsg.), 2004, S. 79.253 Schäfer, in: Löwe-Rosenberg, 2004, § 100h Rn. 33.254 Meyer-Goßner, 2006, § 100a Rn 11.255 Beulke, Jura 1986, S. 643; Meyer-Goßner, 2006, § 100a Rn. 11; vgl.

auch Sankol, JuS 2006, S. 700.256 Bundestagsdrucksache 14/7008, S. 7; Bär, MMR 2002, S. 362; Mey-

er-Goßner, 2006, § 100g Rn. 9; Nack, in: Karlsruher Kommentar,2003, § 100g Rn. 5; Beulke, Jura 1986, S. 643; Meyer-Goßner, 2006,§ 100a Rn. 12; Pfeiffer, 2005, § 100a Rn. 7.

257 Nack, in: Karlsruher Kommentar, 2003, § 100a Rn. 25; Schmidt, DerKriminalist 2002, S. 213.

258 BVerfGE 30, S. 1, 22.259 BVerfGE 30, S. 1, 22.260 Nack, in: Karlsruher Kommentar, 2003, § 101 Rn. 1; Pfeiffer, 2005,

§ 101 Rn. 1.261 Pfeiffer, 2005, § 101 Rn. 1.262 Pfeiffer, 2005, § 101 Rn. 1.263 Nack, in: Karlsruher Kommentar, 2003, § 101 Rn. 3.264 BVerfG, 1 BvR 2378/98 vom 3. März 2004, Absatz-Nr. 288ff.265 BGHSt 36, S. 305, 311.266 Meyer-Goßner, 2006, § 101 Rn. 8.

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Drucksache 16/8434 – 38 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

des Anschlussinhabers stattfand.267 In 12 Prozent derFälle wurde eine anderweitige Kenntniserlangung insbe-sondere durch Akteneinsicht angenommen. Entsprechen-des ergibt sich aus der Bielefelder Untersuchung. Dortwurden nur in 2,3 Prozent der Fälle die Betroffenen aus-drücklich benachrichtigt, während bei 50 Prozent davonausgegangen werden kann, dass der Beschuldigte durchdie Akteneinsicht eines Rechtsanwalts von der Maß-nahme Kenntnis erlangt hat.268

X. Zeugnisverweigerungsberechtigte

§ 100h II Satz 1 StPO verbietet Auskunftsverlangen überTelekommunikationsverbindungen, die von oder zu einemZeugnisverweigerungsberechtigten nach § 53 I Satz 1Nr. 1, 2 und 4 StPO hergestellt werden. Soweit Geistli-chen, Verteidigern oder Mitgliedern des Bundes- oder ei-nes Landtages ein Zeugnisverweigerungsrecht zusteht,dürfen Verkehrsdaten nur dann abgefragt werden, wenndiese selbst unter dem Verdacht der Teilnahme, Begünsti-gung, Strafvereitelung oder Hehlerei stehen (§ 100h IISatz 2 StPO). Wenn Daten gleichwohl erhoben wurden(weil das Zeugnisverweigerungsrecht bei Datenerhebungnicht ersichtlich war), besteht ein Verwertungsverbot(§ 100h II Satz 1, 1.HS. StPO).

Für die Begrenzung des Verwertungsverbots in Bezug aufDaten, die von Zeugnisverweigerungsrechten dieses spe-ziellen Personenkreises betroffen sind, wird in der Geset-zesbegründung269 angeführt, dass die EinbeziehungGeistlicher dem Vertrauen in die absolute Privatheit einerKontaktaufnahme zu einem geistlichen Seelsorger Rech-nung trage. Die Berücksichtigung von Verteidigern undParlamentariern wird mit deren für die demokratischeVerfassung bedeutsamen „staatskonstituierenden Kon-trollfunktion“ begründet. Unklar bleibt aber, warum dieseBerufsgruppen in § 100h StPO besonders berücksichtigtwerden, in vergleichbaren Vorschriften dagegen nicht. Sofehlt die Regelung eines Verwertungsverbots in §§ 100a,100b StPO gänzlich, obwohl auch diese Vorschriften dasFernmeldegeheimnis tangieren und die Telekommunika-tionsüberwachung durch die Preisgabe des Inhalts der Te-lekommunikation einen intensiveren Eingriff darstellt.Dagegen geht das Beweisverwertungsverbot in § 100c VIStPO weiter als das des § 100h II StPO, da hier alle Fälledes §§ 52, 53 StPO und die Berufshelfer (§ 53a StPO) er-fasst werden.

Die Vereinheitlichung der Regelungen zu Zeugnisverwei-gerungsberechtigten wird deshalb als dringend gebotenangesehen.270 Zwar können Zeugnisverweigerungsrechteim Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung besondereBerücksichtigung finden (dies ist auch vom Bundesver-fassungsgericht für Mitarbeiter der Medien ausdrücklichhervorgehoben worden271), doch sollte nach fast einhelli-ger Auffassung eine konsistente und transparente Rege-

lung für alle verdeckten Ermittlungsmaßnahmen an dieStelle der jetzigen Lösung treten,272 die als „uneinheitlich,unvollkommen und unausgewogen“273 bezeichnet wird.

Freilich geht es nicht nur um die formale Vereinheitli-chung der Behandlung der Zeugnisverweigerungsrechteim Rahmen verdeckter Ermittlungsmaßnahmen. Es gehtinsbesondere um die Frage wie weit der Schutz verschie-dener Berufsgruppen reichen soll und ob auch Berufshel-fer einbezogen werden sollen274. In neuerer Zeit ist dieBerufsgruppe der Journalisten in das Zentrum der Debat-ten gerückt275. Das Interesse von Strafverfolgungsbehör-den und Geheimdiensten an Journalisten ist ebenso ein-fach begründet wie das Interesse von Journalisten anStrafverfolgungsbehörden, Geheimdiensten sowie derenKlientel. Journalisten sind an sicherheitsrelevanten Infor-mationen interessiert und vermögen sich diese auch zu-weilen zu beschaffen. Sicherheitsrelevante Informationenbeziehen sich auf Praktiken der Strafverfolgungsbehör-den und der Geheimdienste sowie auf Praktiken derer,von denen Sicherheitsprobleme ausgehen, also Terroris-ten, Mafiosi, Großbetrüger etc. Hieraus ergeben sichKonflikte, die der Presse- und Rundfunkfreiheit einerseitssowie dem Interesse an Strafverfolgung, an einer funk-tionsfähigen Strafrechtspflege, an der Ermittlung derWahrheit und an Sicherheit im Allgemeinen geschuldetsind. Die Spannungen zwischen Pressefreiheit, Strafver-folgung und Sicherheit setzen sich auf den europäischenund internationalen Ebenen fort. Die Empfehlungen desEuroparats aus dem Jahre 2000 zum Schutz der Presse imZusammenhang mit Maßnahmen der Strafverfolgung undvor dem Hintergrund der Europäischen Menschenrechts-konvention legen hierüber Zeugnis ab276. Das Gewichtdes Schutzes der Pressefreiheit wird in Artikel 5 Grund-gesetz und in den europäischen und internationalen Bür-gerrechtskonventionen sichtbar. Die Bedeutung einerfreien Berichterstattung (die den Zugang zu sensiblen po-litischen Informationen selbstverständlich einschließt) istdabei unumstritten. Sie zeigt sich nicht nur in ihrer Rele-vanz für die Gewährleistung der Menschenrechte selbstsowie der demokratischen Verfassung von Gesellschaf-ten, sondern auch in der Relevanz für die Prävention vonKorruption und anderen Formen der organisierten Krimi-nalität. Freilich sind Pressefreiheit und der Schutz vonJournalisten nicht abwägungsfest. Die Pressefreiheit trittzunehmend in ein Konkurrenzverhältnis nicht nur zu Inte-ressen an Strafverfolgung, sondern zum Interesse an derHerstellung von Sicherheit.

Die Reformen der Strafprozessordnung der letzten Jahreverweisen jedenfalls auf eine Gemengelage des Interessesder Politik an der Berücksichtigung von Medienschutzund an einer effizienten Gewährleistung von Sicherheitvor Terrorismus und transnationaler organisierter Krimi-

267 Albrecht/Dorsch/Krüpe, 2003, S. 276.268 Backes/Gusy, StV 2003, S. 251.269 Bundestagsdrucksache 14/7679, S. 9.270 Keller, Die Polizei 2005, S. 112; Meyer-Goßner, 2006, § 100h Rn. 9.271 BVerfG NJW 2003, S. 1787, 1794; Schäfer, in: Löwe-Rosenberg,

2004, § 100h Rn. 28.

272 Wohlers/Demko, StV 2003, S. 246.273 Wolter/Schenke, 2002, S. 33.274 Wolter/Schenke, 2002, S. 35; Wolter, in: SK StPO, 2006, § 100h Rn.

6; Welp, GA 2002, S. 550; Wohlers/Demko, StV 2003, S. 246.275 Wolter/Schenke, 2002, S. 35; Welp, GA 2002, S. 550; Wohlers/Demko,

StV 2003, S. 246; Wollweber, NJW 2002, S. 1554, 1555 unter Ver-weis auf BVerfGE 91, S. 125, 134.

276 Recommendation No. R (2000) 7 on the right of journalists not todisclose their sources of information.

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 39 – Drucksache 16/8434

nalität. Im Jahre 2002 trat eine Änderung der Strafpro-zessordnung in Kraft, die in § 53 I Nr. 5 StPO den Schutzder Pressefreiheit in Form einer Erweiterung des Zeugnis-verweigerungsrechts für Journalisten deutlich – undwie gesagt wird: verfassungsrechtlich nicht zwingend277 –verstärkte. Die Beschlagnahmeregelungen sehen in § 97V StPO einen besonderen Schutz für Journalisten vor. Zurgleichen Zeit trat allerdings eine Änderung der Strafpro-zessordnung in Kraft, die in Gestalt der §§ 100g, 100hStPO eine weitgehende Nutzung von Telekommunika-tionsVerkehrsdaten ermöglicht und dabei zwar die Zeug-nisverweigerungsrechte des § 53 I StPO für Rechtsan-wälte, Seelsorger und Parlamentarier in §100 h II StPOhonoriert, Journalisten aber ausnimmt. Der Begründungdes Gesetzes lässt sich für die Beschränkung kaum etwasentnehmen; freilich erstreckt die Neuregelung der akusti-schen Wohnraumüberwachung in § 100c VI Satz 1 StPOnunmehr die Verpflichtung des Abbruchs der Überwa-chung auf alle berufsgruppenbezogenen Vertrauensver-hältnisse im Sinne des § 53 StPO. Das Stimmungsbildwird jedoch wohl auch durch die Sicht bestimmt, dass dieErweiterung des Journalistenschutzes des Jahres 2002nicht unbedingt in das Bild der Welt nach dem 11. Sep-tember 2001 passt.278

Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ver-weist darauf, dass es verfassungsrechtlich nicht gefordertist, Medienvertreter grundsätzlich aus der Telekommuni-kationsüberwachung auszunehmen.279 Das Bundesverfas-sungsgericht hat auch erklärt, dass einem unbehelligtentelefonischen Kontakt zu gesuchten Straftätern verfas-sungsrechtlich grundsätzlich ein geringeres Gewicht zu-komme als das Interesse an der Kommunikation mit Per-sonen, die als Informanten den Medien für dieÖffentlichkeit wichtige Informationen zukommen lassen,etwa zur Aufdeckung und Aufklärung von Missständen.Jedoch ist die grundrechtlich geschützte Pressefreiheit imRahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung angemessen zugewichten. Freilich ist zu bezweifeln, ob diese besondereVerhältnismäßigkeitsprüfung den Anforderungen des Eu-ropäischen Gerichtshofs für Menschenrechte standhält,die dieser an nationale Rechtsordnungen für den Fall derTelekommunikationsüberwachung von zeugnisverweige-rungsberechtigten Berufen stellt.280

Auch aus diesem Grunde erscheint es – wenn auch nichtverfassungsrechtlich gefordert – angemessen, die Rege-lungen der verdeckten Ermittlungsmaßnahmen im Hin-blick auf den Schutz der Zeugnisverweigerungsrechte(und der dahinter stehenden Interessen) zu harmonisierenund für § 100h II StPO ebenso wie für § 100a StPO eineder Lösung für die akustische Wohnraumüberwachungvergleichbare Regelung vorzusehen. Von ebenso großerBedeutung ist freilich die Transparenz in der Durchfüh-rung von Strafverfahren (mit und ohne verdeckte Ermitt-lungsmaßnahmen) gegen Journalisten (und andere Be-rufe). Hierzu gehört eine besondere Erfassung undAuswertung von eingeleiteten Ermittlungsverfahren, die

die Presse betreffen. Nur so wird auch systematisch (undnicht bloß punktuell281) überprüft werden können, wie derVerhältnismäßigkeitsgrundsatz Beachtung findet.

Im Lichte dieser Erwägungen ist die Bundesregierung inÜberlegungen eingetreten, die ein stimmiges Gesamtkon-zept des Schutzes von Zeugnisverweigerungsberechtigtenbei heimlichen Ermittlungsmaßnahmen zum Gegenstandhaben282. Hierfür stand im Entwurf eines Gesetzes zurNeuregelung der Telekommunikationsüberwachung undanderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen sowie zurUmsetzung der Richtlinie 2006/24/EG (Bundestags-drucksache 16/5846) zunächst § 53b StPO-E, der in derFassung des am 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Geset-zes als § 160a StPO enthalten ist.

XI. Kostentragung für die Verkehrsdatenabfrage

Wie bei §§ 100a, 100b StPO ist auch bei der Anwendungder §§ 100g, 100h StPO zwischen verschiedenen Artenvon Kosten zu unterscheiden. Zum einen entstehen Kos-ten für die technischen Einrichtungen zur Umsetzung derMaßnahmen sowie die fortlaufende Pflege und zum ande-ren im Einzelfall durch die Abfrage der Daten und dieAuskunftserteilung gegenüber den Polizei- und Justizbe-hörden.

Inwieweit die Dienstanbieter für den Einsatz der elektro-nischen Datenverarbeitung im Rahmen der Auskunftser-teilung zu Verkehrsdaten entschädigt werden, ist gesetz-lich nicht ausdrücklich geregelt. In § 110 I Satz 1 Nr. 1TKG ist allgemein festgelegt, dass die Kosten für dietechnischen Einrichtungen zur Umsetzung gesetzlicherMaßnahmen von den Telekommunikationsunternehmenselbst zu tragen sind (so auch §§ 110 IX Satz 2 TKG, 113 IISatz 1 TKG). Eine analoge Anwendung des § 23 III, IVJVEG, der die Entschädigung bei Rasterfahndungen re-gelt, kommt nach verschiedenen obergerichtlichen Ent-scheidungen nicht in Betracht.283 In Bezug auf die Kostenfür die Umsetzung der Maßnahmen nach §§ 100a, 100bStPO und § 113 TKG ist in § 110 IX TKG vorgesehen,dass eine Rechtsverordnung zur Regelung einer angemes-senen Entschädigung erlassen werden darf. Die §§ 100g,100h StPO werden dort nicht genannt.284 Von der Mög-lichkeit des Erlasses einer Rechtsverordnung hat die Bun-desregierung bisher keinen Gebrauch gemacht. WeitereKostenregelungen finden sich in §§ 112, 113 TKG. Diesebeziehen sich allerdings nur auf Bestandsdaten.

Die Kostentragungspflicht der Telekommunikationsun-ternehmen ist bei der Abfrage im automatisierten Verfah-ren ausdrücklich geregelt (§ 112 V TKG). Im Rahmen dermanuellen Abfrage lässt § 110 IX TKG den Erlass einerRechtsverordnung zur Regelung der Entschädigung zu.

277 Vgl. BVerfGE 77, S. 65 ff; BVerfG NJW 2003, S. 1787.278 Kunert, NStZ 2002, S. 174.279 BVerfG NJW 2003, S. 1787.280 Rspr.-übersicht und Analyse bei Esser, 2002, S. 159 f.

281 Wie in Überprüfungen durch Gerichte, vgl. hierzu beispielsweiseBVerfG, Urteil vom 2. März 2006 – 2 BvR 2099/04.

282 Bundesratsdrucksache 702/01, S. 11; Bundestagsdrucksache 14/7008, S. 8.

283 OLG Köln NStZ-RR 2001, S. 31 f.; OLG Stuttgart, NStZ 2001,S. 158.

284 Bock, in: Beck’scher TKG-Kommentar, 2006, § 110 Rn. 113.

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Drucksache 16/8434 – 40 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Da eine solche Rechtsverordnung allerdings noch nichtvorliegt, sind die Telekommunikationsanbieter gemäߧ 23 I Satz 1 Nr. 2 JVEG wie Zeugen (§ 19 JVEG) zu ent-schädigen.

Ebenso verhält es sich bei den Verkehrsdaten. Die dafüranfallenden Kosten sind nach dem JVEG abzurechnen.285

Gemäß § 23 I Satz 1 Nr. 2 JVEG sind die Diensteanbieterauch hier wie Zeugen (§ 19 JVEG) zu entschädigen. Nach§ 23 II JVEG werden dabei Aufwendungen für den not-wendigen Einsatz eigener Arbeitnehmer als sonstige Auf-wendungen nach § 7 I Satz 1 JVEG ersetzt. Eine Notwen-digkeit des Einsatzes von Arbeitnehmern ist beiUnternehmen wie Telekommunikationsanbietern immeranzunehmen.286 Der Höchstbetrag, der ersetzt wird, liegtnach § 22 I JVEG bei 17 Euro pro angefangene Stunde.Gemäß § 19 II S. 1 JVEG ist die Entschädigung auf zehnStunden je Tag begrenzt. Die zu ersetzenden Kosten fal-len dem Staat zur Last. Die Verteilung der Auslagen aufdie beteiligten Behörden richtet sich nach den jeweiligenLandesverwaltungsvorschriften.287

Entschädigt werden die Telekommunikationsunternehmenallein für die durch konkrete Überwachungsmaßnahmen,etwa für Einzelauskünfte über Verkehrsdaten, anfallendenKosten.288 Die Zuarbeit für die Strafverfolgungsbehördenerfordert auch im Rahmen der Verkehrsdatenabfrage, fürdie die TKÜV nicht gilt, organisatorische, personelle undsachliche Investitionen, die nach der geltenden gesetzli-chen Regelung nicht vollständig ausgeglichen werden.289

Im April 2005 wurde im Rahmen des Gesetzgebungsver-fahrens zur TKG Novelle 2005 ein Änderungsantrag derFraktionen SPD und Bündnis 90/Die Grünen mit demEntwurf eines neu einzufügenden § 113a TKG-E einge-bracht290, in dem eine pauschale (und auch Investitions-kosten umfassende) Entschädigung für die Telekommuni-kationsüberwachung nach §§ 100a, 100b, 100g, 100hStPO vorgeschlagen wurde. Begründet war der Vorschlagmit der Erbringung von im staatlichen Verantwortungsbe-reich liegenden Leistungen (Strafverfolgung) sowie mitdem rechtspolitischen Ziel, den Gebrauch der Telekom-munikationsüberwachung zu dämpfen. Der Vorschlagfand jedoch keine Zustimmung.

Ob die Verpflichtung, Infrastruktur für die Telekommuni-kationsüberwachung vorzuhalten, ohne angemesseneEntschädigung verfassungsrechtlich zulässig ist, ist um-stritten.291 Zur Begründung der Kostentragungspflicht derTelekommunikationsanbieter wird vorgetragen, die Un-terstützung der Strafverfolgung sei als Sonderopfer oderSonderabgabe für die Interessen der Allgemeinheit anzu-sehen.292 Demnach sind private Unternehmen verpflich-

tet, im öffentlichen Interesse ein Sonderopfer zu erbrin-gen. Freilich setzt die Erhebung einer Sonderabgabe nachder Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts einespezifische Beziehung zwischen dem Kreis der Abgaben-pflichtigen und dem mit der Abgabenerhebung verfolgtenZweck voraus.293 Betont wird dabei die Bedeutung derbesonderen inhaltlichen Nähe zwischen einem privatenSektor und der mit einem Sonderopfer verfolgten Ziel fürdie Begründetheit der Erhebung einer Sonderabgabe.294

Ein solcher Zusammenhang kann aber zwischen Tele-kommunikationsunternehmen und dem Interesse derStrafverfolgung nicht sofort gesehen werden. Telekom-munikationsunternehmen stehen dem Zweck der Straf-verfolgung nicht näher als andere private Sektoren295,sieht man davon ab, dass durch Veränderungen in Tech-nik und menschlicher Kommunikation dort in besonde-rem Maße Daten anfallen, die partiell (freilich zu einemverschwindend geringen Teil) zur Strafverfolgung ge-nutzt werden können. Bei der Strafverfolgung handelt essich um eine zentrale staatliche Aufgabe, für die keine be-sondere Sach- und Verantwortungsnähe der Diensteanbie-ter angenommen werden kann.296 Die Erfüllung der vonden Anlagenbetreibern verlangten Aufgaben steht zudemausschließlich im Interesse der Allgemeinheit.297 Für dieTelekommunikationsunternehmen folgt aus der Durch-führung von Telekommunikationsüberwachungsmaßnah-men kein für den Geschäftsbetrieb relevanter Nutzen.298

Soweit die Aufklärung von Straftaten bezweckt ist, diemit der Telekommunikation in keiner funktionalen Bezie-hung stehen, sind insoweit die gewünschten Verkehrsda-ten Beweismittel wie andere, deren Beschaffung grund-sätzlich auf staatliche Kosten zu erfolgen hat.299

Ein weiterer Anknüpfungspunkt wird in der Literatur imZurechnungsprinzip gesehen. Die Pflicht zur aktiven Ab-wehr von missbräuchlicher Nutzung bereitgestellter Tech-nik und anderer Leistungen ergibt sich danach aus gewerb-lichen Standespflichten sowie aus einer erweiterten undallgemeinen staatsbürgerlichen Pflicht, die staatliche Straf-verfolgung nicht zu vereiteln. Verantwortlichkeit bestehedarüber hinaus aber auch dafür, Strafverfolgung zu er-möglichen. Die Strafverfolgung kann zwar nicht – wie je-denfalls teilweise die Gefahrenabwehr – als private Auf-gabe verstanden werden; ausweislich § 258 StGB dürfenPrivate die Aufklärung von Delikten nicht verhindern.300

Verantwortlichkeit wird demnach für den durch das Ge-werbe beschriebenen Risikobereich zugewiesen. Die Ver-antwortlichkeit entsteht nach dieser Auffassung aus derBeherrschung eines spezifischen Risikobereichs. Hierwird denn auch eine Pflicht gesehen, dafür zu sorgen,dass ein Gewerbe nicht voraussehbar für sozialschädlicheZwecke missbraucht werde.301 In der Regel haftet ein Un-ternehmen zwar nur für Schäden aus dem bestimmungs-

285 Bock, in: Beck´scher TKG-Kommentar, 2006, § 110 Rn. 113.286 Zimmermann, 2005, § 23 Rn. 12.287 Vgl. BW Verwaltungsvorschrift des Innenministeriums über die Aus-

lagen der Polizei in Straf- und Bußgeldverfahren, GABl. 1995,S. 303, 305.

288 Dorsch, 2005, S. 31 f.289 Königshofen, in: BKA (Hrsg.), 2004, S. 79.290 Bundestagsausschussdrucksache 15 (9) 1867, S. 1 f.291 Vgl. zur Vereinbarkeit mit der Europäischen Menschenrechtskonven-

tion zusammenfassend Breyer, European Law Journal, 2005.292 Schmidt-Preuß, 2005, S. 3.

293 BVerfGE 55, S. 274, 306.294 BVerfGE 55, S. 274, 307.295 Dorsch, 2005, S. 37.296 Hammerstein, MMR 2004, S. 225.297 Hammerstein, MMR 2004, S. 225; Kube/Schütze, CR 2003, S. 669.298 Kube/Schütze, CR 2003, S. 669.299 Welp, 2000, S. 137.300 Waechter, VerwA 1996, S. 90.301 Waechter, VerwA 1996, S. 90.

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gemäßen Gebrauch von Produkten oder Anlagen. Jedochunterbricht auch eine bestimmungsfremde Verwendungvon Gegenständen nicht stets den Zurechnungszusam-menhang. Bezug genommen wird auf die für die Produkt-haftung anerkannte Regel, dass auch für Schäden aus be-kannten und üblichen missbräuchlichen VerwendungenErsatz zu leisten ist.302 Gegen eine Zurechnung wird vor-gebracht, dass bei absichtlichem Missbrauch von Anla-gen oder Produkten durch Dritte weder eine Pflichtwid-rigkeit vorliege, noch die Gefährdung aus demVerantwortungsbereich eines Unternehmens stamme.303

Stattdessen seien entweder die Dritten als Störer oder dieAllgemeinheit wegen der Schaffung und Akzeptanz kri-minogener Strukturen moderner Gesellschaften verant-wortlich.304

Schließlich wird in der Literatur305 für repressive Maß-nahmen eine Differenzierung entsprechend der für prä-ventive Maßnahmen in den Polizeigesetzen der Ländergeltenden Kategorien der Zustands-, Handlungs- undNichtstörer vorgeschlagen. Danach würde die Verpflich-tung zur Kostenübernahme davon abhängen, ob Telekom-munikationsunternehmen als Zustandsverantwortliche oderals Nichtstörer einzustufen sind. Wer aber als Nichtver-antwortlicher durch eine polizeirechtliche Maßnahme be-lastet wird, erhält hierfür einen Ausgleich.306 Eine Ver-pflichtung ohne Entschädigung wäre dann rechtswidrig.

Die Forderung einer aufwandsadäquaten Entschädigungfür die Beiziehung zu Telekommunikationsmaßnahmenwird schließlich auf die Wahrung der Verhältnismäßigkeitbei Eingriffen in die Berufs- und Eigentumsfreiheit ge-stützt.307

Anlässlich der Umsetzung der EU-Richtlinie zur Vorrats-datenspeicherung forderte der Bundestag in einem Antragdie Bundesregierung dazu auf, zeitnah einen Gesetzesent-wurf für eine angemessene Entschädigung der Telekom-munikationsunternehmen für die Inanspruchnahme imRahmen der Erfüllung hoheitlicher Ermittlungsmaßnah-men im Bereich der Telekommunikation vorzulegen.308

Dem ist die Bundesregierung bisher nicht nachgekom-men. Im am 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Gesetz zurNeuregelung der Telekommunikationsüberwachung undanderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen (Bundesge-setzblatt 2007. I, Nr. 70, S. 3198) ist dies ausdrücklichnicht vorgesehen. Jedoch wurde ein gesonderter, alsbaldvorzulegender Gesetzentwurf mit Entschädigungsrege-lungen angekündigt.

Der österreichische Verfassungsgerichtshof hat im Jahre2003 entschieden, dass die der deutschen Regelung ent-sprechende Normierung in § 89 I TKG (Österreich) ver-fassungswidrig ist.309 Nach der österreichischen Vorschriftwaren die Betreiber u. a. dazu verpflichtet, auf eigeneKosten alle Einrichtungen bereitzustellen, die zur Über-wachung des Fernmeldeverkehrs erforderlich sind (§ 89 ITKG-Österreich). Ein Kostenausgleich war nur für dieMitwirkung an einzelnen Überwachungsmaßnahmen vor-gesehen (§ 89 II TKG-Österreich). Dies entspricht der jet-zigen deutschen Regelung. Der Österreichische Verfas-sungsgerichtshof begründete die Verfassungswidrigkeitder Regelung mit der Unverhältnismäßigkeit eines voll-ständigen Ausschlusses von Kostenersatz für die erhebli-chen Investitionen in die technische Realisierung undInstallation der Einrichtungen zur Überwachung.310 Je-denfalls dürfen nach den Ausführungen des Österreichi-schen Verfassungsgerichtshofs die bei Erfüllung staatli-cher Aufgaben anfallenden Kosten (der Infrastruktur)nicht vollständig auf private Unternehmen abgewälztwerden. Diese Erwägungen sind grundsätzlich auf diedeutsche Rechtslage übertragbar.311

XII. Vorratsdatenspeicherung

Gegenstand aktueller rechtspolitischer Diskussionen istvor allem die Einführung der Vorratsdatenspeicherung.Die Richtlinie RL 2006/24/EG verlangt von den Mit-gliedsländern der Europäischen Union eine einheitlicheGesetzgebung zur Speicherung von Telekommunikations-verkehrsdaten für mindestens sechsund höchstens 24 Mo-nate.

Das geltende Recht verpflichtet die Anbieter nur zur Er-fassung der Bestandsdaten, nicht aber zur Speicherungder Telekommunikationsverkehrsdaten für Zwecke derStrafverfolgung. § 96 II Satz 1 TKG begrenzt die Spei-cherung von Verkehrsdaten auf den Zweck des Aufbausvon Verbindungen, das Ziel der Entgeltermittlung und Ent-geltabrechnung, für die Erstellung eines Einzelverbin-dungsnachweises und die Erkennung bzw. Beseitigungvon Störungen von Telekommunikationsleistungen oderdes Missbrauchs von Telekommunikationsdiensten. Diesentspricht den Vorgaben, die aus Datenschutzrichtlinienund weiteren europäischen Instrumenten folgen. NachVersendung der Rechnung dürfen die Verkehrsdatenhöchstens für sechs Monate gespeichert werden (§ 97 IIISatz 3 TKG). Im Übrigen sind die Verkehrsdaten vomDiensteanbieter nach Beendigung der Verbindung unver-züglich zu löschen (§ 96 II Satz 2 TKG). Für die Datender Angerufenen sieht § 96 III Satz 2 TKG eine Anony-misierungspflicht vor.

302 Waechter, VerwA 1996, S. 91.303 Waechter, VerwA 1996, S. 88.304 Waechter, VerwA 1996, S. 88.305 BVerwG mit Anmerkung Karpen, JZ 1986, S. 896 ff.; BVerwG mit

Anmerkung Karpen, JZ 1989, S. 895, 899.306 Kube/Schütze, CR 2003, S. 669.307 Günther, Kriminalistik 2004, S. 16; Günther, in: BKA (Hrsg.), 2004,

S. 69. Eckhardt, CR 10/2001, S. 675; Königshofen, in: BKA (Hrsg.),2004, S. 79; Kube/Schütze, CR 2003, S. 671; Bock, in: Beck’scherTKG-Kommentar, 2006, § 110 Rn. 17; Schmidt-Preuß, 2005, S. 29;BDI-Positionspapier, „Telekommunikationsüberwachung verfassungs-gemäß und wirtschaftsfreundlich gestalten“ vom 7. Oktober 2003,S. 2, http:/www.bdi-online.de; Wu, 2005, S. 147.

308 Bundestagsdrucksache 16/545, S. 4.

309 Österreichischer VfGH v. 27. Februar 2003, Az. G37/02, S. 2.310 Österreichischer VfGH v. 27. Februar 2003, Az. G37/02, S. 44.311 Vgl. im Übrigen Kilchling 2008, wo in einem für den Verband der

Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten (VATM)erstellten Gutachten zu „Die Neuregelung zur Auslandkopfüberwa-chung gemäß § 4 TKÜV auf dem verfassungsrechtlichen Prüfstand“davon ausgegangen wird, dass die geltenden Kostenregelungen ver-fassungswidrig sind.

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Diese Speichermöglichkeiten waren in jüngerer Ver-gangenheit durch die Rechtsprechung freilich deutlicheingeschränkt worden, und zwar für diejenigen Telekom-munikationsvorgänge, für die (nächträgliche) Einzelab-rechnungen nicht anfallen. Dies betrifft zum einen dieVerkehrsdaten über Verbindungen mittels Prepaid-Kar-ten. Für diese Fälle hat das Bundesverfassungsgerichteine Speicherung durch die Telekommunikationsunter-nehmen als Eingriff in das Grundrecht des Nutzers ausArtikel 10 I GG bejaht, da ein verfassungsrechtlich aner-kennenswertes Interesse an einer Datenspeicherung indiesen Fällen mangels Rechnungserstellung überhauptzweifelhaft sein. Die Eingriffsqualität der Speicherung er-gibt sich für das Gericht vor allem aus der mit der Spei-cherung verbundenen – abstrakten – Missbrauchsgefahrdurch das Telekommunikationsanbieter selbst oder Drittesowie die Möglichkeit staatlicher Zugriffe aufgrund von§ 100 g StPO.312 Ähnliche Bedenken haben zuvor denBundesgerichtshof dazu bewogen, T-Online die Speiche-rung der Internet-Verkehrsdaten bei Nutzern von Flatrateszu untersagen.313 In Folge der beiden Entscheidungensind T-Com und andere Provider offensichtlich dazuübergegangen, die Verkehrsdaten in diesen Fällen nurnoch für einen Zeitraum von sieben Tagen zu spei-chern.314 Diese Nutzerkreise werden durch die Vorratsda-tenspeicherung erneut betroffen.

Die zitierten Entscheidungen verweisen insbesondere aufeine erweiterte Datensicherheitsproblematik. Tatsächlicheröffnen sich im Hinlick auf die zusätzlichen Datenbe-stände neue Missbrauchsgefahren. Denkbar sind sowohlMissbrauch von innen als auch unberechtigte Zugriffevon außen. Die Einrichtung der notwendigen Schnittstel-len wird weiteres organisatorisches und personelles Da-tenschutzmanagement erfordern, das neu zu den oben er-örterten Kostenposten hinzutreten wird.

Diskussionen um die Einführung einer Vorratsspeiche-rung und Mindestspeicherfrist werden in Deutschlandebenso wie in anderen Ländern der Europäischen Unionseit einigen Jahren geführt. Sowohl im Jahre 2002315 alsauch 2003316 kam es zu Bundesratsinitiativen für die Ein-führung der Vorratsspeicherung, die jedoch keine Mehr-heit fanden. Die Bundesratsinitiativen waren mit der Ver-besserung der Effizienz strafrechtlicher Ermittlungenbegründet. Befürchtet wurde, dass die Verkehrsdatenab-frage, soweit die betroffenen Daten nicht mehr vorhandensind, ins Leere läuft.317 Der Bundestag hat sich in Stel-lungnahmen gegen eine Mindestspeicherfrist ausgespro-chen.318 Er führte dazu aus319, dass gesetzliche Lö-

schungspflichten zwar im Einzelfall den Zugriff vonStrafverfolgungsbehörden auf für sie relevante Daten ver-hindern könnten. Eine präventive generelle Speicherungvon Telekommunikationsverkehrsdaten würde jedoch dieBildung von Persönlichkeitsprofilen erheblichen Aus-maßes zulassen. Es bedürfe daher einer genauen Prüfung,ob eine derart umfassende Speicherung angemessen ist.Zudem entstünde ein erheblicher Aufwand und es bleibeungewiss, ob die Daten für den mit der Speicherung ver-folgten Zweck tatsächlich irgendwann einmal benötigtwürden.320 Eine allgemeine Vorratsdatenspeicherungwurde vom Bundesverfassungsgericht insbesondere inder Entscheidung zum Volkszählungsgesetz als besonde-res Problem aufgegriffen. Eine „Sammlung nicht anony-misierter Daten auf Vorrat zu unbestimmten oder nochnicht bestimmbaren Zwecken“, so der Tenor der Recht-sprechung des Bundesverfassungsgerichts bis heute, istwegen eines unverhältnismäßigen Eingriffs in das Rechtauf informationelle Selbstbestimmung verfassungswid-rig.321 Der Gesetzgeber ist angehalten, den Verwendungs-zweck bereichsspezifisch und präzise zu bestimmen, unddie Speicherung auf solche Daten zu beschränken, die fürden verfolgten Zweck geeignet und erforderlich sind.322

Die EU-Richtlinie sieht vor, dass Telekommunikations-Verkehrsdaten künftig mindestens sechs und höchstens24 Monate lang für Zwecke der Strafverfolgung und derGefahrenabwehr gespeichert werden. Dies soll gemäßArtikel 1 der Richtlinie der Harmonisierung der Vor-schriften der Mitgliedstaaten über die Regelung der Vor-ratsdatenspeicherung dienen und vor allem vergleichbarewirtschaftliche Rahmenbedingungen für Telekommuni-kationsunternehmen schaffen. Freilich steht im Hinter-grund die Überzeugung, dass präventive und repressiveBedürfnisse vor allem der Terrorismusbekämpfung nacheiner allgemeinen Speicherung von Verkehrsdaten inEuropa verlangen.

Am 16. Februar 2006 hat der Deutsche Bundestag einenAntrag zur sechsmonatigen Speicherung von Telefon-und Internetdaten beschlossen. Die Bundesregierung istdamit aufgefordert, die vom Europäischen Parlament an-genommene Richtlinie zur Aufzeichnung der Nutzerspu-ren umzusetzen. Der Bundestag forderte in diesem An-trag die Bundesregierung auch dazu auf, zeitnah einenGesetzesentwurf für eine angemessene Entschädigungder Telekommunikationsunternehmen für die Inanspruch-nahme im Rahmen der Erfüllung hoheitlicher Ermitt-lungsmaßnahmen im Bereich der Telekommunikationvorzulegen.323 Weiter wurde darauf hingewiesen, dass beider Umsetzung der Richtlinie nicht über die Mindestan-forderungen der Richtlinie hinsichtlich Speicherungs-dauer und Art der erfassten Daten hinausgegangen wer-den soll.

Die Bundesregierung hat dann am 18. April 2007 einenGesetzesentwurf zur Neuregelung der Telekommunika-

312 BVerfG, 1 BvR 1811/99 vom 27. Oktober 2006, MMR 2007, S. 308.313 BGH, III ZR 40/06 vom 26. Oktober 2006, MMR 2007, S. 37.314 Vgl. www.heise.de/newsticker/meldung/85609.315 Bundesratsdrucksache 275/02 v. 31. Mai 2002; Bundestagsdrucksa-

che 14/9801, S. 14 v. 17. Juli 2003.316 Bundesratsdrucksache 755/03, S. 33 (Stellungnahme des Bundesra-

tes vom 19. Dezember 2003).317 Bundesratsdrucksache 755/03, S. 34 (Stellungnahme des Bundesra-

tes vom 19. Dezember 2003).318 Bundestagsdrucksache 14/9801, S. 15; Bundestagsdrucksache 15/4597,

S. 3.319 Bundestagsdrucksache 14/9801, S. 15.

320 Bundestagsdrucksache 14/9801, S. 16.321 BVerfGE 65, S. 1, 46.322 BVerfGE 65, S. 1, 46.323 Bundestagsdrucksache 16/545, S. 4.

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 43 – Drucksache 16/8434

tionsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungs-maßnahmen vorgelegt324, der auch der Umsetzung derEuropäischen Richtlinie dient und die Vorratsdatenspei-cherung berücksichtigt. Die Reform ist am 1. Januar 2008in Kraft getreten. Danach legt § 113a TKG fest, dass jederDiensteanbieter verpflichtet ist, bestimmte von ihm beider Nutzung seines Dienstes erzeugte oder verarbeiteteVerkehrsdaten für die Zwecke der Strafverfolgung sechsMonate lang zu speichern. Gespeichert werden nach IIdie Rufnummern des anrufenden und des angerufenenAnschlusses sowie die Rufnummern, an die der Anrufweitergeleitet wird, Beginn und Ende der Verbindungensowie Angaben zu dem jeweils genutzten Dienst. Im Fallmobiler Telefondienste ist ferner die Speicherung derKennung der Mobilfunkkarte des anrufenden oder ange-rufenen Anschlusses, der Kennung des anrufenden unddes angerufenen Endgerätes und der Bezeichnung derdurch den anrufenden und den angerufenen Anschluss beiBeginn der Verbindung genutzten Funkzellen vorgesehen. Für Internettelefondienste wird die Internetprotokoll-adresse des anrufenden und des angerufenen Anschlussesregistriert. E-Mail-Adressen, IP-Adressen des Absendersder übermittelten Nachricht, Beginn und Ende der Nut-zung des Dienstes sind ebenfalls zu erfassen. Schließlichwerden die IP-Adresse des Teilnehmers für eine Internet-nutzung, die Kennung des Anschlusses, über die die In-ternetnutzung erfolgt, sowie Beginn und Ende der Inter-netnutzung festgehalten. Daten, die Aufschluss über denInhalt der Kommunikation oder angewählter Internetsei-ten geben, dürfen dagegen nicht gespeichert werden(Abs. 8). Schließlich soll die Speicherung so vorgenom-men werden, dass Auskunftsersuchen der anfragendenStellen unverzüglich beantwortet werden können (Abs. 9).Die Daten sind innerhalb eines Monats nach Ablauf derSpeicherungsdauer von sechs Monaten zu löschen(Abs. 11).§ 113b erlaubt die Weitergabe der nach § 113a TKG ge-speicherten Daten nur für Zwecke der Strafverfolgung,zur Abwehr von erheblichen Gefahren für die öffentlicheSicherheit oder zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgabender Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Län-der, des Bundesnachrichtendienstes und des MilitärischenAbschirmdienstes, soweit dies in den jeweiligen gesetzli-chen Bestimmungen unter Bezugnahme auf § 113a vor-gesehen und die Übermittlung im Einzelfall angeordnetist. Entsprechende Regelungen existieren bislang wederzu präventiven Zwecken noch im Hinblick auf die ge-nannten Dienste.Die Verkehrsdatenspeicherung hat erhebliche rechts- undverfassungspolitische Kontroversen ausgelöst. Dies istverständlich, geht es doch um strategische Abwägungenzwischen Sicherheit und dem Schutz des Privaten. Beson-dere Herausforderungen werden aus der Perspektive desDatenschutzes gesehen. Aus der Sicht von Datenschutz-beauftragten ist eine Vorratsdatenspeicherung, wie in derEU Richtlinie vorgesehen und in der am 1. Januar 2008 in

Kraft getretenen Reform umgesetzt, deshalb verfassungs-widrig325, weil sie als anlassunabhängige und verdachts-lose Überwachung des Telekommunikations- und Inter-netverkehrs einen unverhältnismäßigen Eingriff in Artikel 8der EMRK bzw. des Fernmeldegeheimnisses mit sichbringe326 und sich jedenfalls nicht sofort mit den Vorgabendes – allerdings lange zurück liegenden327 – Volkszäh-lungsurteils des Bundesverfassungsgerichts in Einklangbringen lasse. In der Beurteilung der Vorratsdatenspeiche-rung wird die Bedeutung des Telekommunikationsge-heimnisses als zentrales Menschenrecht in der Informati-onsgesellschaft betont und ferner darauf hingewiesen,dass Kommunikationsnetze nicht zu „Plattformen derVerdachtsschöpfung“ werden dürften.328 Problematischsei daher insbesondere auch die Zugriffsmöglichkeit derNachrichtendienste.329

Als Alternative zur Vorratsdatenspeicherung wird zuwei-len vorgeschlagen, das so genannte „Quick Freeze“ oder„Data Freeze“-Verfahren“ einzuführen.330 Darunter ver-steht man ein (insbesondere in den USA praktiziertes undferner in dem Übereinkommen des Europarats über Com-puterkriminalität enthaltenes) Verfahren, nach dem dieDaten einer verdächtigen Person ab einem bestimmtenZeitpunkt auf richterliche Anordnung hin gespeichert und„eingefroren“ werden.331 Jedoch geht es dabei im Kern le-diglich um die derzeit geltende Verkehrsdatenabfrage, mitder ab dem Zeitpunkt der richterlichen Anordnung (oderstaatsanwaltschaftlichen Eilentscheidung) auf entstehendeTelekommunikationsverbindungen zugegriffen wird. Inso-weit werden durch ein solches Verfahren eben gerade sol-che Daten nicht erfasst, auf die die Vorratsspeicherungabzielt, nämlich Daten, die aus betrieblichen Zweckenheraus nicht gespeichert werden und solche, die vor der inder Vorratsspeicherungsregelung vorgesehenen Frist ge-löscht werden.332

Praktische Bedenken gegen die Vorratsspeicherung beru-fen sich auf Zweifel an der Kosten-Nutzen-Effizienz333

324 Regierungsentwurf für ein Gesetz zur Neuregelung der Telekommu-nikationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnah-men sowie zur Umsetzung der Richtlinie 2006/24/EG, Bundestags-drucksache 16/5846.

325 Vgl. auch Sierck/Schöning/Pöhl, 2006, S. 21.326 Dix, Kriminalistik 2004, S. 81.327 Stenographischer Bericht des BT, 19. Sitzung in der 16. Wahlperiode,

16. Februar 2006, S. 1428.328 Dix, in: BKA (Hrsg.), 2004, S. 164; vgl. ähnliche Erwägungen in

Bundestagsdrucksache 16/237, S. 1.329 Unabhängiges Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein

(ULD), Stellungnahme zum Gesetzentwurf der Bundesregierung Bun-destagsdrucksache 275/07 vom 23. Augusst 2007, www.datenschutz-zentrum.de/polizei/20070627-vorratsdatenspeicherung.htm, S. 26 f.

330 Stenographischer Bericht des BT, 19. Sitzung in der 16. Wahlperiode,16. Februar 2006, S. 1419; Dix, Kriminalistik 2004, S. 82.

331 Büllingen, DuD 2005, S. 350; Dix, in: BKA (Hrsg.), 2004, S. 162;Sierck/Schöning/Pöhl, 2006, S. 14.

332 Stenographischer Bericht des BT, 19. Sitzung in der 16. Wahlperiode,16. Februar 2006, S. 1426; Commission Staff Working Document,Annex to the: Proposal for a Directive of the European Parliamentand of the Council on the retention of data processed in connectionwith the provision of public electronic communication services andamending Directive 2002/58/EC, Extended Impact Assessment,{COM(2005) 438 final}, Brüssel, 21. 9. 2005, S. 12; European Wor-king Party on Information Technology Crime, 2001; Stenographi-scher Bericht des BT, 19. Sitzung in der 16. Wahlperiode, 16. Februar2006, S. 1427

333 Vgl. zu Kostenschätzungen Larnhof, 2006, S. 64f.; Sierck/Schöning/Pöhl, 2006, S. 14; Stenographischer Bericht des BT, 19. Sitzung inder 16. Wahlperiode, 16. Februar 2006, S. 1420.

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Drucksache 16/8434 – 44 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

und an der Beherrschbarkeit großer Datenmengen.334

Zweifelhaft sei darüber hinaus, ob gegenwärtig überhauptein hinreichendes datenschutzrechtliches Regelungskon-zept existiere, das den Gefahren einer missbräuchlichenVerwendung der Daten hinreichend vorbeugen könne.335

Irland hat im Juli 2006 vor dem EuGH (Nichtigkeits-)Klage gegen die Richtlinie erhoben. Die Irische Regie-rung vertritt die Auffassung, dass die Richtlinie als Rah-menbeschluss hätte erlassen werden müssen, nimmt frei-lich nicht zu substantiellen Fragen Stellung.336 Irland warim Übrigen unter den ersten Mitgliedsländern der Euro-päischen Union, die eine Verpflichtung zur Verkehrsda-tenspeicherung eingeführt haben. Auch der DeutscheBundestag war zunächst der Ansicht, dass die Rechts-grundlage in einem Rahmenbeschluss gesetzt werdenmüsse.337 Gleichwohl wurde keine Nichtigkeitsklage vonSeiten Deutschlands erhoben. Ein entsprechender Antragzur Überprüfung der Richtlinie wurde abgelehnt.338

Dabei lassen die Implementationsdebatten in den Mit-gliedsstaaten deutlich erkennen, dass tatsächlich Strafver-folgungs- und Datenschutzgesichtspunkte die Gesetzge-bung maßgeblich bestimmen, und nicht so sehr (wennüberhaupt) genuin wirtschaftspolitische Überlegungen,wie bei einer EU-Richtlinie als Instrument zur Binnen-marktregulierung eigentlich zu erwarten wäre. Jedenfallswird das ursprüngliche Ziel der Richtlinie, einheitlicheRahmenbedingungen für die Telekommunikationsunter-nehmen zu schaffen, angesicht des derzeitigen Stands derUmsetzung noch nicht erreicht (siehe Entwicklungen imAusland).

C. Entwicklungen im Ausland

Die Abfrage von Telekommunikationsverkehrsdaten hatsich international zu einer Standardmaßnahme in straf-rechtlichen Ermittlungen und bei der strategischen Infor-mationsbeschaffung zu Zwecken der Gefahrenabwehr und-analyse entwickelt339. Dieser Prozess reflektiert die zu-nehmende Verbreitung von (mobilen) Telekommunikations-

mitteln, die Digitalisierung und die hieraus resultierendendetaillierten und validen Informationen zu individuellemVerhalten sowie Beziehungsmustern. RechtspolitischeDebatten zur Nutzung von Verkehrsdaten für Zwecke derStrafverfolgung und der Gefahrenabwehr sind auch da-durch gekennzeichnet, dass für Verkehrsdaten grundsätz-lich von einer im Vergleich zu Kommunikationsinhaltenweniger signifikanten Eingriffsintensität ausgegangenwird.

Kontroversen lassen sich im internationalen Vergleichinsbesondere in der Behandlung des anonymen Zugangszur Telekommunikation, der technischen Ausgestaltungder Verbindungen zwischen Strafverfolgungsbehördenund Telekommunikationsunternehmen (insbesondere un-ter Datenschutz- und Sicherheitsgesichtspunkten), derKosten der durch den Ausbau der Überwachungsanforde-rungen bedingten Infrastrukturmaßnahmen in den Unter-nehmen sowie in der Frage der Vorratsspeicherung vonVerkehrsdaten beobachten.

Betrachtet man die europäischen und außereuropäischenEntwicklungen, dann lässt sich auch feststellen, dass dieEuropäische Union bei der Einführung von Regelungenzur Verkehrsdatenspeicherung eine Vorreiterrolle spielt.Die Debatten um die Vorratsspeicherung haben sich aufEuropa konzentriert.340 Dies ist sicher eine Folge derRichtlinie 2006/24 und ihres etwa vierjährigen Entste-hungsprozesses. Der Common Law Bereich, und hier dieUSA, Kanada und Neuseeland, hat sich bislang darauf be-schränkt, anlassbezogene Regeln des Zugriffs auf Ver-kehrsdaten einzuführen bzw. den Zugriff auf Bestands-und Verkehrsdaten im Rahmen der Überwachung der Te-lekommunikation selbst zu nutzen.341 In den USA hattendie Anschläge vom 11. September 2001 in Gestalt des Pa-triot Act 2001 zwar zu weitreichenden Erweiterungen derExekutivbefugnisse auch in der Telekommunikations-überwachung geführt. Jedoch sind die Verpflichtung zurErfassung von Bestandsdaten und die Vorratsspeicherungvon Verkehrsdaten zu diesem Zeitpunkt nicht ins Augegefasst worden342; die anlassbezogenen Zugriffe auf Ver-kehrsdaten sind auf 90 Tage begrenzt, bei einer einmali-gen Verlängerungsmöglichkeit um 90 Tage). 2006 lebtedie Debatte über eine Verkehrsdatenspeicherung in denUSA wieder auf, beschränkt auf Internetverbindungenund angefacht durch Fälle der Kinderpornografie sowieder sexuellen Ausbeutung von Kindern in online-Kom-munikation über das Internet.343 Ein Gesetzesantrag imBundesstaat Colorado, der die Vorratsspeicherung für In-

334 Bundestagsdrucksache 16/128, S. 2; siehe auch Nuno Alvaro, 2005,S. 3 f.

335 Unabhängiges Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein(ULD), Stellungnahme zum Gesetzentwurf der BundesregierungBundestagsdrucksache 275/07 vom 23. August 2007, www.daten-schutzzentrum.de/polizei/20070627-vorratsdatenspeicherung.htm,S. 28.

336 Sierck/Schöning/Pöhl, 2006, S. 21; Pressemitteilung von DigitalRights Ireland vom 14. September 2006, abrufbar unter http://www.digitalrights.ie/2006/09/14/dri-brings-legal-action-over-mass-surveillance/.

337 Bundestagsdrucksache 16/545, S. 3.338 Bundestagsdrucksache 16/1622: Antrag vom 26. Mai 2006 „Richtli-

nie zur Vorratsdatenspeicherung durch den Europäischen Gerichtshofprüfen lassen“; Plenarprotokoll 16/38 vom 20. Juni 2006, S. 3527D,Anlage 2.

339 Vgl. hierzu die Nachweise in Commission Staff Working Document,Annex to the: Proposal for a Directive of the European Parliamentand of the Council on the retention of data processed in connectionwith the provision of public electronic communication services andamending Directive 2002/58/EC, Extended Impact Assessment,{COM(2005) 438 final}, Brüssel, 21. September 2005 sowie dieDarstellung unter 1.D.III.

340 In Argentinien wurde im Jahr 2004 eine Vorratsspeicherung für zehnJahre eingeführt, kurz darauf aber wieder suspendiert, vgl. Decreto357/2005: Suspéndese la aplicación del Decreto Nº 1563 del 8 de no-viembre de 2004.Suspéndese la aplicación del Decreto Nº 1563 del 8 de noviembre de2004.

341 Die größere Zurückhaltung deckt sich im Übrigen mit Umfrageer-gebnissen, nach denen die nordamerikanische Bevölkerung stärkerals die kontinentaleuropäischer Länder am Schutz persönlicher Dateninteressiert ist, vgl. hierzu The Surveillance Project, 2006, S. 11.

342 Crump, Standford Law Review 2003.343 Petersen, EDUCAUSE Review 2006.

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ternetverbindungen vorsah, fand im Jahr 2006 freilich imParlament keine Mehrheit.344

In Kanada wurde anlässlich der Konsultationen zum Ge-setz über die Modernisierung von Ermittlungstechniken(Modernization of Investigative Techniques Act, MITA,2005) darauf hingewiesen, dass weder an die Einführungvon „Know Your Customer“ Regeln noch von Verpflich-tungen zur Speicherung von Bestands- oder Verkehrsda-ten gedacht werde. Der Entwurf des Modernisierungsge-setzes MITA345, mit dem die Umsetzung der CyberKonvention des Europarats erfolgen sollte und das Tele-kommunikationsunternehmen verpflichtet hätte, dieKommunikationstechnik an Erfordernisse der Strafverfol-gung anzupassen, fiel aus formellen Gründen 2005 ausdem Gesetzgebungsverfahren.346 Voraussichtlich wird dasVorhaben in naher Zukunft wieder aufgegriffen.

In England/Wales wird der Zugang zu Telekommunika-tionsdaten (einschließlich Bestands- und Verkehrsdaten)in Teil I, Kapitel 2 des Gesetzes zur Regelung von Ermitt-lungsbefugnissen geregelt (RIPA, Regulation of Investi-gatory Powers Act 2000).347 Der Zugang wird erlaubt fürPolizeibehörden, Zoll, Geheimdienste und die Finanz-behörden. RIPA bezieht sich auf drei Arten von Telekom-munikationsdaten: Verkehrsdaten, Nutzungsdaten undNutzerdaten. Ein Code of Practice legt die Bedingungenfest, unter denen Angehörige der genannten Behörden aufdiese Datenbestände zugreifen dürfen.348 Die Polizeiselbst (genau bestimmte Dienstgrade) hat das Recht, Ab-fragen anzuordnen. Bislang beruht die Speicherung derVerkehrsdaten freilich auf freiwilligen Vereinbarungen,die der Innenminister mit Telekommunikationsversorgernabschließen kann. Die Möglichkeit der Einführung zwin-gender Vorschriften sind in RIPA sowie im Anti-terro-rism, Crime and Security Act 2001 angelegt. Fürbestimmte Verkehrsdaten ist von den meisten Telekom-munikationsfirmen in England eine Speicherung vonzwölf Monaten vorgesehen. Insoweit wurden die Bedürf-nisse der Strafverfolgungspraxis in Kombination mitRIPA bislang offensichtlich weitgehend erfüllt. Zum1. Oktober 2007 werden die Data Retention (EC Directive)Regulations 2007 in Kraft treten, die in Umsetzung derEG Richtlinie 2006 die Pflicht zur Speicherung von Ver-kehrsdaten für einen Zeitraum von zwölf Monaten vorsehen.

In der Schweiz wurde durch das Bundesgesetz betreffenddie Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs 2000eine Speicherungspflicht mit einer Dauer von sechs Mo-naten eingeführt. Finnland und die Tschechische Repu-blik streben derzeit ebenfalls eine der deutschen Rege-lung entsprechende Speicherungsdauer von sechsMonaten an. Schweden dürfte sich nach den bisherigenÜberlegungen dem Sechs-Monatsmodell anschließen.Frankreich, Dänemark, Spanien und Belgien werden nachden bisherigen Plänen eine Speicherungsdauer von zwölfMonaten einführen oder haben dies bereits getan (Frank-

reich: Décret n° 2006-358 du 24 mars 2006 relatif à laconservation des données des communications électroni-ques349; Spanien: Gesetzesentwurf 121/000128 Conserva-ción de datos relativos a las Comunicaciones Electrónicasy a las Redes Públicas de Comunicaciones, vom 11. Juni2007). Italien (Dekret 259/2003, „Codice delle comunica-zioni elettroniche“, Dekret 196/2003, „Codice in materiadi protezione dei dati personali, sowie das so genannte„decreto Pisanu“) und Irland haben bereits längere Spei-cherungsfristen implementiert, und zwar Italien mit einerDauer von zwei Jahren (mit Verlängerungsmöglichkeitbis zu vier Jahren für Telefondaten, Internetverbindungs-daten: sechs Monate) und Irland von drei Jahren (aller-dings ebenfalls begrenzt auf Telefonverbindungsdaten;Irish Criminal Justice (Terrorist Offences) Act, 2005).

In den Niederlanden steht derzeit ein Gesetzesentwurf zurUmsetzung der Europäischen Richtlinie in der Diskus-sion, nach dem eine Speicherungszeit für Telefon- undInternetverbindungsdaten von 18 Monaten eingeführtwerden soll. Die Vorlage ist vom niederländischen Daten-schutzbeauftragten kritisch gewürdigt worden, der unterBerufung auf neuere Stellungnahmen der Artikel 29 Ar-beitsgruppe350 eine Orientierung am Minimum der EURichtlinie für angemessen ansieht, im Übrigen aberebenso wie die Europäischen Datenschutzbeauftragtenbei der Vorratsspeicherung von Verkehrsdaten Artikel 8der Europäischen Menschenrechtskonvention als berührtbetrachtet.351

Die Umsetzung der Europäischen Richtlinie in Österreichhat zunächst zur Vorlage eines Entwurfs zur Änderungdes Telekommunikationsgesetzes vom Juni 2007 ge-führt.352 Eine Vielzahl von Stellungnahmen353 hat danneine Verschiebung der Behandlung des Entwurfs im Par-lament und das Eingeständnis zur Folge gehabt, dass dieFrist zur Umsetzung der Richtlinie (15. September 2007)nicht eingehalten werden wird. Der Entwurf sieht eineSpeicherfrist von sechs Monaten vor. Das österreichischeBundesministerium für Inneres hat im Übrigen aus derSicht der Sicherheitsbehörden dazu geraten, die Frist aufein Jahr auszudehnen.

Insgesamt gesehen dürfte demnach im Prozess der Imple-mentation der Europäischen Richtlinie ein Trend zur Ver-einheitlichung der durch sicherheitspolitische Erwägungenbegründeten Rahmenbedingungen der Telekommunika-tion (wie durch die Richtlinie beabsichtigt) nicht angelegt

344 Cyber Security Industries Alliance, 2007.345 Zusammenstellung der Unterlagen aus dem Anhörungsverfahren in

Nevis Consulting Group Inc., 2003.346 Gilbert/Kerr/McGill, Criminal Law Quarterly 2007.347 Walker/Akdeniz, Northern Ireland Legal Quarterly 2003.348 Rowland, The Journal of Information, Law and Technology 2004.

349 Frankreich hat im Übrigen im Gesetz Nr. 2006-64 vom 23. Januar2006 (relative à la lutte contre le terrorisme et portant dispositions di-verses relatives à la sécurité et aux contrôles frontaliers), Journal Of-ficiel du 24 janvier 2006 mit dem Wegfall des Richtervorbehalts denZugang zu Verkehrsdaten erleichtert (gebilligt durch das Verfas-sungsgericht, vgl. Conseil Constitutionelle, Décision n° 2005-532DC vom 19. Januar 2006).

350 Article 29 Arbeitsgruppe Opinion 3/2006 sowie Opinion 4/2005.351 Opinion from the Dutch Data Protection Authority (Dutch DPA)

[College bescherming persoonsgegevens (CBP)] Legislative propo-sal (Bill) for implementation of the European Directive on Data Re-tention, Pertaining to the tender letter of 22 January 2007, S. 2.

352 Entwurf: Bundesgesetz, mit dem das Telekommunikationsgesetz2003 – TKG 2003 geändert wird, 61/ME XXIII. GP.

353 Einzusehen unter www.parlinkom.gv.at/portal/page?_pageid=908,4662640&_dad=portal&_schema=PORTAL.

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Drucksache 16/8434 – 46 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

sein. Unsicherheit und Unterschiede werden deutlich,wenn die Zielsetzung der Schaffung gleicher Rahmenbe-dingungen für den Wettbewerb der Telekommunikations-unternehmen in das Blickfeld rückt. Die wird gerade inder Behandlung von mit der Implementation der Vorrats-speicherung entstehenden Kosten sichtbar. Die englischeRegelung von 2007 sieht in § 10 vor, dass das Innenmi-nisterium Kosten, die aus der Umsetzung der Vorratsspei-cherung folgen, ersetzen kann. Die Übernahme der Kos-ten steht jedoch unter der Bedingung der Mitteilung derKosten durch die Betreiberfirma und der Verständigungzwischen Unternehmen und Regierung über die Höhe derAufwendungen. In Frankreich werden gestaffelte Tarifeeingeführt (Artikel R. 213-1 Décret n° 2006-358 du 24mars 2006), in die auch die mit der Implementation derVorratsspeicherung verbundenen Kosten aufgenommenwerden sollten. Damit hat die französische Gesetzgebungauf eine Entscheidung des Verfassungsgerichts reagiert,das im Jahr 2000 grundsätzlich festgestellt hat, dass derStaat die durch öffentliche Interessen begründete Ver-pflichtung zur Schaffung von Abhörkapazitäten in Tele-kommunikationsunternehmen nicht entschädigungslos set-zen darf.354 Der österreichische Entwurf stellt darauf ab,dass Mehrkosten nicht absehbar seien und enthält sich ei-ner Regelung.355 Das spanische Gesetz sieht vor, dass alleKosten für Anpassungsmaßnahmen auf der Seite der Te-lekommunikationsunternehmen zu deren Lasten gehen.356

In den USA ist es im Zusammenhang mit CALEA (Rege-lung der Telekommunikationsüberwachung und der Ver-pflichtung der Telekommunikationsunternehmen, die Sys-teme an Überwachungsanforderungen anzupassen) zurEinrichtung eines Fonds gekommen, über den bis 2006knapp 500 Millionen US-Dollar Investitionskosten (für In-frastrukturmaßnahmen) erstattet wurden.357

Ein Beispiel für das Modell der international wohl weitverbreiteten, vollständigen Abwälzung der Kosten für In-frastrukturanpassungsmaßnahmen auf Telekommunika-tionsunternehmen bietet die südafrikanische Gesetzge-bung. Durch den „The Regulation of Interception ofCommunications and Provisions of Communication-rela-ted Information Act” aus dem Jahr 2002 werden nebender Pflicht zu einer zwölfmonatigen Speicherung der Ver-kehrsdaten alle damit verbundenen Kosten den Unterneh-men auferlegt.

D. Forschungsstand zu Häufigkeit, Anwen-dungsstrukturen und den Folgen der Verkehrsdatenabfrage

I. Einführung

Der Forschungsstand zu der Verbreitung von Bestands-und Verkehrsdatenabfragen im Strafverfahren ist schondeshalb begrenzt, weil offizielle Statistiken zur Nutzung

dieser Daten für Zwecke der Repression und Präventionnur selten zur Verfügung stehen. Ferner ist die empirischeForschung zu verdeckten und technischen Ermittlungs-methoden wenig entwickelt. Zwar ist seit dem 11. Sep-tember das wissenschaftliche Interesse an Untersuchun-gen zu technischen Systemen der Überwachung erheblichangestiegen.358 Empirische Untersuchungen konzentrier-ten sich dabei jedoch bislang ganz überwiegend auf dieVideoüberwachung. Vor allem die Kommunikationsüber-wachung in Strafverfahren ist international ein nur wenigbeachtetes Forschungsfeld geblieben. Selbst zur Inzidenzder Bestands- und Verkehrsdatenabfrage werden lediglichpunktuelle Einblicke möglich, die beispielsweise für dieNiederlande die Abfrage von Bestandsdaten für das Jahr2001 mit etwa 300 000 bis 350 000 Fällen angeben las-sen.359 Jedoch ist die Bedeutung von empirischen Datenzur Abfrage von Telekommunikationsverkehrs- und -be-standsdaten gerade in der Europäischen Richtlinie 2006/24/EG in Artikel 10 hervorgehoben worden. Die Mit-gliedsländer der Europäischen Union sind dadurch ange-halten, Grundinformationen zu den Abfragen in Statisti-ken zusammenzufassen. Dies soll ausweislich derBegründung, die im „Explanatory Report“ enthalten ist,eine Grundlage für die für 2010 vorgesehene Evaluationder Maßnahme herstellen.360

Aus der Evaluationsperspektive ergeben sich verschie-dene Fragestellungen, die einer empirischen Überprüfunggrundsätzlich zugänglich sind. Hierzu gehören nicht nurFragen nach Häufigkeit und Struktur der Abfrage vonVerkehrsdaten selbst und deren Folgen für Ermittlungs-und Strafverfahren. Von Bedeutung sind auch Fragennach dem Potential von Verkehrsdaten im Hinblick aufBeeinträchtigungen der Privatsphäre und effizienter Im-plementation von Sicherheitspolitik. Fragen nach allge-meinen Zusammenhängen zwischen Anonymität (oderverdeckter Kommunikation) und bestimmten Formen vonKriminalität haben besondere Bedeutung im Zusammen-hang mit anonymen Prepaid-Zugängen zur Telekommu-nikation.361 Die Politik der Unterbindung anonymer Tele-kommunikation durch die Implementation des „Knowyour Customer“ Prinzips ist nach einer neueren Umfragemaßgeblich durch Sicherheits- und Kriminalitätskontroll-erwägungen bestimmt.362

II. Entwicklungen in Telekommunikation und Telekommunikationsüberwachung

Im Bereich der Telekommunikations(inhalts)überwa-chung ist – wie in der Vergangenheit immer wieder kri-tisch hervorgehoben – ein kontinuierlicher Anstieg derAnordnungen festzustellen (vgl. Abbildung 1).

354 Entscheidung Nr. 2000-441, DC vom 28. Dezember 2000.355 61/ME XXIII. GP – Ministerialentwurf – Materialien, S. 1.356 Boletin Oficial de Las Cortes Generales, VIII LEGISLATURA, Serie

A: PROYECTOS DE LEY 11 de junio de 2007 Núm. 128-9, S. 67.357 Office of the Inspector General, 2006; Figliola, 2007.

358 Marx, Law and Social Inquiry 2006, S. 399 ff.359 Kamerstukken II 2001/02, 28 059, Nr. 3, S.17; geschätzt wurde eine

Steigerung auf bis zu 900 000 Abfragen in den Folgejahren.360 Explanatory Report, zu Artikel 7.361 Australian Privacy Foundation, 2006, Gow/Ihnat, Surveillance &

Society 2004.362 Gow, 2006.

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 47 – Drucksache 16/8434

A b b i l d u n g 1

Entwicklung der Telekommunikationsüberwachungsanordnungen von 1997 bis 2005 (mit Verlängerungen)

Quelle: Die Zahlen wurden von der Bundesnetzagentur zur Verfügung gestellt.

961811834

1591019163

2380626177

29438

34374

42508

0

5000

10000

15000

20000

25000

30000

35000

40000

45000

50000

1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005

An

zah

l der

An

ord

nu

ng

en

Von 9 618 Anordnungen nach §§ 100a, 100b StPO imJahr 1997 steigt die Zahl auf 42 508 im Jahr 2005. Be-stimmend für die Zunahme der Anordnungen im Bereichder Telekommunikationsüberwachungsmaßnahmen sindVeränderungen im Kommunikationsverhalten, die auchneue Rahmenbedingungen für polizeiliche Ermittlungensetzen. Bereits die Telekommunikationsüberwachungs-studie 2003 hat nachgewiesen, dass andere Erklärungenwenig plausibel sind.363 Wie zeigt, hat sich der Mobil-funkverkehr erheblich ausgeweitet. Waren im Jahr 1990noch 273 000 Mobilfunkgeräte angemeldet, so sind 2006bereits 85 700 000 Mobiltelefone registriert. Demgegen-über bleibt die Anzahl der Festnetzanschlüsse nahezukonstant (z. B. 2002: 53,8 Mio. Telefonkanäle; 2006:54,2 Mio. Telefonkanäle364). Seit 2004 ermöglicht zudem„Voice Over IP“ das Telefonieren über das Internet. Aller-dings macht die Internettelefonie mit 3,5 Mio. Telefonka-

nälen im Jahr 2006 bei insgesamt 142,3 Mio. Telefonka-nälen nur einen sehr bescheidenen Anteil aus365.

Ein anderes als das durch vermittelte Bild der Entwick-lung der Telekommunikationsüberwachung und ihrerDichte ergibt sich, wenn die Zahl der Mobiltelefone aufdie Zahl der Telekommunikationsüberwachungsanord-nungen bezogen wird. Wird die Zahl der verfügbaren Mo-biltelefone als Bezugszahl genommen, dann zeigt sich,dass jedenfalls bis etwa zum Jahr 2000 die Dichte derÜberwachung (gemessen anhand der einer Überwa-chungsanordnung gegenüberstehenden Zahl von Mobilte-lefonen) drastisch sinkt. Während im Jahr 1997 auf knapp900 Mobiltelefone eine Überwachung kam, betrug dasVerhältnis im Jahr 2000 1: 2 500. In den Jahren nach2000 nimmt die Überwachungsdichte jedoch wieder deut-lich und offensichtlich in schnellem Tempo zu (2005:1 : 1 863).

363 Albrecht/Dorsch/Krüpe, 2003, S. 27 ff.364 Bundesnetzagentur, Jahresbericht 2006, S. 59. 365 Bundesnetzagentur, Jahresbericht 2006, S. 59.

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Drucksache 16/8434 – 48 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

A b b i l d u n g 2

Entwicklung des Mobilfunkverkehrs

Quelle: Bundesnetzagentur, Jahresbericht 2006, S. 71 (in aktualisierter Fassung abrufbar unter http://www.bundesnetzagentur.de/media/archive/9040.pdf)

III. Umfang und Entwicklung der Verkehrsdatenabfrage

Im Gegensatz zu den Maßnahmen nach §§ 100a, 100bStPO wird über die Anzahl der Anordnungen nach§§ 100g, 100h StPO keine Statistik geführt. Weder dieJustizbehörden noch die Telekommunikationsanbietersind nach noch geltendem Recht dazu verpflichtet, dieAnzahl der Anordnungen nach §§ 100g, 100h StPO sta-tistisch zu erfassen.

Obwohl die Verkehrsdatenüberwachung im Vergleich zurInhaltsüberwachung international als weniger belastendeingestuft wird, ist freilich die Bereitschaft, statistischesMaterial zu veröffentlichen, auch dort eher gering, wo,

wie in den USA, detaillierte Berichte über die Telekom-munikationsüberwachung regelmäßig vorgelegt werden.Statistiken zur Verkehrsdatenabfrage konnten nur für dieSchweiz und für die USA identifiziert werden. Die beimSchweizer Amt für Besondere Ermittlungsmaßnahmengeführten Statistiken zur Telekommunikationsüberwa-chung zeigen, dass die Anzahl „rückwirkender Überwa-chungsmaßnahmen“ ab 2002 deutlich über den Zahlender Überwachung der Kommunikationsinhalte liegt (Ab-bildung 3).366

366 www.uvek.admin.ch/themen/kommunikation.

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Verkehrsdaten- und Inhaltsüberwachung in der Schweiz

Quelle: www.uvek.admin.ch/themen/kommunikation

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Inhaltsüberwachung Verkehrsdaten (Vergangenheit)

In den USA dürften bereits in den 1990er Jahren Ver-kehrsdatenabfragen sehr viel häufiger sein als die Inhalts-überwachung der Telekommunikation.367 Die dem Kon-gress jährlich berichteten, jedoch nicht veröffentlichtenDaten zur Verkehrsdatenüberwachung unterscheiden zwi-schen so genannten „Pen Registers“ (Erfassung ausgehen-der Verbindungen) sowie „Trap and Trace“ (eingehendeVerbindungen), die unter der (einfachen) Bedingung, dasssie für ein Ermittlungsverfahren relevant sein können,nach richterlicher Anordnung erhoben werden dürfen.Für 1998 wird die Zahl von 4 886 Anordnungen auf Bun-desebene genannt (zuzüglich 4 621 Verlängerungen).368

Unter Einschluss der einzelstaatlichen Ebene soll sich dieZahl in den 1990er Jahren bei etwa 10 000 Beschlüssenbewegt haben. Durch diese Zahlen werden allerdings an-dere Zugänge zu Verkehrsdaten in den USA nicht erfasst.Denn es besteht in den USA auch die Möglichkeit, Tele-kommunikationsfirmen über die (gerichtliche) Ladung alsZeugen (subpoena) zur Auskunft über Transaktionsdatender Telekommunikation zu zwingen. Gerade dieser Zu-gang scheint weit verbreitet zu sein. Jedoch liegen überpunktuelle Einblicke hinaus keine systematischen Erhe-bungen vor.369

Für England/Wales lässt sich aus einem Bericht überÜberwachungsgesellschaften eine Information für dasJahr 2002 entnehmen. Danach haben Sicherheitsbehördenin diesem Zeitraum in etwa 400 000 Fällen Verkehrsdatenabgefragt.370

Aussagen über die Gesamtzahl der Beschlüsse oder derAbfragen zu unterschiedlichen Bereichen von Verkehrs-daten bzw. über Entwicklungen lassen sich auch fürDeutschland auf der Grundlage einer einheitlichen Statis-tik nicht treffen. Im Zusammenhang mit der Stichproben-ziehung der vorliegenden Untersuchung wurden jedochdie bei den einbezogenen Telekommunikationsanbieternverfügbaren internen Statistiken einer Auswertung unter-zogen. Aus diesen Daten können Informationen zu Um-fang, zur Struktur der Verkehrsdatenabfrage sowie zuEntwicklungen (zwischen 2002 und 2005) entnommenwerden. Die Angaben der einzelnen Telekommunika-tionsanbieter beziehen sich jeweils nur auf die an sie ge-richteten Beschlüsse. Eine einfache Addition der einzel-nen Statistiken ist deshalb nicht möglich, weil dieBeschlüsse nach §§ 100g, 100h StPO überwiegend aufmehr als einen Anbieter bezogen sind. Die Additionwürde demnach zu überhöhten Werten führen. Darüberhinaus beziehen sich die Angaben einiger Anbieter nichtauf die Beschlüsse selbst, sondern auf die abgefragten367 www.wired.com/print/politics/security/news/2007/08/wiretap.

368 www.wired.com/print/politics/security/news/2007/08/wiretap.369 www.cdt.org/wiretap/wiretap_overview.html: The Nature and Scope

of Governmental Electronic Surveillance Activity, Juli 2006. 370 Ball/Murakami Wood, 2006, S. 13.

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Anschlüsse, wobei zum Teil weiter nach Art der Abfragedifferenziert wird.

In der Aktenanalyse wurden beschlussbezogen die betrof-fenen Anbieter, die Anzahl der Anschlüsse und die Artder Abfrage erfasst. Auf der Grundlage dieser Informatio-nen kann bestimmt werden, welcher Anteil der Be-schlüsse sich jeweils auf einen Anbieter bezog und ob da-bei eine bestimmte Art der Abfrage durchgeführt wurdebzw. wie viele Anschlüsse betroffen waren.

Damit wird es möglich, die Angaben der Unternehmenmit Hilfe der aus der Aktenanalyse bestimmten Anteile(Beschlüsse pro Unternehmen und ggf. Anzahl der An-schlüsse/Art der Abfragen) auf die Gesamtzahl der Be-schlüsse nach §§ 100g, 100h StPO hochzurechnen. Aller-dings sind in diesen Abschätzungen Unsicherheitenenthalten, die im Folgenden vorgestellt werden. Bei ca.7 Prozent der Beschlüsse in der Aktenuntersuchung wur-den die betroffenen Telekommunikationsanbieter nichtexplizit benannt bzw. nur pauschal angegeben.371 Obwohlin diesen Fällen nicht sicher ist, dass ein bestimmter An-bieter tatsächlich betroffen war, wurde angenommen,dass alle Anbieter abgefragt wurden. Dieses Verfahrenführt dazu, dass die Werte seltener genannter Anbieter inder Hochrechnung niedriger ausfallen können als die derexplizit häufiger genannten.

Bei Beschlüssen, die mehrere Anschlüsse betreffen, istunsicher, ob alle Anschlüsse die genannten Unternehmenverpflichten und ob die genannten Abfragearten alle An-schlüsse bzw. Anbieter betreffen. Dies führt dazu, dassdie Hochrechnungswerte umso höher ausfallen können, jedifferenzierter die Angaben sind, von denen ausgegangenwird. Dabei dürften aber je nach Abfrageart unterschied-liche Fehler auftreten. Insgesamt gesehen stellt aber dergemittelte Wert der Hochrechnungen eine realistischeSchätzung dar.

Der in der Abbildung enthaltene mittlere Wert der Hoch-rechnungen repräsentiert die bestmögliche Schätzung derAnzahl der Beschlüsse nach §§ 100g, 100h StPO. Er istzusammen mit der Fehlerspanne dargestellt. Danach lagdie Zahl der Verkehrsdatenabfragen im Jahr 2005 beietwa 40 000 (ohne Abfrage der Zuordnung von dynami-schen IP-Adressen zu einem Anschlussinhaber bzw. In-ternetnutzer). Die Tendenz ist stark ansteigend.

2005 wurden demnach erstmals etwa gleich häufig die Ab-frage von Verkehrsdaten und Inhaltsüberwachungen ange-ordnet (Telekommunikationsüberwachung ca. 42 500 Be-schlüsse incl. Verlängerungen und ca. 40 000 Beschlüssezu Verkehrsdatenabfragen). In den Jahren davor lag die Ab-frage von Verkehrsdaten noch deutlich unter der Anzahl vonInhaltsüberwachungen (2004: Telekommunikationsüber-wachung 34 400, Verkehrsdaten 22 600; 2003: Telekom-munikationsüberwachung 29 430, Verkehrsdaten 15 200und 2002: Telekommunikationsüberwachung 26 200,Verkehrsdaten 10 200).

371 In 6 Prozent wurde die Formulierung aus dem Gesetz, nämlich „alle,die geschäftsmäßig TK-Dienste erbringen“, benutzt und in 1 Prozentwurde auf „die jeweils zuständigen Netzbetreiber“ verwiesen.

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Entwicklung der Verkehrsdatenabfragen 2000 bis 2005

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Für die Entwicklung der verschiedenen Arten der Ver-kehrsdatenüberwachung kann auf detaillierte Angabeneinzelner Telekommunikationsunternehmen zurückge-griffen werden. Wie sich die Zahlen auf die verschiede-nen Arten der Verkehrsdatenabfrage verteilen, lässt sichAbbildung 5 entnehmen. Die Zahl der Beschlüsse, dieeine Abfrage zu einer IMEI-Nummer (InternationalMobile Equipment Identity) beinhalteten, stieg etwa umdas Vierfache. Die angeordneten Zielwahlsuchen, dieauch als Zielsuchläufe bezeichnet werden, verdreifachtensich.

Dem entspricht auch das Bild der Entwicklung der An-ordnungen nach §§ 100g, 100h StPO im Festnetzbereich.Hier ist ein kontinuierlicher Anstieg der Zielwahlsuchenzu bemerken, während die Abfrage von abgehenden undzukünftigen Verkehrsdaten seit 2003 auf gleichem Niveaubleibt. Ein extremer Anstieg fällt bei der Abfrage von IP-Adressen im Vergleich von 2004 und 2005 auf. Während2004 noch Daten zu etwa 6 300 IP-Adressen abgefragtwurden, stiegen diese Anordnungen 2005 auf 75 500.Dies hängt mit großflächigen Ermittlungen (insbesonderebei Urheberrechtsverletzungen) zusammen, die 2005 ausden unter Einsatz der Suchsoftware „Logistep“ erzeugtenHinweisen auf IP-Adressen (in P2P-Netzwerken/Tausch-börsen) folgten. Allein im Bereich der Staatsanwaltschaft

Karlsruhe gingen 2005 etwa 20 000 Anzeigen (unter Mit-teilung von IP-Adressen, Einwahl-Zeitpunkt und Down-load-Aktivität) von Urheberrechtsverletzungen ein (diesebetrafen im Wesentlichen das Spiel „Earth 2160“), diejeweils die Bestimmung der Anschlussinhaber über dieZugangsprovider zur Konsequenz hatten.372 Im Zusam-menhang mit einer längerfristigen Speicherung von Ver-kehrsdaten wird insoweit der Zugriff im Rahmen des in§ 101 (Urheberrechtsgesetz) des Entwurfs eines Gesetzeszur Verbesserung des Schutzes des geistigen Eigentums(Bundestagsdrucksache 16/5939, 4. Juli 2007) veranker-ten Auskunftsanspruchs gegen Internetzugangsanbieterjedenfalls eine Option bleiben, die sich auf die künftigeStruktur und Häufigkeit des Zugriffs auf Bestands- undVerkehrsdaten erheblich auswirken kann. Zudem dürftenjedenfalls schwere Verletzungen von Urheberrechten, dieüber das Internet vollzogen werden, die strafprozessualenBedingungen des Zugriffs auf gespeicherte Verkehrsdatenerfüllen. Gerade hier zeigt sich im Übrigen das Problemidentifizierender Bestandsdaten, die in einer zukünftigenWelt des „Perveasive und Ubiquitious Computing“ eineSchlüsselrolle einnehmen werden.373

372 www.heise.de/newsticker/meldung/67389.373 Roßnagel/Pfitzmann/Garstka, 2001; Bizer, u. a., 2006.

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Entwicklung der Verkehrsdatenabfrage im Mobilfunkbereich (1 Unternehmen, 31,6 Millionen Kunden)

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Funkzellenabfrage

IMEI-Beschluss

Zielsuchlauf

Standardbeschluss

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Drucksache 16/8434 – 52 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

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Entwicklung der Verkehrsdatenabfrage und der Zuordnung von Nutzern zu dynamischen IP-Adressen im Festnetzbereich

(1 Unternehmen, ca. 33 Millionen Anschlüsse)

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2002 2003 2004 2005

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An

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en

abgehende Verkehrsdaten

Zielsuchlauf

zukünftige Verkehrsdaten

IP-Adressen

IV. Empirische Untersuchungen zur Verkehrsdatenabfrage

1. Untersuchungen zu Häufigkeit, Anwendungs-strukturen und Nutzen für die Straf-verfolgung

Repräsentative wissenschaftliche Studien zum Gebrauchund zu den Folgen der Abfrage von Telekommunikations-verkehrsdaten liegen in Deutschland bislang nicht vor.374

Dies gilt freilich auch für andere Länder der Europäi-schen Union sowie drüber hinaus und ist angesichts dersicherheitspolitischen Einschätzungen der Bedeutung desZugangs zu Telekommunikationsdaten für Strafverfol-gungsbehörden wie für Geheimdienste erstaunlich.375

Unklarheit herrscht nicht nur über Art, Umstände und Er-gebnisse der Abfragen und Auskünfte über Telekommu-nikationsverkehrsdaten, sondern auch über ihre quantita-tive Bedeutung. Zwar hat das Bundeskriminalamt,Fachbereich RETASAST, bereits im November 2003 eineinterne Erhebung zu Verfahren mit Maßnahmen nach§§ 100g, 100h StPO durchgeführt. Analysiert wurdenVerfahren aus dem Bundesland Schleswig-Holstein undsolche, die unter Mitwirkung des Bundesgrenzschutzesund des Bundeskriminalamtes stattfanden. Dabei wurdeein Fragebogen entwickelt und für Ermittlungsverfahrendes Bundesgrenzschutzes, des Bundeskriminalamtes und

des Landes Schleswig-Holstein ausgefüllt. Die Erhebungbegann im April 2002 und endete im September 2003. Inden erfassten 145 Ermittlungsverfahren wurden nach dieserStudie insgesamt 864 Anträge gemäß §§ 100g, 100hStPO gestellt. Mangels Repräsentativität der Untersu-chung können die Ergebnisse allerdings nicht auf dasBundesgebiet übertragen werden.In der Studie des Max-Planck-Instituts Freiburg zur Tele-kommunikationsüberwachung nach §§ 100a und 100bStPO376 wurden auch Abfragen nach dem FAG erfasst. DieBefunde weisen eine erhebliche Anzahl von Fällen aus, indenen es neben Maßnahmen gemäß §§ 100a, 100b StPOauch bzw. ausschließlich zu solchen gemäß § 12 FAG ge-kommen war. Etwa ein Viertel der Anordnungen enthieltneben der Auskunftsersuchen nach § 12 FAG. Die reinenFAG-Fälle machten 12 Prozent der Beschlüsse bzw.14 Prozent der Anschlüsse aus.377 Auch diese Befunde sindfür die vorliegenden Fragestellungen nur von begrenztemAussagewert, denn die Stichprobenziehung der Untersu-chung war bedingt durch das Vorliegen der Anordnung einerTelekommunikationsüberwachung gemäß § 100a StPO.Deshalb sind Aussagen über die Verbreitung der Abfragennach dem FAG nur begrenzt möglich. Für die Abfragennach dem FAG, die neben Maßnahmen nach §§ 100a, 100bStPO durchgeführt worden sind, wird berichtet, dass dieseetwa zu gleichen Teilen auf die Vergangenheit und auf die

374 Vgl. hierzu zusammenfassend Albrecht, 2005; Breyer, 2005.375 All Party Parliamentary Internet Group, 2003, S. 4.

376 Albrecht/Dorsch/Krüpe, 2003. 377 Albrecht/Dorsch/Krüpe, 2003, S. 147.

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Zukunft ausgerichtet sind, wobei die Abfragezeiträumeweit gefasst waren Die Abfragezeiträume waren aber zumTeil nicht konkretisiert und bezogen sich auf „alle noch ver-fügbaren Daten“, was bedingt sein mag durch die Einschät-zung, dass Löschungen die Abfragemöglichkeiten vonvorneherein begrenzen. Offensichtlich wird der FAG-Ab-frage überwiegend kein eigenständiges Ermittlungsziel zuge-ordnet.378 Jedenfalls waren in fast zwei Dritteln der Verfah-ren Abfragen nach FAG keine Zielsetzungen in den Aktendokumentiert (außerhalb der Zwecksetzungen für die Maß-nahmen nach §§ 100a, 100b StPO). Soweit Ziele genanntwurden, waren dies die Feststellung von weiteren An-schlüssen eines Beschuldigten, die Anschlüsse noch nichtidentifizierter weiterer Personen sowie die Aufenthaltsbe-stimmung zu einem bestimmten Zeitpunkt. Für etwa ein Drit-tel der Abfragen war dokumentiert, dass die Verkehrsdatenübermittelt worden waren. Im Übrigen erklärt die Löschungvon Daten teilweise, dass Abfragen nicht umgesetzt werdenkonnten.379 Für Anschlüsse, die ausschließlich Abfragennach FAG unterlagen, wurden folgende Feststellungen ge-troffen. Der längste abgefragte Zeitraum betrug ein halbesJahr. Zielsetzungen waren für selbständige FAG Abfragenbei etwa einem Drittel der Fälle nicht in den Akten doku-mentiert. Wo Zielsetzungen ausgewiesen waren, handelte essich um die Feststellung weiterer Anschlüsse des Beschul-digten oder um die Identifizierung von Gesprächspartnern;insoweit geht es um eine typische Konsequenz aus einer Te-lekommunikationsüberwachung gemäß §§ 100a, 100b StPO.Begründungen der FAG Anordnung finden sich selten;wenn begründet wird, dann durch den Bezug auf Katalog-delikte oder die Subsidiaritätsformel des § 100a StPO.

Die Erkenntnisse aus der Studie von Backes/Gusy380 zu§ 12 FAG können deshalb für Aussagen über Anwen-dungsstrukturen der Verkehrsdatenabfrage nicht genutztwerden, weil in dieser Untersuchung die Abfragen vonVerkehrsdaten nur an solchen Stellen in die Auswertungeinbezogen worden sind, wo dies sinnvoll erschien.381 DieEinbeziehung ergab sich offenbar daraus, dass die Abfragein einzelnen Fällen von den Strafverfolgungsbehörden alsTelekommunikationsüberwachung eingestuft wurde.382

Kinzig hat in einer Untersuchung zur rechtlichen Bewälti-gung von Erscheinungsformen organisierter Kriminalitätden Einsatz verdeckter Ermittlungsmethoden in solchenErmittlungsverfahren thematisiert, die von den Strafver-folgungsbehörden organisierter Kriminalität zugeschla-gen werden. Damit handelt es sich zwar um eine hoch se-lektierte Gruppe, freilich um eine solche, auf die dieInstrumente verdeckter Ermittlungsmaßnahmen konzen-triert sein sollten. Die Ergebnisse der Untersuchungenverweisen einmal darauf, dass der Abfrage von Verkehrs-daten in Verfahren der organisierten Kriminalität ein brei-ter Anwendungsspielraum zukommt. Verkehrsdaten wer-den in etwa 40 Prozent der Fälle erhoben. Der Verfasserschließt aus den Daten auch, dass von der Maßnahme

weitaus zurückhaltender als von der Telekommunika-tionsüberwachung Gebrauch gemacht werde.383

Eine weitere Untersuchung des Bundeskriminalamts zurVerkehrsdatenspeicherung wurde Ende 2005 mit vorläufigenErgebnissen veröffentlicht.384 Die Untersuchung erfassteinen Zeitraum des Jahres 2005 und basiert auf der Vertei-lung von Fragebögen an Polizeidienststellen der Länder.Unklar ist auf der Grundlage der bisherigen Veröffentlichun-gen, um welchen Typ von Auswahl bzw. Stichprobenzie-hung es sich hierbei handelt. Jedenfalls wurden bis zwischenApril und November 2005 381 Fälle (Verfahren) gemeldet,in denen Bestands- und/oder Verkehrsdaten abgefragt wur-den. Zu den Verfahren wurden Einschätzungen von amVerfahren Beteiligten erhoben, die sich auch auf die Fragebezogen, welche Zeitspanne für eine Verkehrsdatenspeiche-rung als angemessen angesehen wird. Die gemeldeten Ver-fahren berühren alle Straftatentypen, lassen allerdings ei-nen Schwerpunkt im Bereich der Sexualdelikte (undBetrugsdelikte) erkennen. Ein Schwerpunkt lag ferner beiInternetverbindungsdaten (ca. 44 Prozent der Fälle), wasdie Vermutung aufkommen lässt, dass Kinderpornografie-verfahren besonders stark vertreten waren. Ebenso häufigbezogen sich die Verfahren auf Telefonkommunikation,der Rest betraf Kombinationen. Der Schwerpunkt lag aufVerkehrsdaten; Bestandsdaten spielten bei etwa einemFünftel der Verfahren eine Rolle. Die Abfrage scheint inder Mehrzahl der Fälle in das Leere zu laufen, da für etwa70 Prozent der Fälle angegeben wurde, dass die Betreiber-firmen der Abfrage nicht nachgekommen seien (überwie-gend deshalb, weil die entsprechenden Daten gar nicht ge-speichert (Flatrate, Prepaid) oder bereits vernichtet waren).Das sog. „Quick Freeze“ Verfahren wird von Strafverfol-gungspraktikern überwiegend nicht als gleich effizienteMaßnahme beurteilt. Schließlich wird mehrheitlich füreine Speicherungsfrist für Verkehrsdaten von sechs Mo-naten votiert, wobei sich für Betäubungsmittelverfahren(wohl deshalb, weil hier langfristige Ermittlungen inNetzwerken von Händlern im Vordergrund stehen) einePräferenz von zwölf Monaten ergibt.

Eine Studie zu den Folgen der Verkehrsdatenabfrage fürdie Durchführung strafprozessualer Ermittlungen wurdeim Jahr 2005 von der Erasmus-Universität (Rotterdam)vorgelegt.385 Die Untersuchung spielte in den Debattenüber die EG-Richtlinie 2006/24 zur Verkehrsdatenerfas-sung und -speicherung auch deshalb eine herausragendeRolle386, weil es sich bis dahin um die europaweit einzigeempirische Untersuchung zu Verkehrsdaten handelte. DieUntersuchung beruhte auf der Analyse von 65 Strafver-fahren, die freilich nicht repräsentativ sind für Strafver-fahren insgesamt, oder für Strafverfahren, in denen eineVerkehrsdatenabfrage erfolgte. Vielmehr handelte es sichum vom niederländischen Justizministerium ausgewählte

378 Albrecht/Dorsch/Krüpe, 2003, S. 186 f.379 Albrecht/Dorsch/Krüpe, 2003, S. 186.380 Backes/Gusy, 2003.381 Backes/Gusy, 2003, S. 19.382 Albrecht/Dorsch/Krüpe, 2003, S. 145; Backes/Gusy, 2003, S. 18.

383 Kinzig, 2004, S. 467, unter Berufung vor allem auf durchschnittlich weit ge-ringere Anzahl ausgewerteter Anschlüsse im Fall von FAG-Beschlüssen.

384 Mahnken, 2005.385 Faculteit der Rechtsgeleerdheid, Erasmus Universiteit Rotterdam, 2005.386 Commission Staff Working Document, Annex to the: Proposal for a

Directive of the European Parliament and of the Council on the reten-tion of data processed in connection with the provision of publicelectronic communication services and amending Directive 2002/58/EC, Extended Impact Assessment, {COM(2005) 438 final}, Brüssel,21. September 2005, S. 4.

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Drucksache 16/8434 – 54 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Strafverfahren, von denen angenommen wurde, dass dieVerkehrsdatenabfrage nachhaltig zum Erfolg der Ermitt-lungen beigetragen habe. Die Befunde aus der Aktenana-lyse verweisen darauf, dass in allen Verfahren auf dieVerkehrsdaten zurückgegriffen werden konnte, die vonden Strafverfolgungsbehörden abgefragt wurden.387 DieArt der Daten, die heute von den Telekommunikationsan-bietern für eigene Zwecke gespeichert wird, scheint nachden Untersuchungsergebnissen auch für Zwecke derStrafverfolgung ausreichend zu sein. Die Interpretationder Daten verweist darauf, dass zwei Drittel der Fälleauch ohne die Abfrage der Verkehrsdaten hätten aufge-klärt werden können. Die Daten werden wohl dazu ge-nutzt, die Kommunikationsmuster und Kontaktpersonenabzuklären und die Überwachung von Tatverdächtigen zuunterstützen. Selten kommt es nach dem Bericht dazu,dass Verkehrsdaten, die älter als sechs Monate sind, benö-tigt werden. Jedoch ergeben sich aus im Rahmen der Studieauch durchgeführten Interviews mit Praktikern aus derStrafverfolgung und der Strafjustiz überwiegend Forde-rungen nach einer Speicherungsdauer von zwölf Monaten. In einer vergleichenden Untersuchung zu Systemen derÜberwachung von Telekommunikationsverbindungsdatenaus dem Jahre 2004 wurden (unsystematische) Beobach-tungen aus den in den Vergleich einbezogenen Ländernzusammengestellt. Die mitgeteilten Befunde beziehensich zum größeren Teil auf (nicht vollständig nachvoll-ziehbare) Erfahrungsberichte aus unterschiedlichen Be-reichen (Politik, Telekommunikationsindustrie, Strafver-folgung). Zunächst wird dort festgehalten, dass keinesystematischen Studien zur Wirksamkeit von Vorratsda-tenspeicherung hätten identifiziert werden können.388 MitVerweis auf Analysen schwedischer Telekommunikations-anbieter wird hervorgehoben, dass die Abfragen derStrafverfolgungseinrichtungen sich auf einen Zeitraumvon drei Monaten konzentrierten (85 Prozent der abge-fragten Verkehrsdaten sollen sich in Schweden auf einenZeitraum beziehen, der nicht länger als drei Monate zu-rückliegt; 10 Prozent auf einen Zeitraum von einem hal-ben Jahr). Für England/Wales wird ebenfalls mitgeteilt,dass sich Abfragen ganz überwiegend (80 Prozent) aufDaten aus den letzten drei Monaten beziehen.389 Der Be-darf zur Einführung einer Vorratsdatenspeicherung wirdauf der Grundlage der beobachteten Praktiken bezweifelt.

Eine Untersuchung zur Rechtslage und zu den Praktikender Verkehrsdatenspeicherung und -abfrage, die 2006 er-schien und sich auf Österreich konzentriert, beruht weit-gehend auf Interviews mit wenigen Schlüsselpersonen.390

Hieraus ergeben sich Feststellungen, die sich im Wesent-lichen mit den bereits vorgetragenen Befunden decken.So wird für Österreich mitgeteilt, dass sich die Abfragevon Verkehrsdaten ganz überwiegend auf die letzten dreiMonate vor dem Abfragebeschluss beschränke.391

Aus einer schriftlichen Befragung der Mitgliedsländerdurch die Europäische Kommission zur Speicherung vonVerkehrsdaten ergeben sich Hinweise auf Mitteilungenvon Strafverfolgungsbehörden zu wegen fehlender Ge-setzgebung zur Datenspeicherungspflicht entstehendenProblemen für Ermittlungen in Strafsachen.392 Belgienberichtet (wie auch Deutschland, England, Spanien undPortugal) von allgemeinen Klagen der Polizei wegen be-reits gelöschter Daten, von Ermittlungsproblemen in grö-ßeren Firmen, die Zugang zu Internetdiensten erlauben,und von Verlagerungen der Telekommunikationsunter-nehmen in Länder mit weniger strikten Regeln. Aus Finn-land werden gelegentliche Probleme wegen gelöschterDaten mitgeteilt. Größere Probleme werden freilich in derinternationalen Kooperation (auch der europäischen)gesehen. In Frankreich wird davon ausgegangen, dassdurch die Gesetzgebung von 2001 (Loi N°2001-1062,„Sicherheit im Alltag“) ein praktikables Instrument ge-schaffen worden sei. In den Berichten Österreichs, Ir-lands, Luxemburgs, Schwedens und Griechenlands wer-den Probleme nicht erwähnt.

Im Übrigen beschränken sich Analysen der Verkehrsda-tenabfrage auf die Untersuchung von Einzelfällen undeine eher qualitativ ausgerichtete Folgenabschätzung derSpeicherung und Nutzung von Verkehrsdaten für Zweckeder Strafverfolgung. Nicht nur die in zahlreichen Ländernder Europäischen Union geführten Debatten über die Le-gitimität (und Grundrechtskonformität) der Umsetzungder Europäischen Richtlinie verweisen auf die Nutzungder Einzelfallanalyse, sondern auch die von der Europäi-schen Kommission selbst vorgelegte „erweiterte“ Folgen-einschätzung (Extended Impact Assessment)393 bedientsich einer (unsystematischen) Analyse von Einzelfällen,die aus den Mitgliedsländern stammen. Besondere Be-deutung wird in diesem Zusammenhang der Aufklärungvon terroristischen Anschlägen wie dem Madrider An-schlag von 2004 (ferner den Anschlägen vom 11. Septem-ber und dem Omagh Bombenanschlag) zugewiesen.394

Verschiedene Mordfälle (Frankreich: Mord an PräfektErignac, Irland: Mord an der Journalistin Guerin) dienenebenfalls zur Untermauerung der Annahme, dass Ver-kehrsdaten für die Aufklärung vor allem schwerer Krimi-nalität von entscheidender Bedeutung sein können.395 Er-

387 Faculteit der Rechtsgeleerdheid, Erasmus Universiteit Rotterdam,2005, S. 38–40.

388 So auch Breyer, 2005.389 Büllingen u. a., 2004, S. 8.390 Larnhof, 2006.391 Larnhof, 2006, S. 22.

392 Council of the European Union, Note, from: General Secretariat to:Multidisciplinary Group on Organised Crime (MDG). Subject: Ans-wers to questionnaire on traffic data retention Brüssel, 14107/02,vom 20. November 2002.

393 Commission Staff Working Document, Annex to the: Proposal for aDirective of the European Parliament and of the Council on the retentionof data processed in connection with the provision of public electroniccommunication services and amending Directive 2002/58/EC, ExtendedImpact Assessment, {COM(2005) 438 final}, Brüssel, 21. September2005.

394 So zum Beispiel in der Begründung der französischen Gesetzgebungzur Verkehrsdatenspeicherung, www.senat.fr/ue/pac/E2616.html; vgl.hierzu freilich auch Schulzki-Haddouti, 2003, S. 15, mit der Feststel-lung, dass das Internet in der Vorbereitung der Anschläge vom11. September keine Rolle spielte.

395 Commission Staff Working Document, Annex to the: Proposal for aDirective of the European Parliament and of the Council on the retentionof data processed in connection with the provision of public electroniccommunication services and amending Directive 2002/58/EC, ExtendedImpact Assessment, {COM(2005) 438 final}, Brüssel, 21. September2005, S. 3 f.

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folgversprechende Ermittlungsansätze werden dann mitdem (aus persönlichen Erfahrungen herrührenden) Be-fund konfrontiert, dass 30 bis 40 Prozent der Abfragen al-lein deshalb erfolglos blieben, weil die entsprechendenDaten bereits gelöscht seien. Diese Informationen fügensich in die systematisch gewonnenen Daten aus der Stu-die des Max-Planck-Instituts Freiburg zur Telekommuni-kationsüberwachung ein.

2. Untersuchungen zu den Kosten der Implementation der Vorratsspeicherung

Umfassende Kosten- oder gar Kosten-Nutzen-Analysen lie-gen im Zusammenhang mit der Vorratsspeicherung und Ab-frage von Verkehrsdaten bislang nicht vor. Die Hinweise aufdie mit der Vorratsspeicherung und der Abfragepraxisverbundenen Kosten beruhen auf (interessengeleiteten)Schätzungen, die im Wesentlichen von betroffenen Unter-nehmen vorgelegt wurden. So teilte AOL mit, dass bei etwa392 000 000 Nutzungsereignissen und knapp 600 000 000e-mails pro Tag Anlaufkosten von etwa 40 Millionen US-Dollar und laufende Kosten von etwa 14 Millionen US-Dol-lar anfallen würden. Die All Party Parliamentary InternetGroup des englischen Parlaments schätzte die Gesamtkos-ten im Jahr 2001 (und unter den Bedingungen von RIPA(Regulation of Investigatory Powers Act) sowie des Anti-Terrorismusgesetzes 2001) für England/Wales auf über100 Millionen Englische Pfund pro Jahr.396 In der Erweiterten Folgenabschätzung der EuropäischenUnion werden Kostenschätzungen verschiedener Unterneh-men und Unternehmensverbände berichtet. ETNO (EuropeanAssociation of Telecommunications Network Operators)hat danach die Kosten für eine Speicherung von zwölf Mo-naten auf über 150 Millionen Euro für ein großes Netzwerkangegeben (über 100 Millionen Euro für die Speicherung inForm von Software, Server und Datensicherheit sowie min-destens 50 Millionen an laufenden jährlichen Kosten). Einweiterer, großer Internetserviceprovider (ESP-ISP) wird miteiner Schätzung von 61 Millionen Euro für vier Jahre bei ei-ner Speicherungszeit von zwölf Monaten zitiert.397 Dagegenwären nach dieser Stellungnahme die Kosten bei einerSpeicherungsdauer von drei Monaten zu vernachlässigen(da die entsprechenden Daten schon heute für eine solcheDauer gespeichert bleiben). Die angegebenen Kosten ent-halten freilich die für Suchläufe und die Abfragepraxis ins-gesamt zu erwartenden Kosten nicht. Bei der Speicherungvon e-mail headers werden Kosten von etwa 163 MillionenEuro für vier Jahre angegeben. Schätzungen entsprechen-der erheblicher Kosten können auch dem Alvaro Bericht andas Europäische Parlament entnommen werden.398 Sehrviel geringere Kosten werden dagegen von der niederländi-schen KPMG in einer Kostenanalyse für das niederländischeJustizministerium für zwei Szenarien (12- und 24-monatigeSpeicherungsdauer) angegeben.399 Nach dieser Studie blei-

ben die Kosten im einstelligen Millionenbereich. Diesdeckt sich mit Berichten europäischer Regierungen, die inder Erweiterten Folgenabschätzung wiedergegeben sind.400

3. Untersuchungen zum Potential von Telekommunikationsverkehrsdaten für soziale Kontrolle

Die drastischen Veränderungen im Kommunikationsver-halten und der ständig anschwellende Datenstrom aus derTelekommunikation, der Informationen zu Interaktionen,Beziehungen, räumliche Bewegungen etc, mit sich führt,hat in den letzten Jahren zunehmend Interesse an sozial-wissenschaftlichen Untersuchungen zu der Frage nachsich gezogen, inwieweit auf der Grundlage von Verkehrs-datensätzen Beziehungsflechte identifiziert und Handlun-gen vorhergesagt werden können.401 Sozialwissenschaft-liche und wirtschaftliche Interessen kommen partiell zurDeckung mit Interessen von Sicherheitsbehörden an derAufdeckung von kriminellen Netzwerken, an der Ein-schätzung von Risiken von Terroranschlägen und ganzallgemein an der Verbrechensprävention.402 Darüber hi-naus geht es um die Zukunft der Überwachung (und desDaten- oder Persönlichkeitsschutzes) in Umgebungen,die immer stärker durch die vernetzte, unmittelbare undintelligente Verarbeitung beständig erzeugter personenbe-zogener Daten geprägt sind.403 In einem vergleichenden Ansatz, der Interviewdaten undeinen über neun Monaten für Mobiltelefonverbindungen(einschließlich Ortsdaten) sowie Bluetooth-Verkehrsda-ten für eine Gruppe von 98 Personen einschließt, wurdedie Frage überprüft, wie gut persönliche Beziehungen(Freundschaften, soziale Netzwerke) und individuelle Zu-stände (Berufszufriedenheit) aus Verhaltensdaten (Ver-kehrsdaten) und Selbstberichtsdaten prognostiziert wer-den können.404 Die Ergebnisse der Analysen zeigen, dassmit den Verkehrsdaten soziale Netzwerke (und zugrundeliegende Beziehungen) besser identifiziert werden kön-nen als durch Befragungsdaten. Etwa 95 Prozent derfreundschaftlichen Beziehungen zwischen den Personender Untersuchungsgruppe lassen sich durch die Verkehrs-daten identifizieren. Ebenso treffsicher erweist sich dieBestimmung anderer Beziehungen und ferner individuel-ler Zustände (in der Untersuchung in Form der Arbeits-zufriedenheit überprüft). Hervorgehoben wird auch, dassdie technisch (und damit ohne zusätzlichen Aufwand) er-zeugten Daten etwa 35 Jahren an (Feld-) Beobachtungentsprechen.405 Dies lässt nicht nur Schlussfolgerungenzum Potential von Verkehrsdaten für die ökonomisch effi-ziente und aus Netzwerkperspektiven sichere Überwachunggroßer Personengruppen zu406, sondern auch Überlegun-

396 All Party Parliamentary Internet Group, 2003, S. 22.397 Commission Staff Working Document, Annex to the: Proposal for a

Directive of the European Parliament and of the Council on the retentionof data processed in connection with the provision of public electroniccommunication services and amending Directive 2002/58/EC, ExtendedImpact Assessment, {COM(2005) 438 final}, Brüssel, 21. September2005, S. 18.

398 Nuno Alvaro, 2005.399 KPMG Informatie Risk Management, 2004.

400 Commission Staff Working Document, Annex to the: Proposal for aDirective of the European Parliament and of the Council on the retentionof data processed in connection with the provision of public electroniccommunication services and amending Directive 2002/58/EC, ExtendedImpact Assessment, {COM(2005) 438 final}, Brüssel, 21. September2005, S. 18 f.

401 Zur allgemeinen Soziologie mobiler Kommunikation vgl. Geser, 2004;zu Anwendungen vgl. François, 2007; Mountain, 2005; Laasonen, 2006.

402 Bradbury, Digital Investigation 2005.403 Bizer, u. a., 2006; Langheinrich, 2007.404 Eagle/Pentland/Lazer, 2007.405 Eagle/Pentland/Lazer, 2007, S. 3.406 Taipale, New York University Review of Law and Security 2006, S. 1ff.

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Drucksache 16/8434 – 56 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

gen zu einem Vergleich von konventionellen Ermittlungs-maßnahmen wie Vernehmung von Zeugen/Beschuldigten(deren Ergebnisse freilich schon immer als notorisch un-zuverlässig betrachtet werden) oder die Observation vonZielpersonen und der Verkehrsdatenabfrage. Die Ver-kehrsdatenabfrage dürfte danach in einigen Bereichen un-ter dem Gesichtspunkt der Validität der Daten konkur-renzlos sein. Aus ökonomischen Perspektiven zeigt sicheine Überlegenheit insbesondere für präventive und stra-tegische Anwendungsfelder. Erhebliches Potential von Verkehrsdaten für die strategi-sche Überwachung wird auch in einer Untersuchung nach-gewiesen, die auf die Ökonomie der Überwachung großerGruppen von Personen ausgerichtet war.407 Ausgehend vonder einfachen Überlegung, dass die Überwachung der Kom-munikation einer Person immer Informationen über Drittegeneriert, wurde ein E-Mail-Datensatz (ca. 2 300 Personen,Zeitraum etwa drei Jahre) an Hand verschiedener Modelleder Selektion von Zielpersonen auf die Frage hin überprüft,welche und wieviele Personen überwacht werden müssen,um eine maximale und kosten-nutzen-effiziente Überwa-chungsdichte zu erreichen. Die Untersuchung hat gezeigt,dass die Überwachung einer kleinen Gruppe von Personenalle Beziehungen in einem sozialen Netzwerk erkennenlässt. Die Identifizierung solcher – vor allem aus einer öko-nomischen Perspektive interessanter – Zielpersonen kannbereits auf der Grundlage einfacher Informationen aus aggre-gierten Verkehrsdaten erfolgen. Die Beziehungen in denNetzwerken werden – bei einem bestimmten Algorythmusder Auswahl von Zielpersonen – bereits dann vollständigaufgedeckt, wenn 8 Prozent der Gruppe unter Überwa-chung stehen. Dies heißt nicht nur, dass Verkehrsdaten einerhebliches Potential für die Identifizierung sozialer Bezie-hungen in sich tragen. Verkehrsdaten sind für die Auswahlvon Zielpersonen, die mit hoher Kosten-Nutzen-EffizienzÜberwachung eines großen Personenkreises zulassen, vonentscheidender Bedeutung. Die Untersuchungsergebnissewerden dann genutzt, um die tatsächliche Reichweite der inTelekommunikationsüberwachungsstatistiken von England/Wales mitgeteilten Daten im Hinblick auf dritte Personenabzuschätzen. Im Übrigen wird darauf verwiesen, dass die(auf Kosten und Nutzen bezogenen) Aussagen der Studiefür offene, große und sich nicht schützende Netzwerke gel-ten. Bei kleinen und abgeschotteten Netzwerken, wie sievor allem in der professionellen oder organisierten Krimi-nalität vorherrschen, dürfte die Kosten-Nutzen-Effizienzweitaus niedriger liegen.

4. ZusammenfassungZusammenfassend können folgende Schlussfolgerungenzu empirischen Befunden zur Überwachung von Tele-kommunikationsverkehrsdaten gezogen werden:– Die Forschungslage ist defizitär. Aussagekräftige Da-

ten zur Struktur der Anwendung und zu den Folgender Abfrage von Bestands- und Verkehrsdaten der Te-lekommunikation liegen nicht vor.

– Die bisherigen empirischen Studien beruhen auf einer(nicht nachvollziehbaren) Selektion oder auf einer ge-

zielten (und interessengeleiteten) Auswahl bzw. aufeiner Stichprobenziehung, die an der Überwachungdes Telekommunikationsinhalts anknüpft.

– Weit verbreitet ist im Kontext des Gesetzgebungspro-zesses die Einzelfallanalyse, die ausreichende Grund-lagen für über den Einzelfall hinausreichende, begrün-dete Entscheidungen allerdings nicht liefern kann.

– Die aus den (hier weit gefassten) empirischen Ansät-zen resultierenden Befunde verweisen darauf, dass dieNutzung von Telekommunikationsverkehrsdaten aufkurze Zeiträume konzentriert ist. Dies deckt sich mitden aus Untersuchungen der Telekommunikations-überwachung vorliegenden Ergebnissen.

– Die quantitative Bedeutung der Verkehrsdatenabfrageist erheblich und liegt heute dort, wo eine statistischeErfassung durchgeführt wird, deutlich über den Zah-len der Überwachung der Telekommunikationsinhalte.

– In Deutschland kann die Zahl der Verkehrsdatenab-fragen im Jahr 2005 – bei deutlich ansteigender Ten-denz – auf etwa 40 000 geschätzt werden.

– Ausweislich schriftlicher Befragungen von Regierun-gen (und anderer Stellen) ergibt sich ein gemischtesBild. Während aus einigen europäischen Ländernkeine Probleme mit der derzeitigen Rechtslage zurVerkehrsdatenspeicherung (Speicherung für Rech-nungszwecke und dadurch begrenzte Speicherungs-dauer) mitgeteilt werden, verweisen andere Länder aufdas Problem von Löschungen und hierdurch vereitel-ter Ermittlungsmaßnahmen.

– Das Spektrum der Delikte, bei denen in der Praxis dieAbfrage von Verkehrsdaten genutzt wird, hängt vonder in der jeweiligen Untersuchung verwendeten Aus-wahl ab.

– Jedenfalls dürfte für die Verkehrsdatenabfrage ein sehrviel weiteres Deliktsfeld in Betracht kommen als fürdie Überwachung der Inhalte der Telekommunikation.

– Für Deutschland zeigt die Praxis auf der Grundlagedes FAG, dass Zielsetzungen bei Abfragen der Verbin-dungs- oder Bestandsdaten in der Regel nicht doku-mentiert werden. Freilich lassen die Daten den Schlussdarauf zu, dass Beziehungen zwischen Beschuldigtenund dritten Personen bzw. die Identifizierung von Per-sonen und Anschlüssen bekannter Personen im Vor-dergrund stehen.

– Kostenschätzungen lassen ganz erhebliche Varianz er-kennen, die von erheblichen finanziellen Belastungenvon Telekommunikationsprovidern bis zu kaum spür-baren Investitionen reicht.

– Offensichtlich wird die Verkehrsdatenabfrage in derStrafverfolgungspraxis und in der Rechtspolitik alseine im Vergleich zur Inhaltsüberwachung wenigerstark eingreifende Maßnahme angesehen.

– Verkehrsdaten tragen ein hohes Überwachungspoten-tial in sich. Sie sind – besser als andere Daten – dazugeeignet, soziale Netzwerke nachzuweisen, Beziehun-gen zu identifizieren und Informationen über Indivi-duen zu generieren.407 Danezis/Wittneben, 2006.

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57 – Drucksache 16/8434

3. Methodische Vorgehensweise und Durchführung der Untersuchung

A. MethodenwahlZur Beantwortung der Fragen der Untersuchung, die sichauf Anwendungsstrukturen und auf die Folgen der Ver-kehrsdatenabfrage beziehen, wurden verschiedene Me-thoden der empirischen Sozialforschung herangezogen.

Die Fragestellungen der Untersuchung lassen sich wiefolgt zusammenfassen:

– Antrags- und Anordnungspraxis der Auskunftsertei-lung,

– Grunddaten zur Praxis der Anordnungen

– Anzahl der Betroffenen

– Anlass und Ergebnisse der Maßnahmen

– welche Straftaten liegen den Anordnungen zu-grunde (insbesondere: sind Kinderpornogra-phie, Organisierte Kriminalität und Rauschgift-delikte die anlassgebenden Delikte?)

– Nutzung der erteilten Auskünfte

– (Beurteilung der) Effizienz der Verkehrsdatenabfrage(auch in Kombination mit anderen Ermittlungsmaß-nahmen)

– Verhältnis der Verkehrsdatenabfrage zu anderen Er-mittlungsmethoden

– Berücksichtigung der Anordnungsvoraussetzungen(insbesondere Begründung der Maßnahme)

– Verhältnismäßigkeit und Subsidiarität

– Implementation der Regeln über die Einhaltung derBenachrichtigungs- und Vernichtungspflichten

– Rechtliche und praktische Anwendungsprobleme

– Schwächen und Unklarheiten der Normen der§§ 100g, 100h StPO

– Ablauf der Anforderung von Verkehrsdaten und dieInteraktionen zwischen Strafverfolgungsbehörden undTelekommunikationsanbietern

– Auswirkungen der Maßnahmen für die Netzbetreiberwie beispielsweise die bei der Durchführung entste-henden Kosten

– Kosten der Abfrage und Kostenersatz

In einer ersten Phase des Projekts erfolgte eine schriftli-che Befragung von Staatsanwälten. Der zweite Teil be-zieht sich auf die Analyse von Strafverfahrensakten; dasdritte Modul beinhaltet die Durchführung von Experten-gesprächen. Die Auswahl der Untersuchungsmethodenberuht auf der Überlegung der wechselseitigen Ergän-zung der einzelnen Datenzugänge und dem Ziel der Her-stellung eines aus objektiven und subjektiven Informatio-nen bestehenden Gesamtbildes der Verkehrsdatenabfrage,die auf in bürokratischen Verfahren erzeugte Informatio-nen zu Verfahrensabläufen und Verfahrensergebnissenebenso zurückgreift wie auf Einstellungen und Wahrneh-

mungen und aus Interviews mit Schlüsselpersonen resul-tierenden Vertiefungen.

Mit der Verwendung einer Mehrmethodenuntersuchungin Form von Aktenanalyse, Befragung und Interviewwird einmal auf die spezifische Mischung von Fragen re-agiert, die neben (nur) aus Verfahrensakten entnehmbarenInformationen Beobachtungen und Einschätzungen vonPraktikern verlangen. Zum anderen verlangt die Folgen-abschätzung, wie weiter oben ausgeführt, eine möglichstumfassende (und unterschiedliche Perspektiven erfas-sende) Erhebung von Informationen, die als Indikatorenfür Folgen der Abfrage von Verkehrsdaten genutzt wer-den können. Im Zusammenhang mit der Darstellung derVerhältnismäßigkeitsprüfung wurde darauf hingewiesen,dass die Bedingung eines milderen, gleich geeignetenMittels zur Zielerreichung Indikatoren voraussetzt, dieaus der Überprüfung der Effizienz der Maßnahme und derrelativen Bedeutung der Verkehrsdatenabfrage im Verhältniszu anderen Ermittlungsmaßnahmen folgen. Solche Indi-katoren können nur aus Strafverfahrensakten, Befragungund Interview gezogen werden, da eine direkte Beobach-tung der relativen Bedeutung der Ermittlungsmaßnahmenicht möglich ist. Eine direkte Beobachtung setzt ein kon-trolliertes Experiment voraus408, in dem die Rahmenbe-dingungen gleich gehalten und lediglich die Interventionenvariiert werden.409 Ein solches kontrolliertes Experimentkann für die Beurteilung der Verkehrsdatenabfrage nichtdurchgeführt werden. Die Bildung von Kontrollgruppen,die in anderen Bereichen strafrechtlicher Interventionen(insbesondere strafrechtlicher Sanktionen) einen, wennauch nicht gleichwertigen, Ersatz für kontrollierte Experi-mente schafft, ist im Feld der empirischen Strafverfah-rensforschung jedenfalls dann nicht möglich, wenn es umverdeckte Ermittlungsmethoden geht. Dies zeigt im Übri-gen auch die MPI-Studie zur Telekommunikationsüber-wachung, in der der Versuch unternommen wurde, eineKontrollgruppe von Betäubungsmittelstrafverfahren undanderen Verfahren, die nicht einer Überwachung derKommunikation ausgesetzt waren, zu bilden.410 Diedurch den Einsatz verdeckter Ermittlungsmethoden er-zeugten Kombinationen von Ermittlungsmaßnahmen füh-ren aber zu einer Situation, die vergleichbare Fälle (unddamit eine Kontrollgruppe von nicht der verdeckten Er-mittlungen ausgesetzten Verfahren) in ausreichendemUmfang nicht mehr entstehen lässt.411 Es bleibt deshalballein die Identifizierung geeigneter Indikatoren des Nut-zens, die sich aus Dokumentenanalyse, Befragung und In-terview ziehen lassen und die aus unterschiedlichen Per-spektiven und auf unterschiedliche Dimensionen desVerfahrens bezogen, ferner in der Kombination qualitati-ver und quantitativer Zugänge vergleichende Beurteilun-gen der Folgen erlauben.

Die schriftliche Befragung konzentrierte sich deshalb aufStaatsanwälte, da diese sowohl im Ermittlungsverfahrenals auch im weiteren Verfahrensverlauf mit der Verkehrs-

408 Zusammenfassend Ortmann, 2002.409 Vgl. hierzu zusammenfassend Bremer Institut für Kriminalpolitik, 2000.410 Vgl. hierzu insbesondere Dorsch, 2005, S. 271ff.411 Dorsch, 2005, S. 73.

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Drucksache 16/8434 – 58 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

datenabfrage befasst sind und daher über das gesamteVerfahren abdeckende Erfahrungen verfügen. Einschät-zungen und Wahrnehmungen von Staatsanwälten ergän-zen die aus einer zeitlich versetzt erfolgten Aktenanalysegezogenen Informationen. Die Auswertung der Verfah-rensakten bietet die Möglichkeit, „harte“ Informationenüber die Verkehrsdatenabfrage zu erlangen, die mit Befra-gung und Interview nicht erfasst werden können.

Die Analyse von Strafverfahrensakten zielt im Rahmender Studie auf Erkenntnisse über die Antrags- und Anord-nungspraxis, die Umsetzung der Auskunftserteilung so-wie zur Bedeutung der Verkehrsdaten im weiteren Ver-fahrensverlauf. Anhand der Akten lassen sich außerdemInformationen über die Beschuldigten, die Betroffenender Maßnahme, zugrunde liegende Straftaten sowie dieKombination der Verkehrsdatenabfrage mit anderen Er-mittlungsmaßnahmen gewinnen. Dabei ist selbstverständ-lich zu berücksichtigen, dass bestimmte Informationen(z. B. Antworten und Rechnungen der Anbieter) nur teil-weise in Akten vorhanden sind.

Die Interviews dienen insoweit vor allem dazu, aus derPerspektive von Experten oder Schlüsselpersonen Erfahrun-gen und Einstellungen zu erfassen.412 Die Erkenntnisseaus der Auswertung der Strafverfahrensakten beeinfluss-ten das dritte Modul des Projekts, die Expertengespräche.Anhand der Akten konnten Ergebnisse gewonnen wer-den, die die Basis für vertiefende Fragen und damit An-sätze zur Interpretation bilden. Durch die Interviews wirdeine Vertiefung und Verbreiterung der Interpretation derErgebnisse der anderen Module ermöglicht. Ferner wirddie unterschiedliche Handhabung der Ermittlungsme-thode in den verschiedenen Berufsfeldern und Bundeslän-dern erfasst. Dabei geht es auch um Beurteilungen undSichtweisen verschiedener Berufe und Positionen in Ver-fahren und im rechtspolitischen Diskurs über die Abfragevon Verkehrsdaten. Deshalb wurden Richter, Staatsan-wälte, Polizeibeamte, Verteidiger, Datenschützer undMitarbeiter von Telekommunikationsunternehmen inter-viewt.

Im Folgenden werden zunächst die Untersuchungsmo-dule vorgestellt, die Konzeptionen der Erhebungsinstru-mente erörtert und schließlich die Durchführungsmodali-täten beschrieben.

B. Schriftliche Befragung

I. Teilnehmer und Reichweite

Eine bundesweite schriftliche Befragung von Staatsan-wälten bildete den ersten Schritt der Untersuchung undzielte auf Erfahrungen mit der Antrags- und Anordnungs-praxis bei der Verkehrsdatenabfrage sowie auf Einstellun-gen zu gesetzlichen Regelungen und ihrer Umsetzung.Die Entscheidung, die Befragung auf die Staatsanwalt-schaft zu konzentrieren, ist begründet dadurch, dass derenpraktische Erfahrungen das gesamte Verfahren abdecken.

Die Staatsanwaltschaft entscheidet im Ermittlungsverfah-ren darüber, ob eine (von der Polizei angeregte) Maß-nahme nach §§ 100g, 100h StPO in Betracht kommt.Wird die Verkehrsdatenabfrage für erforderlich gehalten,so wird entweder ein Antrag beim Gericht auf Erlass ei-nes Beschlusses gestellt oder – bei Gefahr im Verzug –eine Eilanordnung erlassen. Außerdem ist die Staatsan-waltschaft für die Durchführung der Maßnahmen zustän-dig sowie für die Umsetzung ggf. erforderlicher Folge-Maßnahmen, wie z. B. die Benachrichtigung der Betrof-fenen. Schließlich erfährt sie durch ihre Stellung alsAnklagevertreterin, welche Bedeutung die Daten im wei-teren Verfahrensverlauf eingenommen haben. Die Befra-gung bezog sich auf die Grundgesamtheit der Staatsan-wälte.

II. Fragebogenkonzeption

Für die bundesweite schriftliche Befragung von Staatsan-wälten wurde ein Fragebogen konzipiert, der sowohl ge-schlossene Fragen als auch Fragen mit offenen Antwortenenthielt und einem Pretest unterzogen wurde. Neben Fra-gen zur Praxis der Anordnung der Verkehrsdatenabfrageund ihrem Umfang wurden Einstellungen zu den rechtli-chen Regelungen und Einschätzungen der Effizienz derVerkehrsdatenabfrage einbezogen. Im Fragebogen wur-den die folgenden Themenkomplexe angesprochen:

– Delikte und Verdachtsgrad

– Verhältnis zu anderen Ermittlungsmaßnahmen undspeziell zur Telekommunikationsüberwachung

– Antragstellung

– Anordnungen

– Ablehnung von Anträgen und Eilanordnungen

– Dauer der Maßnahmen

– Durchführung der Maßnahmen

– Benachrichtigung der Betroffenen

– Zeugnisverweigerungsrecht

– Kosten und technische Umsetzung

– Probleme der Normanwendung

– Häufigkeit der Maßnahmen

– Erfolgsaussichten

– Zusammenfassende Beurteilungen der Bedeutung derMaßnahmen

III. Durchführung

Nach Fertigstellung wurden die Fragebögen an die Justiz-ministerien der Bundesländer verschickt. Die Fragebögenwurden dann auf dem Dienstweg von den Ministerien andie Generalstaatsanwaltschaften und von diesen an dieStaatsanwaltschaften weitergeleitet. Die Anschreiben andie Justizministerien enthielten den Hinweis, dass der412 Mayer, S. 36.

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 59 – Drucksache 16/8434

Fragebogen auch auf den Internetseiten des Max-Planck-Instituts für Strafrecht zur Verfügung stand.

Über die Justizverwaltungen wurden 4 650 Fragebögenan die Staatsanwaltschaften verschickt. Der enge Zeitplander Untersuchung erlaubte nur ein Erinnerungsschreiben.Jedoch wurden nicht antwortende Staatsanwaltschaftenüber das Erinnerungsschreiben hinaus noch telefonischkontaktiert. Die Rücklaufquote beläuft sich auf 19 Pro-zent. Von 4 650 Fragebögen wurden 874 Fragebögen zu-rückgeschickt. Freilich dürfte dies im Rahmen der fürschriftliche Befragungen erzielbaren Rücklaufquoten lie-gen. Ausfälle entstanden nicht allein aus Nichtbeantwor-tung. Zwei Staatsanwaltschaften haben den Fragebogen„als Querschnitt für die gesamte Behörde“ ausgefüllt. Daes bei der schriftlichen Befragung um die subjektive Ein-schätzung von Individuen geht, konnte eine Beantwor-tung des Fragebogens für eine ganze Abteilung nicht alssolche berücksichtigt werden. Die Erinnerungsschreibenführten dazu, dass etwa 50 weitere Fragebögen einge-gangen sind. Dies verweist darauf, dass auch mit weiterenErinnerungen die Gesamtrücklaufquote nicht hätte we-sentlich gesteigert werden können. Staatsanwaltschaftenwiesen als Begründung für die Nichtteilnahme auf diehohe Arbeitsbelastung und die daraus resultierende feh-lende Zeit zur Beantwortung des Fragebogens hin. DieFragebögen wurden von studentischen Mitarbeitern elek-tronisch erfasst.

1. Rücklauf nach Bundesländern

Der Eingang von 874 Fragebögen aus 4 650 verschicktenFragebögen entspricht einer Rücklaufquote von 19 Pro-zent. Damit liegt der Rücklauf in einem Bereich, der inder sozialwissenschaftlichen Literatur für schriftliche Be-fragungen angegeben wird. Danach lassen sich in schrift-lichen Befragungen Rücklaufquoten zwischen 15 Prozentund 40 Prozent erzielen.413 Die absolute Zahl der zurück-geschickten Fragebögen wie auch die Rücklaufrate diffe-rierten – wie in zu sehen ist – in den Bundesländern.

Ein hoher Anteil der Fragebögen bezieht sich auf dasBundesland Sachsen (219). In diesem Bundesland warauch die Rücklaufrate mit 67 Prozent am höchsten. Diegeringste Rücklaufquote war mit 5 Prozent in Berlin fest-zustellen. In Bremen nahmen fünf Staatsanwälte an derBefragung teil, was einer Rücklaufrate von 13 Prozententspricht. Aus Baden-Württemberg gingen 121 Frage-bögen bei einer Rücklaufquote von 29 Prozent ein.71 Staatsanwälte aus Mecklenburg-Vorpommern habenden Fragebogen beantwortet, was zu einer Rücklaufquotevon 46 Prozent führt. Nordrhein-Westfalen fällt ebenfallsmit einer geringen Rücklaufquote (9 Prozent) auf. Ausdiesem Bundesland wurden 82 Fragebögen zurückge-schickt.

413 Berekoven/Eckert/Ellenrieder, 1991, S. 104.

A b b i l d u n g 7

Rücklauf und Anzahl differenziert nach Bundesländern

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250

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Beantw. Fragebögen

Rücklaufrate

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Drucksache 16/8434 – 60 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Ta b e l l e 2

Rücklauf in den Landgerichtsbezirken

Die Bundesländer unterscheiden sich zwar in den Rück-laufraten. Jedoch liegen mit der Ausnahme des SaarlandsAntworten aus allen Bundesländern vor. Im Übrigen wer-den in fast allen Bundesländern die Landgerichtsbezirkeund damit die Staatsanwaltschaften annähernd komplett

abgedeckt. Ferner liegen auch aus den BundesländernNordrhein-Westfalen und Bayern Fragebögen aus einersolchen Anzahl von Staatsanwaltschaften vor, die es er-laubt, davon auszugehen, dass die Variationsbreite vonEinstellungen und Wahrnehmungen innerhalb der jeweili-gen Staatsanwaltschaft im Hinblick auf die Praxis derVerkehrsdatenabfrage abgebildet wird.

2. Rücklauf nach Alter und Geschlecht

Für die Untergruppe der auch in die Aktenanalyse mitein-bezogenen Bundesländer wurde anhand des Handbuchsder Justiz414 die Alters- und Geschlechtsverteilung in denStaatsanwaltschaften bestimmt. Damit war es möglich fürdiese vier Bundesländer die Rücklaufraten alters- und ge-schlechtsspezifisch zu berechnen (siehe Abbildung 8).

Die Rücklaufquote hängt insbesondere vom Alter ab.Auffällig ist, dass in der Gruppe der 30- bis 35-Jährigeneine hohe Rücklaufquote vorliegt, während die älterenAltersgruppen einen geringeren Rücklauf (ca. 15 Prozent)aufweisen. Zwischen den älteren Altersgruppen sind nurgeringe Unterschiede festzustellen, wobei die Rücklauf-quote mit dem Alter leicht absinkt. Unterschiede in derRücklaufrate liegen auch zwischen den Geschlechtern vor(Rücklaufquote insg.: Frauen 21 Prozent, Männer29 Prozent). Die Differenz entsteht fast ausschließlich beiden jüngeren Befragten. Interpretationsmöglichkeiten derUnterschiede liegen unter Umständen in einer häufigerenTeilzeitbeschäftigung gerade jüngerer Frauen in denStaatsanwaltschaften (und damit zusammenhängenderBereitschaft, an der Befragung teilzunehmen). Unter-schiede entlang des Alters mögen ggfs. Unterschiede inder Vertrautheit mit moderner Kommunikationstechnolo-gie widerspiegeln.

Anzahl LG-

Bezirkein den

Ländern

Antworten aus LG-Bezirken

Baden-Württemberg 17 17Bayern 22 15Berlin 1 1Brandenburg 4 4Bremen 1 1Hamburg 1 1Hessen 9 9Mecklenburg-Vorpommern 4 4Niedersachsen 11 11Nordrhein-Westfalen 19 9Rheinland-Pfalz 8 7Saarland 1 0Sachsen 6 6Sachsen-Anhalt 4 3Schleswig-Holstein 4 3Thüringen 4 4

414 Deutscher Richterbund (Hrsg.), 2004.

A b b i l d u n g 8

Rücklaufquote differenziert nach Geschlecht und Alter

0%

20%

40%

60%

80%

100%

32 37 42 47 52 57

Alter

ckla

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Männer

Frauen

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 61 – Drucksache 16/8434

3. Alter, Berufserfahrung und Tätigkeits-schwerpunkt der Befragten

Tabelle 3 zeigt, in welchen Dezernaten die Befragtenbeschäftigt sind. Dabei ist zu beachten, dass etwa einViertel der Befragten (27 Prozent der Befragten) angab,in zwei oder mehreren der genannten Dezernate zu arbei-ten. Dies führt zu unterschiedlichen Prozentwerten, jenachdem, ob als Bezugsgröße die Anzahl der Nennungen(einschließlich der Mehrfachnennungen) oder die Anzahlder Befragten gewählt wurde. Entsprechend summierensich die Werte bezogen auf die Befragten auf über100 Prozent.

Rund 39 Prozent der Befragten arbeiten in einem allge-meinen Dezernat. Etwa 18 Prozent der Staatsanwälte ga-ben an, dass sie im Bereich der Wirtschaftskriminalität ar-beiten, weitere 15 Prozent sind mit der Strafverfolgungvon Rauschgiftdelikten und rund 13 Prozent mit Jugend-sachen betraut. Ca. 12 Prozent der Befragten arbeiten imBereich Organisierte Kriminalität. Speziell in der für Ver-

kehrsdatenabfragen besonders interessanten AbteilungComputer- und Internetkriminalität ist ca. 1 Prozent derBefragten beschäftigt. Die Verteilung über Dezernate be-legt auch, dass es mit der Befragung gelungen ist, die ge-samte Bandbreite staatsanwaltschaftlicher Tätigkeitsfel-der abzudecken.

Die Häufigkeit der Nennungen einzelner Dezernate ist inden Bundesländern ähnlich ausgeprägt. Ausnahmen sindBrandenburg mit häufigeren Nennungen der Dezernateorganisierte Kriminalität (52 Prozent) und Computer- undInternetkriminalität (14 Prozent), Hessen mit häufigeremVorkommen von Betäubungsmittel-Dezernaten (31 Pro-zent), Niedersachsen mit häufigeren Nennungen derDezernate organisierte Kriminalität (30 Prozent) und Be-täubungsmittel (32 Prozent) und Sachsen mit einer unter-durchschnittlichen Anzahl bei Betäubungsmittel-Dezer-naten (7 Prozent) und überdurchschnittlichen Werten beiVerkehrsstrafsachen (8 Prozent) und sonstigen Dezerna-ten (22 Prozent).

Ta b e l l e 3

Dezernate

Dezernat Anzahl Nennungen

Prozent der Nennungen

Prozent der Befragten (N = 874)

Allgemeines Dezernat 338 30,9 % 39,3 %

Wirtschaftskriminalität 157 14,4 % 18,2 %

Betäubungsmittel 130 11,9 % 15,1 %

Jugendsachen 112 10,2 % 13,0 %

Organisierte Kriminalität 106 9,7 % 12,3 %

Sexualdelikte 55 5,0 % 6,4 %

Kapitaldelikte 40 3,7 % 4,6 %

Verkehrssachen 22 2,0 % 2,6 %

Computer- und Internetkriminalität 12 1,1 % 1,4 %

Sonstiges Dezernat 122 11,2 % 14,2 %

Insgesamt 1094 100 % 127,1 %

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Drucksache 16/8434 – 62 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Die Altersverteilung der Befragten entspricht nur bei denüber 35-Jährigen der tatsächlichen Verteilung des Altersbei dieser Berufsgruppe, da die unter 35-Jährigen umca. einen Faktor 3 überrepräsentiert sind (siehe Abbil-dung 9).

Die Befragten waren durchschnittlich 11,5 Jahre bei derStaatsanwaltschaft tätig (Median zehn Jahre). Es überwie-gen Tätigkeitsdauern von bis zu 18 Jahren (siehe Abbil-dung 10). Eine längere Berufserfahrung weisen 21 Pro-zent der Befragten auf.

A b b i l d u n g 9

Altersverteilung der Befragten

A b b i l d u n g 10

Verteilung der Tätigkeitsdauer

0

50

100

150

200

250

22 27 32 37 42 47 52 57 62

Alter

An

zah

l

0

20

40

60

80

100

120

140

160

0-3

3-6

6-9

9-12

12-1

5

15-1

8

18-2

1

21-24

24-27

27-3

0

30-3

3

33-3

6

36-39

Tätigkeitsdauer (in Jahren)

An

za

hl

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 63 – Drucksache 16/8434

Aufgrund von Abteilungswechseln ist die Tätigkeitsdauerin den aktuell genannten Dezernaten mit durchschnittlich5,4 Jahren geringer als die Gesamttätigkeitsdauer bei derStaatsanwaltschaft. Der wesentlich niedrigere Median-wert415 von drei Jahren weist darauf hin, dass kürzere Tä-tigkeitsdauern häufiger auftreten, wobei einzelne Be-fragte sehr lange Beschäftigungszeiten nennen.

Die Beschäftigungsdauer unterscheidet sich in den ver-schiedenen Dezernaten nicht in statistisch signifikanterWeise. Gleichwohl ist eine etwas kürzere Beschäftigungs-dauer bei Computer- und Internetkriminalität, bei Sexual-delikten und Verkehrsdelikten zu bemerken (< vier Jah-ren). Längere Beschäftigungszeiten lassen die DezernateBetäubungsmittel und Kapitaldelikte beobachten (> sechsJahre). Die durchschnittliche Dezernatsgröße liegt beisechs Stellen (Mittelwert: sechs, Median: sechs).

Zusammenfassend lässt sich für die schriftliche Befra-gung feststellen, dass jüngere Altersgruppen überreprä-sentiert sind. Die räumliche Verteilung des Rücklaufsdeckt – trotz Unterschieden – die Bundesländer und in-nerhalb der Bundesländer die Landgerichtsbezirke ab.Dasselbe gilt für die verschiedenen Dezernate. Insgesamtist deshalb von einer Stichprobe auszugehen, die die Va-riationsbreite von Einstellungen, Perzeptionen und Wis-sen innerhalb der Staatanwaltschaft erschließen lässt.

C. Aktenanalyse

I. Einführung

Die Aktenanalyse bildet das Kernstück der Studie. Ausden Akten ergeben sich für die Untersuchung zentrale In-formationen über die Verfahrensauslösung, die Initiierung,Antragstellung und Anordnung der Verkehrsdatenabfrage,die Begründungen von Polizei, Staatsanwaltschaft undGericht, die den Anordnungen zugrunde liegenden De-likte und die Bedeutung der Daten sowie etwaige Folge-maßnahmen, Anklage, Hauptverhandlung und Rechtsmit-telverfahren. Die Aktenanalyse erstreckte sich dann aufdie Durchführung anderer Ermittlungsmaßnahmen, fernerauf Interaktionen zwischen Strafjustiz und Telekommuni-kationsunternehmen. Die Rechnungen der Telekommuni-kationsanbieter und die Begleichung der Rechnungendurch die Polizei- und Justizbehörden waren in den Aktenteilweise nur unvollständig enthalten. Die Akten warenauch im Übrigen erwartungsgemäß nicht immer vollstän-dig. Zudem bestand ein Teil der Akten aus Verfahren, ausdenen andere Verfahren abgetrennt waren oder die zu ei-nem Sammelverfahren gehörten. Auch dies liegt im Rah-men des Erwartbaren. Bei Unvollständigkeit der Aktenwurden die Staatsanwaltschaften kontaktiert, um, für dieUntersuchung relevante, fehlende Teile anzufordern. Inseltenen Fällen war die Vervollständigung wegen Unab-kömmlichkeit von Akten nicht möglich.

II. Stichprobenziehung

1. Vorbereitung

Die Justizbehörden führen keine separate Statistik überdie Anordnungen nach §§ 100g, 100h StPO. Die einzigeMöglichkeit der Identifikation der einschlägigen Verfah-ren bestand demnach darin, die bei den Netzbetreiberngespeicherten Daten zu den Anforderungen von Ver-kehrsdaten heranzuziehen. Die Aktenzeichen wurden ausden §§ 100g, 100h-Beschlüssen bei den führenden Tele-kommunikationsanbietern Arcor, E-Plus, o2, T-Com,T-Mobile und Vodafone erhoben. Als Konsequenz desAktenzugangs konnten allerdings nur solche Verfahrens-akten angefordert werden, bei denen tatsächlich eine (Eil-)Anordnung nach §§ 100g, 100h StPO ergangen und denNetzbetreibern zugegangen ist. Ablehnungen von Anträ-gen auf Durchführung von Verkehrsdatenabfragen wur-den daher nicht systematisch erfasst.

Die Kooperation mit den Telekommunikationsfirmen ver-lief ohne Probleme. Nachdem bei den Telekommunikations-anbietern die entsprechenden Daten erhoben worden wa-ren, stand ein umfassender Datenpool zur Verfügung. DieDiensteanbieter übermittelten die Aktenzeichen der Be-schlüsse bzw. der Verfahren, das Datum des Beschlussessowie die Staatsanwaltschaft bzw. das Gericht, welchesdie Maßnahmen angeordnet hatte. Zum Teil konnte auchnur das Polizeipräsidium, in dessen Bezirk die Anord-nung erging, bzw. das Landeskriminalamt des jeweiligenBundeslandes festgestellt werden. In diesen Fällen wur-den die jeweiligen Aktenzeichen einer Staatsanwaltschaftzugeordnet.

Die bei den Anbietern erhobenen Daten umfassten unter-schiedliche Aktenzeichen. Zu einem großen Teil warendies ermittlungsrichterliche Aktenzeichen (Gs-Aktenzei-chen), im Übrigen Verfahrensaktenzeichen (Js- und UJs-Aktenzeichen) und zu einem geringen Anteil polizeilicheVorgangsnummern.

2. Stichprobenziehung und Repräsentativität

Die Aktenanalyse umfasst die Auswertung von Verfah-rensakten aus den Jahren 2003 und 2004 aus den Bundes-ländern Baden-Württemberg, Berlin, Mecklenburg-Vor-pommern und Nordrhein-Westfalen. Durch dieseAuswahl wurden relevante Unterschiede zwischen denBundesländern berücksichtigt. Daneben war Mecklen-burg-Vorpommern als ein neues Bundesland von beson-derem Interesse. Die Erhebungsjahre 2003 und 2004 wur-den ausgewählt, da davon ausgegangen wurde, dass dieVerfahren aus diesen Jahren einerseits bereits abgeschlos-sen sind und andererseits nicht zu lange zurückliegen.Nach der Aufnahme der Daten bei den Telekommunika-tionsanbietern wurden diese nach Bundesländern sortiertund eine Zufallsstichprobe von Aktenzeichen gezogen. Injedem Bundesland sollten 150 Verfahren ausgewertetwerden.

Informationen zu den bearbeiteten Beschlüssen konntenfünf Anbieter für den Referenzzeitraum (2003 und 2004)vollständig zur Verfügung stellen. Bei einem Anbieter

415 Median: 50 Prozent der Befragten liegen unterhalb dieses Wertes,die anderen 50 darüber.

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Drucksache 16/8434 – 64 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

waren nur noch die Daten des letzten Quartals von 2003sowie des Jahres 2004 komplett vorhanden. Dieser Aus-fall wie auch die Vernachlässigung der kleineren Tele-kommunikationsanbieter stellt die Repräsentativität derBasis der Stichprobe nicht in Frage, da sich zum einenVerbindungsdatenabfragen aus technischen Gründen z. B.bei der Zielwahlsuche meist nicht auf einen Anbieter al-leine beziehen (die Aktenanalyse ergab, dass im Mittelca. drei Telekommunikatinsanbieter pro Beschluss abge-fragt wurden), zum anderen die auf diese Weise erfasstenBeschlüsse wohl über zwei Drittel der insgesamt erlas-senen Beschlüsse umfassen. Es gibt keinen Grund anzu-nehmen, dass die nicht erfassten Beschlüsse Verfahrenzuzuordnen wären, die sich durch Besonderheiten aus-zeichnen.

Zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang auch, dass dievon den Telekommunikationsanbietern übermittelten In-formationen zum Teil nicht beschluss-, sondern an-schlussbezogen waren. Die Informationen wurden aberinnerhalb der Datensätze der einzelnen Telekommunika-tionsanbieter beschlussbezogen zusammengefasst soweitdas Beschlussdatum, der Sitz der beantragenden Stelleund das jeweilige Aktenzeichen übereinstimmten.

Auf der Basis der von den sechs größten Telekommunika-tionsanbietern und damit fast aller in den Referenzjahrenerlassenen Beschlüsse nach §§ 100g, 100h StPO wurdedie Aktenstichprobe bestimmt. Dazu wurden in jedem dervier zu untersuchenden Bundesländer durch Zufall416

jeweils ca. 180417 Beschlüsse ausgewählt. Die relativniedrige Auswahlquote von ca. 2 Prozent (im Fall vonBaden-Württemberg und Berlin, sowie 1,1 Prozent inNordrhein-Westfalen bzw. knapp 9 Prozent in Mecklen-burg-Vorpommern) führte dazu, dass in sehr seltenen Fäl-len ein Beschluss doppelt ausgewählt wurde (<1 Pro-zent).418 Auch die Zahl der auf diese Weise doppelt gezo-genen Verfahren lag deutlich unter 1 Prozent.419

Die so gezogene Stichprobe von Verfahren, in denen nach§§ 100g, 100h StPO Verkehrsdaten abgefragt wurden,hängt damit nicht von einer Auswahl bestimmter Anlass-delikte oder verfahrensführender Stellen ab. Sie ist somitrepräsentativ für die in diesen vier Bundesländern durch-geführten Verfahren mit Verkehrsdatenabfragen. EineVerallgemeinerung auf die Bundesrepublik ist ohne we-sentliche Einschränkungen möglich, da bei der Auswahl

der Bundesländer darauf geachtet wurde ggf. vorhandenekriminalpolitische, strukturelle (Stadt- und Flächenstaa-ten) und historische (alte versus neue Bundesländer) Un-terschiede proportional nahezu ausgewogen zu erfassen.

Die Repräsentativität wird auch nicht dadurch geschmä-lert, dass statt der ursprünglich anvisierten 600 Akten nur467 in die Auswertung eingingen, da es nicht zu systema-tischen Ausfällen kam. Einzig die statistische Trenn-schärfe bezüglich Differenzen zwischen unterschiedli-chen Gruppen ist dadurch etwas reduziert.420

III. FragebogenkonzeptionUm die in den Akten enthaltenen Informationen in einerForm zu erfassen, die eine statistische Analyse erlaubt,wurden ein Fragenkatalog und ein darauf abgestimmtesEingabeprogramm erstellt. Entsprechend der komplexenStruktur der Akten selbst ist dieser in verschiedene Teilegruppiert, die miteinander verknüpft sind. Dabei konnteauf die Erfahrungen des Projekts zur „Rechtswirklichkeitund Effizienz der Überwachung der Telekommunikationnach den §§ 100a, 100b StPO und anderer verdeckter Er-mittlungsmaßnahmen“421 zurückgegriffen werden.

Grundlage des Fragebogens sind die vier HaupttabellenVerfahren (V), Beschuldigte (B), Beschluss (S) und An-schluss (A). Jeder dieser Blöcke wird durch einen eigenenFragenkomplex erfasst. Abgesehen von der Tabelle Ver-fahren werden die Tabellen innerhalb einer Akte ggf.mehrfach ausgefüllt. Die Module sind in besondererWeise miteinander verknüpft. V steht in 1-n-Verknüpfun-gen zu B und S, S wiederum in 1-n-Verknüpfung zu A. Ineinem (1) Verfahren kann es also mehrere (n) Beschul-digte und mehrere (n) Beschlüsse geben und ein Be-schluss kann sich auf mehrere (n) Anschlüsse beziehen.

Ferner sind drei zusätzliche Tabellen eingefügt, die sichauf mehrere Haupttabellen beziehen und ergänzende De-tailangaben ermöglichen. Sie sind also mit mehreren der

416 Jedem Datensatz in den nach den vier Ländern getrennten Tabellen,die jeweils die Daten aller TK-Anbieter enthielten, wurde eine gleichverteilte Zufallszahl zwischen 0 und 1 zugeordnet. Alle Datensätze,deren Zufallszahl kleiner als die Auswahlquote war, wurde gezogen.

417 Es wurden mehr Beschlüsse als die notwendigen 150 Beschlüsse ge-zogen, um die erwartbaren Ausfälle auszugleichen. Tatsächlich wa-ren einige Verfahren nicht verfügbar, in selteneren Fällen konnteauch ein GS-Aktenzeichen nicht zugeordnet werden.

418 Prinzipiell ist dies möglich, da ein Beschluss – wie die Aktenanalysezeigt – im Schnitt etwa drei TK-Anbieter betrifft. Allerdings hängtdas Auftreten solcher Duplikate stark von der Auswahlquote ab. Jegeringer diese ist, desto seltener treten Duplikate auf.

419 Dies war möglich, da bei ca. einem Drittel der Beschlüsse nicht dasAktenzeichen des Verfahrens sondern nur das GS-Aktenzeichen derBeschluss fassenden Stelle verzeichnet war.

420 So können z. B. prozentuale Differenzen zwischen alternativenGruppen auf der Ebene der Verfahren im schlechtesten Fall erst ab ei-ner Differenz von 6,5 Prozent anstatt von 5,7 Prozent als statistischgesichert angesehen werden.

421 Albrecht/Dorsch/Krüpe, 2003.

1 1

n n

1

n

Verfahren

Beschluss

Anschluss

Beschuldigte

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 65 – Drucksache 16/8434

Haupttabellen verbunden, um sicherzustellen, dass derZusammenhang der erfassten Angaben erhalten bleibt.Dabei kommt es immer darauf an, welche Informationenden Akten entnommen werden können. Eine dieser zu-sätzlichen Tabellen ist die Tabelle „Verfahrensauslö-sung“. Soweit dies möglich war, wurden die Angabenzum verfahrensauslösenden Sachverhalt nicht nur auf dasVerfahren, sondern auch bezogen auf die einzelnen Be-schuldigten ausgefüllt. Zwischen Anschluss und Beschul-digtem gibt es eine Tabelle „Anschlussinhaber“. An-schlussinhaber kann der Beschuldigte, aber auch einDritter sein. Diese Tabelle war nur für die Beschuldigtenauszufüllen, gegen die der Beschluss gerichtet ist. Diesermöglicht es, die Beziehung jedes Beschuldigten zum je-weiligen Anschlussinhaber gesondert zu erfassen. Um Er-folge zuordnen zu können, wurde die Tabelle „Erfolg“mit den Tabellen Beschluss, Verfahren und Beschuldigteverknüpft. Als Erfolge wurden beispielsweise die Ermitt-lung des aktuellen Aufenthaltsortes des Beschuldigtenbzw. seines Mobiltelefons, Hinweise auf die Täterschaft,die Erweiterung des Tatvorwurfes, Hinweise auf weitereTatbeteiligte, die Sicherung von Beweisen, usw. behan-delt. Dadurch werden Erfolge in zweierlei Hinsicht er-fasst. Zum einen können sie durch die 1-n Anbindung zuder Tabelle Verfahren als Erfolge des „Gesamtverfah-rens“ aufgenommen werden, insbesondere in den Fällen,in denen eine Zuordnung zur jeweiligen Maßnahme undzum Beschuldigten nicht möglich ist. Darüber hinaus istes aber – sofern nach Aktenlage feststellbar – auch mög-lich, den eingetretenen Erfolg einer bestimmten Maß-

nahme nach §§ 100g, 100h StPO und damit einem be-stimmten Beschluss zuzuordnen. Dies geschieht durchdie Verbindung zwischen Erfolg und Beschluss. Da nichtzwingend ein Erfolg mehreren Maßnahmen zuzuordnensein muss und umgekehrt nicht eine Maßnahme immermehrere Erfolge aufzuweisen hat, besteht zwischen die-sen Modulen eine n-m Verbindung. Jeder Erfolg kannsomit keiner Maßnahme, einzelnen oder mehreren Maß-nahmen zuzuordnen sein, jede Maßnahme kann keinenErfolg, einzelne oder mehrere Erfolge erzielt haben. Da-rüber hinaus wurde „Erfolg“ auch in n-m Verknüpfungmit „Beschuldigte“ gesetzt, damit, sofern dies feststellbarist, aufgenommen werden kann, hinsichtlich welches Be-schuldigten ein Erfolg herbeigeführt werden konnte.

Aus Gründen der Übersichtlichkeit und aus auswertungs-ökonomischen Gründen wurden weitere Themenkom-plexe aus den Haupttabellen herausgenommen. So wurdendie Telekommunikationsanbieter-Daten-unabhängigen Er-mittlungsmaßnahmen in der Tabelle Maßnahmen aus derTabelle Verfahren ausgegliedert. So konnte jede einzelneErmittlungsmaßnahme, die in dem Verfahren angeordnetwurde, erfasst werden. Eine weitere – diesmal aus „Be-schuldigte“ – ausgegliederte Tabelle stellt „Anklage+Urteil-Delikt“ dar. Nur so konnten alle einzelnen Delikte,die dem Beschuldigten zur Last gelegt wurden und ihreEntwicklung im weiteren Verfahren erfasst werden. Auchdie Tabelle „Rechtsmittel“ gehört zum Beschuldigten. Daaber mehrere Rechtsmittel eingelegt worden sein können,wurden die Angaben zum Rechtsmittel aus der Beschul-digtentabelle herausgenommen.

n 1 1 n 1 1 n 1 n n n n m 1 n m n m 1 1 n n m n 1 n

Beschluss

Verfahren

Anschluss

Beschuldigte Erfolg

Maßnahmen

Verfahrensauslösung

Anschlussinhaber

Anklage + Urteil-Delikt

Rechtsmittel

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Drucksache 16/8434 – 66 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

IV. Durchführung1. AktenanforderungDie Anbieter verfügten zu einem großen Teil lediglichüber die „Gs-Aktenzeichen“, da sie nur von der ermitt-lungsrichterlichen Anordnung oder staatsanwaltschaftli-chen Eilanordnung betroffen sind und dementsprechendauch nur von dieser Kenntnis hatten. Durch diesen Um-stand kam es zu erheblichen zeitlichen Verzögerungen beider Aktenanforderung. Die Staatsanwaltschaften musstenzunächst die Gs-Aktenzeichen den Verfahrensaktenzei-chen zuordnen. Dies geschah teilweise bei der Staatsan-waltschaft selbst. Andere Staatsanwaltschaften musstenzunächst bei den Gerichten um Auskunft bitten, welchesVerfahrensaktenzeichen zu dem jeweiligen Gs-Aktenzei-chen gehört. Teilweise wurde die Zuordnung als nichtmöglich deklariert. Nachdem dann die Gs-Aktenzeichenden Verfahren zugeordnet worden waren, mussten dieAkten erst in den jeweiligen Abteilungen angefordertwerden. In den meisten Fällen erfolgte die Aktenüber-mittlung postalisch.

Zwischen Aktenanforderung und Zusendung der Aktenvergingen in den Bundesländern Baden-Württemberg undNordrhein-Westfalen im Schnitt vier bis fünf Wochen, inMecklenburg-Vorpommern durchschnittlich sechs Wochenund in Berlin etwa zwei bis drei Monate. Dies resultiertwohl daraus, dass es in Berlin nur eine Staatsanwaltschaftund eine Amtsanwaltschaft gibt und in Mecklenburg-Vor-pommern lediglich vier Staatsanwaltschaften. Insofernentfiel in diesen Bundesländern eine hohe Anzahl vonAkten auf die einzelnen Staatsanwaltschaften.

Zum Teil konnten die Gs-Aktenzeichen keinem Verfahrenzugeordnet werden. Zudem waren einige der von denTelekommunikationsanbietern erfassten Js-Aktenzeichenlaut Staatsanwaltschaft nicht existent. Eine nicht unbe-trächtliche Anzahl von Verfahren war noch nicht abge-schlossen oder eine Einsichtnahme war aus anderenGründen nicht möglich. In diesen Fällen erfolgte eineweitere Ziehung von Aktenzeichen. Die Gesamtstich-probe beläuft sich somit auf 800 Aktenzeichen.

2. DateneingabeDer Auswertung im Rahmen der Aktenanalyse liegen ins-gesamt 467 Strafakten zugrunde. Die Auswertung erlaubteine sichere Beantwortung der eingangs aufgeworfenenFragestellungen, da die der Analyse zugrundeliegendeAktenauswahl keine Verzerrungen enthält, die die Vertei-lungen mehr als marginal beeinflussen. Die Auswertungder Akten erfolgte überwiegend in den Räumen des Max-Planck-Instituts. Zu einem geringen Anteil war es not-wendig, die Aktenanalyse bei der jeweiligen Staatsan-waltschaft vor Ort vorzunehmen. Die Auswertung derAkten erfolgte durch studentische Hilfskräfte (Studentin-nen und Studenten der Rechtswissenschaft). Die Aktenin-halte wurden direkt in ein Access-Formular eingegeben.Zur Gewährleistung der einheitlichen Aktenauswertungwurden die studentischen Mitarbeiter umfassend in dieFragestellungen eingeführt. Ferner wurde zur Sicherung

übereinstimmender Auswertung eine Fragebogenkom-mentierung erstellt. Zudem fanden regelmäßige Bespre-chungen zwischen den Projektmitarbeitern statt. Zu Be-ginn wurden alle Eingaben kontrolliert und die Akte mitdem jeweiligen Bearbeiter besprochen. Im weiteren Ver-lauf wurden die Akten stichprobenartig überprüft. Eineübergreifende Kontrolle der Eingabe erfolgte über eineDatenmaske.

Die Bearbeitungsdauer variierte je nach Umfang des Ver-fahrens. Im Durchschnitt betrug die Bearbeitungszeit vierStunden für einen Aktenumfang von durchschnittlichetwa 400 Seiten. Für kleinere Akten (ca. 50 Seiten) wurdeeine Stunde zur Aktenauswertung benötigt, für größere(ca. 3 000 Seiten) erreichte die Auswertungszeit bis zu14 Stunden. Die statistische Auswertung der Daten er-folgte mit dem Statistikprogramm SPSS (StatisticalPackage for the Social Sciences).

D. ExpertengesprächeI. EinführungExpertengespräche mit Praktikern aus allen Bereichen,die mit Maßnahmen nach §§ 100g, 100h StPO (aus unter-schiedlichen Perspektiven) konfrontiert werden, sollendie Ergebnisse der schriftlichen Befragung und der Ak-tenanalyse vertiefen und zur Auslotung der Interpreta-tionsspielräume dienen. Interviews wurden mit Richtern,Staatsanwälten, Strafverteidigern, Polizisten, Mitarbei-tern von Telekommunikationsunternehmen und Daten-schutzbeauftragten aus den Ländern Baden-Württemberg,Berlin, Mecklenburg-Vorpommern und Nordrhein-West-falen durchgeführt.

II. FragebogenkonzeptionFür die Expertengespräche wurde für die verschiedenenBerufsgruppen je ein Interviewleitfaden entwickelt.Schwerpunktmäßig sind die folgenden Themenkomplexein den Interviews angesprochen worden:

– Durchführung der Maßnahme nach §§ 100g, 100h StPO

– Richtervorbehalt

– Verhältnismäßigkeit und Subsidiaritätsgrundsätze

– Schwierigkeiten zwischen den Beteiligten

– Benachrichtigung und zeugnisverweigerungsberech-tigte Betroffene

– Verfahren und Rechtsmittel

– Erfolge der Verkehrsdatenabfrage

– Verhältnis zu und Vorteile gegenüber anderen Ermitt-lungsmaßnahmen

– Zukünftige Gestaltung der Maßnahme und Reform derstrafprozessualen Grundlagen

Die Fragenkomplexe wurden je nach Tätigkeitsfeld anden Interviewpartner und die einzelnen Berufsgruppenangeglichen.

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 67 – Drucksache 16/8434

III. Durchführung

Die Expertengespräche wurden in den Bundesländern Ba-den-Württemberg, Berlin, Mecklenburg-Vorpommernund Nordrhein-Westfalen geführt. Bei der Auswahl derGesprächspartner wurden die unterschiedlichen Arbeits-bereiche der einzelnen Berufsgruppen berücksichtigt. ImFalle der Richter wurden Ermittlungsrichter interviewt.Die in den Expertengesprächen befragten Staatsanwältewaren in den Schwerpunktdezernaten Organisierte Krimi-nalität, Betäubungsmittelkriminalität und Computerkri-minalität eingesetzt. Interviewte Polizisten waren derKriminalpolizei (Schwerpunkte Betäubungsmittelkrimi-nalität, Organisierte Kriminalität, Computerkriminalität)und den Landeskriminalämtern zugeordnet. Bei den

Strafverteidigern wurden Anwälte, die über Erfahrungenmit Betäubungsmittelkriminalität und Revisionen verfü-gen, ausgewählt. Interviews mit Mitarbeitern von Tele-kommunikationsunternehmen betrafen solche, die Akten-zeichen der Anordnungen zur Verfügung gestellt haben(Arcor, Eplus, o2, T-Com, T-Mobile, Vodafone). Zudemwurden Mitarbeiter der vier Datenschutzbeauftragten derBundesländer, aus denen die Akten angefordert wurden,befragt. Insgesamt wurden mit 53 Personen Interviewsgeführt. Die Interviews wurden teilweise telefonisch, teil-weise auch „face to face“ geführt. Die Gesprächsdauerbetrug dabei zwischen 20 Minuten und zwei Stunden. DieGespräche wurden in Form von Ergebnissen zu den ein-zelnen Fragen protokolliert und einer qualitativen Ana-lyse unterzogen.

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 69 – Drucksache 16/8434

4. Ergebnisse der empirischen Untersuchung

A. Struktur und Eingriffsbreite von Verkehrsdatenabfragen

I. Verkehrsdatenabfragen im Spiegel von Telekommunikationsunternehmensdaten

Die für die Stichprobenziehung erhobenen Telekommuni-kationsanbieterdaten erlauben allgemeine Analysen zurStruktur, zum Umfang und zur Eingriffsbreite der ver-schiedenen Typen der Verkehrsdatenabfrage. Aus den anein Telekommunikationsunternehmen (Mobilfunknetz,Marktanteil ca. 15 Prozent, etwa zwölf Millionen Kun-den) gerichteten Beschlüssen und den hieraus resultieren-den Abfrageergebnissen, die einen Zeitraum von dreiMonaten erfassen, lässt sich ein repräsentatives Bild all-gemeiner Kennziffern der Verkehrsdatenabfrage ermit-teln. Ein weiterer Datensatz bezieht sich auf den Festnetz-bereich und Nordrhein-Westfalen (2004). Aus ihmkönnen Informationen zu Deliktsstrukturen im Zusam-menhang mit Verkehrsdatenabfragen (und hier auch zurAbfrage von Bestandsdaten zu dynamischen IP-Adres-sen) entnommen werden.

In dem Auswertungszeitraum von drei Monaten (Januarbis März 2003) wurden an das betroffene Telekommuni-kationsunternehmen 1 714 Auskunftsersuchen gestellt.Auf das Jahr 2003 bezogen handelte es sich somit umetwa 7 000 Auskunftsersuchen. Die Abfragen sind fastausschließlich auf die Vergangenheit gerichtet. Nur in sel-tenen Fällen (0,7 Prozent) bezieht sich eine Verkehrsda-tenabfrage ausschließlich auf die Zukunft. Etwas häufigersind kombinierte, Zukunft und Vergangenheit der Verbin-dungen erfassende Abfragen zu beobachten (5 Prozent).

Im Festnetzbereich Nordrhein-Westfalens kam es 2004 zu1 926 Abfragen. Diese bezogen sich ganz überwiegendauf die Feststellung abgehender Kontakte. In 3 Prozentder Fälle wurden ankommende Telefonnummern abge-fragt. Etwa 22 Prozent der Anfragen betrafen (dynami-sche) IP-Adressen.

II. Die Struktur der Verkehrsdatenabfrage und ihrer Erledigung

Die Art der Verkehrsdatenabfrage wird durch das Un-ternehmen in A-, B- und C-Suchläufe unterschieden. EinA-Suchlauf zielt auf die Identifizierung von Telefonnum-mern, die von einem Kunden des Mobilfunknetzes ange-wählt worden sind. Der B-Suchlauf bezieht sich auf denNachweis von Verbindungen, die aus dem Mobilfunknetzzu einer im Beschluss genannten Nummer hergestelltworden sind. Der C-Suchlauf enthält die Feststellung vonVerbindungen, die in einer oder mehreren im Beschlussangesprochenen Funkzellen entstanden sind, betrifft alsodie Funkzellenabfrage, die zu den eigentlichen Verkehrs-daten räumliche Daten hinzufügt. Die Verteilung derAbfragen lässt einen eindeutigen Schwerpunkt bei derIdentifizierung von Verbindungen, die zu einer, den Straf-verfolgungsbehörden bereits bekannten, Telefonnummerbestanden haben, erkennen. Etwa 60 Prozent der Be-schlüsse betreffen den so genannten Zielsuchlauf, mit

dem das Telekommunikationsunternehmen alle gespei-cherten Kundendaten darauf hin untersucht, ob Verbin-dungen zu einer oder mehreren im Beschluss bezeichne-ten Telefonnummern hergestellt worden sind. Etwa18 Prozent der Beschlüsse beziehen sich auf eine Funk-zellenabfrage.

Die Bearbeitungsdauer (Zeitpunkt der Abfrage bis Ab-gang der Auskunft) ist im Durchschnitt kurz. 96 Prozentder Anfragen sind innerhalb einer Woche erledigt. DerMittelwertvergleich zeigt für Funkzellenabfragen einenerhöhten Wert von etwas mehr als vier Tagen. Demgegen-über liegt die Bearbeitungsdauer für Zielwahlsuchläufeund Kombinationen zwischen Zielwahlsuche und derKundentelefonabfrage bei durchschnittlich zweieinhalbTagen (AB, B, Tabelle 4).

Ta b e l l e 4

Bearbeitungsdauer in Tagen

Vor allem aus der Perspektive der Beurteilung der Vor-ratsspeicherung ist dann von Bedeutung, für welche Zeit-räume vor der Abfrage in der Praxis nach Verkehrsdatennachgefragt wird. Die Verkehrsdatenabfrage bezieht sichauf einen Zeitraum, der durchschnittlich 26 Tage vor demZeitpunkt des Anfrageschreibens beginnt. Etwa dieHälfte der Abfragen betrifft einen Zeitraum von vier Ta-gen oder weniger. Dabei unterscheidet sich die Reich-weite in die Vergangenheit nach der Art der Abfrage.Grundsätzlich kann wohl davon ausgegangen werden,dass sich die Praxis der Abfrage an die (durch Rech-nungsstellung begründete) Speicherungsdauer der Tele-kommunikationsunternehmen angepasst hat. In diesemFall war die Speicherungsdauer von Transaktionsdatenvon dem Unternehmen auf 80 Tage festgelegt worden.Tatsächlich beziehen sich knapp 20 Prozent der Verkehrs-datenabfragen auf einen Abfragebeginn, der offensichtlichan dem Löschzeitpunkt orientiert ist (zwischen 76 und80 Tage). Nur vereinzelt (0,6 Prozent) erstrecken sichAbfragen (auch) auf nach dem Löschzeitpunkt liegendeZeiten (wobei diese Abfragen in der Regel auch innerhalbder löschfreien Zeit liegende Zeiträume abdecken).

Die Abfragen von Verbindungen aus einem bekanntenTelefonanschluss (kombiniert mit Zielwahlsuchen) legenden Beginn der Abfrage am engsten an den Löschzeit-punkt. Hier sind es knapp 60 Prozent der Abfragen, dienach Daten von bis zu zwischen 75 und 80 Tagen vor dem

Abfrageart Mittelwert N Std. Ab-weichung

A 3,58 12 2,429

AB 2,55 334 4,428

B 2,81 991 4,041

C 4,30 295 2,791

Insgesamt 3,03 1 632 3,966

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Drucksache 16/8434 – 70 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

A b b i l d u n g 11

Art der Verkehrsdatenabfrage in Prozent

0,7

22,6

59,2

17,5

0

10

20

30

40

50

60

70

A A+B B C

Anschreiben an das Telekommunikationsunternehmenverlangen. Im Falle von Zielwahlsuchen liegen im Be-reich von 75 und mehr Tagen etwa 9 Prozent der Anfra-gen und bei Funkzellenabfragen betrifft dieser Zeitraumnoch einen Fall (0,3 Prozent). Demnach dürfte ein Bedarfnach längerer Speicherung vor allem bei Überwachungenbekannter Telefonanschlüsse und insoweit bei bereits be-kannten Tatverdächtigen vorhanden sein. Freilich decktsich eine zunehmende Ausdehnung in die Vergangenheitauch mit einer zunehmenden Überwachungsdauer. Dennaus der Reichweite der Verkehrsdatenabfrage in die Ver-gangenheit lässt sich gut die Dauer der Abfrage vorhersa-

gen. Eine Regression des erwarteten Abfragebeginns aufdie Dauer der Abfrage zeigt einen sehr starken (und linea-ren) Zusammenhang und einen entsprechend hohen An-teil an erklärter Varianz.

Je länger in die Vergangenheit eine Verkehrsdatenabfragereicht, desto eher ist sie offensichtlich auf eine allgemeineErforschung der Kommunikation eines Tatverdächtigen(und der Kommunikationspartner) gerichtet. Zielwahlsu-che und Funkzellenabfrage antworten demgegenüber aufstärker konkretisierte Fragestellungen, die sich, so ist an-zunehmen, unmittelbar aus den ersten Ermittlungsschrit-ten ergeben.

Ta b e l l e 5

Vorhersage Dauer aus gewünschtem Beginn bei A/B-Abfragen

a Predictors: (Constant), Eingangsdatum – gewünschter Beginn der Abfrage.

Model R R Square Adjusted R Square Std. Error of the Estimate

1 ,663 ,440 ,438 788,19686

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 71 – Drucksache 16/8434

III. Die Dauer der Überwachung

Die verschiedenen Arten von Abfragen lassen deutlicheUnterschiede in der Zeitspanne, für die Daten erhobenwerden, erkennen. Die Funkzellenabfrage ist auf kurzeZeiträume ausgerichtet. Ihre durchschnittliche Dauer liegtbei fünf Stunden. Freilich fallen bereits knapp ein Viertelder Funkzellenabfragen unter eine Stunde; das Maximumliegt bei knapp drei Tagen. Auch der Zielsuchlauf kon-zentriert sich auf kurze Zeiträume. Davon heben sich sol-che Verkehrsdatenabfragen nachdrücklich ab, die (auch)die Erhebung von Daten aus einem bekannten Anschlussbeinhalten (A, AB, Tabelle 6).

Die Unterschiede werden in der graphischen Darstellung(Abbildung 12) noch deutlicher. Die Abfrage von einemüberwachten Anschluss abgehender Verbindungen wirdselten gezielt auf einen kurzen Zeitraum eingesetzt. Hierliegt der Ermittlungsansatz sichtlich auf einer breit ange-legten Erfassung der Kommunikationsverkehrsdaten ei-nes Tatverdächtigen (oder Nachrichtenmittlers). DerSchwerpunkt liegt bei zwei bis drei Monaten. Zielwahlsu-chen und Funkzellenabfragen setzen den Schwerpunkt imStunden- und Minutenbereich.

Ta b e l l e 6

Überwachungsdauer in Stunden

A b b i l d u n g 12

Dauer der Datenerhebung bei verschiedenen Abfragen (absolute Zahlen)

Art des Suchlaufs Mittelwert N Std. AbweichungA 1 248 12 790AB 1 511 383 1 051B 261 1 010 694C 5 297 7Insgesamt 505 1 702 921

0

50

100

150

200

250

300

350

400

bis 1

Stund

e

1-2

Stund

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Stund

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3-6

Stund

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Stund

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12-2

4Stu

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1-2

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2-3

Tage

3-10

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30-6

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60-9

0Tag

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90-1

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>18

0Tag

e

B C A/B

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Drucksache 16/8434 – 72 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

IV. Resultate der VerkehrsdatenabfrageDie Ergebnisse der Verkehrsdatenabfrage, gemessen da-ran, ob überhaupt Mitteilungen über Verkehrsdaten vor-genommen wurden, sind erwartungsgemäß. Die ausunterschiedlichen Perspektiven weit angelegten Abfra-geformen der Funkzellenabfrage und der abgehendenKommunikation eines überwachten Anschlusses resul-tieren ganz überwiegend in der Übermittlung von Trans-aktionsdaten an die Strafverfolgungsbehörden. Ledig-lich 17 aus 299 Funkzellenabfragen (5,6 Prozent) und106 aus 386 kombinierten Zielwahlsuchen und An-schlussüberwachungen (27,5 Prozent) führen zu der In-

formation, dass keine Verkehrsdaten aus dem abgefrag-ten Bereich und Zeitraum registriert worden sind. DieZielwahlsuche selbst läuft erwartungsgemäß in der Re-gel ins Leere. Nur 154 (15 Prozent) von 1 015 Zielwahl-suchen liefern den Strafverfolgungsbehörden aus demangefragten Unternehmen Ergebnisse in Form von Ver-bindungen aus dem Mobilfunknetz zu einem in der An-frage benannten Anschluss. Die Quote entspricht imÜbrigen etwa dem Marktanteil des Unternehmens undspricht demnach auch dafür, dass sich die Klientel derStrafverfolgungsbehörden wohl (durchschnittlich) markt-konform verhält.

Ta b e l l e 7

Abfrageart und Ergebnisse in Form der Übermittlung von Transaktionsdaten

AbfrageartErgebnis der Abfrage Insgesamt

Keine Daten geliefert Daten geliefert

A 3 9 12

AB 106 280 386

B 861 154 1 015

C 17 282 299

Insgesamt 987 725 1 712

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 73 – Drucksache 16/8434

V. Die Eingriffsbreite der Verkehrsdatenabfrage

Die Eingriffsbreite der Verkehrsdatenabfrage kann nebender Dauer der Überwachung durch die Anzahl der über-wachten Anschlüsse sowie durch die Anzahl der (unter-schiedlichen) registrierten Kommunikationspartnerbeschrieben werden. Einen Überblick enthält die nachste-hende Tabelle 8.

Geht man von der insgesamt erfassten Kommunikationaus, dann liegt die Kombination von Zielwahlsuche undÜberwachung eines bestimmten Anschlusses vorne.Durchschnittlich werden hier Transaktionsdaten zu623 Gesprächen (oder Kontakten) erfasst. Freilich ist derMittelwert beeinflusst durch zwei Extremwerte, derenEliminierung allerdings immer noch zu einem Durch-schnitt von 357 Gesprächen pro Abfrage führt. Die Ziel-wahlsuche registriert (wenn überhaupt ein Kontakt regis-triert worden ist) durchschnittlich 20 Kontakte. FürFunkzellenabfragen enthält Tabelle 8 die Information,dass im Durchschnitt Verkehrsdaten zu 286 Kontaktenangefallen sind.

Die Eingriffsbreite wird jedoch erst dann vollständigsichtbar, wenn die Kommunikationskontakte auf die An-zahl hierin einbezogener unterschiedlicher Personen hin

untersucht werden. Aus dem vorliegenden Datensatzwurden die Telefonnummern abgehender und ankom-mender Kommunikation auf unterschiedliche Anschlüssereduziert, um darstellen zu können, wie viele Personen(gemessen an unterschiedlichen Telefonnummern) durchverschiedene Formen der Verkehrsdatenabfrage regis-triert werden (Tabelle 9).

Die Abfrage von Funkzellen führt durchschnittlich zu derRegistrierung abgehender Gespräche von 111 (ver-schiedenen) Mobilfunkteilnehmern und durchschnittlich183 (unterschiedlichen) Telefonnummern, die eingehendeKommunikation repräsentieren. Die Standardabweichungist erheblich. Dies reflektiert die durch Ort und Zeit be-dingten Unterschiede im Mobilfunkaufkommen.

In der nachstehenden Abbildung 13 werden die in ver-schiedenen Tages- und Nachtzeiten platzierten Funkzel-lenabfragen von bis zu einer Stunde präsentiert. Hierauserfolgt eine erwartbare Verteilung. In den Nachtstundenzwischen 0.00 und etwa 6.00 Uhr geht die Telekommuni-kation auf fast Null zurück.

Abbildung 14 stellt den Telekommunikationsverlauf aufder Grundlage einer Funkzellenabfrage für den innerenBereich einer Kleinstadt über 24 Stunden dar.

Ta b e l l e 8

Mittelwert erfasster Gespräche und abgefragter Telefonnummern/Funkzellen bei verschiedenen Arten der Verkehrsdatenabfrage

Art der Abfrage Alle Gespräche Anrufe Überwachte Nummern bzw. Funkzellen

AB Mittelwert 623 (357) 134 1,4

N 281 (279) 204 387

Std. Abweichung 4 039 (624) 240 1,1

B Mittelwert 20 1,3

N 153 1 014

Std. Abweichung 65 0,9

C Mittelwert 286 3,2

N 282 299

Std. Abweichung 574 . 1,9

Insgesamt Mittelwert 463 85 1,7

N 572 358 1 712

Std. Abweichung 2 871 194 1,4

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Drucksache 16/8434 – 74 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Ta b e l l e 9

Durch Funkzellenabfragen erfasste unterschiedliche Anschlüsse

A b b i l d u n g 13

Durchschnittlich erfasste Kontakte bei Funkzellenabfragen mit einer Dauer von bis zu einer Stunde

Verschiedene A-Teilnehmer Verschiedene B-Teilnehmer

N Valid 282 282

Missing 17 17

Mittelwert 111 183

Median 50 64

Std. Abweichung 168 347

Varianz 28 189 120 170

Range 1 280 3 456

Summe 31 463 51 648

0

50

100

150

200

250

300

350

400

450

500

0-1

Uh

r

1-2

Uh

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2-3

Uh

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3-4

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4-5

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5-6

Uh

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6-7

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7-8

Uh

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8-9

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9-1

0 U

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10

-11

Uh

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11

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Uh

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12

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14

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15

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Uh

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16

-17

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17

-18

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18

-19

Uh

r

19

-20

Uh

r

20

-21

Uh

r

21

-22

Uh

r

22

-23

Uh

r

23

-24

Uh

r

Durchschnittliche Zahl erfasster Kontakte

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 75 – Drucksache 16/8434

A b b i l d u n g 14

Durchschnittlich pro Stunde erfasste Kontakte in der Funkzellenabfrage des innerstädtischen Bereichs einer Kleinstadt

(65 000 Einwohner)

0

20

40

60

80

100

120

0-1

Uh

r

1-2

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r

2-3

Uh

r

3-4

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4-5

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5-6

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7-8

Uh

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8-9

Uh

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9-1

0 U

hr

10

-11

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11

-12

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12

-13

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13

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14

-15

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15

-16

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16

-17

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17

-18

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18

-19

Uh

r

19

-20

Uh

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20

-21

Uh

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21

-22

Uh

r

22

-23

Uh

r

23

-24

Uh

r

Kleinstadt 65000 Einwohner Innenstadtbereich

Mit den Funkzellenabfragen wurden in einem Zeitraumvon drei Monaten und in dem erfassten Bundesland Datenüber etwa 83 000 Verbindungen mit (innerhalb einerFunkzellenabfrage) unterschiedlichen Anschlüssen er-fasst. Somit dürften innerhalb eines Jahres allein durchFunkzellenabfragen bei einem einzelnen Telekommuni-kationsunternehmen bis zu 250 000 Kommunikationsteil-nehmer mit Informationen über Ort, Zeit, Dauer und Part-ner der Kommunikation registriert worden sein. Durchdie Funkzellenabfrage waren im Jahr 2005 in Deutsch-land insgesamt demnach etwa 2 Prozent der Mobilfunk-teilnehmer betroffen, wenn Zeitraum und Unternehmendie durchschnittliche Praxis der Funkzellenabfrage reprä-sentieren.

Weitaus enger ist das Ergebnis zur Erfassungsbreite derZielwahlsuche. Durch die (erfolgreiche) Zielwahlsuchewerden im Durchschnitt 2,5 Kommunikationspartner er-

fasst. Im überwiegenden Teil der Zielwahlsuchen handeltes sich um einen Partner (60 Prozent). Mehr als zehnKommunikationspartner werden in 4 Prozent der Fälle re-gistriert (Tabelle 10).

In der Überwachung konkreter Anschlüsse (in Kombina-tion mit Zielwahlsuchen) fallen erwartungsgemäß erheb-liche Verkehrsdatenmengen an. In Tabelle 11 sind diezentralen Informationen enthalten. Schließt man die be-reits weiter oben erwähnten Extremfälle (N = 2) aus,dann sind durch diese Form der Verkehrsdatenabfrage ineinem Zeitraum von 3 Monaten knapp 12 000 Kommuni-kationspartner und knapp 100 000 Kontakte registriertworden.422

422 N x Mittelwert ohne Extremfälle (siehe Zeilen 1 und 3, Klammer-werte).

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Drucksache 16/8434 – 76 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Ta b e l l e 10

Zielwahlsuche und Registrierung von Kommunikationsteilnehmern

Ta b e l l e 11

Registrierte Kommunikationspartner und Anzahl der Kontakte bei der Abfrage abgehender Kommunikation

Anzahl N % Insgesamt % bei Ergebnis % kumuliert

1 91 9,0 59,5 59,5

2 25 2,5 16,3 75,8

3 9 ,9 5,9 81,7

4 8 ,8 5,2 86,9

5 3 ,3 2,0 88,9

6 5 ,5 3,3 92,2

7 2 ,2 1,3 93,5

9 3 ,3 2,0 95,4

11 1 ,1 ,7 96,1

12 3 ,3 2,0 98,0

13 2 ,2 1,3 99,3

21 1 ,1 ,7 100,0

Insgesamt 153 15,1 100,0

Ohne Ergebnis 861 84,9

Insgesamt 1 014 100,0

Verschiedene Partner Anzahl der Kontakte

N Valid 281 (279) 281 (279)

Missing 106 106

Mittelwert 197 (43) 623 (357)

Median 22 116 (115)

Mode 1 2

Std. Abweichung 2 159 (67) 4 039 (624)

Varianz 4 665 365 (4 502) 16 310 361 (389 673)

Range 35 336 (617) 66 732 (4 673)

Minimum 1 1

Maximum 35 337 (618) 66 733 (4 674)

Insgesamt 55 461 (11 952) 175 085 (99 469)

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 77 – Drucksache 16/8434

VI. Deliktsstruktur und Verkehrsdatenabfrage im Festnetzbereich

Die Deliktsstruktur bei Abfragen im Festnetzbereich ist indem hier erfassten Zeitraum und Land eindeutig durchden Betrug bestimmt. Zwar lassen die Daten des Tele-kommunikationsunternehmens eine Differenzierung kaumzu. Doch spielen Betrugshandlungen, die über eine telefo-nische Kontaktaufnahme vorbereitet werden, eine ge-wisse Rolle (Enkeltrick).

Bemerkenswert sind dann die Anteile von Betäubungmit-tel-, Raub- und Morddelikten. Besonders herausgehobensind im Übrigen Drohungsdelikte (unter denen § 241StGB sowie § 126 StGB zusammengefasst wurden.

Die Verkehrsdatenabfrage hat damit jedenfalls in Nord-rhein-Westfalen Schwerpunkte im Bereich der Kapitalde-

likte sowie bei Straftaten, die unter Verwendung vonKommunikationsmitteln begangen werden und bei denenwohl die Kontaktspuren in Form der Transaktionsdatender Telekommunikation einen wesentlichen Ansatz in denErmittlungen herstellen.

Erwartungsgemäß bildet die Abfrage von Bestandsdatenzu dynamischen IP-Adressen eine andere Deliktsstrukturab. Die Deliktsstruktur ist ferner davon abhängig, ob derAnteil an den IP-Adressenabfragen zugrunde gelegt, oderob von dem Anteil an allen abgefragten IP-Adressen aus-gegangen wird. So spielen Kinderpornografieverfahrenkeine erhebliche Rolle, wenn ihr Anteil an den IP-Abfra-gen insgesamt betrachtet wird. Auf Kinderpornografie-verfahren entfallen freilich fast 30 Prozent der insgesamtabgefragten IP-Adressen.

A b b i l d u n g 15

Delikte bei Abfragen im Festnetzbereich (Nordrhein-Westfalen, 2004)

8,410,20

11

1,3 0,72,5

4,55,8

1,4

29,2

8,2

0,9

3,3 2,71,2 1,9

0,7

6,2

0

5

10

15

20

25

30

35

BtM

G

Mo

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Drucksache 16/8434 – 78 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

A b b i l d u n g 16

Deliktsstruktur bei der Abfrage von IP-Adressen (Nordrhein-Westfalen, 2004, Festnetz)

0

10

20

30

40

50

60

Mo

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Rau

b

Sex

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§1

29

-12

9a

So

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% Anteil an IP Abfragen % Anteil an abgefragten IP Adressen

B. Grunddaten der Aktenanalyse und Befragungen

I. Aktenanalyse

Der Aktenauswertung liegen 467 Verfahren zugrunde.Die Anzahl der Verfahren verteilt sich etwa gleich auf dievier Bundesländer, aus denen die Akten angefordert wur-den. 27 Prozent der Verfahren stammen aus Baden-Württemberg, 22 Prozent aus Berlin, 27 Prozent ausMecklenburg-Vorpommern und 24 Prozent aus Nord-rhein-Westfalen.

1. Verfahren, Beschlüsse, Anschlüsse und Beschuldigte

Wie in Abbildung 17 dargestellt folgen aus 467 Verfahren1257 Beschlüsse zur Abfrage von Verkehrsdaten. DieseBeschlüsse betrafen 1909 Anschlüsse, denen wiederum1645 Anschlussinhaber zugeordnet werden konnten.

Bei 181 Verfahren handelte es sich um Verfahren gegenunbekannte Täter. Die übrigen Verfahren betrafen697 Beschuldigte. Abbildung 18 zeigt den Anteil der Ver-

fahren gegen Unbekannt. In 39 Prozent der Verfahrenkonnten der oder die Täter nicht identifiziert werden.

Die Anzahl der Beschlüsse nach §§ 100g, 100h StPO proVerfahren variiert von einem Beschluss bis zu 35. Amhäufigsten wurde die Verkehrsdatenabfrage einmal proVerfahren angeordnet (56 Prozent der Verfahren). ZweiBeschlüsse wurden in 18 Prozent der Verfahren und dreiBeschlüsse in 9 Prozent der Verfahren erlassen. Durch-schnittlich sind pro Verfahren 2,7 Beschlüsse ergangen.Betroffene Anschlüsse pro Verfahren gab es bis zu 76.Am häufigsten war jedoch auch hier die Abfrage der Da-ten von einem Anschluss (48 Prozent der Verfahren).Zwei Anschlüsse wurden in 17 Prozent der Verfahren ab-gefragt und drei Anschlüsse in 9 Prozent der Verfahren.Im Mittel wurden zu 4,1 Anschlüssen pro Verfahren Ver-kehrsdaten abgefragt. Pro Beschluss wurden Daten zu ei-nem bis zu zwölf Anschlüssen übertragen. Auch hier warjedoch die Abfrage von Daten eines Anschlusses am häu-figsten (78 Prozent der Beschlüsse). Im Durchschnittwurden Daten zu 1,5 Anschlüssen pro Beschluss erhoben.

Entlang der Bundesländer liegen Unterschiede hinsicht-lich der Anzahl der pro Verfahren erlassenen Beschlüssevor. Während in Baden-Württemberg im Mittel 2,8, in

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 79 – Drucksache 16/8434

A b b i l d u n g 17

Grundgesamtheiten

A b b i l d u n g 18

Anteil der Verfahren gegen unbekannt

467 Verfahren

181 Verfahren gg. unbek.

1257 Beschlüsse

697 Beschuldigte

1909 Anschlüsse

1645 Anschlussinhaber

Verfahren

61%

39%Verfahren gegen bekannt

Verfahren gegen unbekannt

Berlin 1,9 und in Mecklenburg-Vorpommern 1,6 Be-schlüsse erlassen wurden, wurden in Nordrhein-Westfa-len im Mittel 4,2 Beschlüsse pro Verfahren ausgefertigt.Der Unterschied kann durch unterschiedliche Anord-nungsmodalitäten hervorgerufen werden. So erlässt diePraxis teilweise für jeden Anschluss bzw. pro Anbieter ei-nen neuen Beschluss, während in anderen Regionensämtliche Anbieter und alle Anschlüsse in einem Be-

schluss aufgeführt werden. Auf die zugrundeliegendenDelikte bezogen werden bei Tötungs- und Betäubungs-mitteldelikten mehr Beschlüsse in einem Verfahren erlas-sen als bei anderen Delikten. So ergibt sich aus denAkten, dass bei Tötungsdelikten durchschnittlich 6,4 Be-schlüsse und bei Betäubungsmitteldelikten 3,7 Be-schlüsse ausgefertigt wurden. Bei anderen Delikten wur-den zwei bis drei Beschlüsse erlassen.

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Drucksache 16/8434 – 80 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

2. Art der Anschlüsse

Von den Verkehrsdatenabfragen waren verschiedene Ar-ten von Anschlüssen betroffen. Tabelle 12 kann entnom-men werden, in welchem Umfang bei welcher Anschluss-art Verkehrsdaten abgefragt wurden.

Zu zwei Dritteln wurden ein- oder abgehende Daten vonoder zu Mobilfunkanschlüssen erhoben (66 Prozent).25 Prozent der betroffenen Anschlüsse waren privateFestnetzanschlüsse. Betriebliche Festnetzanschlüsse wa-ren dagegen nur zu 3,8 Prozent Ziel der Maßnahmen. Faxund E-Mail waren sehr selten betroffen. Voice over IP-Dienste (Internet-Telefonie) wurden in keiner Akte er-wähnt.

Abbildung 19 differenziert zwischen Abfragen von Da-ten, die eine Rufnummer betreffen und solchen, bei deneneine Kennung (z. B. IMEI-Nummer oder IP-Adresse) Ge-genstand des Beschlusses ist.

Am häufigsten sind Rufnummern Gegenstand der Ab-frage (87 Prozent der Anschlüsse). Bei 103 Anschlüssen(5 Prozent der Anschlüsse) konnte den Akten explizit ent-nommen werden, dass es sich um ISDN-Anschlüsse han-delte. Zu diesen ISDN-Anschlüssen gehörten bis zu15 Rufnummern. Am häufigsten waren jedoch drei Ruf-nummern pro ISDN-Anschluss (43 Prozent der ISDN-Anschlüsse). Abfragen zu IMEI-Nummern erfolgten bei10 Prozent der Anschlüsse. Dabei handelte es sich um

Ta b e l l e 12

Art der Anschlüsse

A b b i l d u n g 19

Abfrage von Daten zu Rufnummern oder Kennungen

Anzahl Prozent

Festnetz privat 478 25,0%

Festnetz Betrieb 72 3,8%

Mobiltelefon 1 258 65,9%

Öffentlicher Anschluss 32 1,7%

Fax 2 0,1%

e-mail 7 0,4%

Andere WWW-Dienste 3 0,2%

Sonstige oder nicht ersichtlich 57 3,1%

Total 1 909 100,0%

87%

10%1% 2%

Rufnummer

IMEI

IP-Adresse

Sonst.

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 81 – Drucksache 16/8434

Abfragen von bis zu 15 IMEI-Nummern pro Beschluss.Am häufigsten wurden die Daten zu einer IMEI-Nummerabgefragt (88 Prozent dieser Fälle). Abfragen zu IP-Adressen erfolgten bei 1 Prozent der Anschlüsse(14 Fälle). Sonstige Abfragen (2 Prozent) betrafen u. a.PUK- und Super-Pin, Prepaid-Karten-Seriennummern,IMSI-Nummern und E-Mail-Accounts.

3. Arten der Verkehrsdatenabfrage

Wie bereits ausgeführt beziehen sich Abfragen auf ver-schiedene Arten von Verkehrsdaten. Unterschieden wer-den die Abfrage von vorhandenen Daten, die Abfrage vonzukünftig anfallenden Daten, die Zielwahlsuche und dieFunkzellenabfrage in Abgrenzung zur Standortabfrage.Die verschiedenen Abfragearten wurden häufig gleichzei-tig angeordnet. Wie sich die verschiedenen Arten der Ver-kehrsdatenabfrage auf die in den Akten befindlichen Be-schlüsse verteilen, lässt sich Abbildung 20 entnehmen.

In den Beschlüssen wurden überwiegend (93 Prozent) be-reits gespeicherte Daten abgefragt. Die Zielwahlsuchewurde in 55 Prozent der Beschlüsse angeordnet. In dieZukunft gerichtet waren 33 Prozent der Abfragen. Stand-ortabfragen (18 Prozent) wurden etwa doppelt so häufigangeordnet wie Funkzellenabfragen (10 Prozent derFälle)423. Bei den sonstigen Abfragen (4 Prozent) han-delte es sich u. a. um Abfragen der Rufnummer zur IMEI-

Nummer, Auskünfte zur benutzten SIM-Karte sowie umBestandsdaten.

Welche Arten der Verkehrsdatenabfrage gleichzeitig an-geordnet wurden, lässt sich für die häufigsten Arten derAbfrage Abbildung 21 entnehmen. Die Abfrage von vor-handenen Daten wurde zu 56 Prozent mit Zielwahlsuchenund zu 30 Prozent mit in die Zukunft gerichteten Abfra-gen kombiniert. Zukünftige anfallende Daten wurden zu84 Prozent zusammen mit vorhandenen Daten abgefragtoder zusammen mit Zielwahlsuchen (57 Prozent) ange-ordnet. Mit der Zielwahlsuche wurde fast immer die Ab-frage von vorhandenen Daten kombiniert (94 Prozent).Funkzellenabfragen erfolgten zu 86 Prozent zusammenmit der Abfrage von vorhandenen Daten. Die Standortab-frage wurde ganz überwiegend zusammen mit der Ab-frage von vorhandenen Daten (92 Prozent), weniger starkausgeprägt mit der Zielwahlsuche (53 Prozent) oder mitder Abfrage von zukünftigen Daten (45 Prozent) ange-ordnet.

Für die drei Hauptarten der Verkehrsdatenabfrage (Ab-frage vorhandener Daten, Abfrage zukünftiger Daten,Zielwahlsuche) wurde festgestellt, dass in 35 von insge-samt 1257 Beschlüssen keine und in 380 Beschlüsseneine der drei Abfragearten vorkam. Bei 651 Beschlüssenwurden zwei dieser Hauptarten gleichzeitig und in 191Beschlüssen alle drei gleichzeitig angeordnet.

Abbildung 22 zeigt, welche Katalogdelikte mit welchenArten von Verkehrsdatenabfragen verfolgt wurden424.

423 Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Standortabfrage nur bei expli-ziter Erwähnung in den Akten aufgenommen wurde. Bei allgemeinerAnordnung der Abfrage von Verkehrsdaten, bei der sie theoretischerfasst sein könnte, wurde dies nicht als Standortabfrage bewertet.

424 Die übrigen Katalogdelikte und auch weitere sonstige Straftaten wur-den nicht aufgeführt, da der Aussagegehalt wegen der geringen An-zahl von Fällen eingeschränkt ist.

A b b i l d u n g 20

Arten der Verkehrsdatenabfragen in den Beschlüssen

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%

Sonstiges

Funkzellenabfrage

Standortabfrage

zukünftige Daten

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Art

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Verk

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Prozent der Fälle

vorhandene Daten

Zielw ahlsuche

zukünftige Daten

Standortabfrage

Funkzellenabfrage

Sonstiges

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Drucksache 16/8434 – 82 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

A b b i l d u n g 21

Gleichzeitige Anordnung der verschiedenen Abfragearten

A b b i l d u n g 22

Art der Abfrage differenziert nach Katalogdelikten in den Beschlüssen

0%

10%

20%

30%

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Standortabfrage Funkzellenabfrage

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 83 – Drucksache 16/8434

Bei allen Delikten wurde zu 80 bis 100 Prozent die Ab-frage vorhandener Verkehrsdaten angeordnet. Die Ziel-wahlsuche und die Abfrage zukünftiger Daten erfolgtehäufiger bei der Verfolgung gewerbsmäßiger Hehlerei alsbei anderen Straftaten. Bei Straftaten gegen die persönli-che Freiheit sowie bei Raub bzw. räuberischer Erpressungwird relativ oft eine Funkzellenabfrage durchgeführt. DieStandortabfrage wird vor allem bei Tötungsdelikten,Raub bzw. räuberischer Erpressung und bei Verstößen ge-gen das AuslG angeordnet.

Auch bei den sonstigen Delikten (Abbildung 23) werdenwiederum am häufigsten (zwischen 80 und 100 Prozent)vorhandene Verkehrsdaten abgefragt. Die Zielwahlsu-che ist vor allem bei Straftaten gegen die persönlicheFreiheit wie Bedrohung oder Nötigung durch einen An-rufer, bei Beleidigungen mittels Endeinrichtung und Be-trugsdelikten (z. B. Enkeltrick) die angewandte Abfra-geart. Die Funkzellen- und die Standortabfrage kommenhäufig beim einfachen und schweren Diebstahl zur An-wendung.

A b b i l d u n g 23

Art der Abfrage differenziert nach sonstigen Delikten in den Beschlüssen

0%

20%

40%

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100%

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Drucksache 16/8434 – 84 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

4. Anzahl der verpflichteten Anbieter

In 3095 Fällen wurden Diensteanbieter durch 1 257 Be-schlüsse gemäß §§ 100g, 100h StPO zur Übermittlungvon Daten verpflichtet. Von einem Beschluss sind damitdurchschnittlich knapp drei Telekommunikationsformenbetroffen. Bei 42 Prozent der Anschlüsse wurde lediglichein Anbieter zur Auskunft verpflichtet. Vier Anbieter wa-ren zu 11 Prozent mit der Abfrage der Daten beauftragt,während zwei (7 Prozent) und drei (8 Prozent) verpflich-tete Anbieter seltener vorkamen. Bei 9 Prozent der Be-schlüsse wurden fünf Telekommunikationsunternehmenzur Auskunft verpflichtet. In 6 Prozent der Beschlüssewurden pauschal „alle, die geschäftsmäßig Telekommu-nikationsdienste erbringen“ zur Auskunft verpflichtet.Seltener waren die Verpflichtung von sechs (4 Prozent),sieben (1 Prozent), acht (1 Prozent) und neun (3 Prozent)Anbietern sowie die Verpflichtung des „jeweils zuständi-gen Netzbetreibers“ (1 Prozent).

In allen Bundesländern konzentrierte sich die Auskunfts-verpflichtung auf einen Diensteanbieter. Im Übrigen sindjedoch Unterschiede entlang der Bundesländer festzustel-len. In Baden-Württemberg kommt es zu Schwerpunktenmit der Verpflichtung von vier oder fünf Anbietern in ei-ner Anordnung, während in Berlin drei oder neun Anbie-ter im Vordergrund standen. In Berlin hängt die hohe Zahlgleichzeitig Verpflichteter mit dort etablierten regionalenAnbietern zusammen. So ist z. B. Sitz der Gesellschaft

des häufig verpflichteten Anbieters BerliKomm in Berlinund auch das Hauptstadtbüro von BT Ignite befindet sichin Berlin. In Nordrhein-Westfalen und Mecklenburg-Vor-pommern befindet sich ein Schwerpunkt der Verpflich-tungen bei vier Anbietern. In Mecklenburg-Vorpommernsind zudem Anordnungen für „alle, die geschäftsmäßigTelekommunikationsdienste erbringen“ gängig.

Der am häufigsten verpflichtete Anbieter der in die Un-tersuchung fallenden Beschlüsse ist Vodafone (60 Prozentder Fälle). T-Mobile rangiert mit 54 Prozent an zweiterStelle. Eplus war in 42 Prozent der Fälle der Verpflichteteund o2 in 38 Prozent der Fälle. Die Konzentration derVerpflichtungen auf Mobilfunkanbieter lässt sich mit derZunahme der Telekommunikation über Mobilfunkgeräteerklären. Wie Abbildung 24 zeigt, betrafen die Be-schlüsse zu zwei Dritteln Mobiltelefone.

T-Com ist mit 34 Prozent der Fälle der am häufigsten zurAbfrage der Verkehrsdaten verpflichtete Festnetzbetrei-ber. Arcor wurde in 8 Prozent der Fälle zur Auskunft ver-pflichtet. Im Übrigen wurden auch mehrere kleinere Un-ternehmen durch die Beschlüsse betroffen, wie ColtTelecom (5 Prozent), Berlikomm (4 Prozent) und BT Ig-nite (4 Prozent; sonstige: 8 Prozent). In 6 Prozent derFälle war die Anordnung pauschal an „alle“ Anbieteradressiert und in 1 Prozent der Fälle an den jeweils zu-ständigen Netzbetreiber.

A b b i l d u n g 24

Art der betroffenen Telefonarten bei den Beschlüssen

289

810

2988

Festnetz

Mobiltelefon

öffentl. Anschluss

Festnetz und Mobiltelefon

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 85 – Drucksache 16/8434

5. Ermittlungsdelikte in den Verfahren

Den ausgewerteten Verfahren lagen unterschiedliche Er-mittlungsdelikte zugrunde. In Abbildung 25 wird dieHäufigkeit der Delikte dargestellt.

Etwa 23 Prozent der Verfahren liegen zwei oder mehr De-likte zugrunde. Im Vordergrund stehen Ermittlungen we-gen Raubdelikten und (räuberischer) Erpressung (26 Pro-zent, N = 119) und Diebstahl (23 Prozent, N = 110). Injeweils etwa 15 Prozent der Verfahren waren Betrug(N = 64) und Rauschgiftdelikte (N=62) Anlass für dieEinleitung des Ermittlungsverfahrens. Seltener warenStraftaten gegen die persönliche Freiheit (N = 31) und Tö-tungsdelikte (N = 27) sowie Körperverletzungen (N = 21)und Beleidigungen (N = 21) die der Einleitung des Ver-fahrens zugrunde liegenden Delikte.

Den Verfahren lagen 119 Delikte der Kategorie Raub/Räuberische Erpressung zugrunde (27 Prozent der Fälle).Abbildung 26 zeigt, dass es sich dabei vor allem um Raub(44 Prozent der Fälle425, 52 Nennungen), räuberische Er-pressung (34 Prozent der Fälle, 40 Nennungen) und umschweren Raub (22 Prozent der Fälle, 26 Nennungen)handelte. Überwiegend (67 Prozent) konnten diese De-

likte als Straßenraub näher spezifiziert werden (62 Nen-nungen).

Die Schadenshöhe lag zwischen zehn und 213 000 Euro(Mean: 4 815; Median: 240). In etwa 70 Prozent der Fälleblieb die Schadenshöhe unter 500 Euro. Damit ist dieSchadenshöhe durchaus vergleichbar mit dem in der poli-zeilichen Kriminalstatistik nachgewiesenen durchschnitt-lichen Schadensaufkommen bei Raub- und Erpressungs-delikten426.

Die Beschuldigten, die eines Raubes oder einer räuberi-schen Erpressung verdächtigt wurden, waren überwie-gend erwachsen. 62 Prozent der Beschuldigten warenüber 21 Jahre alt. Bei gesonderter Betrachtung der Stra-ßenraubfälle, in denen dem Opfer z. B. seine Tasche samtMobiltelefon entrissen wird, verändert sich das Bild sehrdeutlich. Fast zwei Drittel der Beschuldigten (20), die sol-cher Mobiltelefonraubfälle verdächtig sind, sind unter21 Jahre alt (siehe Abbildung 27). Es handelt sich bei die-sen Fällen demnach um die gewöhnlich als „Abzocke un-ter Jugendlichen“ bezeichneten Raubfälle. Zu berücksich-tigen ist, dass bei den Straßenraubfällen der Täter – trotzdes Zugriffs auf die Verkehrsdaten – in 39 Fällen unbe-kannt geblieben ist.

425 Es waren Mehrfachnennungen möglich.426 Bundeskriminalamt, Polizeiliche Kriminalstatistik 2005, Wiesbaden

2006, S. 147.

A b b i l d u n g 25

Ermittlungsdelikte in den Verfahren

0%

5%

10%

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20%

25%

30%

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Drucksache 16/8434 – 86 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

A b b i l d u n g 26

Art der Raub-/Erpressungsdelikte

A b b i l d u n g 27

Alter der Beschuldigten bei Straßenraubfällen

0

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RäuberischerDiebstahl

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Art Raub/Erpressung

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Beschuldigtenalter bei Straßenraubfällen

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Alter der Beschuldigten

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 87 – Drucksache 16/8434

Wie in Abbildung 28 dargestellt, handelt es sich bei denden Verfahren zugrundeliegenden Diebstählen überwie-gend um besonders schwere Fälle des Diebstahls (§ 243StGB; 56 Prozent der Fälle, N = 61). Der einfache Dieb-stahl gab in 18 Prozent der Fälle (N = 20) Anlass für dasVerfahren.

Vom Erscheinungsbild her handelte es sich oftmals umEinbruchsdiebstähle (46), Kfz-Diebstähle (15) und umdie Entwendung von Sachen aus aufgebrochenen Kraft-fahrzeugen (12). Die Schadenshöhe variierte zwischen41 Euro und 250 000 Euro (Mittelwert: 15 944; Median:2 300).

Den 467 Verfahren lagen 27 Tötungsdelikte (6 Prozentder Fälle) zugrunde. Dabei handelte es sich in 17 Fällenum Mord und in sieben um Totschlag; in drei Fällenkonnte nicht näher spezifiziert werden, um welche Artvon Tötungsdelikt es sich handelt. Meist war in diesenFällen nur ein Opfer betroffen.

Mit den ausgewerteten Verfahren wurden in 15 Prozentder Fälle Betrugsdelikte verfolgt. Am häufigsten war da-bei der sog. Enkeltrick (53 Prozent dieser Fälle). Die Scha-denshöhe variierte zwischen 423 Euro und 1 727 178 Euro(Mittelwert: 57 316; Median: 4 700).

Bei den Straftaten gegen die persönliche Freiheit, die denVerfahren zugrunde liegen, handelt es sich überwiegendum Bedrohungen (§ 241 StGB; 16 Nennungen, 52 Pro-zent). Abbildung 29 lässt sich entnehmen, dass Men-schenhandel zu Zwecken der sexuellen Ausbeutung(§§ 181a ff. a. F., heute § 232 StGB) sowie erpresseri-scher Menschenraub (§ 239a StGB) etwas häufiger warenals Freiheitsberaubung (§ 239 StGB), Nötigung (§ 240StGB) und die Entziehung Minderjähriger (§ 235 StGB).

Da Telekommunikationsüberwachungsmaßnahmen häu-fig mit Organisierter Kriminalität in Verbindung gebrachtwerden, wurden entsprechende Fälle anhand der Aktenin-formationen identifiziert. Nach der Definition der Ar-beitsgruppe Justiz und Polizei von 1990427 ist Organi-sierte Kriminalität „die von Gewinn- und Machtstrebenbestimmte planmäßige Begehung von Straftaten, die ein-zeln oder in ihrer Gesamtheit von erheblicher Bedeutungsind, wenn mehr als zwei Beteiligte auf längere oder un-bestimmte Dauer arbeitsteilig unter Verwendung gewerb-licher oder geschäftsähnlicher Strukturen oder unter An-wendung von Gewalt oder anderer zur Einschüchterung

427 RiStBV Anlage E, Punkt 2.1.

A b b i l d u n g 28

Art der Diebstahlsdelikte

0%

10%

20%

30%

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50%

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Art des Diebstahls

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Drucksache 16/8434 – 88 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

A b b i l d u n g 29

Art der Delikte gegen die persönliche Freiheit

0

2

4

6

8

10

12

14

16

18

Men

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Art der Straftat gegen die persönliche Freiheit

An

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geeigneter Mittel oder unter Einflussnahme von Politik,Medien, öffentliche Verwaltung, Justiz oder Wirtschaftzusammenwirken“. Dieser Definition wurden neun Ele-mente entnommen, deren Auftreten in den Verfahrens-akten erhoben wurde: Gewinnstreben, planmäßigeBegehung, Erheblichkeit der Straftaten, mehr als zweiBeteiligte, längere Dauer, Arbeitsteilung, gewerblicheStrukturen, Gewaltanwendung und Einfluss von Politikund Medien. In 85 der ausgewerteten Verfahren fandensich Hinweise auf Elemente der Organisierten Kriminali-tät. Dabei wurden in 64 Verfahren mindestens dreiElemente Organisierter Kriminalität festgestellt. Das Vor-liegen von vier und fünf Elementen wurde für je13 Verfahren und sechs Elemente bei 14 Verfahren beob-achtet.

Schon die allgemeinen Verteilungen der die Ermittlungs-verfahren begründenden Straftatbestände sprechen dem-nach dafür, dass sich die Verkehrsdatenabfrage auf einweites Deliktsspektrum bezieht, dass also nicht der Tele-kommunikationsüberwachung entsprechende Konzentra-tionen bei Transaktionsdelikten (insbesondere Betäu-bungsmittelstraftaten) beobachtet werden können, unddass von daher die Verkehrsdatenabfrage von der Phäno-menologie der Delikte her gesehen als weit greifendes Er-mittlungsinstrument angesehen werden kann. Dies deckt

sich im Kern mit den Befunden aus der Untersuchung desBundeskriminalamts aus dem Jahr 2005.428

II. Schriftliche Befragung

1. Häufigkeit der Anordnungen

Im Durchschnitt wurden von den Befragten für das Jahr2005 eine Zahl von 15 Verfahren mit Anordnungen vonVerkehrsdatenabfragen angegeben (Median: 6)429. Aller-dings gaben 20 Prozent der Befragten an, dass sie bislangnicht an Verfahren mit Maßnahmen nach §§ 100g, 100hStPO beteiligt waren.

Differenziert nach Dezernaten ergeben sich signifikanteUnterschiede in der Anzahl der Verfahren im Jahr 2005.Dies erklärt sich zum Teil aus deliktsspezifischen Grün-den. So sind die Verfahrenszahlen in Dezernaten wie Ver-kehrstrafsachen oder auch sonstigen Straftaten gering.Höhere Zahlen sind in den Dezernaten Betäubungsmittel-sachen, Sexualdelikte sowie Computer- und Internetstraf-sachen zu verzeichnen.

428 Mahnken, 2005.429 Bei dieser Berechnung wurden die dreifach erwähnten Extremwerte

von 1 000 Anordnungen pro Jahr weggelassen.

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 89 – Drucksache 16/8434

Unterschiede sind auch entlang der Bundesländer festzu-stellen, die sich nicht allein durch die Unterschiede zwi-schen Stadt- und Landstaaten erklären lassen. Eine ge-wisse Differenz ergibt sich im Vergleich von West- undOstdeutschland. In Ostdeutschland werden nur etwa halbso viele Verfahren im Jahr 2005 angegeben wie in West-deutschland.430

2. Geschätzte Anzahl von Anträgen und Anordnungen

Fragen zu Schätzungen über die Häufigkeit der Anträgeund Anordnungen im Jahr 2005 wurden für die Staatsan-wälte selbst, die Abteilung und die gesamte Behörde ge-stellt. Dabei ist selbstverständlich zu berücksichtigen,dass viele Befragte darauf hinwiesen, dass eine sichereSchätzung aufgrund der fehlenden Statistik kaum mög-lich und die Einschätzung für die Abteilung bzw. für diegesamte Behörde eher spekulativ sei. Dabei geht es hiernicht allein um Angaben zu den tatsächlich durchgeführ-ten Maßnahmen. Vielmehr sollen durch Schätzungen An-haltspunkte für die Beantwortung der Frage generiertwerden, ob aus einer quantitativen Perspektive die Ver-kehrsdatenabfrage ein berufliches Alltagsereignis ist.

Wie sich aus Tabelle 13431 ergibt, steigt die geschätzteAnzahl von Anträgen und Anordnungen nach §§ 100g,100h StPO erwartungsgemäß von der individuellen Er-fahrung über die Einschätzung der jeweiligen Abteilungbis zur Wahrnehmung der Praxis in der Behörde insge-samt. Im Mittel werden nach der eigenen Erfahrung 23, inder Abteilung 88 und in der Behörde 558 Anträge ge-stellt. Die Schätzungen für die tatsächlichen Anordnun-gen liegen etwa 10 Prozent unter den Schätzungen für dieAnträge. Die Befragten gehen demnach davon aus, dassdie Anträge zu etwa 10 Prozent abgelehnt werden. Hiersteigt die Anzahl der Anordnungen von 21 (Eigenerfah-rung) über 79 (Abteilung) auf 498 (gesamte Behörde).

Die Veränderungen hinsichtlich der Anzahl der Anträgebezüglich des Vorjahres schätzten 65 Prozent mit gleichbleibend ein, während 32 Prozent von einer Steigerungberichteten. Bei den tatsächlichen Anordnungen wurdevon 21 Prozent der Befragten ein Anstieg wahrgenom-men, während 78 Prozent die Anzahl der Anordnungenals gleichbleibend beschrieb.

Die Schätzungen hinsichtlich der Anwendungsbereicheder Verkehrsdatenabfrage zeigen, dass überwiegend vor-handene Verkehrsdaten abgerufen werden (ca. 70 Pro-zent, siehe Tabelle 14). Dies deckt sich recht gut mit denaus der Aktenuntersuchung bekannten Verteilungen. Zu-künftige Verkehrsdaten werden nach der Einschätzungder Befragten zu ca. 20 Prozent abgefragt und die Ziel-wahlsuche zu ca. 10 Prozent durchgeführt. Bei den Schät-zungen gibt es keine Unterschiede zwischen Anträgenund Anordnungen. Leichte Veränderungen sind von denSchätzungen für die eigene Erfahrung bis zu denen für diegesamte Behörde insofern festzustellen, als der Anteil fürvorhandene Verkehrsdaten für die Behörde etwas an Um-fang verliert und dafür die Anteile für die komplexerenMaßnahmen (zukünftige Verkehrsdaten und Zielwahlsu-che) etwas ansteigen.

Aus Tabelle 15 ergibt sich, dass nach Einschätzung derBefragten bei der kombinierten Anwendung der einzel-nen Anwendungsbereiche der Verkehrsdatenabfrage, vorallem die Abfrage von vorhandenen und zukünftigen Ver-kehrsdaten zusammen angeordnet wird. Dabei nimmt derUmfang der geschätzten Anordnungen von der Eigener-fahrung bis hin zur gesamten Behörde leicht ab (von66 Prozent auf 60 Prozent). Am zweithäufigsten ist nachAngabe der Befragten die kombinierte Anwendung derAbfrage vorhandener Verkehrsdaten und der Zielwahlsu-che, wobei es keine Unterschiede zwischen den Schät-zungen aufgrund den eigenen Erfahrungen, für die Abtei-lung und die gesamte Behörde gibt (18 bzw. 19 Prozent).In geringerem Umfang werden die Abfrage zukünftigerVerkehrsdaten zusammen mit der Zielwahlsuche und dieKombination aller drei genannter Anwendungsbereicheangeordnet (beide ca. 9 Prozent). Dabei ist eine leichteSteigerung des geschätzten Umfangs dieser kombiniertenAnwendungen von der Eigenerfahrung hin zur gesamtenBehörde zu bemerken (von 7 Prozent auf 11 Prozent bzw.von 8 Prozent auf 11 Prozent).

430 Auch lassen sich die Unterschiede entlang der Länder nicht durch un-terschiedliche Dezernatsverteilungen in den Ländern erklären. Dieunterschiedliche Anzahl der Verfahren kann zu 7 Prozent durch dieLänder und zu 4 Prozent durch die Art des Dezernats erklärt werden.Zusammen betrachtet werden 11 Prozent der Varianz erklärt. (R2 derentsprechenden Regressionen).

431 Unter Nennungen (N) ist dabei die Anzahl der Befragten zu verste-hen, die diese Frage beantwortet haben.

Ta b e l l e 13

Geschätzte Anzahl der Anträge und Anordnungen im Jahr 2005

Eigenerfahrung Abteilung Behörde

N Mittelw. Median N Mittelw. Median N Mittelw. Median

Anträge 580 23,2 10 412 88,0 50 329 557,6 200

Anordnungen 560 20,5 10 381 78,5 40 312 497,7 180

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Drucksache 16/8434 – 90 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Ta b e l l e 14

Geschätzte Anzahl von Anträgen und Anordnungen unterteilt nach Anwendungsbereichen*

* VD = Verkehrsdaten.

Ta b e l l e 15

Geschätzte Anzahl an Anordnungen bei kombinierten Anwendungsbereichen*

* VD = Verkehrsdaten, ZWS = Zielwahlsuche.

Angaben in %Eigenerfahrung Abteilung Behörde

Anträge Anordnungen Anträge Anordnungen Anträge Anordnungen

vorhandene VD 71 71 70 70 65 64

zukünftige VD 18 18 20 20 22 23

Zielwahlsuche 11 11 10 10 13 13

Angaben in % Eigenerfahrung Abteilung Behörde

vorhandene mit zukünftigen VD 66 62 60

vorhandene VD mit ZWS 18 18 19

zukünftige VD mit ZWS 7 9 11

vorhandene VD, zukünftige VD und ZWS 8 9 11

III. Experteninterviews

Die Ergebnisse der Experteninterviews stützen sich aufGespräche mit 53 Personen. Dabei handelt es sich umzehn (Ermittlungs-)Richter, 13 Staatsanwälte, 16 Polizei-beamte, vier Strafverteidiger, sechs Telekommunikations-anbieter und vier Datenschutzbeauftragte. Die Befragtenarbeiten in den Bundesländern Baden-Württemberg, Ber-lin, Mecklenburg-Vorpommern und Nordrhein-Westfalen.Aus Anonymisierungsgründen werden die genauen Ortenicht angegeben. Der Inhalt der Gespräche wird zusam-menfassend wiedergegeben.

C. Anordnungspraxis und Durchführung der Maßnahme

I. Delikte und Verdachtsgrad

1. Schriftliche Befragung

a) Delikte

Die Befragten gaben an, dass sie im Jahr 2005 im Durch-schnitt 142 Anträge nach §§ 100g, 100h StPO gestellt ha-ben, denen solche Straftaten zugrunde lagen, die in Ta-belle 16 aufgeführt sind (Katalogstraftaten i. S. v. § 100aSatz 1 StPO und sonstige Straftaten, die nicht mittelsEndeinrichtung begangen wurden). Der Straftatenkatalogdes § 100a Satz 1 StPO, auf den § 100g I Satz 1 StPO ver-weist, umfasst nur bestimmte Ausprägungen der jeweili-gen Deliktsgruppen. So ist beispielsweise der Banden-diebstahl erfasst, nicht aber der einfache Diebstahl. Aus

Gründen der Übersichtlichkeit wurden als Antwortmög-lichkeiten jedoch die Deliktsgruppen insgesamt (Dieb-stahl) aufgeführt.

In Tabelle 16 wird angegeben, wie häufig bestimmteDelikte genannt wurden (z. B. wurden politische Delikte22-mal erwähnt) und welcher Prozentsatz der Befragtendiese Delikte genannt hat. Da die Befragten mehrere De-likte nennen konnten, summieren sich diese Prozentsätzeüber 100 Prozent. Im Schnitt nannten die Befragten2,6 Delikte. Weiter ist aufgeführt, wie viele Anträge aufAnordnung einer Maßnahme nach §§ 100g, 100h StPO,denen dieses Delikt zugrunde lag, die Befragten im Jahr2005 insgesamt gestellt haben und wie sich diese Anträgeauf die genannten Delikte verteilen.

Am häufigsten wurden als den Anträgen zugrundeliegendeDelikte (in dieser Deliktsgruppe) Raub bzw. räuberischeErpressung (39,3 Prozent) und Diebstahl (37,4 Prozent)von den Befragten genannt. Ebenfalls sehr häufig wurdenBetrug (26,6 Prozent) und Betäubungsmitteldelikte(25,6 Prozent) aufgeführt. Etwas weniger häufig lagennach Angaben der Befragten den Anträgen Tötungsde-likte (14,4 Prozent), Erpressung (12,2 Prozent), Hehlerei(10,7 Prozent) und Menschenhandel (9,9 Prozent) zu-grunde. Verstöße gegen das Ausländerrecht (8,6 Prozentder Nennungen), Sexualdelikte (7,6 Prozent), Verbreitungpornographischer Schriften (7,1 Prozent), sexueller Miss-brauch von Kindern (6 Prozent) und Körperverletzung(6 Prozent) waren etwas seltener. Auch gemeingefährli-che Straftaten (5,6 Prozent), Fälschungsdelikte (5,1 Pro-

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 91 – Drucksache 16/8434

Ta b e l l e 16

Katalogdelikte und nicht mittels Endeinrichtung begangene Delikte

Anmerkung: Delikte, die eindeutig nicht unter den Katalog des § 100a StPO fallen, sind hervorgehoben.

Deliktskategorien Anzahl Nennungen

Häufigkeit Nennung

Anzahl gestellter § 100gh-Anträge

Verteilung der gestellten Anträge auf die Delikte

Politische Delikte 22 3,6 % 102 1,0 %

Vereinigungsdelikte 20 3,3 % 54 0,5 %

Fälschungsdelikte 31 5,1 % 167 1,7 %

Sex. Missbrauch von Kindern 36 6,0 % 113 1,1 %

Verbreit. pornograph. Schriften 43 7,1 % 386 3,8 %

Tötungsdelikte 87 14,4 % 285 2,8 %

Menschenhandel, Geiselnahme 60 9,9 % 137 1,4 %

Diebstahl 226 37,4 % 1 635 16,2 %

Raub/Räuberische Erpressung 238 39,3 % 1 201 11,9 %

Erpressung 74 12,2 % 262 2,6 %

Hehlerei 65 10,7 % 260 2,6 %

Geldwäsche 22 3,6 % 140 1,4 %

Gemeingefährl. Straftaten 34 5,6 % 96 1,0 %

Verstöße gg. Waffengesetz 30 5,0 % 68 0,7 %

Verst. gg. Außenwirtschaftsgesetz 6 1,0 % 2 0,0 %

Betäubungsmitteldelikte 155 25,6 % 2 147 21,3 %

Verst. gg. Ausländerrecht 52 8,6 % 304 3,0 %

Betrug 161 26,6 % 1 680 16,6 %

Sex. Missbr./Nötigung/Vergewalt. 46 7,6 % 160 1,6 %

Androhung. v. Straftat 29 4,8 % 105 1,0 %

Körperverletzung 36 6,0 % 84 0,8 %

Nötigung 24 4,0 % 26 0,3 %

Entziehung Minderjähriger 9 1,5 % 5 0,0 %

Sonstige 58 9,6 % 673 6,7 %

Insgesamt 1 564 258,5 % 10 092 100 %

zent), Verstöße gegen das Waffengesetz (5 Prozent), An-drohung von Straftaten (4,8 Prozent) sowie Nötigung(4 Prozent) wurden von den Befragten seltener genannt.Nach den Angaben der Befragten lagen im Jahr 2005 denAnträgen nur in Ausnahmefällen politische Delikte, Ver-einigungsdelikte, Geldwäsche, Verstöße gegen das Au-ßenwirtschaftsgesetz sowie die Entziehung Minderjähri-ger zugrunde. Die Verteilungen in den Antworten derStaatsanwälte decken sich recht gut mit den Deliktsvertei-

lungen, die für die Aktenuntersuchung bereits vorgestelltwurden.

Zusätzlich zu den 10 092 erwähnten Anträgen nach§§ 100g, 100h StPO mit zugrunde liegenden Straftatenvon (erheblicher) Bedeutung werden noch 5 903 Anträgein Verfahren, in denen Straftaten, die mittels Endeinrich-tung begangen wurden, genannt. Im Detail verteilen sichdiese entsprechend der Tabelle 17.

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Drucksache 16/8434 – 92 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Ta b e l l e 17

Straftaten mittels Endeinrichtung

Deliktskategorien Anzahl Nennungen

Häufigkeit Nennung

Summe der 100gh-Anträge

Verteilung der Anträge auf

die Delikte

Beleidigung per Telefon etc. 199 48,7% 534 9,0%

Bedrohung per Telefon etc. 175 42,8% 416 7,0%

Telefonterror / Massen-E-Mails 38 9,3% 68 1,2%

Sex. belästigende Anrufe etc. 83 20,3% 225 3,8%

Verbr. porno./rechtsrad. Schriften per PC 57 13,9% 464 7,9%

Computerbetrug 146 35,7% 1 913 32,4%

Datenveränderung, Computer-sabotage 52 12,7% 279 4,7%

Datenfälschung 28 6,8% 169 2,9%

Ausspähen von Daten 54 13,2% 266 4,5%

Missbrauch von Notrufen 56 13,7% 137 2,3%

Warenbestellbetrug 95 23,2% 675 11,4%

Urheberrechtsverletzungen 49 12,0% 509 8,6%

Enkeltrick 12 2,9% 34 0,6%

Sonstige 42 10,3% 216 3,7%

1 086 265,5% 5 903 100,0%

Am häufigsten wurden Beleidigung per Telefon oder mit-tels sonstiger Endeinrichtung (49 Prozent) sowie Bedro-hung mittels Endeinrichtung (43 Prozent) genannt. AuchComputerbetrug (36 Prozent), Warenbestellbetrug (23 Pro-zent) und sexuell belästigende Anrufe (20 Prozent) gehö-ren zu den am häufigsten genannten Antworten. Wenigerhäufig gaben die Befragten die Verbreitung pornographi-scher oder rechtsradikaler Bilder und Schriften überComputer (14 Prozent), den Missbrauch von Notrufen(14 Prozent), das Ausspähen von Daten (13 Prozent), Da-tenveränderung (13 Prozent) sowie Urheberrechtsverlet-zungen (12 Prozent) an. Telefonterror (9 Prozent), Daten-fälschung (7 Prozent) und der Enkeltrick (3 Prozent)waren die am seltensten genannten Antworten.

Sonstige Delikte, die von den Befragten aufgeführt wur-den, betreffen Verstöße gegen das AuslG bzw. AufenthG,sonstiger Betrug und allgemein Betrug mittels Endein-richtung, Steuerhinterziehung, Bestechung, Wohnungs-

einbruchsdiebstahl, Brandstiftung, Bildung einer krimi-nellen Vereinigung, Verstöße gegen das MarkenG und dasVortäuschen einer Straftat.

In Tabelle 18 werden die von den Befragten festgestelltenVeränderungen der Häufigkeiten der verschiedenen De-likte im Vergleich zwischen 2004 und 2005 dargestellt.

Die Frage nach der Veränderung von Deliktshäufigkeitenwurde nur von 10 bis 20 Prozent der Befragten beantwor-tet. Ein Mittelwert von 1,5 entspricht dabei einer Tendenzgenau zwischen gleich bleibend und steigend, ein Wertvon 2 besagt keine Veränderung und 1 eine steigendeHäufigkeit der Delikte. Zu fast gleichen Teilen wurdeninsbesondere bei Delikten, die mittels Computer began-gen werden, steigende und gleich bleibende Tendenzengenannt, z. B. Computerbetrug, Urheberrechtsverletzun-gen, Verbreitung pornographischer/rechtsradikaler Schrif-ten mittels Computer. Bei anderen Delikten wurden Stei-gerungen seltener angegeben.

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 93 – Drucksache 16/8434

Ta b e l l e 18

Veränderungen im Auftreten der Häufigkeit verschiedener Delikte

Delikt Nennungen Mittelwert Tendenzen

Computerbetrug 141 1,46

Urheberrechtsverletzungen 62 1,50Verbr. porn./rechtsrad. Bilder/Schriften per PC 73 1,58

Ausspähen von Daten 61 1,61

Telefonterror/Massen-E-Mails 55 1,62Datenveränderung, Computersabotage 60 1,62

Warenbestellbetrug 97 1,62

Sex. belästigende Anrufe, E-Mails, SMS 91 1,64Betrug 156 1,65

Datenfälschung 45 1,69

Verbreit. pornogr. Schriften 68 1,71Betäubungsmitteldelikte 168 1,71

Diebstahl 221 1,72

Beleidigung mittels Endeinr. 186 1,73

Sex. Missbrauch/Nötigung, Vergewaltigung 66 1,76Bedrohung mittels Endeinr. 161 1,78

Raub/Räuberische Erpressung 225 1,80

Gemeingefährliche Straftaten 54 1,81Hehlerei 76 1,82

Erpressung 84 1,83

Enkeltrick 19 1,84Fälschungsdelikte 47 1,85

Menschenhandel, Geiselnahme 79 1,86

Sonstige 69 1,86Tötungsdelikte 109 1,87

Körperverletzung 61 1,87

Geldwäsche 43 1,88Verstöße gg. Waffengesetz 56 1,88

Politische Delikte 44 1,89

Sex.Missbrauch v. Kindern 59 1,90

Nötigung 44 1,91Verst. gg. Ausländerrecht 78 1,92

Vereinigungsdelikte 41 1,93

Androhung von Straftaten 50 1,94Entziehung Minderjähriger 31 1,94

Verst. gg. Außenwirtschaftsgesetz 25 2,00

Missbrauch von Notrufen 68 2,00

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Drucksache 16/8434 – 94 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

b) Straftat von erheblicher Bedeutung

60 Prozent der Befragten halten keine Änderung von§ 100g I Satz 1 StPO in Bezug auf die Formulierung„Straftat von erheblicher Bedeutung, insbesondere einerder in § 100a Satz 1 StPO genannten Straftaten“ für not-wendig. Von den Befragten (40 Prozent), die eine Ände-rung für erforderlich erachten, waren 11 Prozent für eineBeschränkung auf Katalogstraftaten i. S. v. § 100a StPOund eine Streichung des Begriffs der Straftat von erhebli-cher Bedeutung. Demgegenüber plädierten 68 Prozent fürdie Beschränkung auf den Begriff der Straftat von erheb-licher Bedeutung ohne Verweis auf § 100a StPO.21 Prozent der Befragten schlugen weitere Änderungenvor432. Von diesen waren 47 Prozent (ca. 10 Prozent allerBefragten) für eine Ausdehnung auf alle Straftaten.20 Prozent (ca. 4 Prozent aller Befragten) befürworteneine Erweiterung des Straftatenkatalogs des § 100a StPOauf andere Straftaten, wie beispielsweise den gewerbsmä-ßigen Betrug. Weitere 11 Prozent wünschen sich allge-mein eine eindeutigere, konkretere Regelung. 7,6 Prozentsprechen sich für eine Streichung des Begriffs der Straftatvon erheblicher Bedeutung und des Verweises auf denKatalog des § 100a StPO aus und meinen, dass eine Ver-hältnismäßigkeitsprüfung genüge. Jeweils 4,5 Prozentwürden die Formulierung „Straftat von nicht unerheblicherBedeutung“ sowie lediglich den Ausschluss geringfügigerTaten bevorzugen. Weitere 4,5 Prozent befürworten eineneigenen Straftatenkatalog für die Verkehrsdatenabfrage.

Auf die Frage, ob es sich bei der Straftatbegehung mittelsEndeinrichtung ebenfalls um eine erhebliche Straftatsollte handeln müssen, damit eine Verkehrsdatenabfragedurchgeführt werden kann, antworteten die Befragtenüberwiegend mit „nein“ (75 Prozent). Die Minderheit(25 Prozent) bejahte die Frage. Zur Begründung für dieVoraussetzung einer Straftat von erheblicher Bedeutungwurde angeführt, dass ein erheblicher Eingriff in Grund-rechte vorliege (33 Prozent der Befragten, die mit ja ant-worteten). Weitere 23 Prozent geben an, dass sich diesaus dem Wortlaut des § 100g I Satz 1 StPO ergebe. Für10 Prozent dieser Befragten ergibt sich diese Vorausset-zung aus der Gesetzessystematik. Andere gaben an, dassder Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt werdenmüsse (9 Prozent) und sonst die Gefahr einer Ausuferungder Anwendung der Maßnahme bestehe (10 Prozent).6 Prozent waren der Ansicht, dass eine gleichförmigeHandhabung der Maßnahme, d. h. eine gleiche Anwen-dung der beiden Alternativen, gewährleistet sein müsse.

Diejenigen mit Nein-Antworten führten als Begründungdazu aus, dass sich dies eindeutig aus dem Wortlaut derNorm ergebe (34 Prozent der Befragten, die mit nein ant-worteten). Weitere 19 Prozent stellten auf das Wort„oder“ im Gesetzestext ab. Weitere 20 Prozent gaben an,dass eine Aufklärung von Straftaten, die mittels Endein-richtung begangen wurden, sonst unmöglich oder zumin-dest erschwert wäre. Jeweils 9 Prozent stellten zur Be-gründung darauf ab, dass die Begriffe „Straftat von

erheblicher Bedeutung“ und „mittels Endeinrichtung be-gangene Straftat“ erkennbar alternativ gebraucht würdenund dass letztere sonst keine selbständige Bedeutunghabe und daher überflüssig sei. 5 Prozent gaben an, dassdie Verkehrsdatenabfrage oft die einzige Möglichkeit zurAufklärung mittels Endeinrichtung begangener Straftatensei. Zudem wurde angeführt, dass die Endeinrichtung alsTatmittel benutzt werde und der Täter deshalb wenigerschutzbedürftig sei (8 Prozent). Weitere Begründungenwaren opferschutzbezogen, nämlich dass der Geschädigtesonst nahezu schutzlos gestellt wäre und daher auch min-dere Kriminalität erfasst sein soll.

c) Verdachtsgrad

90 Prozent der Befragten (731) halten den gesetzlich fest-gelegten Verdachtsgrad für angemessen. Als Begründungwurde angeführt, dass die Verkehrsdatenabfrage einen er-heblichen Eingriff in Grundrechte darstelle und der Ver-dachtsgrad zum Grundrechtsschutz erforderlich sei(91 Befragte, 25 Prozent dieser Gruppe433). Dagegen sa-hen zehn Befragte die Eingriffsintensität als relativ geringund den festgelegten Verdachtsgrad dafür als ausreichendan. Als weitere Begründung für die Angemessenheit desVerdachtsgrads wurde angeführt, dass so die Verhältnis-mäßigkeit gewahrt werde, d. h. ein ausgewogenes Ver-hältnis zwischen dem Schutz des Betroffenen und demStrafverfolgungsinteresse möglich sei (53 Befragte, 14 Pro-zent dieser Gruppe). 21-mal wurde genannt, dass die An-wendung der Maßnahme ansonsten ausufern würde.Mehrfach wurde ganz allgemein begründet, dass der ge-regelte Verdachtsgrad, d. h. der einfache Tatverdacht, aus-reichend sei (42 Befragte). Weitere Begründungen waren,dass damit eine adäquate Eingriffsschwelle geschaffenwerde, dass bloße Vermutungen nicht ausreichten undeine objektivierbare Verdachtslage gegeben sein müsse.Zudem wurde angegeben, dass die Maßnahme sonst zurAusforschung benutzt werden könne. Auf der anderenSeite wurde ausgeführt, dass durch einen höheren Ver-dachtsgrad die Ermittlungen zu sehr erschwert würdenund die Ermittlungsmaßnahme nicht praktikabel wäre.Zudem stünde die Verkehrsdatenabfrage oft am Anfangder Ermittlungen und ein höherer Verdachtsgrad sei meistnoch nicht gegeben. Weiter wurde vereinzelt angeführt,dass die Regelung auch § 100a StPO sowie der Systema-tik der anderen Maßnahmen entspreche.

Diejenigen, die den Verdachtsgrad nicht für angemessenhielten (10 Prozent bzw. 84 Befragte), gaben u. a. als Be-gründung an, dass es sich um keinen erheblichen Grund-rechtseingriff handle (zehn Befragte, 15 Prozent dieserGruppe), der Eingriff weniger gravierend als z. B. bei derDurchsuchung sei und trotzdem der gleiche Maßstabgelte (zwölf Befragte). Andere stellten allgemein auf diezu hohen bzw. einschränkenden Anforderungen an denVerdachtsgrad ab (zehn Befragte). Man stehe bei der Er-hebung der Daten oft noch beim Beginn der Ermittlungen

432 In diesem Fall traten einige Mehrfachnennungen auf.

433 Hier – wie auch bei den Nennungen der Begründungen in den folgen-den Fragen – konnten mehrere Begründungen angegeben werden.Daher summieren sich die Prozente ggf. über 100 Prozent.

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 95 – Drucksache 16/8434

(sieben Befragte). Acht Befragte fanden den Verdachts-grad zwar nicht zu streng, begründeten die Unangemes-senheit des Verdachtsgrads aber mit dessen Unbestimmt-heit.

Zusammenfassend kann man sagen, dass der Großteil derBefragten den festgelegten Verdachtsgrad für erforderlich,aber auch als ausreichend erachtet. Dabei gibt es keine Un-terschiede entlang der Bundesländer und Dezernate.

2. AktenanalyseInsgesamt befanden sich in den 467 ausgewerteten Ver-fahren 1257 Beschlüsse nach §§ 100g, 100h StPO. Auchhier zeigt sich ein breites Spektrum an Anlassstraftaten.Dabei sind Straftaten von erheblicher Bedeutung und mit-tels Endeinrichtung begangene Straftaten zu unterschei-den. Wie bereits ausgeführt umfasst der Begriff derStraftat von erheblicher Bedeutung Straftaten, die dermittleren Kriminalität zuzuordnen sind. Zudem verweist§ 100g I Satz 1 StPO auf den Straftatenkatalog des § 100aSatz 1 StPO. Zumindest diese Delikte sind also uneinge-schränkt als Straftaten von erheblicher Bedeutung anzu-sehen.

70 Prozent der Beschlüsse liegen ausschließlich Katalog-delikte i. S. v. § 100a Satz 1 StPO zugrunde. In weiteren2 Prozent der Beschlüsse ist neben einem Katalogdeliktauch eine andere Straftat erwähnt. Bei den restlichen28 Prozent handelt es sich um Beschlüsse, bei denen aus-schließlich andere Delikte Grundlage waren.

Aus Abbildung 30 ergeben sich die Katalogdelikte im Ein-zelnen. Am häufigsten lagen den Beschlüssen von den Ka-talogdelikten Rauschgiftdelikte (25,6 Prozent der Fälle,N = 232) sowie Raub und räuberische Erpressung(25,1 Prozent der Fälle, N = 228) zugrunde. Sehr oft gabenzudem Mord- und Totschlagsdelikte (18,8 Prozent derFälle, N = 171) Anlass für die Anordnung der Verkehrsda-tenabfrage. (Schwerer) Bandendiebstahl lag in 9,6 Prozentder Fälle (N = 87) und Geldwäsche in 6,9 Prozent der Fälle(N = 63) zugrunde. In 6,4 Prozent der Fälle (N = 58) warenVerstöße gegen das Aufenthaltsgesetz (früher AuslG) undin 5,9 Prozent der Fälle (N = 54) Geld- und Wertpapierfäl-schungen Grund für die Anordnungen. In je 4 Prozent derFälle (N = 36) waren die Beschlüsse durch Straftaten derBanden- und gewerbsmäßigen Hehlerei sowie Straftatengegen die persönliche Freiheit begründet. Selten kamen anKatalogdelikten Erpressung (2,4 Prozent der Fälle), ge-meingefährliche Straftaten (1,8 Prozent der Fälle), Ver-stöße gegen das Waffengesetz oder Außenwirtschaftsge-setz (0,7 Prozent der Fälle), Straftaten gegen die öffentlicheOrdnung (0,6 Prozent der Fälle), schwerer sexueller Miss-brauch von Kindern (0,3 Prozent der Fälle) sowie Frie-densverrat o. ä. (0,1 Prozent der Fälle) vor. Von den Kata-logdelikten wurden 82 Prozent der Erpressungen (insg.22 Fälle) mittels Endeinrichtung begangen. Die räuberi-schen Erpressungen wurden teilweise mittels Endeinrich-tung verübt (neun Fälle – 4 Prozent der Kategorie Raub/räuber. Erpressung).

Wie schon erwähnt lagen 28 Prozent der Anordnungenkeine Katalogdelikte, sondern andere Straftaten zugrunde

A b b i l d u n g 30

Verteilung der Katalogtaten auf die Beschlüsse

0%

5%

10%

15%

20%

25%

30%

Frieden

sver

rat e

tc.

Strafta

ten gg

. öff.

Ord

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Geld-/W

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Drucksache 16/8434 – 96 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

und weiteren 2 Prozent zumindest auch eine andere Straf-tat. Um welche Delikte es sich dabei im Einzelnen han-delte, kann Abbildung 31 entnommen werden.

Dabei waren schwere Diebstahlsdelikte, die nicht unterden Katalog des § 100a Satz 1 StPO fallen (überwiegend§ 243 StGB, 29,8 Prozent der Fälle, N = 111) und Betrug(27,3 Prozent der Fälle, N = 102) die am häufigsten zu-grunde liegenden Nichtkatalogtaten. Zu 7,0 Prozent ga-ben Beleidigungen (N = 26) und zu 6,2 Prozent Straftatengegen die persönliche Freiheit (§§ 239, 240, 241 StGB,N = 23) Anlass für die Anordnung der Maßnahmen. We-niger häufig kamen Androhung von Straftaten(5,6 Prozent der Fälle, N = 21), einfacher Diebstahl(5,1 Prozent der Fälle, N = 19), Missbrauch von Notrufen(4,0 Prozent der Fälle, N = 15) und Straftaten gegen diesexuelle Selbstbestimmung (3,8 Prozent der Fälle,N = 14) vor. Am seltensten waren Rauschgiftdelikte, dienicht unter den § 100a-Katalog fallen (2,4 Prozent derFälle), Körperverletzungsdelikte (2,1 Prozent der Fälle)sowie Computerkriminalität (§ 202 StGB usw. – 1,1 Pro-zent der Fälle). In etwa 12 Prozent der Fälle wurdensonstige Straftaten wie Hehlerei, gemeingefährlicheStraftaten, Vorteilsannahme, Bestechlichkeit, Urkunden-fälschung, Amtsanmaßung, Vortäuschen einer Straftat so-wie Straftaten nach §§ 373, 374 AO als Grundlage für dieAnordnungen herangezogen.

Bei den Nicht-Katalogtaten wurden Hehlerei, gemeinge-fährliche Straftaten, einfacher Diebstahl, schwerere Dieb-stähle sowie Rauschgiftdelikte nie mittels Endeinrichtungbegangen. Dagegen wurden Telefon, Computer, etc. beimMissbrauch von Notrufen, bei Computerkriminalität, beider Androhung von Straftaten und der Beleidigung immer(100 Prozent) verwendet. Ebenfalls häufig wurden End-einrichtungen bei Straftaten gegen die persönliche Frei-heit (Bedrohung, Nötigung per Telefon – 91 Prozent), beiBetrugsdelikten (53 Prozent) sowie bei Straftaten gegendie sexuelle Selbstbestimmung (sexuelle Belästigung vorallem von Kindern am Telefon, 36 Prozent) eingesetzt.Bei den Körperverletzungsdelikten kam die Begehungmittels Telefon nur in einem Fall vor (Telefonterror,12,5 Prozent). Bei den sonstigen Fällen wurden die Amts-anmaßungen per Telefon begangen.

Hehlerei, gemeingefährliche Straftaten, schwerere Dieb-stahlsdelikte sowie Rauschgiftdelikte lassen sich unterden Begriff der Straftat von erheblicher Bedeutung subsu-mieren. Einfache Diebstähle dagegen werden im Regel-fall – abhängig vom Wert des Diebstahlsobjekts – nichtvon dem Begriff erfasst. Bei den Straftaten gegen die per-sönliche Freiheit wurden die geringfügigeren Delikte wieNötigung oder Bedrohung immer mittels Endeinrichtungbegangen. Die anderen Delikte (§ 239 StGB) waren alserheblich anzusehen.

A b b i l d u n g 31

Verteilung der Nichtkatalogtaten auf die Beschlüsse

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10%

15%

20%

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 97 – Drucksache 16/8434

3. Experteninterviews

Auch bei den Experteninterviews wurden die Befragtennach typischen Kriminalitätsformen oder Fallkonstella-tionen gefragt, bei denen die Verkehrsdatenabfrage einebesonders hohe Bedeutung hat. Es sollten die Delikte ge-nannt werden, in denen diese Ermittlungsmaßnahme be-sonders häufig zur Anwendung kommt.

a) Polizeibeamte

(1) Typische Kriminalitätsformen

Als typische Kriminalitätsformen, bei denen eine Aus-kunftserteilung über Verkehrsdaten eine besonders großeRolle spielt, wurden von den befragten Polizeibeamten anerster Stelle Raub, Rauschgiftkriminalität und Formender organisierten Kriminalität angegeben. Bei den Raub-delikten wurden „Raub“, „Raub von Mobiltelefonen“ und„Bankraub“ genannt. Gerade Funkzellenabfragen seienbei Banküberfällen o. ä. von erheblicher Bedeutung, dadie Täter sich vor Ort absprechen würden. Einen Schwer-punkt bildeten auch der Raub von Mobiltelefonen und diedabei angewandten IMEI-Abfragen. Bei Betäubungsmit-teldelikten könne man anhand der Daten Handels- undGeschäftsstrukturen erkennen und Standorte feststellen,was vor allem bei Einfuhrschmuggel bedeutend sei. AlleTaten, bei denen der Täter mobil ist und wo illegale Wa-ren transportiert werden, wurden ebenfalls als typischeFallkonstellationen genannt. Weiter wurde ganz allge-mein auf Kapitalverbrechen verwiesen, insbesondere Tö-tungsdelikte. In der Regel seien dies Beziehungsdeliktebzw. es habe in der Regel vor der Tat Kontakt zwischenTäter und Opfer gegeben. Typische Kriminalitätsformenseien zudem Bandendelikte, gewerbsmäßige (Banden-)Hehlerei, Wohnungseinbrüche sowie Bandendiebstähle.Bei Wohnungseinbrüchen würden die Verkehrsdaten imHinblick das sog. „home checking“ bedeutsam, bei demder Täter vor dem Einbruch beim Opfer anruft, um zuprüfen, ob jemand in der Wohnung ist. Weiter wurden Er-pressung, Entführung, Vermisstensachen und Sexualde-likte aufgeführt. Allgemeiner wurde formuliert, dass dieMaßnahmen bei allen Formen der Schwerstkriminalitätbedeutsam seien. Alle Straftaten, bei denen mehrere Täteragieren, seien für §§ 100g, 100h-Maßnahmen typisch.Ebenso sei dies immer dann der Fall, wenn der Täter tele-fonisch Straftaten mit anderen verabrede. Eine besondersgroße Bedeutung würde die Verkehrsdatenabfrage auchdann einnehmen, wenn zwingend zwischen TatbeteiligtenKommunikation stattfindet. Das sei in der Regel der Fall,wenn mehrere Täter arbeitsteilig (wie bei Betäubungsmit-teldelikten) über Distanzen kommunizieren müssen. Essei zu erwarten, dass beweisrelevante Kommunikationgeführt wird und daher seien die Aufzeichnung der Ge-spräche und die Verkehrsdaten bedeutend. Im Bereich derInternetkriminalität würden die Ermittlungen nicht voran-schreiten ohne Verkehrsdatenabfrage. Dort hätten dieMaßnahmen eine sehr hohe Bedeutung. Es sei die einzigeMöglichkeit, um einen Täter zu ermitteln. Gerade in Be-trugsfällen spiele das Internet eine große Rolle. Ebensosei die Maßnahme im Bereich der Kinderpornographiebedeutsam. Das Internet sei das herausragende Mittel für

den Austausch. In diesen Fällen sei zur Ermittlung desTäters nur eine Verkehrsdatenabfrage erfolgverspre-chend. Allgemein sei §§ 100g, 100h StPO bei allen Straf-taten mittels Endeinrichtung bedeutsam.

(2) Straftat von erheblicher Bedeutung

Fast alle der befragten Polizeibeamten möchten den Be-griff der Straftat von erheblicher Bedeutung mit dem Ver-weis auf den Katalog des § 100a StPO beibehalten. DerBegriff habe sich etabliert und in der Praxis bewährt. DerBegriff der Straftat von erheblicher Bedeutung sei zwarein „Kaugummibegriff“, ein unbestimmter Rechtsbe-griff, der von Fall zu Fall ausgelegt werden müsse. Es seiunklar, was unter diesen schwammigen Begriff falle.Trotzdem seien damit keine schlechten Erfahrungen ge-macht worden. Der Begriff sei durch Urteile eingegrenztworden. Die Einzelfallprüfung sei wichtig. Ein Katalogsei wohl einfacher handhabbar, eindeutiger und nachvoll-ziehbarer. Er wäre zur Rechtssicherheit der handelndenBehörden von Vorteil. Aber der Begriff der Straftat vonerheblicher Bedeutung biete mehr Spielraum zur Ausle-gung. Ein Katalog berge immer die Gefahr, dass Strafta-ten nicht erfasst werden, die im Einzelfall erheblich sindund bei denen die Maßnahme notwendig wäre. Dannwürde versucht, die Delikte unter den Katalog zu subsu-mieren und sie würden als schwerer dargestellt, als sie ei-gentlich seien. Ein Katalog müsste ständig verändert wer-den. Es komme immer wieder zu neuen Formen derDurchführung von Straftaten, gerade im Bereich derComputerkriminalität. Ein fester Katalog berge deshalbdie Gefahr, dass Entwicklungen und Veränderungen inden Erscheinungsformen der Kriminalität nicht berück-sichtigt werden könnten. Der Ermessenspielraum der Jus-tiz sollte hier beibehalten werden. Auslegungsmöglich-keit und Interpretationsspielraum hätten erheblicheBedeutung.

Zwei der Befragten halten einen festen, klaren Katalogfür besser. Dies ließe weniger Raum für Interpretationenund sei einer Situation vorzuziehen, in der darüber ge-stritten werden müsse, ob es sich um eine Straftat von er-heblicher Bedeutung handle oder nicht. Das würde aufalle Fälle zu mehr Rechtssicherheit führen. Auf Änderun-gen könne man nachträglich durch Anpassungen reagie-ren.

b) Staatsanwälte

(1) Typische Kriminalitätsformen

Die befragten Staatsanwälte gaben als typische Kriminali-tätsformen, bei denen die Verkehrsdatenabfrage eine beson-dere Bedeutung hat, Rauschgiftkriminalität, OrganisierteKriminalität, Bandendelikte, bandenmäßig begangeneRaubüberfälle, Handyraubfälle, Diebstähle in besondersschwerem Fall (insb. Wohnungseinbruchsdiebstahl), Tö-tungsdelikte, betrügerische Anmietung von Kfz sowiealle Straftaten, die mittels Telekommunikationseinrich-tung begangen werden (z. B. Drohanrufe, Erpressung,Bombendrohung, Beleidigung) an. Ein Befragter schil-derte die Bedeutung der Daten für Brandstiftungsfälle an

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Drucksache 16/8434 – 98 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Hand eines Falles, in dem der verdächtige Hauseigentü-mer Kontakt zu den engagierten Brandstiftern aufnehmeund mit der Verkehrsdatenabfrage die Täter dann über-führt werden könnten. Ebenso sei die Abfrage bei solchenStraftaten bedeutsam, die ausschließlich über Internet be-gangen werden können (Datenveränderung, Computersa-botage, Phishing, Betrugsstraftaten im Internet). Die Ab-frage der Daten spiele bei allen Straftaten, die konspirativdurchgeführt und bei denen mehreren Personen tätig wür-den, eine wichtige Rolle.

(2) Straftat von erheblicher Bedeutung

Ein fester Katalog von Straftaten wird von den meistenbefragten Staatsanwälten abgelehnt. Der Begriff derStraftat sei zwar etwas schwammig und auslegungsbe-dürftig, aber trotzdem zu befürworten. Ein abschließenderKatalog sei nicht praktikabel. Ebenso wie bei dem Kata-log des § 100a StPO, müsste man ihn immer wieder er-gänzen. Man würde versuchen, die Vorschriften zu umge-hen, z. B. bandenmäßige Begehung feststellen.Flexibilität sei erforderlich. Natürlich sei problematisch,was erheblich ist und eine Kontrolle durch die Gerichtesei erforderlich, denn es dürfe nicht zur Ausuferung kom-men. Der unbestimmte Rechtsbegriff müsse entsprechendbegründet werden. Was davon erfasst ist, sei vom Beur-teiler abhängig, aber es seien mehrere Personen an derPrüfung beteiligt. Zudem sei so gewährleistet, dass dieMaßnahmen nicht bei jedem Ladendiebstahl durchgeführtwerden. Durch die Bezugnahme auf den Katalog des §100a StPO ließe sich eine Wertung entnehmen, was unterdem Begriff zu verstehen sei. Dadurch würde der Anwen-dungsbereich etwas eingegrenzt.

Zwei Befragte würden einen festen Katalog befürworten.Damit würden Unklarheiten beseitigt. Allerdings müssedieser Katalog erheblich ausgeweitet werden. Da der §100g StPO im Verhältnis zu § 100a StPO weniger ein-griffsintensiv ist, sollte dessen Katalog viel umfassendersein. Zwei Befragte meinen, dass ein fester Katalog zwarzur Rechtssicherheit und Rechtsklarheit beitragen würde.Nachteil sei aber, dass der Katalog ständig nachgebessertwerden müsste. Es wären immer wieder Erweiterungennotwendig. Die Gesetzgebung schreite voran und eineNachbesserung sei immer nur mit Zeitverzug möglich.

c) Richter

(1) Typische Kriminalitätsformen

Nach Angabe der befragten Richter findet die Auskunfts-erteilung über Verkehrsdaten vor allem bei Betäubungs-mitteldelikten, Tötungsdelikten, organisierter Kriminali-tät, Betrugsfällen im Internet oder per Telefon (z. B.Enkeltrick), Handyraubfällen, bei Raub und räuberischemDiebstahl, Internetkriminalität, bei Entführungsfällen, Er-pressung, Bedrohung, Kinderpornographie, Stalking, Au-toschieberringen sowie Bandendelikten Anwendung. Eswürden Absprachen stattfinden, so dass man feststellenkönne, ob der Täter am Tatort war. In Berlin würde derRaub von Mobiltelefonen den größten Teil an 100gh-Fäl-len einnehmen. Immer wenn es um kriminelle Vereini-

gungen und um die Aufdeckung von Strukturen gehe,habe die Auskunftserteilung eine besonders große Bedeu-tung. Bei Betäubungsmittelsachen würde die Abfrage derDaten häufig zusammen mit einer Telekommunikations-überwachung angeordnet. Man könne die Netze, die Kon-takte zwischen den Tätern aufdecken. Ein Befragter gabauch den Diebstahl von Mobiltelefonen als häufige Fall-gruppe an. Eher unbedeutend sei die Maßnahme dagegenbei Beleidigungen, da diese Anträge zumeist sowieso we-gen Geringfügigkeit abgelehnt würden, gab ein weitererBefragter an. Im Übrigen sei der Beschuldigte in diesenFällen oft bekannt und seine Vernehmung sinnvoller.

(2) Straftat von erheblicher Bedeutung

Die meisten der befragten Richter befürworten keinenfesten Katalog. Der Begriff der Straftat von erheblicherBedeutung sei zwar „schwammig“. Man müsse überle-gen, ob z. B. eine Beleidigung wirklich eine Straftat vonerheblicher Bedeutung ist. Es gebe unterschiedliche Inter-pretationsmöglichkeiten, z. B. anhand des Strafmaßesoder des Rechtsguts. Der Begriff sei „schillernd“. Eshandle sich um ein „Einfallstor“ und man könne alles da-runter subsumieren. Trotzdem sei ein fester Katalog vonStraftaten nicht zu befürworten. Die Ermittlungsmaß-nahme müsse vom Einzelfall abhängig gemacht werden.Ein fester Katalog verbaue die Möglichkeit, zur Aufklä-rung von Massendelikten (z. B. Raub von Mobiltelefo-nen). Dann würde die generalpräventive Warnfunktionder Strafverfolgung entfallen. Ein Katalog sei immer ein-deutiger, berge aber die Gefahr, dass Fälle nicht erfasstwürden, bei denen die Verkehrsdatenabfrage sinnvoll undgerechtfertigt gewesen wäre. Manche Delikte würdendurch das Raster fallen. Eine Verhältnismäßigkeitsprü-fung reiche. Es sei nicht möglich, alles gesetzlich zu re-geln. Eine offene Klausel, die man ausfüllen müsse, seifür die Praxis besser.

Zwei Befragte finden den Begriff der Straftat von erhebli-cher Bedeutung als zu „schwammig“. Ein fester Strafta-tenkatalog sei zu befürworten. Ein Verweis auf die Straf-taten in § 100a StPO sei sinnvoll. Begründet wird diesdamit, dass es immer wieder Streitigkeiten mit der Polizeiund der Staatsanwaltschaft gebe, ob die Straftat nun er-heblich ist oder nicht. Es sei nicht zu verstehen, warum in§ 100a StPO der Katalog an Straftaten festgelegt sei, in§ 100g aber nur der Begriff der Straftat von erheblicherBedeutung. Es sei nicht Aufgabe der Richter, sondern desGesetzgebers, den unbestimmten Begriff näher zu um-grenzen. Es könne nicht sein, dass der eine bestimmteStraftaten darunter subsumiert und der andere nicht. EinKatalog könne je nach Praxiserfahrung erweitert werdenund wäre für die Rechtssicherheit besser, auch wenn da-mit ein gewisser Aufwand verbunden wäre.

Ein Richter gab an, dass er nicht begreife, warum z. B.bei einem Diebstahl von Mobiltelefonen §§ 100g, 100hStPO nicht angewendet werden können. Es sei die ein-fachste Möglichkeit der Aufklärung. Ein anderer Befrag-ter schlägt die Formulierung vor: „wo es zur Sachver-haltsaufklärung erheblich beiträgt und es verhältnismäßigist“.

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 99 – Drucksache 16/8434

d) Verteidiger

(1) Typische Kriminalitätsformen

Die befragten Verteidiger wurden nach Verfahren befragt,in denen sie mit den Maßnahmen nach §§ 100g, 100hStPO konfrontiert wurden. Dabei wurden ganz überwie-gend Betäubungsmittel- und organisierte Kriminalität-Verfahren, Verfahren wegen Verbreitung (kinder-)porno-graphischer Schriften, wegen Einschleusungskriminalität,wegen Mordes und wegen Betruges genannt.

(2) Straftat von erheblicher Bedeutung

Alle befragten Verteidiger halten erwartungsgemäß einenfesten Straftatenkatalog für vorzugswürdig. Der Begriffder Straftat von erheblicher Bedeutung sei äußerstschwammig. Er sei zu vage und niemand wisse, was da-runter falle. Alternativ sei nach Ansicht eines Befragtennoch eine klare Regelung mit Definitionen im allgemei-nen Teil denkbar. Ein Kriterienkatalog wird von einemBefragten ausdrücklich nicht befürwortet. Wünschens-wert sei auch eine Präzisierung bzgl. der mittels Endein-richtung begangenen Straftaten, um Bagatelldelikte aus-zuschließen.

e) Telekommunikationsunternehmen

(1) Typische Kriminalitätsformen

Zwei Mitarbeiter der befragten Telekommunikationsun-ternehmen gaben zu den zugrunde liegenden Delikten an,dass diejenigen Deliktsformen, die in der Öffentlichkeitin der Regel als Begründung für die Notwendigkeit diesesErmittlungsinstruments herangezogen werden würden,insbesondere der Terrorismus und die Bekämpfung vonKinderpornographie, eher selten seien. Stattdessen werdedie Abfrage ganz überwiegend wegen Betäubungsmittelnim Bagatellbereich angeordnet. Was zu Beginn ein Ver-stoß gegen das Arzneimittelgesetz gewesen sei, werdespäter als gewerbsmäßige Bandenhehlerei dargestellt. DieBegründung, es gehe um Schwerstkriminalität, gehe nachihrer persönlichen Erfahrung an der Realität vorbei. ImFestnetzbereich, führt einer der Befragten aus, gehe esvor allem um Betäubungsmittel und im Internetbereichum Betrug und Urheberrechtsverletzungen.

(2) Straftat von erheblicher Bedeutung

Fast alle befragten Mitarbeiter der Telekommunikations-anbieter meinen, es sei unklar, was eine Straftat von er-heblicher Bedeutung sei. Der Begriff sei kein wirklichesRegulativ. Es gebe kaum eine Straftat, wo die Maßnahmenicht angewandt werde. Die Grenzziehung sei schwierig.Die Eingriffsschwelle sollte höher gesetzt werden, da essich um einen sehr weitgehenden Eingriff handle. Es gebekeinen großen Unterschied zu der Überwachung der In-halte. Die Möglichkeit der Anordnung bei mittels Endein-richtung begangenen Straftaten sollte entfallen. Die Ab-frage der Daten sollte nur bei schweren Straftatenmöglich sein. Mittels Endeinrichtung begangene Tatenkönnten über § 101 TKG abgehandelt werden. Eine Fang-schaltung reiche z. B. bei Stalking aus. Eine Lücke würde

nur bei einem einmaligen Vorfall entstehen. Es sei absurd,dass eine bloße Beleidigung ausreiche, um in das Grund-recht auf Wahrung des Fernmeldegeheimnisses einzugrei-fen, meint einer der Befragten. Ein weiterer Befragterführt aus, dass der Diebstahl eines Mobiltelefons keineerhebliche Straftat sei.

4. Zusammenfassung der ErgebnisseIm Rahmen der schriftlichen Befragung wurde von denStaatsanwälten angegeben, dass die am häufigsten denAnträgen zugrunde liegenden Straftaten von erheblicherBedeutung Betäubungsmitteldelikte, Raub und räuberi-sche Erpressung, Diebstahlsdelikte und Betrugsdeliktesind. Bei den mittels Endeinrichtung begangenen Strafta-ten wurden Computerbetrug sowie Beleidigung und Be-drohung als die relevantesten Anlassdelikte benannt, fürdie Beschlüsse nach §§ 100g, 100h StPO beantragt wur-den. Die Verbreitung pornographischer Schriften, diehäufig im Zusammenhang mit der Verkehrsdatenabfrageerwähnt wird, spielt hingegen eine nur untergeordneteRolle. Diese Einschätzung deckt sich mit den Ergebnis-sen der Aktenanalyse. Die häufigsten den Anordnungentatsächlich zugrunde liegenden Katalogdelikte waren Be-täubungsmittel-Strafsachen, Raub und räuberische Er-pressung, sowie Mord und Totschlag. Sonstige Anlassde-likte stellen vor allem besonders schwere Fälle desDiebstahls und Betrugsdelikte dar. Letztere wurden nichtmittels Endeinrichtung begangen. Typische Computerkri-minalität war dagegen selten und die Verbreitung porno-graphischer Schriften nie Grund für die Anordnung derMaßnahmen nach §§ 100g, 100h StPO. Zu berücksichti-gen ist dabei, dass ein Anstieg der Abfrage Bestandsdatenzu dynamischen IP-Adressen vor allem im Jahr 2005 zubemerken war, die untersuchten Akten aber aus den Jah-ren 2003 und 2004 stammten. Trotzdem war auch schonin diesen Jahren die Nutzung von Computer und Internetsehr verbreitet. Bedrohungen und Beleidigungen gabenentgegen den Einschätzungen aus der schriftlichen Befra-gung nur selten Anlass zur Anordnung der Maßnahmennach §§ 100g, 100h StPO. Von den befragten Expertengaben Polizeibeamte, Staatsanwälte, Richter und Vertei-diger übereinstimmend an, dass den Anordnungen nach§§ 100g, 100h StPO vor allem Betäubungsmittelstrafta-ten, Raubdelikte, organisierte Kriminalität, Tötungsde-likte, Betrugsstrafsachen im Internet sowie Verbreitungkinderpornographischer Schriften zugrunde liegen. DieTelekommunikationsunternehmen dagegen meinten, dassletztere kaum in den Beschlüssen vorkämen. Dies wirddurch die Ergebnisse der Aktenauswertung bestätigt.

Die Meinungen der mittels Fragebogen befragten Staats-anwälte gehen hinsichtlich des Begriffs der Straftat vonerheblicher Bedeutung und des Verweises auf den Strafta-tenkatalog des § 100a Satz 1 StPO auseinander. Zwarüberwiegt der Anteil derjenigen, die den Gesetzestext indieser Hinsicht in seiner aktuellen Fassung beibehaltenwollen (60 Prozent der Befragten). Von den übrigen40 Prozent werden jedoch verschiedene Verbesserungs-vorschläge unterbreitet. Der Großteil dieser 40 Prozentmöchte den Gesetzeswortlaut auf den Begriff der Straftatvon erheblicher Bedeutung beschränken. Verbunden ist

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Drucksache 16/8434 – 100 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

damit wohl auch eine Angleichung an die sich aus denAkten abbildende Praxis sowie die Auffassung, dass essich bei der Verkehrsdatenabfrage um ein an Bedeutunggerade für allgemeine Kriminalität zunehmendes Instru-ment der Ermittlungen handelt. In Bezug auf die zweiteVariante des § 100g I StPO, der mittels Endeinrichtungbegangenen Straftat, gehen drei Viertel der schriftlich be-fragten Staatsanwälte mit der h. M. in der Literatur davonaus, dass eine mittels Endeinrichtung begangene Straftatnicht von erheblicher Bedeutung sein muss.

Die interviewten Polizeibeamten, Staatsanwälte undRichter befürworten überwiegend den Begriff der Straftatvon erheblicher Bedeutung und den Verweis auf den Ka-talog des § 100a Satz 1 StPO. Der Begriff sei zwar ausle-gungsbedürftig, aber praxisgerechter als ein fester Kata-log. Eine abschließende Festlegung von Straftaten könnteden ständigen technischen Fortentwicklungen nicht ge-recht werden und müsste immer wieder verändert wer-den. Im Einzelfall erhebliche Straftaten könnten dannnicht aufgeklärt werden. Verteidiger und Telekommuni-kationsanbieter dagegen befürworten einen festen Straf-tatenkatalog. Es sei unklar, was unter den Begriff derStraftat von erheblicher Bedeutung falle. Zudem haltendiese Interviewten sowie die befragten Datenschützer ei-nen Ausschluss von Bagatelldelikten für notwendig.

II. Initiative und Ablauf von Anregung bis Anordnung der Maßnahme

In diesem Abschnitt werden die Ergebnisse zum Ablaufder Beantragung der Verkehrsdatenabfrage erörtert. Da-bei sollen die Interaktionen zwischen Polizei, Justiz undNetzbetreibern bis zur Anordnung der Maßnahme darge-stellt werden.

1. Schriftliche Befragunga) Initiative zur AntragstellungWie sich aus Abbildung 32 ergibt, sieht die große Mehr-heit der Befragten die Polizei als maßgeblichen Initiatorder Maßnahme an. 17 Prozent der Befragten (N = 131)nahmen an, dass die Initiative zu 100 Prozent von derPolizei ausgehe. 33 Prozent der Befragten (N = 257) ge-hen davon aus, dass die Polizei die Maßnahme zu 90 Pro-zent veranlasst und 23 Prozent der Befragten (N = 174)schätzen, dass die Polizei in 80 Prozent der Fälle Initiatorist.

Nur 3,4 Prozent der Befragten meinten hingegen, dass inüber 50 Prozent der Fälle die Staatsanwaltschaft die An-tragstellung selbst initiiere. 10 Prozent sahen die Initia-tive zur Antragstellung zu gleichen Teilen auf Polizei undStaatsanwaltschaft verteilt.

A b b i l d u n g 32

Initiative zur Antragstellung

0

5

10

15

20

25

30

35

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

Geschätzter Prozentsatz für Initiative der Polizei

An

teil

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in

%

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 101 – Drucksache 16/8434

b) Antragstellung

In Tabelle 19 sind die staatsanwaltschaftlichen Abteilun-gen, in denen nach Einschätzung der Befragten Maß-nahmen nach §§ 100g, 100h StPO beantragt bzw. im Falleeiner Eilanordnung angeordnet werden, spezifiziert. Hier-bei wurden die Anzahl der Nennungen in den verschiede-nen Kategorien sowie die Gesamtsumme angegeben, desWeiteren der Mittelwert über die Nennungen.

Besonders häufig wurden die drei vorgegebenen Dezer-nate organisierte Kriminalität, Betäubungsmittelkrimina-lität sowie Wirtschaftskriminalität genannt. Dabei werdenin organisierte Kriminalität- und Betäubungsmittel-De-zernaten nach Angaben der Befragten häufig Verkehrsda-tenabfragen beantragt, während dies in Wirtschaftsabtei-

lungen eher seltene bis gelegentliche Vorgänge sind. Dieweiteren aufgeführten Dezernate wurden von den Befrag-ten selbst unter sonstige aufgeführt. Am häufigsten wurdehier noch das allgemeine Dezernat genannt mit gelegent-lichen Anträgen. Auch in der Abteilung für Kapitaldeliktewerden die Maßnahmen gelegentlich bis häufig bean-tragt. Etwa 20 Nennungen hatten die Dezernate Sexualde-likte, Raub bzw. räuberische Erpressung, Jugendkrimina-lität, Computerdelikte, Betrugssachen sowie (Kinder-)Pornographie, wobei die Abteilung für Computerdelikteauffällt, da dort eine wohl deliktsspezifisch hohe Antrags-dichte angenommen wird434.

434 Der Mittelwert bei den Brandstiftungsdelikten entfaltet wegen dergeringen Anzahl der Nennungen keine Aussagekraft.

Ta b e l l e 19

Abteilungen der StA, in denen Verkehrsdatenabfragen beantragt werden

nie (1) selten gelegent-lich häufig immer (5) Summe Mittel

Organisierte Kriminalität 1 30 539 65 635 4,1

Betäubungsmitteldelikte 2 83 538 19 642 3,9

Wirtschaftsdelikte 20 204 192 61 1 478 2,6

Allgemeine Kriminalität 2 44 82 34 162 2,9

Kapitaldelikte 4 11 27 3 45 3,6

Sexualdelikte 18 6 24 3,3

Raub/(räuber.) Erpressung 12 11 1 24 3,5

Jugendkriminalität 6 14 2 22 2,8

Computerkriminalität 1 16 4 21 4,1

Betrug 1 7 8 2 18 3,6

(Kinder)Pornographie 6 9 2 17 3,8

Schleusung 4 5 9 3,6

Verkehrsdelikte 4 3 7 1,4

Brandstiftung 2 1 3 4,3

Sonstige 13 25 20 4 62 3,2

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Drucksache 16/8434 – 102 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

2. Aktenanalyse

a) Initiative zur Antragstellung

Die Auswertung der Akten ergab, dass die Initiative zurBeantragung einer Maßnahme nach §§ 100g, 100h StPOtatsächlich zu 91 Prozent von der Polizei und zu 9 Prozentvon der Staatsanwaltschaft ausging (Abbildung 33). Dabeiist jedoch zu berücksichtigen, dass – wie unten näher dar-gestellt wird – vor der Antragstellung häufig Besprechun-gen zwischen Polizei und Staatsanwaltschaft stattgefundenhaben. In diesen Fällen kann es durchaus sein, dass die Ini-tiative auf den Überlegungen aller Beteiligten beruht.

Die Akten ließen keine Aussage über die Abteilungen in-nerhalb der Polizei und der Staatsanwaltschaft, in denendie Maßnahmen angeordnet wurden, zu. In den wenigstenFällen wurde explizit aufgeführt, um welche Abteilung essich handelte. Oftmals enthielten die Akten nur Dezer-natsnummern.

b) BesprechungenBesprechungen vor Antragstellung oder Beschlusserlassfanden bei 106 Beschlüssen statt (8 Prozent der Be-schlüsse). Es ist zu berücksichtigen, dass dies zumindestdie Fälle sind, die ausdrücklich in den Akten vermerktsind. Dabei handelte es sich in 83 Prozent der Fälle umBesprechungen zwischen Polizei und Staatsanwaltschaft,in 11 Prozent der Fälle um Besprechungen zwischenStaatsanwaltschaft und Richter und in 6 Prozent der Fälleum Besprechungen zwischen Polizei und Gericht. Beiden Absprachen zwischen Polizei und Staatsanwaltschafthandelte es sich meist um die Unterredung über das wei-tere Vorgehen, in deren Verlauf erörtert wurde, ob ein An-trag nach §§ 100g, 100h StPO gestellt werden soll odernicht. Besprechungen zwischen Staatsanwaltschaft undGericht betrafen Fälle, in denen der Richter die Staats-anwaltschaft darauf hinwies, dass ein Beschluss nach

§§ 100g, 100h StPO notwendig sei oder der Antrag sonicht korrekt sei. Weiterer Inhalt der Gespräche war, dassder Beschluss noch auf weitere Anschlüsse ausgedehntwerden muss. Zwischen Polizei und Gericht ging es umÄnderungen hinsichtlich des Abfragezeitraums, weil z. B.ein weiterer Drohanruf eingegangen war.

c) Zeitlicher Ablauf von der Antragstellung bis zur Anordnung

Aus der Aktenanalyse ergibt sich, dass meist die Polizei dieMaßnahme anregt, dann die Staatsanwaltschaft einen An-trag auf Durchführung einer Verkehrsdatenabfrage stelltund daraufhin ein Beschluss durch den Richter erlassenwird. Wie viel Zeit zwischen Anregung einer Verkehrs-datenabfrage durch die Polizei und Beantragung derMaßnahme durch die Staatsanwaltschaft vergeht, ist in Ab-bildung 34 dargestellt. In 48 Prozent der Fälle erfolgen An-regung und Antragstellung innerhalb eines Tages. Ein Tagvergeht in 15 Prozent der Fälle zwischen Anregung und Be-antragung der Maßnahme. Bei 81 Prozent der Beschlüsseerfolgt die Beantragung daher innerhalb von sechs Tagennach der Anregung, bei 10 Prozent zwischen sieben und14 Tagen und bei 9 Prozent dauerte es länger als 14 Tage.

Sehr ähnlich gestaltet sich das Bild bei der Zeit, die zwi-schen Beantragung der Maßnahme und Erlass des Be-schlusses durch den Richter vergeht (Abbildung 35).Auch hier ergeht der Beschluss größtenteils noch am Tagder Antragstellung (51 Prozent). Hier ergeht der Be-schluss sogar bei 88 Prozent innerhalb von sechs Tagennach Beantragung.

Dementsprechend vergeht auch zwischen Anregung undBeschlusserlass in 52 Prozent der Fälle nicht mehr als einTag. Hier erfolgte bei 74 Prozent der Beschlüsse die An-ordnung innerhalb von sechs Tagen nach Anregung derMaßnahmen.

A b b i l d u n g 33

Initiative zur Antragstellung

Initiative zur Beantragung der Verkehrsdatenabfrage

91%

9%

Polizei StA

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 103 – Drucksache 16/8434

A b b i l d u n g 34

Dauer von Anregung bis Antrag

A b b i l d u n g 35

Dauer von Antrag bis Beschlusserlass

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Zeitraum zwischen Anregung und Antrag

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6 Tag

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21-3

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Tage

über

2 M

onate

Zeitraum zwischen Antrag und Beschluss

Pro

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Drucksache 16/8434 – 104 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

A b b i l d u n g 36

Dauer von Anregung bis Beschlusserlass

0

5

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age

über 2

Monate

Zeitraum zwischen Anregung und Beschluss

Pro

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3. Experteninterviews

a) Polizeibeamte

(1) Geschäftsablauf

Die Beantragung von §§ 100gh-Maßnahmen wird in denDienststellen aller befragten Polizeibeamten durch diejeweiligen Sachbearbeiter bzw. die jeweilige ermittlungs-führende Stelle vorgenommen. Die befragten Polizeibe-amten gaben überwiegend an, dass es eine spezielleAbteilung gebe, welche die Verkehrsdatenabfrage abwi-ckelt. Dabei werden regionale Unterschiede erkennbar.Diese Servicedienststellen gibt es in Berlin, Mecklen-burg-Vorpommern und Nordrhein-Westfalen, in Baden-Württemberg dagegen nicht. In Mecklenburg-Vorpommernist für die Erhebung der Verkehrsdaten eine spezielle Abtei-lung im Landeskriminalamt zuständig, während die Durch-führung der Telekommunikationsüberwachungsmaßnah-men durch die jeweiligen Dienststellen erfolgt. Zwei derSachbearbeiter aus einer solchen Abteilung wurden vonuns befragt. In diesen zentralen Dienststellen werden Te-lekommunikationsüberwachungen, Verkehrsdatenabfra-gen und Anschlussinhaberfeststellungen koordiniert undausgewertet. Diese Anlaufstellen beraten die anfragendenDienstellen über die möglichen Ermittlungsmaßnahmen,die rechtlichen und praktischen Möglichkeiten, und set-zen sich zur Umsetzung der Beschlüsse mit den Netzbe-treibern in Verbindung. Nur über diese Dienstellen findetder Kontakt zu den Netzbetreibern statt. Von diesen Ab-teilungen werden die Daten auch analysiert und bewertetund das Ermittlungsergebnis an die jeweilige Dienststelleübermittelt.

Hinsichtlich der technischen Möglichkeiten wurden vierder Befragten besonders geschult. Dabei wurden u. a. In-formationsveranstaltungen des Spezialdezernats als Schu-lungsform genannt. Weiter wurde angegeben, dass dieKollegen in der Spezialabteilung besonders geschultseien. Zwei der Befragten gaben an, dass ihre Kenntnisseauf Erfahrungswissen beruhen. Erst in der Praxis würdeman erkennen, „was wirklich möglich ist und was dieMaßnahme bringt“. Weitere Informationsquellen seienschriftliche Merkblätter, regelmäßige Besprechungen, aufdenen Neuerungen mitgeteilt werden, und Beiträge inFachzeitschriften. Zudem gebe es allgemeine Lehrgängezu den Ermittlungsmethoden sowie Fortbildungen. Vonzwei weiteren Befragten wurde kritisch angemerkt, dassdie Verkehrsdatenabfrage dabei nur am Rande angespro-chen würde. Weiter wurden Lehrgänge zur Telekommuni-kationsüberwachung und Computerkriminalität genannt,bei denen rechtliche, technische und taktische Fragen be-handelt würden.

Ein Mitarbeiter aus den Telekommunikationsüberwa-chungsspezialstellen gab an, dass es speziell für ihre Ab-teilung umfangreiche Schulungen gebe. Es handle sichum einen sehr schnelllebigen Bereich, was Erhebungs-möglichkeiten, Inhalt und Bewertung angingen. Regel-mäßige Schulungen seien daher unerlässlich. Das Rah-menwissen werde an die Abteilungen weitergegeben.Über technische Fragestellungen hinaus, sei auch eineSchulung in Rechtsfragen sinnvoll.

Der Geschäftsablauf wird von allen befragten Polizeibe-amten ähnlich geschildert. Wenn sich die Maßnahme an-bietet, erforderlich ist und die Voraussetzungen vorliegen,regt der Sachbearbeiter die Maßnahme bei der Staats-

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 105 – Drucksache 16/8434

anwaltschaft an, die den Beschluss beim Gericht bean-tragt. Die Anregung erfolge in (persönlicher oder telefo-nischer) Absprache mit der Staatsanwaltschaft. DasGericht erlässt den Beschluss und sendet ihn an dieStaatsanwaltschaft oder direkt an die Polizei bzw. dasLandeskriminalamt. Von der Polizei (ggf. von der Spe-zialdienststelle) aus wird der Beschluss dann (per Fax) andie Netzbetreiber weitergeleitet und die Daten werden di-rekt an die Polizei zurückgeschickt. Das Verfahren wurdemehrfach als „Geschäftsgang mit kurzen Wegen“ be-schrieben. Es komme durchaus vor, dass die Polizei denBeschluss selbst beim Gericht abholt. Gerade in Eilfällengehe die Polizei persönlich mit der Akte zur Staatsanwalt-schaft und dann weiter zum Gericht. Die Daten werdenvon den Providern per Diskette, CD oder Fax geliefert.Teilweise wurde angegeben, dass die Provider ausdrück-lich darum gebeten werden, die Daten in elektronischerForm zu übersenden. Denn wenn die Daten in Papierformgeschickt werden, müssen sie erst aufwändig in eineExcel-Tabelle eingegeben werden. Der Vorteil der zentra-len Stelle, die die Maßnahmen umsetzt, wird darin gese-hen, dass die Provider einen zentralen Ansprechpartnerhaben. Zudem erfolgt auch die operative Auswertungdurch diese Abteilungen.

(2) Besprechungen

Nach Angabe der Befragten erfolgen vor Anregung der§§ 100g, 100h-Maßnahme in der Regel Besprechungenmit der Staatsanwaltschaft. Dabei werde die Notwendig-keit der Maßnahme dargelegt. Von der Anregung einerMaßnahme werde von vornherein abgesehen, wenn er-kennbar sei, dass der Staatsanwalt ihr ablehnend gegen-übersteht. Die Besprechung diene somit der Klärung, obder Staatsanwalt den Antrag mitträgt. Die Polizei lässtsich den Antrag also bereits vor der schriftlichen Anre-gung „absegnen“. Besprochen werde auch, wie das Ver-fahren weiter betrieben werden solle. Gerade bei komple-xen Fällen würden die Maßnahmen und das Vorliegen derrechtlichen Voraussetzungen auf diese Weise besprochen.Mitunter sei es auch vorgekommen, dass der Staatsanwaltdie Abfrage der Verkehrsdaten anrege. Drei der Befragtengaben an, dass die Besprechung mit der Staatsanwalt-schaft nicht die Regel sei, aber im Einzelfall bzw. inGrenzfällen vorkomme. Dies hinge jeweils von der Be-deutung des Verfahrens ab. Nur wenn die Erforderlichkeitoffenkundig sei, würde der Beschluss ohne Besprechungangeregt. Auch bei Eilfällen würde die Staatsanwaltschaftvorher informiert. Die meisten der Polizeibeamten gabenan, dass mit Richtern im Vorfeld der Beantragung keineAbsprachen getroffen werden. Nach ihrer Erfahrung gebees nur im Einzelfall Nachfragen vom Gericht. Als kon-kretes Beispiel wurde angeführt, dass Richter nachhaken,welche Anhaltpunkte dafür vorliegen, dass Telekommu-nikation eine Rolle gespielt hat. Dann werde mit gleich-gelagerten Fällen, also mit der Tatphänomenologie, argu-mentiert. Die Staatsanwaltschaft sei als Zwischeninstanzvorgegeben. Mitunter wurde auch darauf verwiesen, dassder Staatsanwalt die Richter häufig kenne und wisse, obdie Begründung ausreiche. Eine Person äußerte explizit,ihr sei kein einziger Fall bekannt, in dem jemals ein An-

trag von Gerichtsseite abgelehnt worden wäre. Entwederstelle der Staatsanwalt den Antrag gar nicht erst, wenn erwisse, dass er nicht bewilligt werde, oder er stelle ihn inder Gewissheit, dass der Beschluss wie beantragt erlassenwerde.

(3) Datensicherung

Die Frage, ob bei den Telekommunikationsanbieternnachgefragt wird, ob die Daten noch gespeichert sind,wird von den meisten Polizeibeamten mit der Begrün-dung verneint, dass die Speicherfristen der Netzbetreiberbekannt seien. Vereinzelt wurde angegeben, dass Nach-fragen im Einzelfall erfolgen. Sie begründeten dies mitder unterschiedlichen Speicherdauer und den häufigenÄnderungen. Die Speicherfristen der großen Anbieterseien zwar bekannt, nicht jedoch die der kleineren Unter-nehmen. Einige Befragte gaben an, dass um Datensiche-rung nur ausnahmsweise, etwa bei Fristproblemen,gebeten werde. Andere dagegen meinten, dass sie um Da-tensicherung bitten. Die Daten würden dann zunächstbeim Anbieter eingefroren, darauf hin der Beschluss er-wirkt und daraufhin die Daten herausgegeben. Ein Be-fragter stand der Datensicherung sehr skeptisch gegen-über. Denn wenn die Beschlüsse dann doch nicht erlassenwerden, bleiben die Anbieter „auf den Kosten sitzen“.Deswegen weigerten sich die Anbieter mitunter, Datenauf Verlangen einzufrieren. Hierzu passt auch die Erfah-rung eines anderen Befragten, der berichtete, dass die Da-ten von den Anbietern erst nach Vorlage eines Beschlus-ses eingefroren würden. Der Verdacht verfestige sich erstim Laufe der Zeit. Ein Einfrieren der Daten bis zur Ver-dachtserhärtung gegen den Beschuldigten sei daher sinn-voll. Denn erst dann könne ein Beschluss erwirkt werden.Es sei wünschenswert, dass eine gesetzliche Regelung ge-schaffen werde, die festlege, dass die Daten bei schwer-wiegenden Delikten eingefroren werden können.

(4) Bereitschaft zum Einsatz der Maßnahmen

Die Bereitschaft zum Einsatz der Maßnahmen bei Polizei,Staatsanwaltschaft und Gericht wird von den befragtenPolizeibeamten unterschiedlich eingeschätzt. Die Hälfteder Befragten gab an, dass die Bereitschaft generell sehrgroß sei. Es sei eine Standardmaßnahme geworden, dieden Betroffenen nicht so stark belaste wie beispielsweiseeine DNA-Analyse oder eine erkennungsdienstliche Be-handlung. Einige andere verwiesen hingegen darauf, dassabgewogen werde, ob die Maßnahme tatsächlich durch-geführt werden soll, denn man müsse mit den Konse-quenzen leben. Gerade bei Funkzellenabfragen würdendie Datenmassen einen großen Arbeitsaufwand bedeuten.Die Staatsanwaltschaft käme den Anregungen zumindestbei Betäubungsmitteldelikten immer nach. Die Bereit-schaft der Strafverfolgungsbehörden sei von der Effizienzder Maßnahme abhängig, meint einer der anderen Befrag-ten. Man greife eher zu einem Instrumentarium, wennman damit bereits Erfolge erzielen konnte. Die Maß-nahme müsse sich in dem jeweiligen Fall anbieten. Manversuche, die rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen.Es sei eine Maßnahme, die sich als feste Möglichkeit eta-

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Drucksache 16/8434 – 106 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

bliert habe und zum festen Bestand gehöre. Sie würde im-mer in Betracht gezogen und geprüft, ob mit ihr in einemkonkreten Fall etwas erreicht werden könne.

b) Staatsanwälte

(1) Geschäftsablauf

Den Geschäftsablauf nach Anregung einer Maßnahmenach §§ 100g, 100h StPO schildern fast alle befragtenStaatsanwälte gleich. Die Polizei rege die Maßnahme an.Dann prüfe die Staatsanwaltschaft, ob die Voraussetzun-gen vorliegen, und beantrage die Maßnahme beim Ermitt-lungsrichter. Der Richter erlasse den Beschluss. Akte undBeschluss würden zurück an die Staatsanwaltschaft gehenund von dort an die Polizei. Die Polizei sei es dann in derRegel, die die Ausfertigungen an die Provider sende. EinBefragter meint, dass die Staatsanwaltschaft die Daten di-rekt bei den Telekommunikationsunternehmen anfor-dere. Im Eilfall komme die Polizei persönlich vorbei undrege die Maßnahme an. Ebenso würden im Eilfall dieAkte und der Beschluss direkt wieder beim Gericht vonder Polizei abgeholt bzw. der Beschluss der Polizei zuge-faxt oder der Beschluss gehe per Fax oder im Original andie Unternehmen.

(2) Besprechungen

Die meisten befragten Staatsanwälte berichten überein-stimmend, dass vor der Antragstellung meist Besprechun-gen mit der Polizei stattfinden. Die Polizei erkläre dieUmstände und es würde darüber gesprochen, ob die Vo-raussetzungen für die Maßnahme vorliegen. Einige Be-fragte meinen, dass die Abstimmung mit der Polizeizumindest bei größeren Sachen die Regel sei. Man über-lege dann gemeinsam, wie weiter vorgegangen werdensolle und welche Ermittlungsansätze sich anböten. In ei-nigen Dienststellen erfolgt die Rücksprache mit der Poli-zei nur in Einzelfällen bzw. Ausnahmefällen. Im Übrigenkomme es vor, dass die die Polizei in Eilfällen vorher an-rufe und eine Besprechung stattfände. Ein Staatsanwaltmeinte, dass die Initiative zur Maßnahme teilweise auchvon ihm ausgehe, wenn er sie für sinnvoll hält. VorherigeBesprechungen mit dem Gericht finden hingegen seltenerstatt oder sind gar die Ausnahme. Nur wenn dem Antragnicht gefolgt werden soll oder der Richter Nachfragenhabe, käme es zu einem Gespräch zwischen Polizei undGericht. Ein Staatsanwalt erläuterte, dass die Richteri. d. R. wissen würden, dass Anträge ausreichend geprüftwerden. Bei Schwierigkeiten oder Zweifeln rufe dieStaatsanwaltschaft den Richter vorher an, was aber sehrselten sei. Bei Eilfällen würden die Richter häufiger tele-fonisch vor Beantragung der Maßnahme informiert. Nachden Angaben von weiteren Befragten finden Besprechun-gen im Vorfeld der Beantragung der Maßnahme mit derPolizei oder dem Gericht in der Regel nicht statt. Esmüsste sich alles aus der Akte ergeben.

(3) Bereitschaft zum Einsatz der Maßnahmen

Die Bereitschaft zum Einsatz der Maßnahmen nach§§ 100g, 100h StPO wird von einem Befragten uneinge-

schränkt als hoch einschätzt. Ein Befragter erklärt, dieBereitschaft der Polizei sei gestiegen. Die Verkehrsdaten-abfrage habe sich gut etabliert. Ein anderer Befragter gibtan, dass die Verkehrsdatenabfrage gegenüber einer Tele-fonüberwachung eher angeordnet werde, weil die Anfor-derungen an den Beschlusserlass niedriger seien. Je nied-riger die Anforderungen an den Erlass, desto eher bedieneman sich der Methode. Weiter wurde ausgeführt, dass dieBereitschaft grundsätzlich vorhanden sei, es sich aber umeine arbeitsintensive Maßnahme handle. Deshalb werdeeher zurückhaltend davon Gebrauch gemacht. Die gerin-gere Eingriffsintensität erhöhe die Bereitschaft im Ver-gleich zu Maßnahmen nach §§ 100a, 100c, 163f I StPO.Die Bereitschaft zu § 100g StPO sei jedoch geringer alsbei der Durchsuchung. Einige der Befragten meinen, dieBereitschaft hänge vom Einzelfall ab. Wenn es eine an-dere effektive Möglichkeit gebe, werde man diese ergrei-fen. In Bezug auf die Bereitschaft gebe es keinen Unter-schied zu anderen Maßnahmen. Die Bereitschaft zurDurchführung der Maßnahme sei bei den Ermittlungsbe-hörden und dem Gericht vorhanden, wenn der Einsatz derMaßnahme erforderlich ist. Soweit keine anderen Ermitt-lungsansätze vorhanden seien, seien die Maßnahmen einprobates Mittel und würden in letzter Zeit zunehmendeingesetzt.

c) Richter

(1) Geschäftsablauf

Alle befragten Ermittlungsrichter schilderten den Ge-schäftsablauf gleichermaßen. Die Polizei rege die Maß-nahme an und die Staatsanwaltschaft stelle einen Antrag.Die Akte mit dem Antrag gehe von der Staatsanwalt-schaft an die Geschäftsstelle des Gerichts, wo der Maß-nahme ein Gs-Aktenzeichen zugeteilt werde. Die Staats-anwaltschaft gebe in dem Antrag vor, welche Maßnahmeund welchen zeitlichen Rahmen sie sich vorstelle. DerRichter prüfe dann, ob die Voraussetzungen vorliegenund treffe seine Entscheidung. Der Beschluss werde ent-weder über die Staatsanwaltschaft oder direkt an die Poli-zei geschickt; diese versende ihn dann an die Netzbetrei-ber. Auch die Auskunft gehe dann wieder an die Polizeioder die Staatsanwaltschaft. Von einem Befragten wurdeangegeben, dass dieser Vorgang bis zu 14 Tagen dauere.Anders verhalte es sich bei Eilbedürftigkeit. Die Polizeikomme dann mit der Akte und dem Antrag der Staats-anwaltschaft persönlich zum Gericht und nehme die Akteund den Beschluss nach der Prüfung wieder mit

(2) Besprechungen

Auch von Richterseite wird die Besprechungspraxis un-terschiedlich beschrieben. Nach Angabe einiger Richterfinden Besprechungen mit der Polizei oder der Staatsan-waltschaft vor Erlass des Beschlusses nach §§ 100g, 100hStPO nie statt. Einige andere bezeichneten solche als sel-ten und wiederum andere gaben an, dass dies teilweisevorkomme (z. B. bei Verlängerungsanträgen). Dass Poli-zei oder Staatsanwaltschaft vorab anfragen, ob ein Antragerfolgversprechend sei, wird eher als selten bezeichnet.Besprechungen gebe es eher, wenn es um die Nachbesse-

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 107 – Drucksache 16/8434

rung von Anträgen oder um Rückfragen zu Akten gehe.Dann würden sie sich an die Staatsanwaltschaft wendenund diese würde ggf. weitervermitteln zur Polizei. Siewürden dann um Überarbeitung des Antrags bitten bevorder Antrag abgelehnt werde. Ein Befragter führte aus,dass er auch dann telefonisch Rücksprache halte, wenn ereine andere Art der Maßnahme (als z. B. eine Funkzellen-abfrage) für angemessen halte. Auch bei Folgebeschlüs-sen würden kurze Besprechungen geführt, so dass dieAkte nicht erneut geschickt und keine langen Begründun-gen abgegeben werden müssten.

(3) Bereitschaft zum Einsatz der Maßnahmen

Auch auf Richterseite wird die Bereitschaft zum Einsatzder Maßnahmen bei Polizei, Staatsanwaltschaft und Ge-richt teilweise als hoch eingeschätzt. Es werde vermehrtund schnell davon Gebrauch gemacht. Es sei beispiels-weise einfacher, zunächst Verkehrsdaten abzufragen, alsdirekt eine Durchsuchung der Wohnung anzuordnen. Dassei auch eine Frage der Verhältnismäßigkeit. Der Vorganghabe sich eingespielt und sei zum Routinevorgang gewor-den. Teilweise wurde angegeben, dass die Polizei einesehr hohe Bereitschaft zur Anwendung der Maßnahmehabe. Ein Befragter meint, die Polizei sei „ganz begeis-tert“ davon und die Staatsanwaltschaft folge ihr dabei.Dazu wurde angemerkt, dass die Polizei allgemein sehrbestrebt zum Einsatz von Maßnahmen sei, dies aber nichtstärker bei der Verkehrsdatenabfrage sei als bei anderenMethoden. Die Filterfunktion der Staatsanwaltschaft ge-währleiste, dass viele Anträge bzw. Anregungen gar nichterst an das Gericht weitergegeben würden. Bei der Staats-anwaltschaft entstehe nicht der Eindruck, dass sie oft da-rauf zurückgreife. Sie bremse die Polizei teilweise. DieMaßnahme gehöre schon zu den häufigeren Ermittlungs-methoden, sei fast zum Standard geworden. Aber mankönne daraus keine Rückschlüsse auf die Bereitschaft zie-hen. „Wenn die Ermittlungsbehörden die Möglichkeit ha-ben, greifen sie auch danach“, sagt ein Richter, verweistaber zugleich darauf, dass die Polizei sich sonst aber auchvorwerfen lassen müsse, warum sie die Möglichkeit nichtgenutzt habe.

d) Verteidiger

Die Bereitschaft zum Einsatz der Maßnahmen bei Polizeiund Justiz wird von den meisten befragten Anwälten alshoch eingeschätzt. Die Hemmschwelle, die Maßnahmeanzuwenden, sinke. Von einem Befragten wird insbeson-dere die Bereitschaft der Polizei als sehr hoch einge-schätzt. Die Maßnahme sei auch deshalb sehr beliebt,weil es die Ermittlungsbehörden wenig koste und einfachumzusetzen sei. Es sei mittlerweile eine Standardmaß-nahme geworden.

e) Telekommunikationsunternehmen

(1) Aufforderung zur Datensicherung

Ob ihr Unternehmen vor Erlass des Beschlusses bzw. derEilanordnung zur längeren Speicherung der Daten durchdie Polizei aufgefordert werde, beantworteten die Unter-

nehmen unterschiedlich. Die Befragten aus drei Unter-nehmen gaben an, dass sie von Polizei und Staatsanwalt-schaft gelegentlich um dieses „Quick-freeze“-Verfahren(oder „Fast-freeze“) gebeten würden, sich aber nicht da-rauf einließen. Der Gesetzgeber habe sich bisher dagegenentschieden, die Daten länger zu speichern. Die Speiche-rung sei kundenabhängig. Jeder Kunde entscheide selbst,wie lange seine Daten gespeichert werden sollen. DieMitarbeiter von zwei anderen Unternehmen gaben an,dass dies häufig sei bzw. immer wieder versucht werde,vor allem durch die Polizei, aber teilweise auch von derStaatsanwaltschaft oder vom Gericht. Sie würden diesaber ablehnen, da es dafür keine Rechtsgrundlage gebe.Sie würden sich nach § 206 StGB strafbar machen, meinteiner der Befragten. Lediglich in einem der in die Befra-gung einbezogenen Unternehmen ist man in der Regelnicht mit dieser Problematik konfrontiert.

(2) Anfragen zur Speicherung

Alle Anbieter geben an, dass es vorgekommen sei, dassdie Polizei im Vorfeld einer Anordnung angefragt hätte,ob die Daten noch gespeichert sind. Auch Anfragen ande-rer Art kommen vor. Nur hinsichtlich der Häufigkeitvariieren die Antworten. Ein Befragter meint, dies sei re-gelmäßig der Fall (zwei- bis fünfmal täglich). Es würdenaber nur allgemeine Auskünfte über die Speicherdauergegeben, aber nicht darüber, ob eine Person telefonierthabe. Denn unter das nach § 88 TKG zu beachtende Fern-meldegeheimnis falle bereits die Information, ob jemandan Telekommunikation teilgenommen hat. Zwei andereBefragte kritisieren dies und erklären, dass sie in diesenFällen auf die rechtlichen Voraussetzungen verweisen.Andere Unternehmen hingegen erteilen die begehrte Aus-kunft, ob die Daten noch gespeichert sind oder nicht.Auch technische Anfragen seien recht häufig. Einer die-ser Befragten erläutert, dass für Fragen eine Hotline ein-gerichtet sei, für die es zwar keine rechtliche Verpflich-tung, aber offensichtlichen Bedarf gebe. Es würdeninformatorische Befragungen stattfinden. Es werde aberz. B. nicht darüber Auskunft erteilt, wenn nach bestimm-ten Rufnummern und ähnlichen in die Tiefe gehenden In-formationen gefragt werde. Dafür bedürfe es eines Be-schlusses.

4. Zusammenfassung der Ergebnisse

Sowohl aus den Ergebnissen der schriftlichen Befragungals auch aus der Aktenanalyse ergibt sich, dass die Initia-tive zur Beantragung einer Maßnahme nach §§ 100g,100h StPO größtenteils von der Polizei ausgeht.73 Prozent der schriftlich befragten Staatsanwälte schätz-ten, dass die Polizei in 80 bis zu 100 Prozent aller FälleInitiator für die Durchführung der Verkehrsdatenabfrageist. Bestätigt und sogar noch verstärkt wurde dieses Er-gebnis durch die Auswertung der Verfahrensakten. Da-nach initiierte die Polizei in 91 Prozent der Fälle dieBeantragung der Maßnahme, während die Staatsanwalt-schaft nur in 9 Prozent der Fälle eine solche Maßnahmevon sich aus anregte. Auch aus den Expertengesprächenfolgt, dass die Staatsanwälte nur ab und zu selbst die

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Drucksache 16/8434 – 108 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Durchführung einer solchen Maßnahme initiieren. Aller-dings ist zu berücksichtigen, dass im Vorfeld der Beantra-gung nach den Ergebnissen der Aktenanalyse und denExpertengesprächen teilweise Besprechungen vor allemzwischen Polizei und Staatsanwaltschaft stattfinden. Bei8 Prozent der Beschlüsse wurden solche Besprechungenausdrücklich in den Akten vermerkt, wobei zu vermutenist, dass dies in weiteren Fällen vorgekommen und nichtvermerkt worden ist. Auch aus den Expertengesprächenmit den Polizeibeamten und Staatsanwälten zeigt sich,dass in der Regel vor Anregung einer Maßnahme nach§§ 100g, 100h StPO besprochen wird, ob eine solcheMaßnahme beantragt werden soll oder nicht. Die Polizeilegt den Sachverhalt dar und gemeinsam wird beraten, obdie Verkehrsdatenabfrage die geeignete und notwendigeErmittlungsmaßnahme wäre. Besprechungen zwischenPolizeibeamten bzw. Staatsanwalt und Richter kommendagegen selten vor. Sowohl aus der Auswertung der Ver-fahrensakten als auch aus den Interviews geht hervor,dass es sich in solchen Fällen um Rückfragen des Rich-ters oder Korrekturen des Antrags handelt.

Der Ablauf von der Anregung der Maßnahme bis zur An-ordnung der Maßnahme, der in den Akten ersichtlich ist,wird durch die interviewten Experten bestätigt. Die Poli-zei regt die Maßnahme grundsätzlich bei der Staatsan-waltschaft an. Die Staatsanwaltschaft stellt beim Gerichteinen Antrag auf Durchführung einer Verkehrsdatenab-frage und der Ermittlungsrichter erlässt den Beschluss.Vom zeitlichen Ablauf her erfolgt – wie sich aus den Er-gebnissen der Aktenanalyse ergibt – dieser Vorgang zu-meist innerhalb von sechs Tagen (74 Prozent). Der Be-schluss wird meist über die Polizei zu den verpflichtetenNetzbetreibern geschickt und die Ergebnisse werden vondiesen auch direkt an die Polizei geliefert. Bei der Polizeierfolgt die Anforderung der Daten bei den Diensteanbie-tern und die Auswertung der Daten (abgesehen von Ba-den-Württemberg) meist in speziellen Dienststellen mitgeschultem Personal. Die Hälfte der Polizeibeamten be-stätigte die Aussage der Telekommunikationsanbieter,dass vor Beschlusserlass teilweise um Datensicherung ge-beten wird. Die Anbieter gaben zudem an, dass es teil-weise vorkomme, dass die Polizei bei ihnen nachfrage, obdie Daten überhaupt noch gespeichert sind. Die Einrich-tung einer Hotline zur Beratung über die technischenMöglichkeiten der Abfrage macht noch deutlicher, inwelchem Umfang die Telekommunikationsanbieter überdie Umsetzung der Beschlüsse hinaus in die Ermittlungs-tätigkeit involviert sind.

Die Bereitschaft zum Einsatz der Verkehrsdatenabfragewird von den befragten Experten unterschiedlich beur-teilt. Teilweise wurde angegeben, dass die Bereitschaftgenauso groß sei wie bei anderen Ermittlungsmaßnah-men. Teilweise wird die Bereitschaft zum Einsatz derVerkehrsdatenabfrage allgemein als groß angesehen, dasie sich als Standardmaßnahme etabliert habe. Zum Teilwird – gerade von Ermittlungsrichtern – die Bereitschaftbei der Polizei als höher eingeschätzt als bei Staats-anwaltschaft und Gericht. Auch die interviewten Verteidi-

ger titulierten die Verkehrsdatenabfrage als Standardmaß-nahme.

III. Anordnung der Verkehrsdatenabfrage und Begründungen

Im Folgenden wird dargestellt, in welchem Umfang Ge-richt und Staatsanwaltschaft Anordnungen erlassen undwelche Qualität Anregung, Antrag und Beschluss aufwei-sen.

1. Schriftliche Befragung

a) Anteile der richterlichen und staatsanwalt-schaftlichen Anordnungen

Auf die Frage, wie sie den Anteil an gerichtlichen Anord-nungen einschätzen, antworteten 686 (78 Prozent) derBefragten im Hinblick auf ihre eigene Erfahrung, 553(63 Prozent) in Bezug auf ihre Abteilung und 508(58 Prozent) auch in Bezug auf die gesamte Behörde. DieVerteilung der Antworten ist in Abbildung 37 dargestellt.Im Mittel wurde aufgrund der Eigenerfahrung geschätzt,dass 87 Prozent der Anordnungen durch einen Richter er-folgen. Dieser Prozentsatz reduziert sich geringfügig fürdie Schätzungen bzgl. der Abteilungen auf 86 Prozentund für die Behörde auf 83 Prozent.

Bei den Schätzungen sind keine signifikanten Unter-schiede im Rahmen der Dezernatszugehörigkeit derStaatsanwälte zu bemerken, was die Abteilung oder Be-hörde insgesamt betrifft. An der Grenze zu Signifikanzbewegen sich diesbezüglich lediglich die Schätzungenauf der Basis der eigenen Erfahrung.

Je nach Bundesland, in dem die befragten Staatsanwältearbeiten, gibt es bei den Schätzungen bzgl. des Anteilsder gerichtlichen Beschlüsse signifikante Unterschiede.Wie Abbildung 38 zeigt, treten Thüringen, Schleswig-Holstein und Hessen durch die geringe Häufigkeit derrichterlichen Anordnungen hervor.

Im Gegensatz zur allgemeinen Tendenz, dass die Häufig-keit der richterlichen Anordnung aus eigener Erfahrunghöher eingeschätzt wird als die für die Abteilung oder so-gar für die gesamte Behörde, sind bei Schleswig-Hol-stein, Sachsen-Anhalt und Hessen diesbezüglich andereReihenfolgen auffällig.

Von den 874 Befragten beantworteten 697 die Frage, obnach ihren Erfahrungen der Anteil der staatsanwaltschaft-lichen Anordnungen im Vergleich zum Vorjahr anstieg.Von diesen gaben 61 Prozent an, dass keine Veränderungzum Vorjahr festzustellen sei. 12 Prozent konstatierten ei-nen Anstieg, 6 Prozent einen Rückgang der Eilanordnun-gen.

588 der Befragten machten auch Angaben dazu, wieschnell eine Eilanordnung vom Richter bestätigt wird.57 Prozent gaben an, dass dies am nächsten Tag erfolgenwürde. 25 Prozent nannten den übernächsten Tag nachder Eilanordnung, 16 Prozent gaben den dritten Tag nachder Eilanordnung als Antwort an und 3 Prozent nanntenden Tag der Eilanordnung selbst.

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 109 – Drucksache 16/8434

A b b i l d u n g 37

Einschätzung der Anteile richterlicher Anordnungen

A b b i l d u n g 38

Geschätzte Anteile der richterlichen Anordnungen nach Bundesländern

0

10

20

30

40

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60

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

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Rheinland-Pfalz

Sachsen

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Thüringen

Total

Anteil der richterlichen Anordnungen (%)

Behörde

Abteilung

Eigenerfahrung

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Drucksache 16/8434 – 110 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

b) Richtervorbehalt

Ganz generell halten 62 Prozent der Befragten den Rich-tervorbehalt für (eher) sinnvoll. 28 Prozent halten denRichtervorbehalt eher nicht für sinnvoll und 10 Prozentschätzen ihn als sinnlos ein.

Dementsprechend waren 61 Prozent dafür, den Richter-vorbehalt unverändert beizubehalten (siehe Abbildung39). 38 Prozent sind der Ansicht, dass der Richtervorbe-halt eingeschränkt werden sollte. Demgegenüber fordertelediglich ein knappes Prozent die Erweiterung des Rich-tervorbehalts.

c) Ablehnung von Anträgen

Die Befragten gaben an, dass Anträge nie (30 Prozent)bzw. selten (58 Prozent) abgelehnt wurden. 11 Prozentsprachen davon, dass Anträge gelegentlich vom Richterabgelehnt werden. Wie diese Ablehnung nach Erfahrungder Befragten im Einzelnen begründet wird, ist in Abbil-dung 40 dargestellt. Als häufigster Ablehnungsgrundwird die Verneinung einer Straftat von erheblicher Bedeu-tung genannt. Fast genauso häufig werden nach den Er-

fahrungen der Befragten Anträge mit der Begründung ab-gelehnt, dass kein hinreichender Tatverdacht besteht.Deutlich seltener sind nach Angabe der Befragten Ableh-nungen der Maßnahmen aus dem Grund, dass ein milde-res Mittel in Betracht kommt oder die Maßnahme keinenErfolg verspricht. Als sonstige Begründungen wurden(örtliche) Unzuständigkeit oder ein ungenauer Antrag ge-nannt. Angegeben wurde auch, dass keine Anhaltspunktedafür vorlagen, ob tatsächlich Telekommunikationsein-richtungen genutzt wurden.

d) Bestätigung von Eilanordnungen

Staatsanwaltschaftliche Eilanordnungen werden nachEinschätzung der Befragten immer (60 Prozent) oderhäufig (38 Prozent) bestätigt. Nur 2 Prozent gaben an,dass eine Bestätigung gelegentlich, selten oder nie er-folge. Informelle Ablehnungen durch Vorgespräche mitdem Richter erfolgten nach Angabe der Befragten nie(47 Prozent) bis selten (42 Prozent). Nur 10 Prozent spra-chen hier von gelegentlichen Ablehnungen in dieserForm. 1 Prozent meinen, dass solche Ablehnungen häufigoder immer stattfinden.

A b b i l d u n g 39

Beibehaltung des Richtervorbehalts

0 10 20 30 40 50 60 70

Richtervorbehalt sollte

unverändert beibehalten

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Richtervorbehalt sollte

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Richtervorbehalt sollte

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Prozent der Befragten

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 111 – Drucksache 16/8434

A b b i l d u n g 40

Begründungen für die Ablehnung von Anträgen

0%

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häufig (+ immer)

gelegentlich

selten

nie

2. Aktenanalyse

Die ausgewerteten Verfahren wurden daraufhin überprüft,wer die Anordnungen in welchem Unfang erlassen hat.Auf der Grundlage des gewählten Aktenzugangs konntenAblehnungen insoweit nicht systematisch erfasst werden(siehe oben).

a) Anteile gerichtlicher und staatsanwalt-schaftlicher Anordnungen

Bei 90 Prozent der Anordnungen, in denen ersichtlichwar, ob eine Eilmaßnahme oder ein richterlicher Be-schluss erlassen wurde, wurden die Verkehrsdatenabfra-

gen durch den Richter angeordnet (siehe Abbildung 41).Bei 111 Anordnungen (10 Prozent) handelte es sich umEilanordnungen. Bei ca. 10 Prozent der Anordnungenwar nicht ersichtlich, ob es sich um Eilmaßnahmen oderrichterliche Anordnungen handelte. Dies betrifft Fälle,bei denen kein Beschluss bzw. kein Antrag der Staats-anwaltschaft in der Akte enthalten war, aber aus anderenUmständen (z. B. Antworten der Netzbetreiber, Ver-merke) ersichtlichtlich war, dass die Maßnahme angeord-net wurde435.

435 Einzelrecherchen konnten aus Zeitgründen nur in Einzelfällen durch-geführt werden.

A b b i l d u n g 41

Anteil richterlicher und staatsanwaltschaftlicher Anordnungen

10%

90%

richterliche Anordnung

Eilanordnung

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Drucksache 16/8434 – 112 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

b) Richterliche Bestätigung von Eilanordnungen

Wie Abbildung 42 zeigt, wurden die Eilanordnungen zu69 Prozent ausdrücklich bestätigt. In 31 Prozent der Eil-anordnungen (34 Fälle) fand keine aus den Akten ersicht-liche Bestätigung der Eilanordnungen statt. Bei zehndieser Eilanordnungen konnte den Akten explizit entnom-men werden, dass die Maßnahmen ohne richterliche Be-stätigung durchgeführt wurden. Weitere zehn dieser Eil-anordnungen wurden weder ausdrücklich bestätigt, nochexplizit abgelehnt, aber den Akten ließ sich entnehmen,dass die Maßnahmen (trotz fehlender Bestätigung) inner-halb der gesetzlichen Drei-Tages-Frist umgesetzt wurden.In den übrigen Fällen war weder eine Bestätigung, nochdie Durchführung der Maßnahmen ersichtlich. Zu be-rücksichtigen ist ferner, dass an mehreren Stellen ersicht-lich war, dass einige Anbieter ohne explizite Bestätigungkeine Daten herausgeben. In diesen Fällen wird – um Da-tenverlust zu vermeiden – wohl trotz inhaltlicher Beden-ken eine richterliche Bestätigung erfolgt sein. Wie vieleBestätigungen alleine deswegen erfolgten, weil sich diePolizei- und Justizbehörden darüber bewusst sind, dassdie Anbieter die Herausgabe der Daten sonst verweigernwürden, war aber nicht festzustellen.

Der Zeitraum, in dem die Bestätigungen erfolgten, liegtzwischen einem Tag und 21 Tagen. 38 Prozent der Eil-anordnungen wurden vom Richter innerhalb eines Tagesbestätigt. Weitere 14 Prozent wurden innerhalb der vorge-schriebenen drei Tage bestätigt. 17 Prozent der Eilanord-nungen wurden erst später bestätigt.

c) Ablehnung, Änderung und Ergänzung von Anträgen

Bei 87 Prozent der Anschlüsse wurde die Verkehrsdaten-abfrage wie beantragt vom Richter angeordnet. Eine aus-drückliche Ablehnung der Anträge durch den Richtererfolgte bei sechs von 1 909 Anschlüssen436. Diese Ableh-nungen betrafen fünf Beschlüsse. Grund für die Ablehnungwar das Fehlen der Voraussetzungen der §§ 100g, 100hStPO. In drei Fällen lag kein ausreichender Tatverdachtvor. Sonstige Gründe bezogen sich darauf, dass wedereine Straftat von erheblicher Bedeutung noch eine mittelsEndeinrichtung begangene Straftat vorliegt sowie allge-mein, dass die Voraussetzungen des § 100g I StPO nichtgegeben sind. Zudem wurden – wie bereits ausgeführt –zehn Eilanordnungen ausdrücklich nicht vom Gericht be-stätigt. Bei weiteren 14 Eilanordnungen konnte den Ak-ten keine explizite richterliche Bestätigung entnommenwerden. Bei 53 Anschlüssen nahm der Richter Änderun-gen und Ergänzungen gegenüber dem Antrag der Staats-anwaltschaft vor. Die Änderungen betrafen vor allem dieDauer der Maßnahmen. Häufig wurde der Abfragezeit-raum vom Richter erst festgelegt. Etwa zu gleichen Teilenfanden Erweiterungen und Reduzierungen der Abfrage-dauer durch den Richter statt. Sonstige Änderungen be-trafen u.a. die korrekte Nennung der Rechtsgrundlage(z. B. statt § 12 FAG wurden §§ 100g, 100h StPO ange-geben).

436 Aufgrund des Aktenzugangs über die Netzbetreiber konnten die Ab-lehnungen von Anträgen nicht systematisch erfasst werden.

A b b i l d u n g 42

Bestätigung der Eilanordnungen

69%

31%

bestätigt nicht bestätigt

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 113 – Drucksache 16/8434

d) Begründungen der Anregungen, Anträge und Beschlüsse

Nach § 34 StPO ist die Anordnung der Verkehrsdatenab-frage durch den Richter zu begründen. Der normale Ab-lauf bei der Anordnung der Verkehrsdatenabfrage gestal-tet sich – wie bereits geschildert – in der Art, dass diePolizei die Maßnahme bei der Staatsanwaltschaft anregt,die Staatsanwaltschaft einen Antrag beim Gericht stelltund das Gericht einen Beschluss erlässt. Bei Gefahr imVerzug ordnet die Staatsanwaltschaft die Maßnahmendurch eine Eilanordnung an, welche vom Richter bestä-tigt werden muss. Bei diesem Ablauf begründen sowohldie Polizei als auch die Staatsanwaltschaft ihre Anregungbzw. den Antrag, um die nachfolgende „Instanz“ von derNotwendigkeit der Durchführung zu überzeugen. DieAnforderungen an die Begründung des Richters sind imEinzelnen nicht konkret festgelegt. Das Bundesverfas-sungsgericht fordert zumindest eine richterliche Einzel-fallprüfung, die sich auf die Eingriffsvoraussetzungenund die Angemessenheit des Eingriffs im konkreten Ein-zelfall beziehen muss.437 Ferner soll die Anordnung auchdie dem Beschuldigten zur Last gelegte Straftat sowie den

Grund der Überwachung unter Angabe der Verdachts-und Beweislage, die die Maßnahme rechtfertigt, enthal-ten.438

Zur Einschätzung der Qualität der Begründungen vonPolizei, Staatsanwaltschaft und vor allem des Gerichtswurden verschiedene Kriterien zugrunde gelegt, an Handderer die Begründungen bewertet wurden. Dabei wurdenim Wesentlichen die Kriterien und Kategorien verwendet,die in der Telekommunikationsüberwachungsstudie ent-wickelt worden sind.439 Zu berücksichtigen ist in diesemZusammenhang, dass die schriftlich niedergelegte Be-gründung nicht unbedingt etwas über den Umfang derPrüfung aussagt. Es lässt sich anhand der Akten nur über-prüfen, wie z. B. der Richter die Anordnung schriftlichbegründet hat. Die Intensität der inhaltlichen Auseinan-dersetzung lässt sich freilich über die schriftlichen Äuße-rungen nicht beobachten. Die Kriterien, die für die Beur-teilung der Begründung herangezogen wurden, sind inTabelle 20 dargestellt.

Die Einordnung der Begründungen erfolgte durch den je-weiligen Bearbeiter der Akte und ist insofern subjektiv

437 BVerfG NStZ 2003, 441; Gusy, NStZ 2003, 403; Meyer-Goßner,§ 100h Rn. 3.

438 BGHSt 47, 362; Kinzig, StV 2004, 562.439 Albrecht/Dorsch/Krüpe, S. 220 ff.

Ta b e l l e 20

Kategorien und Kriterien für Begründungen

Kategorien Kriterien

Formelhaft Keine Angabe von Gründen:– „Es wird beantragt, … (die Daten abzufragen)“ oder– „Die Voraussetzungen des § 100g StPO liegen vor“

Vordruck Anregung/Antrag/Beschluss liegt in Form eines teilweise ausgefüllten Vordrucks vor.

Verweis auf Polizeibegrün-dung bzw. StA-Begründung

Antrag/Beschluss verweisen auf die Polizei-/StA-Begründung

Gesetzesformel Die Begründung enthält Passagen wie:– „Die Erforschung des Sachverhalts ist auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich

erschwert.“– „Die Anordnung richtet sich gegen eine Person, von der auf Grund bestimmter Tat-

sachen anzunehmen ist, dass sie für den Beschuldigten bestimmte oder von ihm herrührende Mitteilungen entgegennimmt oder weitergibt oder dass der Be-schuldigte ihren Anschluss benutzt.“

Substantiell – Auseinandersetzung mit anderen Ermittlungsmaßnahmen– Täterstrukturen werden dargelegt– umfassende Sachverhalts- und Tatverdachtsdarstellung

Verweis auf Erst-begründung

Wenn Anregung/Antrag/Beschluss auf vorherige Begründungen verweist (z. B. voraus-gegangener Beschluss, aber auch Haftbefehl o.ä.)

Telefonischer Antrag/Begründung unbekannt

Bei Hinweisen, dass Anregung/Antrag telefonisch erfolgten oder wenn die Begründung unbekannt ist

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Drucksache 16/8434 – 114 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

n o c h Tabelle 20

Kategorien Kriterien

StA_Beschluss_Entwurf Die Staatsanwaltschaft erstellt eine Verfügung mit dem Antrag, den beiliegenden Beschluss zu erlassen und schickt einen Beschlussentwurf mit, den der Richter nur noch unterschreiben muss. (staatsanwaltschaftliche Begründung)

Wie Antrag ausgeführt Wenn Antrag und Beschluss (nahezu) wortgleich sind oder der Richter den mitge-schickten Beschlussentwurf der Staatsanwaltschaft lediglich unterschreibt. (richterliche Begründung)

Kurze Darstellung des SV Wenn lediglich ein kurze Darstellung des Sachverhalts erfolgt und keine weitere Be-gründung abgegeben wird.

Sonstiges Verschiedene Begründungen: Nähere Ausführungen bei den jeweiligen Begründungen von Polizei, StA und Gericht.

geprägt. Bei der Beurteilung der Begründungen warenMehrfachnennungen möglich, so dass die Begründungz. B. einen Verweis auf die Begründung der Polizei ent-halten kann und zudem auch den Gesetzestext wiederge-ben kann (Kategorie „Gesetzesformel“).

Die Qualität der Begründung der Anregung der Maßnah-men durch die Polizei ist in Abbildung 43 dargestellt. Zuberücksichtigen ist hier, dass die Einordnung der Qualitätder Begründung in eine Kategorie bei den Polizeibegrün-dungen nicht von Beginn der Aktenauswertung an er-

folgte. Erst nachdem sich herausgestellt hatte, dass aufdie Begründungen der Polizei durch die Staatsanwalt-schaft oftmals Bezug genommen wird und dass ein Zu-sammenhang zwischen der Qualität der Begründungenbesteht, wurden die Polizeibegründungen wie die Be-gründungen der Staatsanwaltschaft und des Gerichts inKategorien eingeordnet. Daher erfolgte eine Kategorisie-rung für 932 von 1 257 Beschlüssen.

Die Begründung der Polizei wurde zum größten Teil vonden Bearbeitern als substantiell eingestuft (55 Prozent der

A b b i l d u n g 43

Begründungen der Polizei

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 115 – Drucksache 16/8434

Fälle). Zu 25 Prozent waren die Begründungen der Poli-zei nach Angabe der Bearbeiter der Akten lediglich for-melhaft und zu 15 Prozent wurde der Gesetzestext mitFormulierungen wie „die Erforschung des Sachverhaltsist sonst aussichtslos oder wesentlich erschwert“ wieder-gegeben. Sonstige Begründungen waren hier z. B. Ver-weise auf Beiakten.

Um die Einordnung etwas allgemeiner betrachten undsubstantielle und formelhafte Begründungen unmittelbargegenüberstellen zu können, wurden die Begründungen„formelhaft“, „Gesetzesformel“ und „Vordruck“ zu einerKategorie („formelhaft/kurz“) zusammengefasst und allesonstigen Kategorien in der Kategorie „sonstige“ zusam-mengefasst. Diese Zuordnung der Vordruck-Fälle erfolgtevor allem aus forschungstechnischen Gründen. Denn indiesen Fällen lässt sich nicht erkennen, ob überhaupt undgegebenenfalls in welcher Intensität eine substanzielle in-haltliche Auseinandersetzung mit der Antragsbegründungtatsächlich stattgefunden hat. Eine positive Festlegungdahingehend, dass sich die Richter nicht mit dem Fall be-schäftigt hätten, ist damit nicht verbunden. Ausgeschlos-sen werden kann dies freilich ebenso wenig. Was darüberhinaus die rechtliche Würdigung dieser Fälle anbetrifft,so ist zwar festzustellen, dass der Bundesgerichtshof– ungeachtet kritischer Stimmen in der Literatur440 – dieVerwendung von Vordrucken grundsätzlich für zulässigerachtet.441 Allerdings muss ein Beschluss in jedem Fallerkennen lassen, dass eine Abwägung stattgefundenhat.442 Dies ist bei der retrospektiven Aktenanalyse je-doch häufig nicht der Fall. Auch das Bundesverfassungs-

gericht steht dieser Praxis eher skeptisch gegenüber; esstellt explizit fest, dass ein bloßes Gegenzeichnungsver-fahren den verfassungrechtlichen Anforderungen an dierichterliche Überprüfungspflicht nicht entspräche.443 Aufder Grundlage einer solchen Kategorisierung ergibt sichdie in Abbildung 44 dargestellte Grundverteilung.

In der allgemeinen Betrachtung überwiegen eindeutig diesubstantiellen Begründungen der Polizei bei der Anre-gung (55 Prozent). Unterschiede entlang der Bundeslän-der sind aus Abbildung 45 und Abbildung 46 ersichtlich,wobei letztere wiederum die zusammengefasste Variantedarstellt.

Dabei fällt auf, dass vor allem in Baden-Württemberg diesubstantiellen Begründungen der Anregungen der Polizeiüberwiegen (69 Prozent). Dagegen sind die Begründun-gen der Polizei in Mecklenburg-Vorpommern häufigerformelhaft (41 Prozent) als substantiell (27 Prozent). Indiesem Bundesland sind auch die meisten telefonischenAnregungen zu verzeichnen. Die Wiedergabe der Geset-zesformel erfolgt am häufigsten in Berlin, wobei zu be-rücksichtigen ist, dass hier auch die substantiellen Be-gründungen eindeutig überwiegen.

Bei der allgemeinen Betrachtung (Abbildung 46) kom-men diese Unterschiede in den Begründungen der Polizeiin den verschiedenen Bundesländern noch deutlicher zurGeltung. In Baden-Württemberg und Nordrhein-West-falen überwiegen eindeutig die substantiellen Begründun-gen, während in Mecklenburg-Vorpommern eindeutig dieformelhaften Begründungen der Polizei häufiger sind. InBerlin überwiegen zwar die substantiellen Begründun-gen, aber auch der Anteil an formelhaften Begründungenist relativ groß.440 Kinzig, StV 2004, S. 566; Weßlau, StV 1996, S. 579.

441 BGH mit Anmerkung Weßlau, StV 1996, S. 579; BGH mit Anmer-kung Bernsmann, NStZ 1997, S. 250.

442 Vgl. dazu auch Albrecht/Dorsch/Krüpe, 2003, S. 217. 443 BVerfG, NJW 2003, S. 1787, 1982 = NStZ 2003, S. 441, 443.

A b b i l d u n g 44

Begründungen der Polizei (allgemeine Betrachtung)

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Substantiell Formelhaft/kurz Sonstiges

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Drucksache 16/8434 – 116 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

A b b i l d u n g 45

Begründungen der Polizei nach Bundesländern

A b b i l d u n g 46

Begründungen der Polizei nach Bundesländern (allgemeine Betrachtung)

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Formelhaft/kurz

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 117 – Drucksache 16/8434

Aus Abbildung 47 lässt sich die Qualität der Begründun-gen der Anträge auf Durchführung einer Maßnahme nach§§ 100g, 100h StPO durch die Staatsanwaltschaft entneh-men. Bei 55 Beschlüssen war kein Antrag der Staats-anwaltschaft in den Akten enthalten. Auch hier sindwiederum Mehrfachnennungen möglich gewesen. Eil-anordnungen wurden hierbei nicht berücksichtigt. Diesewerden im Folgenden noch separat betrachtet. Am häu-figsten ist bei der Beantragung die Übersendung einesBeschlussentwurfes an das Gericht durch die Staatsan-waltschaft, den der Ermittlungsrichter nur noch zu unter-schreiben braucht (36 Prozent). Ebenfalls sehr häufig– und dies ist oftmals mit der ersten Kategorie einherge-gangen – ist die substantielle Begründung der Anträge(34 Prozent). Nur geringfügig seltener wurde von denStaatsanwälten nur der Gesetzestext wiedergegeben(28 Prozent) und auch der Verweis auf die Polizeibegrün-dung (17 Prozent) sowie eine formelhafte Begründung(15 Prozent) waren noch relativ häufig. Sonstige Begrün-dung war hier z. B. dass es sich lediglich um einen Ände-rungsantrag ohne weitere Begründung handelte.

Bei der allgemeinen Betrachtung, welche in Abbildung48 dargestellt ist, überwiegen dementsprechend die sons-

tigen Begründungen der Staatsanwaltschaft, da von dieserKategorie die Übersendung eines Beschlussentwurfes so-wie der Verweis auf die Polizeibegründung erfasst sindund diese einen großen Teil der Begründungen darstellen.Ansonsten überwiegt aber die substantielle Begründung(34 Prozent) gegenüber der formelhaften Begründung(17 Prozent) des Antrags durch die Staatsanwälte.

Auch bei der Begründung des Antrags auf Durchführungeiner Maßnahme nach §§ 100g, 100h StPO zeigten sichUnterschiede entlang der Bundesländer (siehe Abbil-dung 49). Auffällig ist vor allem, dass die Übersendungeines vorgefertigten Beschlussentwurfes von der Staats-anwaltschaft an den Richter in Baden-Württemberg miteinem Anteil von 86 Prozent der Fälle fast schon den Re-gelfall darstellt. In den übrigen Bundesländern dagegenwar dies nicht die so deutlich häufigste Kategorie. In Ber-lin war die Zitierung der Gesetzesformel am häufigsten(48 Prozent). In Nordrhein-Westfalen überwog die sub-stantielle Begründung des Antrags durch die Staats-anwaltschaft (43 Prozent). In Mecklenburg-Vorpommernherrschten formelhafte Begründungen der Anträge vor(31 Prozent) und der Anteil an vorformulierten Beschluss-entwürfen war hier ebenfalls recht hoch (27 Prozent).

A b b i l d u n g 47

Begründung der Staatsanwaltschaft

0%

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Drucksache 16/8434 – 118 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

A b b i l d u n g 48

Begründungen der StA (allgemeine Betrachtung)

A b b i l d u n g 49

Begründungen der StA nach Bundesländern

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 119 – Drucksache 16/8434

Die allgemeine Betrachtung verdeutlicht diese Unter-schiede der Begründungen der Anträge durch die Staats-anwälte noch einmal (siehe Abbildung 50). In Baden-Württemberg und Mecklenburg-Vorpommern überwiegendurch die Zusendung der Beschlussentwürfe die sonsti-gen Begründungen. In Baden-Württemberg überwiegenaber ansonsten die substantiellen Begründungen, wäh-rend in Mecklenburg-Vorpommern die formelhaften Be-gründungen häufiger waren. In Nordrhein-Westfalen sindsonstige und substantielle Begründungen am häufigsten.In Berlin überwiegen durch die häufige Verwendung derGesetzesformel und durch häufige formelhafte Begrün-dungen die formelhaften, kurzen Begründungen.

Bei den Begründungen der Beschlüsse durch die Ermitt-lungsrichter nach §§ 100g, 100h StPO überwiegen – wieAbbildung 51 zeigt – diejenigen, die wie der Antrag derStaatsanwaltschaft ausgeführt sind444. Am häufigstenwurde demnach der Beschlussentwurf, den die Staatsan-waltschaft an das Gericht sandte, unterschrieben oder derAntrag der Staatsanwaltschaft fast wortgleich übernom-men (49 Prozent). Zu berücksichtigen ist hier, dass beibloßer Unterschrift des substantiell ausgeführten Be-schlussentwurfs der Staatsanwaltschaft die Begründungdes Richters nicht ebenfalls als substantiell eingestuftwurde, da es sich um die bloße Übernahme der Begrün-dung handelte. Dabei wird insbesondere auch die schonerwähnte Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtszugrunde gelegt, wonach sich die richterliche Überprü-fung eben nicht in einem reinen Gegenzeichungsverfah-ren erschöpfen dürfe.445

Zu 25 Prozent wurden eigene substantielle Begründungenfür den Beschlusserlass abgegeben und zu 24 Prozentwurde der Gesetzeswortlaut (z. B. „es ist davon auszuge-hen, dass der Anschlussinhaber Mitteilungen für den Be-schuldigten entgegennimmt“ oder „die Erforschung desSachverhalts ist ohne die Abfrage der Daten aussichtslosoder wesentlich erschwert“) zitiert. Ein Verweis auf diePolizeibegründung spielt fast keine Rolle. Unter „sonsti-ges“ wurden u. a. Begründungen eingeordnet, wenn essich lediglich um einen Änderungsbeschluss handelteoder ein Beschluss nicht beilag, aber an anderen Stellenin der Akte ersichtlich war, dass es einen Beschluss gege-ben haben muss. Darüber hinaus gab es 29 Fälle, in denenkein Beschluss in der Akte war.

In der allgemeinen Betrachtung (siehe Abbildung 52)überwiegen – aufgrund des häufigen Vorkommens dermit dem Antrag wortgleich übereinstimmenden Begrün-dungen – die sonstigen Begründungen. Ansonsten haltensich die substantiellen und die formelhaften Begründun-gen nahezu die Waage, wobei die substantiellen Begrün-dungen etwas häufiger sind.

Die Qualität der Begründungen der Beschlüsse unter-scheidet sich in den vier zu untersuchenden Bundeslän-dern (Abbildung 53). Entsprechend der häufigen Vorfor-mulierung der Beschlüsse durch die Staatsanwaltschaftüberwiegen bei den richterlichen Begründungen in Ba-den-Württemberg erwartungsgemäß diejenigen, die demAntrag der Staatsanwaltschaft vom Wortlaut her entspre-chen, bei weitem. Auch in den anderen Bundesländernkommen diese Beschlüsse häufig vor. In Berlin wird et-was häufiger der Gesetzeswortlaut wiederholt, was eben-falls dem Bild der Begründungen der Staatsanwaltschaftentspricht.

444 Hier sind wiederum Mehrfachnennungen möglich.445 Siehe dazu oben Fn. 443.

A b b i l d u n g 50

Begründungen der StA nach Bundesländern (allgemeine Betrachtung)

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Drucksache 16/8434 – 120 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

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Begründungen der Richter

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Begründungen der Richter (allgemeine Betrachtung)

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 121 – Drucksache 16/8434

A b b i l d u n g 53

Begründungen der Richter nach Bundesländern

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Ebenso häufig wie Beschlüsse, die dem Antrag derStaatsanwaltschaft entsprechen, sind in Nordrhein-West-falen substantiell begründete Beschlüsse. In Mecklen-burg-Vorpommern kommen formelhafte Begründungender Beschlüsse etwas häufiger vor als substantielle Aus-führungen, wobei auch relativ häufig lediglich der Geset-zeswortlaut zitiert wird.

Zusammengefasst stellen sich die Begründungen der Be-schlüsse durch die Ermittlungsrichter unterschieden nachBundesländern wie in Abbildung 54 gezeigt dar. In Ba-den-Württemberg überwiegen aufgrund der häufigen, denAnträgen der Staatsanwaltschaft entsprechenden Be-schlüsse die sonstigen Begründungen. Ansonsten sind dieBegründungen etwa zu gleichen Teilen substantiell undformelhaft begründet. In Berlin überwiegen neben densonstigen Begründungen der Beschlüsse eindeutig dieformelhaften Begründungen der Beschlüsse durch die Er-mittlungsrichter. Dies beruht vor allem auf der häufigenVerwendung der Gesetzesformeln.

In Nordrhein-Westfalen sind eindeutig substantielle Be-gründungen häufiger als formelhafte. Der große Anteil ansonstigen Begründungen beruht auf der Vielzahl der denAnträgen entsprechenden Beschlüsse. In Mecklenburg-Vorpommern sind die Begründungen häufiger formelhaftals substantiell.

Unterschiede bei den Begründungen von Staatsanwalt-schaft und Gericht zeigten sich dann, wenn substantielleBegründungen vorausgegangen waren. Wenn die Begrün-dung der Polizei substantiell war, war auch die Begrün-dung der Staatsanwaltschaft häufig substantiell. Ebenso

verhielt es sich zwischen den Begründungen der Staats-anwaltschaft und des Gerichts. Die Begründungen desGerichts waren häufiger substantiell, wenn zuvor die Be-gründungen der Staatsanwaltschaft substantiell waren.Diese Abhängigkeit der Qualität der Begründung von dervorausgehenden war jedoch nicht zwischen der Begrün-dung der Polizei und des Gerichts zu bemerken. Zwi-schen einer substantiellen Begründung der Polizei und ei-ner substantiellen Begründung des Gerichts bestand keinso starker Zusammenhang wie bei den beiden anderenKonstellationen.

Diese Unterschiede, wenn substantielle Begründungenvorausgegangen waren, waren entlang der Bundesländernicht immer signifikant. In Baden-Württemberg konntenkeine wesentlichen Unterschiede festgestellt werden,wenn eine substantielle Begründung vorausging. Wohlaber sind in Berlin und Nordrhein-Westfalen ähnlichesignifikante Zusammenhänge wie im Gesamten festzu-stellen. In Mecklenburg-Vorpommern bestand kein Zu-sammenhang zwischen der Begründung der Polizei undder Begründung der Staatsanwaltschaft, wohl aber zwi-schen der Begründung der Staatsanwaltschaft und der desGerichts und in leicht abgeschwächter Form auch zwi-schen der Begründung der Polizei und der des Gerichts.

In etwa einem Viertel der Fälle, in denen die Staats-anwaltschaft einen Beschlussentwurf an das Gerichtschickte, wurde dieser Entwurf von den Bearbeitern alssubstantiell bewertet. Jedoch wurde in keinem Fall dervon dem Gericht bloß unterschriebene Beschlussentwurfals substantiell angesehen, da der Richter in diesem Fall

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Drucksache 16/8434 – 122 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

A b b i l d u n g 54

Begründungen des Gerichts nach Bundesländern(allgemeine Betrachtung)

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keine eigene Begründung abgegeben hat. Ob – und gege-benenfalls in welcher Intensität – eine richterliche Aus-einandersetzung mit dem Fall tatsächlich stattgefundenhat, lässt sich diesen Beschlüssen jedenfalls nicht entneh-men. Anträge der Staatsanwaltschaft, die den Gesetzes-text wiedergaben, enthielten nach der Einschätzung derBearbeiter in etwa einem Viertel der Fälle auch eine sub-stantielle Begründung. Wenn ein Vordruck von derStaatsanwaltschaft verwendet wurde, wurde der Antragfast nie als substantiell bewertet.

e) Begründungen der Eilanordnungen und richterlichen Bestätigungen

Die Qualität der Begründungen der Staatsanwaltschaftbei von ihr erlassenen Eilanordnungen, ergibt sich ausAbbildung 55. Hier wurden dieselben Kategorien undKriterien zugrunde gelegt wie bei den Begründungen derAnträge durch die Staatsanwaltschaft.

Dabei fällt auf, dass bei Erlass einer Eilanordnung amhäufigsten Vordrucke verwendet wurden, formelhafte Be-gründungen abgegeben wurden und der Gesetzeswortlautzitiert wurde. Relativ häufig ist jedoch immer noch diesubstantielle Begründung.

Die zusammengefasste Form der Begründungen machtnoch einmal das eindeutige Überwiegen der formelhaftenBegründungen deutlich (siehe Abbildung 56).

Die formelhaften Begründungen (55 Prozent) sind mehrals doppelt so häufig wie die substantiell begründetenEilanordnungen (25 Prozent).

In den Bundesländern sind Unterschiede bei der Qualitätder Begründung der Eilanordnungen durch die Staats-anwaltschaft festzustellen (Abbildung 57). Aufgrund der

relativ geringen Anzahl an Eilanordnungen (111), be-schränken sich die Ausführungen auf eine allgemeine Be-trachtung der Begründungen.

Mecklenburg-Vorpommern fällt mit einem weit überwie-genden Vorkommen von formelhaft begründeten Eil-anordnungen auf. Dies beruht – neben sehr häufigen ein-deutig als formelhaft einzustufenden Begründungen –auch auf der häufigen Verwendung von Vordrucken, wel-che von der Gestaltung her gar nicht auf eine substantielleBegründung hin angelegt sind. Auch in Berlin überwie-gen die formelhaft begründeten Eilanordnungen die sub-stantiell begründeten bei Weitem. Dies ist wiederum aufdas häufige Zitieren des Gesetzeswortlauts zurückzufüh-ren. Das ist auch einer der Gründe für häufige formelhafteBegründungen in Nordrhein-Westfalen, wobei dort hinzu-kommt, dass häufig Vordrucke verwendet wurden. In Ba-den-Württemberg überwiegen dagegen die substantiellbegründeten Eilanordnungen. Auch die sonstigen Be-gründungen sind sehr häufig, was wiederum auf das Zu-senden von Beschlussentwürfen durch die Staatsanwalt-schaft zurückzuführen ist.

Die Qualität der Begründungen bei den richterlichen Be-stätigungen der Eilanordnungen ist in Abbildung 58 dar-gestellt. Am häufigsten sind sonstige Begründungen(27 Prozent, 24 Nennungen). Hierzu zählen Fälle, in de-nen die Eilanordnungen nur richterlich bestätigt wurdenohne jegliche Begründung (elf Nennungen). Des Weite-ren fallen unter diese Kategorie die Ablehnungen derrichterlichen Bestätigung sowie die Fälle, in denen ausder Akte nicht ersichtlich ist, ob die Eilanordnung bestä-tigt wurde. Ähnlich häufig sind daneben formelhafte Be-gründungen durch den Richter und die Wiedergabe desGesetzestextes.

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 123 – Drucksache 16/8434

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Begründungen der StA bei Eilanordnungen

A b b i l d u n g 56

Begründungen der StA bei Eilanordnungen (allgemeine Betrachtung)

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Drucksache 16/8434 – 124 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

A b b i l d u n g 57

Begründungen der Eilanordnungen durch die StA nach Bundesländern (allgemeine Betrachtung)

A b b i l d u n g 58

Begründungen der Richter bei Bestätigung von Eilanordnungen

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 125 – Drucksache 16/8434

Die allgemeine Darstellung der Begründungen von rich-terlichen Bestätigungen der Eilanordnungen zeigt nocheinmal das eindeutige Überwiegen der formelhaften ge-genüber den substantiellen Begründungen (Abbildung 59).

Auch hinsichtlich der Begründungen der richterlichenBestätigungen der Eilanordnungen gibt es Unter-

schiede entlang der Bundesländer (siehe Abbil-dung 60).

In Berlin gab es keinen einzigen substantiell begründetenBestätigungsbeschluss. In allen Bundesländern sind diesonstigen Begründungen (z. B. wie im Antrag ausgeführt,reine Bestätigung ohne Begründung usw.) sehr häufig.

A b b i l d u n g 59

Begründungen der Richter bei Bestätigung von Eilanordnungen (allgemeine Betrachtung)

A b b i l d u n g 60

Begründungen der richterlichen Bestätigungen nach Bundesländern (allgemeine Betrachtung)

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Drucksache 16/8434 – 126 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Abgesehen von Baden-Württemberg überwiegen danebenbei allen Bundesländern die formelhaften Begründungen.

f) Begründungen der Verlängerungen

In 53 Fällen wurden die Maßnahmen verlängert. Bei48 der Verlängerungsbeschlüsse konnte den Akten expli-zit eine Begründung des Richters entnommen werden.Welcher Qualität die Begründungen der Verlängerungenwaren, lässt sich Abbildung 61 entnehmen. In Bezug aufdie Qualität der Begründungen wurde hier auf die glei-chen Kategorien und Kriterien abgestellt wie bei der Be-gründung der Ausgangsbeschlüsse. Auch hier konnten ei-ner Begründung mehrere Kategorien zugeordnet werden.Mehrfachnennungen waren möglich.

44 Prozent der Verlängerungsbeschlüsse waren formel-haft begründet. Es wurde also lediglich angeordnet, dassder ursprüngliche Beschluss verlängert werden soll. Bei30 Prozent dieser Beschlüsse erfolgte eine substantielleBegründung, warum eine Verlängerung angeordnet wird.Ein Verweis auf die Erstbegründung fand in 21 Prozentder Verlängerungsbeschlüsse statt. Zu je 13 Prozentwurde ein Vordruck verwendet und auf die Polizeibegrün-dung verwiesen. Sonstige Begründungen wie eine ganzkurze Begründung oder die Verwendung des gleichen

Wortlauts wie beim ursprünglichen Beschluss, erfolgtenebenfalls in 13 Prozent dieser Beschlüsse. Gesetzesfor-meln wie „die Ermittlungen sind sonst aussichtslos oderwesentlich erschwert“ wurden in 8 Prozent der Verlänge-rungsbeschlüsse verwendet.

g) Begründungen differenziert nach Delikten

Die Qualität der Begründungen von Polizei, Staatsan-waltschaft und Gericht variiert je nach zugrundeliegen-dem Delikt.

Bei zugrundeliegenden Katalogdelikten (Abbildung 62)wurden von den Bearbeitern der Akten insgesamt sub-stantiellere Ausführungen der Polizei festgestellt als beiDelikten, die nicht unter den Katalog des § 100a Satz 1StPO fallen. Am substantiellsten begründet waren inner-halb der Katalogdelikte Anregungen der Verkehrsdaten-abfrage wegen gewerbsmäßiger Hehlerei bzw. Banden-hehlerei, wegen Verstößen gegen das Ausländerrecht,wegen Geld- und Wertpapierfälschungen, schweren Ban-dendiebstählen und Betäubungsmitteldelikten. Formel-hafte Begründungen bei zugrundeliegenden Katalogde-likten waren bei Straftaten gegen die persönliche Freiheitund Geldwäsche zu verzeichnen.

A b b i l d u n g 61

Begründung der Verlängerungsbeschlüsse

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 127 – Drucksache 16/8434

A b b i l d u n g 62

Begründungen der Polizei differenziert nach Katalogdelikten

A b b i l d u n g 63

Begründungen der Polizei differenziert nach sonstigen Delikten

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Drucksache 16/8434 – 128 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Bei den sonstigen Delikten waren Anregungen der Polizeizur Durchführung von Verkehrsdatenabfragen wegenschwerer Diebstahlsdelikte und Betrugsdelikte am substan-tiellsten begründet, lagen aber noch unter dem Durchschnittder Katalogdelikte. Die formelhaftesten Begründungenwurden bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestim-mung (mittels Endeinrichtung), Beleidigungen und wie-derum schweren Diebstählen festgestellt.

Eine ähnliche Verteilung von substantiellen und formel-haften Begründungen auf Katalog- und sonstige Delikteist auch bei den staatsanwaltschaftlichen Anträgen undEilanordnungen zu bemerken. Bei zugrundeliegendenKatalogdelikten überwiegen die substantiellen Begrün-dungen (Abbildung 64), vor allem bei Geldwäsche, ge-werbsmäßiger (Banden-) Hehlerei und Verstößen gegendas Ausländerrecht.

Bei den sonstigen Delikten dagegen sind die Begründun-gen der Staatsanwälte überwiegend formelhaft (27 Pro-zent, Abbildung 65). Nur bei Straftaten gegen diesexuelle Selbstbestimmung überwiegen die substantiellenBegründungen. Vor allem bei einfachen Diebstählen undBetrugsdelikten sind formelhafte Begründungen zu ver-zeichnen, wobei bei letzteren auch die substantiellen Be-gründungen 32 Prozent ausmachen.

Abbildung 66 zeigt die Qualität der Begründungen durchdie Richter für die Anordnungen der Verkehrsdaten-abfrage in Bezug auf die einzelnen Katalogdelikte.

Die Begründungsqualität bei den Katalogdelikten sinktvon der Polizei (substantiell: 60 Prozent), über die Staats-anwaltschaft (substantiell: 37 Prozent) zu den Richtern,bei denen nur noch 26 Prozent substantiell begründetsind.

Ausführliche Begründungen sind bei zugrundeliegendenVerstößen gegen das AuslG bzw. AufenthG festzustellen.Auch noch überdurchschnittlich gut begründet werdenTötungs-, Betäubungsmittel- und Geldwäschedelikte. BeiGeld- und Wertpapierfälschungen, Raub- und räuberi-scher Erpressung sowie Straftaten gegen die persönlicheFreiheit sind die Begründungen dagegen überwiegendformelhaft.

Bei den sonstigen Delikten überwiegen auch bei denRichtern wie schon bei den Staatsanwälten die formelhaf-ten Begründungen (Abbildung 67). Vor allem bei einfa-chen Diebstählen, Androhungen von Straftaten und Be-leidigungen wurden die Beschlüsse nach §§ 100g, 100hStPO formelhaft begründet. Überwiegend substantielleBegründungen gab es bei Straftaten gegen die persönlicheFreiheit und bei Betrug.

A b b i l d u n g 64

Begründungen der StA differenziert nach Katalogdelikten

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 129 – Drucksache 16/8434

A b b i l d u n g 65

Begründungen der StA differenziert nach sonstigen Delikten

A b b i l d u n g 66

Begründungen des Gerichts differenziert nach Katalogdelikten

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Drucksache 16/8434 – 130 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

A b b i l d u n g 67

Begründungen des Gerichts differenziert nach sonstigen Delikten

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3. Experteninterviews

Im Rahmen der Expertengespräche wurden Fragen zurBegründung der Anträge und Anordnungen sowie allge-mein zum Richtervorbehalt gestellt.

a) Polizeibeamte

(1) Zeitlicher Aufwand für die Prüfung der Voraussetzungen

Der zeitliche Aufwand für die Prüfung der rechtlichenVoraussetzungen der Verkehrsdatenabfrage wurde vonden meisten Befragten als gering bezeichnet. Es handlesich um eine Standardmaßnahme, die mittlerweile regel-mäßig eingesetzt werde. Es handle sich um einen reinenRoutinevorgang. Gerade im Bereich der Rauschgiftkrimi-nalität und der organisierten Kriminalität seien die Vo-raussetzungen, insbesondere die Erheblichkeit der Straf-taten meist gegeben. Der Zeitaufwand für eine Prüfungwurde mit zwei Minuten, fünf bis zehn Minuten, 15 Mi-nuten und einer Stunde angegeben. Einige der befragtenPolizeibeamten sind allerdings der Ansicht, dass der kon-krete Zeitaufwand von dem Fall bzw. dem Verfahren ab-hänge. Man müsse begründen, ob Telekommunikationeine Rolle gespielt habe. Die rechtlichen Voraussetzun-gen und die technischen Möglichkeiten müssten geprüftwerden. Beim Raub von Mobiltelefonen sei dies einfach,bei Einbruchsdiebstählen dagegen sei der Nachweis derTelekommunikation schwierig. Bei Computerkriminali-tät bestehe nur ein minimaler Zeitaufwand, da es in die-

sen Fällen regelmäßig keine andere Möglichkeit gebe,Verdächtige zu ermitteln. Da es sich um einen recht gerin-gen Eingriff handle, falle die Prüfung relativ knapp aus.Schwierig sei die Begründung nur dann, wenn mehrerePersonen verdächtig und die Beteiligungsstrukturen un-klar seien. Generell sei es einfacher, wenn bereits eineprozessuale Maßnahme stattgefunden habe und nun eineFolgemaßnahme angeordnet werden soll. Dann wurde jabereits der Sachverhalt und eine Begründung geschrie-ben.

(2) Beibehaltung des Richtervorbehalts

Fast alle der befragten Polizeibeamten befürworten dieBeibehaltung des Richtervorbehalts. Begründet wird diesdamit, dass es sinnvoll sei, dass eine unabhängige Kon-trollinstanz die Rechtsmäßigkeit überprüft. Aus verfas-sungsrechtlicher Sicht sei der Richtervorbehalt notwen-dig, da Artikel 10 GG ein sehr hohes Rechtsgut sei. Eshandle sich um sensible Daten und es seien auch vieleUnbeteiligte betroffen. Die Eingriffsintensität sei einiger-maßen hoch. Weiter wurde angegeben, dass man als Er-mittler selbst den „Tunnelblick“ habe. Der Richter habediesen nicht, weil er nicht in den Ermittlungen stecke. ImAllgemeinen haben die Befragten auch in der Praxiskeine Probleme mit dem Richtervorbehalt, wie z. B. langeZeitverzögerungen: „Wenn es schnell gehen muss, geht esauch schnell“. Bei Eilbedürftigkeit bestehe die Möglich-keit der Eilanordnung. Nur ein Befragter gibt an, dass derRichtervorbehalt in Einzelfällen störe. Man erreiche den

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 131 – Drucksache 16/8434

Richter oft nicht und müsse dann dokumentieren, wasman versucht hätte, um ihn zu erreichen, damit Gefahr imVerzug angenommen werden kann. Ein anderer Befragterist der Ansicht, dass es sich bei rückwirkenden Daten umeinen eher geringfügigen Grundrechtseingriff handle, fürden der Richtervorbehalt nicht notwendig sei. Ein wei-terer Befragter meint, dass bei §§ 100g, 100h StPO ineinigen Fällen die Anordnungsbefugnis der Staatsanwalt-schaft eine hinreichende Kontrolle sei. Einer der Befrag-ten, der den Richtervorbehalt für sinnvoll hält, gibtdagegen an, dass er die faktische Umsetzung als proble-matisch empfindet. Der Richtervorbehalt habe nicht mehrals eine „Alibifunktion“. Die Richter könnten aus zeitli-chen Gründen nicht die gesamte Akte lesen und prüfen.Einer der Befragten findet, der Richtervorbehalt sollte ab-geschafft werden. Er sei überwiegend wirkungslos. DerRichter verlasse sich auf die Informationen der Polizeiund es entstehe nicht der Eindruck, als würde er sich indie Ermittlungen hineinversetzen.

b) Staatsanwälte(1) Begründung des Antrags bzw.

des BeschlussesDie Staatsanwälte wurden darüber befragt, wer den Be-schluss tatsächlich begründet. Über die Hälfte der Befrag-ten (insbes. Staatsanwälte aus Nordrhein-Westfalen undBerlin) berichteten, dass der Beschluss grundsätzlich vomRichter begründet werde. Die Polizei schildere in einemVermerk den Sachverhalt und die erhoffte Wirkung derMaßnahme. Die Begründung des Antrags formuliere dieStaatsanwaltschaft oder sie verweise auf die Begründungder Polizei. Der Antrag sei dabei weitgehend so gestaltet,dass er dem Beschluss entspricht. Die sei eine Arbeits-erleichterung für den Richter. Diese Begründung werdedann teilweise vom Richter übernommen. Sie könne aberauch von der Begründung im Antrag abweichen. DerRichter überprüfe den Antrag und formuliere den Be-schluss dann selbst. Ein Befragter führt dazu aus, dass erdies aus rechtsstaatlichen Gründen für geboten halte.Sonst sei nicht zu erkennen, ob die Begründung auf ei-genständigen Überlegungen des Richters beruhe. Dage-gen schilderten Staatsanwälte aus Baden-Württemberg,dass die Staatsanwaltschaft den Beschluss begründe. DieBeschlüsse würden von der Staatsanwaltschaft vorberei-tet. Der Richter unterschreibe den Beschluss und über-nehme die vorformulierte Begründung regelmäßig. Juris-tisch gesehen sei diese Begründung aber dem Richterzuzuordnen, erklärt einer der Befragten. Teilweise formu-lieren aber auch Staatsanwälte in Nordrhein-Westfalenund Mecklenburg-Vorpommern den Beschluss und über-sendeten ihn mit dem Antrag an das Gericht, den beilie-genden Beschluss zu erlassen. Manche Richter würdendie Begründung dann so übernehmen, wenn sie es zutref-fend finden, andere formulierten die Gründe um. Der Be-schluss werde von der Staatsanwaltschaft ausführlich be-gründet. Das sei von der persönlichen Präferenz derRichter abhängig. Einer der Befragten gab an, sich da-durch selbst zu kontrollieren und dem Richter die Arbeitzu erleichtern. Ein anderer meint, je nachdem, ob einRichter aus dem Eildienst (wechselnde Richter) oder ein

Ermittlungsrichter die Maßnahme anordne, formuliere erdie Beschlüsse vor, da erstere meist wenig Erfahrung da-mit hätten.

(2) Zeitlicher Aufwand für die Prüfung der Voraussetzungen

Die Frage, wie viel Zeit für die Prüfung der AnregungStaatsanwälte investieren bzw. wie viel Zeit zur Verfü-gung steht, wurde unterschiedlich beantwortet. Die meis-ten Befragten gaben an, dass dies vom Einzelfall abhängeund nicht anders als bei anderen Maßnahmen sei. Eskomme auf den Umfang der Akten an und darauf, ob essich um einen einfachen oder komplexeren Fall handelt.Die Anträge würden selten isoliert gestellt, sondern gin-gen mit Durchsuchung oder Haftbefehlen einher. Es wur-den Zeiten von ein paar Minuten bis zu mehreren Stundenangegeben. Die meisten Befragten gaben bis zu einer hal-ben Stunde Zeitaufwand an.

(3) Zur Verfügung gestellte UnterlagenIn der Regel wird den Staatsanwälten zur Überprüfungdes Antrags die komplette Akte zur Verfügung gestellt.Ein Befragter führt dazu aus, dass er die Bearbeitungsonst ablehne. Der gesamte Akteninhalt spiele bei der Be-wertung eine Rolle. Nur bei Eilbedürftigkeit gebe es Aus-nahmen, wenn die Speicherfrist sonst ablaufe. Dann wür-den lediglich Auszüge per Fax geschickt. Zudem gebe esDoppelakten. Bei telefonischem Eildienst erfolge eine te-lefonische Sachverhaltsschilderung. Weiter wurde ange-geben, dass aber die gesamte Akte geschickt werde, wennes sich um größere oder länger andauernde Verfahrenhandle. Es seien trotzdem detaillierte Informationen derPolizei enthalten (Anzeigenaufnahme, Zeugenverneh-mungen). Bei längeren Verfahren kenne man den Sach-verhalt und lasse sich nur über den neuen Sachstand in-formieren. Auch der Richter, der immer derselbe in einemVerfahren sei, kenne die Akte und müsse sie nicht immerwieder bekommen, wenn eine weitere Ermittlungsmaß-nahme angeordnet werden soll. Er bekomme dann eben-falls nur die neuen Erkenntnisse mitgeteilt.

(4) Beibehaltung des RichtervorbehaltsDie meisten befragten Staatsanwälte sind der Meinung,dass der Richtervorbehalt beibehalten werden sollte. Erbedeute zwar einen erhöhten Arbeitsaufwand, der mit-unter zu Zeitproblemen führe. Es handle sich aber um ei-nen erheblichen Eingriff und sensible Daten. Darüberhinaus sei es nicht mit der Rechtssystematik zu vereinba-ren, wenn der Richtervorbehalt wegfiele. Es sei zu befür-worten, dass mehrere Personen an der Prüfung beteiligtsind. Ein Befragter führte aus, dass die Polizei vieleAnträge nach §§ 100g, 100h StPO stelle, bei denen dieVoraussetzungen nicht gegeben sind. Deshalb sei die dop-pelte Überprüfung sachgerecht. Von der Zeit her sei esauch kein unüberwindbares Hindernis. Wenn es schnellgehen müsse, sei eine Eilanordnung möglich. Einer dieserBefragten findet die gerichtliche Ablehnungsquote ehergering. Das könne daran liegen, dass die Staatsanwalt-schaft so gut prüft, dass alle Voraussetzungen klar vorlie-

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Drucksache 16/8434 – 132 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

gen oder daran, dass die Richter nicht genau genug prü-fen. Gerade bei Eilmaßnahmen würden viele Anträge„durchgewunken“. Die Ermittlungsrichter hätten wenigZeit, so dass nur eine eingeschränkte Kontrolle stattfinde.Allerdings könnte es sein, dass noch mehr Maßnahmendurchgeführt werden würden, wenn es den Richtervorbe-halt nicht gebe. Die richterliche Kontrolle sei ein Schutzvor Missbrauch. Der Richtervorbehalt solle beibehalten,aber die Möglichkeit der Datensicherung durch dieStaatsanwaltschaft eingeführt werden. Die Eilkompetenzder Staatsanwaltschaft sollte zudem gestärkt werden.Wenn der Richter mit einem Anruf nicht erreicht werdenkönne, sollte dies für eine Eilanordnung reichen.

Dagegen plädieren einige andere dafür, dass der Richter-vorbehalt entfallen solle. Das Bewusstsein der Staats-anwaltschaft, dass sie in Rechte anderer eingreifen, sieausreichend ausgeprägt und die Kontrolle gegenüber derPolizei effektiv. Bei weitem nicht alles, was die Polizeianrege, beantrage die Staatsanwaltschaft auch. Das, wasbeantragt werde, würde zu fast 100 Prozent bewilligt.Man könne das in die Richtung auslegen, dass die Richternicht ausreichend kontrollieren. Der Richtervorbehalt seiunnötig, da eine richterliche Prüfung letztendlich nichtstattfinde. Der Richter unterschreibe einfach. Daher seider Richtervorbehalt faktisch eine reine Formalie. DieStaatsanwaltschaft habe das gleiche rechtsstaatliche Ge-wissen wie der Richter. Ein Staatsanwalt ist sogar der An-sicht, dass die Prüfung durch die Polizei ausreichenwürde. Eine Prüfung durch Staatsanwaltschaft und Ge-richt erschwere nur die Ermittlungen.

c) Richter

(1) Begründung des Beschlusses

Der Beschluss wird nur nach Angabe eines Ermittlungs-richters aus Nordrhein-Westfalen ausschließlich vomRichter begründet. Die Staatsanwaltschaft fasse denSachverhalt im Antrag zusammen, aber die Gründeschreibe er selbst. Er bekomme keinen Entwurf des Be-schlusses, den er nur noch unterschreiben müsse. Richteraus Berlin und Baden-Württemberg gaben an, dass sieeine vorformulierte Beschlussvorlage von der Staatsan-waltschaft bekämen. Sie würden sich die Beschlussbe-gründung ansehen und unterschreiben, wenn sie sie fürrichtig hielten. Nach Angabe von Befragten aus Nord-rhein-Westfalen, Mecklenburg-Vorpommern und Berlingibt es keine einheitliche Praxis. Grundsätzlich würdensie zwar die Gründe selbst schreiben. Manchmal bekä-men sie aber auch eine Beschlussvorlage, die sie nur nochunterschreiben müssten oder zumindest eine von derStaatsanwaltschaft vorgegebene Begründung. Einer vondiesen Richtern formuliert die Gründe zu 50 Prozentselbst. zwei der befragten Richter gaben ausdrücklich an,dass sie sich am Antrag orientieren. Ein Richter sagte,dass es vorgekommen sei, dass Staatsanwälte Anträgestellen, in dem sie nur auf einem Formular den entspre-chenden Fall ankreuzen. Er habe dann auf die Begrün-dungspflicht hingewiesen. Die Strafprozessordnung ent-halte für Ermittlungsrichter ein Antragserfordernis, d. h.der Beschluss ergehe nur auf Antrag. Die Staatsanwalt-

schaft müsse den Antrag konkret formulieren und demGericht wenig Spielraum lassen. Das Gericht habe eineKontrollfunktion und dürfe keinen Ermessensspielraumhaben.

(2) Zeitlicher Aufwand für die Prüfung der Voraussetzungen

Drei der befragten Ermittlungsrichter, die (teilweise) ei-nen Beschlussentwurf bekommen, sind der Ansicht, dasses ihnen zeitlich möglich sei, die Gründe für den Be-schluss selbst zu schreiben. Zwei dieser Befragten gebendazu einschränkend an, dass dies möglich sei, wenn diepersonellen und sachlichen Mittel dafür vorhanden seien.Es sei zeitlich möglich, da man – wie die Staatsanwalt-schaft auch – vorformulierte Word-Dokumente verwen-den könne. Es wäre aber eine erhebliche Mehrbelastungund unökonomisch, immer wieder die Beschlüsse neu zuformulieren. Das System sei zwischen den Beteiligteneingespielt. Die Gründe würden entsprechend den Wün-schen des jeweiligen Richters formuliert. Der Zeitauf-wand für das Verfassen eines Beschlusses wird unter-schiedlich beschrieben. Teilweise wurde ausgeführt, dassdie Bearbeitung nur ein paar Minuten dauere, da meistkaum Erkenntnisse vorliegen. Teilweise wurde erläutert,dass es bei organisierte Kriminalität-Sachen auch meh-rere Tage dauern könne.

(3) Zur Verfügung gestellte UnterlagenZur Prüfung des Antrags werde ihnen grundsätzlich diegesamte Akte zur Verfügung gestellt, geben alle befragtenErmittlungsrichter an. Ein Richter meinte, er weigere sichsonst, den Beschluss zu erlassen. Ausnahmen gebe esdann, wenn gerade ein Beschluss erlassen wurde und sichwenig später die Rufnummer ändere. Dann erhalte mannur Auszüge. Ebenso sei es bei Folgeanträgen. Dazuwerde dann der neue Sachverhalt geschildert. Weiterwurde angegeben, dass man auch in Eilfällen ab und zunur Auszüge bekäme. Ein befragter Richter aus Nord-rhein-Westfalen ist der Ansicht, dass der Antrag allein nieausreiche. Dagegen meint ein Befragter aus Baden-Württemberg, dass in Eilfällen auch mal nur der Antragder Polizei und der Staatsanwaltschaft mitgeschicktwürde. Ein weiterer Befragter (Mecklenburg-Vorpom-mern) ist der Ansicht, dass bei Folgeanträgen auch einetelefonische Absprache und ein Vermerk ohne weitereBegründung ausreichen würden.

(4) Beibehaltung des RichtervorbehaltsAlle befragten Richter sind der Ansicht, dass der Richter-vorbehalt beibehalten werden sollte. Er sei wichtig undaufgrund der Vielzahl der Betroffenen geboten. ZurBegründung wird zudem auf die Erheblichkeit desGrundrechtseingriffs und die Heimlichkeit der Maß-nahme verwiesen. Die Prüfung der Verhältnismäßigkeitder Maßnahme müsse durch einen Richter erfolgen. DieKontrolle durch eine zweite Instanz (neben der Staatsan-waltschaft) sei sinnvoll. Polizei und Staatsanwaltschaftseien zwar in der Lage, aufgrund ihrer Ausbildung vielesselbständig durchzuführen. Die Funktion der Strafverfol-

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 133 – Drucksache 16/8434

gungsbehörden sei aber eine andere als die des Gerichts.Erstere würden zielorientiert arbeiten und wollten Tatenaufklären. Der Ermittlungsrichter setze Grenzen. Es findebereits vor Beantragung eine Zensur im Kopf der Polizeiund Staatsanwaltschaft statt. Sie würden nichts beantra-gen, von dem sie wissen, dass der Richter es ablehnenwürde. Schließlich sei auch nach außen hin wichtig, dasses ein Kontrollorgan gebe, das nicht in die Ermittlungenintegriert ist. Die Entscheidungsvorgänge würden da-durch transparenter und die Verfahrensverläufe in den Be-schlüssen besser dokumentiert. Ein befragter Richter warder Ansicht, dass bei den Richtern, die nur noch einenBeschlussentwurf unterschreiben müssen und ihre Prü-fungsverpflichtung darin sehen, eine Unterschrift zu leis-ten, der Richtervorbehalt nur noch eine Farce sei. Ande-rerseits seien viele Anträge einfach sehr gut begründet.Ein weiterer Richter meint einschränkend, dass der Rich-tervorbehalt nicht bei allen Arten der Verkehrsdatenab-frage erforderlich sei. Wenn es beispielsweise darumgehe, der IP-Adresse einen Namen zuzuordnen, halte erden Richtervorbehalt für unnötig. Das sei kein gravieren-der Eingriff. Dagegen sei der Richtervorbehalt etwa beider Erstellung eines Bewegungsbildes notwendig.

d) Verteidiger

(1) Begründung der Anordnungen

Ein ganz anderes Bild der Begründungspraxis zeigen hin-gegen die befragten Verteidiger auf. Alle von uns Befrag-ten halten die Beschlüsse nach §§ 100g, 100h StPO fürnicht ausreichend begründet. Es würden Katalogtaten he-rangezogen, um eine Anordnung zu rechtfertigen, die je-weiligen Merkmale in der Begründung dann aber nichtsubsumiert. Die Gerichte würden nach Angaben einesBefragten die exakte Begründung umgehen, da sie sichnicht richtig mit den Vorschriften auskennen.

(2) Beibehaltung des Richtervorbehalts

Alle befragten Rechtsanwälte sind der Meinung, dass derRichtervorbehalt beibehalten werden sollte. Wünschens-wert sei aber vor allem auch, dass er ausgebaut und präzi-siert werde. In der Praxis sei der Richtervorbehalt derzeitnicht besonders hilfreich. Die Befragten gaben teilweisean, dass die Polizei die Anregung schreibe, die Staats-anwaltschaft den Antrag und der Richter „nicke“ die Sa-che dann nur noch ab. Er unterschreibe einfach. Er habeauch gar keine Zeit, um alle notwendigen Punkte zu prü-fen. Die Studien zu §§ 100a, 100b StPO hätten die Defi-zite aufgezeigt und dasselbe gelte auch für §§ 100g, 100hStPO. Es finde eine Entwicklung in Richtung „BigBrother“ statt. Der Richtervorbehalt stelle nach Ansichteines Befragten aber immerhin eine psychologischeHemmschwelle für Polizei und Staatsanwaltschaft dar.Die Tatbestandsvoraussetzungen sollten jedoch strengersein. Die Novelle des BMJ habe den Richtervorbehaltnach Ansicht eines Befragten nicht so präzisiert, wie esnotwendig gewesen wäre. Die Begründungspflicht solltepräzisiert, der Katalog begrenzt und damit der präventiveGrundrechtsschutz gestärkt werden. Vorgeschlagenwurde z. B., eine Begründungspflicht für die Zustimmung

zu einem Beschluss einzuführen, jedoch darauf zu ver-zichten für die Ablehnung des Beschlusses.

e) Telekommunikationsunternehmen

Der Großteil der Anordnungen entfällt nach Angaben vonvier der befragten Unternehmen auf richterliche Be-schlüsse (zwischen 85 Prozent und 98 Prozent) und nichtauf staatsanwaltschaftliche Eilanordnungen. Ein Befrag-ter gibt an, dass er dabei regionale Unterschiede beobach-tet habe. Die Situation variiere auch je nach Rechtspre-chung zur Abfrage von Personendaten zu dynamischenIP-Adressen.

f) Datenschützer

(1) Begründung der Anordnungen

Auch bei den befragten Datenschützern herrscht der Ein-druck vor, dass die Vorraussetzungen der Anordnungeninhaltlich nicht sorgfältig genug geprüft würden. Sie be-richten von Fällen, in denen sich der Eindruck aufdränge,dass gar kein Tatverdacht vorliegt und die Polizei die An-ordnung anregt, um herauszufinden, ob die Straftaten, dieeine Anordnung begründen würden, überhaupt vorliegen.Mitunter sei auch unklar, welche Unterlagen dem Anord-nenden überhaupt zur Verfügung gestellt würden und wiesorgfältig die Voraussetzungen geprüft würden.

(2) Beibehaltung des Richtervorbehalts

Alle befragten Datenschützer sprechen sich nicht nur fürdie Beibehaltung des Richtervorbehalts, sondern auch fürdessen Verbesserung und Stärkung aus. Er sei im Hin-blick auf seine grundrechtsschützende Funktion von emi-nenter Bedeutung. Als Begründung wurde u. a. angeführt,dass gerade wegen der Heimlichkeit der Maßnahme eineunabhängige Kontrolle durchgeführt werden müsse.Richter würden den Grundrechten ein anderes Gewichtbeimessen als Ermittlungsbeamte, die unter Effektivitäts-gesichtspunkten handeln. Alle befragten Datenschutzbe-auftragten äußerten allerdings Zweifel an der tatsächli-chen Umsetzung des Richtervorbehalts bzw. daran, ob derRichtervorbehalt momentan wirklich seine Funktion er-fülle. Die Qualität der Prüfung durch den Richter sei oftnicht sehr hoch. Beschlüsse seien häufig genauso formu-liert wie der Antrag der Staatsanwaltschaft. Auch sei un-klar, ob die Ermittlungsakte überhaupt gelesen werdeoder ob der Richter nur die Begründung der Staatsanwalt-schaft sehe und sich damit zufrieden gebe. Das sei völligunzureichend. Der Richtervorbehalt müsse daher als Si-cherungsmaßnahme so gestärkt werden, dass er seineFunktion tatsächlich erfüllen kann.

4. Zusammenfassung der Ergebnisse

Sowohl durch die mündliche und schriftliche Befragungals auch durch die Aktenanalyse konnte festgestellt wer-den, dass der Großteil der Anordnungen von den Ermitt-lungsrichtern erlassen wird. Im Mittel wurde bei denschriftlich befragten Staatsanwälten geschätzt, dass dieAnordnungen zu 87 Prozent durch den Richter erfolgen.

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Drucksache 16/8434 – 134 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Die Auswertung der Akten ergab, dass 90 Prozent derVerkehrsdatenabfragen gerichtlich angeordnet wurden.Auch die interviewten Telekommunikationsanbieterschätzten die richterliche Anordnungsquote mit 90 Pro-zent sehr realistisch ein. Richterlich bestätigt werdenEilanordnungen nach Einschätzungen aus der schriftli-chen Befragung häufig bis immer (zusammen 98 Pro-zent). Aus der Auswertung der Akten ergab sich, dass69 Prozent der Eilanordnungen ausdrücklich bestätigtwurden, die Maßnahmen aber auch ohne richterliche Be-stätigung größtenteils durchgeführt wurden. Ablehnun-gen von Anträgen sind nach den Ergebnissen der schriftli-chen Befragung äußerst selten. Die schriftlich befragtenStaatsanwälte gaben zu 88 Prozent an, dass Anträgeselten bis nie abgelehnt werden. Aus den Akten selbst er-geben sich lediglich fünf Ablehnungen446. Auch nachEinschätzung der interviewten Staatsanwälte ist die Ab-lehnung der Anträge die absolute Ausnahme. Das könntedaran liegen, dass die Staatsanwaltschaft die unzulässigenAnregungen bereits sorgfältig prüft und selektiert oderdaran, dass der Richter die Anträge nicht ausreichendprüft. Letzteres nehmen die befragten Verteidiger undMitarbeiter der Datenschutzbeauftragten der Länder an.Teilweise wird die Einbeziehung des Richters – geradeauch von Polizei und Staatsanwaltschaft – als „reineFormsache“ bezeichnet. Der Richtervorbehalt habe hiereine Art „Alibifunktion“. Trotzdem befürworten diemeisten der mündlich und schriftlich Befragten die Bei-behaltung des Richtervorbehalts447. 61 Prozent derschriftlich befragten Staatsanwälte wollen den Richter-vorbehalt nicht abschaffen und so beibehalten, wie er der-zeit ausgestaltet ist. Auch die überwiegende Mehrheit derPolizeibeamten und interviewten Staatsanwälte sowie alleRichter, Verteidiger und Datenschützer geben an, dass derRichter seine Kontrollfunktion weiter ausüben solle. DiePrüfung durch ein außerhalb des Ermittlungsverfahrensstehendes Organ sei äußerst wichtig. Die befragten Straf-verteidiger und Datenschützer fordern allerdings, dass derRichtervorbehalt weiter ausgebaut werden müsse, da erseine Funktion derzeit nicht erfülle.

Die Ergebnisse der Aktenanalyse zur Begründung vonAnregung, Antrag und Beschluss haben gezeigt, dass dieQualität der Begründung von der Anregung durch die Po-lizei bis zum Erlass des Beschlusses abnimmt. Währenddie Polizeibegründungen in 55 Prozent der Fälle als sub-stantiell bewertet wurden, ist dies bei der Begründung derStaatsanwaltschaft nur noch zu 34 Prozent der Fall, unddie richterlichen Begründungen werden nur noch zu25 Prozent substantiell begründet. Dabei gibt es Unter-schiede entlang der Bundesländer. Baden-Württembergfällt durch substantiell begründete Anregungen der Poli-zei, aber auch dadurch auf, dass die Staatsanwaltschafthier dem Richter größtenteils Beschlussentwürfe zur Un-terschrift mitschickt. Dadurch ist der Anteil an richterli-chen Begründungen, die wortgleich wie der Antrag der

Staatsanwaltschaft ausgeführt sind, sehr groß. Berlinweist ebenfalls einen großen Anteil an substantiell be-gründeten Anregungen der Polizei auf, wobei jedochauch sehr häufig der Wortlaut des Gesetzes zitiert wird.Bei den Begründungen der Anträge durch die Staatsan-wälte überwiegen dann die formelhaften Begründungen,wobei das häufige Verwenden der Gesetzesformeln einerder Hauptgründe dafür ist, da dies besonders häufig vor-kam und die Wiedergabe des Gesetzestextes unter „for-melhaft“ eingeordnet wurde. Diese Zitierung der Geset-zesformulierungen überwiegt dann schließlich auch beiden gerichtlichen Begründungen in Berlin, wobei einGroßteil der Beschlüsse so formuliert ist wie der Antragder Staatsanwaltschaft. Da Mehrfachnennungen möglichwaren, wird das häufige Vorkommen der Gesetzesformu-lierungen meist darauf beruhen, dass die Anträge derStaatsanwälte wortwörtlich übernommen wurden und da-mit auch die Gesetzesformeln. Nordrhein-Westfalen fälltdurch insgesamt häufige substantielle Begründungen vonder Anregung bis zum Beschlusserlass auf. Allerdingssind bei den Polizeibegründungen auch häufige formel-hafte Begründungen zu bemerken und die staatsanwalt-schaftlichen Begründungen verweisen etwas häufiger alsin den anderen Bundesländern auf die Polizeibegründung.Bei den Beschlüssen ist der Anteil an substantiellen Be-gründungen und solchen, die wie der Antrag der Staats-anwaltschaft ausgeführt sind, gleich groß. In Mecklenburg-Vorpommern waren substantielle Polizeibegründungenfestzustellen, während bei den staatsanwaltschaftlichenBegründungen die formelhaften überwogen. Zudem wardie Zusendung von Beschlussentwürfen hier wiederumhäufiger. Die gerichtlichen Begründungen sind aufgrundder häufigen Verwendung von Gesetzesformeln überwie-gend formelhaft. Zudem ist ein großer Teil wie der An-trag der Staatsanwaltschaft ausformuliert. Bei den staats-anwaltschaftlichen Eilanordnungen nimmt die Qualitätder Begründungen erwartungsgemäß ab. Vordrucke, for-melhafte Begründungen und die Verwendung der Geset-zesformeln überwiegen hier länderübergreifend. Ebensogestaltet sich das Bild bei den richterlichen Bestätigun-gen. Keine Begründungen, formelhafte Ausführungenund die Zitierung des Gesetzeswortlauts herrschen hiervor. Dabei fallen vor allem Mecklenburg-Vorpommernund Berlin auf. Die Zusendung von Beschlussentwürfenwird – auch in bundeslandspezifischer Hinsicht – durchdie Expertengespräche bestätigt.

IV. Dauer der Maßnahmen

Im Folgenden wird die Dauer der Verkehrsdatenabfrageermittelt. Dabei soll überprüft werden, wie lange der Ab-fragezeitraum ist bzw. ob es Unterschiede zwischen bean-tragter und angeordneter Dauer gibt.

1. Schriftliche Befragung

a) Beantragte und angeordnete Dauer

Die mittels schriftlichen Fragebogens befragten Staats-anwälte sollten den Zeitraum, für den die Abfrage der Da-ten in der Regel beantragt wird, angeben.

446 Aufgrund des Aktenzugangs über die Netzbetreiber konnten die Ab-lehnungen von Anträgen nicht systematisch erfasst werden.

447 Dies deckt sich mit den Stellungnahmen des Schrifttums, vgl. hierzuBrüning, 2005, S. 111ff.

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 135 – Drucksache 16/8434

A b b i l d u n g 68

Durchschnittliche beantragte Dauer der Maßnahme

0

50

100

150

200

250

300

350

weniger als1 Monat

1 Monat 2 Monate 3 Monate bis 6Monate

länger

Dauer der Maßnahme

An

zah

l

vorhandene TK-Verbindungsdaten

zukünftige TK-Verbindungsdaten

Zielwahlsuche

Nach Einschätzung der Befragten werden die Maßnah-men nach §§ 100g, 100h StPO im Schwerpunkt für einenoder drei Monate beantragt (siehe Abbildung 68). EineDauer von zwei Monaten ist deutlich weniger verbreitet.Selten wird eine Dauer von weniger als einem Monatbzw. länger als drei Monaten beantragt. Dies deckt sichmit den aus den bislang vorliegenden empirischen Befun-den bekannten Verteilungen. Differenziert man nach An-wendungsbereichen der Maßnahme, so gibt es kaum Un-terschiede zwischen vorhandenen und zukünftigenVerkehrsdaten (durchschnittlich knapp über zwei Mo-nate), während die Zielwahlsuche durchschnittlich für ei-nen kürzeren Zeitraum beantragt wird (durchschnittlicheinen bis zwei Monate). Die Befragten gehen davon aus,dass die angeordnete fast immer der beantragten Dauerentspricht. Wenn es Abweichungen gebe, dann tendenzi-ell Änderungen zu kürzerer Dauer. 62 Prozent der Befrag-ten nehmen an, dass die angeordnete und die tatsächlicheDauer der Verkehrsdatenabfrage häufig übereinstimmen.19 Prozent der Befragten meinen, dass Anordnungsdauerund tatsächliche Dauer immer übereinstimmen.

b) Verlängerungen

Im Jahr 2005 wurden nach Einschätzung der Befragten in40 Prozent der Fälle Verlängerungen selten bis gelegent-lich beantragt. 60 Prozent gaben an, dass keine Verlänge-rung beantragt wurde. Abgelehnt wurden diese Verlänge-rungen nie (69 Prozent), selten (26 Prozent) odergelegentlich (5 Prozent).

2. Aktenanalysea) Dauer der MaßnahmenIn 88 Prozent der Beschlüsse betrug die Antragsdauer biszu drei Monaten. Bei den übrigen 12 Prozent handelt essich fast ausschließlich um sowohl in die Zukunft als auchin die Vergangenheit gerichtete Verkehrsdatenabfragen.Lediglich in fünf Fällen konnte festgestellt werden, dasseine Verkehrsdatenabfrage von zukünftigen Daten bean-tragt wurde, die die zulässige Höchstdauer von drei Mona-ten (§ 100h I Satz 3 i. V. m. § 100b II Satz 4 StPO) über-schritt. Diese Abfragen waren auf 100 Tage ausgerichtet.Den 12 Prozent der Beschlüsse, mit denen über einen län-geren Zeitraum als 90 Tage Daten abgefragt wurden, lagenvor allem Betäubungsmitteldelikte (42 Prozent), Schleu-sungen (30 Prozent) und (schwere) Bandendiebstähle(22 Prozent) zugrunde. Schwerpunktmäßig wurden beidiesen Betäubungsmitteldelikten und Schleusungen Ab-fragen in die Vergangenheit und in die Zukunft von insge-samt sechs Monaten beantragt, während sich die Abfragenbei den Bandendiebstählen sowohl häufig auf 100 Tage alsauch häufig auf sechs Monate richteten. Bei Betäubungs-mitteldelikten und Schleusungen handelt es sich um De-likte, bei denen nicht nur einmalig eine Tat begangen wird,sondern es die Regel ist, dass über einen längeren Zeit-raum Geschäfte abgewickelt werden. Bandendiebstähleerstrecken sich schon per Definition über einen längerenZeitraum. Demnach sind die Abfragezeiträume bei diesenDelikten erwartungsgemäß länger als bei anderen Delikten(siehe Abbildung 69, die alle Beschlüsse beinhaltet).

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Drucksache 16/8434 – 136 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

A b b i l d u n g 69

Dauer der Maßnahmen laut Antrag differenziert nach Delikten 0

.02

.04

.06

Rela

tive H

äufig

keit

0 100 200 300Dauer laut Antrag [Tage]

BtMSchleusungBandendiebstahlAndere Delikte

b) Differenzierung nach der Art der Verkehrsdatenabfrage

Der Abfragezeitraum variiert je nach Art der Verkehrsda-tenabfrage. Es gab Abfragen für den Zeitraum von einpaar Sekunden, aber auch von mehreren Monaten. Bei derAbfrage von vorhandenen Daten liegt die Dauer zu einemViertel unter einem Tag. Ein weiterer Schwerpunkt ist beidrei Monaten zu bemerken (ein weiteres Viertel). Bei derAbfrage von zukünftigen Daten liegt der Schwerpunktdes Abfragezeitraums bei drei Monaten (42 Prozent). DieZielwahlsuche erfolgt schwerpunktmäßig ebenfalls für ei-nen Zeitraum von drei Monaten (30 Prozent) oder vonunter einem Tag (25 Prozent). Sie wird also häufig nur fürein paar Stunden beantragt und angeordnet. Die bean-tragte Dauer wurde bei 32 Anschlüssen vom Richter ver-ändert. In sechs Fällen wurde der Abfragezeitraum ver-kürzt, während er in neun Fällen verlängert wurde. In17 Fällen wurde der Zeitraum konkretisiert. So wurdez. B. die beantragte „Abfrage zukünftiger Daten“ auf dreiMonate befristet oder die „retrograden Verkehrsdaten“auf 80 Tage festgelegt.

c) Deliktsspezifische Unterschiede in den Abfragezeiträumen

Wie sich der Abfragezeitraum je nach dem, welches De-likt dem Verfahren zugrunde liegt, verändert, lässt sich

Abbildung 70 entnehmen. Diese Abbildung zeigt auf ei-ner Skala von null bis eins das Ermittlungsverfahren. AlsBeginn des Ermittlungsverfahrens wurde dabei die Ein-leitung des Ermittlungsverfahrens durch die Polizei oder– wenn dies aus den Akten nicht ersichtlich war – derZeitpunkt der ersten Einschaltung der Staatsanwaltschaftgewählt. Als Ende des Ermittlungsverfahrens wurde ausforschungspraktischen Gründen (insoweit abweichendvon § 169a StPO) der Zeitpunkt des polizeilichen Ab-schlussberichts oder – wenn dieser Zeitpunkt den Aktennicht zu entnehmen war – der Zeitpunkt der Anklage oderEinstellung des Verfahrens gewählt. Da es sich bei derfolgenden Abbildung um den Zeitraum handelt, für dendie Verkehrsdaten abfragt werden, kann der Beginn derAbfrage bei in die Vergangenheit gerichteten Abfragenvor Beginn des Ermittlungsverfahrens liegen. Bei demStrich, der innerhalb der Boxen abgebildet ist, handelt essich um den Median. Die sonstigen Punkte sind Ausreißerund Extremwerte. Die Striche außerhalb der Boxen mar-kieren den Zeitraum, über den sich die Maßnahmen er-strecken. Die Kategorie „Raub“ erfasst dabei auch (räu-berische) Erpressungen.

Dabei fällt auf, dass bei Tötungsdelikten und Betäu-bungsmitteldelikten eine Abfrage der Daten aus der Ver-gangenheit häufiger als bei anderen Delikten erfolgt, wo-bei das Ende der Abfrage fast immer in der Zukunft liegt.Für Betäubungsmitteldelikte ist anzumerken, dass Beginn

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 137 – Drucksache 16/8434

A b b i l d u n g 70

Abfragezeitraum differenziert nach Delikten

-.5 0 .5 1 1.5 2relative Zeiten im Ermittlungsverf. (0 = Beginn; 1 = Ende des Erm.)

pers Freih

Betrug

Diebstahl

BtM

Raub

TötDel

sonst

Beginn Abfrage Ende Abfrage

und Ende der Abfragen am weitesten auseinander liegen.Das Ende der Abfrage geht teilweise über das polizeilicheErmittlungsende hinaus. Dabei ist jedoch zu berücksichti-gen, dass es sich um den angegebenen Abfragezeitraumhandelt, die Abfrage der Daten bei Vorliegen ausreichen-den Beweismaterials aber abgebrochen worden sein kann.Bei den übrigen Delikten liegt der Beginn der Abfragemeist vor Beginn des Ermittlungsverfahrens und ist damitauch in die Vergangenheit gerichtet, jedoch ist dies nichtso ausgeprägt wie bei Betäubungsmittel- und Tötungs-delikten. Das Ende liegt hier meist innerhalb der erstenHälfte des Ermittlungsverfahrens.

d) VerlängerungenBei 53 Beschlüssen wurden Verlängerungen des Abfrage-zeitraums beantragt. Alle Verlängerungsanträge wurdenbewilligt. Die Verlängerungsdauer variierte zwischen ei-nem und vier Monaten, wobei am häufigsten eine Verlän-gerung um drei Monate beantragt wurde (34 Beschlüsse).Am zweithäufigsten war eine beantragte Verlängerungs-dauer von zwei Monaten (acht Beschlüsse). Bei fünf Be-schlüssen wurde beantragt, den Beschluss um einen Mo-nat zu verlängern. Auch hier sind keine Unterschiedezwischen Antrag und Beschluss festzustellen. Die bean-tragte Dauer wurde bei allen Beschlüssen bewilligt. DieEntscheidung über die Bewilligung der Verlängerung

wurde von den Richtern größtenteils sofort getroffen(25 Beschlüsse). Bei sieben Beschlüssen dauerte die Ent-scheidung einen Tag. Bei den übrigen Verlängerungsbe-schlüssen dauerte es von zwei bis zu sieben Tagen bis zurEntscheidung.

3. Zusammenfassung der ErgebnisseDie beantragte Dauer der Maßnahmen entspricht weitge-hend der angeordneten Dauer. Dies zeigen sowohl die Er-gebnisse der Aktenanalyse als auch die der schriftlichenBefragung. Übereinstimmend wird durch beide Modulefestgestellt, dass die Abfragedauer schwerpunktmäßig beidrei Monaten liegt. Darüber hinaus ist ein weitererSchwerpunkt bei den Abfragen innerhalb eines Tages zubemerken. Das ergibt sich aus der Aktenanalyse und inabgeschwächter Form auch aus der schriftlichen Befra-gung. Zwar gaben die Befragten hier meist einen Monatals Abfragezeitraum an. Allerdings war die Kategorie„weniger als ein Monat“ im Fragebogen nicht vorgege-ben. Es ist zu vermuten, dass die vorgegeben Kategorie„ein Monat“ auch häufig dann von den Befragten gewähltwurde, wenn sich die Abfrage innerhalb eines Monats be-wegte. Je nach Art der Abfrage gibt es Unterschiede beiden Abfragezeiträumen. So erfolgt die Abfrage vorhande-ner Daten meistens für einen Zeitraum innerhalb einesTages oder für die Dauer von drei Monaten. Bei in die

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Drucksache 16/8434 – 138 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Zukunft gerichteten Abfragen werden meistens drei Mo-nate gewählt. Die Zielwahlsuche erfolgt schwerpunktmä-ßig innerhalb eines Tages oder für drei Monate. Nur bei32 von 1909 Anschlüssen, die im Rahmen der Akten-analyse untersucht wurden, wurden Veränderungen hin-sichtlich der Dauer der Abfrage durch den Richter vorge-nommen, wobei in den meisten Fällen die Dauer derMaßnahme reduziert bzw. konkretisiert wurde (z. B. stattwie im Antrag auf „vorhandene Verkehrsdaten“ gerichtet,wurde die Abfrage begrenzt auf 80 Tage in die Vergan-genheit gerichtet). Den geringen Unterschieden zwischenbeantragter und angeordneter Dauer in den Akten ent-spricht auch die Einschätzung der befragten Staats-anwälte, welche größtenteils davon ausgehen, dass dieangeordnete fast immer der beantragten Dauer entspricht.Aus der Auswertung der Akten ergibt sich zudem, dassder Abfragezeitraum je nach zugrunde liegendem Ermitt-lungsdelikt variiert. So ist vor allem bei Raub- und Tö-tungsdelikten der Abfragezeitraum öfter in die Vergan-genheit gerichtet als bei anderen Delikten. Das wird beiTötungsdelikten wohl daran liegen, dass zunächst festge-stellt werden muss, mit wem der Getötete in Kontaktstand. Bei Raubüberfällen kann (mittels Funkzellenab-frage) überprüft werden, wer im Bereich des Tatorts vor,während und nach der Tatzeit mit anderen telefonisch inKontakt stand. Bei Betäubungsmitteldelikten liegen Be-ginn und Ende der Abfrage am weitesten auseinander.Hier werden über einen längeren Zeitraum Täterstruktu-ren und Geschäftskreise untersucht. Verlängerungen wur-den in den ausgewerteten Verfahren nur bei 53 von1 257 Beschlüssen beantragt. Beantragte Verlängerungenwurden – nach den Ergebnissen der Aktenanalyse – im-mer bewilligt. Auch die schriftlich befragten Staats-anwälte schätzten, dass die Verlängerungen zu 70 Prozentwie beantragt erlassen werden.

V. Verhältnismäßigkeit und Subsidiarität

Die Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes unddie Berücksichtigung der Subsidiarität in den Fällen derFunkzellenabfrage und der Zielwahlsuche wurdenschwerpunktmäßig in den Expertengesprächen, aber auchin der schriftlichen Befragung analysiert.

1. Schriftliche Befragung

Im Rahmen der schriftlichen Befragung wurden dieStaatsanwälte danach gefragt, ob der Verhältnismäßig-keitsgrundsatz ihrer Meinung nach beachtet werde. DieMehrheit der Befragten (65 Prozent) gab an, dass nie eineVerkehrsdatenabfrage angeordnet werde, wenn es einemildere gleich geeignete Ermittlungsmaßnahme gebe.29 Prozent waren der Ansicht, dass dies selten vorkommeund weitere 6 Prozent sprachen davon, dass die Abfrageder Verkehrsdaten in diesen Fällen gelegentlich trotzdemangeordnet werde. Diejenigen, die mit Nie antwortetenund eine Begründung abgaben, führten dazu aus, dass dieVerkehrsdatenabfrage oft der einzige Ermittlungsansatzsei (27 Prozent dieser Befragten). Zudem wurde ange-führt, dass die Maßnahme aufgrund des hohen Aufwandsnur beantragt würde, wenn sie auch wirklich notwendigsei (14 Prozent). Nach Ansicht von 12 Prozent sei die

Maßnahme nach §§ 100g, 100h StPO ohnehin nur mit ei-nem geringfügigen Eingriff verbunden. Eine mildereMaßnahme in diesem Bereich sei kaum denkbar. 12 Pro-zent meinen, dass eine Abwägung und Alternativenprü-fung immer erfolge. Zu 18 Prozent gaben die Befragtenan, dass Ihnen kein Fall bekannt sei, in dem eine mildereMaßnahme verfügbar war und trotzdem §§ 100g, 100hStPO angeordnet wurde. 8 Prozent sind der Ansicht, dieMaßnahme werde nur beantragt, wenn sie erforderlichsei. Ein weiterer Teil der Befragten nannte als Begrün-dung, dass die Anwendung der Maßnahme andernfallsrechtswidrig gewesen wäre. Schließlich wurde noch aufKostengründe hingewiesen.

Diejenigen, die die Häufigkeit als „selten“ einschätztenund dies begründeten, gaben als Begründung an, dasshäufig kein anderer Ermittlungsansatz gegeben sei(24 Prozent dieser Befragten). Andere führten aus, dasses vorkommen könne, dass die Verkehrsdatenabfrage ineinem solchen Fall angeordnet werde, weil die mildereMaßnahme erst nachträglich erkennbar sei (19 Prozent).16 Prozent sind der Ansicht, dass eine Abwägung und ge-naue Prüfung erfolge. 14 Prozent meinten, dass es ausVersehen passieren könne, dass die Verkehrsdatenabfragedurchgeführt werde, obwohl eine mildere Maßnahmevorhanden sei. 11 Prozent gaben an, dass passiere nur,wenn Datenverlust drohe. Weiter wurde angeführt, dassder Grundsatz der Verhältnismäßigkeit berücksichtigtwerden müsse, eine mildere Maßnahme viel aufwendigerund weniger erfolgversprechend sei. Einige andere Be-fragte sind schließlich davon überzeugt, dass der Auf-wand der Verkehrsdatenabfrage nur betrieben werde,wenn es auch wirklich erforderlich sei. Die Befragten, diemeinten, dass es gelegentlich vorkomme, dass die Ver-kehrsdatenabfrage angeordnet würde, obwohl eine mil-dere Maßnahme in Betracht gekommen wäre, führten zurBegründung aus, dass der Zeitdruck dazu führe, den An-trag möglichst schnell zu stellen. Ein intensiver Ermitt-lungsaufwand hätte wohl zum gleichen Ergebnis geführt,wird weiter angegeben. Weitere Begründung war, dassman erst hinterher wisse, welche Maßnahme erfolgver-sprechender sei.

2. AktenanalyseIm Rahmen der Aktenanalyse konnte die Einhaltung derSubsidiaritätsklauseln und der Verhältnismäßigkeit nichtdirekt überprüft werden. Insoweit musste eine Operatio-nalisierung erfolgen. Die Operationalisierung erfolgtedurch das Aufgreifen von Ermittlungsalternativen in derBegründung und durch die zeitliche Platzierung der Ab-frage im Ermittlungsverfahren. Beides, Begründungenvon Anregung, Antrag und Beschluss und die zeitlicheAnordnung der Verkehrsdatenabfrage, kann als Indikatorfür die Berücksichtigung von Subsidiarität und Verhält-nismäßigkeit in der Prüfung verwendet werden.

Nur in seltenen Fällen war in den Begründungen vonPolizei, Staatsanwaltschaft und Gericht eine detaillierteAuseinandersetzung mit anderen möglichen Ermittlungs-methoden erkennbar; umso seltener waren Ausführungen,warum diese nicht ergriffen werden. Ansonsten deutet diehäufige Verwendung der Gesetzesformeln, vor allem desWortlauts des § 100g II StPO, auf eine eher oberflächliche

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 139 – Drucksache 16/8434

Auseinandersetzung mit den Subsidiaritätsklauseln hin(Polizei: 15 Prozent, StA: 28 Prozent, Gericht: 24 Prozent).Die häufige Zitierung des Satzes „Die Erforschung desSachverhalts wäre auf andere Weise aussichtslos oder we-sentlich erschwert“ ohne weitere Ausführungen, warumkeine anderen Möglichkeiten alternativ in Betracht kom-men, lässt vermuten, dass es sich um eine reine Formaliehandelt. Die Klausel wird offenbar aufgenommen, umden Anforderungen des Gesetzeswortlauts formal gerechtzu werden. Letztendlich kann daraus aber nicht eine in-haltliche Auseinandersetzung mit der Subsidiarität abge-leitet werden. Einschränkend ist zu beachten, dass hierwiederum nur die verschriftlichte Auseinandersetzungmit anderen Ermittlungsmöglichkeiten betrachtet werdenkann. Über die im Einzelfall tatsächlich angestrengten Er-wägungen kann keine Aussage getroffen werden.

Schließlich lässt sich die Berücksichtigung der Verhält-nismäßigkeit auch anhand des Einsatzes der Verkehrs-datenabfrage im zeitlichen Ablauf der Ermittlungen ab-schätzen. Die Verkehrsdatenabfrage ist zumeist eine derersten Maßnahmen, die zu Beginn des Ermittlungsverfah-rens eingesetzt werden und häufig Grund für die ersteEinschaltung der Staatsanwaltschaft. Insoweit gibt esParallelen zum Einsatz der Telekommunikationsüberwa-chung nach § 100a StPO. Im Übrigen deuten die Einsätzebei Tötungsdelikten und bei Betäubungsmitteldeliktendarauf hin, dass es sich hier eben nicht um das „letzte“Mittel, sondern, umgekehrt, um das „erste“ Mittel han-delt. Denn tatsächlich dürfte es bei den Ermittlungen ge-rade bei Tötungsdelikten zunächst darum gehen, abzuklä-ren, mit welchen Personen das Opfer zuletzt intelefonischem Kontakt stand. Um beurteilen zu können,ob es mildere Maßnahmen gegeben hätte, wäre freilicheine Einzelfallanalyse erforderlich. Insofern lassen sichaus dem Zeitpunkt des Einsatzes der Maßnahme Hin-weise, aber keine Nachweise hinsichtlich der Beachtungdes Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes erbringen. Jedochdeuten die Ergebnisse insgesamt darauf hin, dass geradedie Veränderungen im Kommunikationsverhalten wohldazu führen, dass sich – deliktsspezifisch – die Ansätzeund Ansatzmöglichkeiten in den Ermittlungen so anpas-sen, dass eben nicht mehr von einer Konkurrenz der Er-mittlungsmaßnahmen ausgegangen werden kann. Dennandere gleichermaßen effiziente Möglichkeiten, dasKommunikationsverhalten von Menschen und damit ihreKontaktpersonen für die Vergangenheit zu ermitteln, gibtes schlicht nicht.

3. ExperteninterviewsZum Thema der Subsidiarität wurden die Befragten umStellungnahme zu kritischen Anmerkungen mehrerer Te-lekommunikationsunternehmen gebeten. Deshalb sollendie Ergebnisse der Befragung der Diensteanbieter an die-ser Stelle vorangestellt werden.

a) Telekommunikationsunternehmen(1) VerhältnismäßigkeitDie Mitarbeiter der Hälfte der befragten Unternehmensind der Meinung, dass die Maßnahmen teilweise nichtverhältnismäßig seien. So seien die Anlassdelikte oft nur

Bagatellfälle (z. B. Fundunterschlagung oder Diebstahlvon Endgeräten). Weiterhin würden „Ermittlungen insBlaue hinein“ erfolgen. Abfragen im Zusammenhang mitEinbruchsdiebstählen seien alleine mit der Begründunggestartet worden, dass „erfahrungsgemäß bei diesenStraftaten telefoniert wird“. Aufgrund solcher pauschalenHinweise würden dann alle großen Anbieter zur Funkzel-lenabfrage verpflichtet. Ganze Bahnhöfe würden über ei-nen längeren Zeitraum abgefragt. Wenn die Behörden dieKosten selbst tragen müssten, würden deutlich wenigerAnfragen gestellt werden, meinte einer der Befragten. DieAnordnung der Maßnahme nach §§ 100g, 100h StPO seifrüher eher ultima ratio gewesen, jetzt sei es der erste An-satz, wird weiter ausgeführt. Innerhalb der Maßnahme seidie Anordnung oft nicht begrenzt genug, d. h. das Daten-volumen sei zu groß. Es würden so viele Daten wie mög-lich abgefragt. Dies sei jedoch ein erheblicher Aufwandfür die Anbieter und vor allem auch für die Polizei. DieseDatenmengen könnten nicht effektiv bearbeitet werden,so ein Befragter, zum Beispiel bei der Datenabfrage zubestimmten Bahnstrecken. Es sei daher wünschenswert,wenn der Beschluss bzw. die Anfrage sich auf wenigerDaten beschränken würde und konkreter gefasst wäre.Das Verhältnis zwischen Grundrechtseingriff und ver-folgter Straftat stimme nicht, wird weiter erläutert. DieZweck-Mittel-Relation zwischen dem Fernmeldegeheim-nis der Kunden und der Berufsfreiheit der Telekommuni-kationsanbieter und dem Strafverfolgungsinteresse seiunstimmig. Artikel 10 GG habe seinen Stellenwert einge-büßt. Gerade die Möglichkeit der Anordnung bei mittelsEndeinrichtung begangener Straftat eröffne Tür und Tor.Einfache Beleidigungen sollten aber nicht ausreichen. Beider Zielwahlsuche würden Millionen Menschen betrof-fen. Alle Kunden würden einmal am Tag daraufhin geras-tert, wen sie angerufen haben. Sehr viele Personen (Poli-zei, Staatsanwälte, Richter, Telekommunikationsanbieter)seien mit den Anordnungen beschäftigt und das teilweisewegen Schadenhöhen von unter 10 Euro. Die Masse derFälle betreffe nach den Erfahrungen der Telekommunika-tionsunternehmen Bagatellbeträge und -delikte, nicht dieSchwerstkriminalität. Einige der Befragten möchtenkeine Stellungnahme abgeben, weil ihnen die Hinter-gründe fehlen würden. Außerdem seien sie zur Auskunftverpflichtet. In bestimmten Fällen hätten sie Zweifel beider Verhältnismäßigkeit, so beispielsweise bei Autodieb-stählen und Diebstählen von Mobiltelefonen. Vor allembei Handydiebstählen sei die Verhältnismäßigkeit proble-matisch, da der jetzige Nutzer aller Voraussicht nachnicht derjenige sei, der das Mobiltelefon gestohlen habe.Aber es sei nicht ihre Aufgabe, dies zu beurteilen.

(2) Häufigkeit der Anfragen

Ob die Maßnahmen ihrer Meinung nach zu häufig ange-ordnet werden, beantworteten die befragten Mitarbeiterder Telekommunikationsunternehmen unterschiedlich.Ein Befragter gibt an, dass sie dies nicht beurteilen könn-ten. Sie hätten kein Prüfungsrecht und würden die Hinter-gründe nicht kennen. Mit Blick auf die Massenhaftigkeitder Anfragen könne man aber davon ausgehen, dass dieMaßnahmen zu häufig seien, meint ein anderer Befragter.Ein anderer Befragter gibt an, dass eine generelle Steige-rung der Anordnungen zu verzeichnen sei. Die Mitarbei-

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Drucksache 16/8434 – 140 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

ter von zwei Anbietern sind der Ansicht, dass dieMaßnahmen zu häufig eingesetzt würden. Die Verkehrs-datenabfrage sei eine Standardmaßnahme geworden, dieroutinemäßig eingesetzt werde. Es erfolge keine ausrei-chende Prüfung. Schon bei simplen Beleidigungen oderFundunterschlagungen gebe es Anordnungen nach§§ 100g, 100h StPO. Auch die IMEI-Abfragen wegen ge-stohlener Mobiltelefone beträfen einen erheblichen Teilder Anordnungen. Terrorismus und die Bekämpfung derKinderpornographie, die stets als Begründung für dieMaßnahmen herangezogen würden, seien in der Praxiseher selten. Stattdessen werde die Abfrage wegen Betäu-bungsmitteln im Bagatellbereich angeordnet.

b) Polizeibeamte

(1) Verhältnismäßigkeit

Den befragten Polizeibeamten wurden mit diesen Aussa-gen der Telekommunikationsanbieter konfrontiert, teilendie Bedenken aber in der Mehrzahl nicht. Es herrsche einangemessenes Verhältnis zwischen Tatvorwurf und Mit-tel. Die Verhältnismäßigkeit werde geprüft und schon da-durch, dass drei Stellen an dem Vorgang beteiligt sind(Polizei, StA und Gericht) gewahrt. Es komme immer aufden Einzelfall an – gerade in Bezug auf die Verhältnismä-ßigkeit. Bei Schwerstkriminalität (organisierte Kriminali-tät, Betäubungsmitteldelikte) sei die Verhältnismäßigkeitimmer gewahrt. Bei mittlerer oder einfacher Kriminalitätwürde der Aufwand, umfassendere Verkehrsdaten auszu-werten, nicht betrieben. Der Richtervorbehalt garantieredie Prüfung durch eine rechtlich unabhängige Instanz undRichter würden keine Gefälligkeitsbeschlüsse erlassen.Die Daten würden soviel Auswertungskapazität verlan-gen, dass allein aus verfahrensökonomischen Gründengenau überlegt werde, ob die Maßnahme beantragt wer-den solle. Die Polizei beantrage die Maßnahme nur, wennsie Erfolg versprechend sei. Oft sei es die letzte Möglich-keit, um den Täter zu ermitteln. Einer der Befragten auseiner Abteilung für Computerkriminalität gibt an, dassdie Polizei in ihrem Bereich ohne Verkehrsdaten gar nichtin der Lage sei, weitere Ermittlungen aufzunehmen. Prin-zipiell wird kritisiert, dass die Anbieter nicht in der Lageseien, diesen Aspekt zu würdigen, da sie die Aktenlagenicht kennen würden. Teilweise gaben die Befragten an,dass den Providern die Beschlüsse ohne Gründe zuge-stellt würden und dass sie deshalb die Verhältnismäßig-keit nicht beurteilen könnten. Einer der Befragten meinthingegen, die Einschätzung sei im Großen und Ganzenzutreffend. „Im Eifer des Gefechts käme es schon malvor, dass die eine oder andere Abfrage nicht sinnvollwar“, räumt er ein. Das erfolge aber nicht bewusst. Einweiterer Polizist gibt an, dass dies im Einzelfall möglichsei. Polizei und Staatsanwaltschaft hätten ein Strafverfol-gungsinteresse und richteten den Blick auf den Erfolg.Das Gericht könne gar nicht vollumfänglich prüfen.

(2) Berücksichtigung der Subsidiaritäts-grundsätze

Die Frage nach der hinreichenden Berücksichtigung derSubsidiaritätsgrundsätze bei der Funkzellenabfrage und

der Zielwahlsuche bejahten die meisten befragten Polizei-beamten. Die Maßnahmen seien sehr wohl ultima ratio.Begründet wurde dies mit der Flut von Massendaten, dieman vermeiden wolle. Der Aufwand für die Auswertungsei für die bearbeitende Dienststelle sehr hoch. Wenn esandere Möglichkeiten gebe, würden diese auch ergriffenwerden. Wenn es aber dringend notwendig sei, dannmüssten Ressourcen (Personal) geschaffen werden. AmAnfang der Ermittlungen seien andere Maßnahmen meistnoch aussichtslos oder wesentlich erschwert. Die Ver-kehrsdatenabfrage, insbesondere die Zielwahlsuche, seioft das einzige Mittel, z. B. bei Bedrohung. Außerdemstehe stets die Gefahr der Löschung im Raum. Man leitediese Maßnahmen deshalb oft bereits parallel zu anderenein. Ob sich jemand an einem bestimmten Ort aufgehal-ten und telefoniert habe, könne man eben nur mit diesemMittel überprüfen. Die Abfrage werde zwar als Standard-maßnahme eingesetzt. Gleichwohl werde aber geprüft, obdie Ergebnisse auch mit anderen Ermittlungsmaßnahmenerreicht werden könnten. Die Richter würden genau da-rauf achten, ob die Voraussetzungen der Maßnahmevorliegen. Sie würden insbesondere auch prüfen, ob über-haupt telefoniert worden sei. Die Prüfung der Subsidiari-tät sei notwendig, da eine hohe Anzahl Nichtbeschuldig-ter überprüft werde. Vier der Befragten gaben an, dassdiese Maßnahmen wegen häufiger Durchführung von Te-lekommunikationsüberwachungen bei ihnen relativ seltenvorkämen (drei Befragte aus Betäubungsmittel-Abteilun-gen und einer aus einem Telekommunikationsüberwa-chungskommissariat). Diese Überwachungsmaßnahmenwürden z. B. die Standortdaten mit sich bringen. Nur umneue Ermittlungsansätze zu bekommen, würden Funkzel-lenabfragen durchgeführt (Prüfung auf Überschneidungin verschiedenen Funkzellen). Teilweise schließen dieBefragten nicht aus, dass es andere Mittel gegeben hätte.In dem Stadium sei es aber noch nicht erkennbar gewe-sen, ob diese anderen Ermittlungsmaßnahmen erfolgreichgewesen wären. Mitunter wird zugegeben, dass die Er-mittler eine Maßnahme immer durchsetzen würden, wennsie es wollen. Sie müssten es nur entsprechend begrün-den. Die Subsidiaritätsgrundsätze würden wenig Wirkungentfalten.

(3) Gründe für die Zunahme der Anordnungen

Die Zunahme der Anordnungen nach §§ 100g, 100h StPOwurde von den Befragten in unterschiedlicher Weise er-klärt. Die Telekommunikation an sich habe zugenommenund habe sich verändert, gaben die meisten der Befragtenan. Jeder habe heutzutage mindestens ein Mobil- und einstationäres Telefon. Die Zunahme beruhe also auf derEntwicklung im Kommunikationsbereich. Der Trendgehe zu mehreren Mobiltelefonen (zwei bis drei). Die ak-tuelle Zahl von 82 Millionen Mobilfunkteilnehmern be-lege dies. Früher habe ein Täter ein Mobiltelefon und einFestnetztelefon gehabt. Heute habe eine Person einenISDN-Anschluss mit vier bis sechs Nummern, einen In-ternetanschluss, worüber er VoIP durchführe, E-Mailsschreibe etc. Einzelne Täter hätten heute bis zu 20 Ruf-nummern. Es herrsche eine stetig fortschreitende Ver-breitung von Telekommunikationsmöglichkeiten und

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 141 – Drucksache 16/8434

Endgeräten. Es sei kaum noch eine Straftat ohne Tele-kommunikation vor, während oder nach der Tat denkbar.Täter nutzen zur Verschleierung der Straftaten bewusstmehrere Rufnummern oder IP-Adressen. Der ständigeKartenwechsel treibe die Statistik in die Höhe, gab dieHälfte der befragten Polizeibeamten an: fünf Karten-wechsel erfordern eben fünf Beschlüsse. Die Täter wech-selten häufig die Mobiltelefone und Karten. Bei mehrerenTätern käme es mitunter vor, dass diese 60 Anschlüsseunterhalten. Von einem anderen Befragten wurde ange-ben, dass die Anschlüsse im Tagestakt gewechselt wür-den. Die Möglichkeit, Kennungen zu wechseln, sei sehrleicht. Man müsse sich den Tätern daher anpassen und fürjede neue Kennung einen neuen Beschluss beantragen,obwohl es sich um ein und dasselbe Individuum handle.Die Vertragsbeziehungen seien durch Prepaid-Karten undInternet unklar. Es gebe nicht mehr Zielpersonen, sondernmehr Anschlüsse und Anschlusswechsel als früher.

Zudem gebe es heutzutage viel mehr technische Möglich-keiten und die Polizei könne die Möglichkeiten derTelekommunikationsanbieter-Auswertung aufgrund vonSchulungen heute auch viel besser einsetzen. Die Maß-nahme habe schon öfter bei herausragenden Delikten zumErfolg geführt, so dass dann auch bei anderen Deliktendarauf zurückgegriffen werde. Weiterer Grund für die Zu-nahme sei, dass mittlerweile auch IMEI-Abfragen mög-lich seien. Der Raub von Mobiltelefonen sei damit besseraufklärbar. Sobald der Täter das Mobiltelefon benutze, seier über die IMEI zu fassen.

c) Staatsanwälte

(1) Verhältnismäßigkeit

Auch die Staatsanwälte teilten die kritische Bewertung ei-niger Telekommunikationsanbieter in ihrer großen Mehr-heit nicht. Schon aufgrund des hohen Arbeitsaufwandes(Beantragung, Auswertung der Daten bei der Polizei),werde sie nur beantragt, wenn keine andere Ermittlungs-maßnahme in Betracht komme. Die Voraussetzungenwürden sowohl seitens der Staatsanwaltschaft als auchdes Gerichts geprüft. Die Wahrung der Verhältnismäßig-keit werde gründlich geprüft und konsequent eingehalten.Die Maßnahme werde nicht wegen Bagatellen durchge-führt. Wenn andere Maßnahmen parallel liefen, würde er-örtert werden, warum jetzt auch noch diese Maßnahmeerforderlich ist. Ein Befragter räumt ein, dass die Verhält-nismäßigkeit inhaltlich beachtet würde, es mitunter aberan der Begründung mangele. Ein Befragter aus einerComputerabteilung gibt an, dass es sich in der Regel umMaßnahmen handelt, die unbekannte Täter zum Ziel ha-ben. Dabei könne man nicht vorab beurteilen, ob es umeinen professionellen Hacker oder einen Jungenstreichgehe. Das stelle sich erst dann heraus, wenn der Täter er-mittelt sei. Die Fälle, in denen die Maßnahme letztendlichnicht beantragt würde, würden die Provider gar nichtwahrnehmen. Einige Staatsanwälte wenden ein, dass dieAnbieter nichts über die Einzelheiten des Verfahrenswüssten. Sie würden die Akten nicht kennen und könntenüberhaupt nicht beurteilen, welche alternativen Möglich-keiten bestehen. Entweder erhalten sie die Gründe zum

Beschluss überhaupt nicht oder nur eine Begründungohne Einzelheiten. Eine Einschätzung der Verhältnismä-ßigkeit sei also gar nicht möglich. Teilweise sind die Be-fragten der Ansicht, dass die Provider die Verhältnismä-ßigkeit nicht zu beurteilen hätten. Das entscheide dieJustiz.

(2) Berücksichtigung der Subsidiaritäts-grundsätze

Die Subsidiaritätsgrundsätze würden bei der Funkzellen-abfrage und der Zielwahlsuche besonders berücksichtigt,gibt die Hälfte der Befragten an. Diese Maßnahmen wür-den einen noch höheren Aufwand bedeuten und daher (al-lein aus praktischen Gründen) nur durchgeführt, wenntatsächlich keine anderen Ermittlungsmöglichkeiten vor-handen seien. Problematisch seien aber die zu kurzenSpeicherungszeiten. Wenn die Maßnahme nicht zu Be-ginn durchgeführt würde, könnten sie sie gar nicht mehrnutzen. Die Subsidiaritätsgrundsätze würden in sinnvollerWeise den Einsatz der Maßnahmen in Fällen verhindern,in denen es andere Ermittlungsmöglichkeiten gebe. Einegroße Bedeutung kommt der Begründung zu. Es gebe oftandere Maßnahmen, die aber weniger Erfolg verspre-chend sind. Dann müsse man die Maßnahme ent-sprechend begründen. Bei der Zielwahlsuche und derFunkzellenabfrage müsse man zudem abwägen, da vieleUnbekannte davon betroffen sind. Ein Befragter meint,die Funkzellenabfrage werde nur als letzte Möglichkeitverwendet. Bei einem Bankraub sei es aber wichtig, imUmfeld der Bank eine Funkzellenabfrage durchzuführen,um überhaupt Täter ermitteln zu können. Wenn manschon Hinweise auf die Täter habe, sei die Maßnahmewichtig, um Mittäter und das Umfeld der Verdächtigen zuermitteln. In solchen Fällen sei die Maßnahme unabding-bar. Bei den Subsidiaritätsgrundsätzen handle sich umeine „Gummiformulierung“, meint ein Befragter. „We-sentlich erschwert“ seien die Ermittlungen eigentlich im-mer. Deswegen führe man die Maßnahmen ja durch. DieVoraussetzung der Aussichtslosigkeit der Ermittlungensei dagegen schwieriger zu begründen.

(3) Gründe für die Zunahme der Anordnungen

Die Zunahme der Anordnungen nach §§ 100g, 100h StPOerklären sich auch die befragten Staatsanwälte u. a. mitdem zunehmenden Einsatz von Telefonen bei den Tätern.Es herrsche eine veränderte Form der Kriminalität undBenutzung der neuen Medien. Die Kriminalität, in der Te-lekommunikation eine Rolle spielt, nehme zu. Es gebekaum eine Straftat, bei der Telefone keine Rolle spielenund damit auch die entsprechenden Verbindungen. DieZahl der Anschlüsse steige stetig an und Mobiltelefonenkäme in der heutigen Gesellschaft eine grundlegende Be-deutung zu. Ein weiterer Faktor für die Zunahme der An-ordnungen sei die Zunahme der Delikte mittels Internet,meint ein Befragter aus der Computerkriminalitätabtei-lung. Das Täterverhalten werde immer trickreicher, im-mer konspirativer. Der häufige Wechsel der Mobilfunk-anschlüsse sei hierfür ein Beleg. Es würden immer wiederneue Prepaidkarten und neue Rufnummern organisiert.

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Drucksache 16/8434 – 142 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Dann bedürfe es auch immer wieder neuer Beschlüsse.Zudem habe die Methode Erfolg gebracht, was zu häufi-geren Beschlüssen führe. Herkömmliche Methoden wieObservationen würden nicht ausreichen. Ohne §§ 100g,100h StPO wären die Ermittlungen wesentlich erschwert.Die Polizei versuche, alle Ermittlungsmöglichkeiten aus-zuschöpfen. Die technischen Möglichkeiten, die es gebe,würden auch genutzt. Außerdem gibt ein Befragter zu Be-denken, dass im Gegenzug eine Abnahme der Postbe-schlagnahme zu verzeichnen sei. Statt Briefen gebe esheute eben SMS und Telefone.

d) Richter

(1) Verhältnismäßigkeit

Die Bewertung einiger Diensteanbieter, was die Verhält-nismäßigkeit der Maßnahmen angeht, teilt fast keiner derbefragten Richter. Strafverfolgung bedeute Rechtsgüter-schutz. Bei geringfügigen Delikten könnten Maßnahmenin der Tat unverhältnismäßig werden. Die Aufklärungvon Straftaten sei anders oft nicht möglich. Die Häufig-keit der Maßnahmen gehe mit den technischen Möglich-keiten und dem Verhalten der Beschuldigten (ständigerSIM-Karten-Wechsel) einher. Im Fokus stünden oft Per-sonen in Altersbereichen, die viele Festnetzanschlüsseund viele Mobiltelefone hätten (Prepaidkarten; eigeneAnschlüsse, Anschlüsse der Eltern/Freunde). Auch in derübrigen Gesellschaft werde wesentlich mehr Kommuni-kation über Mobiltelefone abgewickelt als früher. Ein Be-fragter ist der Ansicht, dass die Polizei teilweise über-treibe, da die Abfrage der Daten für sie relativ einfach sei.So würden teilweise auch bei Belästigungen und einfa-chen Diebstählen Anträge nach §§ 100g, 100h StPO ge-stellt. Für den Zugriff auf Verkehrsdaten bedürfe es abereiner erheblichen Straftat. Diese Anträge würden vomGericht abgelehnt. Die Telekommunikationsanbieter hät-ten die Verhältnismäßigkeit überhaupt nicht zu prüfen,meinen vier der Richter. Dies sei Aufgabe des Gerichts.Ein Befragter ist der Ansicht, dass sie dies auch gar nichtprüfen könnten. Bei ihnen würden die Beschlüsse an dieAnbieter ohne Gründe verschickt.

(2) Berücksichtigung der Subsidiaritäts-grundsätze

Zwei der befragten Richter sind der Ansicht, dass dieSubsidiaritätsgrundsätze bei der Funkzellenabfrage undder Zielwahlsuche hinreichend berücksichtigt werden.Die Staatsanwaltschaft würde viele Anregungen ableh-nen, durchaus auch in Fällen, in denen die Maßnahmemöglich wäre. Gerade bei organisierter Kriminalität undKapitalverbrechen komme man an den Kreis möglicherZeugen aber sonst nicht heran. Auch bei dem Raub vonMobiltelefonen bleibe nur die Möglichkeit, den Standortdes Telefons zu ermitteln. Ein Befragter gibt an, dass dieSubsidiarität zwar geprüft werde, aber in der Praxis kaumeine Rolle spiele. Die Polizei sei auf die Daten angewie-sen. Die Subsidiaritätsgrundsätze würden von der Polizeinicht immer hinreichend berücksichtigt, gibt einer der be-fragten Richter an. Er schätzt die Maßnahme teilweise als

eine Suche nach Zufallsfunden ein. Die Beschlüsse wür-den teilweise abgelehnt, daraufhin ggf. Beschwerde ein-gelegt und das Beschwerdegericht entscheide unter-schiedlich. Nach der Meinung von weiteren Befragtenwerden die Subsidiaritätsgrundsätze generell nicht beson-ders beachtet. Funkzellenabfragen würden sehr ausuferndin Bezug auf Ort und Zeit beantragt. Er werde dann ver-sucht, die Anzahl der zu überwachenden Funkzellen aufmöglichst wenige und die Maßnahme auf einen engenZeitraum zu reduzieren. Ein anderer Richter findet, dassdie Subsidiaritätsgrundsätze entfallen könnten. Es würdedann eine normale Verhältnismäßigkeitsprüfung erfolgenund das sei ausreichend.

(3) Gründe für die Zunahme der Anordnungen

Auch die Richterschaft sieht verschiedene Gründe für dieZunahme der Anordnungen nach §§ 100g, 100h StPO.Die Vielzahl von Festnetzanschlüssen und Handys, dieZunahme von Telefonaten im Allgemeinen und die ver-mehrte Nutzung von Handys im Besonderen. Letzterewürden bei Straftaten eine sehr große Bedeutung einneh-men. Es würden Absprachen damit erfolgen vor, währendund nach der Tat. Dies sei vor allem beim sog. Enkelbe-trug und auch bei Betäubungsmittelsachen zu bemerken.Die Häufigkeit der Maßnahmen gehe auch mit dem Ver-halten der Beschuldigten (ständiger SIM-Karten- undMobiltelefonwechsel) einher. Die Täter würden die Er-mittlungsmaßnahme mittlerweile einkalkulieren und ihreKontakte regelmäßig ändern. So werde beim Drogenhan-del 6- bis 7-mal am Tag das Mobiltelefon gewechselt. Fürjedes Mobiltelefon werde aber ein neuer Beschluss benö-tigt. Pro Anbieter ergehe ein Beschluss mit neuem Akten-zeichen, erläutert ein Richter aus Nordrhein-Westfalen.Es würden dann teilweise bei allen Anbietern Daten abge-fragt, weil unklar sei, bei welchem Anbieter der An-schluss betrieben wird. Ein anderer Richter berichtet vonVerfahren mit bis zu 30 Beschlüssen. An sich gebe es alsogar nicht so viele Fälle mit Telefonüberwachung und Ver-kehrsdatenabfrage, wohl aber Verfahren mit vielen Be-schlüssen. Speziell in Mecklenburg-Vorpommern undNordrhein-Westfalen ist offensichtlich eine Steigerungbei Betäubungsmitteldelikten festzustellen. Ein Drittel al-ler Fälle dort seien Betäubungsmittelsachen, berichtet einRichter aus Nordrhein-Westfalen. Auch Internetstraf-sachen würden zunehmen. So verzeichnet Berlin 400 An-träge pro Monat wegen des Herunterladens von CDs ausdem Internet. Schließlich wird wiederum auf die Verfüg-barkeit der technischen Voraussetzungen verwiesen, wel-che die Polizei bzw. die Ermittlungsbehörden dann auchnutzten. Es entstehe der Eindruck, dass die Polizei es alsKunstfehler ansehe, wenn die technischen Möglichkeitennicht genutzt werden. Die Polizei werde bzgl. der Ermitt-lungsmaßnahmen geschult und könne ziemlich viel steu-ern, meint ein anderer Richter. Weiter wurde angegeben,dass die alte Vorschrift nicht so bekannt gewesen sei.Jetzt sei die Maßnahme konkreter geregelt und daherauch verbreiteter. Ein Befragter sagte, dass er die Sorge,dass Deutschland zu einem Abhörstaat werde, wenn dieAnordnungen zunehmen, nicht teilen könne.

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 143 – Drucksache 16/8434

e) Verteidiger

(1) Verhältnismäßigkeit

Fast alle befragten Verteidiger schätzen die Äußerung ei-niger Telekommunikationsanbieter, dass die Polizei- undJustizbehörden teilweise den Verhältnismäßigkeitsgrund-satz nicht berücksichtigen, als richtig ein. Die Behördenwürden einen Vorwand suchen, um die Daten zu erlan-gen, so dass beispielsweise eine bandenmäßige Begehungvorgeschoben würde, um die Maßnahme anordnen zukönnen. Des Weiteren unterstellen die befragten Verteidi-ger, dass der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz – wie bei al-len Zwangsmaßnahmen – großzügig gehandhabt würde.In vielen Verfahren hätte es weniger einschneidendeMöglichkeiten gegeben. Es entstehe der Eindruck, dass eseinen bestimmten Katalog an durchzuführenden Maßnah-men gebe, der abgehakt wird. Das wird auch daraus ge-schlossen, dass die Behörden Vordrucke verwenden, dienur noch ausgefüllt werden müssen. Eine inhaltlicheÜberprüfung finde überhaupt nicht statt, was aber auchdaran liege, dass weder Zeit noch Mittel vorhanden seien,um sorgfältig zu prüfen. Die Verhältnismäßigkeit werdein der Begründung mit dem Satz „Die Verhältnismäßig-keit ist gewahrt“ abgehandelt. Je mehr zulässig ist, destoweniger würde darauf geachtet, eine bestimmte Reihen-folge bei den durchzuführenden Maßnahmen einzuhalten.Es werde nicht gewartet, bis alle anderen Wege ausge-schöpft sind, sondern es werde der schnellen, effektivenAufklärung der Vorrang eingeräumt.

(2) Berücksichtigung der Subsidiaritäts-grundsätze

Alle befragten Verteidiger verneinten die Frage, ob IhrerMeinung nach die gesetzlich festgelegten Subsidiaritäts-grundsätze bei der Funkzellenabfrage und der Zielwahl-suche hinreichend berücksichtigt würden. Dem Grund-satz der schnellen, effektiven Strafverfolgung werde derVorrang eingeräumt. Die Maßnahme werde unmittelbarund sofort angewendet. Für die Begründung werde ledig-lich der Wortlaut des Gesetzes abgeschrieben.

(3) Gründe für die Zunahme der Anordnungen

Die Zunahme der §§ 100gh-Maßnahmen erklären sich diebefragten Verteidiger unterschiedlich. Zum einen wirdangeführt, dass die Verdächtigen früher nur telefonierthätten, heute dagegen finde die Kontaktaufnahme auchüber E-Mail statt, ggf. auch über Provider im Ausland.Die Polizei und Justiz verfüge über neue Möglichkeitenund könne die Straftaten unmittelbar mitverfolgen. Esfinde sozusagen schon eine „präventive Überwachung“statt. Zunächst würden so viele Daten gesammelt wiemöglich, um erst dann zu prüfen, was damit angefangenwerden könne. Weiter wurde geäußert, dass es sich umeine sehr bequeme Möglichkeit der Strafverfolgungsbe-hörden handle, um mit den Ermittlungen zu beginnen. AlsArgument werde gerne der 11.September 2001 angeführt.Einer der Befragten ist der Ansicht, dass sich die Gründefür die Zunahme der §§ 100a, 100b-Maßnahmen auf§§ 100g, 100h-Maßnahmen übertragen ließen. Außerdem

sei die Abfrage der Verkehrsdaten ein guter Ansatzpunkt,um herauszufinden, mit wem der Beschuldigte telefonierthabe, um anschließend eine Telekommunikationsüberwa-chung anzuordnen. Erklärt wurde die Zunahme fernerdamit, dass überhaupt erst von dem Instrument Notiz ge-nommen worden sei, nachdem die Maßnahme in dieStrafprozessordnung integriert wurde. § 12 FAG dagegensei von den Staatsanwälten meist gar nicht beachtet wor-den. Außerdem sei ein Zusammenhang mit dem Tele-kommunikationsverhalten der Bevölkerung gegeben, daimmer mehr telefoniert würde. Schließlich koste es dieBehörden weder Zeit noch Geld, da die Anbieter dieMaßnahmen durchzuführen hätten.

f) Datenschützer

(1) Verhältnismäßigkeit und Subsidiarität

Alle befragten Datenschützer halten die teilweise Unver-hältnismäßigkeit der Maßnahmen zumindest für plausi-bel. Einer der Befragten schließt dies aus selbst eingese-henen Vorgängen. Aus diesen sei ersichtlich, dass nur einvager Verdacht vorhanden gewesen sei, dass aber trotz-dem noch die §§ 100g, 100h-Maßnahmen durchgeführtworden seien. Es werde wahrscheinlich doch ziemlichschnell zur Maßnahme nach §§ 100g, 100h StPO gegrif-fen und nicht erst alle anderen Mittel ausgeschöpft. DieMaßnahme sei zu einer polizeilichen Standardmaßnahmegeworden. Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfungmüssten die Schwere der Straftat und die Anzahl der auchunbeteiligten betroffenen Dritten gegeneinander abgewo-gen werden. Das werde wohl häufig nicht eingehalten.Alle Befragten gaben jedoch an, dass sie nur eine einge-schränkte Prüfungsmöglichkeit haben und die Handha-bung in der Praxis nicht genau kennen.

(2) Eingriffsintensität der Maßnahme

Die Eingriffsintensität der Maßnahmen im Verhältnis zuanderen Ermittlungsmaßnahmen wird aus datenschutz-rechtlicher Sicht von allen Befragten als hoch bewertet.Gegenüber offenen Ermittlungsmaßnahmen sei ohnehineine gesteigerte Eingriffsintensität gegeben. Zudem seidie Intensität des Eingriffs in Grundrechte – auch im Ver-gleich zu anderen verdeckten Methoden – relativ hoch, daauch viele Unverdächtige betroffen seien. Natürlich gebees aber andere Maßnahmen, die noch stärker in dieGrundrechte eingreifen. Im Verhältnis zu § 100a StPOkratze die Telekommunikationsüberwachung zwar häufi-ger am Kernbereich privater Lebensgestaltung, da der In-halt der Telekommunikation in Erfahrung gebracht wird.Über § 100g, 100h StPO erfahre man zwar keine Inhalte,aber Kontakte zu Ärzten, Psychiatern, Aids-Krankenstellenusw. Dies seien auch sehr sensible Daten. Problematischwäre zudem, dass es – im Gegensatz zu § 100a StPO –Raum für Interpretationen und Schlussfolgerungen gebe.Auch daraus würde sich die erhebliche Eingriffsintensitätergeben. Weiter wurde ausgeführt, dass ein Eingriff insRecht auf informationelle Selbstbestimmung und insFernmeldegeheimnis durch die Maßnahmen erfolge.Auch wenn keine Inhaltsdaten abgefragt würden, könneman feststellen, wer mit wem über welches Medium

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Drucksache 16/8434 – 144 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

kommuniziert habe. Anhand dessen könne man Neigun-gen und Interessen nachvollziehen, beispielsweise überaufgerufenen Internetseiten. Damit könnten Verhaltens-profile erstellt werden, die u.U. die Aussagekraft von In-haltsdaten übertreffen könnten. Die Verkehrsdaten wür-den außerdem das soziale Netz, in dem sich derBetroffene bewegt, widerspiegeln. Das sei von der glei-chen Eingriffsintensität wie ein Bewegungsprofil, wel-ches über das soziale Umfeld ggf. mehr aussagt als die In-formation, wo sich der Betroffene aufgehalten hat.Angeführt wurde auch, dass die Maßnahmen der §§ 100g,100h StPO häufig der Vorbereitung der anderen Maßnah-men, insbesondere der Vorbereitung der Telekommunika-tionsüberwachung, dienen. Sie ähnle zumindest in ihrenAuswirkungen der Rasterfahndung, da Unverdächtige da-von erfasst würden. Auch durch den betroffenen Perso-nenkreis ergebe sich eine hohe Eingriffsintensität. EinDatenschützer sprach zudem das Gewicht der Kommuni-kation für das Gemeinwesen an. Es entstehe ein Über-wachtheitsgefühl. Man müsse sich überlegen, mit wemman telefoniert. Auch das Bundesverfassungsgerichthabe festgestellt, dass die Auswirkungen auf die Aus-übung der Grundrechte berücksichtigt werden müsste.Die Verkehrsdatenabfrage und auch die Vorratsdatenspei-cherung würden sich jedoch stark auf die Ausübung aus-wirken.

(3) Gründe für die Zunahme der Anordnungen

Für die Zunahme der Anordnungen nach §§ 100g, 100hStPO wurden unterschiedliche Erklärungsansätze heran-gezogen. Zum einen wurde angeführt, dass bestimmteDinge vom Büro aus ermittelt werden sollen und Obser-vationen o. ä. aufwendiger seien. Die Verkehrsdatenab-frage sei für die Strafverfolgungsbehörden kostengünstigund bedeute wenig Aufwand. Letzteren hätten dann dieProvider. Es wurde weiter geäußert, dass von offiziellerSeite sicher kommen werde, dass die Zunahme des Mo-bilfunkverkehrs der Grund für die Zunahme der Anord-nungen sei. Es seien mehr Anschlüsse pro Person zu ver-zeichnen. Außerdem finde in bestimmten Milieus einständiger Kartentausch statt, so dass bzgl. eines Betroffe-nen mehrere Anordnungen erforderlich seien. Die Statis-tiken würden für diese Gründe sprechen. Aber §§ 100g,100h StPO sei eine sehr praktikable Maßnahme. Daherwird vermutet, dass sie auch gern angeordnet werde. Zu-dem gehe man davon aus, dass potentielle Täter miteinan-der telefonieren auch während eine Straftat begangenwird. Die Anordnungen würden oftmals der Verdachts-schöpfung dienen.

4. Zusammenfassung der Ergebnisse

Die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen und die Beach-tung der Subsidiarität ließen sich größtenteils nur anhandder Befragungen untersuchen. Die Aktenanalyse konntenur Hinweise durch die Begründungen von Anregung,Antrag und Beschluss und durch den Zeitpunkt des Ein-satzes der Verkehrsdatenabfrage im Verhältnis zu anderenErmittlungsmaßnahmen geben. Bei den Begründungendurch Polizei, Staatsanwaltschaft und Gericht fällt auf,

dass relativ häufig die Formulierung der Subsidiaritäts-klauseln in § 100g II StPO und des § 100h I Satz 2 StPOwörtlich in die Begründung aufgenommen werden (Poli-zei 18 Prozent, Staatsanwaltschaft 28 Prozent und Gericht24 Prozent der Fälle). Die Übernahme der Formulierung,dass die „Ermittlung des Sachverhalts sonst aussichtslosoder wesentlich erschwert wäre“ spricht aber nicht dafür,dass hier eine intensive Auseinandersetzung mit der Sub-sidiarität stattgefunden hat. Zwar lässt sich die inhaltlicheBeschäftigung mit diesem Aspekt den Begründungennicht entnehmen. Es ist jedoch ein Anzeichen dafür, dassder Satz aufgenommen wird, damit der Beschluss formalkorrekt ist, und nicht dafür, dass der Inhalt auch tatsäch-lich zutrifft. Weiteres Kriterium zur Beurteilung derEinhaltung der Verhältnismäßigkeit ist der Einsatz derMaßnahme im Ablauf des Ermittlungsverfahrens. DieVerkehrsdatenabfrage wird nach den Ergebnissen der Ak-tenanalyse überwiegend zu Beginn des Ermittlungsver-fahrens eingesetzt. Dies wird im Folgenden noch diffe-renzierter dargestellt.

Aus den Interviews mit den Experten lässt sich entneh-men, dass einige der befragten Telekommunikations-anbieter, die Verteidiger und die Datenschützer der An-sicht sind, dass die Polizei- und Justizbehörden denVerhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht hinreichend berück-sichtigen. Erstere führen dazu vor allem die Unverhältnis-mäßigkeit des Eingriffs in das Fernmeldegeheimnis inRelation zur verfolgten Tat an. Die den Beschlüssen zu-grunde liegenden Delikte seien überwiegend nicht demBereich der Schwerstkriminalität zuzuordnen, sondern eshandle sich um geringfügigere Delikte wie Diebstahl vonMobiltelefonen und kleinere Betäubungsmitteldelikte.Zudem seien die Beschlüsse zu weit gefasst und oftmalsnicht hinreichend konkretisiert. Auch die Masse der Da-tenabfragen wird als Beleg dafür interpretiert, dass dieVerhältnismäßigkeit nicht immer gewahrt sei. Ferner sinddie befragten Verteidiger der Ansicht, dass der schnellen,effektiven Aufklärung der Straftat der Vorrang vor demVerhältnismäßigkeitsgrundsatz eingeräumt werde. DieMaßnahme sei oftmals der erste Ansatzpunkt, mit demdie Ermittlungen beginnen. Polizeibeamte, Staatsanwälteund Richter dagegen sind größtenteils der Ansicht, dassdie Verhältnismäßigkeit und die Subsidiaritätsgrundsätzebeachtet werden. Allein der mit der Verkehrsdatenabfrageverbundene Aufwand der Datenauswertung führe dazu,dass die Maßnahme nur beantragt werde, wenn sie tat-sächlich notwendig ist. Oftmals sei aber die Abfrage derDaten die einzige Möglichkeit, um den Sachverhalt auf-zuklären und den Täter identifizieren zu können. Teil-weise wird von den befragten Richtern und Staatsanwäl-ten geäußert, dass die Polizei die Verhältnismäßigkeitgerade im Hinblick auf den Umfang der Abfrage nach Ortund Zeit nicht immer hinreichend berücksichtige. Teil-weise wurde von Seiten der Staatsanwälte angeführt, dasskaum eine mildere Maßnahme als die Verkehrsdatenab-frage denkbar sei. Dagegen führen die Mitarbeiter derDatenschutzbeauftragten an, dass es sich um sensible Da-ten handle, deren Abfrage u. U. eine stärkere Eingriffs-intensität haben könne als die Überwachung des Inhaltsder Telekommunikation. Anhand der Daten könnten Nei-gungen und Interessen nachvollzogen sowie Kontakte

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 145 – Drucksache 16/8434

und das soziale Umfeld des Betroffenen festgestellt wer-den. Zudem entstehe – gerade auch durch die geplanteVorratsdatenspeicherung – ein Gefühl des Überwachtwer-dens.

Die Zunahme der Anordnungen nach §§ 100g, 100h StPOerklären sich die Befragten aus Polizei und Justiz vor al-lem damit, dass die Telekommunikation und die Anzahlder Anschlüsse zugenommen habe. Vor allem die Nut-zung von Mobiltelefonen habe sich gesteigert und die Tä-ter würden diese bzw. die SIM-Karten ständig wechseln,um ihre Spuren zu verwischen. Für jeden neuen An-schluss bedürfe es dann eines neuen Beschlusses, was dieAnzahl der Beschlüsse in die Höhe treibe. Zudem würdeauch die Kriminalität, bei der Telekommunikation eineRolle spielt, zunehmen. Weitere Gründe für die Zunahmeder Anordnungen sei die Kenntnis der Möglichkeit derVerkehrsdatenabfrage durch die Ermittlungsbehörden.Dadurch, dass die Maßnahme schon häufig zum Erfolggeführt hat, würde sie auch immer häufiger eingesetzt.

VI. Durchführung der MaßnahmenIm folgenden Abschnitt werden die Ergebnisse zurDurchführung der Verkehrsdatenabfrage dargestellt. DerAblauf innerhalb der Telekommunikationsunternehmensowie Schwierigkeiten, zu denen es zwischen den Betei-ligten gekommen ist, sind Gegenstand der Analyse.

1. Schriftliche BefragungDie Ergebnisse der schriftlichen Befragung zeigen ver-schiedene Schwierigkeiten der befragten Staatsanwältemit den Netzbetreibern auf.

a) Probleme mit den Netzbetreibern Gelegentliche bis häufige Schwierigkeiten (ca. 50 Pro-zent der Nennungen) bei der Zusammenarbeit mit den Te-lekommunikationsanbietern ergaben sich nach Angabender Befragten vor allem durch Verzögerungen bzw. zukurze Speicherung der gewünschten Daten (siehe Abbil-dung 71).

Die Daten waren zum Zeitpunkt der Abfrage häufig be-reits gelöscht. Seltener wurden Anordnungen nicht ak-zeptiert (gelegentlich bis häufig 33 Prozent), die Datennicht gespeichert (gelegentlich bis häufig 31 Prozent)oder nur teilanonymisiert gespeichert (gelegentlich bishäufig 29 Prozent). Sonstige angegebene Schwierigkeitenbeziehen sich auf die unterschiedlich lange Speicherdauerder einzelnen Telekommunikationsanbieter sowie darauf,dass die Verkehrsdatenabfrage am Wochenende nichtdurchführbar sei. Weiter wurde kritisiert, dass Anbieter– trotz Ankündigung eines noch zu erwirkenden Be-schlusses – die Daten löschten und dass ein gerichtlicherBeschluss verlangt wurde, obwohl ein solcher nicht erfor-derlich gewesen sei. Ein Drittel der Befragten machteweiterführende Angaben dazu, auf welche Gründe dieseSchwierigkeiten zurückzuführen seien. Zum größten Teilkritisierten die Befragten die mangelnde Kooperationsbe-reitschaft der Provider (16 Prozent derjenigen, die dieseFrage beantwortet haben). Die Anbieter würden Desinte-resse an der Zusammenarbeit mit den Strafverfolgungsbe-hörden und der Mitwirkung an der Strafverfolgung zeigen(8 Prozent). Die Durchführung der Abfrage der Verkehrs-daten ist nach dem Eindruck von 4 Prozent dieser Befrag-ten eine „lästige Pflicht“ für die Provider. Zum anderenwurde kritisiert, dass es keine eindeutige Regelung für

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Schwierigkeiten bei der Zusammenarbeit mit den Providern

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Drucksache 16/8434 – 146 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

eine Speicherfrist gebe (9 Prozent), dass die Provider dieDaten unterschiedlich lange speicherten (3 Prozent) unddass diese Dauer der Speicherung bei den Providern zukurz sei (9 Prozent). Zudem sei die Rechtslage unklarbzw. unzureichend geregelt (8 Prozent). Die Normenseien zu kompliziert und die Rechtsprechung dazu unein-heitlich. Weitere Schwierigkeiten ergäben sich daraus,dass die Anbieter oft eine andere, nach Meinung derStaatsanwälte falsche, Rechtsauffassung hätten (7 Pro-zent). Es herrsche zudem eine gewisse Rechtsunsicher-heit bei den Providern (5 Prozent), die mitunter Angsthätten, etwas Unzulässiges zu tun und sich daher beson-ders absichern wollten. Außerdem spiele der Datenschutzeine große Rolle (7 Prozent). Die Telekommunikations-anbieter würden ihre Kunden schützen wollen (4 Pro-zent), wobei einige Staatsanwälte der Ansicht sind, dasssie mit dem Kundenschutz Werbung machen wollen(3 Prozent). 2 Prozent gaben an, dass die Provider immerauf einem Beschluss bestünden und Eilanordnungen derStaatsanwaltschaft nicht akzeptierten. Ein anderes Pro-blemfeld ist nach Angabe der Befragten der hohe Auf-wand der Verkehrsdatenabfrage für die Provider. Durchdie Masse der Anordnungen seien die Telekommunika-tionsanbieter überlastet (5 Prozent), die Durchführung derMaßnahme erfordere einen hohen Arbeitsaufwand (3 Pro-zent) und es käme zu technischen (5 Prozent), personellen(3 Prozent) sowie organisatorischen Problemen (2 Pro-zent). Auch finanzielle Gründe spielen nach Ansicht derStaatsanwälte für die Anbieter eine Rolle (7 Prozent). DieAnbieter seien wirtschaftlich orientiert (2 Prozent). Wei-tere Schwierigkeiten ergäben sich daraus, dass Straftatendes Öfteren zu spät bekannt (2 Prozent) und die Maßnah-

men zu spät beantragt (2 Prozent) würden. Teilweiseseien die Beschlüsse unvollständig oder fehlerhaft unddie Ermittlung der richtigen Auskunftsstelle gestalte sichzuweilen als schwierig448.

Circa 60 Prozent der Befragten machten Angaben da-rüber, welche Folgen aus den oben genannten Schwierig-keiten resultierten (siehe Abbildung 72). Am häufigstenwurde genannt, dass das Auskunftsersuchen insgesamterfolglos blieb und Verfahrensverzögerungen entstanden.Dies deckt sich Im Übrigen mit dem eingangs mitgeteil-ten Forschungsstand sowie mit den Befunden aus der Stu-die des Bundeskriminalamts aus dem Jahr 2005. Im Ein-zelnen konnten Beteiligte oder der Beschuldigte nichtidentifiziert werden sowie der Anschluss dem Beschul-digten nicht zugeordnet werden.

Die Zusammenarbeit zwischen Staatsanwaltschaft undPolizei bzw. Richtern wurde von den Befragten als gut(58 Prozent) bis sehr gut (36 Prozent) empfunden. DieBeurteilung der Zusammenarbeit mit den Telekommuni-kationsanbietern schwankt von schlecht (10 Prozent) übermittelmäßig (50 Prozent) bis gut (36 Prozent).

b) Speicherung der Daten

Welche Dauer der Datenspeicherung die befragten Staats-anwälte für angemessen halten, ist in Abbildung 73 dar-gestellt.

448 Aufgrund von Mehrfachnennungen summieren sich die genanntenProzentwerte auf über 100 Prozent (hier 126 Prozent).

A b b i l d u n g 72

Folgen der Schwierigkeiten mit den Netzbetreibern

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 147 – Drucksache 16/8434

A b b i l d u n g 73

Gewünschte Dauer der Datenspeicherung

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Speicherung für 6 bis 12

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Monate

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Prozent der Befragten

14 Prozent der Befragten hielten eine Speicherdauer voneinem bis sechs Monaten für angebracht, während einerelative Mehrheit (48 Prozent) eine Datenspeicherungvon sechs bis zwölf Monate befürwortet. Etwa ein Drittel(35 Prozent) sprach sich für eine Speicherung bis zu zweiJahren aus. Keine (1 Prozent) oder unbefristete(2 Prozent) Speicherung wurde nur in wenigen Fällen ge-nannt.

c) Schwierigkeiten durch Verschlüsselungs-techniken

Verschlüsselungstechniken449 scheinen keinen großenEinfluss auf die Ermittlungstätigkeit der Behörden zu ha-ben. So gaben 69 Prozent an, dass diese in Ermittlungennoch nie eine Rolle gespielt hätten. Weitere 17 Prozentmeinten, dass Verschlüsselungstechniken nur selten ein-gesetzt würden. 12 Prozent sprachen von einer gelegentli-chen Beeinflussung und 2 Prozent davon, dass dies häufi-

ger vorkäme. Bei der Beantwortung gab es keinesignifikanten Unterschiede entlang der Dezernate.

Die Frage, in welchem Umfang der Erfolg der Verkehrs-datenabfrage durch Verschlüsselungstechniken beein-trächtigt wurde, wurde von ca. einem Drittel der Befrag-ten beantwortet. Über 50 Prozent von diesen konntenkeine Auswirkungen der Verschlüsselungstechniken fest-stellen. Am häufigsten wurde noch genannt, dass der Be-schuldigte nicht identifiziert werden konnte (Abbil-dung 74). Die anderen Auswirkungen zeigen jedoch sehrähnliche Verteilungen.

Auch wenn nur die Antworten von Befragten berücksich-tigt wurden, die zumindest eine seltene Beeinflussungdurch Verschlüsselungen angegeben hatten, zeigte sichkeine stärkere Differenzierung zwischen den vorgegebe-nen Folgen (siehe Abbildung 75).

d) Technische Schwierigkeiten

Eine Beeinträchtigung der Durchführung der Maßnahmendurch technische Probleme kam nach Angaben der Be-fragten nie (55 Prozent) oder nur selten (29 Prozent) vor.Von gelegentlichen technischen Schwierigkeiten berich-teten 14 Prozent. Fast nie wurde von häufigen oder stän-digen Problemen berichtet (zusammen 2 Prozent).

449 Verschlüsselungstechniken wie z. B. anonymisierende Proxys er-möglichen die anonyme Nutzung des Internets. Rückschlüsse auf dieIdentität der Verwender von IP-Adressen werden durch die Anony-misierungstechniken unmöglich. Zudem ist es möglich, die IP-Adresse eines anderen Nutzers zu manipulieren, so dass dieser an-stelle des Täters ins Visier der Strafverfolgungsbehörden gerät. Siehezum Thema u. a. Seitz, 2004, S. 52.

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Drucksache 16/8434 – 148 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

A b b i l d u n g 74

Folgen der Verschlüsselung

A b b i l d u n g 75

Folgen der Schwierigkeiten (Antworten von Befragten, die zumindest eine seltene Beeinflussung durch Verschlüsselungen angegeben haben)

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 149 – Drucksache 16/8434

180 der Befragten benannten verschiedene technischeProbleme: 30 Prozent gaben an, dass die Daten nichtmehr gespeichert, also bereits gelöscht worden waren.Die Problematik der Speicherung der Daten wurde untermehreren Gesichtspunkten erwähnt. Einige gaben an, dieDaten seien überhaupt nicht gespeichert worden(7 Prozent), die Speicherungsfrist sei abgelaufen gewesen(4 Prozent), die Speicherfristen bzw. -zeiten seien allge-mein problematisch (7 Prozent), es sei zu Problemen beider Speicherung bzw. zur fehlerhaften Speicherung ge-kommen (8 Prozent) und die Speicherkapazität sei nichtausreichend gewesen (4 Prozent). 14 Prozent der Befrag-ten, die diese Frage beantworteten, deklarierten allgemeintechnische Probleme der Anbieter und 4 Prozent Server-abstürze bei den Providern. 7 Prozent gaben Datenverlustan. Als weitere technische Probleme wurden Fehler beider Übermittlung der Daten (7 Prozent), Übermittlungs-verzögerungen (5 Prozent) und Fax-Probleme (z. B. Faxunleserlich, Fax kam nicht an, 5 Prozent) angegeben.5 Prozent der Antwortenden führten als technisches Pro-

blem die mangelnde Erreichbarkeit der Unternehmen an.4 Prozent bemängelten, dass bei einem Telekommunika-tionsanbieter eine Auskunft über IMEI-Nummern nichtmöglich sei.

Entsprechend dem selten festgestellten Auftreten techni-scher Probleme beantworteten nur etwa 320 der Befrag-ten die Frage nach der Erfolgsbeeinträchtigung.

40 Prozent der Befragten gaben keine Folgen der techni-schen Schwierigkeiten an. Ansonsten waren die Antwor-ten auf die vorgegebenen Kategorien in etwa gleichverteilt (Abbildung 76). Am häufigsten wurdenVerfahrensverzögerungen sowie die Erfolglosigkeit desAuskunftsersuchens genannt, gefolgt von der Angabe,dass der Beschuldigte oder weitere Beteiligte nicht zuidentifizieren und die Maßnahmen nicht durchführbarwaren. Schließlich wurde auch angegeben, dass der An-schluss des Beschuldigten nicht festgestellt werdenkonnte.

A b b i l d u n g 76

Folgen von technischen Problemen

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Drucksache 16/8434 – 150 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

2. Aktenanalyse

Bei der Auswertung der Verfahrensakten konnten ver-schiedene Einflussfaktoren im Hinblick auf die Durch-führung der Maßnahme festgestellt werden.

a) Nichtakzeptierung von Anordnungen und Verzögerungen

Bei 27 Beschlüssen haben Telekommunikationsanbieterdie Herausgabe der Verkehrsdaten ausdrücklich verwei-gert. Zum größten Teil betrifft dies Fälle, in denen einestaatsanwaltschaftliche Eilanordnung erfolgte. Die An-bieter forderten einen die Anordnung bestätigenden rich-terlichen Beschluss, damit die Daten herausgegeben wer-den (elf Fälle). Weiterer Verweigerungsgrund war dieFehlerhaftigkeit der Beschlüsse (acht Fälle). In diesenBeschlüssen waren falsche oder unvollständige Rufnum-mern angegeben, der angeschriebene Anbieter gar nichtin dem Beschluss als Verpflichteter aufgeführt und keineoder nicht die aktuelle Rechtsgrundlage genannt. In zweiFällen verlangte der Anbieter einen Beschluss anstelle ei-ner einfachen Anforderung. In einem Fall ist der erlas-sene Beschluss nicht beim Anbieter angekommen unddeswegen wurde keine Auskunft erteilt. In den übrigenfünf Fällen war kein Grund für die Weigerung ersichtlich.Zu Verzögerungen ist es in diesen Fällen nur teilweise ge-kommen. In sieben Fällen führte das Warten auf die rich-terliche Bestätigung der Eilmaßnahmen zu Zeitverzöge-rungen. In beiden Fällen, in denen ein Beschluss anstelleeiner einfachen Anforderung gefordert wurde, kam es zuVerzögerungen. In fünf Fällen wurde aufgrund der Feh-lerhaftigkeit des Beschlusses ein neuer Beschluss erlas-

sen. Abgesehen von der eher umstrittenen Frage der He-rausgabe der Daten bei Eilanordnungen, beruhte dieWeigerung – soweit ersichtlich – auf der Fehlerhaftigkeitder Anforderungen. In diesen Fällen wurden keine Ord-nungs- und Zwangsmittel seitens der Justizbehörden ver-hängt. Nur in einem Fall wurde eine solche Maßnahmevon der Staatsanwaltschaft beim Richter beantragt, aberletztendlich nicht durchgesetzt. In keinem Fall wurde sei-tens der Diensteanbieter Beschwerde gegen einen Be-schluss eingelegt.

Zu sonstigen Verzögerungen ohne explizite, den Akten zuentnehmende Weigerung der Anbieter, kam es in 32 Fäl-len. In acht Fällen beruhte dies darauf, dass der Beschlussfehlerhaft war, wobei vor allem eine falsche Ruf- oderIMEI-Nummer die Fehlerhaftigkeit begründete (fünf).Daneben gab es einen Fall, in dem kein Abfragezeitraumgenannt wurde und zwei Fälle, in denen der Beschlussnicht eindeutig war. Weitere Gründe für eine zeitlicheVerzögerung waren, dass die Zustellung des Beschlussesnicht erfolgte bzw. an einen falschen Empfänger ging(drei) und dass das Anschreiben fehlerhaft war oder fehlte(zwei). Verzögerungen durch die Netzbetreiber ergabensich u. a. dadurch, dass eine zeitgerechte Antwort wegenPersonalmangels nicht möglich war (zwei) und dass fal-sche Daten abgefragt wurden (drei).

b) Löschung von Daten und (teil)anonymisierte Daten

Bei 4 Prozent der Anschlüsse kam es zu Problemen hin-sichtlich der Speicherfristen bzw. der Speicherart (sieheAbbildung 77).

A b b i l d u n g 77

Schwierigkeiten bei der Abfrage wegen Speicherung

0 10 20 30 40 50

Daten bereitsgelöscht

Datenteilanonymisiert

gespeichert

Daten nichtgespeichert

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Anzahl der Anschlüsse

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 151 – Drucksache 16/8434

Die Probleme konzentrieren sich offensichtlich auf diekurze Speicherungsdauer und die damit verbundene Lö-schung von Verkehrsdaten (42 Anschlüsse). Weniger häu-fig war die Abfrage der Daten dadurch beeinträchtigt,dass die Daten teilanonymisiert gespeichert waren (24).Bei zwölf Anschlüssen waren die Daten von vornhereinnicht bei den Anbietern gespeichert (z. B. bei Prepaid-Anschlüssen). Bei einem der Anschlüsse waren die Datenverschlüsselt. Diese Probleme tauchten in 64 Beschlüssenauf, wobei in manchen Beschlüssen die Probleme meh-rere Anschlüsse betrafen. Sie verteilen sich dabei in na-hezu gleicher Weise wie auf die Anschlüsse, so dass aufdie beschlussbezogene graphische Darstellung verzichtetwird. Die Daten waren bei 37 Beschlüssen zum Zeitpunktder Abfrage bereits gelöscht. Bei 17 Beschlüssen warendie Daten nur teilanonymisiert gespeichert, bei neun Be-schlüssen waren die Daten von vornherein nicht gespei-chert und ein Beschluss war mit verschlüsselten Datenkonfrontiert.

Die Aktenanalyse führt somit zu dem Ergebnis, dass imUntersuchungszeitraum die Löschung im Zusammenhangmit der Ausführung der Verkehrsdatenabfrage jedenfallskeine erhebliche Rolle spielt. Bereits erfolgte Löschun-gen betreffen etwa 2 Prozent der durch die Anordnungenerfassten Anschlüsse. Freilich wird dabei nicht erkennbar,inwieweit Entscheidungen zur Antragsstellung und zurAnordnung durch die Überlegung beeinflusst werden,dass voraussichtlich auf Daten nicht mehr würde zurück-gegriffen werden können. Jedoch dürfte sich das Ent-scheidungsverhalten von Staatsanwälten und Richtern andie Speicherungs- und Löschungspraktiken der Telekom-munikationsunternehmen angepasst haben.

Die auf die Speicherung bezogenen Probleme haben sichteilweise auf den Erfolg der Verkehrsdatenabfrage ausge-wirkt. Bei 13 Anschlüssen, bei denen die Daten zum Zeit-punkt der Abfrage bereits gelöscht waren, konnten erwar-tungsgemäß keine Erfolge mit der Verkehrsdatenabfrageerzielt werden. Die Anordnung ging ins Leere. Bei denAnschlüssen, bei denen die Daten teilanonymisiert ge-speichert waren, konnte nur bei einem dieser Anschlüsseden Akten explizit entnommen werden, dass der man-gelnde Erfolg auf die Teilanonymisierung zurückzufüh-ren ist. Im Übrigen war den Akten nur zu entnehmen,dass keine relevanten Erkenntnisse gewonnen werdenkonnten. In den Fällen, in denen die Daten von vorn-herein nicht gespeichert waren, konnte bei drei Anschlüs-sen eindeutig festgestellt werden, dass die Erfolglosigkeitder Ermittlungen auf die fehlenden Daten zurückzuführenwar.

Nur in einem Fall war den Akten ein Hinweis auf ver-schlüsselte Daten zu entnehmen. Es konnte freilich keinHinweis darauf gefunden werden, dass die Anonymisie-rung die Ermittlungen beeinflusst hat. Es ist anzunehmen,dass Verschlüsselungsprobleme eher im Bereich des In-ternets auftreten. In den ausgewerteten Verfahren (ausden Jahren 2003 und 2004) wurden jedoch ganz überwie-gend Daten von Telefonen und Handys abgefragt. Nur in14 Fällen wurden Daten zu IP-Adressen abgefragt. DieseAbfragen betrafen acht Verfahren. Wie die Daten zur An-

zahl der Abfragen zu IP-Adressen, die von T-Com zurVerfügung gestellt wurden, zeigen, fand ein starker An-stieg der Abfragen erst 2005 statt.

c) Technische ProblemeDen Akten konnten nur in Einzelfällen technischeSchwierigkeiten entnommen werden. Dabei handelte essich in zwei dieser Fälle darum, dass den Anbietern dieAusführung des Beschlusses rein technisch gesehen nichtmöglich war. Es handelte sich also nicht um vorüberge-hende technische Probleme, sondern um Fälle, in denendie Anbieter oder ein einzelner Anbieter prinzipiell nichtin der Lage waren, dem Beschluss technisch nachzukom-men. In einem Fall ist allgemein davon die Rede, dass einAnbieter in Bezug auf einen Anschluss technische Pro-bleme bei der Ausführung hatte. Welcher Art genau dieseProbleme waren, konnte den Akten nicht entnommenwerden.

3. Experteninterviews a) Telekommunikationsunternehmen(1) GeschäftsablaufDer Geschäftsablauf bei der Durchführung von Verkehrs-datenabfragen wurde von allen Telekommunikations-anbietern ähnlich dargestellt. Die Anfragen würden perPost, Fax oder E-Mail eingehen. Die eingehenden Anfra-gen würden dann nach der Art von Abfragen (Verkehrs-datenabfragen, die in die Vergangenheit oder in die Zu-kunft gerichtet sind; Funkzellenabfragen; Bestandsdaten)sortiert. Im Anschluss hieran erfolge eine Überprüfung,ob der Beschluss richtig bzw. auch an den richtigenAdressaten gerichtet und ob er technisch umsetzbar sei.Es werde schließlich geprüft, welche Daten der Anfra-gende genau verlange. Der Beschluss bzw. die Anfragewerde eingescannt oder eingegeben und die nachfolgendeBearbeitung erfolge dann in elektronischer Form. Dabeihaben die Anbieter unterschiedliche Systeme (Daten-pools) eingerichtet, mit denen die Daten abgefragt wer-den. Der Sachbearbeiter starte den Vorgang und über-prüfe, ob der Suchlauf ordnungsgemäß ablaufe. Dannwürden die Daten auf CD-Rom gebrannt oder ausge-druckt und per Fax, E-Mail (verschlüsselt) oder (wenndies gewünscht wird) auf Diskette oder CD-Rom ver-schickt. Der Mitarbeiter eines Unternehmens erläuterte,dass der Vorgang unterschiedlich sei, je nachdem ob dasFestnetz oder das Internet betroffen sei. Je nachdem, wel-che Daten abgefragt würden, würden unterschiedlicheProzesse gestartet. Wenn abgehende Daten abgefragt wer-den, erhielten die anfragenden Stellen eine Kopie desEinzelverbindungsnachweises. Wenn „ankommende“ Da-ten abgefragt würden, werde ein Zielwahlsuchlauf gestar-tet. Die Abfrage zukünftiger Daten sei überwiegend über-wachungstechnisch ausgestaltet. Es würden fortlaufendeEreignisdaten gesendet. Der vierte Anwendungsbereichseien die Personendaten zu dynamischen IP-Adressen.

Daneben gibt es zwei Anbieter, die an eine elektronischeSchnittstelle für Behörden (ESB) angeschlossen sind. DieElektronische Schnittstelle für Behörden(anfragen) (ESB)

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Drucksache 16/8434 – 152 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

beinhalte nach Angaben dieser Anbieter elektronischeAnfragen und elektronische Beauskunftung. DieserSchnittstelle würden sich in Nordrhein-Westfalen derZentrale Polizeidienst Duisburg und in Bayern das Baye-rische Landeskriminalamt bedienen. Es handle sich umeinen „elektronischen Rückkanal“. Bei der Polizei werdeein zentraler Abfrageort eingerichtet, über den alles ab-läuft. Das Projekt befinde sich zur Zeit noch in der Test-phase. Eine Kommission (KomGüt) bemühe sich derzeitdarum, dies bundesweit zu verbreiten. Die ESB sei ausdem Wunsch der Netzbetreiber nach möglichst wenigAnsprechstellen entstanden. Es würde sich dann nur einezentrale Stelle um diese Angelegenheiten kümmern. Ei-ner der befragten Mitarbeiter eines der bereits teilhaben-den Unternehmen gibt an, dass der Wunsch bestehe, dasssich weitere Unternehmen und Länder an diesem Projektbeteiligen. Eine gesetzliche Verpflichtung zur Beteiligungsei jedoch – gerade für kleinere Anbieter mit wenigenAnfragen – unangemessen. Bei den Anbietern, die dieSchnittstelle bereits nutzen, entstehen insoweit zwei Pro-zesse: Entweder kommt die Anfrage auf dem normalenPostweg oder über die Elektronische Schnittstelle für Be-hörden. Wenn eine Anfrage per Post kommt, gestaltetsich der Ablauf wie oben dargestellt. Wenn eine Anfrageüber die ESB ankommt, wird ein elektronischer Be-schluss geschickt und das Original kommt auf dem Post-wege nach. Es erfolgt dann (bei ESB) eine reine Plausibi-litätsprüfung (ob die Nummer vergeben ist, etc.). Dannwird der Vorgang wie auf dem normalen Wege gestartetund der Versand des Ergebnisses erfolgt wieder über dieSchnittstelle. Diese elektronische Schnittstelle für Behör-den wird von den befragten Mitarbeitern der Unterneh-men unterschiedlich beurteilt. Die Befragten, dessen Un-ternehmen bereits an ESB angeschlossen sind, meinen,dass die Vorteile darin zu sehen seien, dass die Personen,die damit beschäftigt sind (Polizisten), über gute Kennt-nisse technischer und rechtlicher Art verfügen. Außerdemerfolge eine zentralisierte Abrechnung. Die Unternehmenmüssten dann nur eine Sammelrechnung erstellen undauch das Landeskriminalamt hätte nur mit dieser Sam-melrechnung zu tun. So müssten nicht ständig Einzel-rechnungen i. H. v. jeweils 20 Euro erstellt werden, waseinen erheblichen Aufwand und erhebliche Kosten be-deute. Das Verfahren über den Postversand bedeute einengroßen Aufwand und koste zudem mehr Geld als dieelektronische Vorgehensweise. Ein anderer Befragtersieht dagegen nur einen relativ geringen Rationalisie-rungseffekt. Die Beschlüsse müssten weiterhin geprüftwerden. Vorteile seien jedoch, dass Fehleingaben auf Sei-ten der Unternehmen minimiert werden könnten. Fehlein-gaben durch die Bedarfsträger seien jedoch weiterhinmöglich. Weiterer Vorteil sei zudem fachkundiges Perso-nal der Polizei. Zwei weitere Befragte halten die Automa-tisierung für rechtlich bedenklich. Der Direktzugriff desBedarfsträgers auf Daten sei kritisch zu betrachten. Dieberechtigte Behörde zur Abfrage sei bei der ESB die Poli-zei. Die Polizei würde dann eine Anfragemaske mitschi-cken, die das Unternehmen „durchwinken“ und zur auto-matischen Datengenerierung führen könne. Dadurchwürde die Kontrolle über die Daten aus der Hand genom-men. Sie seien aber zur Wahrung des Fernmeldegeheim-

nisses verpflichtet und hätten Verantwortung gegenüberihren Kunden. Gegenüber dem bisherigen System seienkeine Vorteile zu sehen. Die Behörden, die die Datenelektronisch übersandt haben wollten, würden die Datenper Mail (verschlüsselt mit PGP) oder auf Diskette ge-speichert geschickt bekommen.

Alle befragten großen Anbieter schildern, dass sie eineAbteilung für Auskunftsersuchen der Behörden hättenbzw. dass dies ein Teil einer größeren Abteilung sei. Indiesen Abteilungen sind sieben bis 18 Mitarbeiter be-schäftigt. Meist werden in den Abteilungen neben Ver-kehrsdatenabfragen Auskünfte über Bestandsdaten erteiltund Telekommunikationsüberwachungsmaßnahmen be-arbeitet.

(2) Prüfungsrecht der Telekommunikations-unternehmen

Wie bereits ausgeführt ist es umstritten, inwiefern dieDiensteanbieter die Beschlüsse überprüfen müssen oderdürfen. Ob die Beschlüsse überwiegend ohne Gründe ge-schickt werden, beantworteten die Befragten unterschied-lich. Drei der befragten Unternehmensmitarbeiter gabenan, dass sie die Beschlüsse zumeist mit Begründung er-halten. Drei Befragte meinen, dass dies von Gericht zuGericht unterschiedlich sei.

Alle Befragten gaben an, dass die formellen Vorausset-zungen der Anordnungen von den Sachbearbeitern ge-prüft würden. Bei Zweifeln würden sie sich an dieRechtsabteilung wenden. Es werde u. a. geprüft, ob derRichterwille eindeutig ist und ob z. B. falsche Angabengemacht wurden. Es werde auch geprüft, ob eine zu langeFrist angeordnet wurde. Eine inhaltliche Prüfung fändenicht statt, meint einer der Befragte. Die materielle Prü-fung sei gesetzlich nicht erlaubt. Zwei Befragte geben an,dass sie bzgl. der materiellen Voraussetzungen Erwägun-gen dahingehend anstellen würden, ob die Maßnahmenverhältnismäßig sind. Dazu fühlten sie sich verpflichtet.Diesbezügliche Beschwerden würden aber nicht zum Er-folg führen und mit der Begründung abgelehnt werden,dass sie kein Prüfungsrecht hätten. Da durch Beschwer-den Kosten entstehen, legen sie diesbezüglich auch keineBeschwerden mehr ein. Drei Befragte gaben an, dass sieauch die materiellen Voraussetzungen prüfen. Sie hättenauch schon mal Anfragen wegen einem einfachen Dieb-stahl wegen Unverhältnismäßigkeit abgelehnt.

(3) Zeitaufwand für die Durchführung

Welchen Zeitaufwand eine Auskunftserteilung für dieUnternehmen bedeute, wurde unterschiedlich beantwor-tet. Ein Befragter gibt an, dass die Bearbeitung 20 bis25 Minuten bei ein bis zwei Rufnummern dauere. Ein an-derer Befragter schildert, dass das Eingeben und Anlegendes Vorgangs 30 Minuten dauere. Bei Zielwahlsuche undFunkzellenabfrage handle es sich um ein zeit- und ar-beitsintensiveres Vorgehen. Das seien Prozesse, die weitüber eine Stunde dauern würden. Dies hänge u. a. davonab, ob die Örtlichkeit bekannt sei oder nicht. Des Weite-ren wurde von einem Befragten angegeben, dass der Ar-

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 153 – Drucksache 16/8434

beitsaufwand bei bis zu vier Rufnummern unter einerStunde betragen würde. Im Durchschnitt beinhalte eineAnfrage vier Rufnummern. Im Durchschnitt würden zehnbis 60 Minuten benötigt. Wie hoch der Aufwand ist,hänge auch davon ab, wie genau der Beschluss formuliertsei. Das steigere sich je nachdem, wie viele Rufnummern,IMEIs es sind. Ein anderer Befragter schildert, dass in ei-ner Stunde drei Funkzellenabfragen erfolgen würden oderfünf Verkehrsdatenabfragen, d. h. Abfragen für fünf Ruf-nummern. Der Arbeitsaufwand sei unterschiedlich, gibtein anderer Befragter an. Es dauere etwa 55 Minuten beieiner normalen Abfrage, bei der Zielwahlsuche etwa1 Std. 15 Minuten. Eine Maßnahme könne aber auch mal15 Minuten dauern. Ein weiterer Befragter gibt alsDurchschnittswert pro Beschluss 1,5 Stunden an.

(4) Probleme bei der Zusammenarbeit mit Polizei und Justiz

Es wurden verschiedene Schwierigkeiten bei der Zusam-menarbeit mit den Polizei- und Justizbehörden seitens derMitarbeiter der Unternehmen aufgeführt. Zum einenwurde angegeben, dass die Behörden nicht nachvollzie-hen könnten, dass in einem Unternehmen Daten vorhan-den sind, die ein anderes Unternehmen nicht speichert.Man versuche sie dann gegeneinander auszuspielen, indem behauptet wird, dass andere Unternehmen das aberauch könnten. Andere Unternehmen hätten aber andereArbeitsweisen. Ein weiteres Problem seien die man-gelnde Fachkompetenz und die Unwissenheit der Behör-den. Paragraphen würden von Staatsanwaltschaft und Ge-richt vermischt und es würden Voraussetzungen in dieParagraphen hineininterpretiert, die man aus §§ 100g,100h StPO nicht entnehmen könne. Es herrsche ein Halb-wissen über die rechtlichen Voraussetzungen. Darüberwürden dann diverse telefonische Diskussionen geführt.Zudem sei auch eine technische Unkenntnis zu bemerken.Die Behörden würden teilweise Maßnahmen verlangen,die technisch nicht möglich seien. Auch würden die Be-hörden die datenschutzrechtlichen Vorschriften nicht ken-nen, gibt dieser Befragte weiter an. Sie könnten nicht ver-stehen, wenn Daten nicht mehr gespeichert sind. Dies seijedoch von den Kundenwünschen abhängig. Der Großteilder Kunden habe die Speicherung untersagt.

Zudem sei die Lesbarkeit von Beschlüssen problema-tisch, führt ein Befragter aus. Die Fax-Übermittlung lassezu wünschen übrig. Außerdem seien Beschlüsse häufigschwer zu verstehen. Man müsse schon über gewisse Er-fahrungen verfügen, um zu interpretieren, was gewollt ist.Sie seien ungenau und unpräzise. Es würden unklare For-mulierungen gewählt, ob die abgehenden oder ankom-menden Daten angefragt werden sollen. Man müsse ausdem Delikt herauslesen, was gewollt ist. Man interpre-tiere die Beschlüsse, um zu erfahren, was abgefragt wer-den soll. Teilweise seien die Dienststellen nicht in derLage, die Daten entgegenzunehmen, weil sie so umfang-reich sind.

Problematisch sei zudem, dass auf Eilanordnungen keinerichterliche Bestätigung erfolge oder diese erst nach denvorgeschriebenen drei Tagen erfolge. Dies sei vor allem

bei Abfragen von Vergangenheitsdaten der Fall. Dannseien die Daten ja abgefragt worden und die Sache habesich für die Behörden erledigt. Ein Befragter meint, erfordere auf eine Eilanordnung hin einen Beschluss. DieStaatsanwaltschaft müsse das Merkmal der Gefahr imVerzug erläutern. Sie würden sich an die Rechtsprechunghalten, die Justiz dagegen nicht. Die Polizei reagiere teil-weise mit Unverständnis auf die Forderung eines Be-schlusses. Die Daten würden aber nicht ohne Beschlussherausgegeben. Ein anderer Befragter berichtet, dass frü-her darauf beharrt worden wäre, die richterliche Bestäti-gung innerhalb von drei Tagen zu erhalten. Ihnen sei abermitgeteilt worden, dass die Bestätigung nur erforderlichsei, wenn die Abfrage in die Zukunft erfolge. Gegen dieseAuslegung spreche aber der Wortlaut der Normen undauch die Regelung bei §§ 100a, 100b StPO. Ein Befragterberichtet davon, dass die Polizei Verkehrsdaten ohne Be-schlüsse wolle. Darauf ließen sie sich aber nicht ein.

Früher seien die Bestandsdaten zur IP-Adresse nur mitBeschluss nach §§ 100g, 100h StPO herausgegebenworden. Mittlerweile würden diese nach § 113 TKG he-rausgeben, da es entsprechende Urteile gegeben habe.Seitdem seien weniger Anfragen zu beobachten und kon-troverse Diskussionen nähmen ab. Die Abfrage dynami-scher IP-Adressen sei weiterhin problematisch, meinendrei andere Befragte. Die Befragten halten eine Beschlussnach §§ 100g, 100h StPO bei der Abfrage von Personen-daten zu dynamischen IP-Adressen für erforderlich. Be-gründet wird dies u. a. damit, dass sie diese Daten ausdem Billingsystem gewinnen müssen. Die Begründung,dass die IP-Adressen schon vorlägen und nur noch derName benötigt werde, sei oberflächlich. Die Daten könn-ten nur über Verkehrsdaten ermittelt werden, erläutert einanderer Befragter. Wenn ein Beschluss nach §§ 100g,100h StPO (von einem LG) abgelehnt würde, würde eineNotlösung über § 161a StPO führen. Bisher habe sichnoch kein OLG damit beschäftigt, aber es gebe LG-Ur-teile für beide Auffassungen. Die Rechtsprechung werdehier uneinheitlich praktiziert.

Ein weiteres Problem sei das Ermitteln von Cash-Card-Aufladungen. Bei den Aufladungen habe Telekommuni-kation stattgefunden. Für die Daten, wann die Karten auf-geladen wurden, bedürfe es daher auch eines Beschlusses.Ein anderer Befragter schildert, dass das Aufladen vonPrepaidkarten ein Diskussionspunkt sei. Die Auskunft,welcher Rufnummer das Guthaben der gestohlenenPrepaid-Karten gutgeschrieben wird, sei ebenfalls ein Te-lekommunikationsvorgang und betreffe das Fernmelde-geheimnis. Um die Daten zu erlangen, müssten die ge-samten Verbindungen durchsucht werden. Auch hierfürbedürfe es eines Beschlusses. Probleme würden sich auchbei der Beauskunftung von Standortdaten des Mobiltele-fons im „Stand-by-Betrieb“ ergeben, meint einer der Be-fragten. Von einer „Zusammenarbeit“ könne man eigent-lich nicht sprechen, führt ein weiterer Befragter aus. Esherrsche eine Waffenungleichheit. Je weniger Chancenfür die Übermittlung von Daten bestünden, desto aggres-siver würden Staatsanwaltschaft und Polizei reagieren. Eswürden nach der Meinung dieses Befragten weniger Be-

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Drucksache 16/8434 – 154 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

schlüsse erlassen, wenn die Kostentragung anders gere-gelt wäre, d. h. wenn die Justiz die Kosten tragen müsste.

Ein weiteres Problem sei, dass die Behörden mit Unver-ständnis darauf regieren würden, dass keine eingehendenDaten gespeichert werden, schildert ein Festnetzanbieter.Gespeichert würden aber nur abgehende Daten. Die ein-gehenden Daten würden keine Kosten verursachen. DieAnrufer bekämen keine Rechnung, daher würden auchihre Daten nicht gespeichert. Beim Zielwahlsuchlaufwürden dann alle, also Millionen von Kunden daraufhingerastert, ob sie eine bestimmte Nummer angerufen ha-ben. Da nur die Fernmelderechnungsdaten der Kundengespeichert seien, könnten auch nur die Daten der Kun-den des Unternehmens ermittelt werden. Die Justiz inter-pretiere, wenn keine Daten gespeichert wurden, dies aberso, dass keiner angerufen habe. Es seien aber nur an einerStelle keine Daten entstanden. Der Zielwahlsuchlaufwerde also nicht verstanden von Staatsanwälten, Richternund Polizisten. Das Ausmaß des Grundrechtseingriffs seiihnen nicht bewusst. Die Maßnahme ähnle einer Raster-fahndung. Von einem Anbieter werden keine Schwierig-keiten berichtet. Hier heißt es, es verlaufe Alles reibungs-los.

Vier der befragten Unternehmensmitarbeiter geben an,dass die Anfragen häufig bzw. immer als dringend darge-stellt werden. Dahinter stecke der Ermittlungsdruck. Eswerde regelmäßig um bevorzugte Behandlung gebeten.Einer der Befragten meint, dass in regelmäßigen Abstän-den angerufen würde, wenn es wirklich dringend sei. Fastjedes Anschreiben stelle die Datenabfrage als besondersdringend dar. Ein Befragter meint, dies sei zu 50 Prozentder Fall, aber die Tendenz sei steigend.

(5) Anforderung der Daten ohne Beschluss

Gelegentlich versuche die Polizei die Daten (ohne Be-schluss) von den Unternehmen zu erfragen, gaben vierder Befragten an. Darauf würden sie sich jedoch nichteinlassen. Ein Befragter führte aus, dass es häufiger vor-komme, dass Auskünfte zu dynamischen IP-Adressenaufgrund einer banalen Rechtsgrundlage erfragt würden.Ein Befragter meint, dass dies nicht vorkomme. Aber dieSachbearbeiter würden sehr oft Beratungsleistung erbrin-gen. Es würde gefragt, was getan werden müsse, um dieDaten zu erlangen und ob es eines §§ 100g, 100h StPO-Beschlusses bedürfe. Die Sachbearbeiter würden alsovielfach über die technischen Gegebenheiten, aber auchdie rechtlichen Voraussetzungen aufklären. Ein andererBefragter schildert ein weiteres Problem. Die Behördenwürden Einverständniserklärungen von Kunden vorlegenund die Daten verlangen. Dies sei jedoch eine Ignoranzdes Fernmeldegeheimnisses des Gesprächspartners desKunden. Sie würden nur auf Anfragen von Behörden ant-worten. Die Beauskunftung des Kunden über Verkehrsda-ten sei gesetzlich nicht vorgesehen.

(6) Weigerungen der Diensteanbieter

Die Mitarbeiter von drei der Diensteanbieter gaben an,dass sie sich im Jahr 2005 nicht geweigert hätten, Be-

schlüsse auszuführen oder Beschwerden gegen Anord-nungen eingelegt hätten. Ein Befragter meint, wenn esProbleme gebe, würden sie das mit den Behörden klären.Ein anderer Befragter gab an, dass sie sich in der Regelnicht weigern würden, da das Risiko zu groß sei. Ein Be-fragter meint, Beschwerden seien die Ausnahme, weil siebisher kaum erfolgreich waren und nur Kosten entstandenseien. Ein Befragter gibt an, dass im Jahr 2005 eine Be-schwerde eingelegt worden sei. Zu einer Verweigerungder Abfrage komme es nicht, da die Beschlüsse ausge-führt werden müssten. Im Jahr 2005 seien drei Beschwer-den eingelegt worden, gibt ein anderer Befragter an. AlleBeschwerdeverfahren seien zum Nachteil der Unterneh-men ausgegangen. Es habe fünf bis sechs inoffizielle Be-schwerden und keine Weigerung gegeben. Man müsse essich als Unternehmen überlegen, wie viel Zeit und Geldin ein solches Vorgehen gesteckt werde, vor allem, wennzu erwarten sei, dass die Sache nicht von Erfolg gekröntsein werde. Ein weiterer Befragter schildert, dass im Jahr2006 drei Beschwerden eingelegt worden seien. Diesehätten sich auf Massenzellanfragen bezogen. Es solltenDaten aus über 90 Funkzellen in stark frequentierten Be-reichen über einen längeren Zeitraum abgefragt werden.Die Beschwerden seien aber abgelehnt worden.

(7) Ordnungs- oder Zwangsmittel und Straf-verfahren wegen Strafvereitelung

Mit Ordnungs- oder Zwangsmitteln wurden – abgesehenvon einem Fall (Zwangsgeld) – die Befragten im Jahr2005 nicht belegt. Gegen drei der Unternehmen wurdenkeine Verfahren wegen Strafvereitelung geführt. ZweiUnternehmen hatten je einen Fall wegen Strafvereitelung.Bei einem dieser Unternehmen beruhte dies darauf, dasseinige Behörden die Ergebnisse nicht schnell genug be-kommen haben. Gegen Mitarbeiter eines Unternehmensliefen im Jahr 2005 drei Verfahren wegen Strafvereite-lung.

(8) Drohungen seitens der Behörden

Hinweise seitens der Behörden darauf, dass sich die Mit-arbeiter von Telekommunikationsunternehmen bei Wei-gerung wegen Strafvereitelung strafbar machen bzw. dasssie mit Ordnungs- oder Zwangsmitteln belegt werdenkönnen, kommen bei fast allen befragten Unternehmenvor. Ein Befragter führt dazu aus, dass dies häufig im An-schreiben oder im Beschluss stehe. Ein anderer Befragterschildert, dass dies Standard sei bei jeder Zeugenbelehrungbzw. bei jeder Anfrage. Es stehe in der Rechtsbehelfsbeleh-rung. Zudem würden regelmäßig entsprechende Hinweisedurch die Polizei und die Staatsanwaltschaft erfolgen,wenn diese die Ergebnisse dringend benötigen. Wenn eslänger dauere (aufgrund erhöhter Anfragen), würden Hin-weise auf Strafvereitelung folgen. Auch drei weitere Be-fragte berichten von regelmäßigen Androhungen vonZwangsmaßnahmen bzw. mit der Einleitung von Strafver-fahren wegen Strafvereitelung (z. B. wenn Daten nichtherausgegeben werden können). Dies erfolge meistens te-lefonisch. Zwei dieser Befragten führen aus, dass das Ver-halten – gerade der Staatsanwaltschaft – teilweise an ver-

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 155 – Drucksache 16/8434

suchte Nötigung grenze. Einer der Befragten meint, dassimmer die Gefahr bestehe, entweder wegen Strafvereite-lung belangt zu werden oder weil man die Vorschriftendes TKG nicht einhalte (§ 88 TKG, Speicherfristen, etc.).

b) Polizeibeamte

(1) Probleme zwischen Polizei, Staats-anwaltschaft und Gericht

Die befragten Polizeibeamten gaben an, dass es bei derZusammenarbeit zwischen Polizei, Staatsanwaltschaftund Gericht zu nur wenigen (7) oder keinen (6) Proble-men gekommen sei. Probleme kämen nur in Einzelfällenvor. Eine angesprochene Schwierigkeit bezog sich auf dieteilweise Unkenntnis der Richter über die Zulässigkeitder Überwachung in die Zukunft. Am Anfang habe derGeschäftsvorgang zwischen Polizei, Staatsanwaltschaftund Gericht zu lange gedauert. Es seien zwei bis vier Wo-chen vergangen, bis der Beschluss bei der Polizei ange-kommen sei. Dann habe gerade beim Zielsuchlauf keineChance mehr bestanden, die Daten zu erlangen. Jetzt be-stehe aber ein kurzer Draht zwischen den Beteiligten.Weiteres Problem sei die Fehlerhaftigkeit von Beschlüs-sen. Die Provider würden sehr auf eine korrekte Form derBeschlüsse achten. Falsche Rufnummern, fehlendeAdressaten etc. würden nicht akzeptiert. Dann müsse einÄnderungsbeschluss erlassen werden und es komme zuVerzögerungen. Mit der Staatsanwaltschaft werde die An-regung ausführlich durchgesprochen.

Probleme würden sich dann ergeben, wenn kein Zeugeaussagt, dass die Täter telefoniert haben. Dass Telekom-munikation eine Rolle gespielt hat, sei dann schwierignachzuweisen. Dann könne nur mit Erfahrungswissen ar-gumentiert werden. Bei schwerwiegenden Delikten spieleTelekommunikation unter den Tätern immer eine Rolle.Es erfolgen Absprachen über Mobiltelefone vor und nachder Tat. Diese Aspekte werden dann mit der Staatsanwalt-schaft und dem Gericht diskutiert. Allgemein käme esdurch unterschiedliche Bewertungen der rechtlichen Vo-raussetzungen zu Schwierigkeiten. Es gebe auch Mei-nungsverschiedenheiten über die Notwendigkeit derMaßnahme. Problematisch sei auch die Erreichbarkeitvon Richtern gewesen. Ferner gebe es auch technischeProbleme. Die Beschlüsse würden den Netzbetreibernnicht zeitnah zugeleitet und auf die Dringlichkeit müssehingewiesen werden.

(2) Probleme mit den Netzbetreibern

Es wurden verschiedene Probleme bei der Zusammen-arbeit mit den Netzbetreibern geschildert. Es gebe inter-pretationsbedürftige rechtliche Vorgaben. Es sei proble-matisch, dass die Anbieter die Daten in unterschiedlichenFormaten zu ihnen schicken. Die Daten kämen auf Pa-pier, CD, Diskette oder per Fax. Das mache die Bearbei-tung schwieriger. Eine gesetzliche Vorgabe zur Verein-heitlichung der Datenformate wäre wünschenswert (fünfder Befragten). Die Übersendung der Daten in elektroni-scher Form erleichtere die Auswertung. Die Daten seienfür sie nur effektiv verwertbar, wenn sie in digitaler Form

geliefert werden. Bei der Lieferung von Listen in Papier-form müssten diese eingescannt oder abgeschrieben wer-den. Dadurch entstünden neben Kosten auch Fehlerquel-len. Wegen Fehlens einer gesetzlichen Grundlage würdendie Anbieter auf die Bitte um Übersendung in digitalerForm darauf hinweisen, dass sie dazu nicht gesetzlichverpflichtet seien. Selbst auf richterliche Anweisung hinwürden sich die Anbieter weigern, berichtet ein Befragter.Eine rechnergestützte Auswertung sei erforderlich, dasonst zu viele Personen beteiligt seien und zuviel Zeit in-vestiert werden müsse. Zudem berichtet ein Befragter vonunübersichtlichen Antworten der Netzbetreiber. So wür-den kommende und abgehende Daten separat und nichtzeitgleich geschickt. Ebenso sei es bei Funkzellenabfra-gen. Bei acht Funkzellen gebe es acht Antworten pro Un-ternehmen. Es sei wünschenswert, dass die Antwortenschnell und zusammenhängend erfolgen würden.

Ein weiteres Problem sei, dass ein Anbieter keine Datenauf eine Eilanordnung hin herausgebe. Der Netzbetreibererhebe die Daten daraufhin zwar, gebe sie aber erst nachder Bestätigung durch den Richter heraus. Das widerspre-che dem Prinzip der Eilanordnung und den gesetzlichenVorgaben. Problematisch sei auch, dass es zu lange dau-ere, bis die Daten geliefert werden. Manche Anbieterwürden sich nicht daran halten, dass die Daten unverzüg-lich geliefert werden müssen, wie es gesetzlich vorge-schrieben ist. Es käme teilweise zu vier bis sechs WochenZeitverzug. Dann seien die Daten nicht mehr so relevant.Gerade bei den kleinen Provider (Subprovidern) sei dieseher schwierig. Ein Befragter berichtet, dass man geradebei Datenabfragen, die in die Zukunft gerichtet sind, im-mer wieder nachfragen müsse. Sie hätten aber keineHandhabe, um die Netzbetreiber zu verpflichten, die Da-ten zeitnah zu liefern. Ein Anbieter berichtet, dass dieRichter mittlerweile auch anordnen, bis wann die Datengeliefert werden müssen. Folgemaßnahme bei Nichtliefe-rung sei dann die Durchsuchung und Sicherstellung derDaten bei den Betreibern.

Schwierigkeiten bereite auch die Erreichbarkeit der Netz-betreiber. Sie seien nur zu ihren Bürozeiten erreichbarund nicht am Wochenende, zu Nachtzeiten oder an Feier-tagen. Kriminalität fände aber rund um die Uhr statt. Dassei problematisch, da es bei eiligen Sachen und schwererKriminalität zu Datenverlust kommen könne. Aber diessei nicht gesetzlich festgelegt. Die Netzbetreiber würdensehr viel Wert auf formale Kriterien legen und hieltendiese penibel ein. Die Anbieter hätten teilweise eine ei-gene Rechtseinschätzung und würden Beschlüsse anzwei-feln. Zu Problemen käme es auch immer dann, wenn eszu einer Umstellung aus datenschutzrechtlicher Sichtkäme.

Grundsätzlich habe eine deutliche Verbesserung in denletzten Jahren stattgefunden. Man arbeite regelmäßig zu-sammen und Probleme könnten telefonisch geklärt wer-den. Es gebe geringe Reibungspunkte. Die Providerwürden sich nach Kräften bemühen. Weiter wurde ange-geben, dass dies unterschiedlich und vor allem firmen-und personenabhängig sei. Manche Mitarbeiter der Un-ternehmen seien sehr kooperativ, andere würden sich

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völlig querstellen. Teilweise erfolge keine Prioritätenset-zung bei herausragenden Fällen. Bei manchen Anbieternginge es schnell, bei manchen seien die Daten unvollstän-dig oder unleserlich gemacht. Die anonymisierten Datenseien zum Beweis unbrauchbar.

(3) Speicherprobleme

Fälle, bei denen der Zugriff auf Verkehrsdaten notwendiggewesen wäre, dem Auskunftsersuchen aber nicht (aus-reichend) nachgekommen werden konnte, da die Datenbei den Anbietern bereits gelöscht waren oder nur teilano-nymisiert gespeichert, sind den meisten der Befragten be-kannt. Das, so heißt es, komme häufiger vor. Da es keinegesetzliche Regelung zur Speicherdauer gibt, richtet sichdiese nach der mit dem Kunden geschlossenen Vereinba-rung. Die Daten würden zwischen drei und 180 Tagen ge-speichert. Nach einem Befragten wären Meldung undSammlung der Fälle wichtig, um eine Problembeseiti-gung einzuleiten. Ein Befragter ist der Ansicht, dass esnicht immer an den Providern liege, dass die Daten schongelöscht seien. Manchmal dauere die Antragstellung ein-fach zu lange. Ein Befragter schilderte, dass die Speicher-fristen bei ausländischen Rufnummern Schwierigkeitenbereiten würden (30-Tages-Frist). Internetanbieter wür-den IP-Adressen teilweise überhaupt nicht speichern.

Einer der Befragten erklärte, dass der Entwurf zur Novel-lierung der verdeckten Ermittlungsmaßnahmen eine zulange Einführungszeit habe (erst ab 2009), insbesondere,was Internetspuren betreffe. Ebenso sei unverständlich,dass die großen Anbieter bis 2009 ihre bisherigen Spei-cherfristen reduzieren wollen. Zumindest die bisherigenSpeicherfristen sollten beibehalten werden und ab 2009dann die veränderten Speicherfristen umgesetzt werden.Straftaten im Umgang mit den neuen Medien seien sonstnicht mehr aufklärbar.

(4) Verschlüsselungstechniken

Mit Verschlüsselungstechniken der Täter hatten sechs derbefragten Polizeibeamten Probleme. Es wurde erläutert,dass durch Anonymisierungsdienste im Internet einrechtsfreier Raum entstehe. Durch Anonymisierungsme-thoden würden die Spuren der Täter verwischt. Dann be-stünde die Gefahr, dass andere Personen als der Täter insVisier der Ermittlungen gelangen. Insbesondere beim sog.„Phishing“ sei dies verbreitet: Danach würden IP-Adres-sen bei Bankrechnern gespeichert. Wenn diese rückver-folgt würden, führe die Spur nicht zu den Tätern, sondernzu Rechnern, die mit Trojanern verseucht seien. Angege-ben wurde auch, dass Anonymisierungsdienste bisher nurim Bereich Internet, aber nicht bei der Telefonie ange-wandt würden. Bei letzterer seien Probleme bislang nurim Zusammenhang mit § 100a StPO vorgekommen. EinBefragter gab an, dass Verschlüsselungstechniken nur inetwa jedem zehnten Fall vorkämen. Ein anderer meinte,dass die Nutzung von Verschlüsselungstechniken zu-nehme. Ein Befragter gab an, dass die Täter die Ver-schlüsselung dadurch versuchen, indem Spuren überMailboxen und Weiterleitungen verwischt würden. Dies

gelinge allerdings deshalb nicht, weil diese Wege verfolgtwerden könnten. Zudem seien Voice over IP und dynami-sche IP-Adressen ein Problem. Es sei unklar, wer mitwem kommuniziert habe. Von den Anbietern werde nichtgeprüft, welche Person sich freischalten lässt.

c) Staatsanwälte

(1) Probleme zwischen Polizei, Staats-anwaltschaft und Gericht

Etwa die Hälfte der befragten Staatsanwälte gab an, dasses keine Probleme bei der Zusammenarbeit mit der Poli-zei und dem Gericht gebe. Im Übrigen wurde ausgeführt,dass im Einzelfall unterschiedliche Auffassungen zwi-schen den Beteiligten bestehen würden. Die Polizei regeetwas an, was die Staatsanwaltschaft nicht für erforder-lich halte. Ebenso sei auch ab und zu das Ermittlungsge-richt anderer Auffassung, z. B. was die Erheblichkeiteiner Straftat angehe oder die Verhältnismäßigkeit. Pro-blematisch sei, der Polizei zu vermitteln, dass die Voraus-setzungen nicht vorliegen. Die Polizei kenne die rechtli-chen und technischen Voraussetzungen oftmals nicht. Dassei ein Problem der Fortbildung. Dazu wurde ausgeführt,dass es bei der Funkzellenabfrage Probleme mit der Poli-zei gegeben habe. Diese sei extrem oft beantragt worden.Es bedürfe jedoch tatsächlicher Anhaltspunkte, dass über-haupt telefoniert worden sei. Problematisch sei früher dieörtliche Zuständigkeit des Gerichts gewesen. Umstrittenwar, ob das Gericht am Sitz des Unternehmens oder amSitz der Zweigstelle, bei der die Daten gespeichert wür-den, zuständig sei. Diesbezüglich sei aber eine Klarstel-lung durch den Bundesgerichtshof erfolgt.

(2) Probleme mit den Netzbetreibern

Mit den Netzbetreibern seien keine Schwierigkeiten auf-getreten, geben vier befragte Staatsanwälte an. Einer vonihnen erläutert dazu, dass es früher Probleme gegebenhabe, mittlerweile aber nicht mehr. Weiteres Problem seidie Weigerung der Datenherausgabe – selbst mit Be-schluss. Manche Anbieter würden kooperieren, manchenicht. Manche würden „nur auf Druck reagieren“. DieStaatsanwaltschaft drohe in Fällen, in denen die Anbieterdie Daten selbst auf einen Beschluss hin nicht herausge-ben, mit einem Verfahren wegen Strafvereitelung. DesWeiteren gebe es Anbieter, die sich weigern würden, dieDaten zu sichern. Eilanordnungen durch die Staats-anwaltschaften würden sich problematisch gestalten.Weiter wurde ausgeführt, dass das Antwortverhalten nichtzufrieden stellend sei. Die Beantwortung sei zum Teil äu-ßerst zögerlich erfolgt und in manchen Fällen (z. B.Bankraub) sei es aus ihrer Sicht einfach unabdingbar,dass die Auskunft schnell erfolge. Sie hätten nicht dasGefühl, dass die Provider mit großem Einsatz hinter denErmittlungen stehen.

Zudem werde von einem Anbieter für Bestandsdaten einBeschluss nach §§ 100g, 100h StPO verlangt, bei demaber eigentlich § 113 TKG einschlägig sei. Begründetwerde dies damit, dass sie VerbindungsdatenVerkehrsda-

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ten abfragen müssen, um an die Bestandsdaten zu kom-men. Dies sei jedoch Angelegenheit der Provider. In sol-chen Fällen würden Drohschreiben aufgesetzt.

Weiteres Problem, das angeführt wurde, bezieht sich aufdie unterschiedlichen Speicherfristen der Anbieter. Eineeinheitliche Speicherungsdauer sei sinnvoll. Kritisiertwird auch, dass die Wochenendbereitschaft der Anbieterfehle. Zudem seien die Premiumrate (0190)-Nummernder Netzbetreiber problematisch. Für §§ 100a, 100b StPOsei dies verboten, für §§ 100g, 100h StPO dagegen nicht.Teilweise gaben die Befragten an, dass sie die Problemenur mittelbar über Informationen der Polizei verfolgenkönnen.

(3) SpeicherproblemeFälle, in denen der Zugriff auf Verkehrsdaten notwendiggewesen wäre, die Daten aber bereits gelöscht oder nurteilanonymisiert gespeichert waren, gibt es nach Angabeder Hälfte der befragten Staatsanwälte häufig. Das liegedaran, dass die Straftat erst später bekannt werde. Dannkönne die Maßnahme nicht mehr durchgeführt werden.Zum Teil würden auch die Geschädigten die Straftat zuspät anzeigen. Drei Befragte meinen, es sei vorgekom-men, dass die Daten zu kurz gespeichert waren. Drei wei-teren Befragten sind keine solchen Fälle bekannt. Ein Be-fragter meint, dass es eher die Ausnahme sei, dass esProbleme mit den Speicherfristen gebe. Die Maßnahmewerde sehr häufig in die Zukunft angeordnet bzw. aktu-elle Daten seien wichtiger. Ein weiteres Problem seienauch die Fälle, in denen der Sitz des Servers im Auslandsei.

(4) VerschlüsselungstechnikenOb die Befragten mit Verschlüsselungstechniken der Tä-ter in Berührung gekommen sind, beantworten vier derStaatsanwälte mit nein. Ein Befragter meinte, Skypestelle ein Problem dar. Das könnten sie nicht abhören. EinBefragter aus einem Dezernat, das Computerkriminalitätbehandelt, gibt an, dass es Verschlüsselungstechnikendurch Verwendung von Proxyservern gebe. Dann führedie ermittelte IP-Adresse nicht zum Ergebnis. Die Hand-lungen seien von einem anderen PC ausgeübt worden.Das sei sehr häufig

d) Richter(1) Probleme zwischen Polizei, Staats-

anwaltschaft und GerichtÜber die Hälfte der Befragten berichteten, dass es (grund-sätzlich) zu keinen Problemen bei der Zusammenarbeitmit der Polizei und der Staatsanwaltschaft im Rahmen derVerkehrsdatenabfrage gekommen sei. Wenn es Problemegebe, würden diese telefonisch besprochen und geklärt.Ein Problem sei, dass (selten) keine ausreichende Be-gründung dafür gegeben würde, warum eine bestimmteNummer beteiligt sein solle. Die Anträge seien dann zu-rückgenommen worden. Weitere angegebene Problemeseien Zahlendreher bei den Rufnummern und sonstige

Fehler. Der Beschluss müsse dann berichtigt werden. DiePolizei stelle Verlängerungsanträge teilweise zu spät. Zu-dem finde keine Benachrichtigung über die Abschaltungeiner Telefonüberwachung statt, obwohl dies gesetzlichvorgesehen sei. Weiter wurde berichtet, dass es Problemezwischen der Polizei und der Staatsanwaltschaft gebe.Die Polizei beantrage die Maßnahme gerne und dieStaatsanwaltschaft lehne die Anträge des Öfteren ab. DiePolizei müsse da „gebremst“ werden.

(2) Probleme mit den Netzbetreibern

Es wurde berichtet, dass es mit den Netzbetreibern Pro-bleme wegen der Datenspeicherung gebe. Die Daten wür-den nur drei Monate gespeichert. Manchmal sei es dannzu spät. Die unterschiedlichen Speicherungsmodalitätenbei den Anbietern seien problematisch. Einige Anbieterwürden den Beschluss nicht nur per Fax haben wollen,sondern im Original und mit Siegel. Ein Richter meint,wenn der Anbieter die Maßnahme sonst nicht durchführe,grenze dies an Strafvereitelung. Seiner Meinung nachhätten die Anbieter keinen Anspruch auf den Originalbe-schluss. Die Anbieter würden sehr auf Formalitäten ach-ten. Das sei aber auch in Ordnung, äußerte ein andererRichter. Ein Befragter hat den Eindruck, dass die Anbie-ter alle Anfragen umsetzen, wenn ein Beschluss vorhan-den sei. Sie hätten Sorge, etwas falsch zumachen. Teil-weise erfolge eine zögerliche Umsetzung der Beschlüsse.Die Anbieter würden sich teilweise weigern, die Maßnah-men durchzuführen, obwohl ein Beschluss vorläge. DieAnbieter seien der Ansicht, dass sie die Beschlüsse über-prüfen müssten. Das sei aber nicht ihre Aufgabe, sonderndie des Landgerichts. Sie würden sich als „Hüter der Ver-fassung“ aufspielen, obwohl ihre Aufgabe nur in der Um-setzung der Beschlüsse bestünde. Es sei aber auch vorge-kommen, dass Anbieter Verkehrsdaten auf CD schicktenohne Angabe eines Aktenzeichens und ohne Anschrei-ben. Es mache den Anschein, als seien sich die Anbietermanchmal nicht über die Brisanz der Daten bewusst.

Problematisch sei die Auskunft zu dynamischen IP-Adressen. Es gebe immer wieder Diskussionen darüber,ob ein Beschluss dafür notwendig sei oder nicht. Es seiaber mehrfach entschieden worden, dass §§ 100g, 100hStPO nicht einschlägig seien. Trotzdem würden die An-bieter auf einem Beschluss beharren. Dann müsse in je-dem Fall neu darüber entschieden werden.

Probleme gebe es in Bezug darauf, ob eine Eilanordnunginnerhalb von drei Tagen bestätigt werden muss. Einerder befragten Ermittlungsrichter gibt an, dass sie der Mei-nung sind, dass die Staatsanwaltschaft die Maßnahme fürdrei Tage anordnen dürfe und nur, wenn sie Daten überdiese 3 Tage hinaus brauchen, dann müsse eine richterli-che Bestätigung erfolgen. Die Anbieter würden jedochdie Auffassung vertreten, dass die Staatsanwaltschaft fürdiese drei Tage eine Bestätigung benötige. Ohne die Be-stätigung würden sie die Daten nicht herausgeben. Dage-gen seien sie machtlos und daher würden sie, um dieErmittlungen nicht zu behindern, die richterlichen Bestä-

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tigungsbeschlüsse erlassen, obwohl sie der Meinungseien, dass sie gar nicht notwendig seien.

(3) SpeicherproblemeDer Hälfte der Befragten sind keine Fälle bekannt, in de-nen der Zugriff auf Verkehrsdaten notwendig gewesenwäre, die Daten aber bereits gelöscht oder nur teilanony-misiert gespeichert waren. Ein Richter gibt an, dass er ei-lige Anfragen bekomme, die am Ende der Frist liegen.Die Staatsanwaltschaft sei aber genau über die Speicher-fristen informiert. Zwei andere Befragte führten aus, dasssie von der Auswertung und der Durchführung der Maß-nahmen keine Kenntnis haben (nur wenn die Akte wie-derkommt). Im Übrigen wurde angegeben, dass solcheFälle vorkommen. Die gesetzlichen Fristen seienabgelaufen gewesen, was aber kein Verschulden derNetzbetreiber sei. Ein Anbieter lösche die Daten verfrüht(teilweise Speicherung nur noch für einen Monat). Ande-rerseits sei unklar, was für Datenmengen die Anbieter zubewältigen haben. Ein anderer Befragter findet, dass ein-gehende Anrufe länger als 72 Stunden gespeichert wer-den sollten. Diese Frist sei zu kurz. Wahrscheinlich wür-den viele Maßnahmen durchgeführt, obwohl es gar nichtnötig gewesen sei, nur weil die Ermittler wüssten, dassdie Daten nach den 72 Stunden nie wieder zu beschaffenseien. Zudem erfolge die Speicherung bei den Anbieternuneinheitlich. Eine Vereinheitlichung sei sinnvoll. Proble-matisch seien die Speicherfristen (bei den ausländischenUnternehmen) auch, wenn Mobiltelefone aus dem Aus-land benutzt würden, was beim Enkeltrick verbreitet sei.Ein Befragter schilderte, dass vor allem bei Internetkrimi-nalität Probleme auftauchen würden. Es würden Dienstein Anspruch genommen werden, die nicht bezahlt wür-den. Da es jedoch um nicht so große Schäden handle,würden diese Fälle nachrangig behandelt. Die Datenseien dann nicht mehr vorhanden. Mit teilanonymisiertenDaten habe er bisher keine Fälle gehabt, meint ein Be-fragter.

e) VerteidigerDass Daten, die für den Mandanten eine entlastende Wir-kung gehabt hätten, bereits gelöscht waren oder nur nochteilanonymisiert gespeichert waren, kam nur bei einemder befragten Verteidiger vor. Man müsse den Zugriff ineinem frühen Stadium des Verfahrens beantragen, damitdie Löschung der Daten verhindert werde.

4. Zusammenfassung der ErgebnisseDie technische Umsetzung der Verkehrsdatenabfrage er-folgt durch die Telekommunikationsanbieter. Nachdemdie Anfrage bei Ihnen eingeht, wird überprüft, um welcheArt von Abfrage es sich handelt und ob die formellen Vo-raussetzungen gegeben sind. Die Hälfte der Netzbetreibersieht sich – entgegen der Ansicht der Polizei- und Justiz-behörden – dazu verpflichtet, darüber hinaus auch mate-rielle Erwägungen anzustellen. Beschwerden wegen vonihnen monierter Unverhältnismäßigkeit der Verkehrsda-tenabfrage, z. B. wegen Geringfügigkeit des Anlassde-

likts, bleiben erfolglos. Der Suchlauf wird von den jewei-ligen Sachbearbeitern gestartet und elektronisch oder inPapierform zu den anfragenden Stellen geschickt. Bei derDurchführung der Maßnahmen sind zwischen den Betei-ligten verschiedene Schwierigkeiten aufgetreten. Die Zu-sammenarbeit zwischen Polizei, Staatsanwaltschaft undGericht wird überwiegend als gut bewertet. Dies ergibtsich sowohl aus der schriftlichen Befragung, bei der diebefragten Staatsanwälte die Zusammenarbeit als gut bissehr gut (94 Prozent) bezeichneten, als auch aus den Ex-perteninterviews mit Polizeibeamten, Staatsanwälten undRichtern. In den Gesprächen führten die Beteiligten an,dass es teilweise Meinungsverschiedenheiten hinsichtlichder rechtlichen Bewertungen und der Notwendigkeit derMaßnahme geben würde. Staatsanwälte und Richter äu-ßerten zudem, dass die Polizei teilweise die rechtlichenVoraussetzungen nicht kenne und Maßnahmen (z. B.Funkzellenabfragen) anrege, obwohl keine Anhalts-punkte dafür vorlägen, dass telefoniert worden ist. Eswürde nicht immer ausreichend begründet, warum ein be-stimmter Anschluss beteiligt sein soll. Weitere Problemebetreffen fehlerhafte Rufnummern. Probleme mit denNetzbetreibern werden hingegen häufig genannt. Die Zu-sammenarbeit wird zwar nach den Ergebnissen derschriftlichen Befragung überwiegend als mittelmäßig bisgut empfunden. Es wurden jedoch gelegentliche bis häu-fige Schwierigkeiten durch Verzögerungen bzw. zu kurzeSpeicherungszeiträume angegeben. Gelegentlich seienAnordnungen nicht akzeptiert worden. Dies wird auchdurch die Ergebnisse der Aktenanalyse bestätigt. Aller-dings konnte dies nur bei 27 von 1 257 Beschlüssen denAkten entnommen werden. Zu einem großen Teil beruhtedies auf der Nichtakzeptierung von Eilanordnungen ohnerichterliche Bestätigung. Im Übrigen handelte es sich je-doch um fehlerhafte Beschlüsse, die falsche oder unvoll-ständige Rufnummern enthielten, oder sonstige nicht imVerantwortungsbereich der Anbieter liegende Ausfüh-rungshindernisse. Zu Verzögerungen führte das Wartenauf die richterliche Bestätigung in sieben Fällen. WeitereVerzögerungen ohne explizite, den Akten zu entneh-mende Weigerung der Anbieter kamen bei 32 Beschlüs-sen vor. Auch hier ging es u. a. um fehlerhafte Be-schlüsse, bei denen Rufnummern falsch waren oder keinAbfragezeitraum festgelegt war. In der Sphäre der Anbie-ter liegende Verzögerungen kamen lediglich in fünf Fäl-len vor, in denen falsche Daten abgefragt wurden oder dieAnfrage wegen Personalmangel nicht erfolgte. Eine wei-tere Schwierigkeit, die sich aus der schriftlichen undmündlichen Befragung ergibt, ist die nicht vorhandeneWochenendbereitschaft der Anbieter. Den Anbietern wirdteilweise mangelnde Kooperationsbereitschaft und Des-interesse an der Zusammenarbeit mit den Strafverfol-gungsbehörden vorgeworfen. Aufgrund unklarer Rechts-lage gibt es unterschiedliche Rechtsauffassungen. Durchdiese Probleme ist es nach den Ergebnissen der schriftli-chen Befragung häufig zur Erfolglosigkeit des Auskunfts-ersuchens und Verfahrensverzögerungen gekommen. Inden Expertengesprächen wurde angesprochen, dass dieZusendung der Daten in unterschiedlichen Formaten so-wie die nicht unverzügliche Zusendung der Daten proble-

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matisch sei. Zudem widerspreche die Weigerung einigerAnbieter, ohne richterliche Bestätigung auf eine Eilanord-nung hin die Daten herauszugeben, dem Prinzip der Eil-anordnung. Die Anbieter würden zudem sehr auf Forma-lien achten. Weiteres Problem sei die Forderung einesBeschlusses bei Abfrage von Personendaten zu dynami-schen IP-Adressen. Hier ist nach Ansicht der befragtenStaatsanwälte und Richter § 113 TKG und nicht die§§ 100g, 100h StPO einschlägig.

Weitere Probleme ergeben sich nach den Ergebnissen derschriftlichen Befragung und der Expertengespräche ausden unterschiedlichen Speicherdauern und daraus, dassDaten zu früh gelöscht werden. Die meisten schriftlichbefragten Staatsanwälte (48 Prozent) würden eine Spei-cherdauer von sechs bis zu zwölf Monaten befürworten.Teilweise wird den Anbietern durch die befragten Prakti-ker zugestanden, dass es nicht immer an diesen liege,wenn die Daten bereits gelöscht seien, sondern dass dieAntragstellung zu spät komme oder die Straftat zu spätbekannt werde. Schwierigkeiten bei der Speicherung derDaten tauchten in den Akten nur bei 63 Beschlüssen auf.Bei 37 Beschlüssen waren die Daten zum Zeitpunkt derAbfrage bereits gelöscht, bei 17 Beschlüssen nur teilano-nymisiert gespeichert und bei neun Beschlüssen warendie Daten von vornherein nicht gespeichert. Teilweisekonnte den Akten eine Erfolgsbeeinflussung durch dieseFaktoren entnommen werden. Dies betrifft vor allem dieAnschlüsse, bei denen die Daten bereits gelöscht waren.Schwierigkeiten durch Verschlüsselungstechniken sindnach Angaben der schriftlich und mündlich Befragtenkaum vorgekommen. Etwa 70 Prozent der Staatsanwälte,die an der schriftlichen Befragung teilgenommen haben,gaben an, dass diese in ihrer Praxis nie eine Rolle gespielthätten. Über 50 Prozent konnten keine Auswirkungen an-gewandter Verschlüsselungstechniken bemerken. ImRahmen der Expertengespräche gaben Polizeibeamte undStaatsanwälte an, dass Verschlüsselungstechniken vor al-lem im Internetbereich angewandt wurden. Bei Rückver-folgung der Daten gelange man dann nicht zum Täter,sondern zu unbeteiligten Rechnern. Auch bei der Aus-wertung der Akten konnte nur ein Fall festgestellt wer-den, bei dem die Daten verschlüsselt waren, wobei dieAuswirkungen auf den Erfolg nicht manifest werden.

Technische Schwierigkeiten waren ebenfalls selten. Nachden Ergebnissen der schriftlichen Befragung erfolgtenBeeinträchtigungen dadurch nie (55 Prozent) oder selten(29 Prozent). Als technische Probleme wurden dieLöschung von Daten und sonstige Speicherprobleme an-gegeben. Nur wenige gaben Serverabstürze bei den Pro-vidern, Datenverlust und Übermittlungsfehler an. Er-folgsbeeinträchtigungen gab es dadurch nach Angabe von40 Prozent der Befragten nicht. Ansonsten wurden vor al-lem Verfahrensverzögerungen und Erfolglosigkeit derMaßnahmen genannt. Aus den Akten waren nur drei Fälleersichtlich, in denen es technische Probleme gab. In zweiFällen davon war den Anbietern die Ausführung der Ab-frage prinzipiell technisch nicht möglich.

Die Telekommunikationsanbieter schilderten ebenfallsmehrere Schwierigkeiten mit den Polizei- und Justizbe-hörden. Es wurde technische und rechtliche Unkenntnisgenannt, z. B. auch, was die Durchführung von Zielwahl-suchen betreffe. Zudem seien die Beschlüsse oft undeut-lich und schwer zu verstehen. Sie seien zu unpräzise undmüssten interpretiert werden. Angesprochen wurde auchdie Problematik der fehlenden richterlichen Bestätigungbei Eilanordnungen. Weiter wurde angeführt, dass diePraxis zur Auskunft über Personendaten zu dynamischenIP-Adressen uneinheitlich sei. Hierzu gebe es unter-schiedliche Rechtsauffassungen und Rechtsprechung.Teilweise fordern die Anbieter dafür einen Beschlussnach §§ 100g, 100h StPO. Geweigert hätten sie sich aberim Jahr 2005 nicht. Beschwerden wurden vereinzelt ein-gelegt. Nur ein Unternehmen wurde 2005 mit Ordnungs-und Zwangsmitteln belegt, während gegen drei Mitarbei-ter eines Unternehmens Verfahren wegen Strafvereitelunggeführt wurden. Drohungen seitens der Polizei- und Jus-tizbehörden mit Ordnungs- und Zwangsmitteln sowie mitEinleitung von Strafverfahren wegen Strafvereitelungkommen bei fast allen Telekommunikationsanbietern re-gelmäßig vor.

VII. Betroffene und Benachrichtigung

Wie viele Betroffene es durchschnittlich bei der Verkehrs-datenabfrage gibt und wie oft die Betroffenen benachrich-tigt werden, ist Gegenstand des folgenden Abschnitts.

1. Schriftliche Befragung

a) Benachrichtigung der Betroffenen

Die Schätzung der Anzahl der zu benachrichtigenden Be-troffenen durch die schriftlich Befragten ergab eine rela-tiv breite Verteilung. So nannten 34 Prozent der Befragteneinen Betroffenen, der zu benachrichtigen ist, 28 Prozentzwei, 22 Prozent drei bis fünf, 6 Prozent sechs bis zehnund 9 Prozent mehr als zehn Betroffene. Damit wurdenim Durchschnitt ca. 3,5 zu benachrichtigende Betroffenepro Maßnahme genannt. Der Anteil nicht benachrichtig-ter Betroffener wurde im Mittel auf 38 Prozent geschätzt,wobei dieser Wert je nach in der vorausgegangenen Frageangegeben Personenzahl deutlich differierte. So steigt dieQuote der Nichtbenachrichtigten von etwa 31 Prozent(wenn nur eine Person betroffen war) auf ca. 64 Prozent,wenn mehr als zehn Personen betroffen waren. Ähnlichverhält es sich bei der Zurückstellung der Benachrichti-gung aus Gründen des § 101 I StPO. Hier wurde im Mit-tel ein Anteil von 35 Prozent geschätzt. Dieser Wertnimmt gleichfalls mit der Anzahl der Betroffenen von29 Prozent (ein Betroffener) auf 46 Prozent (mehr alszehn Betroffene) zu.

Etwa die Hälfte aller Befragten nannte explizit Gründefür die Nichtbenachrichtigung oder Zurückstellung einerBenachrichtigung. Von diesen gaben 29 Prozent die Ge-fährdung des Untersuchungszwecks, des Ermittlungs-erfolges bzw. weiterer Ermittlungen, z. B. auch in ande-ren laufenden Verfahren, an. In die gleiche Richtung

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Drucksache 16/8434 – 160 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

geht die Begründung derjenigen, die auf „Ermittlungs-taktik“ verwiesen (10 Prozent). Ca. 13 Prozent führtenan, dass der hohe Aufwand der Grund für die Nichtbe-nachrichtigung sei und 6 Prozent gaben Arbeitsüberlas-tung an. Weiter wurde begründet, dass die Teilnehmerbzw. Anschlussinhaber meist gar nicht identifiziert wür-den (10 Prozent) und die Betroffenen extra zur Benach-richtigung ermittelt werden müssten, was (auch gegen-über den Betroffenen) unverhältnismäßig und mithohem Aufwand verbunden sei (5 Prozent). 8 Prozenträumten ein, dass die Nichtbenachrichtigung auf Ver-gesslichkeit beruhe und weitere 10 Prozent auf Nachläs-sigkeit, Versehen und Übersehen. Ein weiterer Grundfür die Nichtbenachrichtigung sei, dass der Beschuldig-ten durch das Verfahren bzw. durch Akteneinsicht ohne-hin von der Maßnahme erfahre und es daher keiner Be-nachrichtigung bedürfe (5 Prozent). 4 Prozent meinten,die Nichtbenachrichtigung beruhe oftmals darauf, dassV-Leute und Zeugen geschützt werden sollten. Weitere

Begründungen waren, dass es eine Vielzahl an Betroffe-nen gebe, dass der Täter bzw. seine Adresse unbekanntsei, dass die Nichtbenachrichtigung zur Vermeidung vonVerunsicherung der Betroffenen erfolge und dass dieBenachrichtigung aller Betroffenen unpraktikabel seiund hohe Kosten verursache.

b) Beurteilung der Benachrichtigungs-pflicht

Ob die Benachrichtigungspflicht unverändert beibehaltenwerden sollte, beantworteten die Befragten unterschied-lich.

22 Prozent sprachen sich für die Beibehaltung der Be-nachrichtigungspflicht aus (siehe Abbildung 78). DieMehrheit der Befragten wollte sie eingeschränkt (33 Pro-zent) oder ganz abgeschafft (45 Prozent) haben. Nur zweiBefragte befürworteten eine Erweiterung der Benachrich-tigungspflicht.

A b b i l d u n g 78

Ansichten zur Benachrichtigungspflicht

0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50

Benachrichtigungspflicht

sollte abgeschafft w erden

Benachrichtigungspflicht

sollte eingeschränkt

w erden

Benachrichtigungspflicht

sollte beibehalten w erden

Benachrichtigungspflicht

sollte erw eitert w erden

Mein

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Prozent der Befragten

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 161 – Drucksache 16/8434

2. AktenanalyseBei der Auswertung der Verfahrensakten wurde erfasst,wie viele Personen von den Verkehrsdatenabfragen be-troffen waren.

a) Betroffene der VerkehrsdatenabfrageUnmittelbar betroffen von den Maßnahmen sind die Per-sonen, deren Anschlüsse direkt durch die Maßnahmennach §§ 100g, 100h StPO abgefragt wurden. Dies sind dieAnschlussinhaber, ggf. weitere Inhaber des Anschlusses(z. B. bei Ehepaar/Familie) und die Nutzer der An-schlüsse. Darüber hinaus sind zumindest mittelbar alleAnschlüsse betroffen, die bei der Abfrage des überwach-ten Anschlusses mit abgefragt wurden. Diese Zahl derAnschlüsse konnte von uns nicht bestimmt werden. DieMassen an Daten, die bei einer Funkzellenabfrage odereiner Zielwahlsuche entstehen, sind nicht zählbar. Außer-dem sind zwei weitere Aspekte zu berücksichtigen: Zumeinen befanden sich die Daten teilweise auf einer CD-Rom und in den Akten war nur ein Ausschnitt davon er-fasst. Zum anderen kamen auf den Datenauszügen An-schlussnummern teilweise mehrfach vor und es war nichtersichtlich, welche Rufnummer zu welchem Anschluss-inhaber gehört. Das heißt, es könnten mehrere aufge-führte Rufnummern zu einem Anschlussinhaber gehören(z. B. ISDN oder wenn derjenige ein Festnetztelefon undein Handy besitzt). Im Folgenden sind also nur die Be-troffenen aufgeführt, deren Anschlüsse unmittelbar über-prüft wurden und ggf. weitere Inhaber dieser Anschlüsse.Es gibt 1 645 unmittelbar betroffene Anschlussinhaber,die identifiziert werden konnten. Davon sind 505 Be-

schuldigte und 1 110 Dritte. Bei den übrigen identifizier-ten Anschussinhabern sind sowohl der Beschuldigte alsauch ein Dritter Anschlussinhaber. Wie sich Beschuldigteund Dritte als Anschlussinhaber prozentual auf die An-schlüsse verteilen, lässt sich Abbildung 79 entnehmen.

Die Nutzer konnten bei 1 709 Anschlüssen identifiziertwerden. Die überprüften Anschlüsse wurden nicht immervon den Inhabern selbst benutzt. So war der Beschuldigtenur in etwa 30 Prozent der Fälle der Anschlussinhaber,aber in über 40 Prozent der Fälle alleiniger Nutzer desAnschlusses (siehe Abbildung 80). Diejenigen An-schlüsse, deren Inhaber Dritte waren, wurden in 22 Pro-zent der Fälle vom Beschuldigten genutzt. 60 Prozentdieser Anschlüsse wurden nur von dem Dritten und19 Prozent von Beschuldigtem und Drittem genutzt.

In Abbildung 81 wird dargestellt, in welchem Verhältnisder Anschlussinhaber zum Beschuldigten stand, wenn essich bei dem Inhaber um eine Dritten handelte. Dieskonnte nur bei etwa der Hälfte der Anschlüsse festgestelltwerden. Meist handelte es sich bei dem Inhaber des An-schlusses um das angerufene Opfer der Straftat oder umPersonen aus dem Umfeld des Opfers (39 Prozent). Häu-fig handelte es sich bei den überwachten Anschlüssenauch um Rufnummern der Familie des Beschuldigten(18 Prozent). Keine Beziehung von Beschuldigtem undAnschlussinhaber war bei 15 Prozent festzustellen undbei 5 Prozent war der Anschlussinhaber unbekannt. UmKontaktpersonen handelte es sich bei 6 Prozent und umSzenebekanntschaften bei 5 Prozent der Inhaber. Freundeund Bekannte des Beschuldigten waren zu 4 Prozent be-troffen.

A b b i l d u n g 79

Inhaber der überwachten Anschlüsse

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Beschuldigter Dritter Dritter + Beschuldigter Inhaber unbekannt

Anschlussinhaber

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Drucksache 16/8434 – 162 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

A b b i l d u n g 80

Nutzung der Anschlüsse

A b b i l d u n g 81

Verhältnis des Anschlussinhabers zum Beschuldigten

0

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10

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Beschuldigter nur Dritter Beschuldigter + Dritter nicht ersichtlich

Anschlussnutzer

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Familie/Verwandtschaft

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Sonstiges

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Inhaber unbekannt

Freunde/Bekannte

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Prozent

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 163 – Drucksache 16/8434

Bei 76 Anschlüssen gab es noch weitere Anschlussinha-ber bzw. -nutzer, die von den Maßnahmen mit betroffenwaren. Dabei handelte es sich in 54 Fällen um Ehepaare,in fünf Fällen ging es um ein „Familientelefon“ und inden übrigen Fällen handelte es sich u. a. um Betriebs-anschlüsse oder Firmentelefone.

Gerade im Hinblick auf die hohe Zahl von Fällen, in de-nen der Anschlussinhaber das Opfer war (326), wurdeaufgenommen, ob der Überwachte mit der Maßnahmeeinverstanden ist. Explizit war dies in 96 Fällen denAkten zu entnehmen. In 83 Fällen (86 Prozent) lag aus-drücklich ein Einverständnis der Betroffenen mit derMaßnahme vor. In 13 Fällen (14 Prozent) wurde diesesexplizit verneint.

b) Benachrichtigung der Betroffenen

Bei 1105 von 1257 Beschlüssen waren den Akten keineHinweise zur Benachrichtigung der Betroffenen über dieMaßnahmen nach §§ 100g, 100h StPO zu entnehmen. ImÜbrigen ließ sich den Akten – wie in Abbildung 82 darge-stellt – entnehmen, dass bei 52 Beschlüssen (4 Prozent)

ausdrücklich keine Benachrichtigung erfolgte. Bei 40 Be-schlüssen wurde der Betroffene über die Verkehrsdaten-abfrage (ggf. zusammen mit der Benachrichtigung übereine Telefonüberwachung) ausdrücklich benachrichtigt.Bei 53 Beschlüssen (4 Prozent) erlangte der Betroffeneauf sonstige Weise Kenntnis (z. B. durch Vorhalt währendder Vernehmung). Insgesamt erhielten 94 Personen aufdiese Weise von den Maßnahmen Kenntnis. Zusätzlich istzu berücksichtigen, dass bei etwa einem Drittel der vonden Maßnahmen betroffenen Beschuldigten die Kenntnis-nahme zumindest möglich war, da sie einen Verteidigerbeauftragt hatten und dieser aufgrund seines Aktenein-sichtsrechts Kenntnis von den Maßnahmen erlangen undseinen Mandanten darüber informieren konnte.

Gründe für die Nichtbenachrichtigung ließen sich denAkten bei 33 Beschlüssen entnehmen. Dabei war meis-tens die Gefährdung des Untersuchungszwecks aus-schlaggebend. Bei fünf Beschlüssen wurde diesbezüglichder nicht einschlägige § 89 TKG (a. F.) von der Staatsan-waltschaft angeführt. In einem Fall unterblieb die Be-nachrichtigung zum Schutz einer V-Person.

A b b i l d u n g 82

Benachrichtigung (sofern ersichtlich)

0% 1% 2% 3% 4%

KeineBenachrichtigung

sonstigeKenntniserlangung

Benachrichtigungerfolgt

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Anteil der Beschlüsse

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Drucksache 16/8434 – 164 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

3. Experteninterviewsa) StaatsanwälteDie interviewten Staatsanwälte wurden gefragt, in wel-chem Umfang die Betroffenen von den Maßnahmen nach§§ 100g, 100h StPO benachrichtigt wurden. Etwas weni-ger als die Hälfte von ihnen bejaht dies im Grundsatz. DieStaatsanwaltschaft erlasse die Verfügung, dass ein Schrei-ben an den Anschlussinhaber geschickt werde. Das werdeauch aktenkundig gemacht. Zwei dieser Befragten mei-nen aber, dass die Frage sei, wer unter den Begriff „Be-troffener“ falle. Im Gesetz stehe „Beteiligter“. Dieser seischwierig zu bestimmen. Benachrichtigt würden der Be-schuldigte, der Anschlussinhaber und der Anschlussnut-zer. Bei der Funkzellenabfrage würden aber nicht allevöllig Unbeteiligten benachrichtigt, die in der Funkzelletelefoniert hätten. Im Übrigen erfülle auch die Aktenein-sicht die Benachrichtigungspflicht, sodass in diesen Fäl-len ebenfalls keine zusätzliche Benachrichtigung erfolge.

Ein Befragter schildert, dass allein die Mitteilung einerRufnummer den Betroffenen nicht identifiziere. Denn derBetroffene sei nicht immer der Nutzer. Bei einem Handywerde der unbekannte Teilnehmer nicht benachrichtigt.Betroffene seien der Beschuldigte, Nachrichtenmittler so-wie andere identifizierte Gesprächsteilnehmer. Zwei Be-fragte geben an, dass meist unklar sei, wer Anschluss-inhaber sei. Es würden aber keine weiteren Ermittlungenin die Richtung durchgeführt, wer wirklich telefonierthabe. Personen alleine zum Zwecke der Benachrichti-gung zu identifizieren sei nicht Praxis. Vier Befragte mei-nen, das komme darauf an. Meistens würden die Betroffe-nen benachrichtigt. Es werde bereits in den Ermittlungenan sie herangetreten (Vorhalt). Durch die Akteneinsichtder Verteidiger würden sie ebenfalls Kenntnis erlangen.Dann müssten sie nicht noch einmal gesondert benachrich-tigt werden. Auch Geschädigte, die eine Zielwahlsuchewollten, seien ja bereits über die Maßnahme informiert.Zwei Befragte aus der Abteilung Computerkriminalitätgeben an, dass sie entweder mit unbekannten Personen zutun hätten, welche nicht benachrichtigt werden könnten,oder mit bekannten Personen, die durch Akteneinsichtoder weitere Ermittlungen Kenntnis erlangen. Drei Be-fragte geben an, dass eine Benachrichtigung regelmäßigunterbleibe.

b) Verteidiger

Auch nach Ansicht der befragten Verteidiger wird die Be-nachrichtigung häufig durch die (beantragte) Aktenein-sicht ersetzt. Die Betroffenen würden zumeist erst dannvon der Maßnahme erfahren.

c) Datenschützer

Von zwei der befragten Datenschutzbeauftragten wurdegeäußert, dass der Eindruck in den (wenn auch wenigen)von ihnen eingesehenen Akten entstehe, dass die Betei-ligten nicht umfassend über die Maßnahme informiertwürden. Zudem sei es vorgekommen, dass der Benach-richtigte „überschießende Informationen“, also z. B. auch

die Anschlüsse anderer Verdächtiger mitgeteilt bekom-men habe. Im Übrigen sahen sich die befragten Daten-schutzbeauftragten zur Beurteilung der Frage, ob die Be-troffenen benachrichtigt werden, außerstande, da ihnen zuwenig Datenmaterial zur Verfügung stehen würde. Wennaber die Benachrichtigung schon nicht bei der Telekom-munikationsüberwachung erfolge, dann erst recht nichtbei §§ 100g, 100h StPO. Es habe auch Fälle gegeben, indenen über die Durchführung der Telekommunikations-überwachung benachrichtigt wurde, jedoch über die Ver-kehrsdatenabfrage nicht. Sie würden nur eingeschaltetvon Betroffenen, die wüssten, dass eine Verkehrsdatenab-frage bei ihnen durchgeführt worden wäre. Auch einerder Datenschützer hält es für problematisch, wenn Perso-nalien und Adresse nicht bekannt seien und extra ermitteltwerden müssten, (nur) um der Benachrichtigungspflichtgerecht zu werden. Dann sei die Frage, ob der Eingriffdurch die fehlende Benachrichtigung oder durch die Er-mittlung der Personalien intensiver sei.

4. Zusammenfassung der ErgebnisseUnmittelbar betroffen von der Verkehrsdatenabfrage sinddie Inhaber der Anschlüsse sowie die Nutzer der An-schlüsse, zu denen Daten abgefragt werden. Nach den Er-gebnissen der schriftlichen Befragung wurden im Durch-schnitt 3,5 Betroffene pro Verkehrsdatenabfrage genannt.Bei der Auswertung der Akten konnten 1 645 Anschluss-inhaber festgestellt werden, deren Anschlüsse unmittelbarbetroffen waren. Davon waren 505 Beschuldigte und1 110 Dritte. Etwa 70 Prozent der unmittelbar betroffenenund identifizierten Anschlussinhaber waren demnachNichtbeschuldigte. Nutzer der Anschlüsse konnten bei1 709 Anschlüssen festgestellt werden. In den übrigenFällen war der Nutzer nicht ersichtlich. Bei 22 Prozentder Fälle, bei denen der Anschlussinhaber ein Dritter war,wurde der Anschluss ausschließlich vom Beschuldigtengenutzt. Wenn es sich bei dem Inhaber des Anschlussesum einen Dritten handelte, war dies meistens das Opferder Straftat (40 Prozent). Oft (18 Prozent) handelte essich bei den Anschlussinhabern auch um Familienange-hörige des Beschuldigten (Verwandte, Ehegatten, Schwa-ger etc.). Weitere Inhaber bzw. Nutzer waren in 76 Fällenbetroffen. Bei diesen handelte es sich überwiegend umden Ehegatten.

Der Anteil nicht benachrichtigter Betroffener wurde vonden schriftlich Befragten im Mittel auf 38 Prozent ge-schätzt. Grund für die Nichtbenachrichtigung, der vonden schriftlich befragten Staatsanwälten angeführt wurde,war vor allem die Gefährdung des Untersuchungszwecks.Es wurden aber auch der hohe Aufwand einer solchenBenachrichtigung sowie Arbeitsüberlastung von denStaatsanwälten angegeben. Zudem sei die Identität derAnschlussinhaber oftmals gar nicht bekannt und die Er-mittlung des Anschlussinhabers, um die Benachrichti-gungspflicht zu erfüllen, sei unverhältnismäßig. Weitereangegebene Gründe waren Vergesslichkeit, Nachlässig-keit und Versehen. Zudem erlange der Beschuldigte durchVorhalt oder durch die Akteneinsicht seines VerteidigersKenntnis von der Maßnahme. Die Mehrheit der schrift-

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 165 – Drucksache 16/8434

lich Befragten befürwortete die Einschränkung (33 Pro-zent) oder Abschaffung (45 Prozent) der Benachrichti-gungspflicht. Die Auswertung der Akten ergab, dass in87 Prozent der Beschlüsse den Akten keine Hinweise zurBenachrichtigung der Betroffenen zu entnehmen waren.In 3 Prozent der Beschlüsse erfolgte ausdrücklich eineBenachrichtigung, während in 4 Prozent ausdrücklichkeine Benachrichtigung stattfand. Bei weiteren 4 Prozenterhielten die Betroffenen auf sonstige Weise Kenntnisvon der Durchführung der Verkehrsdatenabfrage, etwadurch Vorhalt während der Vernehmung. Daneben ist zuberücksichtigen, dass bei etwa einem Drittel der von denMaßnahmen betroffenen Beschuldigten die Kenntnis-nahme zumindest möglich war, da ihr Verteidiger imWege der Akteneinsicht Kenntnis erlangen konnte.Gründe für die Nichtbenachrichtigung konnten den Aktenbei 33 Beschlüssen entnommen werden, wobei haupt-sächlich die Gefährdung des Untersuchungszwecks aus-schlaggebend war. Ansonsten wurden noch auf daten-schutzrechtliche Vorschriften des TKG verwiesen und dieBenachrichtigung zum Schutz einer V-Person unterlas-sen. Die interviewten Staatsanwälte gaben etwa zurHälfte an, dass eine Benachrichtigung regelmäßig er-folge. Problematisch sei aber, wer Betroffener sei. VölligUnbeteiligte, deren Nummern bei einer Funkzellenab-frage auftauchen, würden nicht benachrichtigt werden.Zudem erfülle vielfach die Akteneinsicht des Verteidigersdie Benachrichtigungspflicht. Die befragten Verteidigersind der Ansicht, dass die Akteneinsicht die einzige Formder Benachrichtigung sei, die tatsächlich durchgeführtwerde. Auch die befragten Datenschützer zweifeln an derEinhaltung der Benachrichtigungspflicht. Allerdings wirdzu Bedenken gegeben, dass bei einem unbekannten An-schlussinhaber der Eingriff durch die Ermittlung seiner

Identität zwecks Benachrichtigung größer sein könnte alsdas Unterlassen der Benachrichtigung.

VIII. Zeugnisverweigerungsrechte

1. Schriftliche Befragung

a) Zeugnisverweigerungsberechtigte Betroffene

In welchem Umfang zeugnisverweigerungsberechtigtePersonen von Verkehrsdatenabfragen betroffen waren,beantworteten die schriftlich Befragten wie in Abbildung83 veranschaulicht.

Häufig (29 Prozent) und gelegentlich (37 Prozent) betrof-fene Zeugnisverweigerungsberechtigte waren nach An-gabe der Befragten einzig die Angehörigen i. S. v. § 52StPO. Es folgen Verteidiger, sonstige Rechtsanwälte, Pa-tentanwälte, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, die imDurchschnitt selten (41 Prozent) oder gelegentlich bishäufig (13 Prozent) betroffen waren. Von Ärzten und Be-ratern (Betäubungsmittel) wurde schon zu ca. 50 Prozentangegeben, dass sie nie betroffen seien (ca. 40 Prozentselten und 10 Prozent gelegentlich). Die weiteren Berufs-gruppen sind in zunehmendem Maße nicht betroffen,Journalisten und Berufshelfer (nie ca. 54 Prozent), Psy-chotherapeuten (nie 57 Prozent), Apotheker, Hebammen(nie 62 Prozent), Mitglieder des Bundes- o. Landtags (nie70 Prozent) und schließlich Geistliche (nie 71 Prozent).Demnach sind nach Einschätzung der Staatsanwälte zweider Berufsgruppen, die von dem Verwertungsverbot des§ 100h II StPO erfasst sind (Mitglieder des Bundestagesund des Landtages sowie Geistliche), seltener tatsächlichBetroffene als andere Berufsgruppen, die nicht in§ 100h II StPO aufgeführt sind.

A b b i l d u n g 83

Umfang zeugnisverweigerungsberechtigter Betroffener der Maßnahmen

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Drucksache 16/8434 – 166 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

b) Erweiterung des § 100h II StPOEs wurde die Frage gestellt, ob die Zeugnisverweige-rungsrechte aller Personen i. S. v. §§ 52, 53, 53a StPO in§ 100h II Satz 1 StPO einheitlich berücksichtigt werdensollten. Dies befürworteten 37 Prozent der Befragten, wo-bei die Hälfte ihre Antwort begründete. Als Begründungwurde angegeben, dass es keinen Grund für eine Diffe-renzierung bzw. Ungleichbehandlung gebe (31 Prozent).Weiter wurde angeführt, dass Einheitlichkeit zu befür-worten sei und dies der Rechtssicherheit und Rechts-klarheit diene (26 Prozent). Weitere 19 Prozent gaben an,dass dies aus Gründen der Vereinfachung der Gesetzes-anwendung geboten sei. Eine einheitliche Regelung seiübersichtlicher. Weitere Begründungen waren, dass sonstdiese Zeugnisverweigerungsrechte umgangen würden,Wertungswidersprüche entstünden und der Schutzbe-reich und die Konfliktsituation bei den Gruppen gleichseien.

Von denjenigen, die eine einheitliche Berücksichtigungablehnen (63 Prozent der Befragten), gab ebenfalls etwadie Hälfte eine Begründung ab. Am häufigsten wurde ge-nannt, dass die Zeugnisverweigerungsrechte unterschied-licher Natur seien (30 Prozent). Der Schutzzweck, dieInteressenkollisionen und die Gründe für die Zeugnisver-weigerungsrechte seien verschieden. 19 Prozent gabenan, dass die Ermittlungen bzw. die Aufklärung von Straf-taten bei einheitlicher Berücksichtigung erheblich er-schwert oder gar unmöglich würden. In die gleiche Rich-tung geht das Argument von weiteren 9 Prozent, die derMeinung sind, dass der Anwendungsbereich zu sehr ein-geschränkt werde und die Maßnahme dadurch nahezuleer liefe. Eine Vereinheitlichung sei zu weitgehend und§§ 100g, 100h StPO sonst nicht mehr praktikabel. Aufdiese Weise sei eine Umgehung der Verkehrsdatenabfragemöglich. 10 Prozent sind der Ansicht, dass die beste-hende Regelung ausreichend sei und 8 Prozent finden dieDifferenzierung zwischen den Zeugnisverweigerungs-rechten und die unterschiedliche Berücksichtigungsinnvoll. Ein weiterer Aspekt, auf den die Befragten hin-wiesen, ist, dass das Zeugnisverweigerungsrecht vorDurchführung der Maßnahme oftmals gar nicht erkennbarsei (6 Prozent). Zudem wurde angeführt, dass Täter häu-fig die Anschlüsse ihrer Angehörigen benutzen (6 Pro-zent). Demnach wäre bei einer Berücksichtigung der An-gehörigen in § 100h StPO der Anwendungsbereich derVerkehrsdatenabfrage stark eingeschränkt. Weitere Be-gründungen waren, dass sich die derzeitige Regelung be-währt habe, dass eine einheitliche Berücksichtigung derZeugnisverweigerungsberechtigten nicht erforderlich seiund kein Bedarf dafür bestehe. Die Aufklärung von Straf-taten gehe vor. Zumindest Angehörige sollten nicht in§ 100h StPO berücksichtigt werden.

2. Aktenanalysea) Anteil betroffener Berufsgeheimnisträger

und Berufshelfer Den Akten war kein einziger Fall zu entnehmen, in demein Berufsgeheimnisträger oder Berufshelfer von der Ver-kehrsdatenabfrage betroffen war. Insbesondere gab es

keinen Fall, in dem ein Geistlicher, Bundestags- oderLandtagsabgeordneter oder Strafverteidiger von der Maß-nahme betroffen war. Dementsprechend lag auch in kei-nem Fall ein Verwertungsverbot i.S.v. § 100h II StPO vor.Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass mit den Maßnah-men eine Vielzahl von Rufnummern oder IMEI-Num-mern überprüft werden, ohne dass bekannt wird, wer dieAnschlussinhaber hinter diesen Nummern sind. Nur beiNummern, die in der Masse der Daten auffallen, wirdweiter ermittelt, welcher Person diese zuzuordnen sind.Auffallen kann eine Rufnummer z. B. dann, wenn schonaus anderen Gründen ein Verdacht gegen den Inhaber derNummer vorliegt oder wenn die Nummer bereits bei ei-nem anderen ähnlichen Vorfall, der zum Vergleich heran-gezogen wird, auftaucht (z. B. bei mehreren Banküberfäl-len). Zudem kann z. B. bei einer Beleidigung per Telefonder Tatzeitraum vom Opfer eingegrenzt werden, so dassdie anderen Rufnummern, die auf dem Einzelverbin-dungsnachweis zu einem anderen Datum und einer ande-ren Uhrzeit erscheinen, nicht näher untersucht werden.Dann sind die Inhaber dieser anderen Rufnummern aberauch nicht in dem Sinne der Vorschriften „betroffen“. IhreNummer gelangt zwar zur Kenntnis, was einen gewissenGrundrechtseingriff darstellt. Ihre Identität ist jedochmeist unbekannt. In den ausgewerteten Akten gab es kei-nen einzigen Fall, wo ausdrücklich die Daten des An-schlusses eines Zeugnisverweigerungsberechtigten i. S. v.§§ 53, 53a StPO abgefragt wurden.

b) Anteil betroffener zeugnisverweigerungs-berechtigter Angehöriger

Die einzigen zeugnisverweigerungsberechtigten Perso-nen, deren Anschlüsse ausdrücklich abgefragt wurden,sind Angehörige i. S. v. § 52 StPO. Es wurden Anschlüssevon Verwandten, dem Ehegatten und Verlobten über-wacht. Zu den 1 909 Anschlüssen, für die Daten abgefragtwurden, ist den Akten in 1 645 Fällen ein Anschlussinha-ber zu entnehmen gewesen (siehe dazu Abschnitt Betrof-fene). Davon sind 133 zeugnisverweigerungsberechtigt(8 Prozent). Bei diesen handelte es sich bei jeweils 45 umVerwandte und um den Ehegatten und bei fünf um denoder die Verlobte. In 94 Prozent dieser Fälle war diesesZeugnisverweigerungsrecht auch vor Durchführung derMaßnahme ersichtlich. Ein Verwertungsverbot i. S. v.§ 100h II StPO lag in keinem Fall vor.

3. Experteninterviews

a) Polizeibeamte

Die befragten Experten wurden nach Fällen gefragt, indenen zeugnisverweigerungsberechtigte Personen, insbe-sondere Journalisten, von der Verkehrsdatenabfrage be-troffen waren. Ein solcher Fall ist keinem der befragtenPolizisten bekannt. Ein Befragter gibt an, dass der Statuseiner Person meist nicht bekannt sei. Es wird weiter da-von ausgegangen, dass Staatsanwaltschaft und Gerichtdies berücksichtigen. Dass ein Verteidiger betroffen war,sei lediglich im Zusammenhang mit einer Telekommuni-kationsüberwachung vorgekommen. Die Gespräche seiendann nicht verwertbar gewesen.

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 167 – Drucksache 16/8434

Keiner der Befragten würde eine Erweiterung des Ver-wertungsverbots des § 100h II StPO auch auf andereZeugnisverweigerungsberechtigte befürworten. Begrün-det wurde dies u. a. damit, dass die Lage der §§ 52, 53StPO hier nicht gegeben sei. Eine Ausdehnung würde diepolizeiliche Arbeit nur erschweren und sei nicht gerecht-fertigt. Gerade bei Journalisten sei ein solches Privilegnicht wünschenswert. Täter würden sich erfahrungsge-mäß häufig an diese wenden, um die Tat öffentlich zu ma-chen. Ein weiterer Befragter gab an, dass die Regelungseiner Meinung nach schon heute zu weit gefasst sei.Richter und Staatsanwälte seien zudem sensibel genug.Man könne erst nach der Auswertung der Daten feststel-len, wer tatbeteiligt ist. Im Rahmen der Verhältnismäßig-keit könnte man dann weitere Personen einbringen, aberein absolutes Verwertungsverbot für alle sei nicht wün-schenswert.

b) Staatsanwälte

Fälle, bei denen die Verkehrsdaten von Journalisten abge-fragt wurden, sind auch keinem der befragten Staats-anwälte bekannt. Eine Erweiterung des Verwertungsver-bots auch auf andere Zeugnisverweigerungsberechtigtebefürworten die meisten befragten Staatsanwälte eben-falls nicht. Die bestehende Regelung sei ausreichend undein Bedürfnis für eine Erweiterung nicht erkennbar, zu-mal es schon genügend Einschränkungen gebe. Dadurchgingen nur Erkenntnismöglichkeiten verloren. Insgesamtwird freilich die Inkongruenz der Regelungen der Ver-wertungsverbote bei den verschiedenen verdeckten Er-mittlungsmaßnahmen kritisiert. Eine Vereinheitlichungsei wünschenswert. Ein Befragter hätte gegen eine Erwei-terung auf Rechtsanwälte keine Bedenken. BezüglichJournalisten äußert er sich aber eher skeptisch. Das sei zuweitgehend.

c) Richter

Auch die befragten Ermittlungsrichter haben nach eige-nen Angaben keine Fälle bearbeitet, in dem die Verkehrs-daten von Journalisten abgefragt wurden. Ein Befragtergibt an, dass dies meist nicht ersichtlich sei, da oft keinName, sondern nur eine Telefonnummer bekannt sei.Aber ggf. seien die Daten dann im Nachhinein nicht ver-wertbar. Ein sensibler Umgang mit diesen Daten sei not-wendig, aber nicht immer einfach.

Über die Hälfte der Befragten sprach sich gegen eine Er-weiterung des § 100h II StPO auch auf andere Zeugnis-verweigerungsberechtigte aus. Die derzeitige Regelungsei ausreichend. Ein Befragter erläutert, dass er das Zeug-nisverweigerungsrecht bei Pastoren verstehen könne,aber bei Journalisten nicht. Ein anderer meint, es sei dieFrage, wo die Grenze zu ziehen sei. Straftäter würdeneben über Mobiltelefone von Verwandten telefonieren. Ineinem solchen Fall sei eine Begrenzung z. B. auf ein paarTage sinnvoll, um herauszubekommen, ob der Täter dasMobiltelefon überhaupt nutze. Zwei der befragten Richtergeben an, dass ihnen nicht klar sei, warum gerade dieseZeugnisverweigerungsberechtigten von § 100h II StPOerfasst würden. Bei jedem Zeugnisverweigerungsrecht

stehe das Recht des Zeugnisverweigerungsberechtigtengegen die Sachaufklärung. Eine Ausdehnung führe dahernur zur Behinderung der Aufklärung. Es gebe Fälle, indenen ein Tatvorwurf wegen der Zeugnisverweigerungs-rechte fallengelassen werden müsse. Andererseits sei die-ses Recht bei Ärzten und Rechtsanwälten gerechtfertigt.Bei Wirtschaftsprüfern und Steuerberatern dagegen sei imEinzelfall abzuwägen. Schließlich würden zwei der be-fragten Ermittlungsrichter eine Erweiterung befürworten.Das Zeugnisverweigerungsrecht solle nicht ausgehebeltwerden.

d) Verteidiger

Auf die Frage, ob es im Rahmen ihrer Tätigkeit vorge-kommen sei, dass die Verkehrsdaten von Journalistenoder sonstigen Zeugnisverweigerungsberechtigten abge-fragt wurden, konnten von Verteidigerseite nur Abfragender Daten von Angehörigen angegeben werden. AndereFälle seien nicht vorgekommen. Alle Befragten würdeneine Erweiterung des Verwertungsverbots des § 100h IIStPO auf andere Zeugnisverweigerungsberechtigte befür-worten. Ein Verteidiger ist der Ansicht, dass alle auchsonst Zeugnisverweigerungsberechtigten erfasst werdensollten, um Umgehungen auszuschließen. Ein anderer Be-fragter hält die Einbeziehung von Berufsgeheimnisträ-gern für sinnvoll. Weiter wird dafür plädiert, dass Journa-listen und Angehörige erfasst sein sollten. Wichtig sei vorallem auch die Berücksichtigung von Drogenberatern.Deren Tätigkeit könnte durch die Gefahr der Überwa-chung beeinflusst werden.

e) Datenschützer

Auch die Datenschutzbeauftragten befürworten durchwegeine Erweiterung des Verwertungsverbots des § 100h IIStPO auch auf andere Zeugnisverweigerungsberechtigte.Unterschiedliche Meinungen wurden allerdings offenbar,wer konkret berücksichtigt werden sollte. Ein Befragtergab an, dass alle Zeugnisverweigerungsberechtigten des§ 53 StPO berücksichtigt werden sollten. Sonst würde dasRecht des § 53 StPO ausgehöhlt werden. Ein anderer istder Ansicht, dass ein möglichst großer Teil berücksichtigtwerden sollte, dies aber angesichts der Rechtsprechungdes Bundesverfassungsgerichts nicht durchsetzbar sei.Das Bundesverfassungsgericht gebe eine Differenzie-rung vor, nach der Journalisten nur bedingt zeugnisver-weigerungsberechtigt seien. Zwei der Befragten wollenden Schutz des § 100h II StPO auf jeden Fall auf Ärzte,Psychotherapeuten, Drogenberater und andere Beratungs-stellen ausdehnen. Hier bestehe ein erheblich gesteigertesBedürfnis nach Vertraulichkeit. Immer wenn ein gestei-gerter Sensibilitätsgrad gegeben sei, sollten erhöhte An-forderungen an ein Auskunftsverlangen gestellt werden.Zudem sei nicht einleuchtend, warum die Schutzwürdig-keit bei anderen Rechtsanwälten als Strafverteidigern ge-ringer sein solle. Eine klare Abgrenzung könne ohnehinproblematisch sein. Bei Journalisten gestalte sich dieLage nach Ansicht eines Befragten freilich etwas anders.Hier gehe es nicht um Menschenwürde, sondern um Pres-sefreiheit und Informantenschutz.

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Drucksache 16/8434 – 168 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

4. Zusammenfassung der Ergebnisse

Die am häufigsten von der Verkehrsdatenabfrage betrof-fenen Zeugnisverweigerungsberechtigen sind nachAngabe der schriftlich befragten Staatsanwälte die Ange-hörigen i. S. v. § 52 StPO. Verteidiger, sonstige Rechtsan-wälte, Wirtschaftsprüfer etc. seien eher seltener betroffen.Mitglieder des Bundestages oder eines Landtages sowieGeistliche sollen nach den meisten Befragten nie betrof-fen sein. Dieses Ergebnis wird durch die Ergebnisse derAktenanalyse bestätigt. Den Akten war kein Fall zu ent-nehmen, bei dem ein Berufsgeheimnisträger oder Berufs-helfer betroffen war. Demnach bestand auch in keinemFall ein Verwertungsverbot i. S. v. § 100h II StPO. Zu be-rücksichtigen ist allerdings, dass eine Vielzahl von Ruf-nummern durch die Verkehrsdatenabfragen mit betroffenist, hinter denen sich unerkannt durchaus Berufsgeheim-nisträger verbergen können. 133 Anschlussinhaber warentatsächlich zeugnisverweigerungsberechtigt gemäß § 52StPO. Der Großteil davon waren Verwandte oder Ehegat-ten. Den interviewten Experten war kaum ein Fall be-kannt, in dem eine Berufgeheimnisträger betroffen warvon den Maßnahmen nach §§ 100g, 100h StPO.

37 Prozent der Teilnehmer an der schriftlichen Befragungwürden eine einheitliche Berücksichtigung von Zeugnis-verweigerungsberechtigten befürworten, 63 Prozent da-gegen lehnen eine solche Vereinheitlichung ab. Auch dieErgebnisse der mündlichen Befragungen bestätigen die-ses Bild. Alle befragten Polizeibeamten und die meistenbefragten Staatsanwälte lehnen eine Erweiterung des Ver-wertungsverbots des § 100h II StPO ab. Dies würde dieErmittlungstätigkeit nur erschweren. Eine Vereinheitli-chung der Verwertungsverbote bei verdeckten Ermitt-lungsmaßnahmen sei jedoch wünschenswert. Auch überdie Hälfte der befragten Richter ist gegen eine Berück-sichtigung weiterer Zeugnisverweigerungsberechtiger.Andere meinen, dass Ärzte und Rechtsanwälte berück-sichtigt werden könnten. Dagegen waren alle befragtenVerteidiger sowie die interviewten Datenschützer für eineeinheitliche Regelung. Mehrfach wird angeführt, dass ge-rade Ärzte, Psychotherapeuten, Drogenberater oder ähnli-che Beratungsstellen berücksichtigt werden sollten.

IX. Kosten

Ein wichtiges Thema – gerade für die Telekommunika-tionsunternehmen – sind die bei der Durchführung derMaßnahmen entstehenden Kosten.

1. Schriftliche Befragung

Die mittels Fragebogen befragten Staatsanwälte solltenschätzen, wie hoch die Kosten, die den Netzbetreiberndurch die Maßnahmen nach §§ 100g, 100h StPO entste-hen, sind. Etwa 40 Prozent der Befragten gaben einenkonkreten Betrag an. Dabei fiel auf, dass sowohl Beträgebis zu 300 Euro (90 Prozent der Angaben), aber auch we-sentlich höhere Kosten bis zu 50 000 000 Euro geschätztwurden. Offensichtlich wurde die Frage zwar zum größ-ten Teil als Kostenschätzung für eine Maßnahme verstan-den, aber es wurden auch Gesamtkosten aller Maßnah-

men geschätzt. Berücksichtigt man nur die Schätzungenbis zu 300 Euro, so ergibt sich ein Mittelwert von 66 Euro(Median 50 Euro). Am häufigsten wurden Beträge von20 bis 30 Euro, 50 Euro und 100 Euro angegeben. Einge-stuft wurden die Kosten als eher niedrig (54 Prozent,niedrig 17 Prozent, eher hoch 18 Prozent)450.

Ob der Kostenaspekt eine Rolle für die Befragten selbstbei der Beantragung der Verkehrsdatenabfrage spielt, be-jahten diese zu 14 Prozent. Häufigste Begründung dafürwar, dass der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz auch imHinblick darauf zu beachten sei (24 Prozent). 16 Prozentdieser Personen führten aus, dass unnötige Kosten ver-mieden werden müssten. 13 Prozent gaben an, dass Kos-ten immer zu berücksichtigen seien. Es herrsche eine an-gespannte Finanzlage und die Kosten, die durch dieMaßnahmen entstünden, seien hoch (10 Prozent der Be-fragten dieser Gruppe). Weitere wurde ausgeführt, dassdas Kosten-Nutzen-Verhältnis stets zu beachten sei(7 Prozent). Einige der Befragten führten außerdem aus,dass sie Kosten nur berücksichtigen, wenn geringfügigeDelikte Gegenstand des Verfahrens sind (6 Prozent). Die-jenigen, für die der Kostenaspekt keine Rolle spielt(86 Prozent), begründeten dies größtenteils damit, dassdie Aufklärung der Straftat bzw. der Ermittlungserfolg imVordergrund stehe (20 Prozent dieser Befragten, Mehr-fachnennungen möglich). Die Strafverfolgung sollte nichtvon Kosten abhängig sein (17 Prozent). Weitere 5 Prozentstellten diesbezüglich besonders auf die Aufklärung er-heblicher Taten ab. 12 Prozent beriefen sich als Begrün-dung auf das Legalitätsprinzip und 2 Prozent auf denAmtsermittlungsgrundsatz. 7 Prozent argumentieren, esgehe um Straftaten von erheblicher Bedeutung und nichtum Bagatellen. Weiter wurde angeführt, dass die Kostenfür die Verkehrsdatenabfrage in der Regel ohnehin geringseien (10 Prozent). 8 Prozent gaben an, dass ein Antragnach §§ 100g, 100h StPO nur erfolge, wenn die Maß-nahme erforderlich sei und kein milderes Mittel vorhan-den. Ebenso sind 6 Prozent der Ansicht, dass es oftmalskeine anderen Ermittlungsansätze gebe und somit dieAuskunft über die Daten die einzige Möglichkeit sei. DieMaßnahme sei notwendig (6 Prozent) und die Taten sonstnicht aufklärbar (5 Prozent). Schließlich wurde angeführt,dass die Strafprozessordnung die Berücksichtigung derKosten bei der Beantragung nicht vorsehe. Ermittlungenwürden stets Kosten auslösen und Strafverfolgung könntenicht unter ökonomischen Gesichtspunkten durchgeführtwerden. Mögliche Ermittlungsmaßnahmen müssten aus-geschöpft werden.

2. Aktenanalyse

Bei ca. einem Drittel der Beschlüsse konnten den AktenAngaben zu den Kosten entnommen werden. Sie reichtenvon 7 Euro bis 800 Euro. Im Mittel beliefen sich die Kos-ten auf 85 Euro (Median: 66 Euro) pro Beschluss. SoweitZahlungen den Akten zu entnehmen waren (drei Viertel

450 Diese Einschätzung ist im Wesentlichen unabhängig davon, ob dieGesamtkosten oder die Kosten für eine einzelne Maßnahme ge-schätzt wurden.

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 169 – Drucksache 16/8434

dieser Fälle), wurden diese Kosten den Anbietern ersetzt.Die Kosten pro Verfahren lagen, soweit bekannt (ca. beider Hälfte der Verfahren), im Mittel bei ca. 140 Euro.Diese wurden – soweit dies nachvollzogen werden konnte– größtenteils ersetzt. Zu berücksichtigen ist hier, dass dieAkten nicht immer die Rechnungen der Anbieter enthiel-ten. In vielen Akten waren gar keine oder nur ein Teil derRechnungen vorhanden451. Teilweise wurden die Kostenfür Telekommunikationsüberwachungsmaßnahmen undVerkehrsdatenabfrage zusammen in Rechnung gestelltund konnten nicht auseinandergerechnet werden. Hin-sichtlich der Bezahlung der Rechnungen, welche durchdie Staatsanwaltschaft oder durch die Polizei erfolgte,konnten den Akten nur Indizien entnommen werden. Sowurde festgehalten, ob eine Prüfung der Kostenhöhe ver-merkt wurde und eine Kostenanweisung erfolgte. Ausdiesen Hinweisen kann allerdings kein Nachweis darübererbracht werden, ob die Kosten tatsächlich bezahlt wur-den. Wie bei den Interviews mit den Telekommunika-tionsanbietern deutlich werden wird, kommt es den An-bietern auch nicht auf den Ersatz des in Rechnunggestellten Betrages an. Fast alle Anbieter führten aus,dass diese in Rechnung gestellten Kosten vollständig er-setzt werden. Den Anbietern geht es vielmehr um dieKosten, die sie nach den gesetzlichen Vorschriften nichtin Rechnung stellen dürfen.

3. Experteninterviews

a) Telekommunikationsunternehmen

(1) Kosten

(a) Kosten pro Maßnahme

Die befragten Unternehmen gaben übereinstimmend an,dass die Kosten für eine einzelne Auskunftserteilungnicht genau benannt werden könnten. Für die Kostener-mittlung komme es darauf an, um welchen Typ von Ab-frage es sich handle. Eine Auskunftserteilung könne füreine oder 50 Nummern erfolgen. Berechnet wird von al-len Anbieter der Höchstbetrag gem. JVEG (§ 23 I Nr. 3JVEG) in Höhe von 17 Euro pro Arbeitstunde zuzüglichVersandpauschale. Diese 17 Euro würden den Aufwandbzw. die bei den Unternehmen tatsächlich entstandenenKosten jedoch keinesfalls decken. Allein die Personal-kosten für eine Arbeitsstunde würden diesen Betrag deut-lich überschreiten. Die Anbieter gaben Beträge von50 Euro, 71 Euro, 75 Euro und 85 Euro für eine Arbeits-stunde an. Nicht erfasst würden darüber hinaus Sachmit-tel, also Bürokosten für PC, Fax, Papier, etc. Kosten fürorganisatorische Vorkehrungen und Schulungen (juristi-sche und technische Seminare) würden ebenfalls nicht er-stattet. Auch die Investitionskosten für die Hardwaredürften per Gesetz nicht in Rechnung gestellt werden, dieebenfalls einen hohen Betrag ausmachten. Ein Befragtermeint, dass eine Pauschalierung im JVEG oder TKGbzgl. der Kosten ideal wäre. Eine Zeitabrechnung proMaßnahme wird nicht für optimal gehalten, da in diesem

Fall Disketten, Materialkosten etc. nicht mit berechnetwerden könnten.

(b) Jährliche Kosten

Die Entwicklung der jährlich entstehenden Kosten konntevon den Anbietern nicht angegeben werden, da keine Sta-tistik über die Kosten, die speziell für die Verkehrsdaten-abfrage entstünden, geführt werde. Fast alle Befragtenkonnten aber Angaben zu den aktuell bzw. im Jahr 2005entstandenen Kosten machen. Vodafone gibt an, dass demUnternehmen im Jahr 2005 für Anordnungen nach§§ 100g, 100h StPO Kosten in Höhe von 2,5 MillionenEuro entstanden seien. Das sei eine 42 Prozentige Steige-rung zum Vorjahr. Die Unterdeckung der Kosten für dieMaßnahmen nach §§ 100g, 100h StPO und fürTelekommunikationsüberwachungsmaßnahmen würdesich im Millionen-Bereich bewegen, und das ohne Be-rücksichtigung der Kosten für die Hardware. Immerhinwürden die Rechnungen seit der Umstellung auf ZSEGbzw. JVEG zu fast 100 Prozent ersetzt. E-Plus schildert,dass ein System für §§ 100g, 100h StPO und § 113 TKGeingesetzt werde, das ständig fortentwickelt werde undder Wartung unterliege (20 Prozent Bestandsdaten;80 Prozent Verkehrsdaten). Die Wartungskosten beliefensich nach den Angaben auf 50 000 Euro, die Kosten fürdie Fortentwicklung auf 100 000 bis 150 000 Euro. Hinzukämen ferner Investitionen zwischen 300 000 und400 000 Euro. Ein Sachbearbeiter koste etwa 640 Europro Tag und Person (Büropauschalen). Ersetzt werde für§§ 100g, 100h StPO nur der reine Zeitaufwand. Etwa80 Prozent der Rechnungen würden ersetzt. O2 gibt an,dass für alle Behördenauskünfte Kosten von mehr als7 Millionen Euro pro Jahr entstehen würden. 4,2 Millio-nen Euro entfielen dabei auf §§ 100gh-Maßnahmen undBestandsdaten (Datenbank, Personal, etc.). In Rechnunggestellt worden seien für §§ 100g, 100h StPO im Jahr2005 aber nur 207 000 Euro. Davon seien 95 Prozent vonden Behörden bezahlt worden. Bestandsdatenabfrage undVerkehrdatenabfrage stünden dabei in einem Verhältnisvon 37 Prozent (Bestandsdatenabfrage) zu 63 Prozent(Verkehrsdatenabfrage). Die T-Com führt aus, dass§§ 100g, 100h-Anordnungen und Telekommunikations-überwachungsmaßnahmen nicht separat erfasst würden.Insgesamt seien 4½ Millionen Euro im Jahr 2005 an rei-nen Personalkosten durch diese Maßnahmen entstanden,und zwar ohne technische Investitionen. Letztere hättenAusgaben in Höhe von 25 Millionen Euro verursacht. Fürdie Upgrades der Software entstünden 1,5 Millionen EuroKosten pro Jahr. Diese Kosten fielen nur für die Überwa-chungsmaßnahmen an, vor allem jedoch für die Umset-zung von Anordnungen nach § 100a StPO. Teilweisewürden auch noch die Geschäfte von kleinen Anbieternmitbearbeitet bzw. diesen würde die Plattform des Unter-nehmens eingeräumt, da sich kleine Unternehmen die Be-arbeitung alleine gar nicht leisten könnten. In der Regelwürden die Rechnungen ersetzt. T-Mobile führt aus, dassneun Personen im operativen Bereich beschäftigt würden,bei 80 Euro pro Arbeitsstunde. Dadurch entstünden1,2 Millionen Euro Personalkosten. Applikation und Wei-terentwicklung führten zum Einsatz von etwa einer Mil-

451 Kostenhefte konnten aus Zeitgründen nicht in allen Fällen eingese-hen werden.

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Drucksache 16/8434 – 170 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

lion Euro pro Jahr. Ingesamt würden die Anordnungennach §§ 100g, 100h StPO etwa 2 ½ Millionen Euro proJahr kosten. Davon seien im Jahr 2005 600 000 Euro er-setzt worden. Die in Rechnung gestellten Kosten würdenvon den Behörden überwiegend bezahlt. Arcor konntekeine Angaben zu den Kosten machen. Man schätzt aber,dass weniger als 50 Prozent der Rechnungen von den Be-hörden bezahlt würden. Die Befragten gaben größtenteilsan, dass die Rechnung an denjenigen geschickt würde,der in der Anfrage als Rechnungsempfänger genanntwürde. Wenn ein Rechnungsempfänger im Anschreibennicht genannt werde, gehe die Rechnung an den Anfra-genden. Die Bezahlung sei landesspezifisch geregelt.Rechnungsempfänger seien in den meisten Bundeslän-dern die Staatsanwaltschaft, teilweise die Polizei, seltendie Gerichte. Bei den Anbietern, die an der ESB ange-schlossen seien, komme es für den Zentralen Polizei-dienst Duisburg und das Landeskriminalamt Bayern zuSammelrechnungen.

(2) Veränderungen des Unternehmens durch die Zunahme der Anfragen

(a) Erweiterung der Abteilungen

Alle Befragten gaben an, dass die Abteilungen aufgrundder Zunahme der Anordnungen erweitert worden wären.Bei einem Unternehmen erhöhte sich die Anzahl der indieser speziellen Abteilung Beschäftigen von einem aufvier Mitarbeiter. Dies habe aber mit der erhöhten Zahlvon Auskunftsersuchen generell zu tun. Der Mitarbeitereines anderen Unternehmens gab an, dass die Abteilungmit stetig steigenden Zahlen der Anfragen immer mehrMitarbeiter eingestellt habe. Ursprünglich hätten drei Per-sonen in diesem Bereich gearbeitet. Die Mitarbeiter-anzahl sei nunmehr auf 18 gestiegen. Bei einem anderenTelekommunikationsunternehmen bestehe, nach Angabeneines Mitarbeiters, im Schnitt eine jährliche Steigerungder Anordnungen um etwa 30 Prozent. Das führe zu re-gelmäßigem Personalaufbau. 1999 seien drei Personendamit beschäftigt gewesen, nunmehr seien es zwölf. Einweiterer Befragter aus einem anderen Unternehmen gibtan, dass seit 2003 die Personalstellen um 20 bis 30 Pro-zent erhöht worden seien. Das hinge auch mit der Ab-frage zu IP-Adressen zusammen. Der Mitarbeiter einesweiteren Unternehmens schildert, dass die Abteilung inder Zeit von 2001 bis 2004 einen Zuwachs von zwei aufzehn Mitarbeiter erfahren habe. Ein anderer Befragterführt aus, dass zunächst ein Mitarbeiter eingesetzt wordensei. Im Zuge des wachsenden Verkehrsaufkommens seidie Abteilung auf mittlerweile 17 Mitarbeiter angewach-sen. In drei der befragten Unternehmen wurden Juristenfür diese Abteilungen eingestellt. Ein Befragter gibt an,dass zunächst kein Jurist in der Abteilung gearbeitet hätteund ständiger Kontakt zur Rechtsabteilung hätte gehaltenwerden müssen. Daher habe man es sinnvoll gefunden,einen Juristen direkt in die Abteilung zu integrieren. Zu-dem erfolge nach Angabe von einem Befragten zusätzlicheine Abstimmung mit der Rechtsabteilung in besonderenFällen.

(b) Zusammenhang mit den normalen Geschäftsabläufen

Ein Zusammenhang mit den normalen Geschäftsabläufenbestehe bei fast allen Befragten grundsätzlich nicht. Ganzim Gegenteil werden die Anordnungen für die Geschäfts-tätigkeit eher negativ bewertet. Die Kunden, so wird an-genommen, würden weniger telefonieren, wenn Überwa-chungsmaßnahmen bekannt seien. Ein Befragter bejahtden Zusammenhang mit den normalen Geschäftsabläu-fen, da eine Speicherung nur zur Entgeltberechnung er-folge. Die Daten seien unverzüglich zu löschen, wenn siedafür nicht mehr benötigt würden. Die gesetzliche Beaus-kunftung erfasse nur die Auskunft über das, was bereitsgespeichert sei. Grundsätzlich sieht keines der Unterneh-men ein Eigeninteresse an den Auskunftserteilungen.Teilweise würden die Einrichtungen bzw. Daten genutzt,meint einer der Befragten. Nur bei Betrugsfällen, die dasUnternehmen betreffen, werde noch auf Verkehrsdatenzugegriffen, in dem Rahmen, in dem es gesetzlich mög-lich sei.

(c) Einfluss auf andere Unternehmens-entscheidungen

Die Hälfte der Befragten gab an, dass die hohe Anzahl anAnordnungen auch für Unternehmensentscheidungen inanderen Bereichen eine Rolle spiele. Die Personal- undBudgetplanung sei davon betroffen. Gelder und Arbeits-kräfte würden in anderen Bereichen und Arbeitskreisenabgezogen, wenn die Anfragen in der mit Telekommuni-kation befassten Abteilung stiegen. Neue Stellen könntennur temporär besetzt werden. Die Anzahl der Anfragenbestimme z. B. die (hohe) Anzahl der Arbeitsplätze in derAbteilung. Bei der Planung bzgl. anderer Abteilungenmüsse beachtet werden, dass die Überwachung in jedemFall bestehen bleiben muss. Bei drei großen Unternehmenwürden die Abfragen zwar bei der Personalplanung be-rücksichtigt, aber das Unternehmen werde ansonstennicht davon beeinflusst. Aufgrund der Größe des Unter-nehmens hingen keine wirtschaftlichen Entscheidungendavon ab. Ob sich das Unternehmen insgesamt durch dieAnordnungen verändert habe, verneinten alle Befragtengrundsätzlich. Es habe nur Veränderungen in der Abtei-lung gegeben, wo mehr Personal eingesetzt worden sei,weil der Bereich der Überwachung größer werde. Da-rüber hinaus hätten die Anordnungen keine Bedeutungfür das Unternehmen. Ein Befragter meint, dass sich dasProblembewusstsein bzgl. der rechtlichen und techni-schen Fragestellungen erhöht habe. Veränderungen wür-den wohl eher bei kleineren Unternehmen auftreten.Grundsätzlich sehe man sich in einem Konflikt zwischeneinem Verstoß gegen das Fernmeldegeheimnis und einemVerfahren wegen Strafvereitelung.

b) Polizeibeamte

Die interviewten Polizeibeamten wurden nach der Ent-schädigung der Netzbetreiber gefragt und ob es dabeiSchwierigkeiten gegeben habe. Dies wurde unterschied-lich beantwortet. Vier der Befragten gaben an, dass siedabei keine Probleme sehen würden. Es gebe keine gra-

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 171 – Drucksache 16/8434

vierenden Abrechnungsprobleme. Die Polizei bezahle dieRechnungen, nicht die Staatsanwaltschaft. Probleme er-gäben sich in Bezug auf die Abrechnungshöhe. Teilweisewürden überhöhte Rechnungen gestellt. Neuere Anbieterwollten nach Sachverständigenvergütung abrechnen, wasaber eine fehlerhafte Auslegung des JVEG darstelle. Ver-einzelt seien Rechnungen auch doppelt gestellt worden.Die Geschäftszeichen (Aktenzeichen der Polizei, Staats-anwaltschaft und des Gerichts) würden teilweise nichtübereinstimmen. Die Rechnungen seien zudem wenigtransparent, man könne sie schlecht überprüfen. Früherseien „horrende Summen“ in Rechnung gestellt worden.Ein Befragter gab an, dass er es als Bürgerpflicht ansehe,dass zur Strafverfolgung beigetragen werde. Die Providersollten daraus keinen Profit schlagen können.

c) Staatsanwälte und Richter

Die befragten Staatsanwälte gaben überwiegend an, dasses hinsichtlich der Entschädigung der Anbieter keine Pro-bleme gebe. Früher habe es ungerechtfertigte Forderun-gen gegeben. Das habe sich jedoch mittlerweile einge-spielt. Teilweise wurde geschildert, dass die Rechnungender Anbieter für die Abfragen an die Polizei gingen unddiese oder die Staatsanwaltschaft sie bezahle. Die meistenRichter geben an, dass sie mit der Entschädigung derNetzbetreiber nichts zu tun hätten. Die Rechnungen wür-den grundsätzlich über die Staatsanwaltschaft bearbeitet.Das seien dann Kosten des Verfahrens. Beschwerden be-träfen allenfalls Verzögerungen in der Begleichung derRechnungen.

4. Zusammenfassung der Ergebnisse

Die Kosten, die im Rahmen der Durchführung einer Maß-nahme nach §§ 100g, 100h StPO entstehen, wurden aufder Grundlage der von den Netzbetreibern zur Verfügunggestellten Informationen bestimmt. Aus den Akten erge-ben sich teilweise die durch die Netzbetreiber in Rech-nung gestellten Kostenbeträge. Soweit dies überhaupt ausden Akten ersichtlich war, beliefen sich die Kosten imMittel auf 85 Euro pro Beschluss und auf etwa 140 Europro Verfahren. Diese Kosten wurden, soweit dies nach-vollzogen werden konnte, größtenteils ersetzt. In den Ak-ten waren jedoch nur teilweise die Rechnungen der An-bieter enthalten und der Ersatz der Rechnungen wurdeanhand etwaiger Vermerke, dass die Kosten sachlich rich-tig berechnet seien und eine Kostenanweisung erfolge,festgehalten. Auch die Schätzung der schriftlich befrag-ten Staatsanwälte hinsichtlich der Kosten der Verkehrsda-tenabfrage spiegelt die Größenordnung des in Rechnunggestellten Betrages recht realistisch wieder. Im Mittel ga-ben die Befragten 66 Euro pro Maßnahme an. Der Kos-tenaspekt spielt nach der Angabe der meisten befragtenStaatsanwälte (86 Prozent) keine Rolle bei der Beantra-gung der Maßnahmen. Die Aufklärung der Straftat steheim Vordergrund und dürfe nicht von den Kosten abhän-gen. Diese im Rahmen der Aktenanalyse und der schrift-lichen Befragung erhobenen Werte spiegeln jedoch nichtdie Kosten wieder, die den Telekommunikationsanbieternnach deren Angaben für die Ausführung solcher Maßnah-

men tatsächlich entstehen. Dies betrifft vor allem Perso-nalkosten, Wartungskosten, Investitionskosten, Bürokos-ten, Kosten für organisatorische Vorkehrungen undSchulungen. Da die Entwicklung der Kosten für die Maß-nahmen nach §§ 100g, 100h StPO nicht statistisch von denAnbietern festgehalten wird und zudem Verkehrsdatenab-fragen, Behördenauskünfte und die Telekommunikations-überwachung teilweise in einer Abteilung bearbeitet wer-den, ergeben sich unterschiedliche Kostenschätzungen.Die von allen Mitarbeitern der Unternehmen angegebeneUnterdeckung der Kosten bewegt sich jedoch im Millio-nenbereich. Zudem seien die Abteilungen, in denen dieVerkehrsdatenabfragen bearbeitet werden, wegen dersteigenden Zahl von Anfragen erweitert worden. Teil-weise arbeiten in diesen Bereichen bis zu 18 Personen,wobei aufgrund rechtlicher Probleme teilweise Juristeneingestellt wurden.

X. VernichtungDie Frage, ob die Verkehrsdaten vernichtet wurden, wennihre Speicherung nicht mehr erforderlich war, wurde inder Aktenanalyse und in den Gesprächen mit den Staats-anwälten thematisiert.

1. AktenanalyseIn 3 Prozent der Verfahren konnte den Akten entnommenwerden, dass die Daten nach Abschluss des Verfahrensvernichtet wurden. In 9 Prozent der Verfahren wurde aus-drücklich angeordnet, dass die Daten nicht vernichtetwerden sollen. In den übrigen 88 Prozent der Verfahrenließen sich den Akten keine Hinweise hinsichtlich derVernichtung der Daten entnehmen. Wenn die Daten ver-nichtet wurden, erfolgte dies entweder durch die Staats-anwaltschaft (vier Fälle) oder durch die Polizei (siebenFälle).

2. ExperteninterviewsEtwas weniger als die Hälfte der befragten Staatsanwältegaben an, dass eine Vernichtung der Daten nach Ab-schluss des Verfahrens stattfände. Weiter wurde ausge-führt, dass dies einzelfallabhängig sei. Bei Verfahren ge-gen Unbekannt fände keine Vernichtung statt. Die Datenwürde ggf. wieder gebraucht, wenn sich weitere Ermitt-lungsansätze ergeben. Ebenso würden die Daten nichtvernichtet, wenn sie zur Beweisführung in weiteren Ver-fahren benötigt würden. Gerade bei größeren Verfahrengebe es oftmals Schnittstellen zu anderen Verfahren bzw.anderen Verdächtigen. Zudem würden die Daten oft auchdeshalb zurückgehalten, weil Verfahren (auch nach Erlassdes Urteils) wieder aufgenommen werden könnten. DieVernichtung sei daher die Ausnahme. Ein weiterer Be-fragter meint, dass hier die aus anderen Fällen bekannteFehlerquelle wirke. Die Vernichtung der Daten unter-bleibe keineswegs absichtlich. Aber wenn die Daten sichnicht in einem Sonderband befänden, sondern mitten inder Akte, dann könne man nicht ausschließen, dass dieLöschung unterlassen wird. Das sei jedoch die Aus-nahme. Es gebe keine gesonderte Statistik darüber wiebei der Telekommunikationsüberwachung nach § 100a

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Drucksache 16/8434 – 172 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

StPO. In der Regel gebe es aber ein Sonderheft, das nachAbschluss des Verfahrens vernichtet wird. Die Löschungwerde dann in der Akte vermerkt. Dagegen gaben zweiStaatsanwälte an, dass die Daten nicht vernichtet werden.Sie würden in der Akte verbleiben und Aktenbestandteilwerden. Ebenso verhalte es sich bei Disketten. Die Datenwürden nicht vernichtet, da diese lediglich besagen, vonwelchem Anschluss aus eine Tat begangen wurde, führteiner der Befragten aus. Vier befragte Staatsanwälte ge-ben an, dass sie nicht wüssten, ob die Daten vernichtetwerden oder nicht. Sie gingen aber von der Löschung aus.Zudem gebe es normale Aktenvernichtungsfristen. DerRechtspfleger beim Gericht betreue das weitere Verfah-ren.

3. Zusammenfassung der Ergebnisse

Nur in 3 Prozent der ausgewerteten Verfahren konnte denAkten explizit entnommen werden, dass die Verkehrsda-ten vernichtet wurden. In 9 Prozent der Verfahren wurdeausdrücklich vermerkt, dass die Daten nicht vernichtetwerden sollen und in 88 Prozent der Verfahren waren denAkten keine Hinweise hinsichtlich der Datenvernichtungzu entnehmen. Einschränkend ist zu bemerken, dass denAkten nicht entnommen werden konnte, ob ein ggf. exis-tierendes Sonderheft mit Daten vernichtet wurde. Da je-doch gesetzlich vorgeschrieben ist, dass die Vernichtungder Daten in den Akten vermerkt sein muss (vgl. § 100h ISatz 3 i. V. m. § 100b VI Satz 2 StPO), ist davon auszuge-hen, dass die Daten in den Fällen, in denen sich keineHinweise darauf ergaben, nicht vernichtet worden seindürften. Auch die Expertengespräche unterstreichen dieseInterpretation. Etwas weniger als die Hälfte der befragten

Staatsanwälte gab zwar an, dass die Daten vernichtetwürden. Die übrigen Staatsanwälte teilten freilich mit,dass die Daten nicht vernichtet würden bzw. dass nichtbekannt sei, ob eine Löschung stattfinde. Freilich fällt dieAufgabe der Löschung in den Aufgabenkreis der Staats-anwaltschaft.

XI. Verfahrensausgang 1. Verfahrensausgang allgemeina) Anklage und Einstellung vor

AnklageerhebungIn den 467 ausgewerteten Verfahren wurden 697 Beschul-digte ermittelt. Die Verfahren gegen die Beschuldigtensowie die Verfahren, in denen kein Beschuldigter identifi-ziert werden konnte, wurden überwiegend eingestellt(Abbildung 84).

In 58 Prozent der Fälle wurde das Verfahren vor Anklage-erhebung eingestellt und in 1 Prozent der Fälle erfolgteeine Teileinstellung. Anklage wurde in 21 Prozent derFälle erhoben und ein Strafbefehlsantrag wurde in2 Prozent der Fälle gestellt. In 18 Prozent der Fälle warnicht ersichtlich, wie das Verfahren ausgegangen ist bzw.war das Verfahren noch nicht abgeschlossen. Zum großenTeil beruhte der Umstand, dass der Ausgang des Verfah-rens nicht ersichtlich war, darauf, dass das Verfahren ge-gen den jeweiligen Beschuldigten abgetrennt worden war.Weiter kam es vor, dass es sich um Rechtshilfeersuchenhandelte, bei denen ein anderes Land die Ermittlungenführte. Im Übrigen ließ sich den Akten der Ausgang desVerfahrens wegen der Unvollständigkeit der Akten nichtentnehmen.

A b b i l d u n g 84

Einstellung vor Anklageerhebung und Anklage (beschuldigtenbezogen)

0

10

20

30

40

50

60

70

(Teil-)Einstellung Anklage/Strafbefehlsantrag nicht ersichtlich

Einstellung/Anklage

Pro

zen

t d

er

Fälle

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 173 – Drucksache 16/8434

b) Begründungen für die Einstellungen vor Anklageerhebung

Die Verfahren gegen die Beschuldigten wurden aus ver-schiedenen Gründen eingestellt. Welche Rechtsgrundla-gen den Einstellungen zugrunde lagen, lässt sich Tabelle21 entnehmen. Am häufigsten wurde das Verfahren gegendie Beschuldigten gemäß § 170 II StPO eingestellt(79 Prozent)452. In 4 Prozent der Fälle war kein eindeuti-ger Einstellungsvermerk in den Akten zu finden, aber eswar ersichtlich, dass die Ermittlungen wegen Erfolglosig-keit nicht weiter geführt wurden, so dass von einer Ein-stellung auszugehen war. Bei je 3 Prozent der Einstellun-gen wurde das Verfahren gemäß § 153 I StPO wegenGeringfügigkeit und gemäß § 154 I StPO eingestellt. ImÜbrigen erfolgten Einstellungen wegen des Verbots derDoppelverfolgung (Artikel 103 III GG, 2 Prozent), wegen§ 45 JGG (bei Jugendlichen, 2 Prozent), wegen § 153a IStPO (1 Prozent) sowie wegen § 154b I StPO (1 Prozent).Zudem wurde das Verfahren vorläufig eingestellt wegenunbekannten Aufenthaltsorts des Beschuldigten (§ 205StPO analog, 1 Prozent). Selten wurde auf den Privatkla-geweg (§§ 374 ff. StPO) verwiesen. Sonstige Einstellun-gen (z. B. § 31a BtMG) erfolgten bei 1 Prozent der Fälle.

Ta b e l l e 21

Einstellungsgrundlagen

Die Begründungen für die Einstellung des Verfahrensnach § 170 II StPO bezogen sich einerseits darauf, dassder Täter nicht ermittelt werden konnte (144) und ande-rerseits darauf, dass kein Tatnachweis erbracht werdenkonnte (129).

Der Zusammenhang der eingestellten Verfahren mit derAbfrage der Verkehrsdaten lässt sich nicht genau bestim-men. Allgemein kann man jedoch sagen, dass in den Ver-fahren gegen die Beschuldigten, in denen die Verkehrsda-tenabfrage als nicht erfolgreich oder nur bedingterfolgreich eingestuft wurde, die häufigsten Einstellun-gen nach § 170 II StPO erfolgten. Bei nicht erfolgreicherVerkehrsdatenabfrage (dies betrifft 144 Beschuldigte)wurde das Verfahren gegen 76 Beschuldigte nach § 170 IIStPO eingestellt, bei bedingt erfolgreicher Verkehrsdaten-abfrage (dies betrifft 91 Beschuldigte) in 35 Fällen undbei erfolgreicher Verkehrsdatenabfrage (dies betrifft 93 Be-schuldigte) nur in 14 Fällen. Ausführlicher wird dieseThematik noch einmal im Effizienzteil erörtert werden.

c) Verurteilung, Einstellung und Freispruch

In Abbildung 85 wird der Inhalt des Urteils bezogen aufdie angeklagten Beschuldigten (211) zusammengefasstdargestellt.

Wenn Anklage erhoben wurde, wurden die Beschuldigtenin 85 Prozent der Verfahren auch verurteilt. Teileinstel-lung (1 Prozent) und Teilfreispruch (1 Prozent) kamenselten vor. Im Übrigen erging in 6 Prozent der Fälle Frei-spruch und in 7 Prozent der Fälle wurde das Verfahren inder Hauptverhandlung eingestellt.

d) Verurteilungsinhalt

Wenn es nach Anklage zu einer Verurteilung kam, dannwurden zu 48 Prozent unbedingte Freiheitsstrafen ver-hängt (Abbildung 86).

In 36 Prozent der Verurteilungen wurden Bewährungs-strafen verhängt und bei 8,6 Prozent wurden die Ange-klagten zu einer Geldstrafe verurteilt. Rechtsfolgen nachdem Jugendgerichtsgesetz waren ebenfalls zu beobach-ten. In 5,7 Prozent der Verfahren wurde eine Jugendstrafeausgesprochen und zu je 0,6 Prozent wurden Jugendli-chen oder Heranwachsenden Erziehungsmaßregeln oderZuchtmittel auferlegt. Die Sanktionsstruktur spricht dem-nach dafür, dass ein bedeutsamer Anteil der Verfahren al-lenfalls der mittleren Kriminalität zuzuordnen ist. Beziehtman die Geringfügigkeitseinstellungen ein und rechnetGeldstrafen, Bewährungsstrafen453 und Rechtsfolgen desJGG ohne Jugendstrafe zu diesem Kriminalitätsbereich,dann beziehen sich die Verfahren hierauf zu knapp60 Prozent.

452 In den Verfahren gegen unbekannte Täter (181 Verfahren) wurde dasVerfahren in 91 Prozent der Fälle gemäß § 170 II StPO eingestellt. Inden übrigen dieser Fälle war entweder keine explizite Einstellung er-sichtlich oder das Verfahren wurde wegen des Verbots der Doppel-verfolgung oder wegen Geringfügigkeit eingestellt.

N

Prozent der

Beschul-digten

§ 170 II StPO 402 78,8

§ 153 I StPO 15 2,9

§ 154 I StPO 15 2,9

Einstellung wg. Verbot der Doppelverfolgung 11 2,2

§ 45 JGG 9 1,8

§ 153a I StPO 6 1,2

§ 154b I StPO 6 1,2

§ 205 StPO analog 6 1,2

Verweis auf Privatklageweg 3 0,6

Sonstiges 4 0,8

keine explizite Einstellung, aber naheliegend 20 3,9

RGL unbekannt 13 2,5

510 100,0

453 Das Bundesverfassungsgericht hat im Jahr 2003 ausdrücklich bean-standet, dass ein Fall, in welchem eine Freiheitsstrafe zur Bewährungausgesetzt worden war, ohne weitere Prüfung als Straftat von erhebli-cher Bedeutung (i. S. v. § 81g StPO bzw. § 2 DNA-IfG) bewertetworden war; BVerfG, StV 2003, S. 1, 2.

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Drucksache 16/8434 – 174 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

A b b i l d u n g 85

Inhalt des Urteils

A b b i l d u n g 86

Verurteilungsinhalt

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90

Verurteilung

Einstellung

Freispruch

Teilfreispruch

Teileinstellung

Inh

alt

de

s U

rte

ils

Prozent der angeklagten Beschuldigten

0 10 20 30 40 50 60

unbedingteFreiheitsstrafe

Bewährungsstrafe

Geldstrafe

Jugendstrafe

Zuchtmittel

Erziehungsmaßregel

Ver

urt

eilu

ng

sin

hal

t

Prozent der Verurteilungen

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 175 – Drucksache 16/8434

(1) Freiheitsstrafe

158 Angeklagte wurden zu einer Freiheitsstrafe mit oderohne Bewährung verurteilt. Die Dauer der Freiheitsstra-fen liegt zwischen einem Monat und 15 Jahren bzw. Le-benslänglich. Wie sich die Dauer der Freiheitsstrafen aufdie Angeklagten verteilt, ergibt sich aus Abbildung 87.Freiheitsstrafen zwischen einem und zwei Jahren bildenmit etwa 45 Prozent die häufigste Ausprägung. In der Ka-tegorie „über zehn Jahre“ sind im Übrigen auch die le-benslänglichen Freiheitsstrafen erfasst, die ein Drittel die-ser Kategorie ausmachen.

32 Verurteilten wurde mit der Aussetzung der Freiheits-strafe zur Bewährung eine Auflage oder Weisung erteilt.In 17 Fällen kam es zur Anordnung einer Geldauflage.Die Höhe der Geldauflagen variierte zwischen 125 und

3 000 Euro. Arbeitsstunden wurden in Höhe von 30 biszu 300 verhängt. Von den Arbeitsstunden waren acht Ver-urteilte betroffen. Die sonstigen Auflagen und Weisungenbeinhalteten u. a. die Verpflichtung zur Teilnahme an ei-ner Drogentherapie. Bei 49 Beschuldigten konnte denAkten die Festlegung der Bewährungszeit entnommenwerden. Sie betrug in 61 Prozent der Fälle drei Jahre, in27 Prozent zwei Jahre und in 12 Prozent vier Jahre.

(2) Geldstrafe

In 17 Fällen wurde eine Geldstrafe verhängt. Dabei wur-den Geldstrafen von 120 bis 3 600 Euro zugemessen(Mittelwert 1 231 Euro). Die Tagessatzanzahl bewegtesich zwischen zehn und 90 Tagessätzen. Die Tagessatz-höhe belief sich auf 10 Euro bis 50 Euro.

A b b i l d u n g 87

Dauer der Freiheitsstrafen

0

5

10

15

20

25

30

35

40

45

50

bis 1 Jahr 1 bis 2Jahre

2 bis 3Jahre

3 bis 4Jahre

4 bis 5Jahre

5 bis 7Jahre

7 bis 10Jahre

über 10Jahre

Dauer der Freiheitsstrafe

An

zah

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Drucksache 16/8434 – 176 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

2. Differenzierung nach Delikten Zunächst erfolgte eine Betrachtung der bei den Beschul-digten aufgenommenen Delikte. Dabei wird wiederumzwischen Katalogdelikten und sonstigen Delikten unter-schieden.

a) KatalogdelikteEinstellung und Anklage (bzw. Strafbefehlsantrag) vertei-len sich wie in Abbildung 88 dargestellt auf die Katalog-delikte des § 100a Satz 1 StPO. Daneben wird gezeigt,wie viele Verfahren gegen unbekannt geführt wurden undbei denen der Täter unbekannt blieb. Diese Verfahrenwurden ebenfalls eingestellt und sind nicht in den übrigenEinstellungen enthalten.

Die absoluten Zahlen der Einstellungen sind bei Raubbzw. räuberischer Erpressung (53 Beschuldigte), bei(schweren) Bandendiebstählen (47) und bei Tötungsde-likten (28) recht hoch. Verfahren gegen Unbekannt kon-zentrieren sich auf den Raub. Die Anklagequoten vertei-len sich wie folgt: Verfahren gegen die persönlicheFreiheit (78 Prozent); Verfahren wegen Betäubungsmit-telgesetz und gewerbsmäßiger Hehlerei (jeweils 65 Pro-zent) sowie Geldfälschung (55 Prozent). Bei den anderenDelikten liegt die Anklagequote unter 40 Prozent.

b) Sonstige DelikteBei den sonstigen Straftaten, also solchen, die nicht unterden Katalog des § 100a Satz 1 StPO fallen, ist zwischen

den Delikten, die mittels Endeinrichtung begangen wur-den (insgesamt 102), und denen, die ohne Endeinrichtungbegangen wurden (insgesamt 253), zu unterscheiden.Auch hier sind die Verfahren gegen unbekannt wiederumseparat aufgeführt. Die Straftaten, die mittels Endeinrich-tung begangen wurden, sind in Abbildung 89 dargestellt.

Dabei fällt auf, dass sich Verfahren gegen Unbekannt aufden Betrug mittels Endeinrichtung konzentrieren (29).Auch bei der Androhung von Straftaten mittels Endein-richtung liegen einige Verfahren gegen Unbekannt vor(8). Einstellungen sind häufig zu beobachten bei Beleidi-gungen mittels Endeinrichtung (17) und Straftaten gegendie persönliche Freiheit mittels Endeinrichtung (z. B. Be-drohung, Nötigung: 11). Einstellungen gegen Beschul-digte, die wegen spezieller Computerkriminalität verfolgtwurden (6) sowie bei sonstigen Straftaten mittels Endein-richtung (7) sind ebenfalls hervorzuheben.

Die Nichtkatalogtaten, die nicht mittels Endeinrichtungbegangen wurden, sind in Abbildung 90 dargestellt.

Verfahren gegen Unbekannt kamen besonders häufig beischweren Diebstahlsdelikten (40) vor. Dort waren auch dieEinstellungen am häufigsten (35). Häufig eingestellt wurdedas Verfahren auch gegen Beschuldigte, die wegen einfa-chen Diebstahls (26), Betrugs (zwölf), sonstiger Straftaten(19), Hehlerei (12) und Betäubungsmitteldelikten (12), dienicht unter § 100a Satz 1 StPO fallen, verfolgt wurden. An-klagen konzentrieren sich auf den schweren Diebstahl (19),Betrug (15) und Körperverletzungsdelikte (13).

A b b i l d u n g 88

Anzahl Einstellungen und Anklagen differenziert nach Katalogdelikten

0

10

20

30

40

50

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 177 – Drucksache 16/8434

A b b i l d u n g 89

Anzahl Einstellungen und Anklagen differenziert nach sonstigen Straftaten mittels Endeinrichtung

A b b i l d u n g 90

Anzahl Einstellungen und Anklagen differenziert nach sonstigen Straftaten(ohne Endeinrichtung)

0

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10

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Sonstige Straftaten (nicht mittels Endeinrichtung)

An

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l

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Einstellung

Anklage/Strafbefehl

Page 178: Deutscher Bundestag Drucksache 16/8434 16. Wahlperiode 28 ...dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/084/1608434.pdf · Deutscher Bundestag Drucksache 16/8434 16. Wahlperiode 28. 02. 2008

Drucksache 16/8434 – 178 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

3. Deliktsbezogene Betrachtung

Die bisherigen Betrachtungen bezogen sich auf die proBeschuldigten notierten Ermittlungsdelikte (aus Tabelle„Beschuldigte“). Bei den folgenden Betrachtungen, ins-besondere zu Anklage und Urteil, wurde auf die detail-lierte Erfassung der Delikte in der „Anklage-Urteil-De-likts“-Tabelle zurückgegriffen, da nur hier auch die durchdie Verurteilungen abgedeckten Delikte erfasst waren. Eskann dadurch zu minimalen Verschiebungen kommen,die aber die prinzipiellen Aussagen nicht tangieren. Inden 467 Verfahren (davon 181 gegen unbekannt) wurden211 Beschuldigte454 wegen insgesamt 500 Delikten455 an-geklagt. Davon waren 232 Katalogdelikte und 268 sons-tige Straftaten. Die Verurteilungen beziehen sich auf186 Katalogdelikte und 204 sonstige Delikte.

a) Anklage und Einstellung bei Katalog-delikten

In Abbildung 91 ist dargestellt, wie sich Anklage und Ein-stellung auf die Katalogdelikte verteilen. Hierbei ist zu be-rücksichtigen, dass im Gegensatz zu den Ausführungen zuden Delikten, wegen derer die Ermittlungen eingeleitetwurden, nicht nur Mehrfachnennungen in Bezug auf ver-schiedene Delikte möglich waren, sondern auch Mehrfach-

nennungen einzelner Delikte vorhanden sein können, so-weit sich diese in ihren spezifischen Begehungsweisenunterschieden. So kann dasselbe Delikt einmal vollendetund einmal im Versuch vorgelegen haben oder es kannz. B. zu unterschiedlichen Qualifikationen gekommen sein.

Die Anklagequote ist besonders stark ausgeprägt bei Be-täubungsmitteldelikten, Straftaten gegen die persönlicheFreiheit, Hehlerei und Fälschungsdelikten. Demgegen-über sind Anklagen und Einstellungen beim Raub ausge-wogen. Sehr niedrig dagegen fällt die Anklagequote beiTötungsdelikten aus.

b) Anklage und Einstellung bei sonstigen Delikten

Abbildung 92 zeigt die Verteilung von Anklagen und Ein-stellungen bei den einzelnen Delikten, die nicht unter denKatalog des § 100a Satz 1 StPO fallen. Häufig angeklagtwurden Körperverletzungsdelikte, Betrugsdelikte, Betäu-bungsmitteldelikte und schwere Diebstahlsdelikte. Beiletzteren sind allerdings auch die meisten Einstellungenzu verzeichnen. Am häufigsten wurde wegen sonstigerDelikte angeklagt. Dabei handelt es sich u. a. um Ver-stöße gegen die Abgabenordnung (Steuerstraftaten, Steu-erhinterziehung, Steuerhehlerei, Schmuggel, 26), Urkun-denfälschungen (17), Fahren ohne Fahrerlaubnis (9),Verschaffen von falschen amtlichen Ausweisen (6), In-verkehrbringen von Falschgeld (6), Vortäuschen vonStraftaten (5) und Unterschlagung (5). Bei diesen Delik-ten wurde das Verfahren aber auch oft eingestellt. Häu-fige Einstellungen erfolgten zudem bei Betäubungsmittel-delikten und einfachem Diebstahl.

454 Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Verfahrensausgang bei157 Beschuldigten wegen Abtrennung des Verfahrens oder anderenGründen nicht bekannt ist. Die Verfahren wurden gegen 510 Perso-nen eingestellt.

455 In dieser Zählung wurden jeweils Fälle gleichen Delikts und gleicherBegehungsweise pro Beschuldigten nur einmal gezählt.

A b b i l d u n g 91

Anklage und Einstellung bei Katalogdelikten (deliktsbezogen)

0

10

20

30

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Anklage/Strafbefehl

Page 179: Deutscher Bundestag Drucksache 16/8434 16. Wahlperiode 28 ...dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/084/1608434.pdf · Deutscher Bundestag Drucksache 16/8434 16. Wahlperiode 28. 02. 2008

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 179 – Drucksache 16/8434

A b b i l d u n g 92

Anklage und Einstellung bei sonstigen Delikten (deliktsbezogen)

0

10

20

30

40

50

60

70

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Einstellungen

Anklage/Strafbefehl

c) Verurteilungen bei Katalogdelikten

Im Folgenden wird dargestellt, in welcher Relation Anklageund Verurteilung zueinander stehen. Abbildung 93 gibt wie-der, wie viele Katalogdelikte jeweils angeklagt wurden undwelcher Prozentsatz davon auch verurteilt wurde. Zusätz-lich ist die Anzahl der zunächst nicht angeklagten, aber imUrteil erscheinenden Katalogdelikte angegeben.

Die häufigsten angeklagten Katalogdelikte sind Betäu-bungsmitteldelikte. Sie zeichnen sich durch eine relativhohe Verurteilungsquote (80 Prozent) aus. Sehr häufigwurden auch Raub und räuberische Erpressung ange-klagt. Bei diesen Delikten wurde zu 87 Prozent verurteilt.Zu 100 Prozent wurden schwerer sexueller Missbrauchvon Kindern, Totschlagsdelikte, Erpressung, gemeinge-fährliche Straftaten, Straftaten nach dem Waffengesetzsowie Verstöße gegen Vorschriften des Ausländerrechtsverurteilt, wobei jedoch zu beachten ist, dass hier nur we-nige Fälle angeklagt waren und damit die Bestimmungder Verurteilungsrate nicht allzu aussagekräftig ist. Diesgilt im verstärkten Maße auch bei der Geldwäsche, beider nur ein Fall angeklagt war. Eine geringere Verurtei-lungsquote ist beim (schweren) Bandendiebstahl zu ver-zeichnen (50 Prozent). Unter den Delikten, die zunächstnicht angeklagt waren, wegen denen aber später verurteiltwurde, sind (schwerer) Bandendiebstahl und Erpressungetwas häufiger. Hier kann es sein, dass die Begehungs-

form eines Delikts im Laufe der Hauptverhandlung an-ders beurteilt wurde. So kann z. B. eine angeklagte räube-rische Erpressung „nur“ als eine Erpressung verurteiltwerden.

d) Verurteilungen bei sonstigen Delikten

In Abbildung 94 wird dargestellt, wie sich Anklage undVerurteilung auf Nichtkatalogtaten verteilen.

Am häufigsten angeklagt sind die bereits aufgeführtensonstigen Delikte. Verurteilt wurden diese Delikte zu76 Prozent. Häufig angeklagte Delikte sind auch Körper-verletzungsdelikte. Diese wurden zu 81 Prozent verur-teilt. Betrugsdelikte sind ebenfalls häufig angeklagt undwurden zu 77 Prozent verurteilt. Betäubungsmittelde-likte, die nicht unter den Katalog des § 100a Satz 1 StPOfallen, werden häufig angeklagt und die Verurteilungs-quote ist mit 97 Prozent sehr hoch. Schwerer Diebstahlwird zwar häufig angeklagt, wird aber nur zu 55 Prozentverurteilt. Besonders hohe Verurteilungsraten sind beiStraftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung, einfa-chem Diebstahl und bei der Androhung von Straftatenfestzustellen, wobei die Zahl der angeklagten Delikte beidiesen eher gering ist. Der schwere Diebstahl ist das amhäufigsten verurteilte Delikt, das nicht in der Anklage-schrift aufgeführt war.

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Drucksache 16/8434 – 180 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

A b b i l d u n g 93

Anklage und Verurteilung bei Katalogdelikten (deliktsbezogen)

A b b i l d u n g 94

Anklage und Verurteilung bei sonstigen Delikten (deliktsbezogen)

0

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 181 – Drucksache 16/8434

4. Fallzahlen differenziert nach Delikten

Neben den Delikten selbst wurden auch die konkretenFallzahlen, das heißt, die Zahl der Einzeltaten, die Ein-stellungen und Anklagen zugrunde lagen, erfasst. WelcheFallzahlen bei den einzelnen Katalogdelikten angeklagtwurden oder der Einstellung zugrunde lagen, lässt sichAbbildung 95 entnehmen.

Die höchsten Fallzahlen bei den Katalogdelikten warenbei (schweren) Bandendiebstählen (1 650) und Betäu-bungsmitteldelikten (985) zu verzeichnen. Dabei wurdebei ersteren besonders häufig eingestellt (1 553) und beiletzteren besonders häufig angeklagt (963). Für Rausch-giftdelikte ist charakteristisch, dass es sich nicht um Ein-zeltaten handelt, sondern dass sich gewerbsmäßige Ge-schäftsstrukturen entwickeln und daher immer wiederüber mehrere Monate hinweg Geschäfte abgewickelt wer-den. Dadurch steigen die Fallzahlen in die Höhe. BeiBandendiebstählen handelt es sich schon per Definitionum eine Gruppe von Personen, die sich für einen längerenZeitraum zur Begehung von Diebstählen zusammenge-schlossen hat. Daher ist es auch hier typisch, dass die Be-schuldigten wegen mehrerer Delikte angeklagt werden.Hohe Fallzahlen sind auch bei angeklagten Geld- undWertpapierfälschung und bei angeklagten Verstößen ge-gen Vorschriften des Ausländerrechts zu verzeichnen.Hohe Fallzahlen bei eingestellten Delikten sind bei ge-werbsmäßiger Hehlerei bzw. Bandenhehlerei und beischwerem sexuellen Missbrauch von Kindern zu bemer-ken. Geringe Fallzahlen fallen bei Erpressung, Geldwä-

sche, gemeingefährlichen Straftaten, Verstößen gegen dasWaffengesetz und Verstößen gegen die öffentliche Ord-nung auf. Im Gegensatz zu schweren Bandendiebstählenoder Betäubungsmitteldelikten handelt es sich dabei aberauch nicht um typische Delikte, die wiederholt über einenlängeren Zeitraum begangen werden.

Abbildung 96 stellt die Fallzahlen der sonstigen Strafta-ten dar, die Einstellung und Anklage zugrunde lagen.

Die höchsten Fallzahlen sind dabei bei schweren Dieb-stahlsdelikten (883) und bei sonstigen Delikten (1092)festzustellen. Es ist nicht unüblich für Wohnungsein-bruchsdiebstähle, dass es sich dabei um eine Serie vonStraftaten handelt und dadurch die Fallzahlen höher sindals bei anderen Delikten. Sowohl bei den schweren Dieb-stahlsdelikten als auch bei den sonstigen Delikten ist derAnteil an eingestellten Delikten sehr groß. Häufig ange-klagt wurde wegen Betäubungsmitteldelikten, die nichtunter den Katalog des § 100a Satz 1 StPO fallen. AuchBetrugsdelikte und Verstöße gegen das Ausländerrechtweisen relativ hohe Fallzahlen auf. Dies lässt sich damiterklären, dass es sich z. B. beim Enkeltrick, der unter dieDeliktskategorie Betrug fällt, typischerweise nicht umeine Einzeltat handelt, sondern um mehrere gleichartigeFälle, die in einem Verfahren verfolgt werden. Auch z. B.Schleusungen von Ausländern werden in der Regel ge-werbsmäßig ausgeführt.

In Abbildung 97 werden die konkreten Fallzahlen zu denKatalogdelikten, welche in den Anklageschriften und inden Urteilen aufgeführt wurden, dargestellt.

A b b i l d u n g 95

Fallzahlen bei Anklage und Einstellung differenziert nach Katalogdelikten

0

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Drucksache 16/8434 – 182 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

A b b i l d u n g 96

Fallzahlen bei Anklage und Einstellung differenziert nach sonstigen Delikten

A b b i l d u n g 97

Fallzahlen bei Anklage und Verurteilung differenziert nach Katalogdelikten

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 183 – Drucksache 16/8434

Von den häufig angeklagten Fällen von Betäubungsmit-teldelikten (963) wurden nur etwa ein Drittel (383) verur-teilt. Das kann darauf beruhen, dass die Vielzahl derRauschgiftgeschäfte nicht konkret nachgewiesen werdenkann und die Fallzahl daher im Urteil auf die nachweisba-ren Drogengeschäfte reduziert wird. Auffällig ist auch diegeringe Anzahl von verurteilten Fällen (41) bei der Geld-und Wertpapierfälschung (angeklagt: 166). Hier kann dieVerurteilung ebenfalls an der Nachweisbarkeit scheitern.Beim schweren Bandendiebstahl wird nur etwa die Hälfteder angeklagten Fälle später verurteilt. Hier fällt auch dierelativ hohe Anzahl von nicht in der Anklageschrift, aberim Urteil vorkommenden Delikten auf. Letzteres kanndarauf beruhen, dass sich die Bewertung als Bandendieb-

stahl oder die Gewerbsmäßigkeit des Vorgehens erst inder Hauptverhandlung ergeben hat.

Abbildung 98 lässt sich entnehmen, wie sich die Fallzah-len der Straftaten, die nicht unter den Katalog des § 100aSatz 1 StPO fallen, auf Anklage und Urteil verteilen.Häufige Anklagen und Verurteilungen sind bei Betäu-bungsmitteldelikten und sonstigen Delikten zu bemerken.Auffällig ist die geringe Fallzahl verurteilter schwererDiebstahlsdelikte und das häufige Vorkommen von nichtangeklagten, aber verurteilten einfachen Diebstählen.Hier kann sich jedoch die Einschätzung der Qualität desDiebstahls im Laufe der Hauptverhandlung verändert ha-ben.

A b b i l d u n g 98

Fallzahlen bei Anklage und Verurteilung differenziert nach sonstigen Delikten

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Drucksache 16/8434 – 184 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

5. Zusammenfassung der Ergebnisse

Die im Rahmen der Aktenanalyse ausgewerteten Verfah-ren wurden überwiegend eingestellt. In 181 von 467 Ver-fahren (fast 40 Prozent der Verfahren) blieben die Täterunbekannt. Nur gegen 211 der 697 identifizierten Be-schuldigten konnte Anklage erhoben werden. Insgesamtwurden 58 Prozent der Verfahren gegen die identifizier-ten Beschuldigten und gegen Unbekannt eingestellt undin 23 Prozent konnte Anklage bzw. Strafbefehlsantrag er-hoben werden. In 18 Prozent der Fälle konnte der Aus-gang des Verfahrens nicht ermittelt werden. Die Einstellun-gen wurden größtenteils auf der Grundlage des § 170 IIStPO vorgenommen (79 Prozent der Fälle). Wenn An-klage erhoben wurde, konnten die Beschuldigten zu87 Prozent verurteilt werden. Freigesprochen wurden dieangeklagten Verurteilten zu 6 Prozent und nach Anklage-erhebung eingestellt wurde das Verfahren in 7 Prozent derFälle. In 36 Prozent der Verurteilungen wurde eine Frei-heitsstrafe ohne Bewährung verhängt und damit eineStrafe, die eine gewisse Schwere der Taten indiziert. DieEinstellungs- und Sanktionsstruktur spricht im Übrigendafür, dass sich die Straftaten in Verfahren mit Verkehrs-datenabfrage überwiegend in dem Bereich bis zu mittel-schwerer Kriminalität bewegen.

Deliktsbezogen betrachtet liegt die Anklagequote bei Be-täubungsmitteldelikten, die unter den Katalog des § 100aSatz 1 StPO fallen, am höchsten. Hier fiel mit 80 Prozentauch die Verurteilungsquote hoch aus. Die Anklagequo-ten sind weniger stark ausgeprägt bei Raub und räuberi-sche Erpressung, hier ist der Anteil an Einstellungen vorAnklageerhebung recht hoch. Wenn diese Delikte jedochangeklagt wurden, kam es in 87 Prozent der Fälle zu einerVerurteilung. Bei den Nichtkatalogtaten wurde häufigeingestellt, wenn besonders schwere Fälle des Diebstahlsvorlagen. Häufige Anklagen gab es wegen Betrugsdelik-ten und Körperverletzungsdelikten. Bei beiden Deliktensind auch hohe Verurteilungsraten zu verzeichnen.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Einstellungsquotevon Verfahren generell sehr hoch ist. Da den ausgewerte-ten Verfahren ein breites Deliktsspektrum zugrunde liegt,können die Zahlen mit der allgemeinen Erledigungsstatis-tik verglichen werden.456 Im Jahr 2003 wurde von insge-samt 4 766 070 erledigten Verfahren in 573 345 FällenAnklage erhoben und in 603 999 Fällen Strafbefehl bean-tragt. Allein gemäß § 170 II StPO wurden 1 273 673 Ver-fahren eingestellt. Weitere 265 909 Verfahren wurden miteiner Auflage und 998 845 Verfahren ohne Auflage ein-gestellt.

XII. Rechtsbehelfe

1. Aktenanalyse

177 Beschuldigte wurden verurteilt. In 15 Fällen handeltees sich um Strafbefehle. Gegen die Urteile wurden inetwa 30 Prozent Rechtsmittel eingelegt. Davon entfallen

etwa 60 Prozent auf eine Revision und 25 Prozent aufeine Berufung. Der Rest betrifft Einsprüche gegen einenStrafbefehl. In 32 Fällen ging es um eine Revision und in14 Fällen um eine Berufung. Einspruch gegen einenStrafbefehl erfolgte in vier Fällen. Die Einlegung derRechtsbehelfe erfolgte ganz überwiegend durch den Ver-urteilten (44 Fälle). Seitens des Opfers wurde in fünf Fäl-len ein Rechtsmittel eingelegt. Einen Bezug zur Verkehrs-datenabfrage konnte nur für eine Revision hergestelltwerden. Der Verteidiger des Verurteilten erklärte in derRechtsmittelbegründung, dass es sich bei den Daten nurum Indizien handele. Die Daten würden nicht nachwei-sen, wo sich der Verurteilte aufgehalten habe, sondernnur, wo sich das Mobiltelefon befand. Mit diesem könnteaber auch eine andere Person telefoniert haben. Die Revi-sion wurde jedoch als unbegründet verworfen. Die nichtzurückgenommenen Rechtsbehelfe (38) wurden größten-teils verworfen (29). Im Übrigen führte die Einlegung derRechtsmittel zur Abänderung in fünf Fällen und zur Auf-hebung des Urteils in drei Fällen. Ein Zusammenhang derVerkehrsdatenabfrage mit der Abänderung oder Aufhe-bung des Urteils konnte in keinem Fall festgestellt wer-den.

2. Experteninterviews

Nur einer der befragten Verteidiger hat im Jahr 2005 Be-schwerden gegen Maßnahmen nach §§ 100g, 100h StPOeingelegt, nachdem der Verwertung widersprochen wor-den war. Begründet sei dies aufgrund der Fehlerhaftigkeitder Beschlüsse gewesen. Weder sei ein Anordnungsgrundangegeben, noch Subsidiarität oder Verhältnismäßigkeitbegründet worden. Keiner der Befragten hat im Jahr 2005eine Berufung oder Revision im Zusammenhang mit Ver-kehrsdatenabfrage eingelegt. Einer der Befragten gab je-doch an, in 2006 eine Revision wegen seiner Meinungnach unverwertbaren Verkehrsdaten eingelegt zu haben.Ein anderer erklärte, dass in den Fällen, in denen die Ver-hältnismäßigkeit und die Verwertbarkeit problematischwaren, die Daten nicht als Beweismittel eingeführt wor-den seien. Zwei weitere Befragte gaben an, eine Berufungbzw. Revision eingelegt zu haben, wobei aber nicht Ver-stöße gegen Voraussetzungen der §§ 100g, 100h StPO,sondern solche wegen §§ 100a, 100b StPO tragend gewe-sen seien.

3. Zusammenfassung der Ergebnisse

In den ausgewerteten Verfahren wurde in 55 FällenRechtsmittel gegen Verurteilungen eingelegt. Dabei han-delte es sich vor allem um Revisionen (32). Einen Bezugzur Verkehrsdatenabfrage gab es nur bei einer Revision,die jedoch keinen Erfolg hatte. Der Verteidiger wies dabeidarauf hin, dass es sich bei den Daten nur um Indizienund nicht um Beweise handle. Die Rechtsmittel warenganz überwiegend erfolglos. Dies deckt sich mit Befun-den zu den Folgen von Rechtsmitteln im Allgemeinen.Die Expertengespräche mit den Verteidigern bestätigendieses Bild. Nur ein einziges Verfahren wurde berichtet,in dem die Verkehrsdatenabfrage für die Begründung ei-nes Rechtsmittels eine bedeutsame Rolle spielte.

456 Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Rechtspflege, Fachserie 10/Reihe 2.6:Staatsanwaltschaften 2003, Wiesbaden 2004.

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 185 – Drucksache 16/8434

XIII. Schwierigkeiten bei der Anwendung der Normen, Veränderungen gegenüber § 12 FAG und zukünftige Gestaltung der Maßnahme

Fragen danach, zu welchen Problemen es bei der Anwen-dung der §§ 100g, 100h StPO kommt, welche Verände-rungen sich gegenüber der Regelung in § 12 FAG ergebenhaben und wie die Beteiligten sich die Maßnahme zu-künftig vorstellen, wurde mit den Befragungen und Inter-views untersucht.

1. Schriftliche Befragunga) Veränderungen gegenüber der Regelung

in § 12 FAGDie Frage, ob sich durch die Regelung der Auskunfts-erteilung über Verbindungsdaten in §§ 100g, 100h StPOgegenüber der alten Rechtslage, also der Regelung des §12 FAG, Änderungen für die Praxis ergeben haben, beant-worteten 65 Prozent mit Nein. Von denen, die die Fragebejahten, waren 68 Prozent der Ansicht, dass es seit derÄnderung eine höhere Anzahl an Anordnungen gebe, wo-gegen 12 Prozent eine geringere Anzahl feststellten. Wei-ter gab etwa ein Drittel dieser Befragten (33 Prozent) an,dass nach der Änderung mehr Erfolge zu verzeichnenseien, 4 Prozent verbanden die Änderungen mit geringe-ren Erfolgen. Als weitere Änderungen in der Praxis nann-ten 28 Befragte folgende Aspekte: Die jetzige Regelungsei zu kompliziert und verursache einen höheren Auf-wand. Im Gegensatz dazu wurde die jetzige Rechtslagevon einigen Befragten auch als klarer und präziser be-zeichnet. Eine weitere angesprochene Veränderung be-trifft die Zugriffsmöglichkeit auf zukünftig anfallendeDaten.

b) Auskunft über Personendaten zu dynamischen IP-Adressen

Die Staatsanwälte wurden danach gefragt, auf welcherRechtsgrundlage Personendaten zu dynamischen IP-Adressen eingeholt werden. Darauf antworteten 53 Pro-zent mit §§ 100g, 100h StPO und 24 Prozent mit § 113TKG. Andere Antworten bezogen sich auf die allgemeineAngabe des „TKG“ und § 161a StPO (jeweils 6 Prozent).4 Prozent der Befragten teilten mit, dass sie teilweise§§ 100g, 100h StPO und teilweise § 113 TKG als Rechts-grundlage heranzögen. 3 Prozent der Befragten führtenaus, dass sie früher (im Jahr 2005) nach §§ 100g, 100hStPO vorgegangen seien, mittlerweile aber wegen derRechtsprechung nach § 113 TKG vorgehen. Weitere2 Prozent erklärten, dass sie nur deshalb §§ 100g, 100hStPO als Rechtsgrundlage wählten, da die Provider sichohne Beschluss weigern würden und sich so Verzögerun-gen oder Beweisverluste vermeiden ließen. Weitere ge-nannte Rechtsgrundlagen sind § 3 Nr. 3 TKG, §§ 89, 90TKG, § 111 TKG, § 112 TKG, §§ 101, 101a StPO, § 161StPO.

Die Frage, ob es dabei Schwierigkeiten gegeben habe, be-antworteten 384 Befragte, wobei 67 Prozent sie vernein-ten und 33 Prozent zustimmten. Letztere führten zur Er-

klärung aus, dass von Betreiberseite Beschlüsse nach§§ 100g, 100h StPO verlangt würden (61 Prozent dieserBefragten). 12 Prozent berichteten, dass Anbieter sich ge-weigert hätten, die Maßnahme durchzuführen. Von 18 Pro-zent wurde als Problem die unterschiedliche Rechtsauf-fassung der Staatsanwaltschaften und der Providerangeführt. 11 Prozent gaben an, dass die Daten nichtmehr gespeichert gewesen wären. Als problematischwurde auch die uneinheitliche Rechtsprechung zurRechtsgrundlage für Personendatenauskünfte empfunden(7 Prozent). Weiter wurde angegeben, dass diese Proble-matik gesetzlich nicht klar geregelt sei. Ausgeführt wurdezudem, dass teilweise vorbeugend ein Beschluss bean-tragt werde, um Probleme mit den Anbietern zu vermei-den.

c) Hinreichende Bestimmung des Betroffenen

Die Vorschrift des § 100h I Satz 1 StPO sieht vor, dass beiAnordnung der Verkehrsdatenabfrage Name und An-schrift des Betroffenen sowie die Rufnummer oder eineandere Kennung seines Telekommunikationsanschlussesanzugeben sind. Nur im Falle einer Straftat von erhebli-cher Bedeutung genügt gemäß § 100h I Satz 2 StPO eineräumlich und zeitlich hinreichend bestimmte Bezeich-nung der Telekommunikation, wenn andernfalls die Er-forschung des Sachverhalts aussichtslos oder wesentlicherschwert wäre. 18 Prozent der Befragten gaben an, dasssie diese Ausnahmeregelung gerne erweitert sähen. Dage-gen soll die Regelung nach 75 Prozent der Befragten inihrer jetzigen Fassung beibehalten werden. 7 Prozent derBefragten sprechen sich für eine Einschränkung aus.

Zur Begründung für eine Erweiterung der Regelung ga-ben sieben Befragte an, dass die Maßnahme nur miteinem geringfügigen Eingriff in die Grundrechte der Be-troffenen verbunden sei. Die Eingriffsintensität sei nied-rig. Weiter wurde angeführt (vier Befragte), dass auch dieAufklärung „einfacher“ Straftaten durch derartige Maß-nahmen möglich sein sollte. Zudem wurde vorgeschla-gen, dass die Anordnung auch bei zwar namentlich nichtbekannten, aber trotzdem individualisierbaren Betroffe-nen ermöglicht werden sollte. Teilweise seien gerade zuBeginn der Ermittlungen die genauen Personalien nichtbekannt. Es würden fingierte Daten bei der Beantragungdes Anschlusses angegeben. Weiter wurde angegeben,dass Straftaten im Zusammenhang mit Telekommunika-tion und Internet zunehmen würden. Eine Erweiterungdieser Regelung würde nach Ansicht einiger Befragten zueiner effektiveren Strafverfolgung führen. Für die Beibe-haltung der derzeitige Regelung führten die Befragten di-verse Gründe an: 16 Befragte waren der Ansicht, dass diejetzige Regelung ausreichend sei. Je 15 Personen begrün-dete ihre Antwort damit, dass sie bislang mit der jetzigenFassung keine Probleme gehabt hätten und sich die Rege-lung bewährt habe. Weitere 13 Befragte finden die Vor-schrift praktikabel. Sonstige Begründungen waren, dassso die Verhältnismäßigkeit gewahrt werde, dass die Rege-lung sachgerecht und ausgewogen sei und dass die Subsi-diaritätsklausel eine Aufweichung des Bestimmtheits-erfordernisses verhindere. Die Regelung entspreche dem

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Drucksache 16/8434 – 186 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

unterschiedlichen Gewicht der Delikte. Diejenigen Be-fragten, die sich für eine Einschränkung dieses Norm-abschnitts aussprachen, begründeten dies damit, dass diegenauen Daten des Betroffenen oft nicht bekannt seien.Name und Anschrift seien häufig fingiert oder zunächstnicht ermittelbar, beispielsweise auch bei ausländischen,in Deutschland benutzten Anschlüssen. Telefone würdenoft gewechselt. SIM-Karten würden auf einen beliebigenNamen angemeldet. Oftmals könne gerade erst durch dieMaßnahme der Anschlussinhaber ermittelt werden. DieAnforderungen an die Bestimmtheit des Betroffenen sol-len nach diesen Befragten also herabgesetzt werden, da– auch bei Straftaten, die nicht von erheblicher Bedeu-tung sind – nähere Informationen über den Täter ansons-ten fehlen, die grundsätzlich aber verfügbar sind. Die An-gaben darüber, inwieweit Straftaten, die nicht vonerheblicher Bedeutung sind, wegen dieser Regelung nichtaufgeklärt werden können, schwanken von nie (9 Pro-zent) bis häufig (16 Prozent), wobei gelegentlich (46 Pro-zent) die meistgenannte Kategorie ist (selten 29 Prozent).

d) Sonstige Unklarheiten der jetzigen Regelungen

Die Frage, ob es aus ihrer Sicht Unklarheiten bzgl. derRegelungen der §§ 100g, 100h StPO gebe, verneinten80 Prozent und bejahten 20 Prozent der Befragten. Letz-tere gaben folgende Unklarheiten an: Die Abgrenzungzwischen § 113 TKG und §§100g, 100h StPO bei dyna-mischen IP-Adressen sei problematisch (37 Prozent).Ebenfalls zu dieser Thematik gehört die als schwierigempfundene Abgrenzung zwischen Verkehrsdaten undBestandsdaten (5 Prozent). 13 Prozent der Befragten fin-den den Begriff der Straftat von erheblicher Bedeutungunklar. Außerdem wurde angegeben, dass die Regelungallgemein unklar bzw. unverständlich (9 Prozent), zu„kompliziert“ (9 Prozent) und „unübersichtlich“ (4 Pro-zent) sei. Zudem sei fraglich, welche Daten genau erho-ben werden dürfen, der Anwendungsbereich sei ungenauund es sei zu unbestimmt, was konkret unter den Begriffder „Verkehrsdaten“ falle (16 Prozent). Inwieweit dieVerkehrsdatenabfrage einen noch unbekannten Tätererfasst, ist nach Ansicht von 5 Prozent ebenfalls nicht ex-plizit geregelt. Als weitere Unklarheiten wurden das Aus-lesen von Mobiltelefondaten, der Begriff der Zielwahlsu-che sowie die Frage, ob auch eine Straftat, die mittelsEndeinrichtung begangen wurde, erheblich sein muss, an-geführt.

2. Aktenanalyse

Die Problematik der Abgrenzung der Verkehrsdatenab-frage zur Personendatenabfrage nach § 113 TKG wurdeauch im Rahmen der Aktenanalyse aufgegriffen. Ob beider Auskunft über Verkehrsdaten zu IP-Adressen stati-sche oder dynamische IP-Adressen zugrunde lagen, ließsich den Akten nicht entnehmen. Es wurden nur die IP-Adressen an sich erwähnt oder aufgelistet. Nur in 14 Fäl-len wurden Daten zu IP-Adressen abgefragt. Diese Abfra-gen betrafen acht Verfahren. Die Vermutung liegt nahe,dass es sich größtenteils um dynamische IP-Adressen ge-

handelt haben muss, da überwiegend private Anschlüsseabgefragt wurden. Allerdings lässt sich dies bei ISDN-und DSL-Anschlüssen nicht bestätigen. Auch ob ein sol-cher Anschluss vorlag, konnte den Akten oftmals nichtentnommen werden. Daher lässt sich auch nicht genau sa-gen, aufgrund welcher Rechtsgrundlage Personendatenzu dynamischen IP-Adressen abgefragt wurden. Wie be-reits erörtert wurde, ist die Rechtsgrundlage sowohl in derRechtsprechung als auch in der Literatur umstritten. Auf-genommen werden konnte nur, ob eine Personendatenab-frage zu einer Rufnummer oder einer IP-Adresse aus ei-nem Beschluss erfolgte und auf welche Rechtsgrundlagedieses Ersuchen gestützt wurde. Eine solche Abfrage er-folgte bei 12 Prozent der Anschlüsse (191). Dabei wurdenunterschiedliche gesetzliche Grundlagen herangezogen.22-mal wurde dabei auf §§ 100g, 100h StPO zurückge-griffen, wenn auch in manchen Fällen vorher nach § 113TKG vorgegangen worden war. Das Auskunftsverlangenwurde in diesen Fällen allerdings vom jeweiligen Netzbe-treiber abgelehnt und ein Beschluss nach §§ 100g, 100hStPO verlangt (bei acht Beschlüssen). Überwiegendwurde jedoch auf die Normen des TKG abgestellt (§ 89VI, 90 TKG a.F. bzw. §§ 112, 113 TKG n. F. – bei 68 An-schlüssen). 23-mal wurde sowohl auf §§ 100g, 100h StPOals auch auf die Normen des TKG Bezug genommen.Sechsmal ließ sich den Akten entnehmen, dass eine„SARS-Abfrage“ erfolgte. Dabei handelt es sich um eineOnline-Abfrage von Personendaten, die durch die Poli-zeibeamten selbst vorgenommen werden kann457. Zwei-mal wurde auf § 161a StPO zurückgegriffen. Im Übrigenkonnte den Akten die Nennung einer Rechtsgrundlagenicht entnommen werden (bei ca. einem Drittel der Perso-nendatenabfragen). Zu berücksichtigen ist außerdem,dass aus den Akten nicht ersichtlich war, ob die Richterteilweise – entgegen ihrer Überzeugung – Beschlüssenach §§ 100g, 100h StPO in diesen Fällen erlassen haben,da sie wussten, dass die Anbieter die Herausgabe der Da-ten sonst verweigern würden und sie den Ermittlungser-folg nicht beeinträchtigen wollten.

3. Experteninterviewsa) Polizeibeamte(1) Veränderungen gegenüber der Regelung

in § 12 FAGDie Schlüsselpersonen wurden ebenfalls zu Veränderun-gen der Praxis der Auskunftserteilung durch die Regelungder Verkehrsdatenabfrage in §§ 100g, 100h StPO gegenü-ber der Regelung in § 12 FAG befragt. Am häufigstenwurde darauf verwiesen, dass nunmehr auch zukünftigeDaten erfasst seien. § 12 FAG habe nur Daten aus derVergangenheit erfasst. Das sei eine Erleichterung derArbeit. Die IMEI-Überwachung habe es früher nichtgegeben. Weiter wurde angegeben, dass der taktischeEinsatzraum sich verändert habe. Früher sei das Ermitt-lungsverhalten eher tatorientiert gewesen, heute sei es tä-terorientiert. § 12 FAG habe zudem eher den Festnetzbe-reich betroffen, während §§ 100g, 100h StPO auch

457 Dabei handelt es sich offensichtlich um die Abfrage nach § 112 TKG.

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 187 – Drucksache 16/8434

Mobilfunkbetreiber und Internetanbieter anspreche. Fünfder befragten Polizeibeamten haben keine spürbaren Ver-änderungen durch die Regelung der Verkehrsdatenab-frage in § 100g, 100h StPO im Vergleich zur Regelung in§ 12 FAG wahrgenommen.

(2) Schwächen und Unklarheiten

Aus der Sicht von etwa der Hälfte der Befragten gibt eskeine Unklarheiten und Schwächen der Regelungen der§§ 100g, 100h StPO. Es gebe keine Anwendungspro-bleme und demnach bestehe auch kein Änderungsbedarf.Die Regelung sei einleuchtend. Weiter wurde angegeben,dass nicht klar geregelt sei, wie lange die Daten gespei-chert werden sollen, in welchem Format und wann sie an-geliefert werden müssten. Das könne man für die Praxishandhabbarer machen. Die Daten kämen oft sehr spät undes sei unklar, ob sie vollständig seien. Das nicht geregelteAntwort-Zeit-Verhalten mache sich in der Praxis bemerk-bar. Es sollte gesetzlich festgelegt werden, wann und inwelcher Form, nämlich elektronisch, geliefert werdenmüsse. Die elektronische Form sei notwendig, da bei ei-ner Funkzellenabfrage ein Abgleich per Hand kaum mög-lich sei. Ein Befragter gibt an, dass die Lieferung inner-halb einer Woche wünschenswert sei. Es werde Zeit, dassdie Vorratsdatenspeicherung eingeführt werde. Die Datenwürden zu früh gelöscht. Manchmal werde eine Straftaterst nach einem Jahr bekannt.

Weiter wurde als Schwäche aufgeführt, dass die Telekom-munikationsanbieter nicht verpflichtet würden, das Ano-nymisierungsverfahren für Behörden auszuschalten. Ano-nymisierte Daten würden nicht weiterhelfen. Weiter seienauch ausgeschaltete Mobiltelefone (im Standby-Betrieb)interessant für die Polizei. Mobiltelefone loggen sichauch im Standby-Betrieb in die Funkzellen ein. Diese Da-ten würden aber nicht mitgeliefert. Problematisch seiauch, dass Daten aus dem Ausland nicht erhoben werdenkönnten. Es handle sich oft um reisende Täter, die sich inden Niederlanden, der Türkei oder in Polen aufhielten.Ohne Rechtshilfeersuchen seien diese Daten nicht zu er-langen. Die Speicherfristen im Ausland seien unbekanntund dann ggf. bereits abgelaufen. Ein Rechtshilfeersu-chen dauere zu lang. Beim sog. Phishing oder bei Kfz-Diebstählen ende die Verkehrsdatenabfrage an den natio-nalen Grenzen.

Eine Unklarheit wird auch für die Abgrenzung zwischen§§ 100gh StPO und § 113 TKG betont. Es sollte gesetz-lich festgelegt werden, ob IP-Adressen als Verbindungs-oder Bestandsdaten zu behandeln seien. Die Regelungsollte eindeutig sein und keinen Interpretationsspielraumzulassen. Es gebe dabei immer wieder Probleme. Ein an-deres Problem beziehe sich auf den Nachweis der tatsäch-lichen Kommunikation bei einer Funkzellenabfrage.

b) Staatsanwälte

(1) Veränderungen gegenüber der Regelung in § 12 FAG

Die Hälfte der befragten Staatsanwälte hat seit der Ein-führung von §§ 100g, 100h StPO keine Veränderungender Verkehrsdatenabfrage gegenüber § 12 FAG für die

Praxis wahrgenommen. Fünf Befragte führten an, dassfrüher nur rückwirkende Daten erfasst waren, heutekönne man auch zukünftige Daten abfragen. Dass nunauch zukünftige Daten erfasst seien, stelle eine Erleichte-rung dar. Aber die Bedeutung sei relativ gering, dennwenn eine Telefonüberwachung möglich sei, werde diesedurchgeführt und liefere die Verkehrsdaten mit. Nur wennkeine Katalogtat, sondern eine andere Straftat von erheb-licher Bedeutung vorliege, spiele die Verkehrsdatenab-frage eine Rolle. Die Voraussetzungen seien etwas ange-hoben worden (Subsidiarität, erhebliche Bedeutung).Vorher habe man auch bei einfacheren Delikten die Maß-nahme durchführen können. Aufgrund des Begriffs der„Straftat von erheblicher Bedeutung“ sei die Maßnahmein bestimmten Bereichen nicht mehr möglich. Zudem seidurch die Verpflichtung zur Löschung ein erhöhter Ar-beitsaufwand entstanden. Vorher sei es keine Standard-maßnahme gewesen. Bei § 12 FAG habe es Streit darübergegeben, ob Standortdaten erfasst waren. Das sei jetztklar definiert.

(2) Schwächen und UnklarheitenEine Schwäche der Regelungen der §§ 100g, 100h StPOsei, dass Name und Anschrift des Anschlussinhabers an-gegeben werden müssten. Es sei aber selten, dass der An-schlussinhaber auch der Nutzer ist. Es sei problematisch,diesen zu ermitteln. Gerade bei Computerdelikten handlees sich in der Regel um unbekannte Täter. Die Anforde-rung des § 100h I Satz 1 StPO, Name und Anschrift anzu-geben, sei nicht zu erfüllen. Hier sei eine Klarstellung er-forderlich (obwohl die gerichtliche Praxis den Beschlusseinfach erlasse).

Schwierigkeiten würde auch die Abgrenzung zwischenTKG und §§ 100g, 100h StPO verursachen. Es gebe indiesem Zusammenhang hauptsächlich Probleme mit dy-namischen IP-Adressen. Hier wäre, so die Interviewten,eine Klarstellung gut.

Eine zumindest vorläufige Speicherung bzw. Sicherungder Daten sei wünschenswert. Ein sehr großes Themaseien ferner Auslandsstraftaten. In diesem Feld seien Ver-änderungen unerlässlich. Gerade beim sog. Phishing,würden die Server im Ausland stehen. Rechtshilfeersu-chen würden wegen zu kurzer Speicherfristen ins Leerelaufen. Die Daten würden in der Zwischenzeit verlorengehen. Es sei sinnvoll, eine europäische Zentralstelle ein-zurichten, denn die Computerkriminalität sei grenzüber-schreitend und international. Ein Befragter ist der An-sicht, dass die §§ 100 ff. StPO insgesamt übersichtlichergestaltet werden sollten. Die Eingriffsmaßnahmen seienunstrukturiert. Begriffe wie „aussichtslos oder wesentlicherschwert“ würden hier und da ins Gesetz gestreut. Bei§ 100a StPO gebe es einen Katalog, bei § 100g StPOknüpfe man daran an, aber es gebe wiederum auch andereMöglichkeiten. Beim verdeckten Ermittler gebe es einenganz leichten Katalog, beim Lauschangriff einen starken.Ein Befragter erwähnt, dass eine Spezialisierung der Be-hörden bei allen verdeckten Ermittlungsmaßnahmen sinn-voll wäre. Hierfür sollte es eine gemeinsame Abteilunggeben. Die Hälfte der Befragten meinen, dass es keineSchwächen oder Unklarheiten der Regelung gebe.

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Drucksache 16/8434 – 188 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

c) Richter

(1) Veränderungen gegenüber der Regelung in § 12 FAG

Auch bei den befragten Richtern hat die Hälfte keine Ver-änderungen der Praxis wahrgenommen, seit sie in§§ 100g, 100h StPO geregelt ist und nicht mehr in § 12FAG. Rechtlich seien nicht viele Veränderungen bewirktworden, führt einer der Befragten aus, entscheidende Ver-änderungen seien aber durch die tatsächliche Lage ent-standen. Es habe früher nicht so viele Mobiltelefone undtechnische Möglichkeiten gegeben. Deshalb sei auf dieNutzung von Verkehrsdaten relativ selten zurückgegriffenworden. §§ 100g, 100h StPO seien zudem klarer formu-liert. Früher seien die zukünftigen Daten nicht erfasst unddie Löschung der Daten sei ein Problem gewesen.

(2) Schwächen und Unklarheiten

Schwächen und Unklarheiten sehen etwa die Hälfte derBefragten nicht. Es bestehe kein Regelungsbedarf. DieNormen seien ausreichend, dürfen aber auch nicht weiter-gehend sein. Ein Befragter findet die Regelungen sehrkompliziert. Aber das sei eine allgemeine Erscheinungbei den §§ 100a ff. StPO. Es wäre besser, wenn die Rege-lungen transparenter und strukturierter wären, so dasssich der Inhalt besser erschließen würde. Unklar formu-liert seien die Vorschriften, was die Eilanordnung be-treffe. Immer wieder stelle sich die Frage, ob die Eil-anordnung innerhalb von drei Tagen bestätigt werdenmüsse oder nicht. Eine weitere Schwäche sei die Abgren-zung zwischen §§ 100g, 100h StPO und § 113 TKG. Esgebe immer wieder Auseinandersetzungen mit den An-bietern, was die Benennung der Anschlussinhaber angeht.

Ein Befragter ist der Ansicht, es fehle eine Regelung fürvermisste Kinder. §§ 100g, 100h StPO solle nur zur Auf-klärung von Straftaten dienen. Aber wenn ein Kind odereine ältere, verwirrte Person vermisst werde und ein Mo-biltelefon in der Tasche habe, wäre es sinnvoll, die Maß-nahme auch dann zuzulassen. Dann könne man feststel-len, wo sich das Kind befinde. Das sei aber zur Zeit nichtmöglich. Man könne nicht davon ausgehen, dass eineStraftat vorliege. Man müsse konstruieren, dass das Kindentführt worden sei, wofür aber meist gar kein Anhalts-punkt bestehe. Ein Befragter gab an, dass auch bei denPrepaid-Karten die Daten gespeichert werden sollten.Dass diese Daten momentan nicht gespeichert würden,öffne straftatenbezogener Nutzung mobiler Kommunika-tion „Tür und Tor“. §§ 100g, 100h StPO würden zu wenigzwischen den einzelnen Anwendungsfällen unterschei-den. Bei der Erstellung eines Bewegungsbildes sei derRichtervorbehalt wichtig, bei anderen Anwendungsberei-chen nicht.

d) Verteidiger

(1) Veränderungen gegenüber der Regelung in § 12 FAG

Als Änderungen durch die Regelung in §§ 100g, 100hStPO gegenüber der Regelung der Verkehrsdatenabfrage

in § 12 FAG wurde von Verteidigerseite zum einen ange-geben, dass die Hürde der Eingriffsvoraussetzungen(Straftat von erheblicher Bedeutung, Katalogtat) höhergesetzt worden sei. Zudem werde die Ermittlungsmaß-nahme nunmehr erst von der Staatsanwaltschaft über-prüft. Außerdem habe der Mobilfunkverkehr zugenom-men und das Kommunikationsverhalten habe sichinsgesamt verändert. Dadurch sei auch die Zahl der Ver-kehrsdatenabfragen gestiegen.

(2) Schwächen und UnklarheitenUnklarheiten und Schwächen betreffen aus Sicht der Ver-teidiger, dass die Normen zu abstrakt und zu offen seien.Es sei für Strafverfolgungsbehörden zu einfach, die Maß-nahmen durchzusetzen. Außerdem sei der Begriff „erheb-lich“ äußerst dehnbar. Problematisch sei auch die Frage,ob die mittels Endeinrichtung begangenen Straftatenebenfalls erheblich sein müssen. Zumindest der Bagatell-bereich sollte ausgeschlossen werden. Zudem sei derWortlaut hinsichtlich der Voraussetzung, dass Name undAnschrift angegeben werden müssen, unklar. Es werdedie Meinung vertreten, dass auch Ermittlungen gegen Un-bekannt zulässig seien. Die Normen würden vom Wort-laut her nicht zum Internetbereich passen, so dass einegesonderte Norm vorzugswürdig sei. Weiter wird bemän-gelt, dass große Unsicherheiten bezogen auf die Abgren-zung des § 113 TKG zu den §§ 100g, 100h StPO bestün-den. Letztendlich könnte die Staatsanwaltschaft aber zuden schärferen Normen greifen, da diese ohnehin geneh-migt würden. Präzisierungsbedarf bestünde auch bezüg-lich der Datenspeicherung. Die Netzbetreiber dürften nurzu Auskünften über solche Informationen verpflichtetwerden, die sie legalerweise besitzen dürfen. In dieserHinsicht sei der Wortlaut uneindeutig und eine verfas-sungskonforme Auslegung notwendig.

Zum anderen sei die Normanwendung problematisch. Essei unklar, welcher Verdachtsgrad vorliegen müsse, umdie Maßnahme anzuordnen. Schwierigkeiten bereite auchdie Frage, ob der Sachverhalt für die Anordnung derMaßnahme ausreichend gewesen sei oder wegen Unver-hältnismäßigkeit nicht hätte angeordnet werden dürfen,da noch andere, weniger in die Rechte des Betroffeneneingreifende Maßnahmen in Betracht kamen. Problema-tisch sei auch die Handhabung der Zeugnisverweige-rungsrechte, wenn z. B. das Angehörigenverhältnis un-klar war.

e) Telekommunikationsunternehmen(1) Unklarheiten und SchwächenUnklarheiten und Schwächen der Vorschriften §§ 100g,100h StPO wurden von fast allen Befragten gesehen.Diese betreffen zuvorderst die von den Providern rekla-mierte Prüfungskompetenz. Zum einen sollte klargestelltwerden, dass auf eine Eilanordnung hin eine richterlicheBestätigung erfolgen müsse. Zum anderen sei es wün-schenswert, wenn die Netzbetreiber die Verhältnismäßig-keit beanstanden könnten. Der Richtervorbehalt erfülleseine Funktion nicht mehr, eine ernsthafte Prüfung findekaum noch statt. Die Betroffenen sollten zudem benach-

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 189 – Drucksache 16/8434

richtigt werden. In Bezug auf die zukünftigen Verkehrs-daten sei unklar, in welchen Intervallen die Auskünfte er-teilt werden sollen, meint ein Mobilfunkbetreiber. Dietägliche Datenlieferung sei ihnen aus technischen Grün-den nicht möglich. Die Festnetzbetreiber seien dazu über-gegangen, für die zukünftigen Verkehrsdaten ihre Über-wachungssysteme zu nutzen. Sie würden die Daten überdiese Systeme direkt an die Bedarfsträger weiterleiten. ImFestnetzbereich würden die §§ 100g, 100h StPO demnachwie bei Überwachungsmaßnahmen gehandhabt – quasionline würden die Verkehrsdaten an die Bedarfsträgerübermittelt. Es sei unklar, wer Nachrichtenmittler sei undob darunter auch das Opfer falle. Hier fände keine wil-lentliche Kontaktaufnahme statt. Konturenlosigkeit ent-stünde dadurch, dass alle (auch unwillentliche) Kontakt-aufnahmen durch den Täter erfasst werden. Eine weitereUnklarheit sei die Formulierung „räumlich und zeitlichhinreichend bestimmte Telekommunikation“ in § 100hStPO.

(2) Verbesserung der Abwicklung der Verkehrsdatenabfrage

Von den befragten Telekommunikationsunternehmen hal-ten alle Befragten die Abwicklung der Auskunftserteilun-gen für verbesserungswürdig. Dabei wurden verschie-dene Aspekte angesprochen. Ein einheitliches Verfahrensei sinnvoll, d. h. einheitliche Anfragen und Beschlüsse.Wenn die Anforderung von einer zentralen Stelle über-mittelt würde, würde dies die Bearbeitung erleichtern.Zudem sei eine Spezialisierung von einzelnen Staatsan-waltschaften und Gerichten wünschenswert. Eine zentraleZuständigkeit eines Gerichtes für alle Anordnungen wirdvorgeschlagen bzw. eine Zentralstelle pro Bundeslandund pro Bundesbehörde. Es sei wichtig, mit informiertenStellen zu sprechen. Allein die Technik und die juristischeBewertung seien kompliziert. Geschultes Personal würdedie Arbeit erleichtern. Dadurch würde die Qualität derAnordnungen zunehmen und die Quantität abnehmen.Weiter wurde ein flächendeckendes automatisiertes Ver-fahren als wünschenswert angesehen. Die Arbeitszeitenwürden reduziert und Ressourcen gespart. Dadurch seiauch das Vorantreiben der Ermittlungen möglich. Ebensosei dies bei der Rechnungsstellung sinnvoll. Im Momentmüssten die Anbieter für jede Maßnahme eine Rechnungerstellen.

Auch an der Lesbarkeit und Klarheit der Beschlüssemüsse noch gearbeitet werden. Es sei überlegenswert,Standardformulare zu entwerfen. Derzeit sei jeder Be-schluss anders. Eine klare Begrenzung von Beschlüssenin örtlicher und zeitlicher Hinsicht sei ebenfalls wün-schenswert. Explizit angesprochen wurde auch, dass dieEntschädigung reibungslos verlaufen sollte. Manche Be-hörden würden nicht freiwillig zahlen (Mahnung) oderEinzelabrechnungen monieren. Das treibe die Kosten zu-sätzlich in die Höhe.

(3) Vorratsdatenspeicherung

Alle befragten Vertreter der Telekommunikations-Unter-nehmen haben sich gegen die Vorratsdatenspeicherungausgesprochen. Das Bundesverfassungsgericht habe die

Vorratsdatenspeicherung klar als unzulässig angesehen.Der Speicherzweck stehe in diesem Fall noch nicht fest.Zudem entstünde ein permanenter Überwachungsdruck.Es handle sich um einen nachhaltigen Eingriff in die Pri-vatsphäre der Kunden und um eine anlasslose Sammlungder Daten aller Bürger. Ein Befragter ist der Ansicht, dasswir „auf dem Weg zum Orwell-Staat“ seien und nichtweit entfernt vom „gläsernen Bürger“. Der ursprünglicheAnlass für die Vorratsdatenspeicherung seien Straftatenwie Terrorismus, organisierte Kriminalität und Kin-derpornographie gewesen. Nun solle die Abfrage der Da-ten aber bei jeder Straftat mittels Endeinrichtung ange-ordnet werden, meint einer der Befragten. Andereverweisen darauf, dass neue, noch zu entwickelnde Sys-teme erforderlich würden. Dies bringe eine erheblicheBelastung für die Unternehmen mit sich und sei mit ho-hen Kosten verbunden. Die Vorratsdatenspeicherungwürde zu einem deutlichen Anstieg von Anordnungenführen. Heute seien die Daten oftmals bereits gelöscht ge-wesen. Die Speicherung an sich koste nicht viel, erklärtein Befragter, aber die effiziente Durchsuchung der riesi-gen Datenmengen (in angemessener Zeit) werde schwie-rig. Das sei nur mit hocheffizienter Hard- und Softwaremöglich. Der Vorschlag, dass der Staat die Maßnahmenselbst durchführt, sei abgelehnt worden. Dies beruhe da-rauf, dass die Kosten ausschlaggebend gewesen seien.

Weiter wurde ausgeführt, dass die Vorratsdatenspeiche-rung nicht effektiv zur Aufklärung zu nutzen sei. DiePolizei sei mit der Datenmenge überfordert. Bisher sei dieSpeicherung Kundenentscheidung gewesen und 60 Pro-zent der Kunden hätten die Löschung Ihrer Daten bean-tragt. Dass bedeute für die Anbieter, dass 60 Prozentmehr Daten gespeichert werden müssen. Die Vorratsda-tenspeicherung bedeute für das Unternehmen eines desBefragten voraussichtlich einen zusätzlichen Investitions-aufwand von 8 Millionen Euro zu Beginn und weiterenzwei Millionen Euro pro Jahr. Ein weiterer Befragter er-klärt, dass die Vorratsdatenspeicherung (beim Zielwahl-suchlauf) das 60-fache Datenvolumen mit sich bringenwürde. Die Vorratsdatenspeicherung werde wegen anony-misierender Proxys im Ergebnis aber nichts bringen. IP-Adressen würden dabei ausgetauscht bzw. simuliert.Diese Anonymisierungsproxys seien allgemein verbreitet,auch außerhalb der EU. Dadurch würden die Abfragen insLeere gehen bzw. Personen zu Unrecht beschuldigt wer-den. Auch im Festnetzbereich gebe es Manipulations-möglichkeiten (andere Nummer erscheint). Zudem würdedie gleiche IMEI-Nummer sehr oft vergeben und könnemanipuliert werden. Das gleiche treffe für die Rechner-identifizierung (MAC-Adresse) zu. Sinnvoller wäre nachAnsicht von einem Befragten das „Quick-freeze“-Verfah-ren. Die Unternehmen gaben an, dass über die Verbändeversucht worden sei, die Vorratsdatenspeicherung zu ver-hindern bzw. zu begrenzen. Man hätte versucht, dies aufeinen bestimmten Rahmen zu reduzieren. Man habe ver-hindern wollen, dass noch zusätzliche Daten erfasst wer-den sollten, die bisher nicht erfasst würden. Die Verbändeseien auch bemüht gewesen, die Speicherungsdauer zureduzieren.

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Drucksache 16/8434 – 190 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

f) Datenschützer

(1) Schwächen und Unklarheiten

Als Schwäche der Regelungen wurde von den Daten-schutzbeauftragten der weite Anwendungsbereich derNormen genannt. Es müssten eben keine erheblichenStraftaten vorliegen.

(2) Verbesserungsvorschläge für die zukünftige Gestaltung

Als Verbesserungsvorschlag für die zukünftige Abwick-lung der Auskunftserteilungen wurde u. a. eine effektiveKontrolle von Anträgen angeführt, insbesondere dahinge-hend, dass auch entlastende Aspekte berücksichtigt wer-den sollen. Auch die Vorbereitung der Anordnung solltesorgfältiger erfolgen. Der Richter sollte die Ermittlungs-akte bekommen und sich bei Fragen an die Staatsanwalt-schaft wenden können. Weiter wurde angeführt, dass eineStatistik sinnvoll sei, um die Entwicklung der Maßnah-men zu beobachten und um festzustellen, welche Delikteden Anordnungen zugrunde lagen. Dadurch würde aucheine rechtsstaatliche Kontrolle dieser Anordnungen ge-währleistet. Zudem sei die Benachrichtigung problema-tisch. Eine zukünftige Prüfung, ob tatsächlich benachrich-tigt wird, wäre sinnvoll. Ein anderer Vorschlag betrafeinen möglichst eng ausgestalteten Straftatenkatalog.

(3) Vorratsdatenspeicherung

Die Vorratsdatenspeicherung wird von allen befragtenDatenschützern kritisch bzw. negativ beurteilt. Von einemBefragten wurde sie als „datenschutzrechtlicher Sünden-fall“ bezeichnet. Die Vorratsdatenspeicherung verstoßegegen sämtliche datenschutzrechtliche Grundkonzepte.Teilweise meinten die Befragten, dass diese Datensamm-lung auf Vorrat verfassungswidrig sei. Sie hoffen, dassdie Richtlinie vor dem EuGH geprüft werde. Es werdemehr gespeichert als notwendig sei. Das sei auch für dieProvider eine Zumutung. Die Datenflut sei kaum be-herrschbar. Aufwand und Kosten seien immens, da eineunglaublich große Menge an Daten gesammelt werdensollen. Die Datenermittlungen würden grenzenlos, das In-ternet ermittelbar gemacht. Das sei maßlos und lauferechtsstaatlichen Prinzipien entgegen. Die Anbieter seienzu „Handlangern“ der Strafverfolgungsbehörden gewor-den. Es sei auch fraglich, ob die Daten für die Strafverfol-gung überhaupt effektiv nutzbar seien.

Weiter wurde die Hoffnung geäußert, dass die nationaleRegelung weicher ausfalle als die EU-Richtlinie. Esbleibe abzuwarten, ob die Klage Irlands die Richtlinieaufgrund ihrer fragwürdigen Rechtsgrundlage nochwerde aufhalten können. Die Datenschutzbeauftragtenhätten eine Stellungnahme abgegeben, aber auf Landes-ebene seien die Einflussmöglichkeiten relativ gering. Dieanlass- und verdachtslose Speicherung für den Fall, dassdie Daten irgendwann gebraucht werden könnten, sei bis-her verboten gewesen.

Angeführt wurde zudem, dass die Vorratsdatenspeiche-rung nunmehr nicht mehr für den ursprünglichen gedach-

ten Zweck, nämlich Terrorismus und organisierte Krimi-nalität, verwendet werden würde, sondern auch für andereStraftaten und ggf. noch für weitere Zwecke. Nun sei aufeinmal auch von Urheberrechtsverletzungen die Rede.Die Vorratsdatenspeicherung sei nach Ansicht eines Da-tenschutzbeauftragten vor allem deshalb riskant, da sieMuster für Speicherungen auf Vorrat auch in anderen Be-reichen sein könne. Es könnte ein zentraler Datenpoolentstehen, die Zwecke könnten immer weiter ausgedehntwürden. Die Technik schaffe die Versuchung, sie auch zunutzen. Als Alternative wäre das „Quick-Freeze-Verfah-ren“ vorstellbar gewesen, wobei die Daten, die für dieRechnungsstellung gespeichert wurden, und dann auchzukünftige Daten aus einem ganz konkreten Anlass erho-ben und gespeichert werden würden.

Wenn die Vorratsdatenspeicherung eingeführt werde,müssten auch die Eingriffsvoraussetzungen verschärftwerden. Bagatellen sollten nicht darunter fallen. DerStraftatenkatalog des § 100a StPO sei zudem sehr weit.Die Hürden sollten höher gesetzt werden und der Subsi-diaritätsgrundsatz strenger beachtet werden. Der Richter-vorbehalt sei weiterhin wichtig, obwohl er – wie ver-schiedene Studien zeigten – kein allzu großes Hindernisdarstelle. Die Benachrichtigung solle häufiger stattfinden.Zudem sollten die Kosten nach Ansicht eines Befragtennicht von den Anbietern getragen werden müssen.

4. Zusammenfassung der Ergebnisse

Befragung und Interviews führten zur Identifizierung ver-schiedener Probleme bei der Anwendung der §§ 100g,100h StPO. Alle Untersuchungsmodule gaben Hinweisedarauf, dass die Abfrage von Personendaten zu dynami-schen IP-Adressen uneinheitlich gehandhabt wird. Wäh-rend die befragten Netzbetreiber teilweise der Ansichtsind, dass es eines Beschlusses nach §§ 100g, 100h StPObedürfe, sind die meisten befragten Polizeibeamten,Staatsanwälte und Richter der Meinung, dass § 113 TKGeinschlägig sei und es keines Beschlusses bedürfe. Teil-weise wird von den Staatsanwälten und Richtern angege-ben, dass sie entgegen ihrer Überzeugung Beschlüssenach §§ 100g, 100h StPO erließen, um die Ermittlungennicht zu behindern, da sie wüssten, dass die Netzbetreibersich weigern würden. Zudem richteten sich die Beteilig-ten nach unterschiedlichen Gerichtsurteilen. Von denmeisten Befragten angesprochener ungeklärter Diskussi-onspunkt ist die Frage, ob nach einer Eilanordnung einerichterliche Bestätigung erfolgen müsse, damit die Datenherausgegeben werden. Die Netzbetreiber fordern teil-weise einen Beschluss zur Herausgabe der Daten. Bis zurBestätigung würden die Daten zunächst nur gespeichert.Die Justizbehörden sind dagegen teilweise der Ansicht,dass es keines richterlichen Bestätigungsbeschlusses be-dürfe.

Als Problem wird offensichtlich auch gesehen, dassName und Anschrift des Anschlussinhabers angegebenwerden müssen. Häufig ist die Ausgangslage von Ermitt-lungen aber dadurch bestimmt, dass ein Anschlussinhabererst ermittelt werden muss. Weiter wurde von Polizeibe-amten angegeben, dass die fehlende gesetzliche Regelung

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 191 – Drucksache 16/8434

zur Speicherdauer sowie zur Form der Übersendung pro-blematisch sei. Dass die Daten aus dem Ausland nicht er-hoben werden könnten, würde zudem die Ermittlungenbehindern. Ferner wird von den Befragten das Problemgenannt, dass die Regelungen kompliziert und unver-ständlich seien. Die Normanwendung bereite Schwierig-keiten. Die Netzbetreiber befürworten ein vereinheitlich-tes und standardisiertes Verfahren. Sie hielten es fürsinnvoll, dass die Ansprechpartner auf Seiten der Straf-verfolgungsbehörden konzentriert werden und geschultesPersonal, ggf. in einer zentral zuständigen Behörde, ein-gesetzt werde. Zudem wird auf mangelnde Klarheit undVerständlichkeit der Beschlüsse hingewiesen.

Zur Vorratsdatenspeicherung wurden die Telekommuni-kationsanbieter sowie die Datenschützer befragt. BeideGruppen halten die Vorratsdatenspeicherung für rechtlichbedenklich, teilweise sogar für verfassungswidrig. Dieanlasslose Speicherung der Daten aller Bürger sei mitdem Grundgesetz nicht vereinbar und löse das Gefühl ei-nes „permanenten Überwachungsdrucks“ bei den Bür-gern aus. Teilweise wird davon gesprochen, dassDeutschland auf dem Weg zum Überwachungsstaat sei.Zudem seien die Massen der Daten kaum effektiv auszu-werten und der Aufwand für die Netzbetreiber sowie dieKosten, die wiederum von ihnen übernommen werdensollen, immens. Stattdessen befürworten die Befragtendas sog. Quick-Freeze-Verfahren, bei dem die Daten, fallsein Verdacht vorliegt, gespeichert werden könnten bis einBeschluss erlassen wird. Zudem wird kritisiert, dass nun-mehr statt von Terrorismus und Bekämpfung von Kin-derpornographie von Urheberrechtsverletzungen, wegendenen die auf Vorrat gespeicherten Daten herausgegebenwerden könnten, die Rede sei. Das sei nicht verhältnismä-ßig.

D. Verhältnis der Verkehrsdatenabfrage zu anderen Ermittlungsmaßnahmen

Gegenstand der Evaluation ist auch das Verhältnis derVerkehrsdatenabfrage zu anderen Ermittlungsmaßnah-

men. Dabei wurde vor allem das zeitliche Verhältnis derMaßnahmen, aber auch die Bedeutung der Verkehrsda-tenabfrage im Vergleich zu anderen Ermittlungsmaßnah-men, insbesondere zur Telefonüberwachung, für das Er-mittlungsverfahren untersucht.

I. Schriftliche Befragung

1. Verhältnis zur Telekommunikations-überwachung

a) Kombinierte Anwendung der Verkehrsdatenabfrage mit der Telekommunikationsüberwachung

Bei der Beantwortung der Frage nach der Häufigkeit derkombinierten Anwendung von Verkehrsdatenabfrage undTelekommunikationsüberwachung zeigten sich bei derschriftlichen Befragung starke Unterschiede je nach De-zernatszugehörigkeit (siehe Tabelle 22).

So gaben auf der einen Seite Staatsanwälte aus den De-zernaten Betäubungsmittel, organisierte Kriminalität undKapitaldelikte an, dass die Maßnahmen nach §§ 100g,100h StPO im Jahr 2005 häufig mit Telekommunikations-überwachungsmaßnahmen kombiniert wurden. Auf deranderen Seite stehen die Ergebnisse der Befragten ausAllgemeindezernaten sowie Dezernaten, die Jugend-,Verkehrs- und Internetstrafsachen bearbeiten. Hier gabendie Befragten zu 47 Prozent an, diese Maßnahmen nie zukombinieren. Dies dürfte daran liegen, dass bei den ent-sprechenden Deliktstypen sehr selten eine Telekommuni-kationsüberwachung zur Anwendung kommt. Gerade beiInternetstrafsachen wird eine Telekommunikationsüber-wachung praktisch nicht vorkommen. Bei den Dezerna-ten, die sich mit Wirtschafts-, Sexual- und sonstigenStraftaten befassen, zeigt sich im Antwortverhalten einePolarisierung. Einerseits wird zu 30 Prozent angegeben,dass die Maßnahmen nie kombiniert werden. Auf der an-deren Seite werden zu 52 Prozent die Kategorien „gele-gentlich“ und „häufig“ genannt.

Ta b e l l e 22

Kombination von Auskunftsersuchen mit Telekommunikationsüberwachungsmaßnahmen

Dezernatstypen nie selten gelegent-lich häufig immer Anteil

Antworten

Betäubungsmittel, organisierte Kriminalität und Kapitaldelikte 2,7 % 9,0 % 25,2 % 55,0 % 8,1 % 99 %

Wirtschaft, Sexualdelikte, sonstige 30,3 % 13,7 % 24,4 % 27,3 % 4,3 % 84 %

Allgemein, Jugend, Verkehr, Internet 46,6 % 20,6 % 20,6 % 8,8 % 3,4 % 82 %

Insgesamt 31,9 % 15,4 % 23,2 % 24,9 % 4,6 % 85 %

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Drucksache 16/8434 – 192 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

b) Zeitliches Verhältnis

Zu gleichen Teilen (jeweils zu ca. 46 Prozent) wurde vonden Befragten angegeben, dass die Verkehrsdatenabfragefrüher oder zeitgleich zur Telekommunikationsüberwa-chung durchgeführt werde. Nur 6 Prozent der Befragtengaben an, dass die Verkehrsdatenabfrage später erfolgte.Dies ist erwartungsgemäß, denn offensichtlich wird dieVerkehrsdatenabfrage in die Telekommunikationsüber-wachung integriert. Die Befunde aus der MPI Studie zurÜberwachung der Telekommunikation haben ergeben,dass die mittelbaren Erfolge (insbesondere bei der Verfol-gung von Betäubungsmitteldelikten) ganz im Vorder-grund stehen458. Dies beruht ganz wesentlich darauf, dassdurch die Überwachung der Kommunikationsinhalte Ge-sprächsteilnehmer festgestellt werden, die als Tatverdäch-tige in Betracht kommen.

c) Erfolgsaussichten der kombinierten Anwendung

Die Erfolgsaussichten der kombinierten Anwendung vonVerkehrsdatenabfrage und Telekommunikationsüberwa-chung wurden im Allgemeinen hoch eingeschätzt. So ga-ben 15 Prozent der Befragten, die diese Frage beantwortethaben (618 Befragte bzw. 70 Prozent), an, dass diese sehr

hoch seien, weitere 58 Prozent beurteilten die Erfolgsaus-sichten mit hoch, 23 Prozent mit mittelmäßig und nur5 Prozent schätzten sie als (sehr) niedrig ein.

d) Kriminalistisches Verhältnis zwischen Verkehrsdatenabfrage und Telekommunikationsüberwachung

Bezüglich des Verhältnisses von Verkehrsdatenabfrageund Telekommunikationsüberwachung wurden 15 Fragengestellt, die von 76 Prozent der Befragten beantwortetwurden. 24 Prozent der Befragten ließen diesen Fragen-katalog komplett aus. Welches Verhältnis nach den Anga-ben der Befragten zwischen Telefonüberwachung undVerkehrsdatenabfrage besteht, wird in Tabelle 23 detail-liert dargestellt.

Dabei fällt auf, dass die beiden Fragen danach, welcheder beiden Maßnahmen zu stichhaltigeren Beweisen füh-ren, Inkonsistenzen aufweisen. So beantworteten z. B.344 Befragte beide Fragen mit Nein (sieben mit jeweilsJa). Gleiches gilt für die Frage, welche der Maßnahmenerfolgversprechender ist. Hier antworteten 393 der Be-fragten zu beiden Varianten mit Nein und sechs Befragtejeweils mit Ja. Das kann so interpretiert werden, dassbeide Maßnahmen hinsichtlich des erwarteten Erfolgs so-wie der Stichhaltigkeit der hieraus resultierenden Be-weise als vergleichbar eingeschätzt werden. 458 Albrecht/Dorsch/Krüpe, 2003, S. 374ff.

Ta b e l l e 23

Ermittlungspraktisches Verhältnis Verkehrsdatenabfrage zur Telekommunikationsüberwachung

Fragestellungen Anteil ja (in %)

Verkehrsdatenabfrage ist kostengünstiger 51,7

Verkehrsdatenabfrage ist erfolgversprechender 8,6

Verkehrsdatenabfrage ist schneller 42,3

Verkehrsdatenabfrage ist einfacher auszuwerten 41,5

Verkehrsdatenabfrage führt zu stichhaltigeren Beweisen 5,3

Verkehrsdatenabfrage wird öfter bewilligt als TKÜ 18,9

Verkehrsdatenabfrage ist in best. Fallkonst. sinnvoller als TKÜ 18,5

Verkehrsdatenabfrage ist bei best. Delikten sinnvoller als TKÜ 5,7

TKÜ erfordert mehr Arbeitsaufwand 59,4

TKÜ ist eingriffsintensiver 66,9

TKÜ führt zu stichhaltigeren Beweisen 44,1

TKÜ betrifft weniger Personen 8,3

TKÜ ist erfolgversprechender 33,2

TKÜ ist in best. Fallkonst. sinnvoller als Verkehrsdatenabfrage 25,1

TKÜ ist bei best. Delikten sinnvoller als Verkehrsdatenabfrage 14,9

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 193 – Drucksache 16/8434

Auf die Frage, ob die Verkehrsdatenabfrage in bestimm-ten Fallkonstellationen sinnvoller als die Telekommuni-kationsüberwachung ist, antworteten 18,5 Prozent mit Ja.Ein Drittel der Befragten, die diese Frage mit Ja beant-wortet haben, führte dies freitextlich weiter aus. Amhäufigsten wurde dabei genannt, dass die Verkehrsdaten-abfrage dann sinnvoll sei, wenn es um Daten aus der Ver-gangenheit, um retrograde Daten, gehe (43 Prozent). Au-ßerdem sei der Nachweis der Kontakte oft ausreichendund genau diese Kontakte seien mit der Abfrage der Ver-kehrsdaten festzustellen (16 Prozent). Zudem sei die Ab-frage der Daten dann sinnvoller als die Telekommunika-tionsüberwachung, wenn es darum geht, den Täter zuermitteln (14 Prozent). Zu 9 Prozent gaben die Befragtenan, dass die Verkehrsdatenabfrage immer dann sinnvollersei, wenn es nicht auf den Inhalt der Gespräche an-komme. Weitere 9 Prozent sind der Ansicht, dass dieAuskunft über die Daten der Vorbereitung der Telekom-munikationsüberwachung diene und 4 Prozent gaben an,dass anhand der Verkehrsdaten oftmals entschieden wer-den könne, ob eine Telekommunikationsüberwachungnotwendig sei. 9 Prozent meinen, dass die Verkehrsdaten-abfrage zur Feststellung von Standortdaten, zur Erstel-lung eines Bewegungsprofils und zum Nachweis der An-wesenheit am Tatort bedeutender sei. Schließlich wurde

noch angegeben, dass die Abfrage der Verkehrsdaten insolchen Fällen bedeutend sei, in denen keine Katalogtatnach § 100a StPO vorliege (4 Prozent). Insoweit kämeder Verkehrsdatenabfrage auch eine Auffangfunktion zu.

Auf die Frage, ob die Verkehrsdatenabfrage bei Vorliegenbestimmter Delikte sinnvoller als die Telekommunika-tionsüberwachung ist, antworteten 5,7 Prozent der Be-fragten mit ja. Explizit wurden von jeweils fünf Befragtenmittels Endeinrichtung begangene Delikte oder Fälle, indenen keine Katalogtat i. S. d. § 100a StPO gegeben sei,aufgeführt. Zwei weitere Befragte gaben den Betrug an.Die Telekommunikationsüberwachung soll dagegen nachAnsicht von 25 Prozent der Befragten in bestimmten Fall-konstellationen sinnvoller sein als die Verkehrsdatenab-frage. 15 Prozent der Befragten hielten sie bei bestimmtenDelikten für sinnvoller. 155 der Befragten (18 Prozent) ga-ben bei den Fragen nach bestimmten Fallkonstellationenbzw. Delikten noch eine freitextliche Antwort, die in ih-ren wesentlichen Punkten in Tabelle 24 zusammengefasstsind.

Die genannten Delikte zeichnen sich dadurch aus, dassbei Ihnen eine Tatbegehung durch eine Gruppe von Tä-tern Voraussetzung oder wahrscheinlich ist. Damit solldie Telekommunikationsüberwachung helfen, die konkre-

Ta b e l l e 24

Delikte und Fallkonstellationen, bei denen die Telekommunikationsüberwachung sinnvoller erscheint

Delikte bzw. Fallkonstellationen Nennungen Prozent der Nennungen

Häufigkeit der Nennungen

Betäubungsmitteldelikte 38 23 % 28 %

Bandenmäßige Betäubungsmitteldelikte 5 3 % 4 %

Bandendelikte 10 6 % 8 %

Organisierte Kriminalität 9 5 % 7 %

Schleusungen 8 5 % 6 %

Erpressungen 4 2 % 3 %

Immer, wenn es auf Gesprächsinhalte ankommt 59 35 % 44 %

Ermittlungen in die Zukunft 4 2 % 3 %

VD reichen nicht, sagen nichts aus 9 5 % 7 %

VD nicht ausreichend, um Nutzer zu identifizieren 4 2 % 3 %

Klärung der Bandenstrukturen 3 2 % 2 %

Absprachen 6 4 % 5 %

Identifizierung von Tatbeteiligten 4 2 % 3 %

Wenn Straftat noch andauert 4 2 % 3 %

Feststellung von Kontakten 2 1 % 2 %

169 100 % 126 %

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Drucksache 16/8434 – 194 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

ten Bandenstrukturen sowie Absprachen zwischen denGruppenmitgliedern festzustellen. Von den Delikten wur-den insbesondere Betäubungsmitteldelikte und Banden-delikte sowie deren Kombination genannt. In Einzelfällenwurde in diesem Zusammenhang angegeben, dass dieKombination aus §§ 100g, 100h StPO und § 100a StPOsinnvoll sei, insbesondere auch in dem Sinne, dass dieVerkehrsdatenabfrage für die Vergangenheit und die Tele-kommunikationsüberwachung für die Zukunft angewandtwerde. Auf die Frage, ob es rechtliche oder praktischeVerbesserungsmöglichkeiten bei der kombinierten An-wendung einer Maßnahme nach §§ 100g, 100h StPO undeiner Telekommunikationsüberwachung gebe, antworte-ten 65 Prozent mit nein, 5 Prozent mit ja und 30 Prozententhielten sich. Neun Befragte gaben an, dass eine Erwei-terung der Katalogtaten des § 100a StPO wünschenswertsei, wobei vor allem die Erweiterung auf alle banden- undgewerbsmäßigen Delikte gefordert wurde. Weitere Ände-rungsvorschläge (jeweils von drei Befragten) waren dielängere Datenspeicherung und die Abschaffung bzw. Ein-schränkung des Richtervorbehalts.

2. Verhältnis zu anderen Ermittlungsmaßnahmen

a) Kombinierte Anwendung der Verkehrsdatenabfrage mit anderen Maßnahmen

Auf die Frage, inwieweit andere Ermittlungsmaßnahmenmit der Verkehrsdatenabfrage kombiniert werden459, ga-ben die Befragten mehrheitlich an, dass Beschlagnahmeund Durchsuchung gelegentlich bis häufig neben der Ab-

frage der Daten angeordnet würden (Tabelle 25). Etwasseltener waren die Observation und der Einsatz techni-scher Mittel in Kombination mit §§ 100g, 100h (selten bisgelegentlich). Als nächstes folgen der Einsatz verdeckterErmittler und die Postbeschlagnahme (nie bis selten).Schließlich wurden noch – wenn auch sehr selten – die(Raster)Fahndung und die Wohnraumüberwachung er-wähnt. Damit zeigt sich, dass nach Einschätzung der Be-fragten die Verkehrsdatenabfrage auch häufig mit offenenErmittlungsmaßnahmen kombiniert wird.

Sonstige von den Befragten angegebenen, mit §§ 100g,100h StPO kombinierten Maßnahmen, sind Telekommu-nikationsüberwachung (58 Prozent der Nennungen untersonstiges, wobei dies im nächsten Abschnitt des Fragebo-gens behandelt wurde), Bankauskunft (14 Prozent), Ver-nehmungen und V-Personen (jeweils 9 Prozent) und§ 100i StPO (8 Prozent).

b) Zeitliches VerhältnisIn Bezug auf die zeitliche Reihenfolge gaben 66 Prozentan, dass die Verkehrsdatenabfrage vor anderen Maßnah-men durchgeführt werde. Weitere 19 Prozent nannteneine zeitgleiche Ausführung der Maßnahmen. 7 Prozentberichteten, dass die Verkehrsdatenabfrage nach den an-deren Maßnahmen vollzogen werde. 8 Prozent gabenKombinationen an, wobei teilweise auch auf die Einzel-fallabhängigkeit hingewiesen wurde460.

c) Typische FallkonstellationenAuf die Frage, welche typischen Fallkonstellationen esbei kombinierter Anwendung von Verkehrsdatenabfragemit anderen Ermittlungsmethoden gibt, nannten

459 Ca. 30 Prozent der Befragten beantworteten diese Frage nicht, wobeisie entweder die Frage insgesamt unbeantwortet ließen (14 Prozentder Befragten) oder auch nur einzelne Maßnahmen ausließen.

460 Unbeantwortet ließen die Frage 20 Prozent der Befragten. Sie wur-den bei der Prozentuierung nicht berücksichtigt.

Ta b e l l e 25

Verhältnis zu anderen Ermittlungsmaßnahmen (Angaben in Prozent)

nie selten gelegent-lich häufig immer keine

Antwort

Beschlagnahme 8,5 11,2 25,4 31,4 3,3 20,3

Postbeschlagnahme 38,7 23,3 6,3 1,4 0,1 30,2

(Raster-)Fahndung 44,6 14,8 5,5 3,3 0,5 31,4

Wohnraumüberwachung 46,9 12,1 5,0 3,5 0,8 31,6

Einsatz technischer Mittel 24,4 17,6 16,9 9,6 1,4 29,9

Durchsuchung 5,6 7,7 21,3 41,9 5,1 18,4

Einsatz verdeckter Ermittler 31,6 22,3 12,2 4,0 0,6 29,3

Observation 22,7 17,8 18,9 12,8 1,3 26,5

Sonstige 4,6 1,6 1,3 2,4 1,1 89,0

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 195 – Drucksache 16/8434

70 Prozent der Befragten sowohl eine Beschlagnahmedes Telefons, Rechners und von Datenträgern zur Ermitt-lung von Verkehrsdaten sowie eine Durchsuchung, umdiese Gegenstände zu finden und Verkehrsdaten zu ermit-teln. Die Häufigkeit wurde im Mittel mit gelegentlicheingestuft, wobei Beschlagnahme als etwas häufiger ein-geschätzt wurde. Zu erwähnen sind speziell von den Be-fragten frei formulierte Kombinationen. So wurde in3 Prozent der Fälle angegeben, dass eine typische Fallge-staltung darin zu sehen sei, dass durch Verkehrsdaten derVerdächtige identifiziert werde und anschließend eineDurchsuchung bei diesem stattfinde. Ebenso häufigwurde eine Kombination der Verkehrsdatenabfrage mitder Telekommunikationsüberwachung oder mit einerDurchsuchung nach sonstigen Beweismitteln genannt.

II. Aktenanalyse

Aus der Auswertung der Verfahrensakten ergibt sich vorallem das zeitliche Verhältnis der Verkehrsdatenabfragezu anderen Ermittlungsmaßnahmen.

1. Zeitpunkt der Anordnung der Verkehrs-datenabfrage im Ermittlungsverfahren

Wie in Abbildung 99 dargestellt, dauerte die Ermittlungs-phase der ausgewerteten Verfahren bis zu über 36 Monate(das längste Verfahren dauerte fünf Jahre). Am häufigsten

war eine Dauer von drei bis vier Monaten und vier bisfünf Monaten.

Über diese allgemeine Betrachtung hinaus, wurde unter-sucht, zu welchem Zeitpunkt im Ermittlungsverfahren dieerste Maßnahme nach §§ 100g, 100h StPO angeordnetwurde.

Die Dauer der Verfahren bis zur Anordnung der Verkehrs-datenabfrage wird aus Abbildung 100 ersichtlich. Ein be-achtlicher Teil der Abfrage entfällt bereits auf die erstenTage nach Einleitung eines Ermittlungsverfahrens. Inknapp 40 Prozent der Verfahren erfolgt die Anordnung ei-ner Abfrage innerhalb der ersten Woche. Mehr als vierFünftel der Anträge sind nach zwei Monaten gestellt. In5,4 Prozent der Verfahren wurde die Verkehrsdatenab-frage erst nach sechs Monaten angeordnet.

In 64 Prozent der Verfahren war die Verkehrsdatenabfrageder Grund für die erste Einschaltung der Staatsanwalt-schaft461. Allgemeine Anzeigen gingen in 11 Prozent undAnregungen von Telekommunikationsüberwachungs-maßnahmen in 10 Prozent der Verfahren voraus. DiesesErgebnis macht deutlich, dass die Verkehrsdatenabfrage,wenn sie Bestandteil der Ermittlungen ist, zumeist eineder ersten Maßnahmen im Ermittlungsverfahren darstellt.

461 Mehrfachnennungen waren möglich.

A b b i l d u n g 99

Dauer des Ermittlungsverfahrens

0

2

4

6

8

10

12

14

bis 1 M

onat

1-2 M

onate

2-3 M

onate

3-4 M

onate

4-5 M

onate

5-6 M

onate

6-7 M

onate

7-8 M

onate

8-9 M

onate

9-10

Mon

ate

10-1

1 M

onate

11-1

2 M

onate

12-1

3 M

onate

13-1

4 M

onate

14-1

8 M

onate

18-2

4 M

onate

24-3

6 M

onate

über

36

Mon

ate

Dauer des Ermittlungsverfahrens

Pro

zen

t d

er

Verf

ah

ren

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Drucksache 16/8434 – 196 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

A b b i l d u n g 100

Dauer des Ermittlungsverfahrens bis zum ersten Beschluss nach §§ 100g, 100h StPO

0

2

4

6

8

10

12

14

16

bis 1

Tag

1-2 T

age

2-3 T

age

3-4 T

age

4-5 T

age

5-6 T

age

6-7 T

age

7-14

Tag

e

14-2

1 Tag

e

21-3

1 Tag

e

31-6

0 Tag

e

60-9

0 Tag

e

90-1

80 T

age

180-

365

Tage

über

1 Jah

r

Dauer des Ermittlungsverfahrens bis zum ersten §§ 100g,h-Beschluss

Pro

zen

t d

er

Verf

ah

ren

2. Sonstige Maßnahmen im Ermittlungsverfahren

Neben der Verkehrsdatenabfrage wurden in den unter-suchten Verfahren zahlreiche andere Ermittlungsmaßnah-men durchgeführt. Wie häufig diese angeordnet wurden,ergibt sich aus Abbildung 101. In 70 Prozent der Verfah-ren wurden Zeugenvernehmungen durchgeführt und in40 Prozent der Verfahren Durchsuchungen angeordnet. In25 Prozent der Verfahren wurden Anschlussinhaberfest-stellungen nach §§ 112, 113 TKG neben der Verkehrsda-tenabfrage eingeleitet und in 24 Prozent der VerfahrenTelekommunikationsüberwachungsmaßnahmen. SonstigeMaßnahmen, die ebenfalls recht häufig dokumentiertsind, betreffen u. a. Sicherstellungen und daktyloskopi-sche Spurenuntersuchungen.

In 31 Verfahren wurden neben den Verkehrsdatenabfra-gen keine anderen Ermittlungsmaßnahmen durchgeführt.Welche Delikte diesen Verfahren zugrunde lagen, lässtsich Abbildung 102 entnehmen. Dabei ist zu berücksich-tigen, dass mehrere dieser Delikte in einem Verfahren

vorkommen konnten. Dies ist aber nur bei zwei Verfahrenund jeweils zwei Delikten der Fall.

Am häufigsten wurden allein Maßnahmen nach §§ 100g,100h StPO bei Verfolgung von Betrugsdelikten durchge-führt. Fast alle diese Betrugsdelikte wurden mittels End-einrichtung begangen. In sieben Verfahren handelte essich dabei um den „Enkeltrick“, in dem der Anrufer sichals Verwandter des meist schon älteren Opfers ausgibtund um Geld betrügt oder dies versucht. Häufig lediglichauf Verkehrsdatenabfragen beschränkt waren auch Er-mittlungsverfahren wegen besonders schweren Fällen desDiebstahls. In fünf von sechs Fällen handelte es sich da-bei um Einbrüche in Kraftfahrzeuge, bei denen das darinbefindliche Mobiltelefon entwendet wurde. Ähnlich ver-hält es sich bei den Raubdelikten. Hier ging es in derRegel um Straßenraub, bei denen dem Opfer u. a. dasMobiltelefon abgenommen wurde. Im Übrigen wurdendie meisten Delikte, die den Ermittlungsverfahren ohneandere Maßnahmen zugrunde lagen, mittels Endeinrich-tung begangen (Bedrohung, Beleidigung, Androhung vonStraftaten, räuberische Erpressung).

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 197 – Drucksache 16/8434

A b b i l d u n g 101

Ermittlungsmaßnahmen in den untersuchten Verfahren neben Verkehrsdatenabfrage

A b b i l d u n g 102

Verfahren, in denen ausschließlich Verkehrsdatenabfragen durchgeführt wurden

0

50

100

150

200

250

300

350

Zeugen

vern

ehm

ung

Durchsu

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g

Sonstige

Ansch

luss

inhab

erfe

ststellung

en

TKÜ

Beoba

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rmittler

Maßnahmen im Ermittlungsverfahren

An

zah

l in

den

Verf

ah

ren

0

2

4

6

8

10

12

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l

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Ermittlungsdelikte

An

zah

l

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Drucksache 16/8434 – 198 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

3. Zeitpunkt der Anordnung der Maßnahmen im Ermittlungsverfahren

Zu welchem Zeitpunkt des Ermittlungsverfahrens dieVerkehrsdatenabfrage und im Vergleich dazu die anderenMaßnahmen angeordnet und durchgeführt wurden, lässtsich Abbildung 103 entnehmen. Wie bereits ausgeführtwurde, kennzeichnet 0 den Beginn des Ermittlungsver-fahrens und 1 das Ende des Ermittlungsverfahrens. DerStrich in der Mitte der Boxen kennzeichnet den Median.Bei den Punkten vor und hinter den Boxen handelt es sichum Ausreißer. Bei den Punkten vor Beginn des Ermitt-lungsverfahrens handelt es sich fast immer um Maßnah-men aus anderen Verfahren, die mit dem ausgewertetenVerfahren verbunden wurden. Der erste Beschluss nach §§ 100g, 100h StPO wird sehrfrüh im Ermittlungsverfahren erlassen. Früher setzen ge-legentlich Telekommunikationsüberwachungsmaßnah-

men ein, soweit diese überhaupt in dem Verfahren An-wendung finden. Der letzte Beschluss nach §§ 100g, 100hStPO erfolgte in der ersten Hälfte des Ermittlungsverfah-rens. Durchsuchung und Beschlagnahme erfolgten überdie Mitte des Ermittlungsverfahrens hinweg. Wenn siezusammen angeordnet wurden, ist der Medianwert bei ei-nem früheren Zeitpunkt angesiedelt, etwa bis zur Mittedes Ermittlungsverfahrens. Vertrauenspersonen scheinenschon von Beginn des Verfahrens an tätig zu sein. Dieswird darauf beruhen, dass durch ihre Hinweise erst dasErmittlungsverfahren ausgelöst wird. Ansonsten fällt auf,dass die Observation, der Einsatz verdeckter Ermittler,der Einsatz von technischen Mitteln, die Fahndung unddie Anschlussinhaberfeststellungen innerhalb der erstenHälfte des Ermittlungsverfahrens eingesetzt werden. DieZeugenvernehmungen streuen sich über das gesamte Er-mittlungsverfahren.

A b b i l d u n g 103

Zeitpunkt der Maßnahmen im Ermittlungsverfahren

-.5 0 .5 1 1.5 2relative Zeiten im Ermittlungsverf. (0 = Beginn; 1 = Ende des Erm.)

Durch.& Beschl

Anschl.Inh.

Bankausk.

DNA

Fahndung

Zeugenvern.

Tech.Mittel

Beschl.

VP

Verd.Erm.

Beobacht.

Durchsuch.

TKÜ

letzter 100gh

erster 100gh

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 199 – Drucksache 16/8434

Dabei sind Unterschiede hinsichtlich der den Verfahren zu-grunde liegenden Delikte festzustellen. In Abbildung 104wird dargestellt, wie sich der Einsatz der Maßnahmen imErmittlungsverfahren bei Tötungsdelikten gestaltet. Ab-gesehen von der Beschlagnahme und dem letzten

Beschluss nach §§ 100g, 100h StPO werden hier alleMaßnahmen innerhalb der ersten Hälfte des Ermittlungs-verfahrens eingesetzt. Das wird wohl darauf beruhen,dass die Aufklärung von Tötungsdelikten mit Priorität be-handelt wird.

A b b i l d u n g 104

Zeitpunkt der Maßnahmen im Ermittlungsverfahren bei Tötungsdelikten

-.5 0 .5 1 1.5 2relative Zeiten im Ermittlungsverf. (0 = Beginn; 1 = Ende des Erm.)

Durch.& Beschl

Anschl.Inh.

Bankausk.

DNA

Fahndung

Zeugenvern.

Tech.Mittel

Beschl.

VP

Verd.Erm.

Beobacht.

Durchsuch.

TKÜ

letzter 100gh

erster 100gh

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Drucksache 16/8434 – 200 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Der erste Beschluss nach §§ 100g, 100h StPO erfolgtnoch früher als bei der Gesamtbetrachtung. Der Medianliegt unmittelbar am Anfang des Ermittlungsverfahrens.Der Einsatz der Telekommunikationsüberwachung liegthier leicht hinter dem ersten Beschluss nach §§ 100g,100h StPO. Das wird darauf zurückzuführen sein, dasserst anhand der Verkehrsdaten festgestellt werden soll,wer mit dem Getöteten Kontakt hatte und dannTelekommunikationsüberwachungsmaßnahmen geschal-tet werden.

Bei Raubdelikten sowie (räuberischer) Erpressung verän-dert sich das Bild wie in Abbildung 105 gezeigt. Die An-ordnung der Telekommunikationsüberwachung liegt hieretwas vor der Anordnung der Verkehrsdatenabfrage. Dererste Beschluss nach §§ 100g, 100h StPO wird wiederuminnerhalb der ersten Hälfte des Ermittlungsverfahrens er-lassen.

Bei Betäubungsmitteldelikten ist der erste Einsatz vonVerkehrsdatenabfragen und Telekommunikationsüberwa-chungsmaßnahmen nahezu zeitgleich ausgestaltet. Dasspricht dafür, dass die Maßnahmen zusammen angeordnetwurden, um die Strukturen der Geschäftsbeziehungen

und Verbindungen festzustellen. Auffällig ist, dass dieFahndung sich hier fast über das gesamte Ermittlungsver-fahren erstreckt. Die DNA-Analyse geht weit über denZeitraum des Ermittlungsverfahrens hinaus. Dies könntean molekulargenetischen Untersuchungen nach dem Zeit-punkt des polizeilichen Abschlußberichts, die durch dieStaatsanwaltschaft veranlasst werden, liegen.

Bei den Betrugsdelikten liegen sowohl der Zeitpunkt desersten als auch des letzten Beschlusses nach §§ 100g,100h StPO beim Beginn des Ermittlungsverfahrens (Ab-bildung 107).

Neben Verkehrsdatenabfragen, Telekommunikationsüber-wachungsmaßnahmen und Durchsuchungen spielenBankauskünfte eine Rolle. Dabei kann es sich zum einenum Betrug zum Nachteil von Banken handeln, zum ande-ren können Auskünfte über die Konten des Beschuldigtenund das ggf. darauf verbuchte, durch den Betrug erlangteGeld eingeholt werden. Dass die DNA-Analyse erst zumEnde des Ermittlungsverfahrens hin eingesetzt wird,spricht dafür, dass die Staatsanwaltschaft nach Abschlussdes polizeilichen Handelns weitere Beweise sichernwollte.

A b b i l d u n g 105

Zeitpunkt der Maßnahmen im Ermittlungsverfahren bei Raub/(räuber.)Erpressung

-.5 0 .5 1 1.5 2relative Zeiten im Ermittlungsverf. (0 = Beginn; 1 = Ende des Erm.)

Durch.& Beschl

Anschl.Inh.

Bankausk.

DNA

Fahndung

Zeugenvern.

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Beschl.

VP

Verd.Erm.

Beobacht.

Durchsuch.

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letzter 100gh

erster 100gh

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 201 – Drucksache 16/8434

A b b i l d u n g 106

Zeitpunkt der Maßnahmen im Ermittlungsverfahren bei Betäubungsmitteldelikten

A b b i l d u n g 107

Zeitpunkt der Maßnahmen im Ermittlungsverfahren bei Betrugsdelikten

-.5 0 .5 1 1.5 2relative Zeiten im Ermittlungsverf. (0 = Beginn; 1 = Ende des Erm.)

Durch.& Beschl

Anschl.Inh.

Bankausk.

DNA

Fahndung

Zeugenvern.

Tech.Mittel

Beschl.

VP

Verd.Erm.

Beobacht.

Durchsuch.

TKÜ

letzter 100gh

erster 100gh

-.5 0 .5 1 1.5 2relative Zeiten im Ermittlungsverf. (0 = Beginn; 1 = Ende des Erm.)

Durch.& Beschl

Anschl.Inh.

Bankausk.

DNA

Fahndung

Zeugenvern.

Tech.Mittel

Beschl.

VP

Verd.Erm.

Beobacht.

Durchsuch.

TKÜ

letzter 100gh

erster 100gh

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Drucksache 16/8434 – 202 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

4. Dauer der Maßnahmen

Abbildung 108 beschreibt die Dauer der in den untersuch-ten Verfahren durchgeführten Maßnahmen. Dabei fälltauf, dass die Abfrage der Verkehrsdaten schwerpunktmä-ßig innerhalb der ersten 100 Tage des Ermittlungsverfah-rens erfolgt bzw. die Dauer der Abfrage in diesen Zeit-raum fällt. Die Telekommunikationsüberwachung ist imVergleich dazu wesentlich kürzer und setzt erst später ein.

Abbildung 109 zeigt die Dauer der eingesetzten Maßnah-men differenziert nach Delikten. Dabei fällt auf, dass dieDauer der Verkehrsdatenabfrage bei Betrugsdelikten sehrkurz ist, während die Abfrage bei Betäubungsmitteldelik-ten und Tötungsdelikten über einen längeren Zeitraum er-folgt. Gerade bei den Betäubungsmitteldelikten war dieszu erwarten, da bei diesen das Geschehen erst über einenlängeren Zeitraum beobachtet und Beweise gesammeltwerden, bevor die Verdächtigen angeklagt werden.

A b b i l d u n g 108

Dauer der Maßnahmen in Tagen

0 100 200 300 400 500Dauer der Maßnahmen in Tagen

Fahndung

VP

Verd.Erm

Beobacht.

TKÜ

VD Abfrage

Page 203: Deutscher Bundestag Drucksache 16/8434 16. Wahlperiode 28 ...dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/084/1608434.pdf · Deutscher Bundestag Drucksache 16/8434 16. Wahlperiode 28. 02. 2008

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 203 – Drucksache 16/8434

A b b i l d u n g 109

Dauer der eingesetzten Maßnahmen differenziert nach Delikten

0 100 200 300 400 500Dauer der Maßnahmen in Tagen

pers Freih

Betrug

Diebstahl

BtM

Raub

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sonst

FahndungVP

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TKÜVD Abfrage

FahndungVP

Verd.ErmBeobacht.

TKÜVD Abfrage

FahndungVP

Verd.ErmBeobacht.

TKÜVD Abfrage

FahndungVP

Verd.ErmBeobacht.

TKÜVD Abfrage

FahndungVP

Verd.ErmBeobacht.

TKÜVD Abfrage

FahndungVP

Verd.ErmBeobacht.

TKÜVD Abfrage

FahndungVP

Verd.ErmBeobacht.

TKÜVD Abfrage

Page 204: Deutscher Bundestag Drucksache 16/8434 16. Wahlperiode 28 ...dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/084/1608434.pdf · Deutscher Bundestag Drucksache 16/8434 16. Wahlperiode 28. 02. 2008

Drucksache 16/8434 – 204 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

III. Experteninterviews

1. Polizeibeamte

a) Bedeutung der Verkehrsdatenabfrage im Verhältnis zur Telekommunikations-überwachung

Hinsichtlich ihrer Bedeutung für das Ermittlungsverfah-ren wurden Maßnahmen nach §§ 100a, 100b StPO imVerhältnis zu Maßnahmen nach §§ 100g, 100h StPO vonden meisten befragten Polizeibeamten als gewichtiger an-gesehen. §§ 100a, b StPO seien wesentlich bedeutsamer,weil sie aktuelle Informationen lieferten und nicht nur re-trograde Daten. Die Abfrage der Daten sei ein Ermitt-lungsansatz, um einen Verdacht zu verdichten. Dannordne man §§ 100a, 100b StPO an, um eine Gruppenbil-dung festzustellen. §§ 100g, 100h StPO dienten also zurVorbereitung der Telefonüberwachungsmaßnahme, näm-lich um festzustellen, wer welche Anschlüsse benutze.Die Telekommunikationsüberwachung würde schließlichauch die Verkehrsdaten mit sich bringen und man bekämedarüber hinaus den Inhalt. Verkehrsdaten würden nur et-was über Telefone sagen, nicht über Personen. Ein Stand-ortnachweis sei nur bei Daten in Verbindung mit derStimme des Täters erbracht. Die Verkehrsdatenabfrageliefere nur Daten auf Papier. Beide Maßnahmen würdensich aber ergänzen. Nach §§ 100g, 100h StPO seien auchdie zurückliegenden Daten ermittelbar und so ein Nach-weis möglich, ob der Täter zu einem gegebenen Zeit-punkt telefoniert habe. §§ 100g, 100h StPO seien auchdann von Bedeutung, wenn §§ 100a, 100b aus rechtlichenGründen nicht angeordnet werden können. §§ 100a, 100bStPO würden eine Katalogtat voraussetzen, während§§ 100g, 100h StPO auch bei anderen Straftaten einschlä-gig seien. Dadurch werde ein gewisser Spielraum eröff-net. Von einem Befragten wurde darauf verwiesen, dasses sich um völlig unterschiedliche Ansätze handle, die inganz unterschiedlichen Fallkonstellationen angewendetwürden. Man bringe dadurch unterschiedliche Dinge inErfahrung. Die Telekommunikationsüberwachung sei vorallem bei organisierter Kriminalität und Betäubungsmit-teln bedeutsam, während §§ 100g, 100h StPO bei Kapi-talverbrechen eine wichtige Rolle spielen würden. Eswurde auch bemerkt, dass es derzeit mehr Maßnahmennach §§ 100g, 100h StPO als solche nach §§ 100a, 100bStPO gebe. §§ 100a, 100b StPO seien zwar effektiver,aber dafür eingriffsintensiver. Es werde immer abgewo-gen, ob man auch den Kommunikationsinhalt brauche.Mehrere Befragte sind der Ansicht, dass die Maßnahmendieselbe Bedeutung hätten. Eine Priorität könnte nicht zu-geordnet werden. §§ 100g, 100h StPO seien oft vorberei-tende Maßnahmen für §§ 100a, 100b StPO. Der Ansatzsei ebenso bedeutsam, da auf diesem Wege erst eine erfolg-versprechende Telekommunikationsüberwachung durch-geführt werden könne. Die Maßnahmen ließen sich nichtvoneinander trennen. Die Aufzeichnung der Gesprächesei ohne die Kenntnis, wer mit wem telefoniert habe, we-niger aussagekräftig. Weiter wurde angeführt, dass nurmit §§ 100g, 100h StPO Daten zum Zeitpunkt vor undwährend der Tat erhoben werden können. §§ 100a, 100bStPO seien erst für in der Zukunft anfallende Daten von

Bedeutung. Es sei ohne Berücksichtigung vergangenerKommunikation kaum eine aussichtsreiche Maßnahmenach §§ 100a, 100b StPO denkbar.

Fast alle befragten Polizeibeamten gaben an, dass dieVerkehrsdatenabfrage bei Anordnung einer Telekommu-nikationsüberwachung in der Regel mit beantragt bzw.angeordnet werde. Das sei Standard, damit beide Typenvon Informationen gesichert werden könnten. Insbeson-dere bei rückwirkender Datenerhebung würden „Kombi-beschlüsse“ beantragt. Dagegen brauche man keinen Be-schluss nach §§ 100g, 100h StPO, wenn eine Maßnahmenach §§ 100a, 100b StPO geschaltet sei. Dann würden dieVerkehrsdaten mit übertragen. Zwei Befragte verneintendie Frage. Dies würde nicht mehr gemacht, da seit Ein-führung der §§ 100g, 100h StPO auch die zukünftigenDaten erfasst würden. Diese würden aber mit den Tele-fonüberwachungsprotokollen online geliefert. Ab und zuwürden dann für zurückliegende Daten Maßnahmen nach§§ 100g, 100h StPO beantragt.

b) Bedeutung der Verkehrsdatenabfrage im Verhältnis zu anderen Maßnahmen

Die befragten Polizeibeamten sollten ggf. vorhandeneVorzüge der Verkehrsdatenabfrage im Verhältnis zu ande-ren Ermittlungsmaßnahmen aufführen. Ein Vorzug derVerkehrsdatenabfrage sei u. a., dass objektive Daten erho-ben werden. Die Verkehrsdaten hätten einen nahezu ob-jektiven Beweiswert. Es sei ein technisches Mittel und esgebe keine Manipulationsmöglichkeiten seitens der Täter.Es könne nicht mehr in Zweifel gezogen werden, dasskommuniziert worden sei. Es gebe deshalb auch keineWahrnehmungsprobleme wie bei Zeugenaussagen. Dasgesprochene Wort dagegen sei in unterschiedliche Rich-tungen zu interpretieren. Zudem würden die Daten durchunbeteiligte Dritte, die Netzbetreiber, gespeichert. Dem-entsprechend sei der Beweiswert höher. Man könne rela-tiv sicher das Umfeld einer verdächtigen Person zeitnahfeststellen. Über die Häufigkeit von Anrufen könne manKontakte feststellen. Das sei durch keine andere Maß-nahme zu erreichen. Man könne zudem im Nachhineinein Bewegungsbild erstellen. Durch Funkzellenabfragenkönne man feststellen, wo sich ein Mobiltelefon befundenhabe. Eine herkömmliche Spur werde nur am Tatort hin-terlassen. Mit den Verkehrsdaten könne ein Täter hinge-gen auch mit anderen Tatorten in Verbindung gebrachtwerden (z. B. bei mehreren Banküberfällen). Die Datenkönnen nach Aussagen der Interviewten aber auch entlas-tende Wirkung haben. Ein weiterer Vorteil bestehe darin,dass relevante Informationen schnell und einfach erreich-bar seien. Ohne personellen Aufwand könne dasselbe Er-gebnis erzielt werden wie z. B. bei einer Observation. Einermittlungstaktischer Vorteil sei ferner, dass es sich ge-genwärtig noch um Maßnahmen handle, mit denen derTäter nicht rechne. Die Daten könnten risikolos erhobenwerden, da der Beschuldigte die Abfrage nicht kenne. DieVerkehrsdatenabfrage sei einerseits ein letztes Mittel, an-dererseits bei verschiedenen Delikten der einzige erfolg-versprechende Ansatz. Denn Verkehrsdaten würden häu-fig die ersten Hinweise auf einen möglichen Täter geben.Es handle sich um eine „moderne Ermittlungsmöglich-keit, die heute in einem Ermittlungsverfahren nicht mehr

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 205 – Drucksache 16/8434

wegdenkbar ist“. Drei der Befragten meinen, dass es sichum ganz unterschiedliche Maßnahmen handle. Ein Ver-gleich sei schwierig. Die Verkehrsdatenabfrage erweiteredas Feld der Ermittlungsmöglichkeiten. Es sei immer fall-bezogen, was im Einzelnen angewandt würde. Es kommedarauf an, was nachgewiesen werden soll. Es werde dieje-nige Maßnahme genutzt, die augenblicklich Erfolg ver-spreche. Insgesamt ergänze die Abfrage der Verkehrsda-ten viele andere Maßnahmen.

2. Staatsanwältea) Bedeutung der Verkehrsdatenabfrage im

Verhältnis zur Telekommunikations-überwachung

Im Verhältnis zur Telefonüberwachung werden die Datennach §§ 100g, 100h StPO von den befragten Staatsanwäl-ten für weniger bedeutsam gehalten. §§ 100a, 100b StPOseien Erfolg versprechender, weil auch der Inhalt festge-stellt werden könne. Nur so könnten konkrete Informatio-nen herausgefunden werden. §§ 100g, 100h StPO würdendagegen der Vorbereitung für §§ 100a, 100b StPO dienen,insbesondere zur Entscheidung, wer abgehört werdensollte. §§ 100a, 100b StPO seien manchmal Anschluss-maßnahmen, manchmal aber auch Begleitmaßnahmen.Davon unabhängig hätten die §§ 100g, 100h StPO abereine recht große Bedeutung und würden oft zu mehr In-formationen führen als z. B. Observation und Lichtbild-aufzeichnungen. Tatabläufe könnten nachgezeichnet undBewegungsprofile erstellt werden. §§ 100g, 100h StPOwürden freilich einen geringeren Eingriff in die Sphäredes Betroffenen bedeuten. Außerdem würden sie auchdeshalb eine Rolle spielen, weil rückwirkende Daten er-langt werden können. Weiter wurde angegeben, dass§§ 100g, 100h StPO wesentlich häufiger seien, weil dieVoraussetzungen entsprechend häufiger vorliegen würden(insbesondere wegen mittels Endeinrichtung begangenenStraftaten).

Die Verkehrsdatenabfrage würde überwiegend nicht zu-sammen mit der Telekommunikationsüberwachung ange-ordnet, meinen etwa die Hälfte der befragten Staatsan-wälte. Sie sei nur bei rückwirkenden Daten bedeutend.Bei zukünftigen Daten würden die Daten ohnehin mitdem Protokoll der Telefonüberwachung übermittelt. Dieübrigen Befragten geben an, dass die Maßnahmen (fast)immer gleichzeitig beantragt würden. Dies sei vor allembei Betäubungsmitteln und organisierter Kriminalität dieRegel. §§ 100g, 100h StPO würden dann nicht in die Zu-kunft gerichtet angewandt, weil diese Informationen mitder Telefonüberwachung erlangt werden könnten. Beischweren Delikten würde i. d. R. eine Telefonüberwa-chung in die Zukunft und §§ 100g, 100h StPO in die Ver-gangenheit angeordnet. Bei allgemeinen Sachen ordneman dagegen nur §§ 100g, 100h StPO an.

b) Bedeutung der Verkehrsdatenabfrage im Verhältnis zu anderen Maßnahmen

Vorteil der Verkehrsdatenabfrage gegenüber anderen Er-mittlungsmaßnahmen ist nach Angaben von einigenStaatsanwälten, dass es sich um eine verdeckte Maß-nahme handle, die keine Außenwirkung entfalte (z. B. im

Vergleich zur Durchsuchung). Es handle sich um einenrelativ geringfügigen Eingriff für die Betroffenen. Einweiterer Vorteil sei, dass man objektive Daten bekomme.Man könne Strukturen ermitteln, Täter identifizieren undTatorte nachweisen. Die Standortkennung stehe im Vor-dergrund. Überall, wo Straftaten Telekommunikation er-fordern, sei die Maßnahme unabdingbar. Die Bedeutungsei einzelfallabhängig, meinen weitere Befragte. Eswerde geprüft, ob andere Möglichkeiten in Betracht kom-men oder nicht. Die Maßnahmen seien nicht miteinandervergleichbar. Es seien nur Indizien für Kontakte von Per-sonen untereinander oder für Aufenthaltsorte. Es seienaber Indizien, die die Möglichkeit zu weiteren Ermittlun-gen eröffnen könnten.

3. Richter

a) Bedeutung der Verkehrsdatenabfrage im Verhältnis zur Telekommunikations-überwachung

Zum Verhältnis hinsichtlich ihrer Bedeutung für das Er-mittlungsverfahren von Maßnahmen nach §§ 100g, 100hStPO im Verhältnis zu §§ 100a, 100b StPO wurde vonden meisten befragten Richtern angegeben, dass §§ 100a,100b StPO erheblich höhere Bedeutung hätten. Das be-ruhe darauf, dass man dabei auch die Inhalte und mehrDetails erfahre. Die Telefonüberwachung erfasse auch zu-künftige Verkehrsdaten. §§ 100g, 100h StPO sei eine Vor-stufe, um festzustellen, wer der Anrufer war und erst dannwürde eine Telefonüberwachung durchgeführt. Die Aus-künfte zu den Verkehrsdaten dienten der Vorbereitung derTelefonüberwachung. Dagegen sei §§ 100g, 100h StPO indie Vergangenheit gerichtet wichtig. Weiter wird angege-ben, dass weder das eine noch das andere erfolgreichersei. Beim Raub von Mobiltelefonen hätten §§ 100g, 100hStPO eine größere Bedeutung, bei Betäubungsmitteln da-gegen die §§ 100a, 100b StPO. Durch das Abhören könnebeispielsweise nicht in Erfahrung gebracht werden, wosich der Beschuldigte aufgehalten habe. Bei der Telefon-überwachung werde das Gespräch mitgehört, bei§§ 100g, 100h StPO könne dagegen nur gesagt werden,dass telefoniert worden sei. Ganz generell hätten dieMaßnahmen nach §§ 100g, 100h StPO größere Bedeu-tung bei nachträglicher Betrachtung von Vorgängen, die-jenigen gemäß §§ 100a, 100b StPO dagegen bei laufen-den oder in die Zukunft reichenden Vorgängen.

Die Frage, ob die Maßnahme nach §§ 100g, 100h StPObei einer Telekommunikationsüberwachung in der Regelmitbeantragt bzw. angeordnet würde, bejahten etwa dieHälfte der befragten Richter. Einzelne Staatsanwälte wür-den dazu übergehen, beides gleichzeitig zu beantragen.Ein Befragter weist darauf hin, dass die Anordnungennicht in einem Beschluss ergingen, aber zeitgleich. ZweiBefragte sind der Ansicht, dass dies überflüssig sei, dadie Daten von § 100a StPO miterfasst würden; die Tele-fonüberwachungsprotokolle würden die Verkehrsdatenmitliefern. Die Stimme sei bedeutsamer als die Informa-tion, wer formal der Inhaber eines Anschlusses ist. Einweiterer Richter gibt an, dass die Beurteilung vom Ein-zelfall abhängig sei. Es müssten konkrete Anhaltspunkte

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Drucksache 16/8434 – 206 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

dafür vorliegen, dass die Maßnahme für die weiteren Er-mittlungen erheblich ist.

b) Bedeutung der Verkehrsdatenabfrage im Verhältnis zu anderen Maßnahmen

Auch die befragten Richter gaben unterschiedliche Vor-züge der Verkehrsdatenabfrage gegenüber anderen Er-mittlungsmaßnahmen an. Vorzug der Verkehrsdatenab-frage sei, dass die Maßnahme nicht so personalintensivund nicht so aufwendig sei, außer es handle sich umgroße Datenmengen. Die Verkehrsdatenabfrage sei einfa-cher als z. B. eine Observation. Die Daten seien „vomSchreibtisch aus zu lesen“, die „Daten werden vom An-bieter serviert“. Dagegen entstünde bei großen Daten-mengen eine erhebliche Arbeitsbelastung für die Polizei.Zudem handle es sich um objektivierbare Daten, währendein V-Mann beispielsweise subjektive Einschätzungenliefere. Aussagen und Urkunden könnten anhand der Da-ten überprüft werden. Zudem seien Anhaltspunkte fürAufenthaltsorte zu erlangen. Ein ganz entscheidenderVorteil sei außerdem die Heimlichkeit der Maßnahme.Der Beschuldigte habe in der Regel keine Kenntnis vonder Maßnahme. Es sei eine „stille“ Ermittlung. EineDurchsuchung und Beschlagnahme von Verkehrsdatensei dagegen zu auffällig. Es gebe Fälle, in denen die Ver-kehrsdaten den einzig möglichen Ermittlungsansatz ent-hielten. Ferner könnten Kommunikationsbewegungsbil-der erstellt und Netzwerke identifiziert werden. Das seidurch andere Maßnahmen nicht möglich. Das sieht einanderer Befragter etwas skeptischer. Die Verkehrsdaten-abfrage sei zwar ein wichtiger Ermittlungsansatz, von ge-nerellen Vorzügen gegenüber anderen Maßnahmen würdeer aber nicht sprechen wollen. Die anderen Ermittlungs-methoden zielten auf andere Beweismittel ab. Was manmit §§ 100g, 100h StPO erreichen könne, könne mannicht mit den anderen Maßnahmen erreichen und genausosei es mit den anderen Methoden.

4. VerteidigerDie befragten Verteidiger gaben übereinstimmend an,dass die §§ 100a, 100b StPO für das Verfahren eine grö-ßere Rollen spielten als die §§ 100g, 100h StPO. Ein Be-fragter führte aus, dass sich die Verkehrsdatenabfragenoft erst aus den Maßnahmen nach §§ 100a, 100b StPO er-geben würden, jedoch könnten die Daten auch eine Tele-kommunikationsüberwachung nach sich ziehen. Die bei-den Maßnahmen gingen oft miteinander einher, gab einanderer Befragter an. Es würde alles auf einmal angeord-net, um „sicher zu gehen“. Es herrsche eine gewisse Unsi-cherheit der Gerichte, was unter welche Norm falle. Inder Hauptverhandlung würden oft nur die Ergebnisse derTelekommunikationsüberwachung mit einfließen, da derRichter damit umgehen könne. §§ 100g, 100h StPO seieneher im Ermittlungsverfahren wichtig.

IV. Zusammenfassung der ErgebnisseDie Verkehrsdatenabfrage wird sehr häufig direkt zu Be-ginn des Ermittlungsverfahrens eingesetzt. Dies ergibt

sich aus der Analyse der Strafverfahrensakten und wirddurch die Einschätzung der Befragten, dass die Abfrageder Daten meist früher als andere Ermittlungsmaßnahmenoder früher bzw. zeitgleich mit der Telekommunikations-überwachung erfolgt, bestätigt. Den Akten war zu entneh-men, dass die Verkehrsdatenabfrage am häufigsten einenbis zwei Tage nach Beginn des Ermittlungsverfahrenseingesetzt wird. Zumindest wird der erste Beschluss aberin 51 Prozent der Fälle innerhalb der ersten 14 Tage erlas-sen. In 64 Prozent der untersuchten Verfahren war dieVerkehrsdatenabfrage zudem der Anlass für die erste Ein-schaltung der Staatsanwaltschaft. Gerade bei Tötungsde-likten und Betrugsdelikten wurde die Verkehrsdatenab-frage im Vergleich zu anderen Maßnahmen sehr früh imErmittlungsverfahren angewandt.

Kombinationen mit anderen Ermittlungsmaßnahmen er-folgen – nach Angabe der schriftlich Befragten – vor al-lem mit der Telekommunikationsüberwachung, aber auchmit der Durchsuchung und der Beschlagnahme. Auch imRahmen der Expertengespräche konnte festgestellt wer-den, dass die Verkehrsdatenabfrage und die Telekommu-nikationsüberwachung häufig zusammen angeordnet wer-den. Die Bedeutung der Verkehrsdatenabfrage wird vonden meisten interviewten Praktikern als geringer beurteiltals die der Telekommunikationsüberwachung. Oftmalswürden sich die Maßnahmen jedoch ergänzen. Mit derVerkehrsdatenabfrage würden die in der Vergangenheitliegenden Daten festgestellt werden. Die Telekommuni-kationsüberwachung erfasse dann die zukünftigen Ver-kehrsdaten sowie den Inhalt der Gespräche. Geschildertwurde auch, dass die Verkehrsdatenabfrage des Öfterenzur Vorbereitung einer Telekommunikationsüberwachungdurchgeführt werde. Die zu überwachenden Anschluss-nummern würden in diesen Fällen mit der Verkehrsdaten-abfrage ermittelt und danach werde die Telekommunika-tionsüberwachung geschaltet. In die Zukunft gerichteteVerkehrsdatenabfragen sind nach Ansicht der meisten Be-fragten bei gleichzeitiger Telekommunikationsüberwa-chung sinnlos, da sich die Daten bereits aus den Tele-kommunikationsüberwachungsprotokollen ergeben. DesÖfteren wurde auch angegeben, dass es sich bei der Ver-kehrsdatenabfrage oft um das einzige Mittel handele, umeinen ersten Ansatz zu bekommen und danach ggf. wei-tere Ermittlungsmaßnahmen durchzuführen. HäufigereKombinationen mit Durchsuchung und Beschlagnahmewerden ebenfalls durch die Ergebnisse der Interviews be-stätigt. Teilweise wurde angegeben, dass zunächst mit derVerkehrsdatenabfrage Verdächtige identifiziert und so-dann deren Wohnungen durchsucht und ggf. vorliegendeBeweise (wie Drogen) beschlagnahmt würden. In den derAktenanalyse zugrunde liegenden Verfahren wurden ne-ben der Verkehrsdatenabfrage ebenfalls häufig Durchsu-chungen (40 Prozent der Verfahren) sowie Zeugenver-nehmungen (70 Prozent), Anschlussinhaberfeststellungennach dem Telekommunikationsgesetz (25 Prozent) sowieTelekommunikationsüberwachungsgesetzes (24 Prozent)durchgeführt.

Bei den Verfahren, in denen die Verkehrsdatenabfrage alseinzige Ermittlungsmaßnahme durchgeführt wurde

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 207 – Drucksache 16/8434

(31 Verfahren), handelte es sich vor allem um Betrugsde-likte, insbesondere um den sog. Enkeltrick. Häufiger wa-ren auch besonders schwere Fälle des Diebstahls, in de-nen Mobiltelefone aus aufgebrochenen Kraftfahrzeugengestohlen wurden. Im Übrigen handelte es sich meist ummittels Endeinrichtung begangene Straftaten.

Vorzüge der Verkehrsdatenabfrage gegenüber anderen Er-mittlungsmaßnahmen sind nach der Angabe der inter-viewten Praktiker u. a. die Objektivität der Daten und diefehlenden Manipulationsmöglichkeiten. Zudem sei vonVorteil, dass es sich um eine verdeckte Maßnahme handleund dass der Eingriff relativ geringe Arbeitsbelastungauslöse. Als Vorteil wurde von den befragten Staats-anwälten und Richtern auch angesehen, dass die Daten fürsie einfach zu beschaffen und leicht auszuwerten seien –außer bei größeren Datenmengen.

E. Effizienz der Verkehrsdatenabfrage

Im dritten Teil der Arbeit soll die Effizienz der Verkehrs-datenabfrage untersucht werden. Dazu ist zunächst zu be-stimmen, was unter dem Begriff der Effizienz zu verste-hen ist. Die so aufgestellten Grundsätze sind dann auf denUntersuchungsgegenstand zu übertragen und die Krite-rien herauszukristallisieren, aus welchen die Effizienz derMaßnahme abzuleiten ist.

I. Begriff der Effizienz und Übertragung auf den Untersuchungsgegenstand

1. Begriff der Effizienz

Die Begriffe Effizienz und Effektivität werden häufig sy-nonym verwandt.462 Es handelt sich dabei jedoch nachSchroller463 um „Einzelaspekte einer Leistungsbeschrei-bung“. Unter dem Begriff der Effektivität versteht manallgemein die Wirksamkeit und die Leistungsfähigkeitdes Untersuchungsgegenstandes464. Der Begriff betrifftdie grundsätzliche Eignung einer Maßnahme, ein ange-strebtes Ziel zu erreichen465. Mit Effizienz ist dagegen dasVerhältnis zwischen Mitteleinsatz und Zielerreichung ge-meint (Ziel-Mittel-Verhältnis/Input-Output-Verhältnis)466.Schroller467 führt dazu aus, dass Maßnahmen Zielvorstel-lungen enthalten und um diese Ziele erreichen zu können,Mittel aufgewendet werden müssten (Input). Wenn dieMaßnahmen getroffen werden, zeigen sich Wirkungender Maßnahmen (Output). Eine Bewertung der Effizienzwerde dann möglich, wenn geklärt wird, ob der Aufwand(Input) in einem vernünftigen Verhältnis zum Ertrag(Output) stand.

2. Übertragung auf den Untersuchungs-gegenstand

Gegenstand der vorliegenden Arbeit ist die Evaluationder Effizienz der Ermittlungsmethode nach §§ 100g,100h StPO. Dazu sind zunächst die Ziele der Verkehrsda-tenabfrage zu bestimmen, die mit der Maßnahme erreichtwerden sollen. Die Mittel, die dazu aufgewendet werden,sind zum einen die Eingriffe in die Grundrechte der Be-troffenen und zum anderen der Aufwand und die Kosten,die durch die Abfrage der Daten bei den Telekommunika-tionsanbietern und den übrigen Beteiligten entstehen.

Die Wirkungen der Maßnahmen und damit die Effizienzwurden in verschiedener Hinsicht erfasst. Im Rahmen derAktenanalyse wurden zum einen allgemeine Erfolgsein-schätzungen, die der Akte zu entnehmen waren oder dieder jeweilige Bearbeiter der Akte abgeben konnte, aufge-nommen. Dabei wurde bei der Beurteilung des Erfolgesunterschieden, ob die Maßnahmen für den jeweiligen be-troffenen Anschluss, den gesamten Beschluss, den jewei-ligen Beschuldigten und für das Verfahren insgesamt er-folgreich, bedingt erfolgreich oder nicht erfolgreichwaren.

Zum anderen wurden auch die spezifischen Erfolge auf-genommen. Anhand der Akten konnte festgestellt wer-den, welche konkreten Erfolge erzielt werden. Dabei sindbeschlussbezogene, beschuldigtenbezogene und verfah-rensbezogene Erfolge zu unterscheiden. Je nachdem, wel-che Informationen den Akten zu entnehmen waren,wurde für jeden Beschluss, für jeden Beschuldigten undfür jedes Verfahren der konkret eingetretene Erfolg aufge-nommen.

Mit der Verkehrsdatenabfrage können nie direkte, d. h.unmittelbare Erfolge erzielt werden. Die Abfrage der Da-ten lässt immer nur Aussagen darüber zu, ob sich z. B. einbestimmtes Mobiltelefon an einem bestimmten Ort be-funden hat. Es ist nicht möglich, dem Täter direkt nach-zuweisen, dass er sich z. B. zur Tatzeit in der Nähe desTatorts befunden hat. Man kann nur Aussagen z. B. überdas Mobiltelefon treffen. Es kann nachgewiesen werden,dass von dem Anschluss des Inhabers aus der bedrohendeAnruf ausging, aber nicht, ob der Anschlussinhaber auchtatsächlich derjenige war, der die Drohung geäußert hat.Es handelt sich demnach um Indizien, die in Verbindungmit anderen Beweismitteln aber Beweiskraft entfaltenkönnen.

Bei diesen indirekten Erfolgen sind verschiedene Wir-kungen zu unterscheiden. Zum einen kann die Verkehrs-datenabfrage zur Identifizierung des Täters bzw. des Ver-dächtigen beitragen. Dass ist z. B. der Fall, wenn dasOpfer von einem bestimmten Anschluss angerufen und(z. B.) bedroht wurde und der Anschlussinhaber mit Hilfeder Datenabfrage identifiziert werden kann. Ein weitererErfolg ist die Identifizierung weiterer Anschlüsse des Be-schuldigten, die dann ebenfalls einer Verkehrsdatenab-frage oder Telekommunikationsüberwachung unterzogenwerden können. Auf diese Weise können die Ermittlun-

462 Büchler, S. 33; Schroller, in: BKA, Symposium: Der polizeiliche Er-folg, S. 28.

463 Schroller, in: BKA, Symposium: Der polizeiliche Erfolg, S. 28.464 Brockhaus, Bd. 6 S. 113.465 Büchler, S. 33.466 Büchler, S. 33; Brockhaus, Bd. 6 S. 114.467 Schroller, in: BKA, Symposium: Der polizeiliche Erfolg, S. 29.

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Drucksache 16/8434 – 208 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

gen vorangetrieben werden. Des Weiteren ist es möglich,den Standort des überwachten Handys zur Tatzeit zu be-stimmen. Wiederum sind zwar keine Aussagen darübermöglich, ob wirklich der Beschuldigte am Tatort war,aber zusammen mit anderen Beweismitteln wie einerZeugenaussage oder eines dadurch erwirkten Geständnis-ses entfaltet die Datenabfrage eine Beweiswirkung. Zu-dem kann die Tatzeit bestimmt bzw. eingegrenzt werden,indem Datum und Uhrzeit einer Verbindung zu einem be-stimmten Anschluss abgefragt werden. Wenn ein Mobil-telefon benutzt wird, kann nachträglich und auch für dieZukunft ein Bewegungsbild erstellt werden. Man kannfeststellen, wann sich eine Rufnummer in welche Funk-zelle eingewählt hat. Ebenso ist es möglich, einen Be-schuldigten durch die Verkehrsdatenabfrage zu entlasten.Behauptet etwa ein vermeintliches Stalking-Opfer, dasses von einem bestimmten Anschlussinhaber angerufenwurde, lässt sich dies anhand der Daten feststellen oderentkräften. Auf dem gleichen Wege lässt sich auch dieGlaubhaftigkeit einer Aussage bestätigen oder widerle-gen, auch was eventuelle Standortangaben betrifft. Unter-stützen lässt sich mit der Maßnahme zudem eine Erweite-rung des Tatvorwurfs, wenn sich im Zusammenhang mitandren Beweismitteln Hinweise auf weitere Straftaten er-geben. Kommunikationspartner des Beschuldigten kön-nen nachgewiesen werden, indem die abgehenden undeingehenden Anrufe von und zur Rufnummer des Be-schuldigten abgefragt werden. Daraus können sich auch– wiederum mittelbar mit anderen Hinweisen – die Tatbe-teiligung der Kommunikationspartner und Hinweise aufeventuelle weitere Straftaten ergeben. Die Verkehrsdaten-abfrage kann zur Feststellung von Rufnummern, IMEI-Nummern und IP-Adressen für eine Folge-Maßnahmenach §§ 100g, 100h StPO führen, wodurch die Ermittlun-gen weiter vorangetrieben werden können. In die gleicheRichtung geht die Feststellung, ob andere Ermittlungs-maßnahmen, z. B. die Telefonüberwachung, erfolgver-sprechend sein könnten. Zudem kann die Verkehrsdaten-abfrage allgemein zur Sicherung von Beweisen dienenund zusammen mit anderen Beweismitteln zur Aufklä-rung beitragen.

Von den Erfolgen, die mit der Verkehrsdatenabfrage imErmittlungsverfahren erreicht werden können, sind dieje-nigen zu unterscheiden, die außerhalb des Ermittlungs-verfahrens eingetreten sind. So kann die Effizienz darangemessen werden, ob Anklage erhoben und der Ange-klagte auch verurteilt wurde und ob dies im Zusammen-hang mit dem Erfolg der Verkehrsdatenabfrage steht.Weiter ist unter dem Gesichtspunkt der Effizienz zu über-prüfen, ob die Abfrage der Verkehrsdaten als Beweismit-tel in der Anklage bedeutsam war, welche Rolle die Ver-kehrsdaten in der Hauptverhandlung gespielt haben undwelcher Stellenwert ihnen bei der Beweiswürdigung imRahmen des Urteils zukam.

Bei den Interviews und der schriftlichen Befragung wur-den die Befragten allgemeiner dazu befragt, welche Zielemit der Verkehrsdatenabfrage verfolgt werden und wel-che Erfolge ihrer Erfahrung nach eintreten bzw. eingetre-

ten sind. Zudem wurden Fragen nach der Bedeutung derDaten für den weiteren Verfahrensverlauf gestellt.

Die Beurteilung der Effizienz beruht also auf der Kombi-nation verschiedener Methoden und aus dem Zusammen-spiel verschiedener Indikatoren. Die Beurteilung des Bei-trags der Verkehrsdaten für den Ermittlungserfolg setztauf verschiedene Perspektiven. Zum einen handelt es sichqualitative Perspektiven, die aus den Einschätzungen(oder Ratings) der Bearbeiter der Aktenauswertung, dieden konkreten Verfahrensverlauf in den Ermittlungs- undStrafakten im Blick haben, und den allgemeinen Beurtei-lungen von Schlüsselpersonen aus dem Strafverfolgungs-bereich und der Strafverteidigung gebildet werden. Diesesind ergänzt um Indikatoren, die aus den Strafakten ent-nommen werden können und mit bestimmten Erledi-gungsformen (Einstellungen gemäß § 170 II 2 StPO),Vermerken zum Erfolg in den Akten bzw. entsprechendeNennungen in Anklage und Urteilsgründen verbundensind.

II. Ziele der Verkehrsdatenabfrage

Zunächst wurden die Ziele, die mit der Verkehrsdatenab-frage verfolgt werden, durch die verschiedenen Moduleerfasst.

1. Schriftliche Befragung

Die Ziele, die nach Angaben der Befragten mit der Ver-kehrsdatenabfrage verfolgt werden, sind in Tabelle 26aufgeführt.

Als kriminalistische Ziele bei einer Verkehrsdatenabfragewerden häufig die Identifizierung des Beschuldigten, dieFeststellung von Kommunikationspartnern des Beschul-digten und von weiteren Tatbeteiligten sowie weiterenAnschlüssen des Beschuldigten und die Erlangung vonBeweismitteln genannt. Gelegentlich auftretende Zieleseien die Bestimmung des Standorts des Beschuldigtenzur Tatzeit, die Ermittlung des aktuellen Aufenthaltsortsdes Beschuldigten sowie die Überprüfung, ob eventuelleine Telekommunikationsüberwachung erfolgverspre-chend sein könnte. Selten spiele die Bestimmung der Tat-zeit, die Feststellung, ob eine andere Ermittlungsmethode(abgesehen von der Telekommunikationsüberwachung)in Betracht kommt, sowie die Bekämpfung von Daten-netzkriminalität eine Rolle.

Diese Frage wurde je nach Zugehörigkeit des Befragtenzu verschiedenen Dezernaten unterschiedlich beantwor-tet. Nicht vom Dezernat abhängig waren die Bestimmungdes Standortes des Beschuldigten zur Tatzeit sowie dieBestimmung der Tatzeit. Ebenso waren die Einschätzung,welche Rolle die Erlangung von Beweismitteln spiele so-wie die Klärung der Frage, ob eine andere Ermittlungs-maßnahme abgesehen von einer Telekommunikations-überwachung in Betracht kommt, nicht vom Dezernatabhängig.

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 209 – Drucksache 16/8434

Ta b e l l e 26

Kriminalistische Ziele der Auskunftserteilung (Angaben in Prozent)

Nie selten gelegentl. häufig I immer k.A.

Identifizierung des Beschuldigten 1,3 5,8 14,0 52,7 13,5 12,7

Feststellung von Kommunikations-partnern des Beschuldigten 2,5 6,3 21,2 47,0 7,1 15,9

Feststellung weiterer Tatbeteiligter 2,2 7,8 25,2 43,2 4,1 17,5

Feststellung von (weiteren) Anschlüssen des Beschuldigten 5,4 15,9 23,9 31,4 2,7 20,7

Erlangung von Beweismitteln 5,0 15,0 20,7 30,4 9,7 19,1

Bestimmung des Standorts des Besch. zur Tatzeit 3,5 18,3 31,0 26,1 2,5 18,4

Ermittlung des aktuellen Standorts des Beschuldigten 8,1 26,9 29,4 13,7 0,8 21,1

Feststellung, ob TKÜ erfolgver-sprechend sein könnte 12,5 25,5 25,5 12,6 1,0 22,9

Bestimmung der Tatzeit 12,1 31,6 19,8 11,6 1,8 23,1

Feststellung, ob andere Ermittlungs-maßnahme als TKÜ in Betracht kommt 14,6 29,6 23,0 6,9 0,9 24,9

Bekämpfung der Datennetz-kriminalität 13,2 19,2 16,9 15,3 1,9 33,4

2. AktenanalyseBei der Auswertung der Akten wurden die Ziele, die mitder Anordnung der Maßnahmen nach §§ 100g, 100hStPO verfolgt wurden und den Akten zu entnehmen wa-ren, aufgenommen. In welchem Umfang mit den Be-schlüssen welche Ziele verfolgt wurden, kann Abbildung110 entnommen werden.

Das häufigste Ziel der Verkehrsdatenabfragen war dieIdentifizierung des noch unbekannten Täters (40 Pro-zent der Beschlüsse). Die Ermittlung weiterer Tatbetei-

ligter bzw. ihrer Anschlüsse war in 30 Prozent derBeschlüsse Ziel der Maßnahmen. Ein häufig dokumen-tiertes Ziel war auch die Sicherung von Beweisen(26 Prozent). Die Feststellung der Glaubwürdigkeit desBeschuldigten oder eines Zeugen wurde eher selten ver-folgt (1 Prozent). Sonstige Ziele (5 Prozent) waren u. a.die Ermittlung von Liefer- und Absatzwegen, die Er-mittlung des Tatorts, die Aufhellung der Bandenstruktur,die Feststellung der Aufenthaltsorte der Mittäter, dasAuffinden von geraubten Mobiltelefonen und die Er-mittlung eines Zeugen.

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Drucksache 16/8434 – 210 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

A b b i l d u n g 110

Ziele, die mit der Verkehrsdatenabfrage verfolgt werden

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Ziele der Verkehrsdatenabfrage

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3. ExperteninterviewsHinsichtlich der dezernatsspezifischen Ziele wurden diebefragten Staatsanwälte um Stellungnahme gebeten.Ziele, die mit der Verkehrsdatenabfrage im Bereich orga-nisierte Kriminalität und Betäubungsmittel verfolgt wer-den, seien nach Angabe der befragten Staatsanwälte dieIdentifizierung der Täter, die Feststellung von Täterstruk-turen, der allgemeine Nachweis von Verbindungen zwi-schen bestimmten Personen sowie der teilweise Tatnach-weis durch Standortfeststellung. Die Ermittlung weitererBandenmitglieder sei ein weiteres Ziel. Gerade bei Betäu-bungsmittelstraftaten diene die Verkehrsdatenabfrage derFeststellung von Händlern, Zwischenhändlern, Abneh-mern und Handelswegen. Aufenthaltsorte von Personen(z. B. bei Beschaffungsfahrten) sollten ermittelt werdensowie die Häufigkeiten der Fahrten. Kommunikations-partner, Kontakte und Tatabläufe werden gleichfalls alsErmittlungsziele genannt.Im Bereich der Computerkriminalität werde versucht, dieTäteridentifizierung sowie den Tatnachweis mit der Ab-frage der Daten zu erreichen. Bei Taten der Wirtschafts-kriminalität dienten die Daten dazu, Beziehungsgeflechtefestzustellen und der Klärung, wer zur Tatzeit telefonierthabe. Im allgemeinen Dezernat sei ein Hauptziel, das mitVerkehrsdaten verfolgt werde, die Identifizierung vonPersonen, die an Straftaten beteiligt seien.

III. Erfolge der Verkehrsdatenabfrage für die Ermittlungen

1. Schriftliche Befragung

Die befragten Staatsanwälte wurden um eine allgemeineEinschätzung der Erfolgsaussichten der einzelnen An-wendungsbereiche der Verkehrsdatenabfrage gebeten.

Insgesamt wurden die Erfolgsaussichten der Verkehrsda-tenabfrage eher hoch bewertet (Abbildung 111). Am er-folgreichsten wird von den Befragten die Abfrage vor-handener Verkehrsdaten eingeschätzt. Die kombinierteAbfrage vorhandener und zukünftiger Verkehrsdatenwurde diesbezüglich am zweithäufigsten genannt. Darauffolgen die alleinige Anordnung der Zielwahlsuche sowiedie Kombination der drei Anwendungsbereiche. Etwasweniger erfolgreich wurde die Anwendung der Zielwahl-suche zusammen mit der Abfrage zukünftiger Verkehrs-daten sowie die alleinige Abfrage zukünftiger Daten ein-geschätzt. Die geringste Erfolgsaussicht wird bei derKombination der Zielwahlsuche zusammen mit der Ab-frage zukünftiger Verkehrsdaten angenommen, wobeiauch hier die Erfolgsausichten noch zum größten Teil alseher hoch bis hoch betrachtet werden.

Die Einschätzung der praktischen Bedeutung ergab einbreites Spektrum von gering (12 Prozent) über eher ge-

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 211 – Drucksache 16/8434

A b b i l d u n g 111

Erfolgsaussichten

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ring (31 Prozent) und eher hoch (38 Prozent) bis zu hoch(19 Prozent). Diese Einschätzung hängt signifikant vomDezernat ab, in dem die Befragten arbeiten. Eine (eher)hohe Bedeutung wurde der Maßnahme in den DezernatenInternetkriminalität, organisierte Kriminalität, Kapital-und Sexualdelikte zugewiesen. Eine leicht überdurch-schnittliche Bedeutung wurde auch noch seitens der De-zernenten der Betäubungsmittelabteilungen gesehen. Alleanderen Dezernate lagen unter dem Durchschnitt, wobeidie geringste Bedeutung im Rahmen von Verkehrsdelik-ten gesehen wurde. Auf die Frage, welche Auswirkungenes hätte, wenn die Regelungen der §§ 100g, 100h StPOEnde des Jahres 2007 nicht verlängert werden würden,gaben 63 Prozent der Befragten an, dass die Maßnahmenunverzichtbar seien. 51 Prozent sind der Ansicht, dass dieVerkehrsdatenabfrage nicht ersetzbar sei durch andere Er-mittlungsmaßnahmen. 4 Prozent meinten, das wäre keinVerlust und 3 Prozent der Befragten waren der Meinung,dass die Auskunftserteilung durch häufigere Anwendunganderer Ermittlungsmaßnahmen, insbesondere die Tele-kommunikationsüberwachung, ersetzt werden könne.Weitere Antworten waren, dass Taten bei Wegfall derVorschriften teilweise nicht aufklärbar und Täter nicht er-mittelbar seien. Eine erfolgversprechende Strafverfol-gung sei in vielen Bereichen ohne die Auskunft über Ver-kehrsdaten nicht möglich.

2. Aktenanalysea) VorbemerkungAnhand der Akten wurden über Vermerke zum Erfolgvon Maßnahmen und über Ratings der Bearbeiter Fest-stellungen dazu getroffen, ob die Verkehrsdatenabfrageerfolgreich war und welche konkreten Erfolge mit ihr ver-

bunden werden. Dabei sind anschlussbezogene, be-schlussbezogene, beschuldigtenbezogene und verfahrens-bezogene Erfolge zu unterscheiden. Je nachdem, welcheInformationen den Akten zu entnehmen waren, wurdealso für jede einzelne Anschlussnummer der Erfolg auf-genommen, für jeden einzelnen Beschluss, für jeden Be-schuldigten und für jedes Verfahren.

b) Anschlussbezogene Erfolge

Abbildung 112 kann entnommen werden, in welchemUmfang die Verkehrsdatenabfrage in den Akten als er-folgreich bezeichnet bzw. vom jeweiligen Bearbeiter alserfolgreich eingeschätzt wurde. Bezogen auf die An-schlüsse wurde in 11 Prozent der Fälle die Verkehrsdaten-abfrage in der Akte als erfolgreich bezeichnet und inweiteren 6 Prozent vom Bearbeiter als erfolgreich einge-schätzt. In 16 Prozent der Fälle schätzte der Bearbeiterdie Maßnahme als „bedingt erfolgreich“ ein. Als nicht er-folgreich beurteilt wurde die Abfrage der Daten nach denAngaben in den Akten zu 34 Prozent. Bei weiteren33 Prozent der Fälle schätzten die jeweiligen Bearbeiterdie Verkehrsdatenabfrage als nicht erfolgreich ein. Damitkann die Abfrage von Verkehrsdaten bezogen auf ein-zelne Anschlüsse zu einem Drittel als (bedingt) erfolg-reich und zu zwei Drittel als erfolglos betrachtet werden.Dazu ist anzumerken, dass trotzdem der Großteil der Be-schlüsse und damit der Maßnahmen erfolgreich seinkann. Wenn beispielsweise zehn Anschlüsse durch einenBeschluss überwacht wurden und die Abfrage der Datenbzgl. eines Anschlusses davon erfolgreich war, hat dieMaßnahme insgesamt zum Erfolg geführt. Die Abfrageder Daten zu den neun anderen Anschlüssen dagegenmuss als nicht erfolgreich bewertet werden.

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Drucksache 16/8434 – 212 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

A b b i l d u n g 112

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Bezogen auf die Art des Anschlusses ergaben sich dabeisignifikante Unterschiede. Die geringsten Erfolge konn-ten bei betrieblichen Festnetzanschlüssen erzielt werden.Dabei fällt auf, dass bezüglich des Erfolges bei den be-trieblichen Festnetzanschlüssen besonders häufig Ver-merke in den Akten zu finden waren. Dies mag damitzusammenhängen, dass die Eingriffsintensität bei demAnschluss eines Betriebes aufgrund der Vielzahl der Be-troffenen besonders hoch ist und deshalb auf den Erfolgoder Misserfolg besonders eingegangen wurde. Die meis-ten Erfolge wurden bei der Abfrage von Daten aus Tele-fonzellen erzielt (50 Prozent Erfolge gegenüber durch-schnittlich ca. 17 Prozent).

c) Beschlussbezogene Erfolge

(1) Allgemeine Erfolgseinschätzung

Bei 43 Prozent der Beschlüsse konnte aus den Akten eineErfolgseinschätzung entnommen werden. Von diesen Fäl-len wurde bei 18 Prozent der Beschlüsse die Verkehrsda-tenabfrage in den Akten als erfolgreich eingeschätzt.17 Prozent der Beschlüsse wurden in den Akten als be-dingt erfolgreich und 65 Prozent als nicht erfolgreich be-zeichnet.

Wenn es möglich war, notierten die Bearbeiter ihre eige-nen Einschätzungen. Bei 54 Prozent der Beschlüsse wardies der Fall. Nach diesen Einschätzungen entsteht einevergleichbare Verteilung. Bei 15 Prozent der Beschlüsse

wurde die Verkehrsdatenabfrage als erfolgreich, bei24 Prozent als bedingt erfolgreich und bei 61 Prozent alsnicht erfolgreich eingeschätzt.

In Abbildung 113 wird dargestellt, wie der Erfolg insge-samt, d. h. entweder direkt aus der Akte oder nach eigenerEinschätzung, beurteilt wurde. Bei 58 Prozent der Be-schlüsse lag mindestens eine der beiden Einschätzungenvor. Zusammengefasst (mit Priorität für Erfolgsangaben)wird die Verkehrsdatenabfrage bei 16 Prozent der Be-schlüsse in den Akten oder vom Bearbeiter als erfolg-reich, bei 23 Prozent als bedingt erfolgreich und bei61 Prozent als nicht erfolgreich beurteilt.

Unter der Einschränkung, dass nur bei 58 Prozent der Be-schlüsse Erfolgsangaben konkret einem Beschluss zuge-ordnet werden konnten, bleibt als Ergebnis festzuhalten,dass etwa zwei Drittel der Beschlüsse nicht als erfolg-reich bezeichnet werden können.

(2) Spezifische Erfolge der Beschlüsse

Mit der Verkehrsdatenabfrage können, wie bereits ausge-führt wurde, nie direkte Erfolge erzielt werden. Es lassensich keine unmittelbaren Tatnachweise erbringen, son-dern – zum Teil sehr aussagekräftige – Hinweise erlan-gen. Die bereits erläuterten spezifischen Erfolge wurdenu. a. beschlussbezogen aufgenommen. In den untersuch-ten Akten befanden sich insgesamt 1 257 Beschlüsse.Wie bereits ausgeführt wurde, konnte den Akten teilweise

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 213 – Drucksache 16/8434

A b b i l d u n g 113

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entnommen werden, welchen Beschlüssen, welche Er-folge zugeordnet werden. Bei 17 Prozent der Beschlüsse(bezogen auf alle Beschlüsse) war explizit mindestens einspezifischer Erfolg eingetragen. In Abbildung 114 ist dar-gestellt, wie häufig welche Erfolge mit den Beschlüssenerzielt werden konnten.

Die am häufigsten aktenkundigen oder vom Bearbeiterfestgestellten Erfolge in den Beschlüssen waren die Fest-stellung weiterer Tatbeteiligter (4 Prozent der Be-schlüsse), die Identifizierung des Beschuldigten (3,8 Pro-zent), die Feststellung von Kommunikationspartnern desBeschuldigten (3,4 Prozent) sowie die Sicherung von Be-weisen (2,7 Prozent).

Häufige Erfolge waren weiter die Erlangung von Hinwei-sen auf unbekannte Straftaten anderer (2,2 Prozent), dieFeststellung von Rufnummer oder IP-Adresse für eineFolge-Auskunftserteilung (2,2 Prozent) sowie die Be-stimmung des Standorts des Beschuldigten bzw. desMobiltelefons zur Tatzeit (1,9 Prozent). Etwas wenigerhäufig kamen die Feststellung, ob andere Ermittlungs-maßnahmen erfolgversprechend sind (1,7 Prozent), dieErlangung von Ermittlungsansätzen für weitere Katalog-straftaten (1,5 Prozent) sowie sonstige Erfolge (1,8 Pro-zent) vor. Ebenso wurde die belastende Wirkung der Ver-kehrsdaten in Verbindung mit anderen Beweismitteln(1,5 Prozent), die Feststellung weiterer Anschlüsse desBeschuldigten (1,4 Prozent), die Erweiterung des Tatvor-wurfs (1,3 Prozent) sowie die Erstellung eines Bewe-

gungsbildes (1 Prozent) in etwas geringerem Umfangfestgestellt. Die Beschlüsse führten nur selten zur Entlas-tung des Beschuldigten, zur Bestimmung der Tatzeit, zurErlangung weiterer Hinweise auf sonstige Straftaten so-wie zur Bestimmung des aktuellen Aufenthaltsortes desBeschuldigten.

Die Anzahl der Erfolge pro Beschluss (wenn solche ge-nannt wurden) ist sehr schief verteilt. Am häufigstenwurde ein einzelner spezifischer Erfolg erzielt (19 Pro-zent der Beschlüsse). Zwei Erfolge wurden in 5 Prozentder Fälle einem Beschluss zugeordnet. In jeweils 1 Pro-zent wurden drei, vier, sechs und sieben spezifischeErfolge mit dem Beschluss erzielt. Diese Verteilung ver-ändert sich nicht wesentlich, wenn die Verfahren gegenUnbekannt ausgeschlossen werden. Allerdings konntenbei den Verfahren gegen bekannte Beschuldigte etwashäufiger den Beschlüssen mindestens ein spezifischer Er-folg zugeordnet werden (20 Prozent der Beschlüsse ge-genüber 17 Prozent bei allen Verfahren).

(3) Erreichte Erfolge im Vergleich zu den Zielen

Mit den Beschlüssen wurden meist konkrete Ziele ver-folgt. In welchem Umfang welche Ziele erreicht wur-den und in welchem Umfang andere Erfolge eingetre-ten sind, ergibt sich aus Abbildung 115. Das häufigsteZiel, welches aus den Akten ersichtlich war, war dieIdentifizierung des noch unbekannten Täters (508 Be-

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Drucksache 16/8434 – 214 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

A b b i l d u n g 114

Spezifische Erfolge der Beschlüsse

A b b i l d u n g 115

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 215 – Drucksache 16/8434

schlüsse). Erreicht wurde dieses Ziel explizit allerdingsnur in 8 Prozent der Beschlüsse. Häufiges Ziel war auchdie Feststellung weiterer Tatbeteiligter (379 Be-schlüsse), was in 9 Prozent der Beschlüsse erfolgreichumgesetzt wurde. Die Sicherung von Beweisen wurdein 325 Beschlüssen verfolgt und in 3 Prozent der Be-schlüsse erreicht. Eher seltenes Ziel, aber häufig er-reichter Erfolg war die Bestimmung des Standorts desBeschuldigten zur Tatzeit. In 54 Beschlüssen sollte die-ses Ziel erreicht werden. Erfolgreich war es in 28 Pro-zent der Beschlüsse. Zu berücksichtigen ist in diesemZusammenhang, dass oftmals das allgemeine Ziel„Identifizierung des Täters“ angegeben worden seinkann, weil noch keinerlei andere Anhaltspunkte für Er-mittlungen vorlagen.

Bis zu sieben Ziele wurden mit den einzelnen Verkehrs-datenabfragen verfolgt. Am häufigsten war den Akten einZiel pro Beschluss zu entnehmen (55 Prozent). ZweiZiele wurden in 24 Prozent der Beschlüsse verfolgt unddrei Ziele in 8 Prozent der Beschlüsse. Seltener wurden

vier (4 Prozent), fünf (2 Prozent) und sieben (1 Prozent)Ziele gleichzeitig mit den Maßnahmen verfolgt.

d) Verfahrensbezogene Erfolge

(1) Allgemeine Erfolgseinschätzung

In Bezug auf das Verfahren wird die Verkehrsdatenab-frage in den Akten und von den jeweiligen Bearbeitern in19 Prozent als erfolgreich, in 21 Prozent als bedingt er-folgreich und in 60 Prozent als nicht erfolgreich einge-stuft (Abbildung 116).

Die Einschätzung der Bearbeiter ist positiver als die inden Akten dokumentierten Hinweise. In den Akten wur-den in 13 Prozent der Verfahren die Verkehrsdatenabfra-gen als erfolgreich und in 41 Prozent als nicht erfolgreichbezeichnet. Dagegen war nach Einschätzung der Bearbei-ter die Ermittlungsmaßnahme in 6 Prozent der Verfahrenerfolgreich, in 21 Prozent bedingt erfolgreich und in19 Prozent nicht erfolgreich.

A b b i l d u n g 116

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Drucksache 16/8434 – 216 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

(2) Spezifische Erfolge in den Verfahren

Die spezifischen Erfolge, die sich aus den Verkehrsdaten-abfragen für das jeweilige Verfahren ergeben haben, wer-den in Abbildung 117 dargestellt. Die Häufigkeit der kon-kreten Erfolge verteilt sich hier anders als bei denBeschlüssen. Der am häufigsten für das Verfahren festge-stellte konkrete Erfolg ist die Identifizierung des Beschul-digten (10,1 Prozent der Verfahren). Ebenfalls häufig sinddie Feststellung weiterer Tatbeteiligter (6,6 Prozent), dieFeststellung von Kommunikationspartnern des Beschul-digten (6 Prozent) sowie die Sicherung von Beweisen(5,6 Prozent). Die belastende Wirkung der Verkehrsdatenmit anderen Beweismitteln (4,3 Prozent), die Feststellungvon Rufnummern o. ä. für Folgeauskunftserteilungen(4,5 Prozent) sowie sonstige Erfolge (5,1 Prozent) sindetwas weniger häufig festgestellt worden. Ebenso in ge-ringerem Maße konnten Erfolge wie die Feststellung wei-terer Anschlüsse des Beschuldigten (3,6 Prozent), dieErlangung von Hinweisen auf unbekannte Straftaten an-derer (3 Prozent), die Bestimmung des Standorts des Be-schuldigten zur Tatzeit (2,8 Prozent) sowie die Entlastung

des Beschuldigten (2,6 Prozent) und die Erstellung einesBewegungsbildes (2,4 Prozent) mit der Verkehrsdatenab-frage erzielt werden. Die Feststellung, ob andere Ermitt-lungsmaßnahmen erfolgversprechend sein könnten, dieErweiterung des Tatvorwurfs, die Erlangung weitererHinweise auf Katalogstraftaten sowie die Bestimmungder Tatzeit konnte nur in geringem Umfang bewirkt wer-den. Die am seltensten erzielten Erfolge sind die Bestim-mung des aktuellen Aufenthaltsorts des Beschuldigtenund die Erlangung weiterer Hinweise auf sonstige Strafta-ten.

Bei zwei Drittel der Verfahren konnte kein spezifischerErfolg der Verkehrsdatenabfrage festgestellt werden. An-sonsten variierte die Anzahl der genannten Erfolge proVerfahren von einem bis zu 51. Dabei wurde am häufigs-ten ein Erfolg genannt (18 Prozent der Verfahren) und amzweithäufigsten zwei Erfolge pro Verfahren (7 Prozent).Zu jeweils 2 Prozent wurden drei und vier Erfolge in denVerfahren durch die Verkehrsdatenabfrage genannt. Fünfund zehn Erfolge wurden in jeweils 1 Prozent der Fälleerzielt.

A b b i l d u n g 117

Spezifische Erfolge im Verfahren

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 217 – Drucksache 16/8434

e) Beschuldigtenbezogene Erfolge

Bei 181 von 467 Verfahren (39 Prozent) konnte kein Tä-ter identifiziert werden. In den restlichen 286 Verfahrengab es 697 Beschuldigte. Wie bereits ausgeführt konntendie Erfolge teilweise konkret auf die jeweiligen Beschul-digten bezogen werden. 367 Beschuldigten konnte keinbeschuldigtenspezifischer Erfolg zugeordnet werden.Eine allgemein auf den Beschuldigten bezogene Ein-schätzung der Erfolge durch die Verkehrsdatenabfrage(aus der Akte oder durch den Bearbeiter) konnte bei328 Beschuldigten abgegeben werden.

(1) Allgemeine Erfolgseinschätzung

Bei 35 Prozent der Beschuldigten konnte den Akten eineErfolgseinschätzung entnommen werden. Bei 33 Prozentdieser Fälle wurde die Verkehrsdatenabfrage als erfolg-reich eingeschätzt, bei 20 Prozent als bedingt erfolgreichund bei 47 Prozent als nicht erfolgreich. Zudem gaben die

Bearbeiter ihre eigene Einschätzung ab. Bei 42 Prozentder Beschuldigten war eine solche Beurteilung möglich.Nach der Einschätzung der Bearbeiter war die Abfrageder Daten bei 26 Prozent der Beschuldigten erfolgreich,bei 31 Prozent bedingt erfolgreich und bei 43 Prozentnicht erfolgreich. In Abbildung 118 wird dargestellt, wieder Erfolg insgesamt, d. h. entweder aus der Akte odernach eigener Einschätzung, beurteilt wird.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass bei 369 Beschuldigten– das sind 53 Prozent der Beschuldigten – keine Erfolge-inschätzung abgegeben wurde. In diesen Fällen konnteder Erfolg nicht beschuldigtenbezogen beurteilt werden.Zusammengefasst wurde in den Akten und nach der Ein-schätzung der Bearbeiter bei 43,9 Prozent der Beschul-digten, bei denen eine Erfolgseinschätzung erfolgte, dieAbfrage der Verkehrsdaten als nicht erfolgreich angese-hen. Bei 27,7 Prozent der Beschuldigten wurde die Maß-nahme als bedingt erfolgreich und bei 28,4 Prozent als er-folgreich eingeschätzt.

A b b i l d u n g 118

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Drucksache 16/8434 – 218 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

(2) Spezifische Erfolge bezogen auf den Beschuldigten

Weiter konkretisiert werden konnten die Beurteilung desErfolges bei 143 Beschuldigten (21 Prozent der Beschul-digten) Wie häufig welcher Erfolg in Bezug auf die Be-schuldigten erzielt werden konnte, lässt sich Abbildung119 entnehmen.

Genau wie bei den verfahrensbezogenen spezifischen Er-folgen ist auch in Bezug auf die Beschuldigten die Identi-fizierung des Beschuldigten der am häufigsten erzieltekonkrete Erfolg (7 Prozent). Ebenfalls sehr häufig gelangdie Feststellung von Kommunikationspartnern des Be-schuldigten (5 Prozent), die Feststellung weiterer Tatbe-teiligter (4,9 Prozent) sowie die Sicherung von Beweisenmit den Verkehrsdaten (4,4 Prozent). Bei 3,6 Prozent derBeschuldigten waren die Verkehrsdaten zusammen mitanderen Beweismitteln belastend für den Beschuldigtenund bei 2,7 Prozent wurden weitere Anschlüsse des Be-schuldigten festgestellt. Weniger häufig war die Bestim-mung des Standorts des Beschuldigten zur Tatzeit(2,3 Prozent), die Erstellung eines Bewegungsbildes(2,2 Prozent), die Erlangung von Hinweisen auf unbe-kannte Straftaten anderer (2,2 Prozent), die Feststellungvon Rufnummern für eine Folge-Auskunftserteilung

(2 Prozent), die Erweiterung des Tatvorwurfs (1,7 Pro-zent), die Entlastung des Beschuldigten (1,7 Prozent) so-wie die Feststellung, ob andere Ermittlungsmaßnahmenerfolgversprechend sein könnten (1,3 Prozent). Bei untereinem Prozent der Beschuldigten konnten weitere Hin-weise auf Straftaten erlangt werden, konnte die Tatzeit so-wie der aktuelle Aufenthaltsort des Beschuldigten festge-stellt werden.

Wie bereits erwähnt konnten 143 Beschuldigten wenigs-tens ein spezifischer Erfolg zugeordnet werden. Dabei va-riierte die Anzahl der zuzuordnenden Erfolge von einem(77-mal, 54 Prozent) bis zu 51 (1-mal, 1 Prozent). Bei22 Prozent dieser Beschuldigten wurden zwei Erfolge er-zielt, bei 6 Prozent vier Erfolge, bei jeweils 4 Prozentdrei, fünf und acht Erfolge, bei 2 Prozent sechs Erfolgeund bei 1 Prozent sieben, neun, 17, 25 und 32 Erfolge.

Wenn man die Erfolgseinschätzungen für Verfahren, Be-schuldigte und Beschluss gegenüberstellt, so fällt auf,dass die Verkehrsdatenabfrage auf den Beschuldigten be-zogen erfolgreicher ist (Abbildung 120). Allerdings istdabei zu berücksichtigen, dass bei 53 Prozent der Be-schuldigten keine Erfolgseinschätzung speziell für denBeschuldigten möglich war.

A b b i l d u n g 119

Spezifische Erfolge bezogen auf die Beschuldigten

0

1

2

3

4

5

6

7

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Spezifische Erfolge

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 219 – Drucksache 16/8434

A b b i l d u n g 120

Vergleich der Erfolgseinschätzungen

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70%

Beschluss

Beschuldigte

Verfahren

erfolgreich

bedingt erfolgreich

nicht erfolgreich

f) Differenzierung der Erfolge nach Delikten

Tabelle 27 zeigt, wie erfolgreich die Verkehrsdatenabfra-gen differenziert nach Katalogdelikten, die mit den Maß-nahmen aufgeklärt werden sollten, waren. In Bezug aufden Mittelwert bedeutet eins „erfolgreich“, zwei „bedingterfolgreich“ und drei „nicht erfolgreich“. Am erfolg-reichsten war die Abfrage der Verkehrsdaten nach den Er-gebnissen der Aktenauswertung bei den Straftaten gegendie persönliche Freiheit, bei Geld- und Wertpapierfäl-schungen sowie bei Erpressungen. Hier waren die

Beschlüsse erfolgreich bis bedingt erfolgreich. Die ge-ringsten Erfolge waren bei Ausländerstraftaten undTötungsdelikten zu verzeichnen. Die Ergebnisse zum Er-folg bei Friedensverrat, schwerer sexueller Missbrauchvon Kindern sowie Verstöße gegen das Waffengesetz sindwegen der geringen Anzahl von Fällen nicht aussagekräf-tig.

In Tabelle 28 werden die Erfolge der sonstigen Delikte,die nicht unter den Straftatenkatalog des § 100a Satz 1StPO fallen, dargestellt.

Ta b e l l e 27

Erfolge differenziert nach Katalogdelikten

erfolgreich (1)

bedingt erfolgreich

nicht erfolgreich

(3)insg. Mittel

Friedensverrat etc. 0 0 1 1 3,0

öff. Ordnung 2 0 3 5 2,2

Geld-/Wertp.Fälsch 2 1 1 4 1,8

schw.sex.Missbr.Kinder 0 0 1 1 3,0

Mord/Totschlag 12 22 79 113 2,6

ST.gg.pers.Freiheit 5 2 2 9 1,7

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Drucksache 16/8434 – 220 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

n o c h Tabelle 27

Erfolge differenziert nach Katalogdelikten

Ta b e l l e 28

Erfolge differenziert nach sonstigen Delikten

erfolgreich (1)

bedingt erfolgreich

nicht erfolgreich

(3)insg. Mittel

(schw)Band.Diebst. 10 7 31 48 2,4

Raub/räub.Erpr. 25 47 84 156 2,4

Erpressung 4 2 3 9 1,9

gew.Hehl./BandHehl. 0 10 1 11 2,1

Geldwäsche etc 0 9 3 12 2,3

gemein gef StrfT 1 0 4 5 2,6

WaffG/AußenwG/KrKG 0 0 2 2 3,0

BtMG 21 21 77 119 2,5

AuslG/AufG/AsylVfG 6 4 34 44 2,6

Insg. 77 110 288 475 2,44

erfolgreich (1)

bedingt erfolgreich

nicht erfolgreich

(3) insg. Mittel

einfacher Diebstahl 3 3 11 17 2,47

sonstiges 5 8 12 25 2,28

ST.gg.sex.Selbstbest 4 0 7 11 2,27

ST.gg.pers.Freih. 5 4 14 23 2,39

schw. Diebst. 8 23 58 89 2,56

Hehlerei 0 0 1 1 3,00

gemeingef.ST 0 1 1 2 2,50

BtMG (nicht § 100a) 0 1 2 3 2,67

AuslR (nicht § 100a) 0 0 3 3 3,00

Betrug 8 8 53 69 2,65

KörpVerlDel 0 1 6 7 2,86

Androh.ST 3 3 7 13 2,31

Beleidigung 7 5 11 23 2,17

SpezCompKrim 0 1 0 1 2,00

Mißbr.Notruf 3 0 0 3 1,00

Insg. 43 56 173 272 2,48

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 221 – Drucksache 16/8434

Am erfolgreichsten war die Verkehrsdatenabfrage bei derAufklärung von Beleidigungsdelikten. Bei diesen handelt essich um mittels Endeinrichtung begangene Straftaten, dieteilweise nur mit der Abfrage der Verkehrsdaten aufgeklärtwerden können. Relativ erfolglos blieb die Abfrage der Da-ten bei Körperverletzungsdelikten und bei Betrugsstraftaten.

g) Erfolge differenziert nach der Art der Verkehrsdatenabfrage

In Bezug auf die Art der Verkehrsdatenabfrage gestaltetsich die Erfolgsquote wie in Abbildung 121 und Tabelle 29dargestellt.

A b b i l d u n g 121

Erfolge differenziert nach der Art der Abfrage

Ta b e l l e 29

Erfolge der einzelnen Abfragearten

Erfolgreich (1)

bedingt erfolgreich

nicht erfolgreich

(3) insg. Mittel

vorhandene VD 110 151 418 679 2,45

zukünftige VD 46 53 166 265 2,45

Zielwahlsuche 75 91 258 424 2,43

Funkzellenabfrage 9 11 44 64 2,55

Standortabfrage 26 32 76 134 2,37

sonstiges 5 9 7 21 2,10

insg. 116 165 446 727 2,45

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

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Stand

orta

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Art der Verkehrsdatenabfrage

An

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erfolgreich bedingt erfolgreich nicht erfolgreich

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Drucksache 16/8434 – 222 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Am erfolgreichsten mag noch die Standortabfrage sein,während die Funkzellenabfrage die geringsten Erfolgeaufweist. Es sind aber keine signifikanten Unterschiedefestzustellen.

3. Experteninterviews

a) Polizeibeamte

(1) Ermittlungserfolge

Von den befragten Polizeibeamten wurden mehrere Er-mittlungserfolge, die sich mit der Verkehrsdatenabfrageerzielen lassen, genannt. Zum einen könne man Struktu-ren ermitteln, Kontakte nachweisen und Tatbeteiligungenfeststellen. Es sei wichtig herauszufinden, in welchemUmfeld sich die Täter bewegen, Gruppen festzustellenund Verbindungen zu erkennen oder zu bestimmen, wernur „zufällig“ in die Ermittlungen hineingeraten sei. Eslasse sich dann das Ausmaß von Treffen und Kontaktenfeststellen. Die Maßnahme sei zur Täteridentifizierungund zur Aufklärung der Straftat bedeutsam. Der identifi-zierte Anschlussinhaber müsse aber nicht immer der Tä-ter sein.

Zudem sei die Anwesenheit zu einem bestimmten Zeit-punkt an einem bestimmten Ort zu bestimmen. Es könnenachgewiesen werden, dass sich ein bestimmtes Mobilte-lefon am Tatort oder in Tatortnähe befunden habe. DieVerkehrsdatenabfrage sei ein wichtiges Ermittlungsinst-rument zur Standortbestimmung. Ein anderer Befragtergibt an, dass es sich dabei aber nur um Indizien handleund nicht um Beweise. Man könne nur den Aufenthaltsorteines Mobiltelefons, nicht den einer Person bestimmen.Zur Vorbereitung von Telekommunikationsüberwa-chungsmaßnahmen könne man Anschlüsse des Beschul-digten feststellen, um gezielt die Überwachung zu begin-nen. §§ 100g, 100h-Maßnahmen würden insoweit häufigmit §§ 100a, 100b-Maßnahmen kombiniert.

Es gehe darum, aus einem Anfangsverdacht einen kon-kreten Verdacht zu machen. Das Erhärten und Verifizie-ren eines Tatverdachts sei möglich. Verkehrsdaten bötendanach einen Ermittlungsansatz, um einen vorhandenenVerdacht zu verdichten. Bereits vorhandene Erkenntnissekönnten damit untermauert werden. Zudem könne dieVerkehrsdatenabfrage überhaupt erst zur Gewinnung ei-nes Anfangsverdachts gegen eine konkrete Person führen.Die Daten könnten zu vielfältigen Zwecken ausgewertetwerden. Es gebe Anhaltspunkte für weitere Ermittlungenin dem Sinne, ob es sich lohne, in eine Richtung weiter-zuermitteln. Die Ermittlungen würden dadurch in dierichtige Richtung gelenkt. Funkzellenabfragen seien ge-rade bei Raubfällen und Tötungsdelikten sinnvoll. Beimehreren Tätern werde oft vor, während und nach der Tattelefoniert. Die Daten würden dem Beschuldigten zudemin der Vernehmung vorgehalten, um den Druck zu einemGeständnis zu verstärken.

(2) Dezernatsspezifische Bedeutung

Die Frage, welche Bedeutung die Maßnahme nach§§ 100g, 100h StPO speziell in ihrem Dezernat ein-

nehme, beantworteten die Befragten unterschiedlich. DiePolizeibeamten aus Betäubungsmittel- und organisierteKriminalität-Abteilungen gaben zumeist an, dass die Ver-kehrsdatenabfrage eine hohe Bedeutung in ihrem Dezer-nat einnehme. Oft sei die Maßnahme das einzige Mittel,um den Beschuldigten zu ermitteln, und diene ferner zurVorbereitung anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen(wie Telefonüberwachung, Observation). Von zwei derBefragten aus diesen Bereichen wurde die Maßnahme alsunverzichtbar bezeichnet. Ein Befragter aus dem Betäu-bungsmittelbereich gab an, dass die Bedeutung fallbezo-gen sei. Es sei ein Mittel, das regelmäßig benutzt werde,trete aber hinter den §§ 100a, 163f StPO weit zurück.Auch ein Befragter aus dem organisierte Kriminalität-Be-reich bezeichnet §§ 100a, 100b als wesentlich wichtiger,aber die Verkehrsdaten würden häufig einen Ermittlungs-ansatz liefern, der zur Bestärkung eines Verdachts führe.Bei den Befragten aus den Abteilungen mit Raubdelikten,Bandenkriminalität, Erpressung und Entführung wurdevon alle Befragten eine hohe Bedeutung der Verkehrsda-tenabfrage angegeben. Die Täter würden bei Überfällenauf Geschäfte/Banken/Geldtransporter häufig ein Mobil-telefon für Absprachen während der Tat nutzen. Geradebei unbekannten Tätern, die Raubdelikte begangen hät-ten, könnte anhand der Funkzellenabfrage festgestelltwerden, wer zur Tatzeit am Tatort gewesen sei. Die Maß-nahme nehme daher einen sehr hohen Stellenwert ein.Auch ein Befragter aus der Abteilung Todesermittlungenund Sexualdelikte verweist auf die große Bedeutung. EinBefragter aus der Abteilung Finanzermittlungen/Geldwä-sche räumt der Verkehrsdatenabfrage dagegen nur eineuntergeordnete Rolle ein. Die Maßnahme habe in diesemFeld keine besondere Bedeutung. Bei Wirtschaftskrimi-nalität sei die Durchführung eher die Ausnahme, obwohldie Voraussetzungen oft gegeben seien. Die meisten Be-fragten aus der Telekommunikationsüberwachungsüber-wachungs- bzw. Computerabteilung sind demgegenüberder Meinung, dass die Maßnahme eine erhebliche Bedeu-tung habe. Oft kennzeichne sie den entscheidenden Punktin den Ermittlungen. Ein weiterer Befragter aus einerTelekommunikationsüberwachungsabteilung gibt an, dassdie §§ 100gh-Maßnahmen von der Masse her stark ausge-prägt seien, von der Wertigkeit würden sie hinter § 100aStPO freilich nur den zweiten Rang einnehmen.

b) Staatsanwälte(1) ErmittlungserfolgeErmittlungserfolge der Verkehrsdatenabfrage betreffenaus der Sicht der Staatsanwälte vor allem die Identifizie-rung der Beschuldigten bzw. des Täters sowie die Stand-ortfeststellung, mit der Tatortnachweise geführt werdenkönnten. Die Erstellung von Bewegungsbildern seimöglich. Anhand der Positionsdaten könnten Personenidentifiziert und Taten zugeordnet werden. So werde eine„Tatablaufermittlung“ möglich. Zudem könnten Verbin-dungen zu anderen Bandenmitgliedern nachgewiesenwerden. Es ließen sich Kontakte, Betäubungsmittel-Schienen, Netzverzweigungen und Beziehungsgeflechtefeststellen. Die Maßnahme liefere wertvolle Ermittlungs-ansätze für weitere Ermittlungen. Auch Vorhalte würden

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 223 – Drucksache 16/8434

möglich. Teilweise wurde vor allem die Zielwahlsucheals erfolgversprechend hervorgehoben.

Weiter wurde angegeben, dass die Frage des Erfolgs straf-tat- bzw. einzelfallabhängig sei und nicht zu pauschali-siert betrachtet werden dürfe. Manche Straftaten könntennur mit einer Funkzellenabfrage aufgeklärt werden. DerNormalfall sei, dass weitergehende Ermittlungsansätzedamit erlangt werden könnten (z. B. wenn die IP-Adresseermittelt werde, könne dann über diese weiterermitteltwerden). Früher habe es einen Überraschungseffekt gege-ben, meint ein Befragter. Deshalb sei die Maßnahme amAnfang sehr erfolgreich gewesen. Mittlerweile würdensich professionelle Täter aber darauf einstellen und ausdem Ausland heraus arbeiten. Ein Befragter meint, dassdie Erfolge ebenso wie bei der Telefonüberwachung im-mer mittelbar seien. Die Nummer werde festgestellt, dassage aber nichts über die Täterschaft aus. Ein weitererBefragter gibt an, dass die Abfrage nur ein Hilfsmittel sei.Die Verkehrsdaten lieferten Indizien für Beziehungen vonPersonen untereinander sowie dafür, dass Auslandsfahr-ten stattgefunden hätten. Aber wer sich dahinter als kon-kreter Täter verberge, könne damit nicht nachgewiesenwerden. Eine Überführung sei auch deshalb schwer, dabeim Kauf von Telefonkarten die Personalien nicht über-prüft werden würden.

(2) Dezernatsspezifische Bedeutung

Die dezernatsspezifische Bedeutung wird auch von denbefragten Staatsanwälten unterschiedlich beurteilt. Im or-ganisierte Kriminalität- und Betäubungsmittel-Bereichwird die Bedeutung teilweise als relativ hoch einge-schätzt. Sie gehöre zum Standardrepertoire. Man könneBezüge der Täter untereinander herstellen und wichtigeHinweise auf Strukturen der Täter erlangen. Diejenigen,die der Maßnahme im organisierte Kriminalität- und Be-täubungsmittel-Bereich eine geringe Bedeutung zuord-nen, überwiegen jedoch leicht. Die Maßnahme kommenur in Fällen zum Einsatz, in denen keine weiteren Er-mittlungsansätze vorlägen und der Täter noch unbekanntsei, und sei daher eher die Ausnahme. Die Maßnahme seivon eher untergeordneter Bedeutung bzw. die Bedeutungsei relativ gering. Ein Befragter führt aus, dass die Maß-nahme selten vorkomme, aber wenn sie durchgeführtwürde, könnten gute Erfolge damit erzielt werden. Im Be-reich der Computerkriminalität wird der Verkehrsdaten-abfrage eine besonders hohe Bedeutung zugewiesen. Siesei in diesem Bereich unverzichtbar. Die Daten könntenteilweise auch durch ein einfaches Auskunftsersuchen er-fragt werden, so dass nicht in allen Fällen ein Beschlussbeantragt werden müsse. Dennoch sei die Bedeutung we-sentlich. Die Bedeutung der Maßnahme nehme auch beiallgemeiner Kriminalität zu. Dort habe sie aber eine ge-ringere Bedeutung als eine Durchsuchung. Im Wirt-schaftskriminalitätsbereich ist die Maßnahme nach An-sicht der Befragten von eher untergeordneter Bedeutung.

c) Richter

Ermittlungserfolge, die mit der Verkehrsdatenabfrage zubewirken sind, sei u. a. die Feststellung, ob der Täter am

Tatort war. Die Standortfeststellung sei relativ erfolg-reich. Daneben sei die Informationssammlung von hoherBedeutung, auch was Standortdaten angehe. Die Datenwürden zur Überführung bzw. zur Identifizierung des Tä-ters beitragen. Es könnten aber auch entlastende Informa-tionen in Erfahrung gebracht werden. Vor allem bei Dro-genkriminalität könnten Lieferanten und Verkäufer häufigüber die Verkehrsdatenabfrage identifiziert werden. Eskönnten Kontakte geklärt werden, aber durch §§ 100g,100h StPO könnten keine Inhalte ermittelt werden. Au-ßerdem fände ein regelmäßiger Austausch der SIM-Kartestatt. Der Fall, dass mit einem gestohlenen Mobiltelefonweiter telefoniert und nicht die Karte ausgetauscht oderdas Telefon verkauft werde, sei selten. Ein Befragterschätzt die Funkzellenabfrage als eine „Suche nach derNadel im Heuhaufen“ ein.

d) Verteidiger

Ein Verteidiger berichtete von einer Verfahrenskonstella-tion, in der durch Verkehrsdaten ein Alibibeweis hätte ge-führt werden können. Ansonsten wurden keine Fälle ge-schildert, in denen eine Auskunftserteilung für denMandanten Erfolg versprechend gewesen wäre.

4. Zusammenfassung der Ergebnisse

Den Akten konnte entnommen werden, dass die Ver-kehrsdatenabfrage im Ermittlungsverfahren bedingt er-folgreich ist. Bezogen auf die Anschlüsse überwiegeneindeutig die Fälle, bei denen die Abfrage der Daten alsnicht erfolgreich eingeschätzt wurden, und auch die Be-schlüsse wurden zu zwei Dritteln als nicht erfolgreicheingestuft (in der Akte oder von den jeweiligen Bearbei-tern). In Bezug auf das Verfahren erscheint die Verkehrs-datenabfrage zu 19 Prozent als erfolgreich, zu 21 Prozentals bedingt erfolgreich und zu 60 Prozent als nicht erfolg-reich. Auf den Beschuldigten bezogen kann die Abfrageder Daten bei 27,7 Prozent als bedingt erfolgreich, bei28,4 Prozent als erfolgreich und bei 43,9 Prozent als nichterfolgreich eingestuft werden.

Spezifische Erfolge, die bei den Beschlüssen erreichtwerden konnten, waren vor allem die Feststellung weite-rer Tatbeteiligter sowie die Identifizierung des noch unbe-kannten Beschuldigten. Aber auch die Feststellung vonKommunikationspartnern und die Sicherung von Bewei-sen konnten mit der Abfrage der Daten häufig erreichtwerden. Pro Beschluss konnten bis zu 32 Erfolge erzieltwerden. Das sind jedoch Ausnahmefälle. Am häufigstenwurde ein einzelner spezifischer Erfolg erreicht. Wird dasmit den Beschlüssen verfolgte Ziel zum Ausgangspunktgenommen, dann fällt auf, dass dieses häufig nicht er-reicht, aber dafür andere Erfolge erzielt wurden. Das häu-figste in den Akten dokumentierte Ziel war die Identifi-zierung des noch unbekannten Täters. Die Identifizierungerfolgte jedoch nur in 8 Prozent der Fälle. Ein eher selte-nes Ziel, aber häufig erreichter Erfolg, war beispielsweisedie Bestimmung des Standortes des Beschuldigten bzw.des Mobiltelefons zur Tatzeit. Zu berücksichtigen ist hier-bei, dass – was sich auch aus den Expertengesprächen er-gibt – die Verkehrsdatenabfrage häufig der erste Ansatz-

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Drucksache 16/8434 – 224 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

punkt für Ermittlungen ist. Es ist deshalb möglich, dassdie Identifizierung des unbekannten Täters oder die Auf-klärung des Sachverhalts eher allgemein in den Beschlüs-sen genannt wurden, gerade weil noch keine anderen Er-mittlungsansätze vorliegen. Von den verfahrens- undbeschuldigtenspezifischen konkreten Erfolgen unter-scheiden sich die beschlussbezogenen Erfolge kaum. Al-lerdings ist bei diesen die Identifizierung des Beschuldig-ten der am häufigsten erzielte Erfolg.

Ermittlungserfolge, die von den interviewten Expertenangegeben wurden, betrafen die Ermittlung von Struktu-ren und Kontakten zwischen Tatbeteiligten sowie dieIdentifizierung des Täters. Ferner wurden die Bestim-mung des Standorts des Beschuldigten zur Tatzeit sowiedie Erstellung von Bewegungsbildern genannt. Aller-dings wird in diesem Zusammenhang auf die Indizfunk-tion der Daten hingewiesen. Die Daten können nur An-haltspunkte dafür geben, wo sich das Mobiltelefonbefunden hat. Zur Vorbereitung von Telekommunikati-onsüberwachungen werden mit der VerkehrsdatenabfrageAnschlüsse festgestellt. Die Daten führen teilweise erstzur Gewinnung eines Anfangsverdachts gegen eine be-stimmte Person und sollen zu Anhaltspunkten für weitereErmittlungsmaßnahmen führen. Daneben wird den Datenauch eine gewisse Bedeutung im Versuch zugewiesen,den Beschuldigten zu einem Geständnis zu bewegen. Ge-rade im organisierte Kriminalität- und Betäubungsmittel-Bereich sowie bei Raubdelikten, Bandenkriminalität undComputerkriminalität hat die Verkehrsdatenabfrage nachAngabe der meisten Befragten eine große Bedeutung.Von den schriftlich Befragten geben 63 Prozent an, dassdie Maßnahmen unverzichtbar seien.

IV. Erfolge der Verkehrsdatenabfrage im weiteren Verfahrensverlauf

1. Schriftliche BefragungAnhand der schriftlichen Befragung wurde die Effizienzder Verkehrsdatenabfrage über das Ermittlungsverfahrenhinaus nicht explizit erfasst. Die Ergebnisse der schriftli-chen Befragung zur Effizienz der Maßnahme allgemeinsind jedoch bei den Erfolgen im Rahmen des Ermittlungs-verfahrens sowie im Rahmen des Verhältnisses zur Tele-kommunikationsüberwachung und zu anderen Ermitt-lungsmaßnahmen aufgeführt.

2. Aktenanalysea) Zusammenhang zwischen Verfahrens-

ausgang und Erfolg der Verkehrs-datenabfrage

Ein weiterer Indikator für die Effizienz der Verkehrsda-tenabfrage liegt im Ausgang des Verfahrens. Wie die Ver-fahren abgeschlossen wurden, wurde bereits im Abschnittüber den Verfahrensausgang erörtert. In knapp 60 Prozentder Fälle wurde das Verfahren eingestellt. Anklage (mitStrafbefehlsanträgen) wurde in 23 Prozent der Fälle erho-ben. In 18 Prozent der Fälle war das Verfahren noch nichtabgeschlossen oder es war aus anderen Gründen nichtmöglich, den Verfahrensausgang zu ermitteln. Wenn An-

klage erhoben wurde, wurden die Angeklagten in85 Prozent der Fälle verurteilt. Teileinstellung und Teil-freispruch erfolgten zu jeweils 1 Prozent. Freigesprochenwurden die Beschuldigten in 6 Prozent der Fälle und in7 Prozent der Fälle wurde das Verfahren gegen die Ange-klagten durch das Gericht eingestellt.

Zur Beurteilung der Effizienz kann nunmehr überprüftwerden, wie das Verfahren abgeschlossen wurde, wenndie Verkehrsdatenabfrage erfolgreich bzw. nicht erfolg-reich war. Abbildung 122 zeigt, dass in den Fällen, in de-nen die Verkehrsdatenabfrage in den Akten oder von denBearbeitern der Akte als erfolgreich eingestuft wurde, dieAnklagequote im Vergleich zu den anderen Fallgruppendeutlich erhöht ist. Dementsprechend nimmt die Einstel-lungsquote mit der Erfolglosigkeit der Verkehrsdatenab-frage drastisch zu. Freilich handelt es sich damit um einenIndikator, mit dem eine Kausalität zwischen Verkehrsda-tenabfrage und der Entscheidung über Anklage und Ein-stellung nicht hergestellt werden kann.

In Abbildung 123 werden Zusammenhänge zwischendem Erfolg der Verkehrsdatenabfrage und dem Ausgangder Hauptverhandlung vorgestellt. Die Verurteilungsrateist dann besonders ausgeprägt, wenn die Verkehrsdaten-abfrage erfolgreich war. Freilich ist die Verurteilungs-quote auch in den anderen Fallgruppen hoch. Insoweitmacht sich eine spezifische Selektion durch die Anklage-entscheidung bemerkbar, die insgesamt dazu führt, dassim Wesentlichen erfolgversprechende Fälle einer An-klage zugeführt werden.

b) Beweismittel in der Anklageschrift

Die 286 Verfahren gegen bekannte Beschuldigte betrafen697 Beschuldigte. Gegen insgesamt 211 Beschuldigtewurde Anklage468 (28 Prozent) erhoben oder Strafbefehl(2 Prozent) beantragt. Gegen 333 identifizierte Beschul-digte (48 Prozent) wurde das Verfahren eingestellt. Beiweiteren 153 Beschuldigten (22 Prozent) konnte den Ak-ten kein Verfahrensausgang entnommen werden. Bei91 Prozent der Beschuldigten wurde mindestens eines derunten genannten Beweismittel in der Anklageschrift er-wähnt. In 11 Prozent der Anklageschriften wurde ein Be-weismittel aufgeführt, in 30 Prozent zwei Beweismittelund in 37 Prozent drei Beweismittel. Vier Beweismittelwurden in 16 Prozent der Anklagen genannt und fünf Be-weismittel in 7 Prozent. Als Beweismittel spielten dieVerkehrsdaten in den überprüften Verfahren zahlenmäßigeine eher untergeordnete Bedeutung. Bei 13 Prozent derBeschuldigten wurden die Verkehrsdaten in der Anklageals Beweismittel aufgeführt. Wie sich die Häufigkeit derBeweismittel auf die Anklageschriften verteilt hat, kannAbbildung 124 entnommen werden. Am häufigsten wur-den Zeugenaussagen (90 Prozent der Anklageschriften)als Beweismittel in den Anklageschriften verwendet. AlsBeweismittel bedeutsam waren zudem Augenscheinsob-jekte wie beschlagnahmte Mobiltelefone und die in Ver-

468 Auch Teileinstellungen wurden an dieser Stelle unter die Anklagesubsumiert.

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 225 – Drucksache 16/8434

A b b i l d u n g 122

Verhältnis von Anklage und Einstellung zum Erfolg der Verkehrsdatenabfrage

A b b i l d u n g 123

Verfahrensausgang im Verhältnis zum Erfolg der Verkehrsdatenabfrage

0

10

20

30

40

50

60

70

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90

erfolgreich bedingt erfolgreich nicht erfolgreich

Erfolg der Verkehrsdatenabfrage

An

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n

Einstellung

Anklage

0

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erfolgreich bedingt erfolgreich nicht erfolgreich

Erfolg der Verkehrsdatenabfrage

An

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n

Freispruch/Einstellung

Verurteilung

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Drucksache 16/8434 – 226 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

fahren wegen Betäubungsmittelstraftaten beschlagnahmtenDrogen (48 Prozent). Relativ häufig waren zudem die Ein-lassung der Beschuldigten (32 Prozent) sowie Telefonüber-wachungsprotokolle (30 Prozent). Urkunden (22 Prozent)und Geständnisse (19 Prozent) dienen ebenfalls als Be-weismittel. Sachverständigengutachten (10 Prozent),Durchsuchungsprotokolle (9 Prozent), Observationspro-tokolle (4 Prozent) und Anschlussinhaberfeststellungen(3 Prozent) wurden in den Anklagen weniger häufig ge-nannt. Bei 9 Prozent der angeklagten Beschuldigtenkonnte den Akten nicht entnommen werden, welche Be-weismittel in der Anklage aufgeführt wurden. Das wardann der Fall, wenn die Anklageschrift in den Aktenfehlte, aber ersichtlich war, dass Anklage erhoben wurde.

In der Häufigkeit der Nennungen einzelner Beweismittelkönnen keine Unterschiede hinsichtlich Teileinstellung,Anklage oder Strafbefehl festgestellt werden, was aller-dings angesichts der geringen Anzahl von Teileinstellun-gen (9) und Strafbefehlen (15) auch nicht zu erwartenwar.

c) Stellenwert der Verkehrsdaten in der Anklage

In den 24 Anklageschriften, in denen die Verkehrsdatenerwähnt wurden, konnte bei 16 Anklagen ein hoher Stel-

lenwert dieser Daten festgestellt werden. Der Akte war indiesen Fällen zu entnehmen, dass die Tat nur mit den Ver-kehrsdaten aufklärbar gewesen sei oder nur dadurch dieTäterschaft des Beschuldigten nachweisbar gewesen sei.Es sei das entscheidende Beweismittel gewesen. Bei fünfAnklagen wurde den Daten zusammen mit anderen Be-weismitteln (wie Zeugenaussagen oder Telefonüberwa-chung) Bedeutung zugewiesen. Bei zwei Anklagen nahmdie Verkehrsdatenabfrage eine geringe Bedeutung ein. Ineiner Anklage war die Telefonüberwachung aufschluss-reicher und in einem Fall wurde den Daten ein mittlererStellenwert zugewiesen.

In 34 Verfahren wurde die Verkehrsdatenermittlung zwarnicht in der Anklageschrift erwähnt, hatte aber bei fastder Hälfte der Fälle im Ermittlungsverfahren eine erhebli-che Bedeutung. In der Anklage spielte sie aber keineRolle mehr. In zehn Fällen wurde in der Anklage allge-mein von Telekommunikationsüberwachungsmaßnahmengesprochen, von welchen die Verkehrsdatenabfragen um-fasst werden. Hier war nicht ersichtlich, welche Rolle dieVerkehrsdaten gespielt haben. In fünf Fällen war ersicht-lich, dass durch die Verkehrsdaten das Geständnis herbei-geführt wurde, welches dann in der Anklage als Beweis-mittel verwendet wurde. Wenn die Verkehrsdaten in derAnklage überhaupt erwähnt wurden, dann nahmen siealso meist einen hohen Stellenwert ein.

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Beweismittel in der Anklage

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Beweismittel in der Anklage

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 227 – Drucksache 16/8434

d) Verkehrsdaten als Beweismittel in der Hauptverhandlung

Die Bedeutung der Verkehrsdaten in der Hauptverhand-lung selbst ist äußerst gering. Bei 189 Beschuldigten kames zu einer Hauptverhandlung. In 11 Prozent der Haupt-verhandlungen wurden die Verkehrsdaten als Beweismit-tel in die Hauptverhandlung eingeführt. In diesen Fällenwurden sie zum Tatnachweis, zum Nachweis von Kon-takten und Verbindungen zwischen den Tatbeteiligten so-wie zur Standortfeststellung des Beschuldigten zur Tat-zeit und zur Widerlegung von Aussagen verwendet.Beweisanträge, die sich auf die Verkehrsdaten bezogen,erfolgten von Seiten der Staatsanwaltschaft nie. Die Ver-teidigung stellte drei Verkehrsdaten-bezogene Anträge. In40 Prozent der Fälle, in denen Verkehrsdatenabfragen ex-plizit in der Anklage erwähnt wurden, wurden sie auch inder Hauptverhandlung als Beweismittel verwendet.

e) Verkehrsdaten als Beweismittel im Urteil

Auch im Urteil spielen die Daten keine besondere Rollemehr. In 14 Prozent der Urteile (24 Nennungen) wurdendie Verkehrsdaten in der Beweiswürdigung erwähnt. Indiesen Fällen waren die Verkehrsdaten entweder alleinebelastend (elf Nennungen) oder im Zusammenhang mitanderen Beweismitteln belastend (13 Nennungen). In denFällen, in denen die Verkehrsdaten als Beweismittel imUrteil erwähnt wurden, hatten sie fast immer einen hohen(elf Nennungen) oder mittleren (sieben Nennungen) Stel-lenwert.

3. Experteninterviews

a) Polizeibeamte

In Bezug auf die Bedeutung der Daten für das weitereVerfahren gaben fast alle der befragten Polizeibeamtenan, dass damit in den meisten Fällen ermittlungsunterstüt-zende und tataufklärende Beiträge erlangt werden konn-ten. Die Maßnahme nehme einen hohen Stellenwert ein.Häufig seien gerade die Verkehrsdaten der „Schlüssel zurLösung“ und der entscheidende Punkt in den Ermittlun-gen. Es handle sich nicht nur um begleitende und absi-chernde Maßnahmen. Die Daten seien häufig ein wesent-liches Beweismittel und ein Indiz, das zu weiterenErmittlungen führe. Die Daten seien für die Vorbereitungeines Verfahrens und zur Vorbereitung anderer Maß-nahmen, wie einer Telekommunikationsüberwachung,unverzichtbar. Gerade in der Kombination mit eineranschließenden Telekommunikationsüberwachung sei dieVerkehrsdatenabfrage ein erfolgversprechendes Mittel,das sich durch eine sehr hohe Erfolgsquote auszeichne.Vor allem mit der Funkzellenabfrage lassen sich nachAuskunft von Interviewpersonen herausragende Erfolgeerzielen. Die Erfolgsaussichten würden aber dadurch et-was schwinden, dass die Täter mittlerweile die Ermitt-lungsmöglichkeiten kennten und von der Nutzung vonMobiltelefonen absehen würden. Damit sind Anpas-sungsprozesse angesprochen, die jedenfalls rationalenKalkülen entsprechen und vor allem in Ermittlungen we-gen Transaktionskriminalität Auswirkungen in Form von

Selektionseffekten (in der Gruppe der beschuldigungsfä-higen Täter) haben dürften.

b) Staatsanwälte

Im Hinblick auf die Bedeutung der Daten für das weitereVerfahren wird von etwa der Hälfte der befragten Staats-anwälte eine hohe Bedeutung angenommen. Die Datenseien häufig der einzige Ermittlungsansatz. Ohne die Ver-kehrsdatenabfrage könnten Delikte teilweise nicht aufge-klärt werden. Manchmal seien auch die Verkehrsdaten al-leine ausreichend. Wenn anhand der Verkehrsdatennachgewiesen werden könne, dass der Verdächtige sicham Tatort befunden habe und z. B. ein zusätzlicher Be-weis bei der Durchsuchung gefunden werde, dann ent-stehe eine Beweislage, die so erdrückend sei, dass zu-meist ein Geständnis erfolge. Weiter wurde angegeben,dass die Daten auch für das weitere Verfahren von großerBedeutung seien. Die Daten seien im Regelfall Grundlageund Voraussetzung für weitere Ermittlungen. Teilweisegaben die Befragten an, dass die Maßnahme hauptsäch-lich im Ermittlungsverfahren wichtig sei. Die Datenkönnten dem Beschuldigten vorgehalten werden und An-haltspunkte für weitere Ermittlungen liefern. In derHauptverhandlung würden die Daten dagegen i. d. R.keine große Bedeutung haben, meint die Hälfte der be-fragten Staatsanwälte. Aufgrund der Daten würden wei-tere Ermittlungen geführt, aus denen dann Beweismittelresultierten. Damit wird eine indirekte Rolle der Ver-kehrsdaten angesprochen. Auch hier wird auf die ge-ständnisfördernde Wirkung der Verkehrsdaten verwiesen.Andere Beweise, die ggf. erst durch die Verkehrsdatenab-frage erlangt würden, würden aber eine größere Rollespielen. Nur im Bestreitensfall würden die Daten auchnoch in der Hauptverhandlung eine Rolle spielen.

c) Richter

Von den befragten Richtern wurde der Erfolg im Hinblickauf die Bedeutung der Daten teilweise als hoch einge-schätzt. Häufig sei es ein Beitrag zur Aufklärung der Tat.Weiter wurde auf den Wert als objektives Beweismittelhingewiesen. Man könne Aussagen kontrollieren. Außer-dem wird wie von anderen Berufsgruppen angeführt, dassdurch Verkehrsdaten eine erhebliche Motivation der Be-schuldigten zur Einlassung und zum Geständnis ausgelöstwerden könne. Ein weiterer Befragter unterscheidet zwi-schen verschiedenen Anwendungsbereichen. Bei E-mail-Accounts sei die Abfrage der Daten in „nahezu100 Prozent“ der Fälle erfolgreich (Betrugsfälle beiEbay). Ebenso sei die Standortfeststellung relativ erfolg-reich. Von allen §§ 100g, 100h-Maßnahmen würden aberhöchstens ein Drittel zu einem Ermittlungsergebnis undzur Anklage führen. Ein Befragter schätzt den Erfolg we-gen der Masse an Mobiltelefonen als nicht besondershoch ein. Im Ermittlungsverfahren spiele die Maßnahmefreilich eine große Rolle. Die Daten würden der Abrun-dung des Tatbildes dienen. In der Hauptverhandlung undim Urteil würden die Daten aber keine unmittelbare Be-deutung mehr haben, führt einer der befragten Richteraus. Sie würden von anderen Beweismitteln überlagert.

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Drucksache 16/8434 – 228 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

d) Verteidiger

Die Bedeutung der Verkehrsdatenabfrage wird auch vonden befragten Verteidigern überwiegend als hoch für dasErmittlungsverfahren, aber als geringfügig für die Haupt-verhandlung eingeschätzt. Im Ermittlungsverfahren hät-ten die Daten massive Bedeutung, da sie erheblicheweitere Ermittlungen nach sich zögen. In der Hauptver-handlung würden Verkehrsdaten aber als Beweise keinegroße Rolle mehr spielen, hätten nur eine Indizfunktionund würden „Brücken“ zu anderen Beweismitteln bauen.In die Hauptverhandlung würden hauptsächlich andereBeweismittel eingeführt. Oft sei die Verkehrsdatenab-frage ein Einfallstor im Ermittlungsverfahren, die einenÜberblick verschaffe und – wie auch von anderen Berufs-gruppen betont – ggf. weitere Ermittlungsmaßnahmenauslöse. Weil die Verkehrsdatenabfrage schnell und kos-tengünstig sei, werde zunächst eine Maßnahme nach§§ 100g, 100h StPO und in der Folge eine solche nach§§ 100a, 100b StPO angeordnet. Um die Beweislage zuverfestigen, finde dann noch eine Observation oder eineDurchsuchung statt. Die eigentlichen Beweismittel wür-den durch diese klassischen Methoden (Observation,Durchsuchung) gesichert. Im Übrigen, und hier deckensich die Einschätzungen der Strafverteidiger mit denender anderen Berufsgruppen, gebe der Beschuldigte – mitder Beweislage konfrontiert – schnell ein Geständnis ab.

4. Zusammenfassung der Ergebnisse

Im weiteren Verfahrensverlauf, d. h. nach Abschluss desErmittlungsverfahrens haben die Verkehrsdaten keine be-sondere Bedeutung mehr. Dies ergibt sich sowohl aus derAktenanalyse als auch aus den Gesprächen mit den Ex-perten.

Bis zur Anklageerhebung kann den Akten noch ein ge-wisser Zusammenhang mit der Anklageerhebung und dererfolgreichen Abfrage der Verkehrsdaten entnommenwerden. In den Fällen, in denen die Verkehrsdatenabfrage

als erfolgreich eingestuft wurde, waren Anklagen sehrviel häufiger zu verzeichnen. Je weniger erfolgreich dieVerkehrsdatenabfrage war, desto höher liegt die Einstel-lungsquote.

Als Beweismittel in der Anklageschrift spielen Verkehrs-daten eine eher untergeordnete Rolle. In 13 Prozent derFälle (24 Anklagen) wurden die Verkehrsdaten in der An-klageschrift erwähnt. Bei 16 dieser Anklagen wurde denDaten allerdings ein hoher Stellenwert zugemessen. DieDaten waren nach den Ratings der Bearbeiter ausschlag-gebend für den Nachweis der Täterschaft. Wenn die Da-ten in der Anklage also überhaupt erwähnt wurden, hattensie meist eine hohe Bedeutung. In der Hauptverhandlungund im Urteil ist die Bedeutung der Daten relativ gering.In 11 Prozent der Hauptverhandlungen wurden die Ver-kehrsdaten als Beweismittel eingeführt (40 Prozent derFälle, in denen sie explizit in der Anklageschrift erwähntwaren). Hier wurden sie u. a. zum Tatnachweis, zumNachweis von Verbindungen, zur Standortfeststellung so-wie zur Widerlegung von Aussagen verwendet. In14 Prozent der Urteile (24) wurden die Daten in der Be-weiswürdigung erwähnt. In diesen Fällen waren die Da-ten entweder allein oder im Zusammenhang mit anderenBeweismitteln belastend. Sie hatten fast immer einen ho-hen oder mittleren Stellenwert.

Die interviewten Praktiker weisen den Maßnahmen imErmittlungsverfahren meist einen sehr hohen Stellenwertzu. Die Daten seien häufig der einzige Ermittlungsansatz.Sie würden der Vorbereitung anderer Maßnahmen dienen,aber auch alleine eine so erdrückende Beweislast bewir-ken, dass der Beschuldigte ein Geständnis abgebe. In derHauptverhandlung dagegen würden die Daten keinegroße Rolle spielen. Die Daten hätten bereits zu anderenErmittlungsmaßnahmen geführt, die dann zu Beweismit-tel führten, die wiederum eine stärkere Beweiskraft ent-falteten. Nur im Bestreitensfall komme es vor, dass dieDaten auch noch in der Hauptverhandlung erörtert wer-den.

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 229 – Drucksache 16/8434

5. Zusammenfassung, Diskussion der Ergebnisse und Empfehlungen

A. Fragestellungen

Die vorliegende Untersuchung hat die Evaluation derNutzung von Verkehrsdaten der Telekommunikation imStrafverfahren zum Gegenstand. Die Fragestellungen derUntersuchung lassen sich im Einzelnen wie folgt zusam-menfassen:

– Antrags- und Anordnungspraxis der Auskunftsertei-lung,

– Grunddaten zur Praxis der Anordnungen

– Anzahl der Betroffenen

– Anlass und Ergebnisse der Maßnahmen

– welche Straftaten liegen den Anordnungen zu-grunde (insbesondere: sind Kinderpornographie,Organisierte Kriminalität und Rauschgiftdeliktedie anlassgebenden Delikte?)

– Nutzung der erteilten Auskünfte

– (Beurteilung der) Effizienz der Verkehrsdatenabfrage(auch in Kombination mit anderen Ermittlungsmaß-nahmen)

– Verhältnis der Verkehrsdatenabfrage zu anderen Er-mittlungsmethoden

– Berücksichtigung der Anordnungsvoraussetzungen(insbesondere Begründung der Maßnahme)

– Verhältnismäßigkeit und Subsidiarität

– Implementation der Regeln über die Einhaltung derBenachrichtigungs- und Vernichtungspflichten

– Rechtliche und praktische Anwendungsprobleme

– Schwächen und Unklarheiten der Normen der§§ 100g, 100h StPO

– Ablauf der Anforderung von Verkehrsdaten und dieInteraktionen zwischen Strafverfolgungsbehörden undTelekommunikationsanbietern

– Auswirkungen der Maßnahmen für die Netzbetreiberwie beispielsweise die bei der Durchführung entste-henden Kosten

– Kosten der Abfrage und Kostenersatz

B. Bisheriger Forschungsstand

Die Bedeutung empirischer Implementations- und Eva-luationsforschung wird auf europäischer und nationalerEbene hervorgehoben. Evaluationsanforderungen sindmit der Europäische Richtlinie zur Vorratsspeicherung(RL 2006/24/EG) ebenso verbunden wie mit dem vor-liegenden Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur Neu-regelung der Telekommunikationsüberwachung und an-

derer verdeckten Ermittlungsmaßnahmen sowie zurUmsetzung der Richtlinie 2006/24/EG (Bundestags-drucksache 16/5846). Jedoch waren die bisherigen rechts-politischen Entwicklungen im Bereich der Verkehrsdatennicht auf aussagekräftige empirische Untersuchungen ge-stützt. Der empirische Forschungsstand lässt sich wiefolgt zusammenfassen:

– Die Forschungslage ist defizitär. Aussagekräftige Da-ten zur Struktur der Anwendung und zu den Folgender Abfrage von Verkehrsdaten liegen bislang nichtvor.

– Die bisherigen empirischen Studien beruhen auf einer(nicht nachvollziehbaren) Selektion oder auf einer ge-zielten (und interessengeleiteten) Auswahl bzw. aufeiner Stichprobenziehung, die an der Überwachungdes Telekommunikationsinhalts anknüpft.

– Weit verbreitet ist im Kontext des Gesetzgebungspro-zesses die Einzelfallanalyse, die freilich Grundlagenfür begründete Entscheidungen nicht liefern kann.

– Die aus den (hier weit gefassten) empirischen Ansät-zen resultierenden Befunde verweisen darauf, dass dieNutzung von TelekommunikationsVerkehrsdaten aufkurze Zeiträume konzentriert ist.

– Die quantitative Bedeutung der Verkehrsdatenabfrageist erheblich und liegt überall dort, wo eine statistischeErfassung durchgeführt wird, deutlich über den Zah-len der Überwachung der Telekommunikationsin-halte.

– Ausweislich schriftlicher Befragungen von Regierun-gen (und anderer Stellen) ergibt sich ein gemischtesBild. Während aus einigen europäischen Ländernkeine Probleme mit der derzeitigen Rechtslage zurVerkehrsdatenspeicherung mitgeteilt werden, verwei-sen andere auf das Problem von Löschungen und hier-durch vereitelter Ermittlungsmaßnahmen.

– Das Spektrum der Delikte, bei denen in der Praxis dieAbfrage von Verkehrsdaten genutzt wird, hängt vonder in der jeweiligen Untersuchung verwendeten Aus-wahl ab.

– Jedenfalls dürfte für die Verkehrsdatenabfrage einsehr viel weiteres Deliktsfeld in Betracht kommenals für die Überwachung der Inhalte der Telekommu-nikation.

– Für Deutschland zeigt die frühere Praxis gemäß § 12FAG, dass Zielsetzungen bei Abfragen der verbin-dungs- oder Bestandsdaten in der Regel nicht doku-mentiert werden. Freilich lassen die Daten den Schlussdarauf zu, dass Beziehungen zwischen Beschuldigtenund dritten Personen bzw. die Identifizierung von Per-sonen und Anschlüssen bekannter Personen im Vor-dergrund stehen.

– Kostenschätzungen lassen ganz erhebliche Varianz er-kennen, die von erheblichen finanziellen Belastungen

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Drucksache 16/8434 – 230 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

von Telekommunikationsprovidern (vor allem durchdie Investitionen in Struktur- und Unterhaltungsmaß-nahmen zu Überwachungssystemen) bis zu kaumspürbaren Investitionen reicht.

– Offensichtlich wird die Verkehrsdatenabfrage in derStrafverfolgungspraxis und in der Rechtspolitik alseine im Vergleich zu der Telekommunikationsüber-wachung wenig eingreifende Maßnahme angesehen.

C. Entwicklung der Bestands- und Verkehrs-datenabfrage in Deutschland

Die Anzahl der Anordnungen nach §§ 100g, 100h StPOhat von 2002 bis 2005 stark zugenommen. Vor allem von2004 auf 2005 ist ein hoher Anstieg der Verkehrsdatenab-fragen zu beobachten. Die Zahl der Beschlüsse, die eineAbfrage zu einer IMEI-Nummer (International MobileEquipment Identity) beinhalteten, stieg bei einzelnen An-bietern etwa um das Vierfache, die angeordneten Ziel-wahlsuchen haben sich verdreifacht. Auf der Grundlageder uns von den Telekommunikationsanbieter-Unterneh-men zur Verfügung gestellten Daten kann die Anzahl derBeschlüsse nach §§ 100g, 100h StPO geschätzt werden.Unter Berücksichtigung der Fehlerspanne bei Hochrech-nungen lag die Zahl der Verkehrsdatenabfragen im Jahr2005 bei etwa 40 000 (ohne Abfrage der Zuordnung vonIP-Adressen). Die Tendenz ist stark ansteigend. Mit der

schnellen Verbreitung mobiler Kommunikation ist dieVerkehrsdatenabfrage zu einer weit verbreiteten, und dieBedeutung der Überwachung der Kommunikationsinhaltequantitativ übersteigenden Ermittlungsmaßnahme gewor-den.

Dies gilt auch für die Bestandsdatenabfrage. Im Jahr 2006belief sich die Zahl der Abfragen aus der zentralenBestandsdatenbank der Telekommunikation durch Si-cherheitsbehörden auf 3,6 Millionen. Die Entwicklungenin Bestandsdatenabfragen zeigen auch an, dass die kon-ventionellen Register der Meldebehörden und Kraft-fahrzeugverwaltung zwar nicht ihre Bedeutung verlieren.In den Vordergrund schieben sich freilich zentraleKommunikationsanschlussinformationssysteme.

D. Untersuchungsmethoden Die Untersuchung beruht auf einem Mehrmethodenansatzin Form von Aktenanalyse, Befragung und Interview. Da-mit wird auf die spezifische Mischung von Fragen re-agiert, die neben (nur) aus Verfahrensakten entnehmbarenInformationen, Beobachtungen und Einschätzungen vonPraktikern verlangen. Die Folgenabschätzung verlangtzudem eine möglichst umfassende (und unterschiedlichePerspektiven erfassende) Erhebung von Informationen,die als Indikatoren für Folgen der Abfrage von Verkehrs-daten genutzt werden können. Solche Indikatoren könnennur aus einer Kombination von Strafverfahrensakten,

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Entwicklung der Verkehrsdatenabfragen 2000 bis 2005

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 231 – Drucksache 16/8434

Befragung und Interview entstehen, da eine direkte Be-obachtung der relativen Bedeutung der Ermittlungsmaß-nahme nicht möglich ist. Eine direkte Beobachtung setztein kontrolliertes Experiment voraus, in dem die Rah-menbedingungen gleich gehalten und lediglich die Inter-ventionen variiert werden. Ein solches kontrolliertesExperiment kann für die Beurteilung der Verkehrsdaten-abfrage nicht durchgeführt werden. Die Bildung vonKontrollgruppen, die in anderen Bereichen strafrecht-licher Interventionen (insbesondere strafrechtlicher Sank-tionen) einen, wenn auch nicht gleichwertigen, Ersatz fürkontrollierte Experimente schafft, ist im Feld der empiri-schen Strafverfahrensforschung jedenfalls dann nichtmöglich, wenn es um verdeckte Ermittlungsmethodengeht. Dies zeigt im Übrigen auch die MPI-Studie zurTelekommunikationsüberwachung, in der der Versuchunternommen wurde, eine Kontrollgruppe von Betäu-bungsmittelstrafverfahren und anderen Verfahren, dienicht einer Überwachung der Kommunikation ausgesetztwaren, zu bilden. Die durch den Einsatz verdeckter Er-mittlungsmethoden erzeugten Kombinationen von Er-mittlungsmaßnahmen führen aber zu einer Situation, dievergleichbare Fälle (und damit eine Kontrollgruppe vonnicht der verdeckten Ermittlungsverfahren ausgesetztenVerfahren) nicht mehr entstehen lässt. Es bleibt deshalballein die Identifizierung geeigneter Indikatoren des Nut-zens (und der Kosten), die sich aus Dokumentenanalyse,Befragung und Interview ziehen lassen und die aus unter-schiedlichen Perspektiven und auf unterschiedlicheDimensionen des Verfahrens bezogen, ferner in der Kom-bination qualitativer und quantitativer Zugänge verglei-chende Beurteilungen der Folgen erlauben.

Die Aktenanalyse umfasst die Auswertung von Verfah-rensakten aus den Jahren 2003 und 2004 aus den Bun-desländern Baden-Württemberg, Berlin, Mecklenburg-Vorpommern und Nordrhein-Westfalen. Da die Justizbe-hörden keine separate Statistik über die Anordnungennach §§ 100g, 100h StPO führen, wurden die Akten-zeichen aus den §§ 100g, 100h-Beschlüssen bei den füh-renden Telekommunikationsanbietern Arcor, E-Plus, O2,T-Com, T-Mobile und Vodafone erhoben. Der Aktenaus-wertung liegen 467 Verfahren zugrunde. Die Anzahl derVerfahren verteilt sich etwa gleich auf die vier Bundes-länder, aus denen die Akten angefordert wurden.27 Prozent der Verfahren kommen aus Baden-Württem-berg, 22 Prozent aus Berlin, 27 Prozent aus Mecklenburg-Vorpommern und 24 Prozent aus Nordrhein-Westfalen.

Ein zweites Modul der Untersuchung betrifft die schrift-liche Befragung von Staatsanwälten auf der Basis einerTotalerhebung bei Staatsanwaltschaften in Deutschland.Die Rücklaufquote beträgt 19 Prozent. Diese liegt imRahmen der in schriftlichen Befragungen erzielbarenQuoten. Die Bundesländer unterscheiden sich zwar in denRücklaufraten. Jedoch werden in fast allen Bundeslän-dern die Landgerichtsbezirke und damit die Staatsanwalt-schaften annähernd komplett abgedeckt. Ferner liegenauch aus den Bundesländern Nordrhein-Westfalen undBayern Fragebögen aus einer solchen Anzahl von Staats-anwaltschaften vor, die es erlaubt, davon auszugehen,dass die Variationsbreite von Einstellungen und Wahrneh-

mungen innerhalb der jeweiligen Staatsanwaltschaft imHinblick auf die Praxis der Verkehrsdatenabfrage abge-bildet wird.

Ein drittes Untersuchungsmodul stützt sich auf Exper-teninterviews (bzw. Interviews mit Schlüsselpersonen).Gespräche wurden mit 53 Personen geführt. Dabei han-delt es sich um zehn (Ermittlungs-)Richter, 13 Staats-anwälte, 16 Polizeibeamte, vier Strafverteidiger, sechsTelekommunikationsanbieter und vier Datenschutzbeauf-tragte (aus den durch die Aktenuntersuchung erfasstenBundesländern).

E. Ergebnisse der Untersuchung

I. Verkehrsdatenabfragen im Spiegel von Telekommunikationsunternehmensdaten

Die zur Stichprobenziehung herangezogenen Datensätzeder Telekommunikationsunternehmen erlauben einen all-gemeinen Einblick in Struktur und Eingriffsbreite derVerkehrsdatenüberwachung. Auf der Basis der auf dreiMonate bezogenen Daten zweier Unternehmen ergibtsich, dass die Abfragen fast ausschließlich auf die Ver-gangenheit gerichtet sind. Am häufigsten sind Beschlüssebetreffend den so genannten Zielsuchlauf nach eingehen-den Anrufen (60 Prozent), gefolgt von kombinierten Aus-wertungen ab- und eingehender Anrufe (22,5 Prozent).Die Funkzellenabfrage betrifft knapp 18 Prozent der Be-schlüsse. Die letztere zeichnet sich durch ihre Kurzzeitig-keit von durchschnittlich fünf Stunden, mehrheitlich so-gar weniger als einer Stunde aus. Auf eine etwas längereDauer ist die Zielwahlsuche angelegt, während die breitangelegte systematische Erfassung der Kommunikationmit einer Dauer von zwei bis drei Monaten als ganz an-ders ausgestalteter Ermittlungsansatz erscheint. Einge-setzt werden die Maßnahmen bei Abfragen im Festnetzvorwiegend im Betrugsbereich (30 Prozent), bei Raubund Mord (jew. ca. 10 Prozent) sowie bei Betäubungsmit-teldelikten (8 Prozent). Ganz anders stellt sich die Situa-tion im Internet dar. Zwar liegt auch hier der Betrug anerster Stelle (>40 Prozent). Eine nennenswerte Rolle spie-len daneben dann Kinderpornogaphie (knapp 30 Prozent)und Urheberrechtsverletzungen.

Die Analyse der Eingriffsbreite ergibt zunächst, dass diemeisten Kontakte durch die kombinierte Überwachungerfasst werden. Nach der Eliminierung von zwei Extrem-fällen ergibt sich ein Durchschnitt von 357 Gesprächen.Bei der Funkzellenabfrage liegt die Anzahl bei 282. Ins-gesamt führt die Funkzellenabfrage im Durchschnitt zuder Registrierung von 111 verschiedenen Mobilfunkteil-nehmern innerhalb der Funkzelle (repräsentiert durch dieabgehenden Anrufe) und 183 Nummern dort eingehenderTelefonate. Bei einer Hochrechnung ergibt sich für dasJahr 2005, dass insgesamt etwa zwei Prozent aller Mobil-funkteilnehmer von einer Funkzellenabfrage betroffenwaren. Weitaus geringer ist hingegen die Erfassungsbreiteder Zielwahlsuche. Mit ihr werden im Durchschnitt nur2,5 Kommunikationsteilnehmer erfasst; bei mehr als95 Prozent aller Maßnahmen sind weniger als zehn Teil-nehmer betroffen.

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Drucksache 16/8434 – 232 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

II. Anordnungspraxis der Verkehrsdaten-abfrage: Struktur, Typ und Betroffene

Aus den in die Untersuchung fallenden 467 Verfahren fol-gen 1 257 Beschlüsse zur Abfrage von Verkehrsdaten.Diese Beschlüsse betrafen 1909 Anschlüsse, denen wie-derum 1 645 Anschlussinhaber (505 Tatverdächtige und1 110 Dritte, 70 Prozent) zugeordnet werden konnten.Darüber hinaus konnten 1 709 Anschlussnutzer festge-stellt werden, wobei in über 40 Prozent der Fälle derBeschuldigte alleiniger Nutzer war. Dritte von der Ver-kehrsdatenabfrage betroffene Anschlussinhaber warenüberwiegend das Opfer der Straftat sowie Familienange-hörige des Beschuldigten. In keinem Verfahren war denAkten zu entnehmen, dass ein Berufgeheimnisträger Be-troffener der Maßnahme war. Zeugnisverweigerungsbe-rechtigte deckten sich mit Angehörigen des Tatverdächti-gen. Zu zwei Dritteln wurden ein- oder abgehende Datenvon oder zu Mobilfunkanschlüssen erhoben (66 Prozent).25 Prozent der betroffenen Anschlüsse waren privateFestnetzanschlüsse. Betriebliche Festnetzanschlüsse wa-ren dagegen nur zu 3,8 Prozent Ziel der Maßnahmen. Faxund E-Mail waren nur in Ausnahmefällen betroffen. Inden Beschlüssen wurden überwiegend (93 Prozent)(auch) bereits gespeicherte Daten abgefragt. Die Ziel-wahlsuche wurde in 55 Prozent der Beschlüsse angeord-net. In die Zukunft gerichtet waren 33 Prozent der Abfra-gen. Standortabfragen (18 Prozent) wurden etwa doppeltso häufig angeordnet wie Funkzellenabfragen (10 Prozentder Fälle). Insgesamt wurden Diensteanbieter durch die1 257 Beschlüsse in 3095 Fällen gemäß §§ 100g, 100hStPO zur Übermittlung von Daten verpflichtet. Pro Be-schluss sind damit durchschnittlich knapp drei Telekom-munikationsfirmen betroffen.

III. Erfasste DelikteDie Verfahrensakten zeigen, dass 70 Prozent der Beschlüssenach §§ 100g, 100h StPO ausschließlich Katalogdeliktedes § 100a Satz 1 StPO betreffen. Schwerpunkte bilden beidenv Katalogstraftaten Betäubungsmittel- (26 Prozent),Raub- (25 Prozent), Tötungsdelikte (19 Prozent) sowieBandendiebstahl (10 Prozent). Bei den anderen Straftaten(mittels Endeinrichtung oder von erheblicher Bedeutung)stehen Ermittlungen wegen schweren Diebstahls (29 Pro-zent) und Betrugsdelikten (27 Prozent) im Vordergrund.Einfache Diebstähle lagen in 5 Prozent der Fälle zu-grunde. Die einfachen Diebstähle beziehen sich (ebensowie Straßenraub) überwiegend auf Mobiltelefone, derBetrug etwa zur Hälfte auf Endeinrichtungsstraftaten(Enkeltrick). In 85 der ausgewerteten Verfahren (18 Pro-zent) fanden sich Hinweise auf Elemente der Organisier-ten Kriminalität. Verfahren wegen Kinderpornografiefielen nicht in die Stichprobe. Schon die allgemeinen Ver-teilungen der die Ermittlungsverfahren begründendenStraftatbestände sprechen demnach dafür, dass sich dieVerkehrsdatenabfrage auf ein weites Deliktsspektrum be-zieht, dass also nicht der Telekommunikationsüber-wachung entsprechende Konzentrationen bei Transak-tionsdelikten (insbesondere Betäubungsmittelstraftaten)beobachtet werden können, und dass von daher die Ver-

kehrsdatenabfrage von der Phänomenologie der Delikteher gesehen als weit greifendes Ermittlungsinstrumentangesehen werden kann. Dies deckt sich im Kern mit denBefunden aus der Untersuchung des Bundeskriminalamtsaus dem Jahr 2005 und mit der Struktur der Erledigungensowie Sanktionen, die sich aus der Aktenanalyse abbildenlässt. Die Sanktionsstruktur spricht dafür, dass ein be-deutsamer Anteil der Verfahren allenfalls der mittlerenKriminalität zuzuordnen ist. Werden Einstellungen nach§ 170 II StPO ausgeschlossen, die Geringfügigkeitsein-stellungen einbezogen und Geldstrafen, Bewährungsstra-fen und Rechtsfolgen des JGG ohne Jugendstrafe zu die-sem Bereich der nicht über eine mittlere Schwerehinausgehenden Kriminalität gerechnet, dann beziehensich die Verfahren hierauf zu knapp 60 Prozent. Die In-formationen aus der Befragung und aus den Interviewsfügen sich in eine solche Betrachtungsweise ein. Die Ver-kehrsdatenabfrage ist (mit Ausnahme von Verkehrs- undWirtschaftsdezernaten) auf dem Wege zu einer für fastalle Deliktsbereiche eingesetzten Ermittlungsmaßnahme.Sie allerdings stark bedingt durch die Tatphänomenologie(Täter-Opfer-Kontakte (letzter Kontakt bei Tötungsdelik-ten, Trickbetrug), Tatobjekte, Täterabsprachen und Netz-werke), die sich mit der technologischen Entwicklung ge-wandelt hat. Hinzu tritt, dass die Verkehrsdatenabfragevon Praktikern tendenziell als (im Vergleich zu konven-tionellen und anderen verdeckten Ermittlungsmaßnah-men) weniger belastend eingeordnet wird. Es fällt in-soweit auf, dass die rechtspolitischen Debatten (großeSensibilisierung) und die Praktiken (Alltagsgeschäft) aus-einanderfallen. Überwiegend wird von Befragten undInterviewten (aus den Bereichen Strafverfolgung und Jus-tiz) für eine Beibehaltung der derzeitigen Voraussetzungder Straftat von erheblicher Bedeutung mit Verweis aufden Straftatenkatalog des § 100a Satz 1 StPO plädiert.Betont wird, dass die Regelung Flexibilität erlaube. Dochwird auch für die Beschränkung auf Straftaten von erheb-licher Bedeutung votiert. Erwartungsgemäß sprechen sichVerteidiger, Datenschutzbeauftragte und Telekommuni-kationsunternehmen für einen festen Straftatenkatalogaus, mit der Zielsetzung der Reduzierung der Anordnun-gen einerseits und der Stärkung von Rechtssicherheit(Vorhersehbarkeit) andererseits.

IV. Einleitung, Entscheidungen und Begründungsstrukturen

Die Initiative zu Verkehrsdatenabfragen geht erwartungs-gemäß fast ausschließlich (nach der Aktenanalyse zu91 Prozent) von der Polizei aus. Die Bedeutung polizeili-cher Initiativen wird auch durch die Ergebnisse der Befra-gung und Interviews unterstrichen. Eine besondere Rollespielen offensichtlich Absprachen zwischen Polizei undStaatsanwaltschaft, die die Funktion haben, Fälle aus-sichtsreicher Antragstellung zu identifizieren. 90 Prozentder Verkehrsdatenabfragen werden nach den Ergebnissender Aktenanalyse vom Ermittlungsrichter angeordnet,10 Prozent erfolgen als Eilanordnungen. Richterliche Be-stätigungen von staatsanwaltschaftlichen Eilanordnun-gen finden sich in 69 Prozent der Fälle. Eilanordnungen

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werden im Übrigen ohne Bestätigung umgesetzt, soweitsich die Netzbetreiber der Herausgabe nicht entgegenstel-len. Nach Ansicht der befragten Staatsanwälte und Rich-ter bedarf es jedoch nur einer Bestätigung, wenn Datenüber den Zeitraum der Bestätigungsfrist hinaus benötigtwerden. Die beantragte Dauer der Maßnahmen entsprichtganz überwiegend der angeordneten Dauer. Dies zeigensowohl die Ergebnisse der Aktenanalyse als auch die derschriftlichen Befragung. Übereinstimmend wird durchbeide Module festgestellt, dass die Abfragedauer schwer-punktmäßig bei drei Monaten liegt. Darüber hinaus liegtein weiterer Schwerpunkt auf Abfragen für Zeiträumeinnerhalb eines Tages. Die Abfrage vorhandener Datenbezieht sich überwiegend entweder auf einen Zeitrauminnerhalb eines Tages oder auf die Dauer von drei Mona-ten. In die Zukunft gerichtete Abfragen konzentrierensich auf eine Dauer von drei Monaten. Die Zielwahlsucheerfolgt schwerpunktmäßig innerhalb eines Tages oder fürdrei Monate. Bei dem Verdacht von Tötungs-, Raub- undBetäubungsmitteldelikten liegen Schwerpunkte auf derAbfrage von Daten aus der Vergangenheit. Dies wird beiTötungsdelikten daran liegen, dass zunächst festgestelltwerden soll, mit wem Opfer die letzten Kontakte hatten.Im Falle von Raubüberfällen kann (mittels Funkzellen-abfrage) überprüft werden, wer im Bereich des Tatortsmit anderen telefonisch in Kontakt stand.

Die Begründungen (in Initiativen, Anträgen und Anord-nungen) wurden auf der Grundlage einer Kategorien-bildung, die derjenigen der MPI-Studie zur Telekommu-nikationsüberwachung entspricht, in Qualitätskategorieneingeordnet. Die so erfasste Qualität der Begründungenvon Anregungen, Anträgen und Beschlüssen in den aus-gewerteten Verfahren nimmt von der Anregung bis zumBeschluss ab. Während die Anregungen der Polizei nochzu 55 Prozent als substantiell bewertet wurden, ist diesbei den Anträgen der Staatsanwaltschaft nur noch zu35 Prozent der Fall. Die Beschlussbegründungen wurdenzu 25 Prozent als substantiell bewertet. Insbesondere fällthier die formelhafte Wiedergabe des Gesetzestextes auf.Zudem werden die Anträge der Staatsanwaltschaft häufigvollständig in den Beschluss übernommen. Vor allem inBaden-Württemberg, aber auch teilweise in Mecklen-burg-Vorpommern ist es üblich, dass die Staatsanwalt-schaft einen vorformulierten Beschlussentwurf an dasGericht schickt, den der Richter nur noch zu unterschrei-ben braucht. Das Bild der Begründungen, so wie es sichaus den Verfahrensakten ergibt, ähnelt demjenigen, das inabgeschlossenen Untersuchungen von der Begründungder Telekommunikationsüberwachung gezeichnet wurde.

V. Verfahrenserledigungen: Einstellungen, Anklage, Urteil und Rechtsmittel

In 58 Prozent der Fälle wurde das Verfahren durch dieStaatsanwaltschaft eingestellt und in 1 Prozent der Fälleerfolgte eine Teileinstellung. Anklage wurde in 21 Pro-zent der Fälle erhoben und ein Strafbefehlsantrag wurdein 2 Prozent der Fälle gestellt. Der Rest der Verfahren warentweder noch nicht abgeschlossen oder es kam zu einerAbtrennung. Die Einstellungen gehen erwartungsgemäßganz überwiegend auf § 170 II StPO und dort auf Unbe-

kanntsachen zurück. Von 211 Angeklagten wurden85 Prozent verurteilt. Die Sanktionen entfallen zu 75 Pro-zent auf Freiheitsstrafen, wobei lange Freiheitsstrafenvon mehr als fünf Jahren sowie lebenslänglich 16 Prozentausmachen. Insoweit handelt es sich ganz offensichtlichbei den Straftaten, die unter die Verkehrsdatenabfrage fal-len, einmal um schwere Kriminalität, zum anderen – undwie weiter oben angesprochen – um Straftaten, die in derSchwere deutlich unterhalb dieser Schwelle einzuordnensind. Gegen Urteile wurden zu etwa 30 Prozent Rechts-mittel und Rechtsbehelfe eingelegt. Davon entfallen etwa60 Prozent auf eine Revision und 25 Prozent auf eineBerufung. Der Rest betrifft Einsprüche gegen einen Straf-befehl. Die Einlegung von Rechtsmitteln führt zur Abän-derung des Urteils in fünf Fällen und zur Aufhebung indrei Fällen. Ein Zusammenhang der Verkehrsdatenab-frage mit der Abänderung oder Aufhebung des Urteilskonnte in keinem Fall festgestellt werden.

VI. Verhältnis der Verkehrsdatenabfrage zu anderen Ermittlungsmaßnahmen und Subsidiarität

Die Verkehrsdatenabfrage ist eine Maßnahme, die zu Be-ginn des Ermittlungsverfahrens eingesetzt wird undgleichzeitig in zwei Dritteln der Verfahren Grund für dieerste Einschaltung der Staatsanwaltschaft. Der erste Be-schluss ergeht in 51 Prozent der Verfahren innerhalb derersten 14 Tage. Insoweit gibt es Parallelen zum Einsatzder Telekommunikationsüberwachung nach §100a StPO.Kombinationen mit anderen Ermittlungsmaßnahmen er-folgen nach Angaben der Befragten vor allem mit derTelekommunikationsüberwachung, aber auch mit derDurchsuchung und der Beschlagnahme. Dies wird durchdie Aktenanalyse bestätigt. Telekommunikationsüber-wachung und Verkehrsdatenabfrage werden kombiniertangewendet und im Verhältnis zueinander als Ergänzungangesehen. Die Verkehrsdatenabfrage dient dabei derVorbereitung der Telekommunikationsüberwachung, durchFeststellung von Anschlussnummern, für die dann die Te-lekommunikationsüberwachung geschaltet wird, oder derIdentifizierung von Gesprächsteilnehmern. Sie wirdgleichzeitig mit der Telekommunikationsüberwachungangeordnet, wenn die Abfrage gespeicherter Daten unddie gleichzeitige Anordnung der Telekommunikations-überwachung für die Zukunft zu einem umfassenden Bildder Kommunikationsmuster führen soll. Hinzu treten indiesem Zusammenhang die aus Befragungen und Interviewsfolgenden Hinweise auf die Ökonomie der Verkehrs-datenabfrage (gerade im Verhältnis zur Telekommuni-kationsüberwachung). Im Übrigen wird der Verkehrs-datenabfrage vor allem die Funktion zugeordnet, ersteErmittlungsansätze zu gewinnen, um dann andere Maß-nahmen durchführen zu können. Gerade die Verfahren, indenen es allein zu einer Verkehrsdatenabfrage kam, zei-gen, dass es bei mittels Endeinrichtung begangenen Straf-taten wie Betrug (Enkeltrick), Androhung von Straftatenoder dem Diebstahl oder Raub von Mobiltelefonen kaumandere Ermittlungsansätze als die Verkehrsdatenabfragegibt. Im Übrigen deuten auch die Einsätze bei Tötungs-delikten und bei Betäubungsmitteldelikten darauf hin,

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dass es sich hier eben nicht um das „letzte“ Mittel, son-dern, umgekehrt, um das „erste“ Mittel handelt. Denntatsächlich dürfte es bei den Ermittlungen gerade beiTötungsdelikten zunächst darum gehen, abzuklären, mitwelchen Personen das Opfer zuletzt in telefonischemKontakt stand. Jedoch deuten die Ergebnisse insgesamtdarauf hin, dass gerade die Veränderungen im Kommuni-kationsverhalten wohl dazu führen, dass sich – delikts-spezifisch – die Ansätze und Ansatzmöglichkeiten in denErmittlungen so anpassen, dass eben nicht mehr von einerKonkurrenz der Ermittlungsmaßnahmen ausgegangenwerden kann. Denn andere Möglichkeiten, das Telekom-munikationsverhalten von Menschen für die Vergangen-heit zu ermitteln, gibt es schlicht nicht. Insoweit ergibtsich eine nachvollziehbare Typologie des Verhältnissesder Verkehrsdatenabfrage zu anderen Ermittlungsmaß-nahmen:

VDA bietet den einzigen Ermittlungsansatz (TatobjektMobiltelefone, Tatbegehung führt über Telekommuni-kation);

VDA ergänzt zur Vergangenheit, insbesondere dieTKÜ (Netzwerke, Beziehungen, weitere Tatbetei-ligte), Überprüfungen anderer Beweismittel;

VDA bereitet vor, insbesondere TKÜ und Telekom-munikationsraster;

VDA identifiziert Tatverdächtige, im Nachgang zu an-deren Ermittlungsmaßnahmen oder als erste Maß-nahme (Beispiel: Tötungsdelikte).

VII. Der Richtervorbehalt

Dem Richtervorbehalt wird bei verdeckten Ermittlungs-maßnahmen besondere Bedeutung beigemessen. In derÜberprüfung der Umsetzung des Richtervorbehalts wur-den verschiedene Kriterien überprüft. Zunächst ist, ähn-lich den Befunden zur Telekommunikationsüberwachung,festzustellen, dass den Akten nur ganz selten Ablehnun-gen von Anträgen zu entnehmen sind (N = 5). Dies magfreilich auch eine Konsequenz der bereits angesproche-nen Selektion durch Polizei und Staatsanwaltschaft sein.Auch Abänderungen der Anträge werden kaum vorge-nommen. Bei 32 von 1909 Anschlüssen kam es zu Verän-derungen überwiegend der Dauer der Maßnahme (Redu-zierung) oder zu einer Konkretisierung. Dem entsprichtdie Einschätzung der befragten Staatsanwälte, die davonausgehen, dass die angeordnete fast immer der beantrag-ten Dauer entspricht. Die Verwendung von Vordrucken,die Übernahme von Antragsbegründungen der Polizeioder der Staatsanwaltschaft und formelhafte Begründun-gen werden ergänzt durch den Eindruck der Befragten,dass der Richtervorbehalt seine Funktion nicht in ausrei-chendem Maße erfülle. Verwiesen wird in diesem Zusam-menhang auf die Arbeitsbelastung der Ermittlungsrichterund Prioritätssetzungen, die gefördert werden mag durchdie Einschätzung, dass die Verkehrsdatenabfrage einenim Vergleich zu anderen Ermittlungsmaßnahmen wenigerstarken Eingriff mit sich bringe. Freilich zeigen die Be-fragungen und Interviews auch, dass ein effizienter Rich-tervorbehalt nachdrücklich eingefordert wird.

VIII. Benachrichtigung und LöschungBenachrichtigung und Löschung von erhobenen Tele-kommunikationsdaten zeigen Probleme an. Nur für4 Prozent der Beschlüsse war eine Benachrichtigung derBetroffenen in den Akten dokumentiert. Ganz überwie-gend waren Benachrichtigungen jedenfalls in den Aktennicht enthalten. Die Beschuldigten konnten für 4 Prozentder Beschlüsse auf sonstige Weise Kenntnis erlangen undbei einem Drittel der betroffenen Beschuldigten war dieKenntnisnahme durch Akteneinsicht möglich. Die Befra-gungen und Interviews unterstreichen diese Befunde.Auch die Vernichtung der erhobenen Daten konnte denAkten nur in 3 Prozent der Verfahren entnommen werden.Die Vernichtung der Daten ist offensichtlich nicht die Re-gel, denn Staatsanwälte äußerten entweder, es sei nichtbekannt, ob die Vernichtung erfolge, oder, dass die Datennicht vernichtet werden.

IX. Effizienz der VerkehrsdatenabfrageDie Beurteilung der Effizienz ist wegen der skizziertenBeschränkungen der Untersuchungsanordnung lediglichüber verschiedene Indikatoren durchzuführen. Hierfürwurden die mit der Verkehrsdatenabfrage verfolgten Zieleidentifiziert, die aus den Akten entnehmbaren Erfolgedazu in Beziehung gesetzt, das Verhältnis zur Verfahrens-erledigung analysiert und schließlich Einstellungen undPerzeptionen aus Befragung und Interviews einbezogen.Im Zielbereich der Verkehrsdatenabfragen steht die Iden-tifizierung des noch unbekannten Täters im Vordergrund(40 Prozent). Es folgen die Ermittlung weiterer Tatbetei-ligter bzw. ihrer Anschlüsse (30 Prozent) und die Siche-rung von Beweisen (26 Prozent). Die Feststellung derGlaubwürdigkeit des Beschuldigten oder eines Zeugenwurde eher selten verfolgt (1 Prozent). Sonstige Ziele(5 Prozent) bezogen sich auf die Ermittlung von Liefer-und Absatzwegen, des Tatorts, von Bandenstrukturen, dieFeststellung der Aufenthaltsorte der Mittäter, das Auffin-den von geraubten Mobiltelefonen und die Ermittlungvon Zeugen. Für 43 Prozent der Beschlüsse konnte ausden Akten eine Erfolgseinschätzung entnommen werden.In diesen Fällen wurde bei 18 Prozent der Beschlüsse dieVerkehrsdatenabfrage in den Akten als erfolgreich einge-schätzt. 17 Prozent der Beschlüsse wurden in den Aktenals bedingt erfolgreich und 65 Prozent als nicht erfolg-reich bezeichnet. Diese Verteilungen sind angesichts deshohen Anteils an Unbekanntsachen und angesichts derEinstellungsrate erwartungsgemäß. Der am häufigsten fürdas Verfahren festgestellte konkrete Erfolg ist die Identifi-zierung des Beschuldigten (10,1 Prozent). Ebenfalls häu-fig sind die Feststellung weiterer Tatbeteiligter (6,6 Pro-zent), die Feststellung von Kommunikationspartnern desBeschuldigten (6 Prozent) sowie die Sicherung von Be-weisen (5,6 Prozent). Ein weiterer Indikator für die Effi-zienz der Verkehrsdatenabfrage liegt im Ausgang desVerfahrens. In knapp 60 Prozent der Fälle wurde das Ver-fahren eingestellt. Anklage (mit Strafbefehlsanträgen)wurde in 23 Prozent der Fälle erhoben. Insoweit reflek-tiert die Verfahrenserledigung die bekannten Problemeder Ermittlungen in Unbekanntsachen. Wenn Anklage er-hoben wurde, wurden die Angeklagten in 85 Prozent der

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Fälle verurteilt. Teileinstellung und Teilfreispruch erfolg-ten zu jeweils 1 Prozent. Freigesprochen wurden die Be-schuldigten in 6 Prozent der Fälle und in 7 Prozent derFälle wurde das Verfahren gegen die Angeklagten durchdas Gericht eingestellt. Zur Beurteilung der Effizienzkann nunmehr überprüft werden, wie das Verfahren abge-schlossen wurde, wenn die Verkehrsdatenabfrage erfolg-reich bzw. nicht erfolgreich war. Die Daten zeigen, dassin den Fällen, in denen die Verkehrsdatenabfrage in denAkten oder von den Bearbeitern der Akte als erfolgreicheingestuft wurde, die Anklagequote im Vergleich zu denanderen Fallgruppen deutlich erhöht ist. Dementspre-chend nimmt die Einstellungsquote mit der Erfolglosig-keit der Verkehrsdatenabfrage drastisch zu. Freilich han-delt es sich damit um einen Indikator, mit dem eineKausalität zwischen Verkehrsdatenabfrage und der Ent-scheidung über Anklage und Einstellung nicht hergestelltwerden kann. Schließlich entfaltet die Verkehrsdatenab-frage Wirkungen überwiegend im Ermittlungsverfahren.Insoweit teilt sie Eigenheiten der verdeckten Ermittlungs-methoden. In der Hauptverhandlung spielen die Dateneine untergeordnete Rolle. Vor allem das bei Vorhalt vonVerkehrsdaten erwirkte Geständnis des Beschuldigtenwird von interviewten Praktikern der Strafverfolgung her-vorgehoben, sowie die mehrfach erwähnte oder die nachder Verdachtserhärtung durch die Daten erfolgte Durch-suchung. In diesen Fällen würden die Daten dann nachdem Ermittlungsverfahren nicht mehr benötigt. Auch dieErgebnisse der Aktenauswertung bestätigen diese Ein-schätzung. Im Ermittlungsverfahren konnten sehr wich-tige Hinweise durch die Abfrage der Daten erlangt wer-den. In Anklage, Hauptverhandlung und Urteil war dieVerwendung der Daten jedoch relativ selten. Wenn sie al-lerdings in der Anklage aufgeführt wurden, nahmen sie inder Regel einen hohen Stellenwert ein. Für das Rechts-mittelverfahren spielen Verkehrsdatenabfragen nach Lageder Akten und ausweislich der Aussagen der Experten-interviews keine Rolle.

X. Interaktionen und Probleme in der Implementation

Untersuchungsgegenstand waren auch Interaktionen zwi-schen den verschiedenen, an dem Ablauf einer Verkehrs-datenabfrage Beteiligten und die Identifizierung von Pro-blemen. Sowohl die Ergebnisse der Befragungen als auchdie der Aktenanalyse zeigen, dass bei der Abfrage vonPersonendaten zu dynamischen IP-Adressen unterschied-liche Rechtsauffassungen vertreten werden und dahereine uneinheitliche Handhabung in der Praxis erfolgt.Während die Netzbetreiber zum Teil einen Beschlussnach §§ 100g, 100h StPO dafür verlangen, sind die Poli-zei- und Justizbehörden der Ansicht, dass die §§ 161, 163StPO i. V. m. § 113 TKG die einschlägige Rechtsgrund-lage sei. Hierdurch und durch weitere Konflikte, bei-spielsweise über Eilanordnungen, entstehen Reibungsver-luste, insbesondere in Form von Verzögerungen. Dementspricht es, wenn sich aus der Befragung deutlicheWahrnehmungen mangelnder Kooperationsbereitschaftseitens der Unternehmen ergeben. Probleme ergeben sich

nach Angaben der Praktiker aus Polizei und Justiz auchdaraus, dass die Netzbetreiber die Daten unterschiedlichlang speichern. Von den schriftlich befragten Staatsan-wälten wurde überwiegend eine Speicherdauer von sechsbis zu zwölf Monaten befürwortet. In den Akten spieltenfreilich die Probleme mit der Speicherung der Datenlediglich bei 63 Beschlüssen eine Rolle; das sind nichtmehr als etwa 2 Prozent aller untersuchten Fälle. Bei37 Beschlüssen waren die Daten bereits gelöscht und bei17 Beschlüssen nur teilanonymisiert gespeichert. Offen-sichtlich hat sich die Strafverfolgungspraxis auf die Spei-cherungspraktiken der Unternehmen eingestellt. Fernersind Verschlüsselungstechniken – jedenfalls als beson-deres Problem – in den Akten nicht dokumentiert undwerden als solches auch in den Befragungen und Inter-views nur von einer Minderheit überhaupt thematisiert.Aber auch diese Personengruppe kann selbst dann, wenntatsächlich Verschlüsselungstechniken zur Anwendungkamen, zumeist keine schwerwiegenden Auswirkungenauf den Ermittlungserfolg als Ganzes benennen, selbstwenn im Einzelfall ein Beschuldigter zunächst unidentifi-ziert blieb. Aus der Sicht von Telekommunikationsanbie-tern betreffen Probleme insbesondere fehlende Eindeutig-keit und Begrenzung der Beschlüsse. Während dieAnbieter sich teilweise zur Überprüfung der Anfragenauch in materieller Hinsicht verpflichtet sehen, wird ih-nen dieses Prüfungsrecht von den Polizei- und Justiz-behörden abgesprochen. Die Anbieter sehen sich freilichin einem ständigen Konflikt zwischen der Umsetzung derBeschlüsse und dem Schutz der Rechte ihrer Kunden.Konflikte zwischen Unternehmen und Strafverfolgungs-behörden können, wenn auch selten, eskalieren, in Formvon Hinweisen auf Zwangsmittel und die Einleitung vonVerfahren wegen Strafvereitelung. Von den Unternehmenwird eine Zentralisierung der Abfragen in den Strafver-folgungsbehörden als eine erfolgversprechende Strategiein der Lösung von Implementationsproblemen gesehen.Ferner wird nach besserer Schulung und Spezialisierungverlangt.

XI. Kosten

Hinsichtlich der Kosten der Verkehrsdatenabfragen ist zudifferenzieren zwischen Kosten, die die Einrichtung unddie Unterhaltung der für die Überwachung notwendigenOrganisation, Manpower, Hard- und Software betreffenund den Kosten, die für die einzelne Abfrage anfallen.Die Abfragekosten selbst scheinen über die durchschnitt-lichen Probleme hinaus keine Konfliktanlässe zu bieten.Die Infrastruktur- und Unterhaltungskosten stellen frei-lich, aus der Sicht der Unternehmen, ein ungelöstes Pro-blem dar. Zunehmende Relevanz wird mit Einführung derVorratsdatenspeicherung ferner die Sicherheit dieser Da-tenbestände erlangen. Neue Missbrauchsgefahren könnenhier technisch bedingt durch die Einrichtigung zusätzli-cher Schnittstellen entstehen, und zwar sowohl im Hin-blick auf Missbrauch von innen als auch im Hinblick aufunberechtigten Zugriff von außen. Die Forschungslage zudiesen Kosten zeigt freilich, dass bislang überzeugendeKostenanalysen nicht vorliegen.

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F. Empfehlungen

I. Materielle Voraussetzungen und Klarstellungen im Gesetz

Die Anknüpfung der Verkehrsdatenabfrage an den Be-griff der Straftat von erheblicher Bedeutung bei Verweisauf den Katalog des §100a StPO und die Tatbegehungdurch Endgeräte führt offensichtlich dazu, dass unter dasMerkmal der erheblichen Straftat auch Straftaten fallen,die allenfalls dem mittelschweren Kriminalitätsspektrumzuzuordnen sind. Dies ist offensichtlich dadurch bedingt,dass Veränderungen in der Tatphänomenologie spezi-fische Beweislagen mit sich bringen, in denen (ebensowie bei Straftatbegehung durch Endgeräte) die Verkehrs-daten den einzig sinnvollen Ansatz für Ermittlungenbieten. Mit der Erweiterung der erheblichen Bedeutungum den Nachweis auch für den Einzelfall (§100g I Nr. 1StPO) folgte die Reform (Bundesgesetzblatt 2007. I,Nr. 70, S. 3198) einerseits einer berechtigten Forderung,nämlich der materiellen Voraussetzung Flexibilität undDehnbarkeit nach unten zu entziehen; andererseits dürftesich damit der schon heute sichtbare Konflikt zwischenNutzung und Ausschöpfung von Ermittlungsansätzen unddem Schutz von Freiheitsrechten verstärken. Plausibelscheint, die Voraussetzung der Tatbegehung durch End-geräte zu ergänzen um eine weitere Fallgruppe, nämlichsolchen (auch leichten) Straftaten (Diebstahl von Mobil-telefonen etc.), bei denen offensichtlich der Weg über dieVerkehrsdaten der einzige Ermittlungsansatz ist.

Sowohl die Ergebnisse der Befragungen als auch die derAktenanalyse zeigen, dass die Abfrage von Personenda-ten zu dynamischen IP-Adressen in der Praxis im Unter-suchungszeitraum uneinheitlich gehandhabt wird. Mit§113 b Satz 1, Halbsatz 2 TKG wurde nunmehr eineNorm geschaffen, die jedenfalls auf einfachgesetzlicherGrundlage die Auskunft über Bestandsdaten erlaubt, auchwenn dabei auf Verkehrsdaten zurückgegriffen werdenmuss.

Wird eine Eilanordnung richterlich nicht bestätigt, sofolgte nach dem Regierungsentwurf ein Beweisverwer-tungsverbot für personenbezogene Daten, sofern nichtGefahr im Verzug bestand (§ 100b I StPO-E). Dies wurdeaber in der zum 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Fas-sung (§100b Abs. 1 Nr. 1 StPO) nicht übernommen.Insoweit wird das bestehende Konfliktpotential nichtbeseitigt. Das Verwertungsverbot hätte ferner kaum Aus-wirkungen haben können, weil die eigentlichen Wirkun-gen übermittelter Daten im Ermittlungsverfahren selbstliegen und sich darin auch erschöpfen.

II. Formelle Voraussetzungen

Eine wirksame Implementation des Richtervorbehaltswird auch für die Verkehrsdatenabfrage mit den perso-nellen Ressourcen bei Ermittlungsrichtern verbundenbleiben.

Die in §§100g II, Satz 1 in Verbindung mit §100b II StPOvorgesehene Befristung auf drei Monate sowie Verlänge-

rungsmöglichkeiten von jeweils drei Monaten dürften diepraktischen Bedürfnisse, wie sie sich in den Aktendatenund Befragungsergebnissen äußern, vollständig abde-cken.

III. Organisation und AbläufeKonfliktpotential entsteht nicht allein durch unterschied-liche Rechtsaufassungen, sondern auch dadurch, dasswenig Standardisierung zu beobachten ist. Hier stehensich typisches Justizhandeln und das auf effiziente Ab-läufe ausgerichtete Unternehmensmodell gegenüber. DieKonzentration auf Schwerpunktabteilungen in der Straf-verfolgung wäre überlegenswert.

Verbesserungen wären sicher auch möglich – wenngleichdurch die föderale Struktur in Deutschland nur schwierigumsetzbar – durch die Entwicklung eines Code ofPractice, der dem englischen Modell folgend gerade dieorganisatorischen und praktischen Elemente einer effi-zienten Verkehrsdatenabfrage enthält.

Nach der am 1. Januar in Kraft getretenen Reform ist dieBenachrichtigungspflicht in § 101 VI ff. StPO geregelt.Dabei ist festgelegt, dass Personen zu benachrichtigensind, soweit diese bekannt sind oder ihre Identifizierungohne unverhältnismäßige weitere Ermittlungen möglichist und nicht überwiegende schutzwürdige Belange ande-rer Betroffener entgegenstehen. Dadurch wird klarge-stellt, dass die unbekannten Inhaber von Rufnummernnicht erst identifiziert und dadurch Grundrechtseingriffenoch verstärkt werden sollen, nur um die Benachrichti-gungspflicht zu erfüllen. Hierfür bestand ebenso wie fürdie Dokumentationspflicht nach den Ergebnissen der Un-tersuchung Bedarf.

Dasselbe gilt für die Regelungen zu den Löschungspflich-ten.

IV. Statistik und EvaluationDie Verpflichtung zur statistischen Erfassung der Anord-nungen, zugrunde liegender Anlassstraftaten, Dauer derMaßnahme sowie ergebnisloser Maßnahmen, die nun-mehr in § 100g IV StPO enthalten ist, entspricht der Euro-päischen Richtlinie und ist dazu geeignet Grunddaten zurBeschreibung der Anwendung zu erzeugen.

Die Erkenntnismöglichkeiten würden sich erweitern,wenn bereits an die Erhebung von Daten zu beantragtenAnordnungen angeknüpft würde.

Ferner könnten die Kosten (ähnlich australischen undnordamerikanischen Erfassungen) aufgenommen werden.

V. Speicherungsdauer VerkehrsdatenDie Festlegung einer Speicherungsfrist von sechs Mona-ten und damit am Minimum der EU-Richtlinie ist nachden sekundaranalytischen Feststellungen und den Ergeb-nissen der empirischen Untersuchung begründet. Aus derStudie lassen sich keine Hinweise entnehmen, dass einedarüber hinausgehende Speicherung die Aufklärungs-

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 237 – Drucksache 16/8434

quote bedeutsam erhöhen würde. Zwar werden aus derBefragung von Staatsanwälten Interessen an einer Spei-cherungsdauer von bis zu zwölf Monaten sichtbar. Dochweist die Aktenanalyse selbst unter den heutigen rechtli-chen Bedingungen nur für etwa 2 Prozent der Abfragennach, dass sie wegen Löschungen ins Leere gehen.

VI. PrüfungsrechtEinige Telekommunikationsunternehmen reklamierenbislang offenbar eine Art „materielles Prüfungsrecht“ hin-sichtlich der eingehenden Auskunftsanordnungen. Hierscheint aus Sicht dieser Unternehmen eine gewisse Un-klarheit zu bestehen. Einerseits obliegt ihnen aus demTKG die Sorgfaltspflicht bezüglich des Schutzes deranfallenden Kundendaten. Hierunter ist sicherlich eineformale Überprüfung der Richtigkeit der eingehendenBeschlüsse einschließlich der Personenidentität und An-schlussdaten (Rufnummern, IP-Adressen, etc.) zu fassen.Unzutreffend wäre jedoch, ebenso unstreitig, die Einräu-mung einer materiellen Kompetenz hinsichtlich richter-licher Beschlüsse. Nicht ganz so eindeutig verhält es sich

freilich, wenn ein Eilantrag innerhalb der gesetzlichenFrist keine richterliche Bestätigung erhält. Für diese Fällewäre eine gesetzliche Klarstellung erwägenswert.

VII. Entschädigung

Über die Kostenerstattung im Einzelfall hinaus ist an dieTeilung der Kosten für Entwicklung und Unterhaltung derÜberwachungs- und Kooperationssysteme zwischen Staatund Unternehmen zu denken. Hier könnte sich eine allge-meine, gegebenenfalls vom Einzelfall losgelöste Entschä-digungsregelung im Rahmen des TKG empfehlen, um diein der Literatur vorherrschenden Bedenken469 gegen diezunehmende Inanspruchnahme der Telekommunikations-anbieter im Rahmen der Telekommunikationsüberwa-chung dauerhaft entkräften.

469 Bekanntlich ist gegenwärtig eine Verfassungsbeschwerde des VATMu. a. gegen die derzeitige Entschädigungsregelung im Zusammen-hang mit der Auslandskopfüberwachung anhängig. Siehe für weitereEinzelheiten Kilchling 2008.

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Drucksache 16/8434 – 238 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 243 – Drucksache 16/8434

Anhang

A. Fragebogen für die Aktenanalyse

Verfahren

v001 Fall_Nr. (Bearbeiternr.2stellig;Anzahl bearbeiteter Akten 3stellig:z.B. 05025): .........................

v002 AZ: ........................................................................

v003 Landgerichtsbezirk: ........................................................................

v004 Bundesland 1 Baden-Württemberg 2 Berlin 3 Nordrhein-Westfalen

4 Mecklenburg-Vorpommern

v005 Datum der Einleitung eines polizeilichen Ermittlungsverfahrens: .........................................

v006 Datum des polizeilichen Abschlussberichts/des Schlussvermerks: .........................................

v007 Inhalt Polizeilicher Abschlussbericht 1 Tat(en) gelten als aufgeklärt 2 Ermittlungen werden erfolglos eingestellt

0 Sonstiges: .................................................

v008 Worauf wird das Ermittlungsergebnis im Abschlussbericht gestützt? (Mehrfachnennungen)1 TK-Daten 2 TÜ

3 Zeugenaussagen 4 Aussage V-Person 5 Aussage verdeckter Ermittler 6 Andere sachliche Beweismittel (Augenschein, Urkunde, SV) 0 Sonstiges: ....................................

v009 Werden TK-Daten im Abschlußbericht erwähnt? 1 ja 2 teilweise: .................................. 3 nein 0 Sonstiges: ...................................

v010 Ermittelnde Polizeibehörde (Polizeilicher Abschlussbericht) 1 Kripo 2 Schutzpolizei 3 LKA 4 BKA 5 BGS

6 GER (Gemeinsame Ermittlungsgruppe Rauschgift) 7 ZKA (Zollkriminalamt) 0 Sonstiges: ....................................

v011 Dezernat 1 OK/Bande 2 BtM 3 Wirtschaftskriminalität 4 Jugendsachen 5 Allgemeines Dezernat 0 Sonstiges:....................................

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Drucksache 16/8434 – 244 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

v012 Datum der ersten Einschaltung der StA: ....................................

v013 Grund der Einschaltung der StA 1 Allgemeine Anzeige 2 Anregung §§100gh-Maßnahme 3 Anregung TÜ 4 Anregung Haftbefehl 5 Anregung Durchsuchung 6 Anregung Verdeckter Ermittler 7 Anregung Wohnraumüberwachung 8 Anregung Beschlagnahme 9 Anregung andere technische Maßnahmen

0 Sonstiges:....................................

v014 Verfahren gegen Unbekannt 1 ja 2 nein 3 zunächst ja, später Beschuldigter bekannt

v015 Gegen wie viele Personen wird ermittelt: .........................

v016 Anzahl der als Beschuldigte geführten Personen: .....................

Tatphänomenologie

Politische Delikte (§ 100a Satz 1 Nr. 1a StPO) v017 Welche Art: (Schwerpunkt) 1 Friedensverrat (§§ 80-80a StGB) 2 Hochverrat (§§ 81-82 StGB) 3 Gefährdung des demokratischen Rechtsstaats (§§ 84-86, 87-89 StGB) 4 Landesverrat (§§ 94 StGB) 5 Gefährdung der äußeren Sicherheit (§§ 95-100a StGB) 0 Sonstige: .................................

v018 Politische Delikte: Gesamtgruppe? 1 ja 2 nein

Straftaten gegen die Landesverteidigung (§ 100a Satz 1 Nr. 1b StPO) v019 Welche Art: 1 § 109d StGB 2 § 109e StGB 3 § 109f StGB 4 § 109g StGB 5 § 109h StGB

v020 Straftaten nach § 100a Satz 1 Nr. 1b StPO: Gesamtgruppe? 1 ja 2 nein

Vereinigungsdelikte (§ 100a Satz 1 Nr. 1c StPO)

v021 Welche Art: 1 Kriminelle Vereinigung (§ 129 StGB) 2 Terroristische Vereinigung (§ 129a StGB) 3 Kriminelle und terroristische Vereinigungen im Ausland (§ 129b StGB) 4 Volksverhetzung (§ 130 StGB) 5 § 95 Abs. 1 Nr. 8 AufenthG (Geheime Vereinigung) 0 Sonstige: ....................................

v022 Gruppenbezeichnung: ........................................................v023 Anzahl der Personen der Vereinigung: .................................

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 245 – Drucksache 16/8434

v024 Kurze Schilderung des Sachverhalts (Stichworte): ...........................................................................................................................................................................................................................

v025 Vereinigungsdelikte: Gesamtgruppe? 1 ja 2 nein

Anstiftung und Beihilfe zur Fahnenflucht oder Anstiftung zum Ungehorsam (§ 100a Satz 1 Nr. 1d StPO) v026 Welche Art: 1 Anstiftung zur Fahnenflucht 2 Beihilfe zur Fahnenflucht 3 Anstiftung zum Ungehorsam

v027 Delikte i.S.d. § 100a Satz 1 Nr. 1d StPO: Gesamtgruppe? 1 ja 2 nein

Straftaten i.S.d. § 100a Satz 1 Nr. 1e StPO

v028 Wenn Straftat i.S.d. § 100a Satz 1 Nr. 1e StPO, welche Art: ...................

v029 Delikte i.S.d. § 100a Satz 1 Nr. 1e StPO: Gesamtgruppe? 1 ja 2 nein

Fälschungsdelikte

v030 Welches Delikt: 1 Geldfälschung (§ 146 StGB) 2 Wertpapierfälschung (§ 151 StGB) 3 Geld-/Wertpapierfälschung bei fremdem Währungsgebiet (§ 152 StGB) 0 Sonstige: .....................

v031 Währung: .........................

v032 Wertpapiere (Art): .........................

v033 Größenordnung/Wert (in EUR): .........................

v034 Fälschungsdelikte: Gesamtgruppe? 1 ja 2 nein

Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung

v035 Welche Art: 1 Schwerer sexueller Missbrauch von Kindern (§ 176a Abs. 1-3, 5 StGB) 2 Sexueller Missbrauch von Kindern mit Todesfolge (§ 176b StGB) 3 Sexueller Missbrauch von Kindern (§ 176 StGB) 4 Vergewaltigung/Sexuelle Nötigung (§ 177 StGB) 5 Vergewaltigung/Sexuelle Nötigung mit Todesfolge (§ 178 StGB) 6 Sexueller Missbrauch von Jugendlichen (§ 182 StGB) 0 Sonstige: ...........................

v036 Anzahl der Opfer: ......................

v037 Kam es zum Tod und/oder zur Körperverletzung eines Opfers? 1 Tod 2 leichte Körperverletzung 3 mittlere Körperverletzung 4 schwere Körperverletzung v038 Täter-Opfer-Beziehungen:

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Drucksache 16/8434 – 246 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

1 Familie 2 Verwandtschaft 3 Freunde/Bekannte 4 Keine Beziehung

v039 Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung: Gesamtgruppe? 1 ja 2 nein

Verbreitung pornographischer Schriften v040 Welche Art: 1 Verbreitung pornografischer Schriften

2 § 184b Abs.3 StGB (Verbr. p. Schriften als Mitglied einer Bande oder gewerbsmäßig) 0 Sonstige: ..........................

v041 Kurze Sachverhaltsschilderung (in Stichworten): ......................................................................... ........................................................................................................................................................

v042 Wenn mittels Endeinrichtung begangen, welche Art von Endeinrichtung: (MN möglich) 1 Telefon

2 Handy 3 Fax 4 Computer 0 Sonstige: .............................

v043 Verbreitung pornographischer Schriften: Gesamtgruppe? 1 ja 2 nein

Tötungsdeliktev044 Welche Art: 1 Mord 2 Totschlag 3 Völkermord 4 Tötung auf Verlangen 0 Sonstige: .....................

v045 Anzahl der Opfer: ...........................................

v046 Erscheinungsbild 1 Beziehungstat 2 Verdeckungstat 3 Raubmord 4 Sexualmord 0 Sonstige: ...................

v047 Tötungsdelikte: Gesamtgruppe? 1 ja 2 nein

Straftaten gegen die persönliche Freiheit

v048 Welche Art: 1 Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung (§ 232 StGB) 2 Spezialfall des § 232 Abs. 3, 4, 5 StGB 3 Menschenhandel zum Zweck der Ausbeutung der Arbeitskraft (§ 233 StGB) 4 Spezialfall des § 233 Abs. 3 StGB 5 Menschenraub (§ 234 StGB) 6 Verschleppung (§ 234a StGB) 7 Erpresserischer Menschenraub (§ 239a StGB) 8 Geiselnahme (§ 239b StGB) 9 Entziehung Minderjähriger (§ 235 StGB)

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 247 – Drucksache 16/8434

10 Kinderhandel (§ 236 StGB) 11 Freiheitsberaubung (§ 239 StGB) 12 Nötigung (§ 240 StGB) 13 Bedrohung (§ 241 StGB) 0 Sonstige: ...........................

v049 Wenn Bedrohung mittels Endeinrichtung begangen, mittels welcher Endeinrichtung: 1 Telefon

2 Handy 3 Fax 4 Computer 0 Sonstige:.............................

v050 Größenordnung (Anzahl der Personen): .................................................................

v051 Kam es zum Tod und/oder zur Körperverletzung von Personen? 1 Tod 2 leichte Körperverletzung 3 mittlere Körperverletzung 4 schwere Körperverletzung

v052 Straftaten gegen die persönliche Freiheit: Gesamtgruppe? 1 ja 2 nein

Diebstahl v053 Welche Art: 1 Diebstahl (§ 242 StGB) 2 Besonders schwerer Fall des Diebstahls (§ 243 StGB) 3 Diebstahl mit Waffen (§ 244 I Nr. 1 StGB) 4 Bandendiebstahl (§ 244 I Nr. 2 StGB) 5 Wohnungseinbruchsdiebstahl (§ 244 I Nr. 3 StGB) 6 Schwerer Bandendiebstahl (§ 244a StGB) 0 Sonstige: .......................

v054 Besonderes Erscheinungsbild: 1 Kfz-Diebstahl 2 Einbruchsdiebstahl 0 Sonstiges: ....................

v055 Anzahl der angenommenen Delikte: ......................

v056 Schadenshöhe (EUR): ...........................

v057 Wenn Opfer juristische Person: 1 Staat 2 Bank/Zahlstellen 3 Betriebe 4 Einzelhandelsgeschäfte 5 Versicherung

v058 Diebstahl: Gesamtgruppe? 1 ja 2 nein

Raub und (räuberische) Erpressung v059 Welche Art: 1 Raub (§ 249 StGB) 2 Schwerer Raub (§ 250 StGB) 3 Raub mit Todesfolge (§ 251 StGB) 4 Räuberischer Diebstahl (§ 252 StGB) 5 Erpressung (§ 253 StGB)

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Drucksache 16/8434 – 248 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

6 Räuberische Erpressung (§ 255 StGB)

v060 Besonderes Erscheinungsbild 1 Bankraub 2 Sonstige Geschäfte 3 Wohnungsraub 4 Straßenraub 0 Sonstiges: .....................

v061 Höhe des Schadens (in EUR): ...........................................

v061a Wenn mittels Endeinrichtung begangen, welche Art von Endeinrichtung: 1 Telefon

2 Handy 3 Fax 4 Computer 0 sonstige:.............................

v062 Raub/Erpressung: Gesamtgruppe? 1 ja 2 nein

Hehlereiv063 Welche Art: 1 Hehlerei (§ 259 StGB) 2 Gewerbsmäßige Hehlerei (§ 260 StGB) 3 Bandenhehlerei (§ 260 StGB) 4 Gewerbsmäßige Bandenhehlerei (§ 260a StGB)

v064 Größenordnung (in EUR): .......................................................

v065 Hehlerei: Gesamtgruppe? 1 ja 2 nein

Geldwäsche und Verschleierung unrechtmäßig erlangter Vermögenswerte

v066 Welche Art: 1 Geldwäsche 2 Verschleierung unrechtmäßig erlangter Vermögenswerte 3 Spezialfall des § 261 Abs. 1, 2 o. 4 StGB

v067 Größenordnung (in EUR): ...........................................................

v068 Geldwäsche/Verschleierung: Gesamtgruppe? 1 ja 2 nein

Gemeingefährliche Straftaten

v069 Welche Art: 1 Brandstiftung (§ 306 StGB) 2 Schwere Brandstiftung (§ 306a StGB) 3 Besonders schwere Brandstiftung (§ 306b StGB) 4 Brandstiftung mit Todesfolge (§ 306c StGB) 5 Vorsätzliches Herbeiführen einer Explosion durch Kernenergie, § 307 Abs. 1-3 StGB 6 Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion (§ 308 StGB) 7 Missbrauch ionisierender Strahlen (§ 309 Abs.1-4 StGB) 8 Vorbereitung eines Explosions- oder Strahlungsverbrechens (§ 310 Abs. 1 StGB) 9 Herbeiführung einer Überschwemmung (§ 313 StGB) 10 Gemeingefährliche Vergiftung (§ 314 StGB) 11 Gefährl. Eingriff in den Bahn-, Schiffs- und Luftverkehr (§ 315 StGB) 12 Qualifikation § 315 Abs. 3 StGB

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 249 – Drucksache 16/8434

13 Gefährl. Eingriff in den Straßenverkehr (§ 315b StGB) 14 Qualifikation § 315b Abs. 3 StGB 15 Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315c StGB) 16 räuberischer Angriff auf Kraftfahrer (§ 316a StGB) 17 Angriffe auf den Luft- und Seeverkehr (§ 316c StGB) 0 Sonstige: ..........................

v070 Schadenshöhe (in EUR):...........................................................

v071 Anzahl der gefährdeten Personen: ...................

v072 Möglicher Sachschaden: .................

v073 Kam es zum Tod und/oder zu Körperverletzungen von Personen 1 Tod 2 leichte Körperverletzung 3 mittlere Körperverletzung 4 schwere Körperverletzung

v074 Gemeingefährliche Straftaten: Gesamtgruppe? 1 ja 2 nein

Verstöße gegen das Waffengesetz

v075 Welche Art: 1 § 51 WaffG 2 § 52 WaffG 0 Sonstige: ...................

v076 Größenordnung (Anzahl/Bezeichnung): ..............................................................

v077 Wert (in EUR): .................................

v078 Waffen: Gesamtgruppe? 1 ja 2 nein

Verstöße gegen das Außenwirtschaftsgesetz v079 Welche Art: 1 § 34 Abs. 1-6 AußenwirtG (i.V.m. KrWKG)

2 § 19 Abs. 1-3 AußenwirtG (i.V.m. KrWKG) 3 § 20 Abs. 1 oder 2 AußenwirtG (i.V.m. KrWKG) 0 Sonstige: ...................................

v080 Tatobjekt (in Stichworten): ..............................................................

v081 Außenwirtschaft: Gesamtgruppe? 1 ja 2 nein

Betäubungsmitteldelikte

v082 Welche Art: 1 § 29 BtMG 2 Spezialfall § 29 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BtMG 3 § 29a BtMG 4 § 30 (Abs. 1 Nr. 1, 2, 4) BtMG 5 § 30a BtMG 6 § 30b BtMG 7 Sonstige: ..........................................

v083 Wenn Betäubungsmitteldelikte: Art der Drogen?

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Drucksache 16/8434 – 250 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

1 Heroin 2 Kokain 3 Haschisch 4 Amphetamine 5 Ecstasy 0 Sonstiges: .......................

v084 Menge (in Gramm): ....................................................

v084a Menge (Anzahl der Tabletten): .............................................

v085 (Vermutete) Dauer des Handels/Vertriebs (in Monaten): ...................................................

v086 Einordnung bei Handel/Vertrieb 1 Kleinverteiler (Grammbereich und direkter Kontakt mit Konsumenten)2 Zwischenhandel 3 Großhandel (ab Kilobereich)

v087 Grenzüberschreitende Elemente 1 Typische Einkaufsfahrten 2 Feste Lieferanten im Ausland 3 Dauerhaft grenzüberschreitende Struktur 4 Nein

v088 BtM: Gesamtgruppe? 1 ja 2 nein

Verstöße gegen das Ausländerrecht

v089 Welche Art: 1 § 92a AuslG bzw. § 96 Abs. 2 AufenthG (Einschleusen von Ausländern) 2 § 92b AuslG bzw. § 97 AufenthG (gewerbs- u. bandenmäßiges Einschleusen) 3 andere §§ im AuslG bzw. AufenthG: ................................ 4 §§ 84 Abs. 3, 84a AsylVfG (gewerbs- o. bandenmäßige Verleitung zur

missbräuchlichen Asylantragstellung) 5 andere §§ im AsylVfG: ............................... 0 Sonstiges: ................................

v090 Größenordnung (Anzahl der Personen): ........................................

v091 Ausländerrecht: Gesamtgruppe? 1 ja 2 nein

Betrugv092 Welche Art: 1 Betrug (§ 263 StGB) 2 Besonders schwerer Fall des Betrugs (welche Art): ............................... 3 Computerbetrug (§ 263a StGB) 0 Sonstige

v093 Besonderes Erscheinungsbild 1 Bankbetrug 2 Wirtschaftsbetrug 3 Enkeltrick 4 Ebay-/Internetbetrug/Warenbestellbetrug 0 Sonstiges ......

v094 Höhe des Schadens (in EUR): ...........................................

v095 Wenn mittels Endeinrichtung begangen, welche Art von Endeinrichtung:

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 251 – Drucksache 16/8434

1 Telefon 2 Handy

3 Fax 4 Computer 0 sonstige:.............................

v096 Betrug: Gesamtgruppe? 1 ja 2 nein

Körperverletzungsdeliktev097 Welches Delikt: 1 Körperverletzung (§ 223 StGB) 2 Gefährliche Körperverletzung (§ 224 StGB) 3 Schwere Körperverletzung (§ 226 StGB) 4 Körperverletzung mit Todesfolge (§ 227 StGB) 0 Sonstiges: ..............................................

v098 Anzahl der Opfer: .......................................................

v099 Verletzungsintensität 1 Leicht (keine ärztliche Behandlung)2 Mittel (ärztliche Behandlung)3 Schwer (Krankenhaus)

v100 Körperverletzung: Gesamtgruppe? 1 ja 2 nein

Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten, § 126 StGB v101 Androhung von Straftaten 1 ja 2 nein

v102 Wenn mittels Endeinrichtung begangen, welche Art von Endeinrichtung? 1 Telefon

2 Handy 3 Fax 4 Computer 0 Sonstige: .............................

v103 Kurze Sachverhaltsschilderung: ......................................................................

v104 Androhung von Straftaten: Gesamtgruppe? 1 ja 2 nein

Beleidigungv105 Welche Art: 1 Beleidigung (§ 185 StGB) 2 Üble Nachrede (§ 186 StGB) 3 Verleumdung (§ 187 StGB) 4 Üble Nachrede und Verleumdung gg. Personen des politischen Lebens (§ 188 StGB)

5 Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener (§ 189 StGB)

v106 Besondere Art der Beleidigung 1 sexueller Hintergrund 2 rassistischer Hintergrund 0 Sonstiges: .............................

v107 Wenn mittels Endeinrichtung begangen, welche Art von Endeinrichtung: 1 Telefon

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Drucksache 16/8434 – 252 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

2 Handy 3 Fax 4 Computer 0 Sonstige:.............................

v108 Beleidigung: Gesamtgruppe? 1 ja 2 nein

Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen, § 86 StGBv109 Wenn Verbreitung i.S.v. § 86 StGB, welche Art: ........................................

v110 Verbreitung Propagandamittel: Gesamtgruppe? 1 ja 2 nein

Spezielle Computerkriminalität v111 Welche Art: 1 Datenveränderung (§ 303a StGB) 2 Computersabotage (§ 303b StGB) 3 Ausspähen von Daten (§ 202a StGB) 4 Softwarepiraterie und sonstige Urheberrechtsverletzungen

0 Sonstiges: ............................................................................

v112 Umfang: ................................................................

v113 Spezielle Computerkriminalität: Gesamtgruppe? 1 ja 2 nein

Missbrauch von Notrufen v114 Missbrauch von Notrufen 1 ja 2 nein

v115 Umfang (Anzahl der Anrufe): ..........................................

v116 Missbrauch von Notrufen: Gesamtgruppe? 1 ja 2 nein

Allgemein zu Tatausführungen

v117 Gruppenbegehung 1 ja 2 nein

v118 Anzahl der Beteiligten: .........................................................

v119 Schusswaffen 1 ja 2 nein 3 benutzt (gedroht)4 benutzt (geschossen)5 Scheinwaffe (mitgeführt)6 Scheinwaffe (gedroht)

OK-Elemente

v120 Hinweise auf OK-Elemente (Mehrfachnennungen möglich) 1 Gewinn- und Machtstreben

2 planmäßige Begehung von Straftaten 3 Erheblichkeit der Straftaten (einzeln oder in der Gesamtheit)

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 253 – Drucksache 16/8434

4 mehr als 2 Beteiligte 5 längere/unbestimmte Dauer des Zusammenwirkens 6 arbeitsteiliges Handeln 7 gewerbliche/geschäftsähnliche Strukturen 8 Anwendung von Gewalt/anderen Einschüchterungsmitteln 9 Einflussnahme von Politik, Medien, Justiz oder Wirtschaft (z.B. Korruption) 0 Sonstiges: ......................................................

v121 Hierarchischer Aufbau der Gruppe? 1 ja 2 nein

v122 Deliktischer Schwerpunkt: ..........................................

v123 Räumliche Dimensionen 1 Regional 2 National/mehrere Bundesländer 3 International/grenzüberschreitend

v124 Hinweise auf erzielte Gewinne 1 ja 2 nein

v125 Größenordnung der (geschätzten) Gewinne (in EUR): ..........................................

Kosten/Dauer/Vernichtung

v126 Konnten in dem Verfahren Verbindungsdaten abgefragt werden: 1 ja 2 nein

v127 Hinweise auf Vernichtung 1 ja, alle nicht mehr erforderlichen Unterlagen vernichtet 2 Teilweise vernichtet: ............................. 3 Keine Vernichtung 4 Keine Hinweise

v128 Vernichtung in Akten vermerkt? 1 ja 2 nein

v129 Datum der Vernichtung: ........................

v130 Durch wen erfolgte die Vernichtung? 1 Polizei 2 StA 0 sonstige

v131 Bei Vernichtung durch Polizei: Erfolgte die Vernichtung unter Aufsicht der StA? 1 ja 2 nein

v132 Erfolgte eine Niederschrift über die Vernichtung (§ 100b VI 2 StPO)? 1 ja 2 nein

v133 Gesamtkosten der Auskunftserteilung (EUR): ...............................................

v134 Welche Netzanbieter wurden in diesem Verfahren zur Auskunft verpflichtet: (MN) 1 Arcor

2 E-Plus 3 o2

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Drucksache 16/8434 – 254 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

4 T-Com 5 T-Mobile 6 Vodafone 0 Sonstige: .............................

v135 Netzanbieterkosten (EUR): ...........................................................................................................

v136 An wen ging die Rechnung der Netzanbieter: ...............................................................................

v137 In welchem Umfang wurden Netzanbietern Kosten ersetzt: .........................................................

v138 Von wem wurden den Netzanbietern die Kosten ersetzt: ..............................................................

v139 sonstige Kosten für Auskunftserteilung (Grund und Betrag): ......................................................

v140 Erfolg der Auskunftserteilung 1 ja, in Akte als erfolgreich eingestuft 2 nein, in Akte ausdrücklich als nicht erfolgreich eingestuft 3 ja, nach Einschätzung des Bearbeiters 4 bedingt, nach Einschätzung des Bearbeiters 5 nein, nach Einschätzung des Bearbeiters

Internationale Rechtshilfe v141 Rechtshilfeersuchen

1 ja 2 nein

v142 Rechtshilfe liegt vor (durchgeführt)1 ja 2 nein

v143 Länder: ...................................................................................................

v144 Rechtshilfeinhalt (Stichworte): ......................................................................................

v145 TK-Daten-bezogene Rechtshilfe? 1 ja 2 nein

v146 Wenn TK-Daten-bezogen 1 Auskunftserteilung im Ausland 2 Auskunftserteilung im Inland

v147 Wesentliches Ergebnis der Rechtshilfe (in Stichworten): ...........................................................

Sonstige Bemerkungen der Bearbeiterin /des Bearbeiters

v148 Hinweise mit TK-Daten-Bezug (Autor, Inhalt in Stichworten): ..................................................................................................................................................... ..................................................................................................................................................... .....................................................................................................................................................

v149 Sonstige Bemerkungen (Kurzzusammenfassung und sonstiges)..................................................................................................................................................... ..................................................................................................................................................... ......................................................................................................................................................

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 255 – Drucksache 16/8434

Beschluss

v001 Fall_Nr.(Bearbeiternr.2stellig; Anzahl bearbeiteter Akten 3stellig; z.B. 05025): ........................

s01 Beschluss_Nr: .........................................

s01a AZ: .........................................................

s02 Katalogdelikt i.S.v. § 100a StPO (Mehrfachnennungen möglich)1 Friedensverrat, Hochverrat, Landesverrat etc. (§ 100a Satz 1 Nr.1a StPO) 2 Landesverteidigung (§ 100a Satz 1 Nr. 1b StPO) 3 Öffentliche Ordnung (§ 100a Satz 1 Nr. 1c StPO) 4 Fahnenflucht, Anstiftung zum Ungehorsam (§ 100a Satz 1 Nr. 1d StPO) 5 NATO-Truppen (§ 100a Satz 1 Nr. 1e StPO) 6 Geld- oder Wertpapierfälschung (§ 100a Satz 1 Nr.2 StPO) 7 Schw. sex. Missbrauch v. Kindern u. mit Todesfolge (§ 100a Satz 1 Nr. 2 StPO) 8 Verbreitung pornografischer Schriften (§ 100a Satz 1 Nr. 2 StPO) 9 Mord, Totschlag, Völkermord (§ 100a Satz 1 Nr.2 StPO) 10 Straftaten gegen die persönliche Freiheit (§ 100a Satz 1 Nr.2 StPO) 11 Bandendiebstahl, schwerer Bandendiebstahl (§ 100a Satz 1 Nr.2 StPO) 12 Raub, räuberische Erpressung (§ 100a Satz 1 Nr.2 StPO) 13 Erpressung (§ 100a Satz 1 Nr.2 StPO) 14 Gewerbsmäßige Hehlerei, Bandenhehlerei etc. (§ 100a Satz 1 Nr.2 StPO) 15 Geldwäsche, etc. (§ 100a Satz 1 Nr.2 StPO) 16 gemeingefährliche Straftaten (§ 100a Satz 1 Nr.2 StPO) 17 WaffG, Außenwirtschaftsgesetz, KrKG (§ 100a Satz 1 Nr.3 StPO) 18 BtMG (§ 100a Satz 1 Nr.4 StPO) 19 AuslG/AufenthG, AsylVfG (§ 100a Satz 1 Nr.5 StPO)

s03 Andere Straftaten von erheblicher Bedeutung/mittels Endeinrichtung begangene Straftaten 1 Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung (§§ 176, 177, 178, 182 StGB)

2 Straftaten gegen die persönliche Freiheit (§§ 232, 233, 234, 235, 236, 239, 240, 241) 3 Diebstahl/Raub (§§ 242, 243, 244 I Nr. 1, 3, 252 StGB)

4 Hehlerei (§ 259 StGB) 5 Geldwäsche und Verschleierung unrechtmäßig erlangter Vermögenswerte

(nicht § 261 Abs. 1, 2 o. 4 StGB) 6 Gemeingefährliche Straftaten (§§ 315 - nicht Abs.3, 315b - nicht Abs.3, 315c StGB)

7 Verstöße gegen WaffG, die nicht in § 100a Satz 1 Nr. 3 StPO aufgeführt sind 8 Verstöße gegen AußenwirtG, die nicht in § 100a Satz 1 Nr. 3 StPO aufgeführt sind 9 Verstöße gegen BtMG, die nicht in § 100a Satz 1 Nr. 4 StPO aufgeführt sind 10 Verstöße gegen Ausländerrecht, die nicht in § 100a Satz 1 Nr. 5 StPO aufgeführt sind 11 Betrug (§§ 263, 263a StGB) 12 Körperverletzungsdelikte (§§ 223, 224, 226, 227 StGB) 13 Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten, § 126 StGB

14 Beleidigung (§§ 185, 186, 187, 188, 189 StGB) 15 Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen, § 86 StGB 16 Spezielle Computerkriminalität (§§ 303a, 303b, 202a StGB)

17 Missbrauch von Notrufen 0 Sonstiges: ........................................

s04 Falls mittels Endeinrichtung begangen: mittels welcher 1 Telefon 2 Handy 3 Fax 4 Computer 0 Sonstiges: ....................................

s05 Ermittlungsstand vor erster Auskunftsanordnung: ............................................................

s06 Datum Anregung: .....................................................................

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Drucksache 16/8434 – 256 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

s07 Von wem geht die Initiative zur Antragstellung aus? 1 Polizei 2 Staatsanwaltschaft 3 Richter

s08 Datum Antrag/ Eilmaßnahme: ..................................................

s09 Bezeichnung der Rechtsgrundlage im Antrag: 1 §§ 100g, 100h StPO 2 § 89 TKG (a.F.)/ § 113 TKG (n.F.) 3 §§ 100g, 100h StPO/TKG 4 Sonstiges: ………………….

s10 Wurde §§100gh-Beschluß ursprünglich als erforderlich angesehen? 1 ja 2 nein

s11 Wenn nein, Gründe für §§ 100gh-Beschluss (z.B. Verlangen der Netzbetreiber): ......................................................................................................................................

s12 Was wurde ursprünglich für ausreichend angesehen? (z.B. § 113 TKG) ....................

s13 In welcher staatsanwaltschaftlichen Abteilung wird die Maßnahme beantragt? 1 Organisierte Kriminalität 2 BtM 3 Wirtschaftsdelikte 4 Allgemeines Dezernat/Abteilung 5 Sexualstraftaten 6 Abteilung „Verbreitung kinderpornographischer Schriften“ 0 Sonstige: ...................................

s14 Hinweise auf informelle Besprechungen vor Antragstellung: 1 ja 2 nein

s15 Wenn ja, welchen Inhalt hatten diese: .......................................................................

s16 Datum Beschluss (bei Eilanordnung: Datum Bestätigungsbeschluss): .........................................

s17 Anzahl der Anschlüsse: ..............................................................

s18 Ziel der Auskunftsanordnung: 1 Allgemeine Feststellung von Beweismaterial/ Sachverhaltserforschung

2 Spezielle Zielsetzung (für alle Anschlüsse gleich) 3 Spezielle Zielsetzung (anschlussspezifisch)

s19 Polizei-Begründung (in Stichworten) ....................................................................

s20 Ergebnis der Einschaltung der StA wegen TK-Daten 1 Maßnahme wird beim Richter beantragt 2 Maßnahme wird im Eilverfahren angeordnet

3 Maßnahme wurde nicht angeregt/beantragt, aber vom Richter beschlossen 0 Sonstiges: .............................

s21 Begründung des Antrags auf Auskunftserteilung/der Eilanordnung durch StA

1 Formelhaft 2 Vordruck/ Formblatt 3 Verweis auf Polizei-Begründung 4 Begründung mit der Gesetzesformel

5 Substantiell begründet (z.B. Auseinandersetzung mit anderen Ermittlungsmaßnahmen6 Verweis auf Erstbegründung

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 257 – Drucksache 16/8434

7 telefonischer Antrag, daher Begründung unbekannt 8 StA schickt Beschluss-Entwurf für Richter mit 0 Sonstiges: ................................

s22 StA-Begründung (in Stichworten): ...................................................................

s23 Anzahl Zeilen der Antragsgründe: ..................................................................

s24 Begründung der richterlichen Entscheidung 1 Formelhaft 2 Vordruck/Formblatt 3 Verweis auf Polizei-Begründung 4 Verweis auf StA-Begründung 5 Begründung mit Gesetzesformel 6 Substantiell begründet (z.B. Auseinandersetzung mit anderen Erm.möglichkeiten)7 Verweis auf Erstbegründung 8 Wie Antrag ausgefertigt 9 Richter unterschreibt lediglich den mitgeschickten Beschluss(entwurf) der StA 0 Sonstiges: ........................................

s25 Richter-Begründung (in Stichworten): ...................................................................

s26 Anzahl Zeilen der Beschlussbegründung ..............................................................

s27 Bei Eilanordnung: Wann erfolgte richterliche Bestätigung? 1 sofort 2 1 Tag 3 2 Tage 4 3 Tage 5 später: ........................... 6 Eilanordnung wurde gar nicht bestätigt, aber trotzdem durchgeführt

s28 Wurde Verlängerung beantragt und bewilligt? 1 ja, beantragt und bewilligt 2 ja, beantragt und nicht bewilligt 3 nein, nicht beantragt

s29 Wenn bewilligt: Beschluss_Az (Verlängerung)? .............................................................

s29a Datum des Verlängerungs-Beschlusses: .................................................

s30 Welche Verlängerungsdauer wurde beantragt? .....................................................

s31 Welche Verlängerungsdauer wurde angeordnet? (Monate) ..................................................

s32 Im Falle einer oder mehrfacher Verlängerung: Entscheidet derselbe Richter? 1 ja 2 nein

s33 Wann entscheidet der Richter über die Verlängerung? 1 sofort 2 1 Tag 3 2 Tage 4 3 Tage 0 Sonstiges: ......................................

s34 Begründung für Verlängerung/Nichtverlängerung? 1 ja 2 nein

s35 Begründung der Verlängerung/Nichtverlängerung?

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Drucksache 16/8434 – 258 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

1 Formelhaft 2 Vordruck/ Formblatt 3 Verweis auf Polizei-Begründung

4 Begründung mit der Gesetzesformel 5 Substantiell begründet (z.B. Auseinandersetzung mit anderen Ermittlungsmaßnahmen)

6 Verweis auf Erstbegründung 0 Sonstiges: ....................................

s36 Begründung der (Nicht-)Verlängerung (Stichworte):.....................................................................

s37 Welche Art von Auskunftserteilung: (MN möglich) 1 gerichtet auf vorhandene Verbindungsdaten 2 gerichtet auf zukünftige Verbindungsdaten 3 Zielwahlsuche 4 Funkzellenabfrage 0 Sonstiges: ...................................................

s38 Durch wen erfolgt die Anforderung der Daten bei den Netzbetreibern? 1 Polizei 2 Staatsanwaltschaft 3 Richter

s39 Welche Netzanbieter wurden durch diesen Beschluss zur Auskunft verpflichtet: (MN möglich) 1 Arcor

2 E-Plus 3 o2 4 T-Com

5 T-Mobile 6 Vodafone 0 Sonstige: ..........................................................................

s39a Haben die Netzbetreiber den Beschluss ohne Gründe erhalten? 1 ja 2 nein

s40 Welche Netzbetreiber weigerten sich Auskunft zu erteilen? 1 Arcor 2 E-Plus 3 o2 4 T-Com

5 T-Mobile 6 Vodafone 0 Sonstige: ....................................................................

s41 Grund für die Weigerung: ..............................................................

s42 Wurden Ordnungs- oder Zwangsmittel gegen die Netzbetreiber verhängt? 1 ja 2 nein 3 teilweise: ...................................

s43 Kam es zu zeitlichen Verzögerungen? 1 ja 2 nein 3 teilweise: .....................................

s44 Wenn ja, aus welchem Grund: ...............................

s45 Haben Netzbetreiber Rechtsmittel gegen Anordnung eingelegt? (Welcher Netzbetreiber, Art des Rechtsmittels, Datum, Ergebnis): ....................................................................................... ....................................................................................................................................................

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 259 – Drucksache 16/8434

s46 Bei welchen Netzanbietern sind Verbindungsdaten entstanden? 1 Arcor 2 E-Plus 3 o2 4 T-Com

5 T-Mobile 6 Vodafone 0 Sonstige: ....................................................................

s46a Befindet sich eine Auflistung der Verbindungsdaten in der Akte? 1 ja 2 nein

s47 Gesamtkosten der Auskunftserteilung für diesen Beschluss (EUR): ............................................

s48 Kosten der Netzanbieter (EUR): 1 Arcor : ............................... 2 E-Plus : ............................. 3 o2 : ................................... 4 T-Com : ............................

5 T-Mobile : ........................ 6 Vodafone: ........................ 0 Sonstige: ...........................

s49 An wen ging die Rechnung der Netzanbieter: ...............................................................................

s49a Datum der Rechnung des Netzanbieters: 1 Arcor : ............................... 2 E-Plus : ............................. 3 o2 : ................................... 4 T-Com : ............................

5 T-Mobile : ........................ 6 Vodafone: ........................ 0 Sonstige: ...........................

s50 In welchem Umfang wurden Netzanbietern Kosten ersetzt: ........................................................

........................................................................................................................................................

s51 Von wem wurden den Netzanbietern die Kosten ersetzt: ..............................................................

s51a Datum der Zahlungsveranlassung (z.B. durch die StA): ............................................................... 1 Arcor : ............................... 2 E-Plus : ............................. 3 o2 : ................................... 4 T-Com : ............................

5 T-Mobile : ........................ 6 Vodafone: ........................ 0 Sonstige: ...........................

s51b Datum der Kassenanweisung/Anweisung der Überweisung der Kosten: 1 Arcor : ............................... 2 E-Plus : ............................. 3 o2 : ................................... 4 T-Com : ............................

5 T-Mobile : ........................ 6 Vodafone: ........................ 0 Sonstige: ...........................

s52 sonstige Kosten (Grund und Betrag): ............................................................................................

s53 Hinweise auf gesonderte Benachrichtigung der Betroffenen

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Drucksache 16/8434 – 260 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

1 Keine besonderen Hinweise 2 Benachrichtigung ist erfolgt 3 Keine Benachrichtigung 4 Zurückstellung der Benachrichtigung (z.B.101 StPO)5 Sonstige Kenntniserlangung durch Strafverfolgungsbehörde

(z.B. Vorhalt; Akteneinsicht) .................................

s54 Wenn keine Benachrichtigung: Wurde Grund angegeben? 1 ja: ........................... 2 nein

s55 Datum Benachrichtigung: ...........................................

s56 Wie viele Personen waren von der Auskunftserteilung betroffen: ...................

s57 Wie viele Personen davon waren Beschuldigte: ..................................

s58 Wie viele Betroffene wurden benachrichtigt: ..........................

s59 Wer wurde benachrichtigt: 1 Beschuldigte (Beschuldigten_Nr.): ............................. 2 Anschlussinhaber (Anschluß_Nr.): ............................. 3 Dritter: ........................... 0 Sonstiges: ...........................

s60 Wurden vor Anregung/Anordnung der Auskunftserteilung andere Ermittlungsmaßnahmen anstelle der Auskunftserteilung in Betracht gezogen? 1 ja 2 nein

s61 Welche sind dies und warum wurden sie nicht angeordnet: .................................................

s62 Wurden durch diesen Beschluss Verbindungsdaten, die von dem Anschluss eines Zeugnisver-weigerungsberechtigten ausgehen, abgefragt? (Art des ZVR)

1 Verlobte (§ 52 I Nr. 1 StGB) 2 Ehegatte (/Exehegatte)/Lebenspartner (§ 52 I Nr. 2 u. 2a StGB) 3 Verwandte (§ 52 I Nr. 3StGB) 4 Geistliche (§ 53 I Satz 1 Nr. 1 StGB) 5 Verteidiger (§ 53 I Satz 1 Nr. 2 StGB) 6 Rechtsanwälte, Patentanwälte, Notare (§ 53 I Satz 1 Nr. 3 StGB) 7 Wirtschaftsprüfer, Steuerberater (§ 53 I Satz 1 Nr. 3 StGB) 8 Ärzte (§ 53 I Satz 1 Nr. 3 StGB) 9 Psychotherapeuten (§ 53 I Satz 1 Nr. 3 StGB) 10 Apotheker, Hebammen (§ 53 I Satz 1 Nr. 3 StGB) 11 Berater nach SchwangerschaftskonflG und für BtM (§ 53 I Satz 1 Nr. 3a und 3b StGB) 12 Mitglieder des Bundestages und der Landtage (§ 53 I Satz 1 Nr. 4 StGB) 13 Journalisten (§ 53 I Satz 1 Nr. 5 StGB) 14 Berufshelfer (§ 53a StGB)

s63 Schilderung des Zeugnisverweigerungsrechts/Sachverhalts in Stichworten:.........................................................................................................................................................................................

s64 War das Zeugnisverweigerungsrecht vor der Anordnung ersichtlich? 1 ja 2 nein

s65 Wurden durch diesen Beschluss Verbindungsdaten zu dem Anschluss eines Zeugnisverweige-rungsberechtigten abgefragt? (Art des ZVR)

1 Verlobte (§ 52 I Nr. 1 StGB) 2 Ehegatte (/Exehegatte)/Lebenspartner (§ 52 I Nr. 2 u. 2a StGB) 3 Verwandte (§ 52 I Nr. 3StGB) 4 Geistliche (§ 53 I Satz 1 Nr. 1 StGB)

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 261 – Drucksache 16/8434

5 Verteidiger (§ 53 I Satz 1 Nr. 2 StGB) 6 Rechtsanwälte, Patentanwälte, Notare (§ 53 I Satz 1 Nr. 3 StGB) 7 Wirtschaftsprüfer, Steuerberater (§ 53 I Satz 1 Nr. 3 StGB) 8 Ärzte (§ 53 I Satz 1 Nr. 3 StGB) 9 Psychotherapeuten (§ 53 I Satz 1 Nr. 3 StGB) 10 Apotheker, Hebammen (§ 53 I Satz 1 Nr. 3 StGB) 11 Berater nach SchwangerschaftskonflG und für BtM (§ 53 I Satz 1 Nr. 3a und 3b StGB) 12 Mitglieder des Bundestages und der Landtage (§ 53 I Satz 1 Nr. 4 StGB) 13 Journalisten (§ 53 I Satz 1 Nr. 5 StGB) 14 Berufshelfer (§ 53a StGB)

s66 Schilderung des Zeugnisverweigerungsrechts/Sachverhalts in Stichworten:.........................................................................................................................................................................................

s67 War das Zeugnisverweigerungsrecht vor der Anordnung ersichtlich? 1 ja 2 nein

s68 Bestand ein Verwertungsverbot? 1 ja 2 nein

s69 Wenn ja: Wurden die Daten trotzdem verwertet? 1 ja 2 nein

s70 Schilderung des Sachverhalts bzgl. des Verwertungsverbots:.................................................... .....................................................................................................................................................

s71 Anmerkungen (zum Beschluss):..................................................................................................

s72 Gegen welchen Beschuldigten richtet sich der Beschluss? (MN) .................................................

Anschluss

v001 Fall_Nr.: (Bearbeiternr.2stellig; Anzahl bearbeiteter Akten 3stellig; z.B. 05025):.......................

s01 Beschluss_Nr: .......................................

a01 Anschluss_Nr: ......................................

a02 Art des Anschlusses/der Nutzung 1 Festnetz/privat 2 Festnetz/Betrieb 3 Mobiltelefon 4 Öffentlicher Anschluss 5 Scall 6 Fax 7 E-Mail 8 SMS 9 Mailbox 10 P2P-Dienste 11 VoIP-Dienste 12 andere WWW-Dienste 0 Sonstige: ............................................

a03 Wie viele Anschlussinhaber sind betroffen: .........................................

a04 Verbindungsdatenabfrage zu: (MN möglich) 1 Rufnummer

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Drucksache 16/8434 – 262 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

2 IP-Adresse 3 IMEI-Nummer

0 Sonstiges: ...................................

a05 Handelt es sich um einen ISDN-Anschluss 1 ja 2 nein

a06 Anzahl der überprüften Rufnummern (bei ISDN): ..............................................

a07 Anzahl der überprüften IP-Adressen: ...............................................

a08 Anzahl der überprüften IMEI-Nr.: ...................................................

a09 Falls IP-Adressen überprüft wurden, welche Art: 1 statische IP-Adressen 2 dynamische IP-Adressen

a10 Welche Art von Auskunftserteilung: (MN möglich) 1 gerichtet auf vorhandene Verbindungsdaten 2 gerichtet auf zukünftige Verbindungsdaten 3 Zielwahlsuche 4 Funkzellenabfrage 0 Sonstiges: ...................................................

a11 Wurde anhand der vorhandenen IP-Adresse die Rufnummer abgefragt? 1 ja 2 nein

a12 Wurde anhand der vorhandenen Rufnummer die IP-Adresse abgefragt? 1 ja 2 nein

a13 Was wurde genau abgefragt? 1 Berechtigungskennungen 2 Kartennummern 3 Standortkennung 4 Rufnummer des angerufenen Anschlusses 5 Rufnummer des anrufenden Anschlusses 6 Kennung (z.B. IP-Adresse) des angerufenen Anschlusses 7 Kennung (z.B. IP-Adresse) des anrufenden Anschlusses 8 Beginn und Ende von Verbindungen 9 der vom Nutzer in Anspruch genommene Telekommunikationsdienst 10 Endpunkte festgeschalteter Verbindungen, ihr Beginn/Ende nach Datum und Uhrzeit 11 alle og. Daten 12 allgemein Verbindungsdaten 0 Sonstiges: ..........................................................................

a14 Dauer laut Antrag (in Stunden/Tagen/Monaten): ........................................

a15 Ziel der Auskunftserteilung (Antrag) 1 Identifizierung des Beschuldigten 2 Feststellung von (weiteren) Anschlüssen des Beschuldigten 3 Bestimmung des Standorts des Beschuldigten zur Tatzeit 4 Ermittlung des aktuellen Aufenthaltsortes 5 Bestimmung der Tatzeit 6 Feststellung von Kommunikationspartnern des Beschuldigten 7 Feststellung weiterer Tatbeteiligter 8 Ermittlung der Anschlüsse weiterer Tatverdächtiger

9 Bewegungsbild 11 Feststellung Rufnummer/IP-Adresse für Folge-Auskunftserteilung 12 Sicherung von Beweisen

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 263 – Drucksache 16/8434

13 Feststellung, ob TKÜ erfolgversprechend ist 14 Feststellung, ob eine andere Ermittlungsmaßnahme als TÜ in Betracht kommt 0 Sonstige

a16 Ergebnis des Antrags 1 Richter erlässt Maßnahme wie beantragt 2 Richter ordnet Maßnahme mit Änderungen an 3 Richter ordnet Maßnahme mit Ergänzungen an 4 Richter lehnt Maßnahme ab 5 Richter bestätigt Eilmaßnahme 6 Richter bestätigt Eilmaßnahme nicht 7 Beschluss fehlt 8 Maßnahme war nicht beantragt, nur Beschluss

a17 Inhalt der Änderungen 1 Dauer 2 Umfang

a18 Inhalt der Ergänzungen 1 Dauer 2 Umfang

a19 Welche Änderungen/Ergänzungen: ...........................................................................

a20 Auskunftserteilung abgelehnt: 1 ja 2 nein

a21 Wenn ja, aus welchem Grund: 1 Kein ausreichender Tatverdacht 2 Keine Straftat von erheblicher Bedeutung 3 Milderes Mittel anwendbar 4 Maßnahme verspricht keinen Erfolg 0 Sonstiges: ........................................................................................................

a22 Datum der Ablehnung: ...................................

a23 Auskunftserteilung ausgeführt 1 ja 2 nein

a24 Ausführungsbeginn (Datum):.......................................................

a25 Ausführungsende oder –abbruch (Datum): .......................................................

a25a Datum der Auskunft (Datum des Schreibens der Anbieter): 1 Arcor : ............................... 2 E-Plus : ............................. 3 o2 : ................................... 4 T-Com : ............................

5 T-Mobile : ........................ 6 Vodafone: ........................ 0 Sonstige: ...........................

a26 Auskunftserteilung abgebrochen 1 ja 2 nein

a27 Grund des Abbruchs 1 Betroffener stellt sich auf Verbindungsdatenüberwachung ein 2 Andere Maßnahmen führen zum Anordnungsziel 3 Tatverdacht wegen Anlassdelikt erledigt sich

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Drucksache 16/8434 – 264 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

4 Ergebnis wird nicht mehr erwartet 5 Auskunftserteilung hat angestrebtes Ergebnis bereits erbracht 6 Anschluss wird abgeschaltet 7 SV-Aufklärung mit den zur Verfügung stehenden Mittel nicht möglich 8 keine Gesprächsaktivität (bei Handy: möglicherweise Kartenwechsel) 9 Unterbrechung für einige Tage 0 Sonstiges: .............................................................

a28 Konnten für den Anschluss Verbindungsdaten abgefragt werden: 1 ja: (Art) ..................................................................................... 2 nein

a29 Umfang der Verbindungsdaten (Seiten): ...............................................

a30 Bei welchem Anbieter (Mehrfachnennungen möglich): 1 Arcor 2 E-Plus 3 o2 4 T-Com

5 T-Mobile 6 Vodafone 0 Sonstige: ....................................

a31 Hinweise auf technische Probleme 1 ja 2 nein

a32 Wenn ja, welcher Art: ..................................

a33 Wurden auch die Personendaten hinter einer IP-Adresse/Rufnummer abgefragt? 1 ja 2 nein

a34 Wenn ja, aufgrund welcher Rechtsgrundlage: ............................................................................

a35 Wenn Personendaten hinter einer IP-Adresse abgefragt wurden, welche Art von IP-Adresse: 1 statische IP-Adresse 2 dynamische IP-Adresse

a36 Wie lange wurden die Daten für diesen Anschluss bei welchen Telekommunikationsanbietern nach der Rechnungslegung gespeichert? 1 Arcor : ............................... 2 E-Plus : ............................. 3 o2 : .................................... 4 T-Com : ............................

5 T-Mobile : ........................ 6 Vodafone: ........................ 0 Sonstige: ...........................

a37 Erfolgte eine Aufforderung zur längeren Datenspeicherung durch die Polizei/StA? 1 ja (bei welchem Anbieter): ........................................................................... 2 nein

a38 Sind folgende Probleme aufgetreten bzw. liegen Hinweise dafür vor 1 Daten wurden gar nicht gespeichert: ............................................. 2 Daten wurden teilanonymisiert gespeichert: .................................... 3 Daten wurden zu kurz gespeichert: ................................................ 4 Daten wurden durch Anonymisierungsdienste/Kryptographie verschlüsselt: ................. 0 Sonstiges: ......................................................

a39 TK-Daten-Erfolg

Page 265: Deutscher Bundestag Drucksache 16/8434 16. Wahlperiode 28 ...dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/084/1608434.pdf · Deutscher Bundestag Drucksache 16/8434 16. Wahlperiode 28. 02. 2008

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 265 – Drucksache 16/8434

6 ja, in Akte als erfolgreich eingestuft 7 nein, in Akte ausdrücklich als nicht erfolgreich eingestuft 8 ja, nach Einschätzung des Bearbeiters 9 bedingt, nach Einschätzung des Bearbeiters 10 nein, nach Einschätzung des Bearbeiters

a40 Formulierung des Erfolges (Stichworte): ...................................................................................... ........................................................................................................................................................

Inhaber

v001 Fall_Nr. (Bearbeiternr.2stellig; Anzahl bearbeiteter Akten 3stellig; z.B. 05025): .................

s01 Beschluss_Nr.: ...........................................

a01 Anschluss_Nr.: ...........................................

b01 Beschuldigten_Nr.: ....................................

ab01 Anschlussinhaber: 1 Beschuldigter 2 Scheindritter: Beschuldigter unter fremdem Namen 3 Dritter 4 Dritter und Beschuldigter 5 Anschlussinhaber nicht festgestellt

ab02 Nutzung 1 durch den Beschuldigten 2 auch durch den Dritten 3 nur durch den Dritten

ab03 Verhältnis Anschlussinhaber - Beschuldigter 1 Familie 2 Verwandtschaft 3 Freunde/Bekannte 4 Beruf-Arbeitgeber 5 Beruf-Arbeitskollegen 6 Szenebekanntschaft (Drogen) 7 ethnische Beziehung (gleiche Ethnie) 8 keine Beziehung 9 Kontaktperson 10 Nachrichtenmittler 0 Sonstiges: .........................................

ab04 Verhältnis Anschlussinhaber/ weiterer Inhaber 1. Ehepaar 2. WG 3. Kollegen 4. Sonstiges: .....................................

ab05 Zeugnisverweigerungsrecht des Anschlussinhabers (im Verhältnis zum Beschuldigten) 1 ja 2 nein

ab06 Wenn ja, welches: 1 Verlobte (§ 52 I Nr. 1 StGB) 2 Ehegatte (/Exehegatte)/Lebenspartner (§ 52 I Nr. 2 u. 2a StGB) 3 Verwandte (§ 52 I Nr. 3StGB) 4 Geistliche (§ 53 I Satz 1 Nr. 1 StGB) 5 Verteidiger (§ 53 I Satz 1 Nr. 2 StGB) 6 Rechtsanwälte, Patentanwälte, Notare (§ 53 I Satz 1 Nr. 3 StGB)

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Drucksache 16/8434 – 266 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

7 Wirtschaftsprüfer, Steuerberater (§ 53 I Satz 1 Nr. 3 StGB) 8 Ärzte (§ 53 I Satz 1 Nr. 3 StGB) 9 Psychotherapeuten (§ 53 I Satz 1 Nr. 3 StGB) 10 Apotheker, Hebammen (§ 53 I Satz 1 Nr. 3 StGB) 11 Berater nach SchwangerschaftskonflG und für BtM (§ 53 I Satz 1 Nr. 3a und 3b StGB) 12 Mitglieder des Bundestages und der Landtage (§ 53 I Satz 1 Nr. 4 StGB) 13 Journalisten (§ 53 I Satz 1 Nr. 5 StGB) 14 Berufshelfer (§ 53a StGB)

ab07 Schilderung des Zeugnisverweigerungsrechts/Sachverhalts in Stichworten:.........................................................................................................................................................................................

ab08 War das Zeugnisverweigerungsrecht vor der Anordnung ersichtlich? 1 ja 2 nein

ab09 Bestand ein Verwertungsverbot? 1 ja 2 nein

ab10 Wenn ja: Wurden die Daten trotzdem verwertet? 1 ja 2 nein

ab11 Um welche Art der Verbindung handelt es sich? 1 Verbindungen von dem Anschluss des Anschlussinhabers 2 Verbindungen zu dem Anschluss des Anschlussinhabers

ab12 War der Anschlussinhaber mit der Abfrage seiner Verbindungsdaten einverstanden? 1 ja 2 nein 3 vermutlich ja

Beschuldigte

v001 Fall_Nr.(Bearbeiternr.2stellig;Anzahl bearbeiteter Akten 3stellig:z.B. 05025):...........................

b01 Beschuldigten_Nr: ............................

b02 Staatsangehörigkeit: .........................................................................

b03 Geburtsjahr des Beschuldigten (4 Stellen): ...............................................

b04 Geschlecht 1 männlich 2 weiblich

b05 Familienstand 1 ledig 2 verheiratet 3 geschieden 4 verwitwet

b06 Vorstrafen 1 ja

2 nein

b07 Anzahl Vorstrafen/Delikte: .....................................................

b08 Gesamtdauer der verhängten Vorstrafen (in Monaten) .....................................................

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 267 – Drucksache 16/8434

b09 Gesamthöhe der verhängten Geldstrafen (Anzahl der Tagessätze) ...................................

b10 Vollzugserfahrung 1 ja

2 nein

b11 ausgeübter Beruf (wenn nicht feststellbar: erlernter) ..............................................

b12 Kenntniserlangung des verfahrensauslösenden Sachverhalts durch Polizei (Datum): ..................

b13 OK-Element: Stellung des TV in der Gruppe 1 Leitung 2 Mittlerer Bereich 3 Ausführend

b14 OK-Element: Entstehung der Täterverbindungen 1 JVA 2 Milieu 3 Drogenszene 4 Ethnie/Nationalität 5 Familie

0 Sonstiges: ..........................

b15 Katalogdelikt i.S.v. § 100a StPO (Mehrfachnennungen möglich) (Ermittlungsdelikte!) 1 Friedensverrat, Hochverrat, Landesverrat etc. (§ 100a Satz 1 Nr.1a StPO) 2 Landesverteidigung (§ 100a Satz 1 Nr. 1b StPO) 3 Öffentliche Ordnung (§ 100a Satz 1 Nr. 1c StPO) 4 Fahnenflucht, Anstiftung zum Ungehorsam (§ 100a Satz 1 Nr. 1d StPO) 5 NATO-Truppen (§ 100a Satz 1 Nr. 1e StPO) 6 Geld- oder Wertpapierfälschung (§ 100a Satz 1 Nr.2 StPO) 7 Schw. sex. Missbrauch v. Kindern u. mit Todesfolge (§ 100a Satz 1 Nr. 2 StPO) 8 Verbreitung pornografischer Schriften (§ 100a Satz 1 Nr. 2 StPO) 9 Mord, Totschlag, Völkermord (§ 100a Satz 1 Nr.2 StPO) 10 Straftaten gegen die persönliche Freiheit (§ 100a Satz 1 Nr.2 StPO) 11 Bandendiebstahl, schwerer Bandendiebstahl (§ 100a Satz 1 Nr.2 StPO) 12 Raub, räuberische Erpressung (§ 100a Satz 1 Nr.2 StPO) 13 Erpressung (§ 100a Satz 1 Nr.2 StPO) 14 Gewerbsmäßige Hehlerei, Bandenhehlerei etc. (§ 100a Satz 1 Nr.2 StPO) 15 Geldwäsche, etc. (§ 100a Satz 1 Nr.2 StPO) 16 gemeingefährliche Straftaten (§ 100a Satz 1 Nr.2 StPO) 17 WaffG, Außenwirtschaftsgesetz, KrKG (§ 100a Satz 1 Nr.3 StPO) 18 BtMG (§ 100a Satz 1 Nr.4 StPO) 19 AuslG/AufenthG, AsylVfG (§ 100a Satz 1 Nr.5 StPO)

b16 Andere Straftaten von erheblicher Bedeutung/mittels Endeinrichtung begangene Straftaten 1 Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung (§§ 176, 177, 178, 182 StGB)

2 Straftaten gegen die persönliche Freiheit (§§ 232, 233, 234, 235, 236, 239, 240, 241) 3 Diebstahl/Raub (§§ 242, 243, 244 I Nr. 1, 3, 252 StGB)

4 Hehlerei (§ 259 StGB) 5 Geldwäsche und Verschleierung unrechtmäßig erlangter Vermögenswerte

(nicht § 261 Abs. 1, 2 o. 4 StGB) 6 Gemeingefährliche Straftaten (§§ 315 - nicht Abs.3, 315b - nicht Abs.3, 315c StGB)

7 Verstöße gegen WaffG, die nicht in § 100a Satz 1 Nr. 3 StPO aufgeführt sind 8 Verstöße gegen AußenwirtG, die nicht in § 100a Satz 1 Nr. 3 StPO aufgeführt sind 9 Verstöße gegen BtMG, die nicht in § 100a Satz 1 Nr. 4 StPO aufgeführt sind 10 Verstöße gegen Ausländerrecht, die nicht in § 100a Satz 1 Nr. 5 StPO aufgeführt sind 11 Betrug (§§ 263, 263a StGB) 12 Körperverletzungsdelikte (§§ 223, 224, 226, 227 StGB) 13 Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten, § 126 StGB

14 Beleidigung (§§ 185, 186, 187, 188, 189 StGB) 15 Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen, § 86 StGB 16 Spezielle Computerkriminalität (§§ 303a, 303b, 202a StGB)

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Drucksache 16/8434 – 268 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

17 Missbrauch von Notrufen 0 Sonstiges: ........................................

b17 Falls mittels Endeinrichtung begangen: mittels welcher 1 Telefon 2 Handy 3 Fax 4 Computer 0 Sonstiges: ....................................

b18 Untersuchungshaft 1 ja 2 nein

b19 Beginn der Untersuchungshaft (Datum): ...............................

b20 Dauer der Untersuchungshaft (bis Beginn Hauptverhandlung in Tagen) .........................

b21 Haftverschonung 1 ja 2 nein 3 ja, aber nur vorübergehend

b22 Verteidiger vorhanden? 1 ja , Wahlverteidiger 2 ja , Pflichtverteidiger 3 ja , zuerst Wahlverteidiger, dann Pflichtverteidiger

4 nein

b23 Datum der Einschaltung eines Verteidigers: .............................................................

b24 Datum erste Beschuldigtenvernehmung: ............................................................

b25 Geständnis des Tatverdächtigen 1 ja, in vollem Umfang der Tatvorwürfe 2 ja, teilweise

3 nein 4 ja, aber Widerruf

b26 Zeitpunkt des Geständnisses: .............................................................

b27 Einstellung/Anklage/Strafbefehl 1 Einstellung 2 Teileinstellung 3 Anklage 4 Strafbefehl

b28 In Anklage/Strafbefehl aufgeführte Beweismittel (in Stichworten): ............................................

b29 Stellenwert der Auskunftserteilung in der Anklage/Strafbefehl? ..................................................

b30 Anklage zum 1 Einzelrichter AG 2 Schöffengericht 3 Große Strafkammer 4 Wirtschaftsstrafkammer 5 OLG-Senat 6 Jugendrichter

7 Jugendschöffengericht 8 Jugendkammer

b31 Beginn der Hauptverhandlung (Datum): .............................................................................

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 269 – Drucksache 16/8434

b32 Ende der Hauptverhandlung (Datum): .................................................................................

b33 Protokoll in der Akte enthalten 1 ja 2 nein 3 Auszüge

b34 Hinweise auf Absprachen 1 ja 2 nein

b35 Wenn ja 1 Explizit angesprochen 2 Indizien (wie z.B. StA und Verteidigung stellen gleichen Strafantrag): .........................

0 Sonstiges: ........................................................................

b36 Einlassung des Angeklagten 1 Geständnis 2 Teilgeständnis 3 Bestreiten

4 Schweigen

b37 HV_Nr.: .............................................................................

b38 Zeugenvernehmung 1 ja 2 nein

b39 Anzahl der Zeugen .............................................................................

b40 Werden die Verbindungsdaten als Beweismittel eingeführt? 1 ja 2 nein

b41 Einführung zum Beweis von: ..................................................................................

b42 Einführung sonstiger Beweismittel 1 ja: ................................................. 2 nein

b43 Beweisanträge durch die StA 1 ja 2 nein

b44 Beweisanträge TK-Daten-bezogen? 1 ja 2 nein

b45 Wenn TK-Daten-bezogen, Inhalt: ......................................................................

b46 Stellenwert der Auskunftserteilung bei den Beweisanträgen im Vergleich zu anderen Beweismitteln: ...............................................................................................................

b47 Beweisanträge der Verteidigung 1 ja 2 nein

b48 Beweisanträge der Verteidigung TK-Daten-bezogen? 1 ja 2 nein

b49 Wenn Anträge TK-Daten-bezogen, Inhalt: ......................................................................

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Drucksache 16/8434 – 270 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

b50 Urteilsinhalt 1 Freispruch

2 Verurteilung 3 Einstellung (nach Anklageerhebung) 4 Teilfreispruch (Delikt): .......................................

5 Teileinstellung (nach Anklageerhebung)

b51 Verurteilungsinhalt 1 Geldstrafe 2 Unbedingte Freiheitsstrafe 3 Bewährungsstrafe 4 Erziehungsmaßregeln 5 Zuchtmittel 6 Jugendstrafe 7 Vorbewährung (§ 57 JGG)

b52 Freiheitsstrafe Dauer (in Monaten, bei lebenslanger Freiheitsstrafe 900): ..................................

b53 Geldstrafe Anzahl Tagessätze u. Höhe des Tagessatzes: .....................................

b54 Bewährung 1 ja 2 nein

b55 Auflagen/Weisungen (welche Art)?...............................................................

b56 Wenn ja, welcher Umfang (EUR/Stunden): ....................................

b57 Dauer der Bewährungszeit (in Monaten) .....................................

b58 Maßregeln der Besserung und Sicherung (Mehrfachnennungen möglich) 1 Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus 2 Unterbringung in einer Entziehungsanstalt 3 Unterbringung in der Sicherungsverwahrung 4 Führungsaufsicht 5 Entziehung der Fahrerlaubnis 6 Berufsverbot

b59 Dauer der Maßnahme (Wochen): ....................................................................

b60 Einziehung (Tatmittel o.ä.) 1 ja 2 nein

b61 Verfall (eines Gewinns o.ä.) 1 ja 2 nein

b62 Höhe der verfallenen Beträge (in EUR)? ..................................................

b63 Verfall/Einziehung realisiert? 1 ja 2 teilweise: ......................................... 3 nein 0 Sonstiges (z.B. Verzichtserklärung des Verurteilten): ................................................

b64 Urteilsbegründung in der Akte vorhanden 1 ja 2 nein 3 Auszüge

b65 Urteilsbegründung

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 271 – Drucksache 16/8434

1 abgekürzt 2 Volle Begründung

b66 Anzahl der Seiten der Urteilsbegründung: ..........................................

b67 Davon Seiten Beweiswürdigung: ........................................................

b68 Wird in der Beweiswürdigung die Auskunftserteilung aufgegriffen? 1 ja 2 nein

b69 Mit welcher Beweisrichtung wird die Auskunftserteilung aufgegriffen? 1 Belastend (voller Nachweis der Täterschaft)

2 Belastend im Zusammenhang mit anderen Beweismitteln 3 Entlastend 4 Ohne Beweiskraft

b70 Stellenwert der Auskunftserteilung (Einschätzung)............................................................

b71 Ausländerbehörde involviert? 1 ja 2 nein

b72 Ausweisung/Abschiebung hat stattgefunden? 1 hat stattgefunden 2 ist angeordnet 3 ist eingeleitet

b73 Anwendung § 456a StPO 1 ja

2 nein

b74 Anmerkungen (zum Beschuldigten): ......................................................................................

Anklage + Urteil-Delikt

v001 Fall_Nr.(Bearbeiternr.2stellig; Anzahl bearbeiteter Akten 3stellig; z.B.05025): ................

b01 Beschuldigten_Nr.: .................................

ad01 Delikt (welches Einstellung/Anklage/Strafbefehlsantrag zugrunde liegt): ...................................

ad02 Anzahl der Fälle: ...............................................

ad03 Einstellung/Anklage/Strafbefehlsantrag 1 Einstellung 2 Teileinstellung 3 Anklage 4 Strafbefehl

ad04 Datum der Einstellung/der Anklage/des Strafbefehlsantrags: ............................................

ad05 Einstellungsgrundlage 1 § 153 Abs. 1 StPO 2 § 153a Abs. 1 StPO 3 § 153d Abs. 1 StPO 4 § 154 Abs. 1 StPO

5 § 154a Abs. 1 StPO 6 § 154b Abs. 1 bis 3 StPO 7 § 170 II StPO 8 § 45 JGG

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Drucksache 16/8434 – 272 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

9 § 47 JGG 0 Sonstiges: ...................

ad06 Begründung der Einstellung (in Stichworten): ...................................

ad07 Identität Anklagedelikt-Anlassdelikt für die Auskunftserteilung 1 ja 2 teilweise: ...................................................... 3 nein

ad08 Versuch/Vollendung des Anklagedelikts 1 Vollendung 2 Versuch 3 Verabredung

ad09 Unterlassen (§ 13 StGB) 0 ja 1 nein

ad10 Täterschaft (§ 25 StGB) 1 unmittelbar 2 mittelbar 3 Mittäter

ad11 Beteiligung (§§ 26, 27 StGB) 1 Anstiftung 2 Beihilfe

ad12 Identität Verurteilungsdelikt - Anlassdelikt für die Auskunftserteilung 1 ja 2 teilweise: ...................................... 3 nein

ad13 Identität Anklagedelikt - Verurteilungsdelikt 1 ja 2 geändert 3 weggefallen

ad14 Einstellung nach Anklageerhebung 1 Einstellung 2 Teileinstellung 3 Keine Einstellung

ad15 Einstellungsgrundlage 1 § 153 Abs. 2 StPO 2 § 153a Abs. 2 StPO 3 § 153d Abs. 2 StPO 3 § 154 Abs. 2 StPO

4 § 154a Abs. 2 StPO 5 § 154b Abs. 4 StPO 0 Sonstiges: ...................

ad16 Begründung der Einstellung (in Stichworten): ...........................................................................

ad17 Datum der Einstellung: ............................................

ad18 Verurteilungs(/Strafbefehls-)delikt: .............................................................................

ad19 Anzahl der Fälle: ........................................

ad20 Datum der Verurteilung: .........................................................................

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 273 – Drucksache 16/8434

ad21 Versuch/Vollendung 1 Vollendung 2 Versuch 3 Verabredung

ad22 Unterlassen (§ 13 StGB) 1 ja 2 nein

ad23 Täterschaft (§ 25 StGB) 1 unmittelbar 2 mittelbar 3 Mittäter

ad24 Beteiligung (§§ 26, 27 StGB) 1 Anstiftung 2 Beihilfe

Rechtsmittel

v001 Fall_Nr.(Bearbeiternr.2stellig;Anzahl bearbeiteter Akten 3stellig:z.B. 05025):...........................

b01 Beschuldigten_Nr.: ............................

r01 Rechtsmittel_Nr.: ..............................

r02 Rechtsmittelverfahren 1 nein 2 Rechtsmittelverzicht von beiden Seiten 3 ja, Berufung 4 ja, Revision 5 Berufung zurückgenommen 6 Revision zurückgenommen

r03 Rechtsmittel eingelegt durch 1 Verurteilter 2 Staatsanwalt 3 Beide 4 Nebenkläger

r04 Rücknahme von 1 Verurteilter 2 Staatsanwalt 3 Beide 4 Nebenkläger

r05 Rechtsmittelbegründung in der Akte vorhanden 1 ja 2 nein

3 Auszüge

r06 Rechtsmittelbegründung: Bezug zur Auskunftserteilung? 1 ja 2 nein

r07 Wenn ja, welcher: .........................................................................

r08 Ergebnis des Rechtsmittels (MN möglich) 1 Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils 2 Aufhebung und Zurückverweisung 3 Abänderung in Berufung 4 Verwerfung

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Drucksache 16/8434 – 274 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

0 Sonstiges: .......................................

r09 Wenn Aufhebung/Abänderung: Zusammenhang mit Auskunftserteilung und wenn ja welcher? 1 ja: .................................................................................................................................... 2 nein

r10 Wenn Abänderung, welche Verurteilungsdelikte liegen vor? .................................................................................................................................................

r11 Urteilsinhalt 1 Freispruch 2 Verurteilung 3 Einstellung 4 Teilfreispruch

5 Teileinstellung

r12 Verurteilungsinhalt 1 Geldstrafe 2 Unbedingte Freiheitsstrafe 3 Bewährungsstrafe 4 Erziehungsmaßregeln 5 Zuchtmittel 6 Jugendstrafe 7 Vorbewährung (§ 57 JGG)

r13 Freiheitsstrafe Dauer (in Monaten, bei lebenslanger Freiheitsstrafe 900): .................................

r14 Geldstrafe Anzahl Tagessätze: ..............................................

r15 Geldstrafe Höhe des Tagessatzes (in EUR): ..............................................

r16 Bewährung 1 ja 2 nein

r17 Auflagen/Weisungen (welche Art)? ...............................................................

r18 Wenn ja, welcher Umfang (EUR): .................................................

r19 Wenn ja, welcher Umfang (Stunden): .................................................

r20 Dauer der Bewährungszeit (in Monaten): ....................................................

r21 Maßregeln der Besserung und Sicherung (Mehrfachnennungen möglich) 1 Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus 2 Unterbringung in einer Entziehungsanstalt 3 Unterbringung in der Sicherungsverwahrung 4 Führungsaufsicht 5 Entziehung der Fahrerlaubnis 6 Berufsverbot

r22 Dauer der Maßnahme (Wochen): ....................................................................

r23 Einziehung (Tatmittel o.ä.) 1 ja 2 nein

r24 Verfall (eines Gewinns o.ä.) 1 ja 2 nein

r25 Höhe der verfallenen Beträge (in EUR)? ..................................................

Page 275: Deutscher Bundestag Drucksache 16/8434 16. Wahlperiode 28 ...dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/084/1608434.pdf · Deutscher Bundestag Drucksache 16/8434 16. Wahlperiode 28. 02. 2008

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 275 – Drucksache 16/8434

r26 Verfall/Einziehung realisiert? 1 ja 2 teilweise: ......................................... 3 nein 0 Sonstiges (z.B. Verzichtserklärung des Verurteilten): ................................................

r27 Urteilsbegründung in der Akte vorhanden 1 ja 2 nein 3 Auszüge

r28 Urteilsbegründung 1 abgekürzt 2 Volle Begründung

r29 Anzahl der Seiten der Urteilsbegründung: ....................................................

r30 Davon Seiten Beweiswürdigung: .....................................................

r31 Wird in der Beweiswürdigung die Auskunftserteilung aufgegriffen? 1 ja 2 nein

r32 Mit welcher Beweisrichtung wird die Auskunftserteilung aufgegriffen? 1 Belastend (voller Nachweis der Täterschaft)

2 Belastend im Zusammenhang mit anderen Beweismitteln 3 Entlastend

4 Ohne Beweiskraft 0 Sonstiges: .................................

r33 Stellenwert der Auskunftserteilung (Einschätzung): .................................................................. .....................................................................................................................................................

Verfahrensauslösung

v001 Fall_Nr.(Bearbeiternr.2stellig; Anzahl bearbeiteter Akten 3stellig: z.B.05025): .........................

va1 Ermittlungsdelikt: ................................................................................

b01 Beschuldigten_Nr: .............................................

va2 Art der Kenntnisnahme/Entstehung des Tatverdachts 1 Anzeige-Opfer 2 Anzeige-Dritte 3 Hinweis-Dritte

4 Anzeige/Hinweis Behörden (außerhalb Strafverfolgung) 5 VP 6 Verdeckter Ermittler 7 Hinweise aus Auskunftserteilung 8 Hinweise aus TÜ 9 Hinweise aus Observation 10 Hinweise aus Lauschangriff 11 Hinweise aus Geständnis (andere Beschuldigte) 12 Anonymer Hinweis 13 Erkenntnisse aus anderen Verfahren

14 Zufallsfund: Hinweis aus TK-Daten ohne weitere TK-Daten-Anordnung 0 Sonstiges: ....................................................

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Drucksache 16/8434 – 276 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Erfolge

v001 Fall_Nr.:(Bearbeiternr.2stellig; Anzahl bearbeiteter Akten 3stellig; z.B. 05025): .......................

s01 Beschluss_Nr.: ...............................................

e01 Wird die Auskunftserteilung in der Akte als erfolgreich eingestuft? 1 ja, wird ausdrücklich als erfolgreich eingestuft

2 ja, wird als bedingt erfolgreich eingestuft 3 Nein, ausdrücklich als nicht erfolgreich eingestuft

e02 Formulierung des Erfolges: ......................................................................................................................................................

e03 Eigene Einschätzung des Erfolges 1 Auskunftserteilung war erfolgreich 2 Auskunftserteilung war bedingt erfolgreich 3 Auskunftserteilung war nicht erfolgreich

e04 Formulierung des Erfolges: ......................................................................................................................................................

e05 Art des Erfolges 1 Identifizierung des Beschuldigten

2 Feststellung von (weiteren) Anschlüssen des Beschuldigten 3 Bestimmung des Standorts des Beschuldigten zur Tatzeit 4 Ermittlung des aktuellen Aufenthaltsortes des Beschuldigten 5 Bestimmung der Tatzeit

6 Bewegungsbild 7 Entlastung des Beschuldigten

8 Erweiterung des Tatvorwurfes 9 Weiterer Ermittlungsansatz wegen Katalogstraftat oder Straftat v. erh. Bedeutung 10 Weiterer Ermittlungsansatz wegen mittels Endeinrichtung begangener Straftat 11 Weiterer Ermittlungsansatz wegen sonstiger Straftat

12 Feststellung weiterer Tatbeteiligter bzw. ihrer Anschlüsse 13 Hinweise auf bislang unbekannte Straftaten anderer

14 Feststellung von Kommunikationspartnern des Beschuldigten 15 Feststellung Rufnummer/IP-Adresse für Folge-Auskunftserteilung 16 Feststellung, ob eine andere Ermittlungsmaßnahme in Betracht kommt 17 Sicherung von Beweisen (TK-Daten sind belastend) 18 TK-Daten sind belastend im Zusammenhang mit anderen Beweisen 0 Sonstige: ......................................................................

b01 Beschuldigten_Nr.: ......................................

e06 Details zur Identifizierung des Aufenthaltsorts 1 ja, endgültige Lokalisierung/Festnahme 2 Lokalisierung ja, aber kein erfolgreicher Zugriff

e07 wenn Hinweise auf neue Straftaten, welche? (§§ angeben) .......................................................... ........................................................................................................................................................

e08 Verhältnis Dritter (Tatbeteiligter) zum Beschuldigten 1 Familie 2 Verwandtschaft 3 Freunde/Bekannte 4 Beruf-Arbeitgeber 5 Beruf-Arbeitskollegen 6 Szenebekanntschaft (Drogen) 7 Milieubekanntschaft 8 Ethnische Beziehungen (gleiche Ethnie)9 Keine Beziehung

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 277 – Drucksache 16/8434

e09 Führen (auch) die (TK-Daten-)Erkenntnisse zu neuen Ermittlungsverfahren (gegen Besch./ Dritte) ? (AZ;Verfahrensausgang): .............................................................................................. .......................................................................................................................................................

e10 Führen (auch) die TK-Daten zu weiteren Ermittlungsansätzen bzw. -erkenntnissen? 1 ja 2 nein

e11 Wenn ja, zu welchen? .................................................................................................................... ........................................................................................................................................................

e12 Führen (mittelbare) Ermittlungsansätze/-erkenntnisse zu anderen Ermittlungsmaßnahmen? 1 Weitere Auskunftserteilung 2 TÜ 3 Durchsuchung 4 Beobachtung

5 Verdeckter Ermittler 6 V-Person 7 Beschlagnahme 8 Wohnraumüberwachung 9 Technische Mittel 10 Zeugenvernehmung 11 Fahndung 12 Rasterfahndung 0 Sonstiges

e13 Führt der mittelbar weiterführende Ermittlungsansatz zu Ermittlungserfolgen? 1 ja 2 nein 3 Ermittlungsansatz nicht weiterverfolgt/durchgeführt/vollzogen 0 Sonstiges:.................................................

e14 Wenn ja, Erfolgsformulierung (Stichworte; z.B. Auffinden von Beweismitteln): .......................... .......................................................................................................................................................

Maßnahmen

v001 Fall_Nr.(Bearbeiternr.2stellig; Anzahl bearbeiteter Akten 3stellig; z.B.05025): .........................

m01 Art der Maßnahme 1 TÜ 2 Durchsuchung 3 Beobachtung 4 Einsatz verdeckter Ermittler 5 V-Person 6 Beschlagnahme 7 Wohnraumüberwachung 8 Einsatz technischer Mittel 9 Zeugenvernehmung 10 Fahndung 11 Rasterfahndung 0 Sonstiges: ............................

m02 bzgl. welcher Beschuldigten (Beschuldigten_Nr.): ............................................

m03 Wenn Zeugenvernehmung, Anzahl der Zeugen:............................................. m04 Datum des Beschlusses: .....................................................

m05 Beginn der Maßnahme (Datum): .........................................

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Drucksache 16/8434 – 278 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

m06 Ende der Maßnahme (Datum): ............................................

m07 Ziel der Maßnahme: ...........................................................

m08 Erkenntnisse zur verfolgten Tat 1 ja 2 nein

m09 Art der Erkenntnisse zur verfolgten Tat 1 direkter Tatnachweis

2 direkte Tatdokumentation 3 Identifizierung des Beschuldigten

4 Feststellung von (weiteren) Anschlüssen des Beschuldigten 5 Bestimmung des Standorts des Beschuldigten zur Tatzeit 6 Ermittlung des aktuellen Aufenthaltsortes des Beschuldigten 7 Bestimmung der Tatzeit

8 Bewegungsbild 9 Entlastung des Beschuldigten

10 Erweiterung des Tatvorwurfes 11 Weiterer (mittelbarer) Ermittlungsansatz wegen Straftat von erheblicher Bedeutung 12 Weiterer (mittelbarer) Ermittlungsansatz wegen sonstiger Straftat 13 Feststellung weiterer Tatbeteiligter bzw. ihrer Anschlüsse 14 Hinweise auf bislang unbekannte Straftaten anderer 15 Feststellung von Kommunikationspartnern des Beschuldigten 16 Feststellung Rufnummer/IP-Adresse für Folge-Auskunftserteilung 17 Feststellung, ob eine andere Ermittlungsmaßnahme in Betracht kommt 18 Sicherung von Beweisen (TK-Daten sind belastend) 19 TK-Daten sind belastend im Zusammenhang mit anderen Beweisen

0 Sonstige: ......................................................................

m10 Einschätzung der Ergebnisse (Vergleich TK-Daten und andere Ermittlungsmaßnahmen): ..............................................................................................................................................

m11 Erging in einem Beschluss eine Anordnung nach §§ 100g, 100h StPO und eine TKÜ? (AZ)

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 279 – Drucksache 16/8434

B. Fragebogen für die schriftliche Befragung

I. Berufliche Tätigkeit

I.1. Geschlecht männlich weiblich

I.2. Wie alt sind Sie? _________ (Jahre)

I.3. Wie lange sind Sie schon bei der Staatsanwalt-schaft tätig? _________ (Jahre)

I.4. In welchem Dezernat sind Sie überwiegend tä-tig?

Organisierte Kriminalität BtM Wirtschaftskriminalität Allgemeines Dezernat Sonstiges Dezernat: ......................................

I.5. Wie lange sind Sie schon in diesem Dezernat tätig? _________ (Jahre)

I.6. Wie groß ist das Dezernat? _________ (Kollegen)

I.7. In welchem Bundesland arbeiten Sie? .............................................................................

I.8. In welchem Landgerichtsbezirk sind Sie tätig? .............................................................................

I.9. Wie viele Verfahren mit Anordnungen nach §§ 100g, h StPO hatten Sie persönlich im Jahr 2005? _________ (Verfahren)

II. Delikte und Verdachtsgrad

Die nachfolgenden Fragestellungen beziehen sich auf die Straftatbestände, die Ihren Anträgen nach §§ 100g, 100h StPO zugrunde liegen sowie den für die Anordnung erforderlichen Verdachtsgrad.

II.1. Bitte schätzen Sie, ob und in welchem Umfang Ihren Anträgen im Jahr 2005 folgende Straftatbe- stände zugrunde lagen:

a) Straftaten von erheblicher Bedeutung Politische Delikte (Friedensverrat, usw.)

Vereinigungsdelikte (z.B. § 129 StGB)

Fälschungsdelikte

Sexueller Missbrauch von Kindern

Verbreitung pornografischer Schriften

Tötungsdelikte

Straftaten gegen die persönliche Freiheit

(Menschenhandel, Geiselnahme, usw.)

Diebstahl (§§ 242,243,244,244 a StGB)

Raub, räuberische Erpressung

Erpressung

Hehlerei

Ist nach Ihrer Einschätzung die

Tendenz zum Vorjahr

Fallzahl steigend gleich bleibend fallend ?

________

________

________

________

________

________

________

________

________

________

________

Page 280: Deutscher Bundestag Drucksache 16/8434 16. Wahlperiode 28 ...dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/084/1608434.pdf · Deutscher Bundestag Drucksache 16/8434 16. Wahlperiode 28. 02. 2008

Drucksache 16/8434 – 280 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Geldwäsche

Gemeingefährliche Straftaten

Verstöße gegen das Waffengesetz

Verstöße gegen das AußenwirtschaftsG

Betäubungsmitteldelikte

Verstöße gegen das Ausländerrecht

Betrug

Sexueller Missbrauch, sexuelle Nötigung,

Vergewaltigung

Androhung von Straftaten, § 126 StGB

Körperverletzung

Nötigung

Entziehung Minderjähriger

Sonstige Straftaten von erheblicher Bedeu-

tung: ...........................................

..............................................................

b) Mittels einer Endeinrichtung begangene Strafta-

ten

Beleidigung mittels Telefon, Fax, E-Mail,

SMS

Bedrohung mittels Telefon, usw.

Telefonterror, Versendung von E-Mails

in Massen

Sexuell belästigende Anrufe, E-Mails

oder SMS

Verbreitung pornografischer oder rechtsra-

dikaler Bilder, Schriften etc.

Computerbetrug

Datenveränderung, Computersabotage

Datenfälschung

Ausspähen von Daten (§ 202a StGB)

Missbrauch von Notrufen

Warenbestellbetrug

Urheberrechtsverletzungen (z.B. Software-

piraterie)

Sonstige mittels Endeinrichtung begangene

________

________

Fallzahl steigend gleich bleibend fallend ?

________

________

________

________

________

________

________

________

________

________

________

________

Tendenz zum Vorjahr

Fallzahl steigend gleich bleibend fallend ?

________

________

________

________

________

________

________

________

________

________

________

________

Page 281: Deutscher Bundestag Drucksache 16/8434 16. Wahlperiode 28 ...dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/084/1608434.pdf · Deutscher Bundestag Drucksache 16/8434 16. Wahlperiode 28. 02. 2008

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 281 – Drucksache 16/8434

Straftaten: ..............................................

.................................................................

________

________

Die derzeitige Regelung des § 100g Abs. 1 Satz 1 StPO sieht vor, dass bestimmte Tatsachen den Verdacht einer Straftat von erheblicher Bedeutung oder einer mittels Endeinrichtung begangenen Straftat begründen müssen.

II.2. Halten Sie den gesetzlich festgelegten Ver-dachtsgrad für angemessen?

Ja, weil .........................................................

......................................................................

......................................................................

Nein, weil .....................................................

......................................................................

......................................................................

Gemäß § 100g Abs. 1 Satz 1 StPO wird für die Anordnung einer Auskunftserteilung die Begehung einer Straftat von erheblicher Bedeutung, insbesondere einer der in § 100a Satz 1 StPO genannten Straftaten, vorausgesetzt.

II.3. Halten Sie Änderungen diesbezüglich für an-gezeigt?

Ja Nein

Wenn ja, welche Änderungen würden Sie befürwor-ten:

Der Gesetzeswortlaut sollte sich auf

Katalogstraftaten i.S.v. § 100a Satz 1 StPO

beschränken und der Begriff „Straftat von

erheblicher Bedeutung“ sollte gestrichen

werden.

Es sollte nur die allg. Formulierung

„Straftat von erheblicher Bedeutung“

gewählt werden.

Sonstige Änderungen: ..................................

......................................................................

......................................................................

Im Schrifttum ist umstritten, ob es sich bei einer Straftatbegehung mittels Endeinrichtung auch um eine erheb-liche Straftat handeln muss, damit eine Auskunftsanordnung ergehen kann.

II.4. Wie verstehen Sie den § 100g Abs. 1 Satz 1 StPO in Bezug auf diesen Aspekt?

Ja, es muss eine erhebliche Straftat vorliegen,

weil ...............................................................

.......................................................................

.......................................................................

Nein, es muss sich um keine erhebliche Straftat

handeln, weil ...............................................

......................................................................

......................................................................

Page 282: Deutscher Bundestag Drucksache 16/8434 16. Wahlperiode 28 ...dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/084/1608434.pdf · Deutscher Bundestag Drucksache 16/8434 16. Wahlperiode 28. 02. 2008

Drucksache 16/8434 – 282 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Anmerkungen:

III. Verhältnis zu anderen Ermittlungsmaßnahmen

In den nächsten Fragen bitten wir Sie um Ihre allgemeine Einschätzung zum Verhältnis von Maßnahmen nach §§ 100g, 100h StPO zu anderen Ermittlungsmaßnahmen. (Verhältnis speziell zur TKÜ siehe Abschnitt IV.)

III.1. Wie häufig wurden Ihrer Einschätzung nach Auskunftsersuchen nach §§ 100g, 100h StPO im Jahr 2005 im selben Verfahren mit anderen Er-mittlungsmaßnahmen kombiniert?

Beschlagnahme

Postbeschlagnahme

(Raster-)Fahndung

Wohnraumüberwachung

Einsatz technischer Mittel

Durchsuchung

Einsatz verdeckter Ermittler

Observation

Sonstige, nämlich ...............................................

.............................................................................

immer häufig gelegentlich selten nie

III.2. In welchem zeitlichen Zusammenhang stan-den dabei die Auskunftsersuchen i.d.R. mit solchen anderen Ermittlungsmaßnahmen?

Auskunftsersuchen erfolgte früher

Maßnahmen ergingen zeitgleich

Auskunftsersuchen erfolgte später

III.3. Welche typischen Fallkonstellationen gibt es bei der kombinierten Anwendung der Auskunfts-erteilung mit anderen Ermittlungsmaßnahmen?

Beschlagnahme von Verbindungsdaten

Durchsuchung, um Verbindungsdaten zu finden

Sonstige, nämlich ................................................

..............................................................................

..............................................................................

..............................................................................

immer häufig gelegentlich selten nie

Anmerkungen:

Page 283: Deutscher Bundestag Drucksache 16/8434 16. Wahlperiode 28 ...dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/084/1608434.pdf · Deutscher Bundestag Drucksache 16/8434 16. Wahlperiode 28. 02. 2008

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 283 – Drucksache 16/8434

IV. Verhältnis speziell zur TKÜ

IV.1. Wie häufig wurden Auskunftsersuchen nach §§ 100g, 100h StPO im Jahr 2005 mit TKÜ-Maßnahmen kombiniert?

immer

häufig

gelegentlich

selten

nie

IV.2. In welchem zeitlichen Zusammenhang stan-den dabei die Auskunftsersuchen i.d.R. mit den TKÜ-Maßnahmen?

Auskunftsersuchen erfolgte früher

Maßnahmen ergingen zeitgleich

Auskunftsersuchen erfolgte später

IV.3. Wie beurteilen Sie die Erfolgsaussichten der kombinierten Anwendung von Auskunftserteilung und TKÜ?

sehr hoch

hoch

mittelmäßig

niedrig

sehr niedrig

IV.4. In welchem ermittlungspraktischen Verhält-nis stehen die Maßnahmen Ihrer Erfahrung nach zueinander?

(Zutreffendes bitte ankreuzen; Mehrfachantworten möglich)

Auskunftserteilung ist kostengünstiger

Auskunftserteilung ist erfolgversprechender

Auskunftserteilung ist schneller

Auskunftserteilung ist einfacher auszuwerten

Auskunftserteilung führt zu stichhaltigeren

Beweisen

Auskunftserteilung wird öfter vom Richter

bewilligt als die TKÜ

Auskunftserteilung ist in bestimmten Fall-

konstellationen sinnvoller als die TKÜ:......

.....................................................................

.....................................................................

Auskunftserteilung ist bei bestimmten Delikten

sinnvoller als die TKÜ: ..............................

....................................................................

....................................................................

TKÜ erfordert mehr Arbeitsaufwand

TKÜ ist eingriffsintensiver

TKÜ führt zu stichhaltigeren Beweisen

Page 284: Deutscher Bundestag Drucksache 16/8434 16. Wahlperiode 28 ...dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/084/1608434.pdf · Deutscher Bundestag Drucksache 16/8434 16. Wahlperiode 28. 02. 2008

Drucksache 16/8434 – 284 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

TKÜ betrifft weniger Personen

TKÜ ist erfolgversprechender

TKÜ ist in bestimmten Fallkonstellationen

sinnvoller als die Auskunftserteilung:.........

.....................................................................

.....................................................................

TKÜ ist bei bestimmten Delikten sinnvoller

als die Auskunftserteilung:...........................

......................................................................

......................................................................

Sonstiges: ....................................................

.....................................................................

.....................................................................

.....................................................................

IV.5. Gibt es Ihrer Ansicht nach rechtliche oder praktische Verbesserungsmöglichkeiten bei der kombinierten Anwendung einer Maßnahme nach §§ 100g, 100h StPO und einer TKÜ?

Ja Nein

Wenn ja, welche: ...............................................

............................................................................

............................................................................

............................................................................

Anmerkungen:

V. Antragstellung

Die folgenden Fragestellungen betreffen die Beantragung der Auskunftserteilung nach §§ 100g, 100h StPO.

V.1. Vom wem geht Ihrer Erfahrung nach in wel-chem Umfang die Initiative zur Antragstellung aus?

Polizei zu .............. %

Staatsanwaltschaft zu .............. % ____________

= 100%

Page 285: Deutscher Bundestag Drucksache 16/8434 16. Wahlperiode 28 ...dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/084/1608434.pdf · Deutscher Bundestag Drucksache 16/8434 16. Wahlperiode 28. 02. 2008

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 285 – Drucksache 16/8434

V.2. In welchen staatsanwaltschaftlichen Abteil-ungen werden die Maßnahmen nach Ihren Erfahr-ungen beantragt bzw. angeordnet?

Organisierte Kriminalität

Betäubungsmitteldelikte

Wirtschaftsdelikte

Andere, nämlich: ......................................................

...................................................................................

immer häufig gelegentlich selten nie

V.3. Wie häufig spielen folgende kriminalistische Ziele eine Rolle für die Antragstellung:

Identifizierung des Beschuldigten

Feststellung von (weiteren) Anschlüssen des Be-schuldigten

Bestimmung des Standorts des Beschuldigten zur Tatzeit

Ermittlung des aktuellen Standorts des Beschuldig-ten

Bestimmung der Tatzeit

Feststellung von Kommunikationspartnern des Be-schuldigten

Feststellung weiterer Tatbeteiligter

Erlangung von Beweismitteln für tatbestandsmäßi-ges Verhalten

Feststellung, ob eine TKÜ erfolgversprechend sein könnte

Feststellung, ob eine andere Ermittlungsmaßnahme als eine TKÜ in Betracht kommt

Bekämpfung der Datennetzkriminalität

Andere, nämlich: ......................................................

immer häufig gelegentlich selten nie

Anmerkungen:

Page 286: Deutscher Bundestag Drucksache 16/8434 16. Wahlperiode 28 ...dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/084/1608434.pdf · Deutscher Bundestag Drucksache 16/8434 16. Wahlperiode 28. 02. 2008

Drucksache 16/8434 – 286 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

VI. Anordnungen

Im Folgenden möchten wir Ihre allgemeine Einschätzung zu der Zahl der Anordnungen nach §§ 100g, 100h StPO im Jahr 2005 sowie Ihre Meinung zum Richtervorbehalt in Erfahrung bringen.

VI.1. Wie hoch war Ihrer Einschätzung nach im Jahr 2005 der Anteil der richterlichen bzw. staats-anwaltschaftlichen Anordnungen?

Anordnungen durch den Richter

Eilanordnungen durch die Staatsanwaltschaft

Eigenerfahrung

.............. %

.............. % _________ = 100 %

Schätzung für die Abteilung

.............. %

.............. % _________ = 100 %

Schätzung für die Behörde

insg.

.............. %

.............. % _________ = 100 %

VI.2. Wie schätzen Sie dabei den Anteil der staats-anwaltschaftlichen Anordnungen im Vergleich zum Vorjahr ein?

Tendenz

steigend gleich bleibend fallend

VI.3. Wann erfolgt nach einer Eilanordnung in der Regel die richterliche Bestätigung?

am Tag der Eilanordnung

am nächsten Tag

am übernächsten Tag

am dritten Tag nach der Eilanordnung

VI.4. Wie beurteilen Sie den Richtervorbehalt im Hinblick auf die Ermittlungstätigkeit der Ermitt-lungsbehörden?

sinnvoll

eher sinnvoll

eher nicht sinnvoll

nicht sinnvoll

VI.5. Sollte der Richtervorbehalt in Zukunft ... ? erweitert werden

unverändert beibehalten werden

eingeschränkt werden

Anmerkungen:

VII. Ablehnung von Anträgen und Eilanordnungen

In diesem Abschnitt möchten wir Sie bitten, allgemein einzuschätzen, in welchem Maße eine Ablehnung von Anträgen und Eilanordnungen der Staatsanwaltschaft durch den Richter erfolgt.

Page 287: Deutscher Bundestag Drucksache 16/8434 16. Wahlperiode 28 ...dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/084/1608434.pdf · Deutscher Bundestag Drucksache 16/8434 16. Wahlperiode 28. 02. 2008

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 287 – Drucksache 16/8434

VII.1. In welchem Umfang werden Anträge auf Auskunftserteilung abgelehnt?

immer

häufig

gelegentlich

selten

nie

VII.2. Mit welcher Begründung werden die Anträ-ge abgelehnt?

Kein ausreichender Tatverdacht

Keine Straftat von erheblicher Bedeutung

Milderes Mittel anwendbar

Maßnahme verspricht keinen Erfolg

Sonstiges: ............................................................

........................................................................

immer häufig gelegentlich selten nie

VII.3. In welchem Umfang werden nach Ihrer Ein-schätzung staatsanwaltschaftliche Eilanord-nungen vom Richter bestätigt?

immer

häufig

gelegentlich

selten

nie

VII.4. In welchem Umfang werden Maßnahmen gemäß §§ 100g, 100h StPO nach Ihrer Erfahrung, bevor der Antrag auf Auskunftserteilung über-haupt gestellt wurde, im Rahmen einer informellen Besprechung mit dem Richter abgelehnt?

immer

häufig

gelegentlich

selten

nie

Anmerkungen:

VIII. Dauer der Maßnahmen

Bei den folgenden Fragen bitten wir Sie, Schätzungen bzgl. der Dauer der Ermittlungsmaßnahme sowie der dabei auftretenden Unterschiede zwischen Antrag, Anordnung und tatsächlicher Durchführung abzugeben.

Page 288: Deutscher Bundestag Drucksache 16/8434 16. Wahlperiode 28 ...dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/084/1608434.pdf · Deutscher Bundestag Drucksache 16/8434 16. Wahlperiode 28. 02. 2008

Drucksache 16/8434 – 288 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

VIII.1. Welche Dauer beantragen Sie durchschnitt-lich für die Durchführung der Maßnahmen, wenn sich die Auskunftserteilung

a) auf vorhandene TK-Verbindungsdaten (§ 100g Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 StPO) richtet?

b) auf zukünftige TK-Verbindungsdaten (§ 100g Abs. 1 Satz 3, Abs. 3 StPO) richtet?

c) auf eine Zielwahlsuche (§ 100g Abs. 2 StPO) richtet?

1 Monat 2 Monate 3 Monate bis 6 Monate länger

VIII.2. Wie stellt sich die tatsächlich angeordneteDauer im Vergleich zu der von Ihnen beantragtenDauer dar?

kürzer

so wie beantragt

länger

immer häufig gelegentlich selten nie

VIII.3. Wie oft entspricht die angeordnete der tat-sächlichen Dauer der Maßnahme?

immer

häufig

gelegentlich

selten

nie

VIII.4. In welchem Umfang haben Sie im Jahr 2005 Verlängerungen beantragt?

immer

häufig

gelegentlich

selten

nie

VIII.5. Wie oft werden Verlängerungen vom Rich-ter abgelehnt?

immer

häufig

gelegentlich

selten

nie

Anmerkungen:

IX. Durchführung der Maßnahmen

Page 289: Deutscher Bundestag Drucksache 16/8434 16. Wahlperiode 28 ...dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/084/1608434.pdf · Deutscher Bundestag Drucksache 16/8434 16. Wahlperiode 28. 02. 2008

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 289 – Drucksache 16/8434

In diesem Teil des Fragebogens möchten wir die von Ihnen festgestellten Schwierigkeiten bei der Durch-führung der Auskunftserteilung in Erfahrung bringen.

IX.1. Ist es im Jahr 2005 zu folgenden Schwierig-keiten bei der Inanspruchnahme der TK-Anbieter gekommen, die den Erfolg des Auskunftsverlan-gens beeinträchtigt haben?

Verzögerungen

Nichtakzeptierung von Anordnungen

Daten wurden von vornherein nicht gespeichert, d.h. sofort gelöscht

Daten wurden nur teilanonymisiert gespeichert

Daten wurden nicht lange genug gespeichert, d.h. zu früh gelöscht

Sonstiges, nämlich .............................................

............................................................................

immer häufig gelegentlich selten nie

IX.2. Auf welche Gründe führen Sie diese Schwie-rigkeiten zurück?

............................................................................

............................................................................

............................................................................

............................................................................

IX.3. Welche Folgen sind daraus entstanden?

Beschuldigter konnte nicht identifiziert werden

Anschluss des Beschuldigten konnte ihm nicht (mehr) zugeordnet werden

Beteiligte konnten nicht identifiziert werden

Maßnahme konnte nicht durchgeführt werden

Auskunftsersuchen blieb erfolglos

Verfahrensverzögerungen

Sonstiges, nämlich ............................................

...........................................................................

immer häufig gelegentlich selten nie

IX.4. In welchem Umfang wurde die Durch- füh-rung von Auskunftsverlangen im Jahr 2005 durch die Verwendung von Verschlüsselungs-techniken (Anonymisierungsdienste, Kryptographie) beein-flusst?

immer

häufig

gelegentlich

selten

nie

Page 290: Deutscher Bundestag Drucksache 16/8434 16. Wahlperiode 28 ...dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/084/1608434.pdf · Deutscher Bundestag Drucksache 16/8434 16. Wahlperiode 28. 02. 2008

Drucksache 16/8434 – 290 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

IX.5. Welche Folgen hatte dies für den Erfolg des Auskunftsverlangens?

Beschuldigter konnte nicht identifiziert werden

Anschluss des Beschuldigten konnte ihm nicht (mehr) zugeordnet werden

Beteiligte konnten nicht identifiziert werden

Maßnahme konnte nicht durchgeführt werden

Auskunftsersuchen blieb erfolglos

Verfahrensverzögerungen

Sonstiges, nämlich ............................................

...........................................................................

immer häufig gelegentlich selten nie

IX.6. Wie beurteilen Sie die Zusammenarbeit bei der Durchführung der Maßnahmen?

zwischen StA und Polizei

zwischen StA und Richter

zwischen StA und TK-Anbieter

sehr mittel- sehr gut gut mäßig schlecht schlecht

Auf EU-Ebene hat das Europäische Parlament Ende 2005 beschlossen, dass sämtliche Verbindungsdaten der Telekommunikationsnutzer für eine Dauer von 6 Monaten bis zu 2 Jahren gespeichert werden sollen.

IX.7. Für welchen Zeitraum halten Sie die Speiche-rung von Verbindungsdaten für sinnvoll?

keine Datenspeicherung

Speicherung für 1 bis 6 Monate

Speicherung für 6 bis 12 Monate

Speicherung bis zu 2 Jahren

unbefristete Speicherung aller Daten

IX.8. Gibt es Fälle, in denen eine Maßnahme nach §§ 100g, 100h StPO angeordnet wird, obwohl eine andere mildere Maßnahme ebenso erfolgver-sprechend gewesen wäre?

immer

häufig

gelegentlich

selten

nie

Bitte begründen Sie Ihre Antwort: ..................

..........................................................................

..........................................................................

Anmerkungen:

Page 291: Deutscher Bundestag Drucksache 16/8434 16. Wahlperiode 28 ...dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/084/1608434.pdf · Deutscher Bundestag Drucksache 16/8434 16. Wahlperiode 28. 02. 2008

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 291 – Drucksache 16/8434

X. Benachrichtigung der Betroffenen

Gemäß § 101 Abs. 1 StPO sind die Beteiligten von den getroffenen Maßnahmen zu benachrichtigen, sobald dies ohne Gefährdung u.a. des Untersuchungszwecks und der öffentlichen Sicherheit geschehen kann.

X.1. Wie hoch ist Ihrer Erfahrung nach die durch-schnittliche Anzahl der grundsätzlich zu benach-richtigenden Betroffenen je Anordnung?

1 Person

2 Personen

3 bis 5 Personen

6 bis 10 Personen

mehr als 10 Personen

X.2. Wie hoch ist nach Ihrer Einschätzung der An-teil nicht benachrichtigter Betroffener? (100% ist die Anzahl der Betroffenen insgesamt)

..................... %

X.3. Wie hoch ist der Anteil der Zurückstellung der Benachrichtigung nach § 101 Abs. 1 StPO? (100 % ist die Anzahl der Betroffenen insgesamt)

..................... %

X.4. Was sind Ihrer Meinung nach die Gründe für die Nichtbenachrichtigung oder die Zurückstellung der Benachrichtigung?

............................................................................

............................................................................

............................................................................

X.5. Sollte Ihrer Meinung nach die Benachrichti-gungspflicht ... ?

erweitert werden

beibehalten werden

eingeschränkt werden

abgeschafft werden

XI. Zeugnisverweigerungsrechte

Ein Auskunftsverlangen ist gemäß § 100h Abs. 2 Satz 1 StPO unzulässig, wenn ein Betroffener ein Zeugnis-ver-weigerungsrecht gemäß § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 2 und 4 StPO hat. Die Unzulässigkeit der Maßnahme ergibt sich demnach nur bei Geistlichen, Verteidigern sowie Mitgliedern gesetzgebender Körperschaften. An-dere nach §§ 52, 53, 53a StPO zeugnisverweigerungsberechtigte Personen sind nicht von § 100h Abs. 2 StPO erfasst.

Page 292: Deutscher Bundestag Drucksache 16/8434 16. Wahlperiode 28 ...dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/084/1608434.pdf · Deutscher Bundestag Drucksache 16/8434 16. Wahlperiode 28. 02. 2008

Drucksache 16/8434 – 292 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

XI.1. Wie oft sind Ihrer allgemeinen Einschätzungnach folgende zeugnisverweigerungsberechtigte Personen i. S. v. §§ 52, 53, 53a StPO von den Maß-nahmen betroffen:

Angehörige i.S.v. § 52 StPO

Geistliche

Verteidiger des Beschuldigten

Rechtsanwälte, Patentanwälte, Notare

Wirtschaftsprüfer, Steuerberater

Ärzte

Psychotherapeuten

Apotheker, Hebammen

Berater für Betäubungsmittelabhängigkeit

Mitglieder des Bundestages oder eines Landtages

Journalisten

Berufshelfer i.S.v. § 53a StPO

immer häufig gelegentlich selten nie

Es ist eine Vereinheitlichung der Vorschriften über verdeckte Ermittlungsmaßnahmen in Bezug auf Zeugnis-verweigerungsrechte geplant.

XI.2. Sollten Ihrer Meinung nach alle Zeugnisver-weigerungsberechtigten i.S.v. §§ 52, 53, 53a StPO in den einschlägigen Normen einheitlich berück-sichtigt werden?

Ja, weil .......................................................

.....................................................................

.....................................................................

Nein, weil ...................................................

.....................................................................

.....................................................................

Anmerkungen:

XII. Kosten und technische Umsetzung

In den nachfolgenden Fragen interessieren wir uns für die technische Umsetzung der Maßnahmen nach

§§ 100g, 100h StPO sowie die dadurch entstehenden Kosten.

Page 293: Deutscher Bundestag Drucksache 16/8434 16. Wahlperiode 28 ...dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/084/1608434.pdf · Deutscher Bundestag Drucksache 16/8434 16. Wahlperiode 28. 02. 2008

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 293 – Drucksache 16/8434

XII.1. Wie hoch schätzen Sie die tatsächlichen Kos-ten für die Durchführung der Maßnahmen, die den Netzbetreibern entstehen, ein?

Bitte versuchen Sie einen konkreten Betrag

anzugeben: ......................................... EUR

sehr hoch

hoch

eher hoch

eher niedrig

niedrig

sehr niedrig

XII.2. Spielt der Kostenaspekt für Sie eine Rolle bei der Beantragung der Auskunftserteilung?

Ja, weil ........................................................

......................................................................

Nein, weil ....................................................

......................................................................

XII.3. Wurde die Durchführung von Auskunfts-verlangen im Jahr 2005 durch technische Proble-me beeinträchtigt?

immer

häufig

gelegentlich

selten

nie

XII.4. Um welche technischen Probleme handelte es sich dabei?

..............................................................................

..............................................................................

..............................................................................

XII.5. In welchem Maße wurde dadurch der Erfolg der Maßnahme beeinflusst?

Beschuldigter konnte nicht identifiziert werden

Anschluss des Beschuldigten konnte ihm nicht (mehr) zugeordnet werden

Beteiligte konnten nicht identifiziert werden

Maßnahme konnte nicht durchgeführt werden

Auskunftsersuchen blieb erfolglos

Verfahrensverzögerungen

Sonstiges, nämlich ............................................

immer häufig gelegentlich selten nie

Anmerkungen:

XIII. Normanwendungsprobleme

Im Folgenden geht es um spezielle Schwierigkeiten, die im Rahmen Ihrer Tätigkeit bei der Anwendung der §§

Page 294: Deutscher Bundestag Drucksache 16/8434 16. Wahlperiode 28 ...dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/084/1608434.pdf · Deutscher Bundestag Drucksache 16/8434 16. Wahlperiode 28. 02. 2008

Drucksache 16/8434 – 294 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

100g, 100h StPO aufgetreten sein könnten.

XIII.1. Falls Sie Auskünfte über Personendaten zu dynamischen IP-Adressen eingeholt haben: Auf-grund welcher Rechtsgrundlage taten Sie dies?

............................................................................

............................................................................

............................................................................

XIII.2. Hat es dabei Schwierigkeiten gegeben? Ja, es sind folgende Schwierigkeiten aufge-

treten: .........................................................

.....................................................................

.....................................................................

.....................................................................

..................................................................... Nein

Die Vorschrift des § 100h Abs. 1 Satz 1 StPO sieht vor, dass bei der Anordnung der Maßnahme Name und Anschrift des Betroffenen sowie die Rufnummer oder eine andere Kennung seines Telekommunikations-anschlusses anzugeben sind. Nur im Falle einer Straftat von erheblicher Bedeutung genügt gemäß § 100h Abs. 1 Satz 2 StPO eine räumlich und zeitlich hinreichend bestimmte Bezeichnung der Telekommunikation,wenn andernfalls die Erforschung des Sachverhalts aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre.

XIII.3. Sollte Ihrer Meinung nach die Ausnahme-regelung des § 100h Abs. 1 Satz 2 StPO

erweitert werden

in ihrer jetzigen Fassung beibehalten werden

eingeschränkt werden

Bitte begründen Sie Ihre Antwort:

............................................................................

............................................................................

............................................................................

XIII.4. Wie oft können Straftaten, die nicht von erheblicher Bedeutung sind, wegen dieser Rege-lung nicht aufgeklärt werden?

immer

häufig

gelegentlich

selten

nie

Anmerkungen:

XIV. Häufigkeit der Maßnahmen

Bei den nachfolgenden Fragen bitten wir Sie, sofern es Ihnen möglich ist, eine ungefähre Schätzung der Häu-figkeit der Maßnahmen in Ihrer Behörde abzugeben.

XIV.1. Wie viele Maßnahmen nach §§ 100g, 100h StPO wurden im Jahr 2005 beantragt? (Fall-zahl)

Eigenerfahrung

....................

Schätzung für die Abteilung

...................

Schätzung für die Behörde insg.

...................

Page 295: Deutscher Bundestag Drucksache 16/8434 16. Wahlperiode 28 ...dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/084/1608434.pdf · Deutscher Bundestag Drucksache 16/8434 16. Wahlperiode 28. 02. 2008

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 295 – Drucksache 16/8434

XIV.2. Konnten Sie dabei im Rahmen Ihrer Tätig-keit eine Veränderung zum Vorjahr feststellen?

Tendenz zum Vorjahr

steigend gleich bleibend fallend

XIV.3. Wie viele Anordnungen nach §§ 100g, 100h StPO wurden im Jahr 2005 erlassen? (Fall-zahl)

Eigenerfahrung

....................

Schätzung für die Abteilung

...................

Schätzung für die Behörde insg.

...................

XIV.4. Konnten Sie dabei im Rahmen Ihrer Tätig-keit eine Veränderung zum Vorjahr feststellen?

Tendenz zum Vorjahr

steigend gleich bleibend fallend

XIV.5. Wie verteilen sich die Anträge auf Aus-kunftserteilung nach Ihrer Einschätzung prozen-tual

a) auf vorhandene TK-Verbindungsdaten (§ 100g Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 StPO)?

b) auf zukünftige TK-Verbindungsdaten (§ 100g Abs. 1 Satz 3, Abs. 3 StPO)?

c) auf die Zielwahlsuche (§ 100g Abs. 2 StPO)?

Eigenerfahrung

.....................(%)

.....................(%)

.....................(%)_____________

= 100%

Schätzung für die Abteilung

....................(%)

....................(%)

....................(%) _____________

= 100%

Schätzung für die Behörde insg.

.....................(%)

.....................(%)

.....................(%)_____________

= 100%

XIV.6. Wie verteilen sich die Auskunftsanordnun-gen nach Ihrer Einschätzung prozentual

a) auf vorhandene TK-Verbindungsdaten (§ 100g Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 StPO)?

b) auf zukünftige TK-Verbindungsdaten (§ 100g Abs. 1 Satz 3, Abs. 3 StPO)?

c) auf die Zielwahlsuche (§ 100g Abs. 2 StPO)?

Eigenerfahrung

.....................(%)

.....................(%)

.....................(%) _____________

= 100%

Schätzung für die Abteilung

....................(%)

....................(%)

....................(%) _____________

= 100%

Schätzung für die Behörde insg.

.....................(%)

.....................(%)

.....................(%) _____________

= 100%

Die folgende Frage betrifft die möglichen Kombinationen der einzelnen Anwendungsfälle der Auskunfts-erteilung und die Häufigkeit einer gleichzeitigen Anwendung.

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Drucksache 16/8434 – 296 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

XIV.7. Wie verteilen sich die Auskunftsanordnun-gen Ihrer Einschätzung nach prozentual

a) auf vorhandene in Kombination mit zukünftigenTK-Verbindungsdaten?

b) auf vorhandene TK-Verbindungsdaten in Kom-bination mit Zielwahlsuche?

c) auf zukünftige TK-Verbindungsdaten in Kom-bination mit Zielwahlsuche?

d) auf eine Kombination von vorhandenen und zu-künftigen TK-Verbindungsdaten sowie der Ziel-wahlsuche?

Eigenerfahrung

.....................(%)

.....................(%)

.....................(%)

....................(%) _____________

= 100%

Schätzung für die Abteilung

....................(%)

....................(%)

....................(%)

....................(%) _____________

= 100%

Schätzung für die Behörde insg.

.....................(%)

.....................(%)

.....................(%)

.....................(%) _____________

= 100%

XV. Erfolgsaussichten

XV.1. Wie schätzen Sie die Erfolgsquote der Maß-nahmen im Hinblick auf die Bedeutung der Daten für den weiteren Verfahrensgang allgemein ein? Und zwar bei Auskunftserteilung

a) bezogen auf vorhandene TK-Verbindungsdaten (§ 100g Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 StPO)?

b) bezogen auf zukünftige TK-Verbindungsdaten (§ 100g Abs. 1 Satz 3, Abs. 3 StPO)?

c) bezogen auf die Zielwahlsuche (§ 100g Abs. 2 StPO)?

d) bezogen auf vorhandene in Kombination mit zukünftigen TK-Verbindungsdaten?

e) bezogen auf vorhandene TK-Verbindungsdaten in Kombination mit Zielwahlsuche?

f) bezogen auf zukünftige TK-Verbindungsdaten in Kombination mit Zielwahlsuche?

g) bezogen auf eine Kombination von vorhandenenund zukünftigen TK-Verbindungsdaten sowie der Zielwahlsuche?

Die Erfolgsaussichten (Erfolg als jegliches Erlangen ermittlungsrelevanter Erkenntnisse) sind:

eher eher

hoch hoch niedrig niedrig

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 297 – Drucksache 16/8434

XVI. Zusammenfassende Fragestellungen

Bis zum 31.12.2001 war die Auskunftserteilung über Telekommunikationsverbindungsdaten nicht in der StPO, sondern in § 12 FAG geregelt.

XVI.1. Haben sich nach Ihrer Erfahrung durch die Neuregelungen in den §§ 100g, 100h StPO gegen-über der alten Rechtslage (§ 12 FAG) Änderungen für die Praxis ergeben?

Ja Nein

Wenn ja, welche:

höhere Anzahl an Anordnungen

geringere Anzahl an Anordnungen

mehr Erfolge

weniger Erfolge

sonstiges, nämlich ....................................

..................................................................

XVI.2. Gibt es aus Ihrer Sicht Unklarheiten bzgl. des Regelungsgehalts der §§ 100g, 100h StPO? (z.B. welche Daten erhoben werden dürfen)

Ja Nein

Wenn ja, welche: ............................................

.........................................................................

.........................................................................

XVI.3. Wie schätzen Sie die praktische Bedeutung der Auskunftserteilung für Ihre Tätigkeit ein?

hoch

eher hoch

eher gering

gering

Die Geltungsdauer der derzeitigen Normen (§§ 100g, 100h StPO) ist zeitlich befristet bis zum 31.12.2007.

XVI.4. Welche Auswirkungen hätte es Ihrer An-sicht nach, wenn die Regelungen der §§ 100g, 100h StPO Ende des Jahres 2007 nicht verlängert wer-den würden?

(Zutreffendes bitte ankreuzen; Mehrfachantworten möglich)

Das wäre kein Verlust.

Die Auskunftserteilung kann durch häufigere

Anwendung anderer Ermittlungsmaßnahmen,

insb. der TKÜ, ersetzt werden.

Die Auskunftserteilung ist nicht ersetzbar

durch andere Ermittlungsmaßnahmen.

Die Maßnahmen nach §§ 100g, 100h StPO sind

unverzichtbar.

Sonstiges:....................................................

....................................................................

Schlussbemerkungen:

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